Molekularstrahldeposition, nichtlinear optische und elektrische

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Molekularstrahldeposition, nichtlinear optische und
elektrische Charakterisierung organischer Materialien
Inauguraldissertation der
Philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät
der Universität Bern
vorgelegt von
Felix Budde
von Deutschland
Leiter der Arbeit:
Prof. Dr. Jürg Hulliger,
Departement für Chemie und Biochemie (Universität Bern)
Von der Philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät angenommen.
Der Dekan
Bern, den 3. Februar 2003
Prof. Dr. G. Jäger
Research is like playing a violin
solo in public and learning
the instrument as one goes
on.
Forschung ist wie ein Geigensolo,
das man erlernt,
während man es bereits vor
Publikum spielt.
Frei nach Samuel Butler,
englischer Schriftsteller
(1835 – 1902)
Inhaltsverzeichnis
1 Polung im elektrischen Feld
1.1 Polung in der Gasphase . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Polaritätsentwicklung im Markovmodell . . . . .
1.2.1 Wachstum in einer Dimension . . . . . .
1.2.2 Wachstum in zwei Dimensionen . . . . .
1.2.3 Schnell konvergierende Systeme . . . . .
1.2.4 Wachstum im elektrischen Feld . . . . .
1.2.5 Anwendung auf Einschlussverbindungen
1.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2 Second Harmonic Generation Mikroskopie
2.1 Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Intensivierte CCD Kamera . . . . . . . . . . .
2.2.2 Filtersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 SHG Messungen an Fluorapatit-Gelatine Kompositen
2.4 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . .
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3 Leitfähigkeitsmessungen an Kanaleinschlussverbindungen
3.1 Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.1 Leitfähigkeit und Photoleitung von Jod . . . . . . . .
3.2 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1 Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.2 Realisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.3 Testmessung an einer fullerenhaltigen Einschlussverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Leitfähigkeit von Phosphazen-Jod Einschlussverbindungen .
3.3.1 Probenpräparation . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.2 Dunkelleitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.3 Leitfähigkeit unter Beleuchtung . . . . . . . . . . . .
3.3.4 Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit . . . . . .
1
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9
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11
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27
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40
40
40
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43
48
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53
54
56
57
58
59
3.3.5
Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . 61
4 Organische Molekularstrahldeposition
4.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1 Orientierung mittels schrägem Einfall . . . . . . . . . .
4.1.2 Orientierung im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . .
4.2 Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2.1 Grundlagen der Vakuumphysik . . . . . . . . . . . . .
4.2.2 Van der Waals Epitaxie und Quasiepitaxie . . . . . . .
4.2.3 Verdampfung aus Knudsenzellen . . . . . . . . . . . . .
4.3 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Konzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Knudsenzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.3 Dampfdruckmessungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.4 Justage der Molekularstrahlen . . . . . . . . . . . . . .
4.3.5 Probenhalter und Transfersystem . . . . . . . . . . . .
4.3.6 Transferkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.7 Temperiersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.8 Schichtdickenmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.9 Optische Mikroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.10 Elektrische Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.11 Erweiterungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4 OMBD von Einschlussverbindungen des Perhydrotriphenylens
4.5 OMBD polarer Moleküle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.1 Substratmaterialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.2 Chloronitrostilben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.3 Aminonitroterphenyl . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.4 Bromocyanobiphenyl . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.5 Iodocyanobiphenyl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.6 Aminonitrobiphenyl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.7 Iodonitrobiphenyl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.8 Wachstum im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . . .
4.5.9 Elektrische Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
64
66
68
72
72
74
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92
92
94
97
99
103
106
110
111
113
116
117
119
119
120
121
122
5 Zusammenfassung und Ausblick
127
2
Abbildungsverzeichnis
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
1.7
1.8
1.9
1.10
Polung bei der Molekularstrahldeposition . . . . . . . . . . . .
Polung in der Gasphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Polaritätsentwicklung im Markovmodell . . . . . . . . . . . . .
Wachstum in 2 Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Wachstum in 2 Dimensionen für schnell konvergierende Systeme
Vergleich zwischen simulierter und gerechneter Polarität . . .
Einfluss der Temperatur auf die Polaritätsentwicklung. . . . .
Einfluss des elektrischen Feldes auf die Polaritätsentwicklung .
Mittlere Polarität in Abhängigkeit des elektrischen Feldes . . .
2 dim. Wachstum für verschiedene Temperaturen und Felder .
10
11
12
16
18
21
23
24
25
26
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
Prinzip der Second Harmonic Generation . . . . . . . . . . .
Schema des SHG Mikroskopes . . . . . . . . . . . . . . . . .
Aufbau einer intensivierten CCD Kamera . . . . . . . . . . .
Konstruktion des IR-Absorptionsfilters . . . . . . . . . . . .
Wachstumsprozess eines Fluorapatit-Gelatine Komposites . .
Unterscheidung zwischen Durchschlägen und SHG . . . . . .
SHG eines Keims aus Fluorapatit mit eingelagerter Gelatine
SHG von einem fortgeschrittenen Wachstumsstadium . . . .
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28
30
31
34
35
36
37
38
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
Spektrale Abhängigkeit der Photoleitung von Jod . . . . . .
Temperaturabhängigkeit der Photoleitung von Jod . . . . .
Eigenschaften verschiedener Isolatoren . . . . . . . . . . . .
Aufbau zur Messung von Photoleitung . . . . . . . . . . . .
Schaltung zur Messung von Oberflächenströmen . . . . . . .
Messkammer für Leitfähigkeitsmessungen . . . . . . . . . . .
Leitfähigkeitsmessung an einer fullerenhaltigen Einschlussverbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kanalstruktur von Phosphazen . . . . . . . . . . . . . . . .
Absorptionsspektrum eines Phosphazen-Jod Kristalles . . . .
Leitfähigkeitsmessung längs und quer zur Kanalachse . . . .
Stromanstieg bei hohen Spannungen . . . . . . . . . . . . .
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42
45
46
48
49
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53
55
55
56
58
3.8
3.9
3.10
3.11
3
3.12
3.13
3.14
3.15
3.16
Leitfähigkeitsmessung an einem Phosphazen-Jod Kristall . . .
Messung des Oberflächenstromes . . . . . . . . . . . . . . . .
Strom in Abhängigkeit der eingestrahlten Intensität . . . . . .
Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit von Jod-Phosphazen
Druckabhängigkeit des Widerstandes von Jod . . . . . . . . .
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
OMBE von Phthalocyaninen auf einem Alkalihalogenidkristall 65
Moleküle für die OMBD mit schrägem Einfall . . . . . . . . . 66
Nachweis von Polarität über SHG . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Änderung der Orientierung von CuPc im elektrischen Feld . . 68
Polung von Poly(vinylidenfluorid) . . . . . . . . . . . . . . . . 70
SH Intensität und Röntgenbeugung eines im Feld gewachsenen
PVDF- Films . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
OMBD eines NLO Polymerwellenleiters im Feld. . . . . . . . . 71
Mittlere freie Weglänge und Zeit für die Adsorption einer Monolage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Einfluss des Vakuums auf die Schichtqualität . . . . . . . . . . 74
Verschiedenen Arten von Epitaxie . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Prinzip der Molekularstrahldeposition . . . . . . . . . . . . . . 76
Korrekturfaktor für die Effusionsrate . . . . . . . . . . . . . . 77
Gesamtansicht des OMBD Systems . . . . . . . . . . . . . . . 79
Seitenansicht der Hauptkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Knudsenzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
Dampfdrucksensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
Dampfdruckmessung von DMNA . . . . . . . . . . . . . . . . 88
Transfersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
Probenhalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
Schema des Temperiersystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
Resonanzfrequenz des Schwingquarzes in Abhängigkeit der
Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Detailansicht der Hauptkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
Test des Mikroskopes mittels einer Mikrostruktur . . . . . . . 99
Ansicht der Hauptkammer von oben . . . . . . . . . . . . . . . 101
Leitfähigkeitsmessung im UHV . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
In-situ SHG bei der OMBD von C60 . . . . . . . . . . . . . . . 104
Einschlussverbindung von PHTP mit polaren Gastmolekülen . 106
SHG-Mikroskopie von dendritischen Strukturen von PHTP-NPP107
Nadelförmige Kristallite von PHTP-NPP . . . . . . . . . . . . 108
SHG-Mikroskopie an PHTP-NPP Kristalliten . . . . . . . . . 109
Zur OMBD verwendete Substanzen . . . . . . . . . . . . . . . 110
Phasensensitive SHG an Chloronitrostilben . . . . . . . . . . . 113
4.7
4.8
4.9
4.10
4.11
4.12
4.13
4.14
4.15
4.16
4.17
4.18
4.19
4.20
4.21
4.22
4.23
4.24
4.25
4.26
4.27
4.28
4.29
4.30
4.31
4.32
4
59
60
60
61
63
4.33
4.34
4.35
4.36
4.37
4.38
4.39
4.40
4.41
4.42
4.43
4.44
OMBD von Chloronitrostilben . . . . . . . . . . . . . . . . .
SHG Mikroskopie an Chloronitrostilben-Kristallen . . . . . .
OMBD von Aminonitrotriphenyl . . . . . . . . . . . . . . .
OMBD von Bromocyanobiphenyl . . . . . . . . . . . . . . .
In-situ Beobachtung der OMBD von Bromocyanobiphenyl .
OMBD von Iodocyanobiphenyl . . . . . . . . . . . . . . . .
OMBD von Aminonitrobiphenyl . . . . . . . . . . . . . . . .
OMBD von Iodonitrobiphenyl . . . . . . . . . . . . . . . . .
Elektrodenanordnung für die OMBD im Feld . . . . . . . . .
OMBD von Chloronitrostilben im Feld . . . . . . . . . . . .
OMBD von Aminonitrobiphenyl im Feld . . . . . . . . . . .
Elektrische Messungen an einer aufgedampften INBP-Schicht
.
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115
115
117
118
118
119
120
121
122
123
124
125
5.1 Ausblick: Abscheidung einer Einschlussverbindung im Feld . . 130
5.2 Mathcadprogramm zur Berechnung der Polaritätsverteilung . 139
5
Abstract
Organic molecular beam deposition (OMBD) is a widely used technique for
thin film preparation with applications in organic light emitting diodes and
molecular electronics. The aim of this thesis was to grow small crystals of polar molecules by OMBD under the influence of an electrical field to investigate
polarity formation as a result of growth. To describe polarity formation the
growth model (Markov model) was extended to the influence of an electrical
field.
For the OMBD a new setup was constructed and equipped with an optical
microscope and shielded feedthroughs to apply high electrical fields and perform sensitive electrical measurements. The in-situ observation of the growth
process allowed to determine nucleation and growth conditions for various
polar molecules and substrates.
For the characterisation of polarity distribution the sensitivity of a Second
Harmonic Generation (SHG) Microscope was increased by installing an intensified CCD camera (sensitivity: single photon). The weak SHG intensity of
a Fluorapatite-Gelatine Composite, a model system for understanding growth of human teeth, could be detected giving evidence that organic molecules
were included acentrically during growth.
For electrical characterisation a setup for measuring small crystals was designed (sensitivity ∼ 10 fA). The conductivity of crystals of a phosphazeneiodine channel-type inclusion compound was measured parallel and perpendicular to the channel axis. From the measurement of the temperature dependence the activation energy was calculated.
To measure electrically the average polarity induced by an electrical field
during OMBD a setup with the same sensitivity for in-situ measurements in
the vacuum chamber was developed.
Despite the fact that the highest possible electrical fields (108 V/m) were
applied during growth, no orientation of the crystal axes or a pyroelectric
effect resulting from an induced polarity could be measured so far.
6
Vorwort
Organische Moleküle finden bereits technische Anwendungen als organische
Leuchtdioden, die Displays von Mobiltelefonen beleuchten, oder als Feldeffekttransistoren für einfache Schaltkreise. Dazu genügt es, wenn organische
Moleküle in dünnen Schichten ungeordnet aufgebracht werden. Für viele Anwendungen ist jedoch nicht nur eine gewisse Ordnung sondern auch eine
polare Ausrichtung von Molekülen Voraussetzung wie z. B. in der nichtlinearen Optik oder bei Wärmesensoren, die auf dem pyroelektrischen Effekt
beruhen. Insbesondere für das Fernziel, die Molekulare Elektronik, bei der
Funktionseinheiten aus einzelnen Molekülen aufgebaut werden sollen, ist eine
Orientierung massgeschneiderter Moleküle Voraussetzung.
Der Beitrag der vorliegenden Arbeit zu diesem Gebiet besteht aus zwei Teilen.
Zum einen wurden elektrische Messungen an Kanaleinschlussverbindungen
vorgenommen, bei denen die Orientierung leitfähiger Moleküle in parallelen,
voneinander isolierten Ketten durch das Kristallwachstum erfolgt, zum anderen war das Hauptziel dieser Arbeit, den Einfluss eines elektrischen Feldes
auf die Polaritätsentwicklung beim Wachstum organischer Molekülkristalle
zu untersuchen.
Polarität, d. h. eine Ausrichtung asymmetrischer Moleküle in einer bevorzugten Richtung, ist eine Eigenschaft, deren Bedeutung über technische Anwendungen hinausgeht. Eine polare Anordnung verschiedenster Moleküle und
Bausteine ist in der unbelebten Natur eher die Regel als die Ausnahme, während pyroelektrische Eigenschaften von natürlichem Gewebe eine weit verbreitete Eigenschaft darstellt. Ein Verständnis dafür, wie Polarität entsteht,
ist daher auch von fundamentalem Interesse. Mit der Messung von Polarität
an künstlich hergestellten Fluorapatit-Gelatine Kompositen, die ein Analogon zu natürlichem Zahnmaterial darstellen, wird dieses Gebiet gestreift.
Die Aufgabenstellung war, für alle diese Ziele die Grundlagen sowohl theoretischer wie auch experimenteller Art zu legen. Auf der theoretischen Seite
wurde die Polaritätsverteilung beim Wachstum im Feld berechnet, wozu ein
bestehendes Modell (Markovmodell) um den Einfluss elektrischer Felder erweitert wurde. Auf der experimentellen Seite wurde für den Nachweis von
7
Polarität ein Second Harmonic Generation (SHG) Mikroskop den Anforderungen angepasst und für elektrische Messungen ein neuer Messplatz aufgebaut.
Die Hauptaufgabe bestand jedoch darin, während des Wachstums organischer
Kristalle ein hohes elektrisches Feld anzulegen. Für diesen Zweck war die organische Molekularstrahldeposition (OMBD) die Methode der Wahl, da —im
Gegensatz zur Polung in der Schmelze— das lokale Feld am Ort des Moleküles
nicht durch die hohe Dielektrizitätskonstante polarer Moleküle abgeschwächt
ist sondern dem angelegten äusseren Feld entspricht. Somit konnten hohe
Feldstärken erreicht werden, die nur durch die Durchschlagsfestigkeit des Substratmaterials begrenzt sind. Hierfür wurde ein neues Vakuumsystem für die
Probenherstellung konzipiert und mit geeigneten in-situ Charakterisierungen
wie optischer Mikroskopie und elektrischen Messmöglichkeiten ausgestattet.
8
Kapitel 1
Polung im elektrischen Feld
−
+
Bei der Molekularstrahldeposition polarer Moleküle Aδ → Dδ (A: Akzeptor, D: Donorgruppe, →: Dipolmoment µ, δ ± : Partialladung) liegt es nahe,
die Kristallisation spezieller zentrosymmetrischer Molekülkristalle durch das
Anlegen eines äusseren Feldes E (+ 99K -) so zu beeinflussen, dass diese
während des Wachstums eine im Durchschnitt polare Struktur ausbilden.
Ein anderer Effekt des elektrischen Feldes kann darin bestehen, dass Kristalle mit polaren Punktgruppen eine makroskopische Ausrichtung im Feld
erfahren. Beide Effekte sollen hier diskutiert werden.
Abb. 1.1 zeigt schematisch den Aufbau der Versuchsanordnung, bei der auf
einem geeigneten Substrat mit hoher Durchschlagsfestigkeit zwei oder mehrere Elektroden angebracht werden. Wie man in Abb. 1.1 erkennt, können drei
Grenzfälle unterschieden werden. 1. : Die Moleküle können im Einflussbereich des elektrischen Feldes bereits vor der Anlagerung orientiert werden.
Dies entspricht der Polung in einem verdünnten Gas der Temperatur T , in
dem die Dipole nicht miteinander wechselwirken. Der zweite Fall, bei dem
die Orientierung während der Diffusion auf dem Substrat erfolgt, ist dem
ersten äquivalent, jedoch sind die Freiheitsgrade um einen Rotations- und
einen Translationsfreiheitsgrad erniedrigt. Zudem entspricht die Temperatur im wesentlichen der Substrattemperatur. Der 3. Grenzfall, bei dem die
Orientierung während der Anlagerung erfolgt, kann durch ein Markovmodell
beschrieben werden. Hierbei wird die Wahrscheinlichkeit, welche Orientierung vorliegt, nicht mehr ausschliesslich durch die Wechselwirkungsenergien
zwischen Akzeptor- und Donorgruppen bestimmt, sondern zusätzlich durch
die Energie des Dipols im elektrischen Feld. Der 1. und 3. Grenzfall soll in
den nächsten Kapiteln genauer betrachtet werden.
9
Molekularstrahl
1
E-Feld
+
2
-
3
Elektroden
Substrat
Abbildung 1.1: Polung bei der Molekularstrahldeposition: 1. Polung vor der Anlagerung (Polung in der Gasphase), 2. Polung während der Diffusion auf dem
Substrat (entspr. 2. mit weniger Freiheitsgraden) und 3. Polung während der Anlagerung (Markovmodell).
1.1
Polung in der Gasphase
Dieser Fall wurde bereits 1900 von Langevin beschrieben [1]. Der erreichbare
Ordnungsgrad hcos αi (α: Winkel zwischen µ und E) wird durch folgende
Funktion beschrieben:
µ
¶
µE
hcos αi = L
(1.1)
kT
mit der Langevinfunktion L (x) = coth x − x1 .
Unter der Voraussetzung, dass die thermische Energie Wth ' kT , (k: Boltzmannfaktor) die Orientierungsenergie Wor = −µE überwiegt, kann Gl. 1.1
vereinfacht werden:
hcos αi =
µE
3kT
(1.2)
Diese Gleichung ist bei genügend hohen Temperaturen bis zu hohen elektrischen Feldern gültig.
Abb. 1.2 zeigt die Langevinfunktion für verschiedene Temperaturen und einem Dipolmoment von µ = 5 Debye1 . Die Abweichungen vom linearen Verlauf sind gering.
1
1 Debye = 3, 34 · 10−30 Cm
10
Abbildung 1.2: Polung in der Gasphase: Ausrichtung polarer Moleküle (µ = 5
Debye) im elektrischen Feld bei verschiedenen Temperaturen (Gl. 1.1).
1.2
1.2.1
Polaritätsentwicklung im Markovmodell
Wachstum in einer Dimension
Das Markovmodell beschreibt die Polaritätsentwicklung beim Wachstum von
Kristallen, in denen polare Moleküle kettenförmig angeordnet sind, wie z. B.
bei Kanaleinschlussverbindungen. Eine ausführliche Beschreibung findet sich
in [2]; im folgenden seien lediglich diejenigen Grundlagen erwähnt, die zum
Verständnis der Anlagerungsvorgänge, insbesondere unter dem Einfluss eines
elektrischen Feldes notwendig sind.
Es können zwei Molekülorientierungen auftreten, deren Häufigkeiten mit
nA (q) und nD (q) bezeichnet werden (siehe Abb. 1.3). Im ersten Fall ist die
Akzeptorgruppe A zur Kristalloberfläche hin orientiert, im zweiten die Donorgruppe D; q gibt die Anzahl Anlagerungsschritte seit dem Beginn des Kristallwachstums an einem Keim oder Substrat bei q = 0 an. Weiterhin werde
angenommen, dass die Wahrscheinlichkeit, mit welcher Orientierung sich ein
neues Molekül an eine bereits bestehende Kette anlagert, nur von der Wechselwirkung mit dem letzten Molekül der Kette abhängt (Fall der Kanaleinschlussverbindungen).
Bei jedem Anlagerungsschritt gibt es zwei Möglichkeiten, die Orientierung
kann mit der Wahrscheinlichkeit pAD bzw. pDA beibehalten werden oder es
tritt eine Umkehr mit der Wahrscheinlichkeit pAA bzw. pDD auf. In der neuen
Schicht kann die Orientierung mit der Häufigkeit nA (q + 1) einerseits durch
Beibehaltung der Orientierung nA (q) entstehen, andererseits aber auch durch
11
δ
+
δ-
Abbildung 1.3: Polaritätsentwicklung im Markovmodell: Polarität entsteht dadurch, dass infolge unterschiedlicher A· · · A und D· · · D Wechselwirkungen eine
der zunächst gleich häufigen Orientierungen nA und nD früher umklappt wie die
andere.
12
Umklappen der entgegengesetzten Orientierung nD (q); gleiches gilt für nD (q+
1).
Man erhält somit folgendes Gleichungssystem:
(1.3)
(1.4)
nA (q + 1) = pAD nA (q) + pDD nD (q)
nD (q + 1) = pAA nA (q) + pDA nA (q)
und damit für den q-ten Zustand unter Berücksichtigung der Normierungsbedingungen pAD + pAA = pDD + pDA = 1:
¶q µ
µ
¶ µ
¶
nA (0)
pDD
nA (q)
1 − pAA
=
(1.5)
nD (q)
nD (0)
pAA
1 − pDD
Bestimmt man die Eigenvektoren und -werte der Markovmatrix, so lässt sich
der Exponent q auch in der Matrix schreiben, was in [3] ausführlich beschrieben ist:
¶
¶
µ
µ
¶µ
1
nA (q)
pDD + pAA λq pDD (1 − λq )
nA (0)
=
nD (q)
pAA (1 − λq ) pAA + pDD λq
nD (0)
pDD + pAA
(1.6)
mit λ = 1 − pDD − pAA
Im folgenden soll lediglich die Polaritätsentwicklung für das Wachstum ausgehend von einem unpolaren Keim d. h. nA (0) = nD (0) = 12 betrachtet werden. Die Diskussion für das Wachstum auf Substraten mit Akzeptor- bzw.
Donoreigenschaften findet sich in [3].
Schreibt man Gl. 1.6 wieder in Form eines Gleichungssystems und subtrahiert
die Gleichungen voneinander so erhält man die Nettopolarität2
nnet (q) = nA (q) − nD (q) = nmax (1 − λq ) mit nmax =
pDD − pAA
pDD + pAA
(1.7)
deren Grenzwert gegeben ist durch:
lim nnet (q) = nmax
q→∞
(1.8)
Im thermodynamischen Gleichgewicht hängen die Anlagerungswahrscheinlichkeiten über ein Boltzmanngesetz mit den Wechselwirkungsenergien sich
gegenüberstehender A bzw. D Gruppen WAA , WAD und WDD zusammen,
welche quantenmechanisch berechenbar sind:
2
Polarität bezeichnet in diesem Kapitel eine vom jeweiligen Dipolmoment unabhängige
Grösse mit einem Betrag zwischen Null (keine Vorzugsrichtung) und Eins (vollständige
Ausrichtung).
13
e−βWA A
e−βWA A + e−βWA D
e−βWD D
= −βW
D D + e−βWA D
e
pAA =
pDD
(1.9)
(1.10)
1
mit β = kT
.
Der Nenner resultiert aus der Normierungsbedingung pAD + pAA = pDD +
pDA = 1.
Formt man Gl. 1.9 und 1.10 um, so zeigt sich, dass die Anlagerungswahrscheinlichkeiten und damit die gesamte Polaritätsentwicklung nur noch von
2 Energiedifferenzen ∆WA = WAD −WAA und ∆WD = WAD −WDD abhängig
sind:
1
pAA =
(1.11)
−β∆W
A
1+e
1
pDD =
(1.12)
1 + e−β∆WD
Die spontane Entstehung von Polarität ist auch anschaulich verständlich.
Abb. 1.3 zeigt das Wachstum ausgehend von einem unpolaren Keim. Dort
lagern sich beide Orientierungen beim Vorgang der Keimbildung mit gleicher
Wahrscheinlichkeit an. Die Polarität auf der Stufe der Keimbildung kann
somit ohne bindende Annahmen als Null angenommen werden. Im allgemeinen wird infolge der starken A· · · D Wechselwirkung die Molekülorientierung
beibehalten. Es existiert jedoch eine (meist geringe) Wahrscheinlichkeit für
ein Umklappen der Orientierung, die in der Regel in der linken und rechten Kette unterschiedlich ist. Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen
Wechselwirkungsenergie zwischen den sich bei einem Umklappen gegenüberstehenden A bzw. D Gruppen. Im gezeigten Beispiel wird in der linken Kette
eine geringe, in der rechten hingegen eine vernachlässigbare Umklappwahrscheinlichkeit angenommen. Dies führt dazu, dass im Mittel in der linken
Kette ein Umklappen stattfinden wird, in der rechten jedoch die anfängliche
Orientierung beibehalten wird. An der Kristalloberfläche sind nun mehr A
wie D Gruppen vorhanden: Das heranwachsende Kristallvolumen wird polar.
Wachstum in zwei Richtungen
Betrachtet man nicht das Wachstum ausgehend von einem Substrat, sondern
von einem Keim, so startet das Wachstum symmetrisch in zwei entgegengesetzte Richtungen. Das Wachstum nach unten sei mit negativem q beschrieben. Die Polarisation ist hierbei entgegengesetzt, der Exponent in Gl. 1.7
muss jedoch positiv bleiben:
14
nnet (q) =
1.2.2
½
nmax (1 − λq ) für q > 0
−nmax (1 − λ−q ) für q < 0
(1.13)
Wachstum in zwei Dimensionen
Beim zweidimensionalen Wachstum nimmt man an, dass das Wachstum eines neuen Kanals an jeder Stelle längs eines bereits bestehenden mit gleicher Wahrscheinlichkeit und unabhängig von dessen Polarität starten kann
(keine Wechselwirkungen zwischen den Molekülketten). Die Nettopolarität
nnet (x, y) an einem beliebigen Punkt des Kristalls ergibt sich aus der Mittelung derjenigen Polaritäten, welche die von allen möglichen Startpositionen
aus gewachsenen Molekülketten am betrachteten Ort haben. Das Verhältnis
der Wachstumsgeschwindigkeit entlang der Kanalachse zu demjenigen senkrecht dazu sei mit a bezeichnet. Dieses Wachstum wurde bereits mit dem
Computer simuliert [4],wobei jedes Molekül einzeln an die Seiten- bzw. Stirnflächen des wachsenden Kristalles angelagert wurde. Jedoch konnten infolge
der Vielzahl von Molekülen, die zur Simulation eines Kristalles notwendig
sind, keine Kristalle realistischer Grösse berechnet werden. Im folgenden wird
daher eine kontinuierliche d. h. analytische Lösung des Problems aufgezeigt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Wachstum eines neuen Kanals an einer bestimmten Stelle eines bereits bestehenden startet, ist reziprok zu dessen Länge 2a |x|. Somit ist die Wahrscheinlichkeitsdichte folgendermassen definiert
1
f = 2a|x|
. Abb. 1.4 zeigt schematisch das Wachstum von Ketten an den Seitenflächen eines Kristalles. Eine neue Kette kann das Wachstum in beiden
Richtungen am oberen oder unteren Ende des Kristalles sowie an allen möglichen Positionen dazwischen starten. Die untere Grenze der Polarisation wird
dabei von derjenigen Kette erzeugt, welche das Wachstum vom oberen Ende
des Kristalles startet. Die Länge dieser Kette beträgt qmin = y − a |x|. Entsprechend startet diejenige Kette, die mit der höchsten Polarisation beiträgt,
am unteren Ende des Kristalls: qmax = y + a |x| . Je nachdem ob die Ketten
nach oben (q > 0) oder unten (q < 0) starten, ergeben sich die in Abb. 1.4
eingezeichneten Fälle:
1. qmin > 0, qmax > 0
2. qmin < 0, qmax > 0
3. qmin < 0, qmax < 0
Im Bereich 2 treffen Ketten mit entgegengesetzter Polarisation aufeinander,
was zur einer mehr oder weniger starken Ausmittelung führt. Im Bereich 1
15
y
y = ax
A
D
1.
2.
2.
nnet(x,y)
x
3.
D
A
Abbildung 1.4: Wachstum in 2 Dimensionen: An den Seitenflächen kann eine
Kette von jedem Punkt aus nach oben und unten (mit entgegengesetzter Polarität)
wachsen; z. B. mit positiver (rot) und negativer Polarität (blau). Die Nettopolarität
nnet (x, y) ergibt sich durch Mittelung aller Polarisationen nnet (q) von qmin bis
qmax . Dies führt zu zwei konusförmigen Domänen hoher Polarität (1,3), sowie einem
Bereich geringer Polarität (2).
16
und 3 treffen hingegen nur Ketten mit gleicher Polarisation aufeinander, so
dass eine konusförmige Polaritätsverteilung mit zwei Domänen entgegengesetzter Polarität entsteht.
Die Nettopolarisation nnet (x, y) erhält man nun durch die Mittelung aller
Polarisationen nnet (q) von qmin bis qmax .
Damit beträgt der Erwartungswert für die Polarisation für x 6= 0:
Z qm a x
Z qm a x
1
nnet (x, y) =
nnet (q)f dq =
nnet (q)dq
(1.14)
2a |x| qm in
qm in
R qmax
Da infolge der Punktsymmetrie von nnet (q) die Beziehung qmin
nnet (q)dq =
R |qmax |
nnet (q)dq gilt, lässt sich die Integration einfach ausführen :
|qmin |
Ã
!
nmax
λ|qmax | − λ|qmin |
nnet (x, y) =
|qmax | − |qmin | −
(1.15)
2a |x|
ln λ
mit nmax =
pD D −pA A
pD D +pA A
, λ = 1 − pDD − pAA , qmin = y − a |x|, qmax = y + a |x| .
Es bleibt noch der Fall x = 0 zu lösen, für den der Erwartungswert in Gl.
1.14 nicht definiert ist. Jedoch entspricht diese Gleichung im Grenzfall x → 0
erwartungsgemäss dem Kettenwachstum in einer Dimension d. h. Gl. 1.13 mit
y anstelle von q als Variablen.
Ohne die Verwendung von Betragsstrichen lässt sich Gl. 1.15 auch folgendermassen schreiben:

³
´
y sinh(a|x| ln λ)

n
1
−
λ
Bereich 1
·

max
a|x| ln λ


³
´
ln λ)
nmax
nnet (x, y) =
(1.16)
y − λa|x| · sinh(y
Bereich 1
a|x|
ln λ

³
´


 −nmax 1 − λ−y · sinh(a|x| ln λ)
Bereich 3
a|x| ln λ
1.2.3
Schnell konvergierende Systeme
Wird die maximal erreichbare Nettopolarität nmax (Gl. 1.7) beim Kettenwachstum bereits nach wenigen Anlagerungsschritten (im Vergleich zur Gesamtlänge des Kristalls) erreicht, so kann die Polarisation durch folgende
Stufenfunktion angenähert werden:
½
nmax q > 0
nnet (q) =
(1.17)
−nmax q < 0
Als Abschätzung, ob diese Näherung zulässig ist, kann z. B. diejenige Kettenlänge angesehen werden, nach der bereits 95 % der maximal möglichen
17
Abbildung 1.5: Wachstum in 2 Dimensionen für schnell konvergierende Systeme ohne bzw. mit angelegtem Feld (Gl. 1.19 bzw. 1.28) am Beispiel des Systems
PHTP-TTTA [5], Energien und Dipolmoment aus [6].
Polarisation erreicht sind:
ln 0, 05
(1.18)
ln λ
Ist diese klein gegenüber der Kristalldimension, so ist die Vereinfachung in Gl.
1.17 zulässig. Damit vereinfacht sich die Berechnung des zweidimensionalen
Kristallwachstums (Gl. 1.14 und Abb. 1.4) zu:

Bereich 1
 nmax
y
nmax
· |x| Bereich 2
(1.19)
nnet (x, y) =
 a
Bereich 3
−nmax
q95% =
Die Bereiche gleicher Polarität liegen somit auf Ursprungsgeraden.
Abb. 1.5 zeigt die für die Einschlussverbindung von Perhydrotriphenylen
(PHTP) mit einem Schwefel-Stickstoffradikal (TTTA3 ) [5] gerechnete Polaritätsverteilung für 2 · 106 Anlagerungsschritte und Kanäle bei T = 300 K.
Für die Wechselwirkungsenergien wurden neuere Berechnungen als in [5] verwendet [6]:
WAD = −10, WAA = −1, 8 und WDD = −3, 7 kJ mol−1 , µ = 0, 61 Debye).
Damit werden 95 % der maximalen Polarität bereits nach q95% = 26 Anlagerungsschritten erreicht , so dass die Näherung in Gl. 1.17 sehr gut erfüllt ist.
Die Grafik zeigt den erwarteten sternförmigen Verlauf.
3
1,3,5-Trithia-2,3,6-triazapentalenyl
18
1.2.4
Wachstum im elektrischen Feld
Legt man während des Kristallwachstums ein elektrisches Feld an, so werden die Anlagerungswahrscheinlichkeiten nicht mehr ausschliesslich durch die
Wechselwirkungsenergien zwischen den Endgruppen bestimmt, sondern zusätzlich durch das lokale elektrische Feld am Ort der Anlagerung. Im Hochvakuum kann dies in guter Näherung mit dem äusseren Feld gleichgesetzt
werden.
Die Energie eines Dipols µ im elektrischen Feld E beträgt
WDipol = −µ · E =µE cos α
(1.20)
Im folgenden soll nur das Wachstum in oder entgegen der Richtung des elektrischen Feldes betrachtet werden, was parallel zur y-Achse orientiert sei.
Die Energie des Dipols addiert sich zu den Wechselwirkungsenergien, so dass
die Anlagerungswahrscheinlichkeiten folgendermassen lauten:
e−β(WA A ∓µE)
e−β(WA A ∓µE) + e−β(WA D ±µE)
e−β(WD D ±µE)
= −β(W ±µE)
DD
e
+ e−β(WA D ∓µE)
p±
AA =
(1.21)
p±
DD
(1.22)
das obere Vorzeichen ist beim Wachstum in Feldrichtung gültig, das untere
beim Wachstum entgegen des Feldes. Die Unformung liefert:
p±
AA =
p±
DD =
1
(1.23)
−β∆WA±
1+e
1
(1.24)
−β∆WD±
1+e
Mit ∆WA± = WAD − WAA ± 2µE, ∆WD± = WAD − WDD ± 2µE.
nnet (q) ist nun keine punktsymmetrische Funktion mehr sondern muss durch
folgende Fallunterscheidungen beschrieben werden:
½ +
nmax (1 − λq+ ) für q ≥ 0
±
(1.25)
nnet (q) =
−q
n−
max (1 − λ− ) für q < 0
p± −p±
±
±
DD
AA
mit n±
max = ± p± +p± , λ± = 1 − pDD − pAA
DD
AA
Für die numerische Berechnung der Polaritätsentwicklung in zwei Dimensionen (x 6= 0) sind nun ebenfalls Fallunterscheidungen notwendig, dazu wird
das Integral in Gl. 1.14 in zwei Bereiche unterteilt.
Z 0
Z qm a x
Z qm a x
nnet (q)dq =
nnet (q)dq +
nnet (q)dq
(1.26)
qm in
qm in
0
19
Die Fallunterscheidung, ob qmin bzw. qmax grösser oder kleiner Null ist, führt
zu folgender Formel, mit der die Polaritätsverteilungen in diesem Kapitel
gerechnet wurden:

³
´
q
λ+max −1
+

n
q
, qmax > 0
−
max
1
max
ln λ+
³
´
qmin
nnet (x, y) =
λ−
−1
2a |x|  n−
, qmax < 0
max qmax − ln λ−

³
´
q
λ+min −1
+

−
q
, qmin > 0
n
min
1
max
ln λ+
³
´
qmin
−
(1.27)
λ
−1
2a |x|  n−
qmin − −
, qmin < 0
max
ln λ−
p± −p±
±
±
DD
AA
mit n±
max = ± p± +p± , λ± = 1 − pDD − pAA , qmin = y − a |x|, qmax = y + a |x|.
DD
AA
Für x = 0 gilt Gl. 1.25 mit y anstelle von q als Variablen.
Bei schnell konvergierenden Systemen modifiziert sich Gl. 1.27 zu
 +
Bereich 1
 n+max −
−
y
nmax −nmax
n+
max +nmax
nnet (x, y) =
· |x| +
Bereich 2
2
 − 2a
Bereich 3
nmax
(1.28)
Die Bereiche gleicher Polarisation liegen wie beim Fall ohne angelegtes elektrisches Feld (Gl. 1.19) auf Ursprungsgeraden, die Polarisation entlang der
x-Achse ist jedoch nicht mehr Null (s. Abb. 1.5).
Es soll noch der Bereich 1 und 3 in Abb. 1.4 (qmax > 0, qmin > 0 bzw.
qmax < 0, qmin < 0) genauer betrachtet werden. Gl. 1.27 vereinfacht sich hier
zu:

³
´
sinh(a|x| ln λ+ )
y
 n+
·
1
−
λ
Bereich 1
+
max
a|x| ln λ+
³
´
nnet (x, y) =
(1.29)
−y sinh(a|x| ln λ− )
 n−
Bereich 3
max 1 − λ− ·
a|x| ln λ−
Die exponentielle Abhängigkeit der Polaritätsentwicklung in einer Dimension
(Gl. 1.25) bleibt somit erhalten, jedoch um einen von x abhängigen Term modifiziert. Bereich 2 entspricht im wesentlichen Gl. 1.28 mit Korrekturtermen
der Form λy+ und λ−y
− .
1.2.5
Anwendung auf Einschlussverbindungen
Die Voraussetzung für die Gültigkeit des Markovmodells, dass die Wechselwirkungen zwischen den Molekülketten vernachlässigbar klein sein müssen,
ist am besten bei Kanaleinschlussverbindungen erfüllt. Um die Richtigkeit
der hier vorgestellten Rechnungen zu prüfen, wurde zunächst ein fiktives
20
y
X
Polarität
10 nm
100 nm
1 µm
Kontinuum
Abbildung 1.6: Vergleich zwischen simulierter und gerechneter Polaritätsverteilung für ein System mit WAD = -20; WAA = 12,3 und WDD = -0,1 kJ mol−1 ; T =
300 K. Links: Stochastische Simulationen mit Mittelung über verschieden grosse
Bereiche (a-c aus [2], c aus [4] (Fig. 7d)). Rechts: Rechnung nach Gl. 1.15 (d).
Beispiel mit denjenigen Energiewerten gewählt, für welche die Polaritätsverteilung bereits mittels stochastischer Simulationen bestimmt worden war [2].
Bei dieser Methode wurde jedes Molekül einzeln mit den entsprechenden
Wahrscheinlichkeiten an das vorhergehende angelagert. Anschliessend erfolgte eine Mittelung über einen gewissen Bereich. Abb. 1.6 zeigt die mit Gl. 1.15
analytisch gerechnete Polarisationsverteilung im Vergleich mit der simulierten4 , bei der über verschieden grosse Bereiche gemittelt wurde. Es wurden
die gleichen Daten wie in [2] verwendet:
WAD = −20, WAA = 12, 3 und WDD = −0, 1 kJ mol−1 , T = 300 K, 104
Kanäle und 105 Anlagerungsschritte. Die Berechnungen erfolgten mit dem
Programm MathCad (s. Anhang), die grafischen Darstellungen mit Origin.
Die mittels stochastischer Simulation berechnete Polarisationsverteilung entspricht infolge der stochastischen Natur des Wachstumsprozesses nicht ganz
der erwarteten Symmetrie. Die Abweichungen davon verschwinden jedoch,
4
Der Farbcode wurde dem in dieser Arbeit verwendeten angepasst. In [2] und [4] wird
der umgekehrte Farbcode verwendet (↑: rot, ↓: blau).
21
wenn über Bereiche gemittelt wird, die der Ortsauflösung gängiger Messmethoden entsprechen (z. B. 1 µm). In diesem Fall liefern die beiden Methoden
die gleichen Ergebnisse. Der Nachteil der Simulation liegt in der langen Rechenzeit, wodurch nur kleine Kristalle berechnet werden können. Das gezeigte Beispiel würde beim System PHTP einer Kristallgrösse von ca. 120 × 15
µm2 entsprechen. Bei der analytischen Lösung der Polarisationsverteilung ist
die Rechenzeit für beliebig grosse Kristalle hingegen vernachlässigbar. Eine Mittelung über bestimmte Bereiche könnte ebenfalls erfolgen, indem die
Auflösung bei der grafischen Darstellung verringert würde.
Das System PHTP-NNP
Für die Einschlussverbindung PHTP (Perhydrotriphenylen als Wirt) und
NNP (1-(4-nitrophenyl)piperazin als Gast), die auch mittels Molekularstrahldeposition abgeschieden werden konnte (Kap. 4.4), waren die Wechselwirkungsenergien aus quantenmechanischen Rechnungen bekannt [4]: WAD =
−26, 4; WAA = 12, 3 und WDD = −0, 1 kJ mol−1 . Als Dipolmoment wurden
µ = 5 Debye angenommen. Anhand dieses Beispiels wird im folgenden der
Einfluss des elektrischen Feldes sowie der Temperatur auf die Polaritätsentwicklung untersucht.
Einfluss der Temperatur
Es liegt nahe, die Ausbildung von Polarität sowie die Ausrichtung polarer
Moleküle im elektrischen Feld dadurch zu begünstigen, dass die Temperatur
während der Kristallisation abgesenkt wird. Im Gegensatz zur Züchtung aus
Lösung oder der Schmelze ist dies bei der Molekularstahldeposition einfach
möglich. Im folgenden Abschnitt wird zunächst die Polaritätsentwicklung in
Abhängigkeit von der Temperatur ohne den Einfluss eines elektrischen Feldes
untersucht, dass im wesentlichen nur eine Modifikation der Wechselwirkungsenergien bewirkt. Die Überlegungen haben daher auch beim Wachstum im
Feld Gültigkeit. Senkt man die Temperatur, so erwartet man eine Zunahme der maximal erreichbaren Polarität, da der Fehlordnungsgrad aufgrund
des sinkenden Einflusses der Temperatur zurückgehen sollte. Tatsächlich gilt
nmax (T ) → 1 für T → 0 (WAA > WDD ). Andererseits wird die maximale
Polarität immer langsamer erreicht: q95% (T ) → ∞ für T → 0. Auch dies ist
verständlich, da beim Kristallwachstum zunächst beide Orientierungen mit
gleicher Häufigkeit vorliegen, wovon eine für die Ausbildung von Polarität
bevorzugt umklappen muss. Die wird durch den Einfluss der Temperatur begünstigt. Der Einfluss der Temperatur muss daher am konkreten Fall geprüft
werden, wobei die Länge des Kristalls von besonderer Bedeutung ist. Abb. 1.7
22
9
8
7
6
5
4
Abbildung 1.7: Einfluss der Temperatur auf die Polaritätsentwicklung des Systems PHTP - NPP. Falls 95 % der Maximalpolarität innerhalb der Länge des
Kristalls (l = 106 ) erreicht werden (rechts, Gl. 1.18), stimmen die Werte für die
maximal erreichbare und nach l = 106 Anlagerungsschritten erreichte Polarität
überein (links, Gl. 1.7).
zeigt am Beispiel PHTP - NPP den Temperaturverlauf der maximal erreichbaren, sowie der am Ende des Kristalls der Länge l = 106 tatsächlich erreichten Polarität. Diese hat ein Maximum in demjenigen Temperaturbereich, in
dem die für das Erreichen der maximalen Polarität notwendige Anzahl an
Anlagerungsschritten der Kristallänge entspricht.
Einfluss des elektrischen Feldes
Abb. 1.8 zeigt der Einfluss des elektrischen Feldes und der Temperatur auf die
Polaritätsentwicklung in einer Dimension. Das Kristallwachstum startet bei
q = 0 in beide Richtungen d. h. mit bzw. entgegen der Feldrichtung. Bei tieferen Temperaturen wird die maximal mögliche Polarität langsamer bzw. nur
teilweise erreicht. Zugleich wird der Unterschied beim Wachstum mit bzw.
entgegen der Feldrichtung ausgeprägter, die Polung wird somit begünstigt.
Misst man die Polarität nicht ortsaufgelöst, sondern über den gesamten Kristall gemittelt, wie dies z. B. bei der Messung des pyroelektrischen Effektes
der Fall ist, so muss die Polarität über den gesamten zweidimensionalen Kristall gemittelt werden, was numerisch leicht möglich ist. Für eine Abschätzung, wie die mittlere Polarität vom angelegten Feld und der Temperatur
abhängt, genügt jedoch auch eine Mittelung in einer Dimension (bzw. entlang der y-Achse beim Wachstum in zwei Dimensionen):
23
225 K
250 K
Polarität
E
0
8
10 V/m
8
2*10 V/m
-10
6
10
6
275 K
-10
6
-10
10
6
300 K
6
10
6
6
-10
10
6
Abbildung 1.8: Einfluss des elektrischen Feldes auf die Polaritätsentwicklung
(PHTP - NPP) in einer Dimension für verschiedene Temperaturen (Gl. 1.13). Die
Kurven entsprechen einem Schnitt entlang der y -Achse in Abb. 1.10.
nnet
Z
1 l
=
nnet (q) dq
2l −l
¶
¶
µ
µ
n+
n−
λl+ −1
λl− −1
max
max
=
+
1−
1−
2
l ln λ+
2
l ln λ−
(1.30)
l ist hier die halbe Länge des Kristalls gemessen in Anlagerungsschritten.
Abb. 1.9 zeigt die Abhängigkeit der mittleren Polarisation vom elektrischen
Feld für verschiedene Temperaturen (l = 106 ). Die Werte stimmen gut mit
der numerisch über zwei Dimensionen gemittelten Polarität überein (s. Abb.
1.10). Ohne angelegtes elektrisches Feld ist infolge der Symmetrie des Wachstumsprozesses die gemittelte Polarität erwartungsgemäss Null.
Abb. 1.10 zeigt schliesslich die Polaritätsentwicklung in zwei Dimensionen für
verschiedene Felder und Temperaturen (2 · 106 Anlagerungen und Kanäle).
24
275 K
0,29
300 K
0,24
0,21
0,12
0,06
8
Abbildung 1.9: Entlang der y-Achse gemittelte Polarität (Gl. 1.30) bei verschiedenen Temperaturen f ür das System PHTP - NPP (l = 106 ). Die Zahlen geben
die Polarität bei 106 und 2·106 V/m an und stimmen gut mit der über den ganzen
Kristall gemittelten überein (s. Abb. 1.10).
Auch hier zeigt sich, dass bei tieferen Temperaturen die ohne Feld erreichbare
Polarität zwar geringer ist und langsamer erreicht wird, dafür ist der Einfluss
des Feldes umso ausgeprägter.
1.3
Zusammenfassung
Auch wenn der Einfluss der Temperatur und des elektrischen Feldes auf die
Polaritätsentwicklung am konkreten Molekül betrachtet werden muss, für
das die Wechselwirkunsenergien und das Dipolmoment bekannt sein sollten,
so können doch einige Schlüsse gezogen werden. Generell wird bei geringerer Temperatur die Polarität langsamer ausgebildet, was von Vorteil ist, da
für die Messung eine geringere Ortsauflösung ausreichend ist. Zudem wird
die Polung im elektrischen Feld begünstigt. Am konkreten Beispiel der Einschlussverbindung von PHTP mit NPP, für das die Wechselwirkungsenergien
bekannt waren und für die ein typisches Dipolmoment von 5 Debye angenommen wurde, konnte die Polaritätsentwicklung mittels zweier verschiedener
Modelle abgeschätzt werden (Polung in der Gasphase und Markovmodell).
Die durch das Anlegen eines Feldes erreichbaren mittleren Polaritäten stimmen relativ gut überein (vgl. Abb. 1.2 und 1.9). Für einen deutlichen Unterschied in der Polaritätsverteilung gegenüber dem Wachstum ohne angelegtem
Feld sind elektrische Felder im Bereich von 108 V/m nahe der Durchschlagsgrenze des Substrats notwendig.
25
Temperatur [K]
300
275
250
Polarität
225
E
0
1
el. Feld [108 V/m]
2
Abbildung 1.10: Polaritätsverteilung für das System PHTP-NPP für verschiedene
Temperaturen und Felder (Gl. 1.27). Die Zahlen geben die maximale und minimale
Polarisation an (schwarz bzw. weiss), sowie die numerisch über den ganzen Kristall
gemittelte (grau).
26
Kapitel 2
Second Harmonic Generation
Mikroskopie
2.1
Theorie
Eine Möglichkeit, die durch den Wachstumsprozess oder durch das Anlegen
eines elektrischen Feldes entstandene Polarität mit optischer Auflösung zu
messen, ist die Second Harmonic Generation (SHG) Mikroskopie. Darunter
versteht man die Emission von frequenzverdoppeltem Licht bei Anregung
mit Laserlicht hoher Intensität, das i. a. von einem gepulsten Laser erzeugt
wird. Bei den hohen elektrischen Feldstärken des Laserlichtes ist die Auslenkung (Polarisation) der Elektronen bei asymmetrischen Molekülen nicht
mehr linear sondern in Richtung der Akzeptorgruppe A verschoben. Abb.
2.1 zeigt schematisch das Prinzip der SHG. Die nichtlineare Polarisation P
kann in drei Anteile zerlegt werden: In eine konstante Polarisation P0 (0),
einen sinusförmigen Anteil mit der gleichen Frequenz wie das Anregungslicht
PL (ω), dessen Intensität proportional zur Intensität der Anregung (Fundamentalwelle) ist, und einen Anteil mit der doppelten Frequenz PNL (2ω), der
proportional zum Quadrat der Anregungsintensität ist. Bei genügend hohen
Feldstärken kann noch ein frequenzverdreifachter Anteil beobachtet werden,
während höhere Harmonische i. a. nicht mehr messbar sind. Mathematisch
entspricht dies einer Taylorentwicklung:
P = ε0 (χ0 + χ1 E + χ2 EE + χ3 EEE + . . .)
(2.1)
ε0 ist die Influenzkonstante und χn die optische Suszeptibilität n-ter Ordnung, die den Zusammenhang zwischen dem Vektor der Polarisation P und
demjenigen des angelegten Feldes E herstellt. Diese sind Materialkonstanten, die von den verwendeten Materialien und der Symmetrie des Systems
27
Zeit
P
E
-
D
+
A
lineare Antwort
nichtlineare Polarisation
t
P0(0)
t
E
-
A
PL(w)
t
induzierter Dipol
PNL(2w)
t
Abbildung 2.1: Prinzip der SHG: Bei hohen Feldstärken E des Lasers ist die
Polarisation P der Elektronen in Richtung A-Gruppe verschoben. Diese kann als
Summe eines konstanten, eines mit der Anregungsfrequenz ω und eines mit der
doppelten Frequenz 2ω oszillierenden Anteils dargestellt werden. Letzterer führt
zur SHG Emission.
abhängen und somit i. a. tensorieller Natur (n + 1. Stufe) sind. Einen guten
Überblick über die mathematische Beschreibung gibt [7] und [8].
Die Intensität des frequenzverdoppelten Lichtes einer Probe hängt zum einen
von diesen materialspezifischen Grössen sowie weiteren Faktoren ab, ist zum
anderen aber direkt proportional zur Polarität 1 nnet der Probe. Dies liegt
daran, dass frequenzverdoppeltes Licht entgegengesetzt orientierter Moleküle eine Phasenverschiebung von π aufweist, was zur destruktiven Interferenz
führt. Sind in einer Grössenordnung kleiner als das optische Auflösungsvermögen gleich viele in die eine wie die entgegengesetzte Richtung orientierte
polare Moleküle vorhanden, wie es bei zentrosymmetrisch kristallisierenden
Materialien der Fall ist, kann keine SHG beobachtet werden. Ein Überschuss
der einen oder anderen Orientierung polarer Moleküle führt hingegen zu einer
Emission frequenzverdoppelten Lichtes. Bei dickeren Proben kommen noch
Interferenzen durch Laufzeitunterschiede zwischen der Fundamental- und der
SH-Welle hinzu, was in Abhängigkeit der Dicke zu einer periodischen Verstärkung und Auslöschung der Intensität führt. Bei den in dieser Arbeit untersuchten Proben, die alle unterhalb einer gewissen Dicke, der Kohärenzlänge
lagen (typischerweise ∼ 2 µm) tritt dieser Effekt nicht auf und soll deswegen
1
Auch hier bezeichnet Polarität eine vom jeweiligen Dipolmoment unabhängige Grösse
mit einem Betrag zwischen Null und Eins.
28
hier nicht erörtert werden. Die Kohärenzlänge ist definiert durch:
lK =
λω
4 |n(2ω) − n(ω)|
(2.2)
λω ist die Wellenlänge des zur Anregung benutzten Lichtes und n(ω) bzw.
n(2ω) sind die Brechungsindizes bei der Fundamental- bzw. frequenzverdoppelten Wellenlänge. Unterhalb dieser Länge ist die SHG Intensität proportional zum Quadrat der Probendicke.
2.2
Experimenteller Aufbau
Für die Messung der SHG stand bereits eine ausgereifte Anlage zur Verfügung
[9], die auch phasensensitive Messungen d. h. die Unterscheidung zwischen
entgegengesetzt orientierten Domänen gestattet [10] und die im Prinzip aus
einem modifizierten Mikroskop besteht, bei dem die Beleuchtung der Probe
mit einem IR-Pulslaser erfolgt.
Mit der bestehenden Anlage wurden jedoch aus der Schmelze hergestellte
Kristalle untersucht, die eine deutlich höhere Dicke als die mittels OMBD
hergestellten aufwiesen. Angesichts der Tatsache, dass die SHG Intensität
quadratisch mit der Dicke abnimmt, musste die Empfindlichkeit der Anlage
den zu erwartenden Intensitäten angepasst werden. Dazu wurde einerseits
eine neue, intensivierte CCD-Kamera installiert zum anderen musste die zulässige Laserintensität erhöht werden, zu deren Quadrat die SHG Intensität
proportional ist. Hierzu wurde der Filter, der den Laserstrahl vor dem Objektiv abblockt, neu konzipiert. Abb. 2.2 zeigt schematisch den Aufbau der
Anlage.
2.2.1
Intensivierte CCD Kamera
Zum Nachweis des frequenzverdoppelten Lichtes wurde eine intensivierte d. h.
mit einem Photomultiplier vor jedem Pixel ausgestattete CCD Kamera erworben (DynaMight, La Vision), die Einzelphotonennachweis gestattet. Abb.
2.3 zeigt das Prinzip. Auf der Photokathode auftreffende Photonen lösen mit
einer wellenlängenabhängigen Quanteneffizienz (9 % bei 532 nm) ein Elektron aus. Nach einer ersten Beschleunigung im elektrischen Feld wird das
Elektron in einer Mikrokanalplatte vervielfacht und regt nach einer weiteren
Beschleunigung einen Phosphorschirm zum Leuchten an. Dieses Licht wird
mit Glasfaserbündeln auf einen CCD Chip gelenkt und detektiert. Durch
die elektronische Verschlussteuerung können kürzeste Belichtungszeiten bis
29
FarbCCD
Kamera
Umschalter
Verschlusssteuerung
intensivierte
CCD Kamera
Kühlung
Bandpassfilter 532 nm
Analysator
IR Absorptionsfilter
Synchronisation
Objektiv
IR Absorptionsfilter, rotierend
Probe
Blende
gepulster
Nd:YAG Laser
1064 nm
E
dielektr.
Spiegel
Polarisator
Beleuchtung
Abbildung 2.2: SHG Mikroskop: Die Probe wird mit einem IR-Pulslaser beleuchtet und das frequenzverdoppelte Licht nach dem Abblocken des Lasers mit einem
Mikroskop beobachtet (aus [9], die Ergänzungen im Rahmen dieser Arbeit sind
grau markiert).
30
Abbildung 2.3: Intensivierte CCD Kamera: Auf der Photokathode auftreffende
Photonen lösen ein Elektron aus, das in einer Mikrokanalplatte vervielfacht und
nach einer weiteren Beschleunigung wieder in Photonen umgewandelt wird, die
mit einem CCD Chip detektiert werden.
herab zu 5 ns erreicht werden, so dass die Belichtung mit den Laserpulsen synchronisiert werden konnte, was in einer sehr geringen Tageslichtempfindlichkeit resultiert. Die Kamera ist kalibriert, so dass auch quantitativ gemessen
werden kann. Eine Peltierkühlung des CCD Chips reduziert das thermische
Rauschen (halbiert sich ca. alle 7 K), so dass längere Belichtungszeiten bei
gutem Signal-Rauschverhältnis möglich sind. Standardmässig kann der Chip
auf -5 ◦ C gekühlt werden, durch eine zusätzlich installierte Wasserkühlung,
die mit einem kleinen Umwälzthermostaten (Kühlwassertemperatur ca. 8 ◦ C)
realisiert wurde, kann der Temperaturbereich bis -15 ◦ C erweitert werden. Die
Kamera ist bis ca. 750 nm empfindlich, was den Vorteil hat, dass möglicherweise nicht vollständig herausgefiltertes IR Licht (1064 nm), das zur Anregung verwendet wird, keinen Einfluss auf die Messung hat. Das aufgebaute
System ist so installiert, dass bei eingeschaltetem Laser (Shutter geöffnet),
die Synchronisation mit den Pulsen automatisch erfolgt. Das Synchronisationssignal des Lasers wird ca. 170 ns vor dem Puls ausgegeben und erfährt
eine weitere Verzögerung (Delay) in der elektronischen Verschlussteuerung.
Deshalb wurde ein relativ grosses Zeitfenster (Width) für die Belichtung gewählt (300 ns), um sicherzustellen, dass der Laserpuls dieses trifft. Die Länge
des Zeitfensters hat keinen merklichen Einfluss auf das Rauschen des Bildverstärkers, das erst bei Zeitskalen im µs Bereich auftritt. Für eine exaktere
31
Synchronisation ist folgende Einstellung zu verwenden: Delay: 180 ns, Width:
20 ns.
Wichtig ist, dass die Aufnahmen immer mit der niedrigsten möglichen Verstärkung (Gain) des Bildverstärkers beginnen, da Überbelichtungen (>38000
counts in der Standardeinstellung) zu einem Einbrennen des Bildes und somit
langfristig zu einer Verschlechterung des Bildverstärkers führen.
Aufnahme eines Hellbildes
Ein Nachteil der Kamera ist die relativ geringe Auflösung von 512 x 512 Pixeln sowie das Fehlen der Farbinformation. Um für Dokumentationszwecke
Farbaufnahmen anfertigen zu können, wurde das Mikroskop mit einem umschaltbaren Fototubus ausgestattet, so dass die bereits vorhandene Farbkamera weiterhin benutzt werden kann. Auch wenn deren Bildqualität höher
ist, ist für Auswertungen von SHG Aufnahmen der unterschiedliche Bildausschnitt oft hinderlich. Um bei der intensivierten Kamera ein Umstecken der
Kabel zu vermeiden, wie es normalerweise für die Aufnahme eines Hellbildes notwendig ist, wird folgendes Vorgehen vorgeschlagen. Da die Kamera
für die Aufnahme das Synchronisationssignal des Lasers benötigt, wird dieser bei geöffnetem elektronischen aber geschlossenem mechanischen Shutter
mit niedrigster Leistung (Q-Switch: 400 µs) betrieben. Bei der Kamera wird
im Programm eine Belichtungszeit von 1 s eingestellt und an der Verschlussteuerung ein Zeitfenster (Width) von 100 µs. Nun wird bei normaler Mikroskopbeleuchtung die Verstärkung (Gain) solange erhöht bis die optimale
Bildqualität erreicht ist.
2.2.2
Filtersystem
Der kritische Punkt beim SHG Mikroskop ist der IR-Absorptionsfilter, welcher den Laserstrahl vor dem Objektiv abblockt. Obwohl der verwendete
Laser (Continuum, Surelite I-10) eine maximale Pulsenergie von 450 mJ liefert, was bei einer Repetitionsfrequenz von 10 Hz einer durchschnittlichen
Leistung von 4,5 W entspricht, konnte diese bei der vorhandenen Anlage nur
bis etwa zur Hälfte ausgenutzt werden, da höhere Leistungen zur einer Zerstörung des IR-Absorptionsfilter führten. Infolge der schlechten Wärmeleitfähigkeit des Filterglases heizte sich dieses lokal stark auf, was zunächst zu einer
Trübung und schliesslich zum Zerspringen des Glases führte. Um die absorbierte Wärme gleichmässig über eine grössere Fläche zu verteilen, wurde ein
langsam rotierender Filter konstruiert. Damit die Bedienbarkeit des Mikroskopes nicht beeinträchtigt wurde, waren einige Bedingungen zu erfüllen. So
musste die freie Schwenkbarkeit des Objektivrevolvers und die insbesondere
32
für phasensensitive Messungen erforderliche Drehbarkeit des Arbeitstisches
gewährleistet sein. Zudem sollten die Verschiebbarkeit und die verschiedenen
Einspannmöglichkeiten für Objektträger unterschiedlicher Grösse und Dicke
erhalten bleiben. Schliesslich musste der Filter präzise gelagert sein, da besonders bei hoher Vergrösserung selbst geringfügige Verkippungen während
der Drehung zu einem Strahlversatz und somit zu einem Verschwimmen des
Bildes führen.
Für die SHG Mikroskopie können bis zu einer 10-fachen Vergrösserung Standardobjektive verwendet werden, für höhere Vergrösserungen stehen ein 20fach und 60-fach Objektiv mit vergleichsweise grossem Arbeitsabstand zu
Verfügung (Beschreibung im Kap. 4.3.9).
Insbesondere der geringe Arbeitsabstand des 60-fach Objektives von ca.
1,7 mm erforderte, dass der Antrieb des Filters nicht wesentlich über diesen hinausragt.
Dieses Problem wurde dadurch gelöst, dass der Antrieb des Filters unter dem
Arbeitstisch des Mikroskopes untergebracht wurde und den Filter über eine
magnetische Kupplung antreibt (Abb. 2.4), so dass der Filter leicht abgenommen werden kann. Der Filter (Durchmesser 50 mm) wurde aus einem 2 mm
dickem IR-Absorptionsglas (Schott, KG 5) geschnitten und in einen Aluminiumring eingepasst, in den 12 jeweils paarweise angeordnete NdFeB Magnete
(Durchmesser 4 mm, Höhe 2 mm) eingesetzt wurden. Dieser Antriebsring
läuft in einer Halterung, die auf einem aus Madenschrauben gebildeten Dreibein steht, so dass der Abstand des Filters zum Objektträger exakt eingestellt
werden kann. Als Gleitlager dient eine 0,3 mm dicke Teflonfolie. Gegenüber
den Magnetpaaren unterhalb des Arbeittisches wurden 6 NdFeB Magnete
(10 x 5 x 4 mm) in einen ebenfalls auf einer Teflonfolie gelagerten Aluminiumring eingelassen, der über ein Zahnrad von einem Getriebemotor mit einer
Bauhöhe von nur 15 mm angetrieben wird (Faulhaber, FTB Serie, Betriebspannung 6 V). Die Antriebseinheit ist in einer massiven Aluminiumscheibe
von 85 mm Durchmesser untergebracht und kann in einer beliebigen Position
in den Ring, der den Arbeitstisch trägt, eingesetzt werden. Die Fixierung erfolgt über zwei Exzenter und die Stromzufuhr über Schleifkontakte, so dass
die Drehbarkeit des Arbeitstisches gewährleistet bleibt. Ausser für spezielle
Aufnahmetechniken (z. B. Konoskopie), für die ein Spezialkondensor erforderlich ist, kann die Antriebseinheit im Mikroskop belassen werden.
Mittels dieser Konstruktion konnte die maximale Leistung des Lasers (4,5 W)
auch bei langen Belichtungszeiten ausgenutzt werden, wobei der Filter sich
nur geringfügig erwärmte.
Um bei einem Defekt am Absorptionsfilter die Beschädigungen auf das Objektiv zu beschränken und insbesondere die Kamera zu schützen, muss in
jedem Fall hinter dem Objektiv ein zweiter Filter platziert werden, der bei
33
1 cm
Abbildung 2.4: Um die lokale thermische Belastung bei der Absorption des Lasers
zu verringern, wird der Filter über eine magnetische Kupplung von einem unterhalb
des Arbeitstisches montierten Motor in Rotation versetzt.
Aufnahmen in Transmission die Abbildungsqualität nicht wesentlich beeinträchtigt.
Insbesondere bei hohen Laserleistungen treten oft Durchschläge auf, die breitbandig Licht emittieren. Um die SHG Emission davon trennen zu können,
war ein 532 nm Bandpassfilter (LaserComponents, LCS10-532A) vorhanden,
bei dessen Einsatz 50 % an Intensität verloren gehen. Auch wenn der Filter
eingesetzt wird, kann oft nicht unterschieden werden, ob das detektierte Licht
der 532 nm Anteil einer breitbandigen Emission infolge eines Durchschlages
ist oder ob eine schmalbandige SHG Emission bei 532 nm vorliegt. Der Filter wurde deshalb fest in den Auflichtrevolver des Mikroskopes eingebaut,
so dass er einfach zugeschaltet werden kann (Abb. 2.2). Wird die Messung
bei gleichen Bedingungen zunächst ohne und anschliessend mit dem Filter
durchgeführt und reduziert sich die Intensität, die mit der neuen Kamera
quantitativ gemessen werden kann, entsprechend der Transmission des Filters um 50 %, so ist dies ein starker Hinweis, dass ein schmalbandige Emission
bei 532 nm d. h. SHG vorliegt.
SHG Messungen von mittels OMBD hergestellten Kristallen sind im Kap.
4.4 und 4.5 beschrieben, während im nächsten Abschnitt SHG Messungen an
Fluorapatit-Gelatin Kompositen gezeigt werden, mit denen die Empfindlichkeit der aufgebauten Anlage demonstriert werden konnte.
34
Abbildung 2.5: Wachstumsprozess eines Fluorapatit-Gelatine Komposites: Das
Wachstum startet von einem hexagonalen Keim, aus dem sich zunächst eine hantelförmige und schliesslich sphärische Struktur (∼ 100 µm) formt (aus [11]).
2.3
SHG Messungen an Fluorapatit-Gelatine
Kompositen
Das Wachstum von Fluorapatit-Gelatine Kompositen stellt aufgrund seiner
strukturellen wie auch chemischen Ähnlichkeit mit natürlichem Zahnmaterial ein gutes Modell für das Verständnis des Zahnwachstum dar. Das Kompositmaterial wurde durch Gegendiffusion von Kalziumionen auf der einen
Seite und Phosphat- und Fluoridionen auf der anderen in einem hydrolysierten Gelatinegel gewonnen. Ein Überblick über dieses Gebiet gibt [11]. Das
Wachstum des Komposites startet zunächst von hexagonalen Keimen, aus denen sich bei vergleichsweise schnellem Wachstum zunächst hantelförmige und
schliesslich hemissphärische Strukturen formen (Abb. 2.5). Wie elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigen, bestehen die hexagonalen Keime wiederum aus kleineren, prismenförmigen Teilen, die durch Einschlüsse von Gelatine
voneinander getrennt sind. Wird der anorganische Fluorapatit in EDTA2 wieder aufgelöst, bleibt ein Netzwerk aus organischen Bestandteilen zurück, was
Doppelbrechung zeigt, während das Gelatinegel vor dem Kristallisationsprozess optisch isotrop war. Dies zeigt, dass die organischen Bestandteile durch
den Wachstumsprozess teilweise bevorzugt ausgerichtet werden. Mittels SHG
Untersuchungen, die in Zusammenarbeit mit Frau Dr. S. Busch (MPI Dres2
Ethylendiamintetraacetat
35
Abbildung 2.6: Links: Mikroskopaufnahme eines hexagonalen Keimes (rechts
oben) mit weiteren Teilchen. Ein 532 nm Filter (rechtes Bild ) erlaubt die Unterscheidung zwischen SHG (Keim) und Durchschlägen, die ohne Filter sichtbar
sind (mittleres Bild, links unten). Die Auswertung der Aufnahme zeigt Abb. 2.7.
den) erfolgten, sollte geklärt werden, ob die organischen Gelatinebestandteile
in die Apatitstruktur nicht nur teilweise parallel sondern auch polar eingebaut werden. Bei biologischen Strukturen konnte häufig durch pyroelektrische
und auch nichtlinear optische Messungen Polarität nachgewiesen werden wie
z. B. bei Haut, Nervenfasern, Knochen und Zähnen. Eine Überblick darüber
gibt [12]. Die Ausbildung von Polarität in natürlichem Gewebe konnte erst
kürzlich mit einem Markovmodell (Kap. 1.2.1) erklärt werden [13], wenn angenommen wird, dass die Wechselwirkungsenergien zwischen verschiedenen
sich bei einem Umklappen der Orientierung gegenüberstehenden Endgruppen von Collagenmakromolekülen unterschiedlich sind (entspricht der unterschiedlichen Wechselwirkungsenergie zwischen zwei Akzeptor- bzw. zwei
Donorgruppen bei polaren Molekülen).
Für die im folgenden beschriebenen SHG Messungen war die höchste Empfindlichkeit der Anlage notwendig, d. h. maximale Empfindlichkeit des Bildverstärkers (Gain: 1000), maximale Kühlung des CCD Chips (-15 ◦ C) sowie
die höchste zur Verfügung stehende Laserleistung (Q-Switch: 185 µs) von
450 mJ pro Puls. Bei einer Pulsdauer von 4 ns (FWHD3 ) und einem Strahldurchmesser von 6 mm ergibt sich eine Pulsintensität von 400 MW/cm2 .
Trotz der hohen Empfindlichkeit waren Belichtungszeiten bis zu einigen Minuten erforderlich.
Abb. 2.6 zeigt die SHG Aufnahme an einem hexagonalen Keim (rechts oben)
bestehend aus Fluorapatit und eingelagerter Gelatine, aufgenommen mit einem 60-fach vergrössernden Objektiv bei parallel zur Achse des Keimes po3
Full width at half maximum
36
Photons
Abbildung 2.7: Hexagonaler Keim aus Fluorapatit mit eingelagerter Gelatine unter dem Mikroskop (links) und SHG-Mikroskop (rechts). (Auswertung von Abb.
2.6).
larisierter Lasereinstrahlung und 4 min Belichtungszeit. Aufgrund der hohen
Laserleistung kam es häufig zu breitbandig emittierenden Durchschlägen an
anderen Teilchen in der Probe (mit dem Auge sichtbares weisses Licht), die
oft das zu messende SHG Signal überstrahlten. Durch den Einsatz des 532 nm
Bandpassfilters konnten diese effektiv herausgefiltert werden, während das
SHG Signal des Keimes klar erkennbar blieb. Drehte man die Polarisation
des Lasers um 90◦ , so blieb die Intensität bei von Durchschlägen stammender Emission unverändert, während sowohl mit als auch ohne Filter keine
Emission vom Keim beobachtet werden konnte. Die SHG Intensität dieser
Keime hat somit ihr Maximum entlang der Hauptwachstumsrichtung des
Fluorapatit-Gelatine Komposites. Dies zeigt, dass die organischen Komponenten in den Fluorapatit zumindest azentrisch und vermutlich polar eingebaut werden. Ergänzende ortsaufgelöste Messungen des Pyroelektrischen
Effektes (Pyromikroskopie) sind im Gange.
Zur Auswertung wurde das Ausgabesignal der Kamera (counts) über die
Eichkurve der Kamera (750 counts/Photoelektron bei maximaler Empfindlichkeit) zunächst in Photoelektronen und über die bekannte Quanteneffizienz
(9 %) in Photonen umgerechnet. Abb. 2.7 zeigt die quantitativ ausgewertete
Aufnahme.
Abb. 2.8 zeigt die SHG Intensität an einem weiter fortgeschrittenen Wachstumsstadium, einer hantelförmige Struktur, deren anorganische Bestandteile
herausgelöst wurden. Die Messungen wurden mit einem 20-fach vergrössernden Objektiv (Belichtungszeit 60 s) in einem Wassertropfen durchgeführt,
um ein Austrocknen der Probe zu vermeiden. Es ist eine klare Polarisationsabhängigkeit erkennbar, wobei die SHG Intensität bei einer Polarisation des
37
Photons
Abbildung 2.8: Hellbild (links) und SHG Intensität (rechts) für verschiedenen Polarisationsrichtungen E von einem fortgeschrittenen Wachstumsstadium, bei dem
die anorganischen Bestandteile herausgelöst wurden.
Lasers parallel zum Keim (in der Mitte der Hantel) höher ist.
Bei reinen Fluorapatitkristallen ohne organische Bestandteile konnte keine
SHG Intensität nachgewiesen werden, was zeigt, dass die gemessenen SHG
Emissionen nicht auf defektbedingte Nichtlinearitäten des Apatit oder einen
Oberflächeneffekt zurückzuführen sind.
Fehlerabschätzung
Auch wenn die interessierende Messgrösse Photonen sind, so werden bei der
Messung Photoelektronen nachgewiesen, die aufgrund der Quanteneffizienz
der Photokathode nur von ca. jedem 11. Photon freigesetzt werden. Wenn
N Photoelektronen nachgewiesen werden, die√einer Poissonverteilung gehorchen, beträgt die Messunsicherheit ∆N = N. Bei der Messung in Abb.
2.8 rechts, bei der ca. 80 Photonen d. h. ca. 7 Photoelektronen nachgewiesen
wurden, beträgt allein die durch die Teilchennatur des Lichtes bedingte Messunsicherheit ca. 35 %. Der Vergleich der mit den verschiedenen Objektiven
(20- und 60-fach) gemessenen Intensitäten ist nur bedingt möglich, da das
60-fach Objektiv durch die dreifach höhere Vergrösserung um den Faktor 9
lichtschwächer ist und zudem eine andere numerische Apertur aufweist (0,7
statt 0,4).
38
2.4
Zusammenfassung und Ausblick
Bei Fluorapatit-Gelatine Kompositen, die ein interessantes Modell für das
Verständnis des Zahnwachstums darstellen, konnte gezeigt werden, dass organische Moleküle während des Wachstums azentrisch in den Fluorapatit
eingebaut werden. Eine mögliche Erklärung für die Entstehung der Polarität
wäre, dass sich zu Beginn des Kristallwachstums Stränge von polaren Molekülen zunächst in einer bevorzugten Richtung an den prismatischen Flächen
nahe der Endkappen des wachsenden Keimes anlagern, während des Wachstums gestreckt werden und sich dadurch parallel und polar anordnen.
Zugleich konnte die Empfindlichkeit der aufgebauten Anlage und die Fähigkeit zu quantitativen Messungen im Einzelphotonenbereich demonstriert
werden. Die gemessene Anzahl Photonen kann leicht in die Einheit Intensität
(W/cm2 ) umgerechnet werden, wenn die Fläche bestimmt wird, die mittels
des Mikroskopes auf ein Pixel abgebildet wird. Die Anzahl der Photonen,
die in der Kamera nachgewiesen werden, entspricht jedoch nicht unbedingt,
derjenigen, die von der Probe emittiert wird. Im allgemeinen wird in der
nichtlinearen Optik Quarz mit einem nichtlinear optischen Koeffizienten von
0,4 pm/V als Standard benutzt. Für eine zusätzliche Eichung der Kamera
steht eine λ-Quarzplatte mit bekannten Spezifikationen zur Verfügung. Eine
absolute Bestimmung der Intensität ist dennoch schwierig, da weitere Faktoren in die Intensitätsbestimmung eingehen, wie z. B. die exakte Dicke der
Platte, die i. a. durch ein Maker Fringe Experiment bestimmt werden muss,
und weitere Koeffizienten wie z. B. Fresnelfaktoren, die von der Geometrie
des Aufbaus abhängen. Zudem ist die Intensitätverteilung des Laserstrahls
infolge eines meist gaussförmigen Strahlprofiles oft nicht genau genug bekannt.
Viele diese Schwierigkeiten lassen sich umgehen, wenn die SHG-Intensität
nicht absolut sondern relativ zum Quarzstandard bestimmt wird. Dazu wird
die Probe gegen die Quarz-Referenzplatte ausgetauscht, so dass die Geometrie des Aufbaus unverändert bleibt. Auf diese Weise lässt sich relativ leicht
der effektive nichtlinear optischen Koeffizient deff bestimmen, was in [14] gut
beschrieben ist. Im Falle von Fluorapatit-Gelatine Kompositen ist deff zur
Charakterisierung des Systems jedoch eine wenig geeignete Grösse, da nur
die organische Komponente azentrisch geordnet ist, deren Anteil nicht genau
bekannt ist.
Ein weiteres Einsatzgebiet für die intensivierte Kamera, die Belichtungszeiten
bis zu 5 ns gestattet, wären zeitaufgelöste Messungen im ns Bereich, wie zum
Beispiel die Messung des Abklingverhaltens von Fluoreszenzemissionen nach
der Anregung durch einen Laserpuls.
39
Kapitel 3
Leitfähigkeitsmessungen an
Kanaleinschlussverbindungen
3.1
3.1.1
Theoretische Grundlagen
Leitfähigkeit und Photoleitung von Jod
Um die Leitfähigkeit mit Jod gefüllter Kanaleinschlussverbindungen (Kap.
3.3) mit derjenigen von reinem Jod vergleichen zu können, soll zunächst ein
Überblick über die Leitfähigkeit von elementarem Jod gegeben werden. In der
Literatur finden sich nur wenige Angaben über die Leitfähigkeit, die meist
für polykristalline d. h. aufgedampfte oder -geschmolzene Filme angegeben
ist. Eine ausführliche Untersuchung über die Leitfähigkeit und insbesondere Photoleitung von Jodeinkristallen liefert Referenz [15], die im folgenden
zitiert wird.
Jod kristallisiert in einer orthorhombischen, flächenzentrierten Kristallstruktur in Form dünner Flocken (0,1 - 2 mm), die parallel zur ac-Ebene orientiert
sind. Zur Messung der Dunkelleitfähigkeit senkrecht zur ac-Ebene wurde der
Kristall zwischen zwei leitfähig beschichteten Glasplatten positioniert (sandwich cell). Da die Leitfähigkeit entlang der Oberfläche 2 - 3 Grössenordnungen höher als die Volumenleitfähigkeit ist, wurde eine der beiden Elektroden
mit einem Abschirmring (Guard) umgeben, um Oberflächenströme zu verhindern. Die gemessene Volumenleitfähigkeit beträgt 10−8 - 10−9 Ω−1 m−1 (bei
Raumtemperatur), die exponentiell mit der Temperatur ansteigt. Die Aktivierungsenergie dafür beträgt 0,8 - 1 eV1 . Für Leitfähigkeitsmessungen parallel zur ac-Ebene wurden auf der Oberfläche zwei Bleielektroden aufgebracht
(surface cell). Abb. 3.1 zeigt die spektrale Abhängigkeit des Photostromes
1
1 eV = 1, 6 · 10−19 J
40
Abbildung 3.1: Spektrale Abhängigkeit der Photoleitung von Jod. Die zwei Banden, eine starke bei 0,35 - 0,55 µm und eine schwache um 0,8 µm zeichnen sich
durch unterschiedliche Polarisationsabhängigkeit (- - - ) aus (aus [15]).
für beide Messmethoden. Es können zwei Banden unterschieden werden, eine
im Bereich von 350 - 550 nm und eine wesentlich schwächere bei 800 nm.
Interessant sind die unterschiedlichen Polarisationsabhängigkeiten. Bei der
stärkeren Bande ist der Photostrom bei einer Polarisation (E) des Lichtes
parallel zur a-Achse stärker, bei der schwächeren hingegen bei einer Polarisation parallel zur c-Achse. Ein Problem, das auch bei den in dieser Arbeit
untersuchten Kristallen auftrat, ist der hohe Absorptionskoeffizient (105 cm−1
bei der starken Bande), wodurch das Licht bei der Sandwich Anordnung nur
gering in den Kristall eindringt und somit nur einen Bruchteil des Kristallvolumens anregt. Andererseits konnte dadurch der Ladungsträgertyp (Löcherbzw. p-Leitung) und die Beweglichkeit der Ladungsträger bestimmt werden,
indem die positive bzw. negative Elektrode mit einem Lichtpuls beleuchtet
und die Zeit bis zum Auftreten des Photostromes gemessen wurde (time
of flight measurement). Die Beweglichkeit der Löcher im Bereich von 200 2
320 K wurde zu 0,7 cm
bestimmt. Bei hohen Lichtintensitäten kommt der
Vs
Photostrom in den Bereich der Sättigung, woraus die Quanteneffizienz zu
ca. 10 % bestimmt werden kann. Bei hohen Intensitäten und geringen Spannungen V (infinite reservoir conditions) verhält sich die Photostromdichte j
folgendermassen:
V2
j∝ 3
L
41
(3.1)
Abbildung 3.2: Temperaturabhängigkeit der Photoleitung von Jod. Anhand der
Arrheniusauftragung wurde die Aktivierungsenergie (Gl. 3.2) zu 0,46 eV bestimmt
(aus [15]).
L ist der Abstand der Elektroden. Diese Abhängigkeit konnte experimentell
gut bestätigt werden und ist typisch für raumladungsbegrenzte Photoströme
(SCLPC2 ).
Der Photostrom zeigt eine starke Temperaturabhängigkeit, die einer thermischen Anregung der folgenden Form entspricht:
µ
¶
∆E
j ∝ exp −
(3.2)
kT
Anhand der Arrheniusauftragung (Abb. 3.2) wurde die Aktivierungsenergie
zu ∆E = 0, 46 eV bestimmt.
In einer anderen Quelle [16] wurde die Leitfähigkeit senkrecht zur Ebene mit
5 · 10−10 Ω−1 m−1 , in der Ebene mit 1, 7 · 10−6 Ω−1 m−1 und die Aktivierungsenergie mit ∼ 1, 3 eV angegeben.
2
space-charge-limited photocurrents
42
3.2
Experimenteller Aufbau
Zunächst war vorgesehen, Leitfähigkeitsmessungen mit einer bereits vorhandenen Anlage [2] durchzuführen. Bei Messungen im niedrigsten Messbereich
(20 pA) wurde jedoch die Fehlermeldung ”out of limit” angezeigt, was bedeutet, dass das Rauschen den zur Verfügung stehenden Messbereich überschreitet. Die Gründe dafür sollen zum besseren Verständnis des in den folgenden
Kapiteln beschriebenen, neu konzipierten Messplatzes kurz erläutert werden.
Beim bestehenden System war die Masse des Messtromkreises (Lo) mit der
Erdung verbunden (grounded), was —wenn immer möglich— vermieden wird,
um die Einkoppelung von Störsignalen über den Erdleiter auszuschliessen,
der mit allen anderen Geräten des Institutes verbunden ist. Stattdessen wird
—wie vom Hersteller empfohlen— in der Regel der Messtromkreis galvanisch
von der Erde getrennt (floating).
Es waren zwei Abschirmungen vorhanden. Als äussere Abschirmung diente
eine geerdete µ-Metallbox, innerhalb derer sich das Messgerät und die zu
messende Probe befanden und die eine sehr hohe Abschirmwirkung gegen
elektromagnetische Strahlung im allgemeinen und niederfrequente und statische Magnetfelder im besonderen aufweist. Wie sich jedoch zeigte, war diese
Abschirmung dadurch wenig wirksam, dass sich die Rauschquelle —das nicht
abgeschirmte Netzkabel für die Stromversorgung des Messgerätes— innerhalb
der Abschirmung befand. Als innere Abschirmung diente eine die Probe umgebende Box, die aus schwarz eloxierten Aluminiumplatten mit Anschluss
für die Erdung bestand. Die Abschirmwirkung war jedoch dadurch vermindert, dass die Box mit einem Plexiglasdeckel ohne Abschirmeigenschaften
verschlossen wurde und die Aluminiumplatten infolge der isolierenden Eloxalschicht nicht leitfähig miteinander verbunden waren.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Empfindlichkeit dieser Anlage sowohl für die im Rahmen dieser Arbeit durchzuführenden als auch für
diejenigen Messungen, die bereits durchgeführt worden waren [17], nicht ausreichte.
Für die geforderte Empfindlichkeit musste der Messplatz komplett neu gebaut
werden, was im folgenden beschrieben ist.
3.2.1
Konzeption
Bei der Messung geringer Ströme sind die Isolationsmaterialien von entscheidender Bedeutung, um eine Verfälschung der Messung durch Leckströme auszuschliessen. Für diesen Zweck stehen nur wenige Materialien zur Verfügung,
die sich nicht nur durch sehr hohe Volumenwiderstände sondern auch durch
weitere, der Anwendung angepasste Eigenschaften auszeichnen müssen, was
im folgenden beschrieben ist:
43
Teflon
Teflon zeichnet sich ausser einem sehr hohen Volumenwiderstand durch eine Oberfläche aus, auf der sich —auch in feuchter Atmosphäre— nur schwer
ein Wasserfilm ausbildet, so dass der Isolationswiderstand nicht beeinträchtigt wird. Ein weiterer Vorteil ist die für Kunststoffe hohe chemische und
thermische Beständigkeit (250 ◦ C). Der prinzipielle Nachteil ist hingegen,
dass Teflon ein sehr gutes Elektret ist, d. h. Ladungen speichert und somit
nicht dort eingesetzt werden kann, wo thermische Ausdehnungen erfolgen wie
z. B. als Probenhalter bei der Messung von Photoleitung. Wie die Erfahrung
zeigte, täuscht in diesem Fall die Verschiebung der gespeicherten Ladungen
durch thermische Ausdehnung bei Erwärmung durch Lichtabsorption einen
pyroelektrischen Effekt vor.
Saphir
Saphir ist einer der besten Isolatoren, der sich durch optische Transparenz,
W
gute Wärmeleitung (42 mK
bei 20 ◦ C [21]) und extreme Härte auszeichnet.
Glas und Keramik
Auch wenn der Volumenwiderstand hoch ist, bildet sich auf der Oberfläche
leicht ein Wasserfilm, was den Isolationswiderstand reduziert.
Polystyren
Polystyren ist flexibel und wird häufig für Triaxialkabel eingesetzt, wo der
etwas geringere Volumenwiderstand gegenüber Teflon infolge einer speziellen
Verschaltung ausreicht.
Andere in der Elektronik häufig verwendete Isolationsmaterialien wie Epoxyharz und PVC haben —wie auch die eigene Erfahrung zeigte— zu geringe Isolationswiderstände. Einen vollständigen Überblick über die Eigenschaften von
Isolatoren gibt Abb. 3.3 (aus [18]). ”Piezoelectric effects” bezeichnet hier die
Elektreteigenschaften, ”Triboelectric effects”, die Eigenschaft, bei Reibung
Ladungen freizusetzen und ”Dielectric Absorption” die Ausrichtung polarer
Gruppen bei angelegter Spannung, was zur Ladungsverschiebung und somit
Strömen führt.
Auch wenn Isolationsmaterialien gewählt werden können, deren spezifische
Widerstände diejenigen der zu untersuchenden Materialien übersteigen, so
stellt sich doch insbesondere bei kleinen Proben das Problem, dass die Isolatoren eine grössere Fläche aufweisen, an die Spannung anliegt, als die zu
44
Abbildung 3.3: Eigenschaften verschiedener Isolatoren (aus [18]). Die verwendeten
Begriffe sind im Text erläutert.
untersuchenden Proben. Der Isolationswiderstand kann somit geringer sein
als der Probenwiderstand. Z. B. beträgt der Isolationswiderstand des verwendeten Triaxkabels 1015 Ω, während die zu messenden Proben Widerstände bis
zu 1016 Ω aufwiesen. Um solche Widerstände messen zu können, ist eine spezielle Schaltung notwendig, was im nächsten Abschnitt beschrieben ist.
Shielding und Guarding
Zunächst muss das System gegen elektromagnetische Strahlung abgeschirmt
werden, was mit einem das ganze System umgebenden geerdeten Leiter erfolgt, der im folgenden als äussere Abschirmung, im Englischen als Shield
bezeichnet wird (s. Abb. 3.4). Die Abschirmung der Verbindung vom Ausgang der Spannungsquelle (Hi) zur Probe ist nicht unbedingt notwendig und
verringert auch nicht den Rauschpegel, da die Spannungsquelle einen vernachlässigbaren Innenwiderstand hat und somit nicht empfindlich für elektromagnetische Strahlung ist. Es zeigte sich jedoch, dass das System ohne
diese Abschirmung sehr empfindlich auf die Bewegung von Personen in der
Umgebung des Messaufbaus reagiert.
Um Leckströme zu vermeiden, umgibt man den Leiter, der die Probe mit
dem Eingang des Elektrometers verbindet, zusätzlich mit einem auf gleichem Potential liegenden Leiter, innere Abschirmung oder Guard genannt,
so dass infolge der fehlenden Potentialdifferenz keine Leckströme fliessen können. Zugleich wirkt das Kabel, das einen Zylinderkondensator darstellt, nicht
mehr als Kapazität, was die Messgeschwindigkeit erhöht, die im wesentlichen
durch die RC Zeitkonstante des Systems gegeben ist (R: Probenwiderstand,
45
Keithley 6517A Elektrometer
Lo
Hi
I1
Mikroskop
I2 I3
SF6
Laser
Saphir
I1
I2
I3
Abbildung 3.4: Aufbau zur Messung von Photoleitung: Ein geerdeter Leiter
(Shield) schirmt elektromagnetischer Strahlung ab. Zur Vermeidung von Leckstr
ömen ist die Messleitung mit einem Leiter auf gleichem Potential (Guard) umgeben. Leckströme zwischen Zuleitung und Guard oder Shield fliessen am Messverstärker vorbei. Zur Photoanregung wird mit einem semitransparenten Spiegel ein
Laserstrahl eingekoppelt, dessen Justierung mit einem Mikroskop kontrolliert wird.
46
C: Kapazität der Schaltung). Abb. 3.4 zeigt die Schaltung, wie sie zur Messung von Strömen benutzt wird. Hierbei wird die innere Abschirmung mit
der Masse (Lo) der Spannungsquelle verbunden, so dass zwischen dem Messignal und der Abschirmung nur diejenige Spannungsdifferenz besteht, die am
Messverstärker abfällt. Der Spannungsabfall an einem idealen Strommessgerät ist Null, in der Praxis kleiner 1 mV. Zwischen dem anderen Pol (Hi) der
Spannungsquelle und äusserer bzw. innerer Abschirmung liegt hingegen eine
hohe Potentialdifferenz an (beim verwendeten System bis 1000 V), so dass
Leckströme fliessen. Wie Abb. 3.4 zeigt haben diese jedoch keinen Einfluss
auf das Messergebnis, da die Ströme von der Spannungsquelle geliefert werden und am Messverstärker vorbei zur Masse bzw. Erde fliessen. Gleiches gilt
für Leckströme zwischen innerer und äusserer Abschirmung.
Die Probe liegt über einem von zwei Saphirplatten gebildeten Spalt, so dass
keine Leckströme über eine —im Messalltag oft leicht verschmutzte— Substratoberfläche fliessen können. Um bei geringen Elektrodenabständen und
hohen Spannungen Durchschläge in Luft zu vermeiden, kann die Probenkammer mit SF6 Gas gefüllt werden. Auch wenn die Spannungsquelle des
verwendeten Elektrometers gegen gelegentliche Durchschläge geschützt ist,
zeigte die Erfahrung, dass wiederholte Durchschläge über längere Zeit, die
oft unbemerkt bleiben, zu ihrer Zerstörung führen. Die Stromstärke im Falle eines Durchschlages ist daher in jedem Fall mit einem in den Stromkreis
geschalteten Schutzwiderstand auf unter 1 mA zu begrenzen.
Messung von Oberflächenströmen
Ein häufiges Problem bei der Messung von Photoleitung ist die geringe Eindringtiefe von Licht mit denjenigen Wellenlängen, welche Photoanregung bewirken, so dass nur eine dünne Schicht entlang der Oberfläche angeregt wird.
Es ist deshalb vorteilhaft, nur Ströme entlang der Oberfläche zu messen,
wofür die Schaltung in Abb. 3.5 geeignet ist.
Die Probe wird dazu mit drei Elektroden kontaktiert. Zwei auf der zu messenden Oberfläche dienen der Messung des Oberflächenstromes, eine weitere,
die sich auf der Unterseite befindet, dient der Ableitung über das Volumen
fliessender Ströme.
47
Lo
Hi
Abbildung 3.5: Schaltung zur Messung von Oberfl ächenströmen IO : Ströme, die
durch das Volumen zur unteren Elektrode fliessen (IV ), fliessen am Messverstärker
vorbei.
3.2.2
Realisation
Da die zu messenden Kristalle organischer Einschlussverbindungen oft sehr
klein sind (ca. 0,1 - 1 mm), war bei der Konstruktion des Messplatzes zweierlei zu beachten. Zum einen waren die zu erwartenden Ströme gering, weshalb
die höchstmögliche Nachweisempfindlichkeit angestrebt wurde, zum anderen
sollte für routinemässige Messungen eine einfache Kontaktierung der Kristalle sowohl längs als auch quer zur Kanalachse möglich sein. Ein weiteres Ziel
war, eine Beobachtung mittels eines Mikroskopes zu ermöglichen, um Veränderungen der Probe z. B. bei der Einstrahlung hoher Laserleistung oder
beim Erwärmen erkennen zu können. Der Messplatz wurde mit einem Keithley 6517A Elektrometer aufgebaut und hat folgende Spezifikationen.
• maximale Spannung 1000 V
• Nachweisgrenze ∼ 10 fA
• Rauschpegel ∼ 1 fA peak-peak
• Stereomikroskop mit 40-facher Vergrösserung
• 532 nm Laser mit max. 75 mW
• Temperierung -20 ◦ C bis 150 ◦ C
• Mikrometerschrauben zum Kontaktieren von Proben bis 100 µm
48
äussere
Abschirmung
innere
Abschirmung
Cu-Elektroden
Saphirisolation
Teflonisolation
Justierschrauben
thermische
Isolation
Wärmeleitfolie
elektr. isolierend
1 cm
Probe
Pt-100
Peltierkühlung
Heizfolie zwischen
geerdeten Cu-Platten
Abbildung 3.6: Messkammer für Leitfähigkeitsmessungen: Um Leckströme zu vermeiden, liegt die Probe über einem Spalt einstellbarer Breite und ist von einer
inneren (grau) und äusseren Abschirmung (schwarz) umgeben (Schaltung s. Abb.
3.4). Feinjustierschrauben erlauben die Kontaktierung kleinster Proben.
Abb. 3.6 zeigt die Konstruktion der Messkammer. Die äussere Abschirmung
ist gasdicht und besteht aus zwei miteinander verschraubten Hälften mit
Dichtring, die aus einem Block Aluminium gefräst wurden. Dies gestattet das
Anlegen eines leichten Überdruckes (1 - 2 bar) von SF6 , um Durchschläge bei
hohen Feldstärken zu vermeiden. Ein Fenster erlaubt die Beobachtung der
Probe mittels eines Stereomikroskopes mit bis zu 40-facher Vergrösserung
sowie die Photoanregung mittels verschiedener Lichtquellen oder Laser.
Um Leckströme entlang einer Oberfläche zu vermeiden liegt die Probe über
einem von zwei Saphirplatten gebildeten Spalt. Der Spalt kann zum Kontaktieren der Probe zunächst vollständig geschlossen und anschliessend der
Länge der Probe angepasst werden. Dazu wurden die Saphirplatten auf zwei
Aluminiumblöcken befestigt, die entlang einer Schiene geführt werden. Einer davon kann in einer festen Position fixiert werden, der andere wird über
eine Mikrometerschraube bewegt, so dass die Spaltbreite präzise eingestellt
werden kann. Auf diesen Saphirplatten liegen zwei Kupferelektroden auf, die
an einem in einem Teleskoprohr geführten Messingrohr angebracht sind und
mit einer Feingewindeschraube an die Probe herangefahren werden können.
Die Elektroden sind über einen flexiblen, 100 µm dicken Kupferdraht mit der
Messleitung verbunden. Justierschrauben ermöglichen eine exakte Ausrichtung der Elektroden auf der Saphiroberfläche.
49
Zur Isolation des Messtromkreises dienen neben den Saphirplatten zwei Arten von Teflon: Das Messingrohr zur Führung der Elektroden ist von PTFE3
umgeben, während an dessen Ende ein Zylinder aus PCTFE4 befestigt ist.
PCTFE weist vergleichbare Isolationseigenschaften wie PTFE aber bessere
mechanische Eigenschaften auf, so dass ein Feingewinde geschnitten werden
konnte, über das mit einer Metallschraube die Verschiebung der Elektroden
erfolgt. Der Aluminiumblock, der die Führungsschiene und Justierschrauben
enthält, dient mit einem zusätzlichen Deckel als innere Abschirmung und
musste dazu vom geerdeten Gehäuse isoliert werden. Hierbei sind die Isolationswiderstände nicht so entscheidend, so dass die in der Elektrotechnik
gebräuchlichen Isolatoren verwendet werden konnten.
Als Messleitungen dienen teflonisolierte (PTFE) Semi Rigid Kabel mit durchgehendem Kupfermantel (Huber + Suhner) und einem Durchmesser von
2,2 mm. Die Verbindung mit der Spannungsquelle erfolgt über eine gasdichte Hochspannungsbuchse im Gehäuse (MHV). Zwischen die Buchse und
das Kabel zur Messelektrode ist ein Hochspannungswiderstand gelötet, der
zum Schutz des Messgerätes die Stromstärke im Falle eines Kurzschlusses
oder Durchschlags auf unter 1 mA begrenzt. Die Verbindung zum Eingang des Elektrometers erfolgt über eine Triaxdurchführung im Gehäuse. Da
gasdichte Triaxdurchführungen geeigneter Grösse nicht zu Verfügung standen, wurde diese selbst konstruiert. Dazu wurde das Koaxialkabel in ein
Messingstück weich eingelötet, das mit Isolationsmaterialien (EpoxidharzVerbundwerkstoff) und Dichtringen so im Gehäuse befestigt wurde, dass eine elektrisch isolierte und gasdichte Durchführung entstand. Der Übergang
zum flexiblen Triaxkabel des Messgerätes erfolgte für den Innenleiter und die
innere Abschirmung mit einem PTFE isolierten, vergoldeten SMA Stecker
(Huber + Suhner), die äussere Abschirmung wurde mit einer die Durchführung umgebenden Abschirmbox realisiert.
Temperierung
Bei der Messung von Photoleitung stellt sich oft das Problem, dass nicht
klar unterschieden werden kann, ob die Ursache der Leitfähigkeitszunahme
Photoanregung oder die Erwärmung der Probe unter Beleuchtung ist. Um
diese Unterscheidung treffen zu können, sind temperaturabhängige Messungen der Leitfähigkeit notwendig, weshalb die Messapparatur mit Heiz- und
Kühlelementen ausgestattet wurde. Um die erreichte Messgenauigkeit beim
Temperieren nicht zu verringern, ist eine hohe Temperaturkonstanz erforderlich, da Temperaturschwankungen zu thermischen Ausdehnungen, d. h.
3
4
Polytetrafluorethylen
Polychlortrifluorethylen, Handelsname Kel-F
50
sich verändernden Kapazitäten und somit Strömen führen. Für die geforderte Temperaturkonstanz von ca. 0,1 K musste sowohl der Temperatursensor als auch das Heizelement möglichst nahe an der Probe platziert werden,
zugleich aber so gut abgeschirmt sein, dass die Mess- und Heizströme die
Strommessung nicht beeinträchtigen. Abb. 3.6 zeigt den Aufbau. Zur Temperaturmessung dient ein mit einer geerdete Abschirmung versehener Pt100
Sensor (Minco), der sich in einer Bohrung dicht unterhalb der Probe befindet.
Die elektrische Isolation gegen die innere Abschirmung erfolgt mit einem temperaturbeständigen Schrumpfschlauch. Als Heizelement wurde eine zwischen
zwei geerdeten Kupferplatten verschraubte Kaptonheizfolie (Minco) verwendet, die sich unterhalb des Aluminiumblockes, der als innere Abschirmung
dient, befindet. Die notwendige elektrische Isolation bei gleichzeitiger Wärmeleitfähigkeit wird durch eine handelsübliche Wärmeleitfolie gewährleistet.
Ein guter Wärmeübergang zur Probe ist durch die gute Wärmeleitfähigkeit
der verwendeten Materialien, Aluminium, Saphir und Kupfer gegeben. Die
Heizleistung beträgt 34 W bei einer Betriebsspannung von 42 V. Zur Temperaturregelung dient ein Tecon Regler, wobei die maximal zulässige Temperatur 150 ◦ C beträgt.
Für die Auswertung temperaturabhängiger Messungen wie z. B. zur Bestimmung der Aktivierungsenergie ist es oft notwendig, über einen grösseren Temperaturbereich zu messen. Nach oben ist dieser durch die Temperaturbeständigkeit organischer Einschlussverbindungen begrenzt, die oft gering ist wie
z. B. bei Einschlussverbindungen des Perhydrotriphenylens oder organischen
Radikalen als Gastmolekülen. Der messbare Temperaturbereich wurde deshalb durch die Verwendung von Peltierelementen zur Kühlung auch nach
unten erweitert. Es wurden zwei Peltierelemente (Minco, HT Serie) von 30 x
30 mm2 mit erhöhter Temperaturbeständigkeit und einer Leistung von insgesamt 70 W verwendet, die sich unterhalb des Heizelementes befinden. Der
optimale Betriebsstrom beträgt 3,5 A. Die Wärmeabfuhr erfolgt über den Boden der äusseren Abschirmung, die auf der Innenseite mit Isolationsmaterial
ausgekleidet wurde, und erfordert eine zusätzliche Luft- oder Wasserkühlung.
Mit einem noch zu bauenden Wasserkühler, für den die Anschlüsse bereits
gelegt wurden, sollte sich eine Temperatur von -20 ◦ C erreichen lassen. Die
exakte Temperaturregelung erfolgt auch bei der Kühlung mit Peltierelementen mit der Heizfolie.
Die Stomzufuhr zu den Heiz- und Kühlelementen einerseits sowie zum Temperatursensor andererseits erfolgt über je eine gasdichte, vierpolige Durchführung (Lemo) im Gehäuse mit abgeschirmten Steckern (Lemo) und Kabeln.
Die Temperaturkonstanz beträgt ca. 0,1 K. Der Rauschpegel (∼1 fA peakpeak) der Anlage bleibt beim Heizen unverändert und nimmt beim Kühlen
mittels Peltierelementen leicht zu (∼ 10 fA). Ob dies durch eine geringere
51
Temperaturstabilität oder auf Störimpulse zurückzuführen ist, muss noch
geklärt werden.
Einkoppelung eines Lasers
Für die Photoanregung stehen verschiedene Lichtquellen zur Verfügung. Es
können sowohl breitbandig emittierende Glühlampen wie auch eine Gasentladungslampe (Quecksilberhochdrucklampe) mit höherem UV Anteil verwendet werden. Bei letzterer muss darauf geachtet werden, dass die Wellenlänge
der emittierten Strahlung grösser als die Grenzwellenlänge für den Photoelektrischen Effekt ist, die von den zur Kontaktierung verwendeten Materialien
abhängt. Bei beiden Lampen können durch geeignete Filter die gewünschten
Wellenlängen ausgewählt werden. Der Nachteil liegt darin, dass das Licht
nicht fokussiert ist und somit nicht nur die Probe beleuchtet und erwärmt
sondern auch ein Teil des Messaufbaus. Es zeigte sich, dass dadurch oft Photoleitung vorgetäuscht wird. Die besten Ergebnisse wurden bislang mit einem
frequenzverdoppelten, diodengepumpten Nd:YAG Laser mit einer Emission
bei 532 nm erzielt, der fest installiert wurde.
Der Aufbau zur Photoleitung (Abb. 3.4) erfolgte auf einem optischen Tisch,
auf dem der Laser (CrystaLaser GCL-100L) mit einer max. Leistung von 75
mW zusammen mit dem Stereomikroskop zur Beobachtung der Probe und
weiteren optischen Komponenten montiert wurde. Die Anpassung der Laserleistung erfolgt durch einen Satz semitransparenter Spiegel (Balzers) mit unterschiedlicher Transmission. Dazu ist in einem Winkel von 45◦ zum Strahlengang ein Spiegel aufgestellt, so dass die nicht benötigte reflektierte Leistung
senkrecht zum Strahlengang in eine Strahlfalle abgelenkt wird. Ein weiterer
senkrecht zum Strahlengang stehender Spiegel reduziert die Leistung nochmals auf Werte, die eine gefahrlose Justierung des Laserstrahls ermöglichen.
Für diesen Zweck hat sich eine Kombination eines 1 % mit einem 10 % Spiegel bewährt, bei der die Leistung auf unter 0,1 mW abgeschwächt ist. Der auf
diese Weise abgeschwächte Strahl wird über einen semitransparenten Spiegel
oberhalb der Messanordnung auf die Probe gelenkt (s. Abb. 3.4), so dass
die Beobachtungsmöglichkeit mit dem Mikroskop erhalten bleibt. Der nichtreflektierte Teil des Strahles trifft auf ein Leistungsmessgerät (Melles Griot,
13PEM001). Wird für den letztgenannten Spiegel eine Transmission von 50 %
gewählt, stimmt die am Messgerät und auf der Probe auftreffende Intensität
überein. Das Mikroskop ist mit einer Kamera ausgerüstet, so dass der Strahl
des Lasers (Durchmesser 1 mm), der auf einem xy-Tisch montiert ist, präzise
und gefahrlos auf die Probe justiert werden kann. Ist dies erfolgt, werden die
Spiegel der gewünschten Leistung entsprechend gewählt. Im Strahlengang befinden sich noch ein elektrisch angesteuerter Shutter sowie ein λ/2 Plättchen
zum Einstellen der Polarisationsebene des Lasers.
52
0
0
Abbildung 3.7: Leitfähigkeitsmessung an einem BrPOT(C60 )0,2 (C7 H8 )0,6 Kristall [19] unter Beleuchtung mit einem quer und längs zur Kanalachse c polarisierten Laser (532 nm).
3.2.3
Testmessung an einer
schlussverbindung
fullerenhaltigen
Ein-
Die Empfindlichkeit der aufgebauten Anlage konnte am besten bei der Photoleitungsmessung einer Einschlussverbindung des Kanalbildners BrPOT5
mit Fulleren (C60 ) [19] demonstriert werden. Das zur Kristallisation verwendete Lösungsmittel Toluol (C7 H8 ) konnte bislang aus den Kanälen noch
nicht vollständig entfernt werden, so dass Toluolmoleküle in den Kanälen miteingeschlossen sind. Dies führt zu Kristallen der Zusammensetzung
BrPOT(C60 )0,2 (C7 H8 )0,6 mit einer Kristallänge von ca. 0,6 mm und einer
Breite von ca. 0,15 mm. Abb. 3.7 zeigt die Strommessung entlang der Kanalachse c bei einer angelegten Spannung von 1000 V unter SF6 Atmosphäre
für verschiedene Polarisationsrichtungen E des 532 nm Lasers (Intensität 1,9
W/cm2 ).
Wie Abb. 3.7 zeigt liegt der Dunkelstrom unterhalb der Nachweisgrenze.
Beim Einstrahlen des Lasers steigt der Strom stark an. Auch wenn temperaturabhängige Messungen noch ausstehen, so lässt die Stärke des Effektes
bei relativ geringer Laserintensität vermuten, dass Photoleitung und nicht
ein thermisch induzierter Effekt vorliegt, zumal C60 Photoleitung zeigt [20].
Auffällig ist die starke Abhängigkeit des Stromes von der Polarisation des Lasers. Diese ist —wie bei Phosphazen - Jod Einschlussverbindungen (Kap. 3.3)—
5
2,4,6-tris(4-bromophenoxy)-1,3,5-triazin
53
nicht bei paralleler Orientierung der Polarisation zu den Kanälen am höchsten, wie es bei photoleitenden Ketten zu erwarten wäre, sondern bei senkrechter. Ob dies daran liegt, dass infolge der in den Kanälen eingelagerten
Toluolmoleküle die Photoleitung senkrecht zu den Kanälen stärker ist, oder
ob infolge eines bislang nicht nachgewiesenen aber sicherlich vorhandenen
Dichroismus die unterschiedliche Eindringtiefe des Lichtes eine Rolle spielt,
kann nicht beurteilt werden. Das Überschwingen beim Einschalten des Lasers
wurde häufig beobachtet (s. auch Abb. 4.25) und könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich infolge der sehr geringen Dunkelleitfähigkeit an den
Kristallenden Ladungen ansammeln, deren Verschiebung infolge thermischer
Ausdehnung beim Einschalten des Lasers zu einem abklingenden Strom ähnlich dem pyroelektrischen Effekt führt.
3.3
Leitfähigkeit von Phosphazen-Jod Einschlussverbindungen
Tris(o-phenylenedioxy)cyclotriphosphazen, im folgenden Phosphazen oder
TPP genannt, bildet mit Jod eine Kanaleinschlussverbindung (s. Abb. 3.8),
in der Jodmoleküle in Form von Ketten aufgereiht sind, was sich infolge der
Leitfähigkeit von Jod in einer starken Anisotropie der Leitfähigkeit längs
und quer zur Kanalachse c bemerkbar machen sollte. Die Messungen dazu sowie die Herstellung der Einschlussverbindung sind in [23] sowie diesem
Kapitel beschrieben. Es gibt zwei Möglichkeiten zur Herstellung der Einschlussverbindung. Relativ grosse Kristalle (Länge bis zu 2 mm) können erhalten werden, wenn aus Lösung zunächst Kristalle hergestellt werden, die
das Lösungsmittel THF6 enthalten, das in einem zweiten Schritt in einem
Diffusionsprozess gegen Jodmoleküle ausgetauscht wird indem der Kristall
bei erhöhter Temperatur einer Jodatmosphäre ausgesetzt wird. Der Nachteil dieses Verfahrens ist die nicht vollständige Beladung mit Jod (Zusammensetzung TPP·0,25(THF)·0,45(I2 )). Diese Kristalle werden im folgenden
eindiffundierte Kristalle genannt.
Im Rahmen der Messgenauigkeit vollständig mit Jod gefüllte Kanäle
(TPP·0,75(I2 )) liefert die Kristallisation aus Lösung mit einem Lösungsmittel, was nicht in die Kanäle miteingebaut wird (Mesitylen). Die so erhaltenen
Kristalle sind jedoch klein (Länge ca. 0,3 mm)
Kristalle, in die relativ wenig Jod eindiffundiert wurde, zeigen einen starken
Dichroismus, der infolge zu starker Absorption bei höherem Beladungsgrad
unbeobachtbar wird. Eindiffundierte Kristalle konnten jedoch nach Einbet6
Tetrahydrofuran
54
Abbildung 3.8: Phosphazenmolekül und Blick entlang der c-Achse auf die hexagonale Kanalstruktur, die von diesen Molekülen gebildet wird (aus [22]).
E || c
E⊥c
Abbildung 3.9: Absorptionsspektrum eines eindiffundierten Phosphazen-Jod Kristalles (Dünnschliff) längs und quer zur Achse c. Das Spektrum zeigt eine starke
Abhängigkeit von der Polarisationsrichtung E (Dichroismus).
55
Abbildung 3.10: Kontaktierung eines Phosphazen-THF Kristalles zur Messung
der Leitfähigkeit längs (links) und quer (rechts) zur Kanalachse. Der Widerstand
überstieg die Messgrenze (1017 Ω) der vorliegenden Apparatur.
tung in eine Vergussmasse so dünn poliert werden (0,1 - 0,2 mm), dass ein
Absorptionsspektrum in Abhängigkeit von der Polarisationsrichtung E des
Lichtes relativ zur Kanalachse c aufgenommen werden konnte (Abb. 3.9). Es
ist eine starke Anisotropie in der Absorption erkennbar, die unterhalb 570 nm
den Messbereich überstieg. Vollständig gefüllte Kristalle konnten infolge der
zu hohen Absorption nicht gemessen werden. Trotzdem dürfte auch bei diesen Kristallen bei der für die Untersuchung von Photoanregung verwendeten
Wellenlänge von 532 nm die Eindringtiefe von senkrecht zur Kanalachse polarisiertem Licht grösser sein.
3.3.1
Probenpräparation
Es zeigte sich, dass auch bei aus demselben Herstellungsprozess stammenden Kristallen die spezifischen Leitfähigkeiten so stark variieren, dass das
Verhältnis der Leitfähigkeit parallel und senkrecht zur Kanalachse an demselben Kristall gemessen werden musste. Dazu wurde zur Kontaktierung ein
Elektrodenmaterial benötigt, was einerseits einen guten elektrischen Kontakt
gewährleistet andererseits jedoch die Probe nicht zu stark benetzt, so dass es
rückstandsfrei wieder entfernt werden kann. Die besten Erfahrungen wurden
mit Gallium gemacht, dessen Schmelzpunkt durch Zusatz von 8 % Zinn von
30 ◦ C auf ca. 20 ◦ C herabgesetzt wurde. Damit konnte ungefähr bei jedem
dritten Kristall das Gallium wieder entfernt werden. Die Austrittsarbeit von
Ga beträgt 4,2 eV [21], so dass die Grenzwellenlänge für den Photoelektrischen Effekt bei 295 nm liegt.
56
Abb. 3.10 zeigt die Kontaktierung eines Phosphazen-THF Kristalles ohne
Jodeinschluss längs und quer. Der Widerstand überstieg in beiden Fällen die
Messgrenze der Anlage von 1017 Ω.
3.3.2
Dunkelleitfähigkeit
Sämtliche Messungen in den folgenden Kapiteln wurden an im Rahmen der
Messgenauigkeit vollständig mit Jod gefüllten, aus Lösung gezüchteten Kristallen vorgenommen. Die Leitfähigkeit wurde bei einer Spannung von 50 V
gemessen und jeder Kristall mit dem Stereomikroskop fotografiert, um aus
dem Messwert und den Kristalldimensionen die spezifische Leitfähigkeit σ zu
berechnen. Diese variierte von Probe zu Probe stark und lag im Bereich von
10−6 bis 10−8 Ω−1 m−1 , d. h. im Bereich der Leitfähigkeit von elementarem
Jod in der ac-Ebene [15]. Es konnten insgesamt sechs Kristalle sowohl in
Längs- als auch in Querrichtung kontaktiert werden. Ein Problem war, dass
es oft sehr lange dauerte bis die zu messenden Ströme im Gleichgewicht waren. Während bei hochohmigen Proben die Ströme nach dem Einschalten der
Spannung i. a. abklingen, was durchaus einige Stunden dauern kann, war bei
den untersuchten Proben kein einheitliches Verhalten zu beobachten. Zudem
war das Rauschen oft sehr hoch. Lediglich bei zwei Kristallen konvergierte
der in Längs- und Querrichtung gemessene Strom bei einem stabilen Wert.
Das Verhältnis der Leitfähigkeit parallel und senkrecht zur Kanalachse betrug
σ
hier jeweils σ⊥k = 30. Infolge der starken Streuung konnte keine Abhängigkeit
der Leitfähigkeit vom Abstand der Elektroden gefunden werden.
Bei hohen angelegten Spannungen (500 - 1000 V) stieg der Strom sowohl
in Längs- als auch Querrichtung innerhalb einiger Stunden um bis zu drei
Grössenordnungen an. Abb. 3.11 zeigt das zeitliche Verhalten am Beispiel
eines quer kontaktierten Kristalls. Nach dem Abschalten des Feldes ging
die Leitfähigkeit wieder zurück. Der langsame Stromanstieg spricht für eine Veränderung des Kristalls infolge elektrochemischer Prozesse, auch wenn
unter dem Mikroskop keine sichtbare Veränderung des Kristalls beobachtet
werden konnte. Aufgrund dieses Effektes wurde auf die Messung von StromSpannungs-Kennlinien verzichtet. Zudem wurden bei hohen Spannungen unter Beleuchtung oft Signale beobachtet, die einem pyroelektrischen Effekt
vergleichbar sind, was zeigt, dass Ladungen entstanden sind (s. Kap. 3.3.3).
57
1
0
Abbildung 3.11: Stromanstieg bei hohen Spannungen bei einem quer kontaktierten Phosphazen-Jod Kristall.
3.3.3
Leitfähigkeit unter Beleuchtung
Nur bei hohen Lichtintensitäten (einige W/cm2 ) konnte ein Anstieg der Leitfähigkeit um bis zu 30 % beobachtet werden. Abb. 3.12 zeigt die Leitfähigkeitszunahme eines längs kontaktierten Kristalls unter Beleuchtung mit
einem 532 nm Laser (Intensität 4,8 W/cm2 ). Auffällig ist die starke Abhängigkeit von der Polarisation E des Lasers relativ zur Kanalachse c. Die
Leitfähigkeitszunahme ist bei senkrechter Polarisation höher, während bei
photoleitenden Ketten ein Maximum bei paralleler Orientierung zu erwarten
wäre. Andererseits ist bei senkrechter Orientierung die Eindringtiefe grösser
(s. Abb. 3.9), so dass ein grösseres Kristallvolumen angeregt wird. Zudem
ist bei Jod eine unterschiedliche Polarisationsabhängigkeit für verschiedene
Wellenlängen beobachtet worden [15] (Abb. 3.1).
Um das Problem der geringen Eindringtiefe des Lichtes zu umgehen, wurde
versucht, nur die Ströme entlang der Oberfläche gemäss Abb. 3.5 zu messen.
Der Elektrodenabstand betrug ca. 0,1 mm. Dies brachte jedoch keine Erhöhung der Leitfähigkeitszunahme unter Beleuchtung (532 nm). Zudem war
die Messung bei derselben Probe schlecht reproduzierbar. Abb. 3.13 zeigt
die Messung (Spannung 100 V, Intensität 2,9 W/cm2 , Polarisation senkrecht
zur c-Achse). Auffällig sind die starken Signale, die beim Öffnen und Schliessen des Shutters auftraten und einem pyroelektrischen Effekt vergleichbar
sind, was zeigt, dass Ladungen vorhanden waren, deren Verschiebung infolge
58
0
60
120
Abbildung 3.12: Leitfähigkeitsmessung entlang der Kanalachse c an einem
Phosphazen-Jod Kristall unter Beleuchtung mit einem quer und längs zur c-Achse
polarisierten Lasers (532 nm).
thermischer Ausdehnung zu einem Stromfluss führte. Ob die Ladungen im
Kristall gespeichert wurden (Elektret) oder durch elektrochemische Prozesse
entstanden sind, kann nicht beurteilt werden.
Abb. 3.14 zeigt die Abhängigkeit des Stromes von der eingestrahlten Laserintensität (gleiche Probe wie Abb. 3.12) für eine Polarisation senkrecht zur
Kanalachse. Der Verlauf ist weitgehend linear, wie es für Photoleitung i. a.
zu erwarten wäre.
3.3.4
Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit
Angesichts des vergleichsweise geringen Stromanstieges bei recht hohen
Lichtintensitäten stellte sich die Frage, ob dieser durch Photoleitung oder
durch die mit der Lichtabsorption einhergehende Erwärmung verursacht ist.
Um diese Frage zu klären, musste die Temperaturabhängigkeit der Dunkelleitfähigkeit aufgenommen werden. Bei den geringen zu messenden Strömen
konnte die Temperatur nicht kontinuierlich erhöht werden, da sich dabei
durch thermische Ausdehnungen in der Messanlage Kapazitäten ändern würden, was zu Strömen führt. Stattdessen mussten verschiedene Temperaturen
eingestellt und solange abgewartet werden bis der Strom ein stabilen Wert
erreicht hat. Abb. 3.15 zeigt die Arrheniusauftragung der Temperaturabhängigkeit für zwei verschiedene, in Längsrichtung kontaktierte Kristalle. Aus
der Steigung lässt sich die Aktivierungsenergie (Gl. 3.2) zu 0,94 eV und
0,76 eV bestimmen, die im Bereich derjenigen elementaren Jods mit 0,8 59
0,40
Shutter
auf
Oberflächenstrom [nA]
0,35
Shutter
zu
100 V
Shutter
auf
0,30
0,25
0,20
0,15
0,10
0
125
250
Zeit [s]
Abbildung 3.13: Messung des Oberflächenstromes gemäss Abb. 3.5. Auffällig sind
die Signale beim Öffnen und Schliessen des Shutters, die einem pyroelektrischen
Effekt vergleichbar sind.
0
1
2
3
4
5
2]
Abbildung 3.14: Abhängigkeit des Stromes von der eingestrahlten Intensität bei
einem Jod-Phosphazen Kristall.
60
5V
5V
1
1
Abbildung 3.15: Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit zweier längs kontaktierter Jod-Phosphazen Kristalle. Aus der Arrheniusauftragung ergibt sich die Aktivierungsenergie zu 0,94 eV (links) und 0,76 eV (rechts).
1 eV liegt (s. [15] und Kap. 3.1.1).
Aufgrund der starken Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit ist zu vermuten, dass der Stromanstieg unter Beleuchtung, der nur bei relativ hohen
Intensitäten messbar war, durch eine Erwärmung der Probe verursacht wird,
die aufgrund der geringen Probengrösse rasch erfolgt. Die Polarisationsabhängigkeit (Abb. 3.12) dürfte darin begründet sein, dass durch die verschiedene Eindringtiefe des Lichtes ein unterschiedlicher Anteil am Kristallvolumens erwärmt wird. Für diese Erklärung spricht auch, dass eindiffundierte
Kristalle mit geringerem Jodanteil und höherer Eindringtiefe eine stärkere
Leitfähigkeitszunahme unter Beleuchtung aufwiesen.
3.3.5
Zusammenfassung und Ausblick
Die Einschlussverbindung von Phosphazen mit Jod stellt ein interessantes,
wenn auch von Probe zu Probe stark variierendes System dar. Die Messung der Leitfähigkeit entlang der Kanalachse im Verhältnis zur derjenigen
senkrecht dazu erwies sich infolge der starken Streuung als wenig geeignete
Grösse, die Anisotropie des Systems zu charakterisieren. Eine besser geeignete Grösse, die von den absoluten Leitfähigkeiten unabhängig ist, könnte die
Messung der thermischen Aktivierungsenergie längs und quer zur Kanalachse
sein. Erstere wurde bereits an zwei Kristallen gemessen und bedarf weiterer
Reproduzierung, die Messung quer zur Achse steht noch aus.
Die hohe Absorptionsfähigkeit mit THF gefüllter Phosphazenkristalle für
Jod lässt eine Anwendung im Bereich der Sensorik möglich erscheinen. Da
61
Phosphazen-THF Kristalle ohne Jodeinschluss keine messbare Leitfähigkeit
aufwiesen, während diese bei solchen mit Jodeinschluss gut messbar war,
sollte es möglich sein, die Aufnahme von Jod zumindest qualitativ über die
Leitfähigkeitsänderung zu detektieren. Ein interessantes Experiment, für das
die gebaute Anlage wegen der Korrorsivität von Joddampf allerdings nicht
geeignet ist, wäre, den zeitlichen Verlauf der Leitfähigkeit eines quer kontaktierten, Joddampf ausgesetzten Phosphazen-THF Kristalles zu messen.
Infolge der Kontaktierung quer zu Kanalachse wäre die Eindiffusion von Jod
über die Endkappen nicht beeinträchtigt.
Ein weiteres interessantes Experiment, das allerdings einer speziellen Apparatur bedarf, wäre, die Leitfähigkeit eines Phosphazen-Jod Kristalles unter
hohen Drücken (kbar Bereich) zu messen. Elementares Jod entwickelt bei
hohen Drücken metallischen Charakter [16], was sich in einer um mehrere
Grössenordnungen steigenden spezifischen Leitfähigkeit mit einem negativen
Temperaturkoeffizienten widerspiegelt (Abb. 3.16).
Weitere Messmethoden, die Auskünfte über den Ladungstransport geben
könnten, wie time of flight measurements und Messungen im Magnetfeld
(Magnetowiderstand, Hall Effekt) erfordern Proben mit höherer Leitfähigkeit. Magnetische Messungen wären experimentell einfach durchzuführen, da
die Anlage aus nichtmagnetischen Materialien gebaut ist und infolge einer
geringen Baugrösse von 6 cm zwischen die Pole vorhandener Elektromagnete
passt.
62
Abbildung 3.16: Abhängigkeit des Widerstandes von Jod vom angelegten Druck.
Bei hohem Druck entwickelt Jod metallischen Charakter (aus [16]).
63
Kapitel 4
Organische
Molekularstrahldeposition
4.1
Übersicht
Das Grundprinzip der Organischen Molekularstrahldeposition (OMBD1 ) und
-epitaxie (OMBE2 ) besteht darin, dass im Hoch- oder Ultrahochvakuum
(HV bzw. UHV) organische Moleküle aus einer Quelle (meist thermisch)
verdampft und auf einem Substrat mit niedrigerer Temperatur in Form dünner Filme oder Kristalle kontrolliert abgeschieden werden. Da im Gegensatz
zu anderen Sublimationstechniken infolge des Hochvakuums keine Stösse mit
Molekülen des Restgases stattfinden, formen die Moleküle einen Molekularstrahl. Ein weiterer Vorteil gegenüber anderen Dünnschichttechniken wie z. B.
”spin coating” liegt in der hohen Reinheit, mit der bei dieser Technik gearbeitet werden kann. Die OMBD unterscheidet sich von der OMBE durch das
Fehlen epitaktischer Ordnung der abgeschiedenen Filme.
Im folgenden wird zunächst ein Überblick über das Gebiet der OMBD gegeben (siehe auch der Review [24]), anschliessend werden Arbeiten zitiert, die
sich mit der Orientierung der abgeschiedenen Moleküle beschäftigen. Insbesondere wird auf die Möglichkeiten, die Moleküle mittels schrägem Einfall
oder durch das Anlegen eines elektrischen Feldes auszurichten, genauer eingegangen.
Während bei der Molekularstrahlepitaxie von Halbleitermaterialien infolge
der ähnlichen Gitterkonstanten des einkristallinen Substratmaterials und der
aufgewachsenen Schicht epitaktische Ordnung erreicht wird, ist dies bei der
OMBD infolge der i. a. stark verschiedenen Gitterkonstanten des Substrates
1
2
Organic Molecular Beam Deposition
Organic Molecular Beam Epitaxy
64
Abbildung 4.1: Elektronenmikroskopische Aufnahme epitaktisch geordneter
Phthalocyanine auf einem Alkalihalogenidkristall (aus [25]).
und des Molekülkristalles nur bei wenigen Systemen für vergleichsweise dünne Filme möglich. Beispiele sind Phthalocyanine (Pc), PTCDA3 sowie Fullerene (C60 ), die auf verschiedenen Substraten, wie Alkalihalogenid-, Metall-,
Halbleiter-, und Graphiteinkristallen (HOPG4 ) aufgewachsen werden konnten. Eine Überblick über dieses Gebiet gibt [26]. Abb. 4.1 zeigt eine elektronenmikroskopische Aufnahme einer epitaktischen Schicht von HexadekachlorKupfer-Phthalocyanin Molekülen auf einem Alkalihalogenidkristall.
Eine andere Substanzklasse sind grosse Aromate, wie Coronen oder Hexabenzocoronen, die auf HPOG oder MoS2 abgeschieden wurden [27].
Durch die Verwendung einkristalliner organischer Substrate (Homoepitaxie)
mit sehr ähnlichen Gitterkonstanten kann durch die Ausnutzung der anisotropen Substrat-Adsorbatwechselwirkung bei der OMBD eine Orientierung
der Moleküle erreicht werden. Beispiele sind die Abscheidung von Sexithiophen [28] oder nichtlinear optischen (NLO) Molekülen [29], deren azentrische
Ausrichtung mittels Second Harmonic Gerneration (SHG) gezeigt werden
konnte.
Ein weiteres Problem, was das Erreichen epitaktischer Ordnung erschwert,
ist die i. a. geringere Reinheit der zur Verfügung stehenden organischer Materialien im Vergleich zu Halbleitermaterialien. Eine sorgfältige Reinigung ist
aufwendig und bislang erst bei wenigen Materialien erfolgreich durchgeführt
worden. Ein Beispiel ist das Zonenschmelzen von Anthracen [30] oder die
Sublimation im Temperaturgradienten bei pulverförmigen Substanzen [26].
3
4
perylene-(3,4,9,10)-tetracarboxylic acid dianhydride
Highly oriented pyrolytic graphite
65
Abbildung 4.2: NLO-Moleküle für die OMBD mit schrägem Einfall (aus [34]).
Die head-to-tail Wechselwirkung ist die stärkste, die tail-to-tail schwächer und die
head-to-head vernachlässigbar. Dies führt zur Ausbildung von Polarit ät (s. Kap.
1.2.1).
Eine Möglichkeit, Epitaxie auch bei einer Gitterfehlanpassung zwischen Substrat und Molekülkristall zu ermöglichen, ist die Verwendung von Substraten
mit einer Van der Waals Oberfläche. In diesem Fall ist das Wachstum durch
die Wechselwirkungen der aufwachsenden Moleküle untereinander und nicht
durch die schwache Van der Waals Wechselwirkung mit dem Substrat bestimmt. Auf diese Möglichkeit wird im Kapitel 4.2.2 eingegangen.
Für technische Anwendungen wird jedoch i. a. keine epitaktische Ordnung
benötigt. Die OMBD hat bereits Bedeutung bei der Herstellung organischer
Leuchtdioden (LED) und Halbleiterbauelemente erlangt. Es ist mittlerweile
möglich, homogene Schichten mit einer Dicke von lediglich 5 nm abzuscheiden. Mittels mehrerer solcher Schichten von organischen Materialien mit speziellen Löchertransport-, Elektronentransport- oder elektrolumineszierenden
Eigenschaften lassen sich organische LED mit gutem Wirkungsgrad herzustellen. Ein guten Überblick über dieses Gebiet gibt [32].
4.1.1
Orientierung mittels schrägem Einfall
Eine interessante Möglichkeit, bestimmte nichtlinear optisch (NLO) aktive
Moleküle (Abb. 4.2) in einer beliebige Richtung polar auf einem amorphen
Substrat wie z. B. Glas zu orientieren, bietet das Aufdampfen unter einem
flachen Winkel [33]. Das zur Erklärung verwendete Modell für die Entstehung
der Polarität [34] hat grosse Ähnlichkeiten mit dem im Kap. 1.2.1 beschriebenen Markovmodell. Die verwendeten Moleküle haben eine starke head-to-tail
Wechselwirkung (Abb. 4.2), vergleichbar der Akzeptor-Donor Wechselwirkung der in dieser Arbeit verwendeten Moleküle, eine geringere tail-to-tail
und eine vernachlässigbare head-to-head Wechselwirkung. Der Unterschied
der beiden letztgenannten Wechselwirkungen führt zur Ausbildung von Po66
Abbildung 4.3: Nachweis der durch schrägen Einfall entstandenen Polarität mittels SHG: (A) zeigt die Orientierung der Molek üle parallel zum Substrat, (B) die
in Richtung der Projektion des Molekularstrahles (X3 ) und (C), dass die Orientierung über die ganze Schichtdicke ausgebildet ist (quadratische Abhängigkeit) (aus
[33]).
larität. Die Moleküle treffen in einer zufälligen Orientierung unter einem
Winkel von 26◦ gegen die Substratnormale auf der vorherigen Schicht auf.
Die Moleküle der obersten Schicht werden durch den Anlagerungsprozess etwas aus der Ebene heraus gebogen und schatten dadurch den Molekularstrahl
ab (self-shadowing effect). Auf diese Weise entstehen Lücken in Richtung der
Projektion des Strahles auf das Substrat, die am einfachsten von Molekülen
wieder gefüllt werden können, die in Einfallsrichtung des Strahles orientiert
sind. Eine entscheidende Rolle spielen Wasserstoffbrückenbindungen, die eine
gewisse Umlagerung der Moleküle ermöglichen. Der Nachweis der ausgebildeten Polarität erfolgte wie auch in dieser Arbeit mittels richtungsabhängiger
SHG Untersuchungen (Abb. 4.3).
Die SHG Intensität ist am stärksten, wenn der Laserstrahl senkrecht auf das
Substrat trifft (A) und parallel zur Projektion des Molekularstrahles auf das
Substrat (X3 -Achse) polarisiert ist (p Polarisation in (B)). Dies zeigt, dass
die Moleküle parallel zum Substrat in Richtung der Projektion des Molekularstrahles orientiert sind. Die quadratische Abhängigkeit der Intensität von
der Schichtdicke (C) zeigt, dass die Orientierung über die ganze Schichtdicke
ausgebildet ist.
67
Abbildung 4.4: Änderung der Orientierung von CuPc auf KCl durch ein angelegtes Feld während der OMBD. Die Röntgenreflexe bei angelegtem Feld (b) sind
gegenüber dem Fall ohne Feld (a) verschoben, was zeigt, dass der Winkel relativ
zum Substrat von 28◦ auf 35◦ geändert wurde (aus [35]).
4.1.2
Orientierung im elektrischen Feld
In der Literatur sind nur wenige Beispiele für die Ausrichtung von Molekülen
durch das Anlegen eines elektrischen Feldes während der OMBD bekannt.
Zunächst soll der Einfluss des Feldes auf ein epitaktisch ordnendes System
von Phtalocyaninen beschrieben werden, anschliessend wird die Polung des
Ferroelektrikums Poly(vinylidenfluorid) betrachtet.
Orientierung von Kupferphthalocyanin
In [35] wurden Kupferphthalocyanine (CuPc) auf einem KCL (001) Substrat
abgeschieden auf das zuvor Goldelektroden in Form einer Fingerstruktur mit
Elektrodenabständen von 100 µm aufgedampft worden waren. Mittels eines
Keithley Elektrometers wurde ein elektrisches Feld von 106 V/m in Richtung der KCl (100)-Achse angelegt. Durch die Verwendung eines Elektrometers als Spannungsquelle konnte zugleich die Leitfähigkeitserhöhung durch
das Aufdampfen von CuPc, eines organischen Halbleiters, gemessen werden.
Die Ströme lagen im Bereich von 0,1 bis 10 pA. Die Dicke des abgeschiedenen Films betrug 100 nm, die Aufdampfrate 0,1 nm/s und der Basisdruck
10−6 mbar.
Der Nachweis der Orientierung des CuPc-Molekülkristalles relativ zum Sub68
strat erfolgte mit ED-GIXD5 . Abb. 4.4 zeigt die Messergebnisse. Anstelle von
Maxima an den Winkelpositionen 28◦ und 62◦ beim Wachstum ohne Feld (a)
sind diese zu den Positionen 35◦ und 55◦ bei angelegtem Feld verschoben (b),
was zeigt das der Winkel zwischen einer Achse des CuPc Kristalls gegenüber
einer Hauptachse des KCl von 20◦ auf 35 ◦ geändert wurde. Die Symmetrie
des CuPc-Kristalls (C2/c) selbst wurde hingegen nicht verändert. Bei einer
Variation von Aufdampfrate und Substrattemperatur blieb die Orientierung
relativ zum Substrat unverändert, was zeigt, dass der Effekt auf einem angelegtem elektrischen Feld beruht. Eine Änderung der Richtung des elektrischen Feldes relativ zum Substrat, ergab allerdings die gleiche Orientierung
wie bei der ursprünglich angelegten Feldrichtung. Die zeigt, dass die Ausrichtung nicht allein durch die elektrische Feldstärke sondern durch weitere,
noch unbekannte Effekte verursacht wird.
Polung von Poly(vinylidenfluorid)
Eine Reihe von Veröffentlichungen befasst sich mit der Abscheidung und
Polung von Poly(vinylidenfluorid) (PVDF) mittels OMBD. PVDF ist ein
Ferroelektrikum, das knapp unterhalb 300 ◦ C als Oligomer ohne Zersetzung
sublimiert und auf dem Substrat wieder polymerisiert. Die Polung kann durch
das Anlegen eines elektrischen Feldes sowohl während der Deposition als auch
nachträglich erfolgen. Da die zum Polen benötigten Felder relativ gering sind
(∼ 10 MV/m), kann die Polung nicht nur in der Substratebene durch das
Anbringen von Elektroden sondern auch senkrecht zum Substrat erfolgen,
indem in geringem Abstand zur leitfähigen Elektrode ein Gitter angebracht
wird, durch das der Molekularstrahl hindurchtreten kann. Abb. 4.5 zeigt
die zwei Möglichkeiten zur Polung. Ohne angelegtes Feld ist das Molekül
senkrecht und dessen Dipolmoment parallel zum Substrat orientiert.
Zum Nachweis des Einflusses des elektrischen Feldes E auf die Orientierung
gibt es mehrere Methoden. In [36] wird SHG, deren Intensität zur Polarität
proportional ist, benutzt und die SHG-Intensität eines im Feld abgeschieden Filmes (Substrat: Glas, Temperatur: 80 ◦ C, E = 16 MV/m parallel zum
Substrat, Rate: 0,2 - 0,3 Å/s, Dicke: 250 - 400 nm) mit derjenigen eines nachträglich bei gleicher Feldstärke und Temperatur gepolten verglichen (Abb. 4.6
links). Bei Raumtemperatur liefern beide Methoden zwar die gleiche SHG Intensität, der im Feld gewachsenen Film zeigt jedoch eine deutlich verbesserte
Temperaturstabilität. Bei einer Substrattemperatur von 25 ◦ C zeigte der im
Feld gewachse Film SHG Intensität, der bei gleichen Bedingungen nachträglich gepolte hingegen nicht.
5
Energy dispersive grazing incidence x-ray diffraction
69
(c)
Abbildung 4.5: Polung von PVDF: Das Dipolmoment kann mit einer Gitterelektrode senkrecht (a) oder mit aufgedampften Elektroden (c) parallel zum Substrat
orientiert werden. (b) zeigt die Orientierung ohne angelegtes Feld während der
OMBD ((a) und (b) aus [38], (c) aus [37]).
Eine andere Messmethode ist die Messung der Piezoelektrizität [37] des abgeschiedenen Filmes (Substrat: Quarzglas, Temperatur: 125 ◦ C, E = 10 MV/m
parallel zum Substrat, Rate: 0,1 Å/s). Die piezoelektrischen Konstante d31
beträgt bei Raumtemperatur ca. 3 pC/N und 6 pC/N bei 80 ◦ C. Bei einem mittels OMBD ohne Feld hergestellten Film, der nachträglich bei 80 ◦ C
gepolt wurde, konnte hingegen keine Piezoelektrizität nachgewiesen werden.
Schliesslich kann die Ausrichtung auch mittels spezieller Röntgenbeugungstechniken (TRXD6 ) gemessen werden [38]. Abb. 4.6 rechts zeigt die Intensität eines Reflexes eines bei verschiedenen, zum Substrat senkrechten Feldern
abgeschiedenen Filmes eines Kopolymers aus Vinylidenfluorid und Trifluoroethylen (Substrat: Cu beschichtetes Quarzglas, Temperatur: 25 ◦ C, Rate:
2,5 Å/s, Dicke: 300 nm). Die mit höherem Feld ansteigende Intensität zeigt
die vollständigere Ausrichtung der Moleküle. Die OMBD ohne Feld wie auch
das nachträgliche Polen führte hingegen zu keinem nennenswerten Reflex an
dieser Position.
Eine weitere interessante Anwendung der OMBD im elektrischen Feld ist
die Herstellung eines NLO Polymerwellenleiters mittels Kodeposition einer
NLO aktiven Komponente (AEANP7 ), die im Feld gepolt wird, und Epoxid
(BE8 ) als Matrix [39]. Abb. 4.7 zeigt den Versuchsaufbau. Als Substrat diente
Si mit 1 µm dicker SiO2 Schicht, die Feldstärke betrug 10 - 20 MV/m, die
Aufdampfrate 3 - 3,6 Å/s und die Filmdicke 0,4 - 1,3 µm. Der Nachweis
6
Total reflection X-ray diffractometry
2(2-aminoethylamino)-5-nitropyridin
8
tetramethyl-biphenylepoxy
7
70
Abbildung 4.6: Links : Vergleich zwischen der SH-Intensität eines beim Wachstum
(◦) und eines nachträglich (•) gepolten PVDF Films in Abhängigkeit der Temperatur (aus [36]). Rechts : Nachweis der Orientierung mittels Röntgenbeugung (aus
[38]).
Abbildung 4.7: Abscheidung eines NLO Polymerwellenleiters mittels Kodeposition einer NLO aktiven Komponente (AEANP), die im Feld gepolt wird, und einer
Epoxidmatrix (BE) (aus [39]).
71
Abbildung 4.8: Mittlere freie Weglänge (links, Gl. 4.1) und Zeit für die Absorption
einer Monolage (rechts, Gl. 4.2) für Luft bei 300 K in Abhängigkeit vom Druck.
der Polung parallel zum Substrat erfolgte über die Ausbreitung eines He-Ne
Laserstrahles im Wellenleiter, die nur in der TE- aber nicht in der TM-Mode
erfolgte. Mit einem Mach-Zehnder Interferometer konnte der elektrooptische
Koeffizient zu r11 ∼ 0, 1 pm/V bestimmt werden, der bei nachträglicher
Polung nicht messbar war.
4.2
4.2.1
Theoretische Grundlagen
Grundlagen der Vakuumphysik
Eine wichtige Kenngrösse des Vakuums ist die mittlere freie Weglänge d. h.
diejenige Strecke, die ein Molekül im Mittel zurücklegt bis es einen Stoss
mit einem anderen erfährt. Aus der kinetischen Gastheorie folgt folgende
Beziehung zwischen der mittlere freie Weglänge λ, dem Restdruck p0 des
Vakuums (in Pa), der Temperatur T und dem Moleküldurchmesser d:
kT
λ= √
2πd2 p0
k: Boltzmannkonstante
72
(4.1)
Abb. 4.8 zeigt die Abhängigkeit der mittleren freien Weglänge vom Restdruck9 p0 für Luft (d = 0, 374 nm aus [40]) bei einer Temperatur von
T = 300 K. Unter der Annahme, dass der Druck im Vakuumsystem während der OMBD nicht wesentlich ansteigt, kann Gl. 4.1 für eine Abschätzung
dafür benutzt werden, welches Vakuum zur OMBD mindestens notwendig ist.
Damit ein Molekularstrahl ausgebildet werden kann, muss die mittlere freie
Weglänge grösser sein als die Dimensionen der Vakuumanlage. Wie man in
Abb. 4.8 erkennt ist dafür ein Druck p0 < 10−5 mbar, d. h. im Hochvakuumbereich ausreichend. Im allgemeinen wird jedoch ein Vakuum im Ultrahochvakuumbereich (p0 < 10−7 mbar) angestrebt. Der Grund dafür liegt in einer
weiteren wichtigen Kenngrösse, der Zeit für die Adsorption einer Monolage
τ . Aus der kinetischen Gastheorie berechnet sich diese Grösse zu [24]:
√
Ns ξ 2πMkT
τ=
p0
(4.2)
Ns ist diejenige Dichte der absorbierten Moleküle, die notwendig ist, um eine Monolage auszubilden, ξ ist die Wahrscheinlichkeit mit der ein Molekül
adsorbiert wird (sticking Koeffizient) und M ist die Molekülmasse. Nimmt
man an, dass das Restgas hauptsächlich aus Stickstoff besteht, wie es bei
Vakuumsystemen mit trockenverdichtenden Vorpumpen der Fall ist, so beträgt Ns = 1014 Moleküle/cm2 . Abb. 4.8 zeigt die Zeit für die Adsorption
einer Monolage in Abhängigkeit vom Druck bei einem sticking Koeffizient
von ξ = 1. Bei einem Druck von 6, 7 · 10−9 mbar beträgt die Zeit ca. 3 min,
bei 6, 7 · 10−10 mbar 30 min. Letztere Zeit ist ausreichend, um auf einer
durch vorheriges Ausheizen von adsorbierten Molekülen befreiten Oberfläche OMBD durchzuführen. Bei höheren Drücken muss eine Kontamination
der Oberfläche in Kauf genommen werden. Generell muss die Aufdampfrate
des abzuscheidenden Materials deutlich höher sein als die vom Restgas in
der Anlage abgeschiedenen Moleküle, um die Verunreinigungen in Grenzen
zu halten. Je geringer der Basisdruck in der Anlage ist, umso kleiner kann
die Aufdampfrate gehalten werden, was eine bessere Kristallqualität oder
epitaktische Ordnung liefert. Abb. 4.9 zeigt den Einfluss des Vakuums auf
die Schichtqualität am Beispiel von GaPcCl10 , das bei gleicher Aufdampfrate
von 0,5 Å/min einmal im HV (6, 6 · 10−6 mbar) und einmal im UHV (4 · 10−9
mbar) auf (001)KBr abgeschieden wurde [41]. Im zweiten Fall ergeben sich
stärkere Reflexe in der Elektronenbeugung, was den höheren Ordnungsgrad
des abgeschiedenen Films zeigt.
9
anstelle der SI Einheit Pa wird im folgenden die Einheit mbar verwendet:
1 mbar = 102 Pa
10
Pc: Phthalocyanin
73
Abbildung 4.9: Einfluss des Vakuums auf die Schichtqualität: Elektronenbeugung
einer im HV (a) bzw. UHV (b) hergestellten GaPcCl Schicht. Die Reflexe der UHV
Schicht sind ausgeprägter, was den höheren Ordnungsgrad zeigt (aus [41]).
4.2.2
Van der Waals Epitaxie und Quasiepitaxie
Während in der Epitaxie von Halbleitermaterialien im allgemeinen eine gute
Übereinstimmung der Gitterkonstanten von Substrat und Adsorbat gegeben ist, weichen diese bei der OMBE i. a. stark voneinander ab. Abb. 4.10
zeigt schematisch die unterschiedlichen Arten von Epitaxie in Abhängigkeit
der Bindungsenergie und Gitterfehlanpassung (strain) ∆a
(∆a: Differenz der
a
Gitterkonstanten, a: Gitterkonstante des Substrates). Die Grundbedingung
für eine epitaktische Ordnung sind einerseits gleiche (kommensurable) Gitterkonstanten ( ∆a
= 0) andererseits muss der Wachstumsvorgang nahe des
a
thermodynamischen Gleichgewichts erfolgen. Das Aufdampfen geschieht daher mit geringer Rate von typischerweise 0,001 bis 0,01 Monolagen/s bei vergleichsweiser hoher Substrattemperatur, die es den Molekülen erlaubt, sich
nach dem Abscheiden so umzuordnen, dass sie ihre Gleichgewichtskonfiguration einnehmen. Bei einer geringen Gitterfehlanpassung ist das Wachstum
verspannter (strained) Filme möglich. Je geringer die Wechselwirkungsenergie mit dem Substrat ist, desto grösser kann die Gitterfehlanpassung sein. Die
Van der Waals Epitaxie (vdWE), bei der ein Substrat gewählt wird, das nur
über die vergleichsweise schwache und unspezifische Van der Waals Wechselwirkung mit dem Adsorbat wechselwirkt, bietet somit Vorteile. Beispiele
für solche Substrate sind: Graphit (HOPG), MoS2 sowie wasserstoffterminierte Si oder GaAs Oberflächen. Bei schwacher Wechselwirkung mit dem
Substrat wird die ausgebildete Kristallstruktur durch die intermolekularen
Wechselwirkungen bestimmt, bei starker hingegen durch die Struktur des
Substrates, was das geordnete Wachstum von Filmen i. a. auf eine Dicke von
einigen Monolagen beschränkt.
Bei der Quasi Epitaxie wird eine höhere Aufdampfrate und niedrigere Sub74
Abbildung 4.10: Epitaxie ist nur bei Substraten mit gleicher Gitterkonstante
(∆a/a = 0) nahe des thermodynamischen Gleichgewichts (niedrige Aufdampfrate, hohe Substrattemperatur) möglich, geringe Abweichungen führen zur strained
layer epitaxy, die bei geringer Substratwechselwirkung höhere Gitterfehlanpassung
zulässt (vdWE). Bei der Quasi Epitaxie ist der Wachstumsprozess kinetisch kontrolliert (hohe Aufdampfrate, geringe Substrattemperatur) (aus [24]).
strattemperatur gewählt, so dass der Wachstumsprozess nicht nahe des thermischen Gleichgewichts erfolgt, sondern kinetisch kontrolliert ist. Die ausgebildetet Struktur wird nicht mehr wie bei der Epitaxie durch Wechselwirkungen innerhalb der Schicht sondern durch zwischen den Schichten wirkende
bestimmt.
4.2.3
Verdampfung aus Knudsenzellen
Das Wachstum von dünnen Filmen oder Kristallen hängt neben der Oberflächenbeschaffenheit des Substrates und dem Auftreffwinkel des Molekularstrahles vor allem von der Substrattemperatur und dem molekularen Fluss
ab. Da i. a. der Winkel durch die Geometrie der Anlage fest vorgegeben ist,
bleiben für ein gegebenes Substratmaterial zwei Grössen, die geändert werden können, die Substrattemperatur TS und der Fluss Φ. Erstere bestimmt die
Nukleation d. h. den sticking Koeffizienten, letztere die Wachstumsgeschwin75
Substrat
ϑ
r
Γ
d
d1
p0
peq(T)
Knudsenzelle
Abbildung 4.11: Prinzip der Molekularstrahldeposition: In der Knudsenzelle
herrscht der Gleichgewichtsdampfdruck peq . Die Moleküle verlassen die Zelle durch
eine kleine Öffnung und formen im Hochvakuum (Druck p0 ) einen Molekularstrahl
(Effusionsrate Γ). Dieser trifft im Abstand r auf das Substrat (Fluss Φ).
digkeit. Abb. 4.11 zeigt schematisch das Prinzip der OMBD, die folgenden
Formeln wurden [40] entnommen.
Kennt man die Effusionsrate Γ der Quelle, so lässt sich der Fluss Φ d. h.
die Anzahl der pro Zeit- und Flächeneinheit auf dem Substrat im Abstand r
unter dem Winkel ϑ auftreffenden Moleküle berechnen:
Φ=
Γ
cos ϑ
πr2
(4.3)
Es wurde angenommen, dass der Öffnungswinkel des Molekularstrahles so
klein ist, dass der Strahl auf dem gesamten Substrat näherungsweise unter
demselben Winkel auftrifft. Verwendet man zum Verdampfen eine Knudsenzelle d. h ein Volumen mit einer hinreichend kleinen kreisförmigen Öffnung
gegen das Vakuum, so besteht ein definierter Zusammenhang zwischen der Effusionsrate Γ (Moleküle/s), dem Gleichgewichtsdampfdruck peq der Substanz,
der im Inneren der Knudsenzelle herrscht, und der Verdampfungstemperatur
T:
r
NA
Γ = Apeq
(4.4)
2πkMT
2
A = πd4 ist die Querschnittsfläche der Öffnung, d deren Durchmesser, NA die
Avogadrozahl und M das Molekulargewicht. Damit diese Beziehung erfüllt
76
W
0
1
2
3
4
d1 d0
Abbildung 4.12: Korrekturfaktor für die Effusionsrate (Gl. 4.4) in Abhängigkeit
von der relativen Blendendicke (Daten aus [40]).
ist, müssen folgende Bedingungen gelten:
1. der Blendendurchmesser muss viel kleiner sein wie die mittlere freie
Weglänge: d ¿ λ
2. die Blendendicke muss viel kleiner sein wie der Durchmesser: d1 ¿ d
3. der Druck im Vakuumsystem muss viel kleiner sein wie der Dampfdruck
in der Knudsenzelle: p0 ¿ peq
Die jeweiligen Grössen sollten sich mindestens um eine Grössenordnung unterscheiden. Während die dritte Bedingung im HV und UHV praktisch immer erfüllt ist, ist aufgrund der vergleichsweise hohen Dampfdrücke organischer Materialien Bedingung 1 und 2 oftmals nur schwer zu erfüllen. Bei
kleinen Blendendurchmessern (z. B. 100 µm) ist insbesondere Bedingung 2
aus mechanischen Gründen nur schwer zu realisieren. Für dickere Blenden
sind Korrekturfaktoren W (Clausingfaktoren) berechnet worden, mit denen
Gl. 4.4 multipliziert werden muss. Abb. 4.12 zeigt den Korrekturfaktor W in
Abhängigkeit der relativen Blendendicke d1 /d0 (Daten aus [40], der Verlauf
wurde mit einer Hilfslinie nachgezeichnet).
Experimentell kann die Effusionsrate durch Bestimmung des Gewichtsverwährend des Verdampfungsvorganges bestimmt
lustes pro Zeiteinheit ∆m
t
werden:
NA ∆m
·
(4.5)
Γ=
M
t
77
Um den Gewichtsverlust zu messen, muss die gesamte Knudsenzelle vor und
nach dem Versuch gewogen werden um sicherzustellen, dass auch Material,
was z. B. an der Blende wieder rekristallisiert ist, mitberücksichtigt wird. Es
muss somit eine geringe Massendifferenz (in dieser Arbeit typischerweise im
10 mg Bereich) relativ zu einer vergleichsweise grossen Masse (ca. 25 g) gemessen werden, was bekanntlich zu grösseren Fehler führt. Prinzipiell liesse
sich aus der Bestimmung der Effusionsrate bei verschiedenen Temperaturen
mittels Gl. 4.4 die Abhängigkeit des Dampfdruckes von der Temperatur bestimmen, welche i. a. folgende Form hat:
µ
¶
b
∗
peq (T ) = p exp a −
(4.6)
T
p∗ : verwendete Druckeinheit, a, b: Konstanten
Insbesondere bei Materialien mit geringen Dampfdrücken bei hohen Temperaturen stellt dies oft die einzige Möglichkeit dar, Dampfdrücke zu messen,
infolge der Messungenauigkeiten wird in dieser Arbeit jedoch eine andere
Messmethode verwendet (s. Kap. 4.3.3).
4.3
Experimenteller Aufbau
Nach ersten Experimenten mit einer einfachen, bereits vorhandenen Anlage, mit der prinzipiell gezeigt werden konnte, dass kleine Kristalle der zu
untersuchenden Substanzen mittels OMBD abgeschieden werden können (s.
Kap. 4.4), erwies es sich wegen der schlechten Reproduzierbarkeit als notwendig, ein komplett neues OMBD System zu konstruieren, was einen Grossteil
der zur Verfügung stehenden Zeit in Anspruch nahm. Neben einer Verbesserung der Vakuumqualität, der Zuverlässigkeit und Bedienbarkeit war das
Hauptziel, die Anlage mit geeigneten in-situ Charakterisierungsmöglichkeiten auszustatten, um eine Beobachtung und damit eine gewisse Steuerung
der Experimente zu ermöglichen.
Das System hat folgende Spezifikationen:
• Basisdruck: 3 · 10−8 mbar
• Scheusenkammer mit Abglimm- und Ausheizmöglichkeit
• 3 Knudsenzellen, davon eine mit Drucksensor (bis 1 mbar)
• Substrattemperatur -40 ◦ C bis 120 ◦ C
• Schichtdickensensor
78
Pt 100
Heizelement
Pt 100
Mikroskop
Durchführung
für Temperierflüssigkeit
Shutter
Manipulator
Substrathalter
Transferkammer
Fenster für
Beleuchtung
Turbopumpe 1
Hauptkammer
Knudsenzellen
Turbopumpe 2
Abbildung 4.13: Gesamtansicht des MBD Systems: Nach Reinigung mittels Ausheizen und Abglimmen wird das Substrat in die Hauptkammer geschoben, wo die
MBD aus getrennt evakuierbaren Knudsenzellen erfolgt. Zur Charakterisierung stehen ein Schichtdickensensor, ein Mikroskop, sowie Leitungen für elektrische Messungen zur Verfügung. Eine Hochspannungsdurchführung gestattet das Anlegen
eines hohen elektrischen Feldes während des Wachstums.
• optisches Mikroskop (Auflösung ∼ 1 µm)
• 20 kV Durchführung
• Strommessung, Nachweisgrenze ∼ 10 fA, Rauschpegel ∼ 1 fA (peakpeak)
4.3.1
Konzeption
Abb. 4.13 zeigt die Gesamtkonzeption der Anlage. Das Vakuumsystem besteht aus zwei Kammern, einer Hauptkammer sowie einer angeschlossenen
79
Transferkammer aus rostfreiem Stahl. Die Hauptkammer wird von einem Turbomolekularpumpstand (Pfeiffer, TCP 380) mit trockenverdichtender Membranvorpumpe evakuiert, die im Gegensatz zur vorher verwendeten Anlage
(mit ölgeschmierter Drehschieberpumpe) ein Vakuum frei von Kohlenwasserstoffen erzeugt. Dies ist insofern von Vorteil, da Kohlenwasserstoffe oft in
Einschlussverbindungen mit eingebaut werden, wie z. B. bei Perhydrotriphenylen.
Da der Enddruck der Anlage von ca. 3 · 10−8 mbar erst nach vorherigem
Ausheizen und einer Pumpzeit von einigen Tagen erreicht wird, ist eine
Transferkammer (ferrovac) angeschlossen, die von einer separaten kleineren
Turbopumpe (Leybold, Turbovac 50) mit vorgeschalteter Drehschieberpumpe
(Leybold, Trivac) evakuiert wird. Der Enddruck dieser Kammer beträgt ca.
10−6 mbar. Ab einem Druck von ca. 10−5 mbar kann der Shutter (Varian)
zwischen den beiden Kammern geöffnet und die Probe in die Hauptkammer
transferiert werden. Auf diese Weise wird die Abpumpzeit auf ca. 15 min
reduziert.
Um ein möglichst gutes Vakuum zu erreichen, wurden CF-Flansche mit Cu
Dichtungen verwendet. Lediglich an Teilen, die öfter gewechselt werden müssen, sowie dort, wo der Platz beschränkt ist, wurden Elastomerdichtungen
(Viton) eingesetzt. Die maximale Ausheiztemperatur beträgt 120 ◦ C. Die
Pumpe der Hauptkammer ist mit einer Heizmanschette versehen, das Ausheizen der Hauptkammer erfolgt bei Bedarf mit Heizbändern.
Die gesamte Anlage ist auf einem fahrbaren Gestell montiert, welches in
drei Ebenen unterteilt ist. Auf der untersten befinden sich die Pumpen und
ein Thermostat für die Temperierflüssigkeit, auf der mittleren die Vakuumkammern und auf der obersten die elektronischen Geräte für die Steuerung
und Charakterisierung. Die Vakuumkammern sind fest mit dem Gestell verschraubt, die mit einem Schutzgitter versehenen Turbopumpen sind von unten daran angeflanscht und können somit z. B. für Reparaturzwecke leicht
abmontiert werden. Zur Druckmessung ist jede Kammer mit einem kombinierten Pirani-/Penningmessgerät (Balzers, PKR 50 bzw. PKR 261) ausgestattet, welches den gesamten Druckbereich abdeckt.
Ein Hauptproblem des vorher verwendeten Systems war, dass die Molekularstrahlen nicht nur das Substrat trafen sondern auch die Anlage verschmutzten. Während dies bei der MBD von anorganischen Materialien aufgrund
der niedrigen Dampfdrücke toleriert werden kann, führt dies bei den in dieser Arbeit verwendeten organischen Materialien mit ihren vergleichsweise
hohen Dampfdrücken zu einer erheblichen Verschlechterung des Vakuums.
Beim vorher verwendeten System betrug das Vakuum am Ende der Versuchsreihen noch 10−3 mbar, was zur OMBD nicht mehr ausreicht. Zudem
verschmutzte der Molekularstrahl auch den Drucksensor, der bereits nach
80
Abbildung 4.14: Seitenansicht der Hauptkammer: Der Molekularstrahl des mittleren Verdampfers trifft unter dem gleichen Winkel von 45◦ auf Substrat und
Schicktdickensensor. Ein Mikroskop ermöglicht die Beobachtung des Wachstumsvorganges. Die Knudsenzellen können separat evakuiert werden, was das Neubefüllen erlaubt, während das Vakuum in der Hauptkammer aufrechterhalten werden
kann.
81
wenigen Versuchen revidiert werden musste.
Um diese Schwierigkeiten zu umgehen und Dauerbetrieb zu ermöglichen,
wurde das System so konzipiert, dass die Molekularstrahlen nur den Substrathalter und den Schichtdickensensor treffen, der sowohl ausgeheizt als
auch leicht ausgewechselt werden kann (Abb. 4.14). Dieses setzte eine präzise Konstruktion und Einhaltung der vorgegebenen Masse und Winkel bei
der Hauptkammer voraus. Der Abstand zwischen Substrat und Verdampfer
wurde möglichst klein gehalten, da der Fluss quadratisch mit dem Abstand
abnimmt. Die Hauptkammer wurde daher mit dem gleichen Innendurchmesser von 100 mm wie die Turbopumpe gefertigt, was zudem in einem hohen
Saugvermögen resultiert, da über den gesamten Querschnitt gepumpt wird.
An diese Kammer wurden 45◦ gegeneinander versetzt drei Flansche (KF 25)
zum Anbringen der Verdampfer angebracht, welche 45◦ gegen die Horizontale
geneigt sind. Die notwendige Präzision wurde von unserer hauseigenen Werkstatt dadurch erreicht, dass die Hauptkammer aus drei Teilen geschweisst
wurde, von denen das mittlere Teil, das die Flansche für die Verdampfer
enthält, aus einem Stück gedreht wurde.
Diese Konstruktion, bei welcher der Molekularstrahl von unten nach oben
verläuft, bietet im Gegensatz zur vorherigen Anlage, bei welcher der Molekularstrahl umgekehrt verlief, den Vorteil, dass in den Knudsenzellen auch
aus der Schmelze verdampft werden kann bzw. ein versehentliches Schmelzen
keine Folgen hat.
Belüftung
Die Turbopumpe der Hauptkammer ist mit einem automatischen Belüftungsventil ausgestattet, was über eine Absperrhahn mit einer Stickstoffflasche
verbunden ist. Das Ventil wird nach dem Abschalten der Pumpe durch den
Strom des nun als Generator wirkenden Rotors noch solange geschlossen gehalten bis die Drehzahl auf einen gewissen Wert abgefallen ist. Die Belüftung
erfolgt danach automatisch.
Die Belüftung der Transferkammer erfolgt nach dem Abschalten der Pumpe
manuell über einen hochvakuumtaugliches Ventil (Nupro, SS 4H) mit Stickstoff. Die Vorpumpe, eine Drehschieberpumpe, darf nur im belüfteten Zustand abgeschaltet werden, da anderenfalls die Gefahr besteht, dass das zur
Schmierung verwendete Öl in die Kammer gezogen wird, auch wenn die Pumpe mit einem Sicherheitsventil ausgestattet ist.
Da die Vorpumpen im ausgeschalteten Zustand nicht dicht gegen die Atmosphäre schliessen, wurde bei beiden Kammern zwischen Vor- und Turbopumpe ein Ventil eingefügt. Dies gestattet es, die Kammern unter einem leichten
Überdruck von Stickstoff (max. 0,5 bar) zu halten, was das Eindringen von
Verunreinigungen verhindert.
82
dünnwandiges
Edelstahlrohr
einschraubbare
Blende
Probenhalter
geheizter
Messingblock
Pt 100
Temperatursensor
Isolation
2 cm
Abbildung 4.15: Die Knudsenzelle besteht aus einem einschraubbaren Hohlkörper, welcher die Blende sowie die Probensubstanz enthält. Zur Vermeidung von
Rekristallisation an einer kühleren Blende wurde die Heizleistung im Bereich der
Blende verstärkt
Montage und Wartung
Sämtliche Geräte sind für den Dauerbetrieb ausgelegt. Einmal pro Jahr muss
der Schmiermittelspeicher der Turbopumpe der Hauptkammer ausgewechselt
werden, der sich an der Unterseite der Pumpe befindet. Zudem sollten die
Drucksensoren jährlich bzw. bei unrealistischer Anzeige gereinigt werden.
Vor der Abnahme des Deckels der Hauptkammer muss zunächst die seitlich
angeflanschte Transferkammer abmontiert und das Verlängerungsstück der
Führungsschiene durch den seitlichen Flansch herausgenommen werden (s.
Abb. 4.22). Es ist zudem empfehlenswert die Zuleitungsschläuche nach vorheriger Reinigung von Silikonölresten durch Spülen mit Ethanol am Übergang
zu den Kupferrohren zu lösen.
4.3.2
Knudsenzellen
Ein generelles Problem bei der Konstruktion von Knudsenzellen ist, dass
die Blende zumindest auf der gleichen Temperatur, besser noch auf höherer,
als das restliche Volumen sein sollte, um eine Rekristallisation im Bereich
der Blendenöffnung zu verhindern, was die Effusionsrate erniedrigt. Oft wird
dies durch eine getrennte Heizung der Blende erreicht. Bei den bereits vorhandenen Zellen, deren Blende deutlich kühler war, erniedrigte dies die Effu83
sionsrate um ca. 2 Grössenordnungen. Bei der Neukonstruktion wurde daher
besonderen Wert auf eine gleichmässige Temperierung gelegt. Abb. 4.15 zeigt
die Konstruktion der Knudsenzellen. Um einen guten Wärmekontakt zu erreichen, wird die Knudsenzelle, bestehend aus der Blende sowie einem einschraubbaren Boden, in einen geheizten, gut wärmeleitenden Messingblock
eingeschraubt. Der Blendendurchmesser ist 100 µm und die Dicke 200 µm,
so dass der Korrekturfaktor für die Effusionsrate (Abb. 4.12) 0,36 beträgt.
Für eine gute thermische Isolation ist der Messingblock in ein dünnwandiges,
schlecht wärmeleitendes Edelstahlrohr eingelötet und von Isolationsmaterial
umgeben. Die Heizung erfolgt mittels selbstklebender Heizbänder (Lecotronic,
E16) mit einer Leistung von 30 W bei 24 V Betriebsspannung, wobei die
Heizleistung im Bereich der Blende verstärkt wurde. Bislang konnte keine
Rekristallisation im Bereich der Blende beobachtet werden. Die maximale
Betriebstemperatur beträgt 250 ◦ C.
Für die Temperaturregelung stand ursprünglich ein im Departement gebautes Gerät zu Verfügung, welches Thermoelemente als Sensoren verwendete.
Das Layout der Schaltung sowie die Steckverbindungen, die selbst als Thermoelement wirkten, waren jedoch für den zu messenden Temperaturbereich
nicht geeignet (Temperaturabweichung ca. 8 K). Die neue Regelung wurde
deshalb mit kommerziellen Reglern (Eurotherm 2416) und Pt100 Temperatursensoren in 3-Leitertechnik realisiert, welche im verwendeten Temperaturbereich eine wesentlich genauere Messung ermöglichen. Es standen 3 Regler
zur Verfügung, von denen einer programmierbar ist. Die Regler steuern eine
24 V Spannungsversorgung an, für den programmierbaren Regler steht für
höhere Leistungen noch zusätzlich ein 230 V Ausgang zur Verfügung, welcher
die Heizung eines Dampfdrucksensors speist (Kap. 4.3.3). Als Sensoren wurden Pt100 Glastemperatursensoren der Toleranzklasse A verwendet. Damit
beträgt die absolute Messunsicherheit:
∆T = ± (0, 15 + 0, 002 · |T |)
|T |: gemessene Temperatur in ◦ C ohne Vorzeichen.
Die Regelgenauigkeit beträgt ca. 0,1 K.
84
(4.7)
4.3.3
Dampfdruckmessungen
Aufbau
Auch wenn der molekulare Fluss durch Messung des Gewichtsverlustes beim
Aufdampfvorgang (Gl. 4.3 und 4.5), d. h. nach dem Experiment bestimmt
werden kann, so ist es dennoch vorteilhaft, wenn der Fluss und dessen Temperaturabhängigkeit bereits vorher bekannt ist. Dazu ist die Kenntnis des
Dampfdruckes in Abhängigkeit von der Temperatur für die verwendeten Substanzen notwendig (Gl. 4.6), der oft nicht bekannt ist. Insbesondere für die
Kodeposition von Einschlussverbindungen mittels zweier Knudsenzellen, die
i. a. eine Abscheidung der Substanzen im vorgegebenen stöchiometrischen
Verhältnis erfordert, ist die Einstellung des richtigen Verhältnisses der Flüsse Voraussetzung. Die Kenntnis der Dampfdrücke ist dabei hilfreich.
Um Dampfdrücke zu messen, wurde ein Absolutdrucksensor (MKS, Baratron 121A) erworben, der einen Druckbereich von drei Dekaden bis zu einem
Maximaldruck von 1 mbar abdeckt. Der Druck wird entsprechend der physikalischen Definition als Kraft pro Fläche gemessen, was über die kapazitive
Messung der Auslenkung einer an ein Referenzvakuum grenzenden Edelstahlmembran geschieht. Der Messwert ist somit gassortenunabhängig und wird
als Analogsignal (0 - 10 V) ausgegeben. Bei höheren Drücken als 1 mbar
wird die Auslenkung der Membran durch einen Anschlag begrenzt. Der Sensor kann bis zu einer Dauerbetriebstemperatur von 150 ◦ C eingesetzt werden,
zum Ausheizen sind kurzzeitig 200 ◦ C zulässig.
Wie bei der Messung aller Gleichgewichtsgrössen erfordert die Messung des
Dampfdruckes in Abhängigkeit der Temperatur lange Messzeiten, damit sich
das thermodynamische Gleichgewicht einstellen kann. Zudem musste die
Temperierung des Sensors sehr homogen erfolgen, da Temperaturdifferenzen
zu einer Rekristallisation führen können, die das Messergebnis verfälschen
kann, wenn sie an der Membran des Sensors stattfindet. Dazu wurde das
Gehäuse des Sensors entfernt und der Sensor selbst, der aus schlecht wärmeleitendem Edelstahl besteht, in einen massiven Kupferblock mit hoher
Wärmeleitung eingebettet. Temperaturmessungen in der Nähe der Membran
und nahe der Probe zeigten, dass die Temperaturkonstanz besser als 0,1 K
ist.
Beim ersten Versuchsaufbau wurde an den Sensor ein temperaturbeständiges Ventil montiert, das ebenfalls in den Kupferblock eingebettet wurde.
Nach dem Leerpumpen des Sensors mit einer Turbopumpe wurde dieses geschlossen und der durch den Dampfdruck bedingte Druckanstieg im System
gemessen. Das Problem war, dass —im Gegensatz zur Vakuumanlage— nicht
kontinuierlich abgepumpt wurde, so dass der Druck auch im Falle von ge85
C
p=0
peq(T)
Probe
p=0
Abbildung 4.16: Dampfdruckmessung mit einer Knudsenzelle. Bei hinreichend
kleiner Blendenöffnung herrscht dahinter der Gleichgewichtsdampfdruck, der über
die kapazitiv gemessene Auslenkung einer an ein Vakuum grenzenden Membran
bestimmt wird.
ringfügigen Undichtigkeiten im Laufe der verhältnismässig langen Messzeit
anstieg. Lecks hätten ausgeschlossen werden können, wenn bei einer zunächst
ansteigenden und anschliessend bis auf den Anfangswert abfallenden Temperaturrampe nach dem Experiment der Ausgangswert des Druckes angezeigt
worden wäre. Dies war jedoch nicht der Fall, offensichtlich aufgrund einer Rekristallisation im Bereich der Membran bei abfallenden Temperaturrampen.
Aufgrund des Temperaturbereiches von bis zu 150 ◦ C konnten zudem nur
Metalldichtungen verwendet werden, die ein sehr sorgfältiges Anziehen erfordern, so dass nicht gewährleistet war, dass bei jedem Versuch die gleichen
Bedingungen vorlagen. Mit diesem Messprinzip konnte kein reproduzierbarer
Dampfdruck gemessen werden.
Deswegen wurde der Aufbau zur Dampfdruckmessung in Form einer Knudsenzelle konstruiert, bei der im Inneren der Gleichgewichtsdampfdruck
herrscht, wenn die Blendenöffnung d kleiner als 1/10 der mittleren freien
Weglänge λ ist (s. Kap. 4.2.3). In diesem Fall haben geringfügige Undichtigkeiten keinen Anstieg des Druckes zur Folge, da kontinuierlich gepumpt
wird, wenn auch über eine kleine Öffnung, so dass das Leerpumpen einige
Zeit benötigt. Zudem kann der Sensor auch als Verdampfer verwendet werden, was eine in-situ Dampfdruckmessung während der OMBD ermöglicht.
86
Am Beispiel von INBP11 und ANBP12 (s. Kap. 4.5) konnte gezeigt werden,
dass die Verdampfung aus dem Sensor zu den gleichen Ergebnissen führt wie
eine Verdampfung aus den anderen zu Verfügung stehenden Knudsenzellen
(Abb. 4.15). Der Dampfdruck lag jedoch unterhalb der Nachweisgrenze.
Abb. 4.16 zeigt den Aufbau. Der Sensor ist in einen Kupferblock eingebettet, der mit einer Silikonheizfolie (Minco) mit einer Leistung von ca. 300 W
bei 230 V geheizt wird. Zur Temperaturmessung dient ein Pt100 Sensor. Eine Schmelzsicherung, welche die Stromzufuhr bei 216 ◦ C irreversibel unterbricht, schützt den Sensor bei einer Fehlbedienung oder Defekt der Regelung.
Zwischen den CF16 Flansch des Sensors und den Flansch, mit dem der Sensor an das OMBD System angeflanscht wird (Übergangsflansch CF16 auf
KF16), wurde ein Kupferzylinder eingeschraubt, der einerseits als Dichtung
dient und in den andererseits derselbe Blendenkörper eingeschraubt wird,
der auch bei den anderen Knudsenzellen verwendet wird (Abb. 4.15). Lediglich der einschraubbare Boden des Blendenkörpers wurde so modifiziert, dass
auch eine dem Sensor zugewandte Öffnung vorhanden ist. Der gesamte Aufbau ist von Silikonschaumstoff zur Wärmeisolation umgeben. Der Übergang
zu den Messkabeln ist zusätzlich isoliert, so dass diese, die nur bis 150 ◦ C temperaturbeständig sind, nicht abgenommen werden müssen, wenn der Sensor
bei 200 ◦ C ausgeheizt wird.
Mit diesem Aufbau ist eine einfache Bedienung gewährleistet. Im Gegensatz
zum vorherigen Messaufbau müssen zum Einsetzen der Probe keine Metalldichtungen angezogen werden sondern die Probe und Blende kann mit dem
gleichen, bereits für den anderen Aufbau (Abb. 4.15) angefertigten Schlüssel
durch den Flansch eingeschraubt werden.
Messung
Für den Test des Sensors wurde DMNA13 (Smp. 165 ◦ C) gewählt, das bei
der Deposition einer Kanaleinschlussverbindung (Kap. 4.4) verwendet wurde
und dessen Dampfdruck aus [46] bekannt war:
¶
µ
b
∗
peq (T ) = p exp a −
(4.8)
T
mit p∗ = 1 Pa; a = 32, 245 ± 0, 05; b = 11624 ± 220 K.
Die Aufnahme des Dampfdruckes erfordert folgendes Vorgehen. Zunächst
wird der Sensor ohne eingeschraubte Knudsenzelle an eine Turbopumpe an11
Iodonitrobiphenyl
Aminonitrobiphenyl
13
N,N-Dimethyl-p-nitroanilin
12
87
1
Abbildung 4.17: Der mit dem Aufbau in Abb. 4.16 in zwei Experimenten gemessene Dampfdruck von DMNA stimmt mit dem Literaturwert [46] (grau schattiert)
überein.
geschlossen und durch Ausheizen bei 150 ◦ C (kurzzeitig bis 200 ◦ C) von Ablagerungen aus vorangegangenen Versuchen gereinigt. Nach dem Abkühlen auf
Raumtemperatur wird die Druckanzeige auf Null abgeglichen. Anschliessend
wird die Knudsenzelle mit der zu untersuchenden Substanz eingeschraubt,
die Temperatur langsam erhöht (bei DMNA von 25 ◦ C auf 150 ◦ C in 6 h)
und der ansteigende Dampfdruck gemessen. Abb. 4.17 zeigt den gemessenen
Dampfdruck von DMNA in Arrheniusauftragung. In einem Druckbereich von
ca. 0,1 - 1 mbar stimmt der gemessene Druck mit dem Literaturwert überein.
Unterhalb ergeben sich Abweichungen, die auf die Temperaturabhängigkeit
der Druckmessung zurückzuführen sein dürften, die hier nicht berücksichtigt
ist. Für eine genauere Messung, müsste das Experiment ohne Probe wiederholt werden und der auf der Temperaturabhängigkeit des Sensors beruhende
Messwert abgezogen werden. Bei höheren Drücken liegt der Messwert etwas
unterhalb des nach Gl. 4.8 erwarteten Verlaufes. Dies ist verständlich, da die
mittlere freie Weglänge nicht mehr wesentlich grösser als die Blendenöffnung
ist, was zu einem Druckabfall innerhalb der Knudsenzelle führt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit dem aufgebauten System
zur Dampfdruckmessung Drücke im Bereich zwischen 0,1 und 1 mbar sowohl separat als auch während der OMBD in-situ gemessen werden können.
Für routinemässige Messungen sollte der Aufbau jedoch so konstruiert wer88
den, dass der Sensor ohne zusätzliche Abstützung an das OMBD System
angeflanscht werden kann, was beim jetzigen System, das mit einem Kupferblock von ca. 5 kg Gewicht temperiert wird, nicht möglich ist. Zudem ist
das System durch die hohe Masse träge, so dass insbesondere das Abkühlen
lange dauert. Es wird vorgeschlagen, eine der drei vorhandenen Knudsenzellen (Abb. 4.15) so umzubauen, dass der Drucksensor daran angeschlossen
werden kann. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten OMBD Versuche
erfolgten bei einem relativ niedrigen Druck (bei DMNA ca. 3 · 10−2 mbar)
in der Knudsenzelle. Falls für künftige Versuche die Verdampfung aus dem
Drucksensor erfolgen soll, was eine gute Kontrolle des Aufdampfvorganges
ermöglichen würde, sollten kommerziell erhältliche Blenden mit deutlich geringerem Durchmesser verwendet werden, so dass auch bei geringem Fluss
ein im optimalen Messbereich von 0,1 und 1 mbar liegender Druck im Sensor
herrschen würde und die Knudsenbedingung (d ¿ λ) erfüllt wäre.
4.3.4
Justage der Molekularstrahlen
Abb. 4.14 zeigt, wie die Knudsenzellen an den Flanschen der Anlage angebracht werden. Die Knudsenzellen sind mit einem KF 16 Flansch versehen,
der über einen Zwischenflansch, in den ein 14 Zoll Wellschlauch eingelötet ist,
mit einem Schieberventil (VAT, Reihe 012) verbunden ist. Der Wellschlauch
ist über ein hochvakuumtaugliches Absperrventil (Nupro, SS 4H) mit der
Turbopumpe der Vorkammer verbunden, so dass die Knudsenzellen getrennt
evakuiert werden können. Wenn ein Druck von ca. 10−5 mbar erreicht ist,
kann der Schieber zur Hauptkammer geöffnet werden. Die verwendeten Schieberventile, die bereits vorhanden waren, sind jedoch nicht für den Betrieb
im UHV ausgelegt, da sie eine Schiebedurchführung verwenden. Die Ventile
wurden deshalb so montiert, dass sich diese Durchführung im geschlossenen
Zustand ausserhalb des UHV-Bereiches der Hauptkammer befindet. Dadurch
können die Ventile allerdings nicht als Shutter benutzt werden, um den Molekularstrahl zu unterbrechen, da dieser die Ventilmechanik verschmutzen
würde.
Um den Rohrquerschnitt entsprechend der Aufweitung des Molekularstrahles
zu weiten, sind die Ventile mit einem Übergangsflansch (KF 16 auf KF 25)
mit der Hauptkammer verbunden. Eine auswechselbare Blende in der Halterung des O-Ringes, mit welchem die Knudsenzelle angeflanscht wird, gewährleistet, dass der Strahl exakt das Substrat und den Schichtdickensensor
trifft. Für die Ausrichtung des Strahles wurde ein Blindflansch an derjenigen
Position, an der sich auch die Blendenöffnung der Knudsenzelle befindet, mit
einer kleinen Öffnung versehen. Blickt man durch diese in das Vakuumsystem, so lässt sich die Ausrichtung des Molekularstrahles exakt überprüfen.
89
Manipulator
SmCo-Magnete
1 cm
Führungsschiene
Abbildung 4.18: Transfersystem: Der Probenhalter (links: Seitenansicht, rechts:
von vorne) wird mit Magneten an einer Schiene gehalten und mit einem Manipulator, der durch Drehen verriegelt wird, in die Hauptkammer geschoben.
Es ist wichtig, dass die Schellen, mit der die Knudsenzellen angeflanscht werden, jeweils gleich montiert werden, da infolge der Elastizität des O-Ringes
anderenfalls die genaue Justierung der Strahlen nicht mehr gewährleistet ist.
4.3.5
Probenhalter und Transfersystem
Bei der Konzeption des Transfersystems musste einerseits eine genaue Führung des Probenhalters und ein guter Kontakt mit der Führungsschiene gewährleistet sein, über welche die Temperierung erfolgt, andererseits musste
der für das Schliessen des Shutters notwendige Spalt von ca. 2 cm Länge
überbrückt werden können. Dies wurde dadurch gelöst, dass der Probenhalter mit Magneten an einer Führungsschiene aus vernickeltem, magnetischem
Stahl gehalten wird.
Abb. 4.18 zeigt das Prinzip des Transfersystems. Jeweils vier SmCo Magnete
an beiden Enden des Probenhalters (Abb. 4.19) halten diesen an der Führungsschiene. Zwei weitere Magnete gewährleisten die seitliche Führung. Auf
diese Weise ist eine exakte Führung auch bei Materialausdehnungen beim
Temperieren gewährleistet und der Spalt kann auch bei nicht exakter Ausrichtung der beiden Führungsschienen gut überbrückt werden. Der Transport
erfolgt mit dem magnetisch gekoppelten Manipulator der Transferkammer,
an dessen Ende eine Kupplung in Form einer Pfeilspitze angebracht wurde.
Diese rastet in eine längliche Öffnung im Probenhalter ein und wird durch
Drehen verriegelt. Je ein Sichtfenster in Transfer- und Hauptkammer gestattet die Kontrolle des Transfers.
Abb. 4.19 zeigt den Probenhalter im Detail, der zwecks guter Wärmeleitung
aus einem 8 mm starken Kupferstück gefertigt wurde, in das die Magnete eingelassen sind. In der Mitte wird eine 2 mm starke Kupferplatte eingeschraubt,
auf welche das Substrat geklebt wird. Ein Loch in der Mitte ermöglicht die
Beobachtung mittels eines Mikroskopes (Kap. 4.3.9). Abb. 4.19 rechts zeigt
den Probenhalter, wie er bei der OMBD positioniert ist. Das Substrat befindet sich dicht unterhalb des Fensters für das Mikroskopobjektiv, ein Loch in
90
Schwingquarz
SmCo Magnete
Koaxialkabel
Substrat
Blende
Cu-Platte
Substrat
Molekularstrahl
3 cm
Manipulator
Abbildung 4.19: Links: Ansicht des Probenhalters, das Substrat wird auf eine einschraubbare Cu-Platte geklebt, Kabel ermöglichen elektrische Messungen. Rechts:
Ansicht von vorne, der Halter ist in der Hauptkammer dicht unterhalb des Mikroskopobjektives positioniert, eine seitliche Blende lässt einen Teil des Molekularstahles auf den Schichtdickensensor fallen.
91
der seitlichen Blende lässt einen Teil des Molekularstrahles auf den Schichtdickensensor fallen. Die Blende wurde im unteren Teil aus 60 µm dickem
flexiblen Federstahl gefertigt. Dadurch passt die Blende beim Transfer durch
den Flansch und blockt den Molekularstrahl auch bei einer eventuellen Dejustierung vollständig ab. Zwei Koaxialkabel, deren Innenleiter am Ende der
Führungsschiene in Buchsen einrasten, ermöglichen elektrische Messungen
(s. Kap. 4.3.10).
4.3.6
Transferkammer
Die Transferkammer dient einerseits als Schleusenkammer andererseits aber
auch der Reinigung des Substrates mittels Ausheizen und Abglimmen. Zum
Ausheizen ist die Führungsschiene an einem dünnwandigen und mit Isolationsmaterial gefüllten Edelstahlrohr befestigt, an dessen Ende ein Messingblock mit Gewinde eingelötet wurde, der in die Schiene eingeschraubt wird.
An der Oberseite des Blockes ist mit Silikonkleber ein Heizelement (Minco)
mit einer Leistung von 17 W bei 24 V Betriebsspannung befestigt. Ein Pt100
Sensor in einer Bohrung misst die Temperatur. Durch die Materialeigenschaften der Teflonkabel und SmCo Magnete des Probenhalters ist die Ausheiztemperatur auf 200 ◦ C begrenzt.
Unter Abglimmen versteht man die Reinigung mittels eines Gleichstromplasmas unter vermindertem Druck. Zu diesem Zweck ist unterhalb des Substrates eine Elektrode angebracht, die vom Innenleiter eines 3,5 mm Semi-Rigid
Kabels (Huber + Suhner) gebildet wird. Dieses ist mit hochvakuumtauglichem
Kleber in einen Blindflansche eingeklebt. Mit Stickstoff als Gas liefert eine
Spannung von +300 V an der Elektrode bei einem Druck von 10 mbar eine
gleichmässige Plasmaentladung. Die z. Zt. verwendete Hochspannungsquelle
liefert jedoch nur einen Maximalstrom von 1 mA. Ob die daraus resultierende Leistung von 0,3 mW zur effektiven Reinigung ausreicht, werden weitere
Versuche zeigen müssen. Eine bessere Reinigungswirkung würde Sauerstoff
ergeben, der organische Verunreinigungen zu CO2 oxidiert. Zudem sollte die
Gaszufuhr so umgebaut werden, dass im Durchfluss gearbeitet werden kann.
4.3.7
Temperiersystem
Die Temperierung des Substrates erfolgt über die Führungsschiene, die von
Temperierflüssigkeiten durchströmt wird (Abb. 4.24). Je nach dem benötigten Temperaturbereich stehen zwei Temperiergeräte zur Verfügung, die mit
unterschiedlichen Flüssigkeiten gefüllt sind: Ein Huber Ministat CC, der programmierbar ist, deckt mit Silikonöl den Temperaturbereich von -20 ◦ C bis
120 ◦ C ab, ein Huber HS 60 mit Ethanol den Bereich von Raumtemperatur
92
Pt100
Schichtdickensensor
Führungsschiene
Regelsignal
Probenhalter
Hauptkammer
Ablass
Abbildung 4.20: Schema des Temperiersystems: Es stehen 2 Thermostate für
verschiedene Temperaturbereiche zur Verfügung. Die Leitungen verzweigen sich in
einen Ast, der die Führungsschiene und einen, der den Sensor temperiert.
bis -55 ◦ C. Letzterer ist zwar nicht programmierbar, bietet jedoch eine hohe
Kühlleistung. Wegen der kleinen Leitungsquerschnitte wurde Silikonöl mit
einer vergleichsweise geringen Viskosität von 5 Centistokes verwendet, dennoch ist die Viskosität insbesondere bei niedrigen Temperaturen bereits so
hoch, dass aufgrund der relativ langen Zuleitungen trotz Isolation die Temperatur am Zulauf deutlich höher ist als im Thermostaten. Deshalb wurde
dort ein externer Temperaturfühler (Pt 100, 4-Leiter) montiert, auf dessen
Temperatur geregelt werden kann. Beide Thermostaten sind mit einer Druckund einer Saugpumpe ausgestattet.
Abb. 4.20 zeigt den Aufbau des Temperiersystems. Das Ziel war, zwischen
beiden Temperierflüssigkeiten umschalten zu können, ohne die Schlauchverbindungen zu lösen. Zudem sollten die Rohrleitungen möglichst vollständig
geleert werden können, um eine Durchmischung der beiden Flüssigkeiten zu
verhindern. An den mit Absperrhähnen versehenen Anschlüssen des mit Silikonöl betriebenen Thermostaten ist ein Rohrleitungssystem aus Kupferrohren mit 8 mm Innendurchmesser montiert, an das Anschlüsse mit Absperrhähnen für die Zuleitungen des mit Ethanol gefüllten Thermostaten
angebracht sind. Ein Belüftungs- und Ablassventil im tiefsten Punkt des
93
Flüssigkeitszulaufes erlaubt dessen Entleerung. Der Rücklauf zum mit Ethanol betriebenen Thermostaten ist in Form einen Siphons ausgebildet, so dass
sich Ethanol, der nicht vollständig abgepumpt werden kann, unterhalb des
Absperrhahnes sammelt. Zum Umschalten zwischen den beiden Flüssigkeiten wird zuerst der der Druckpumpe zugewandte Absperrhahn geschlossen
und das System nach Öffnen des Belüftungsventiles mittels der Saugpumpe leergepumpt. Anschliessend kann auf die andere Flüssigkeit umgeschaltet
werden.
Der Übergang vom Kupferrohrleitungssystem zur Vakuumkammer erfolgt
mit Swagelock Edelstahlverschraubungen und einem Teflonschlauch des gleichen Durchmessers. Kurz vor der Kammer teilt sich der Kreislauf in einen,
der die Führungsschiene und einen, der den Schichtdickensensor versorgt.
Letzterer ist mit einem Absperrhahn versehen und gestattet es insbesondere bei tiefen Temperaturen, die Temperierung des Sensors abzuschalten. Die
Zuleitungen zum Schichtdickensensor wurden so lang gewählt, dass dieser
herausgenommen werden kann, ohne dass die Schläuche abgenommen werden müssen.
Die Führungsschiene ist mit eingelöteten Swagelock Verschraubungen an in
den Deckel eingeschweissten 14 Zoll Durchführungen befestigt. Dies gestattet
eine einfache Montage der Schiene.
4.3.8
Schichtdickenmessung
Aufbau
Während in der Regel der Schichtdickensensor neben dem Substrathalter mit
gleicher Orientierung plaziert wird, war dies bei den beengten Platzverhältnissen in der Anlage nicht möglich. Stattdessen wurde der Sensor senkrecht
dazu montiert. Der Strahl des mittleren Verdampfers trifft unter dem gleichen Winkel von 45◦ auf Substrat und Sensor, so dass der auftreffende Fluss
gleich ist, siehe Abb. 4.14. Die Strahlen der beiden anderen Verdampfer treffen auf dem Substrat ebenfalls unter einem Winkel von 45◦ auf, auf dem
Sensor hingegen unter einem Winkel von 55◦ gegen die Normale, was gemäss
Gl. 4.3 in einem um 20 % geringeren Fluss resultiert.
Der mittlere Verdampfer ist somit für die Abscheidung von Materialien vorgesehen, deren Materialkonstanten bekannt sind und die auf dem Substrat und
Sensormaterial gleich aufwachsen wie z. B. Metalle. Die angezeigte Schichtdicke entspricht in diesem Fall der tatsächlichen.
Bei den beiden äusseren Verdampfern entspricht hingegen infolge des geringeren Auftreffwinkels die angezeigte Schichtdicke nicht derjenigen auf dem Substrat. Diese sind daher für Materialien vorgesehen, deren Materialkonstanten
94
nicht bekannt sind, wie z. B. bei den in dieser Arbeit verwendeten organischen Materialien. In diesem Fall ist ohnehin eine Eichung der angezeigten
Schichtdicke mit anderen Methoden (z. B. mittels AFM14 ) erforderlich.
Es wird ein Leybold XTC/2 Schichtdickensensor mit goldbeschichtetem
Schwingquarz verwendet, da ursprünglich vorgesehen war, auch mit Fingerstrukturen aus Gold zu arbeiten. Die Flüssigkeits- und elektrische Durchführung für den Sensor, die vom Hersteller für die Montage von der Innenseite
der Kammer vorgesehen war, wurde von unserer Werkstatt so umgebaut,
dass die Montage mittels eines vitongedichteten Flansches von aussen erfolgen konnte. Der Schwingquarzhalter selbst wurde auf einem von Temperierflüssigkeit durchströmten Messingblock aufgeschraubt, der an die Rohrleitungen angelötet wurde. Auf diese Weise kann der Sensor leicht aus der Anlage
herausgenommen und ausgewechselt werden. Zudem konnte so ein grösserer
Rohrleitungsquerschnitt verwendet werden, als bei den am Sensor selbst vorhandenen Leitungen (4 mm anstatt 2,2 mm Innendurchmesser), was bei der
Verwendung von Silikonöl mit recht hoher Viskosität als Temperierflüssigkeit
einen besseren Wärmeübertrag liefert. Die maximale Ausheiztemperatur des
Sensors liegt bei 130 ◦ C, die mit dem vorhandenen Temperiersystem mit maximal 120 ◦ C fast erreicht wird. Nach unten sollte eine Temperatur von 0 ◦ C
nicht unterschritten werden.
Theorie
Das Messprinzip einer Schwingquarzwaage beruht darauf, dass sich die Resonanzfrequenz eines Schwingquarzes erniedrigt, wenn dessen Masse infolge von
Materialabscheidung zunimmt. Da Frequenzen sehr genau gemessen werden
können, stellt dies eine empfindliche Messmethode dar. Die folgenden Formeln sind [42] entnommen.
Für die Frequenzabnahme ∆f infolge eines abgeschiedenen Films der Masse
Mf gilt folgende Beziehung:
∆f
Mf
=
(4.9)
fq
Mq
fq und Mq sind die Resonanzfrequenz und die Masse des unbeschichteten
Quarzes. Daraus lässt sich die Dicke des abgeschiedenen Filmes berechnen.
Tf =
K
Nat dq
· ∆f , mit K =
df
fq2
(4.10)
df ist die Dichte des abgeschiedenen Filmes, dq = 2, 649 g/cm3 diejenige
des Quarzes und Nat = 166, 1 kHz cm die Frequenzkonstante eines AT ge14
Atomic Force Microscope
95
Abbildung 4.21: Resonanzfrequenz des Schwingquarzes in Abhängigkeit der Temperatur (aus [42]).
schnittenen Quarzes. Diese Gleichung ist allerdings nur für einen kleinen
Frequenzbereich von ca. ∆f < 0, 02 · fq gültig.
Bei dickeren Schichten sind noch die akustischen Parameter des Quarzes wie
auch der abgeschiedenen Schicht zu berücksichtigen, was mit dem Z-Faktor
geschieht:
s
dq µq
Z=
(4.11)
df µf
µq und µf sind die Schermodule des Quarzes und des abgeschiedenen Films.
Damit beträgt die Schichtdicke:
¶¶
µ
µ
∆f
Nat dq
Tf =
(4.12)
· arctan Z · tan π
πdf fc Z
fq
Diese Gleichung ist über einen wesentlich weiteren Frequenzbereich von ca.
∆f < 0, 4 · fq gültig. Der Quarz ist so geschnitten (AT Schnitt), dass die
Temperatur im Bereich von Raumtemperatur bis ca. 80 ◦ C einen möglichst
geringen Einfluss auf die Resonanzfrequenz hat, um eine Verfälschung des
Messwertes durch eine Erwärmung beim Aufdampfvorgang auszuschliessen.
Bei einer Abscheidung organischer Materialien bei tieferer Temperatur ist
jedoch die Temperaturabhängigkeit zu berücksichtigen (s. Abb. 4.21).
96
4.3.9
Optische Mikroskopie
Das Herzstück der in-situ Charakterisierungen ist ein Mikroskop, das es gestattet, das Kristallwachstum mit optischer Auflösung zu beobachten. Es
standen neben Standardobjektiven, die bis zu einer 10-fachen Vergrösserung
verwendbar sind, zwei spezielle Mikroskopobjektive mit einem in Anbetracht
der Vergrösserung grossem Arbeitsabstand zu Verfügung, ein Objektiv mit
einer Vergrösserung von 20, einer numerischen Apertur (NA) von 0,4 und
einem Arbeitsabstand von ca. 8 mm (Olympus, LMPlanFI), sowie ein 60-fach
vergrösserndes Objektiv mit einer NA von 0,7 und einem Arbeitsabstand
von ca. 1,7 mm (Olympus, LCPlanFI). Letzteres ist für die Kompensation
einer Deckglasdicke von 2 ± 0, 5 mm mit einem Korrekturring versehen.
Aufgrund dieser Daten musste ein Fenster geringer Dicke dicht oberhalb des
Substrates plaziert werden.
Um dem Luftdruck standzuhalten, wurde als Fenster ein Saphirglas von 1 mm
Stärke verwendet, das am Rand schräg angeschliffen wurde, so dass es mit
einer Verschraubung bündig am Ende eines Rohres befestigt werden konnte.
Die Abdichtung erfolgt über einen Vitonring. Da der Saphir nicht senkrecht
zur optischen Achse geschnitten wurde, ist das Fenster doppelbrechend, was
bei der Polarisationsmikroskopie beachtet werden muss. Der geringe Arbeitsabstand des 60-fach Objektives machte es notwendig, das Rohr und die Abdichtung des Fensters so zu konstruieren, dass das Objektiv bis an das Fenster
abgesenkt werden kann, zudem musste das Fenster bis fast an das Substrat
hinabreichen. Abb. 4.14 zeigt die gesamte Konstruktion und Abb. 4.19 wie
das Fenster oberhalb des Substrathalters plaziert ist. Das Rohr selbst kann
über eine Feinjustierschraube auf der Atmosphärenseite so justiert werden,
1
dass das Fenster wenige 10
mm oberhalb des Substrates positioniert ist, die
hochvakuumfeste Abdichtung erfolgt über eine Stopfbuchse mittels zweier
Vitonringe auf der Innenseite der Vakuumkammer.
In der Führungsschiene ist eine Aussparung vorhanden (Abb. 4.24), welche
das Rohr in einem Abstand von 1 mm umgibt und so thermisch und elektrisch
von der Schiene isoliert.
Das Mikroskop besteht aus einem 14 cm langem Aluminiumrohr, an dessen Unterseite das Objektiv eingeschraubt wird und an dessen Oberseite
eine CCD-Kamera (Kappa, CF15/2RGB) mit entsprechender Vorsatzlinse
(c-mount) montiert ist. Zu Vermeidung von störenden Reflexionen ist das
schwarz eloxierte Rohr zusätzlich mit schwarzer Pappe ausgekleidet. Das Mikroskop kann entlang einer Führungsschienen in das Rohr eingeführt werden, die Feineinstellung erfolgt über eine Mikrometerschraube. Die Kamera
ist mit einem Computer verbunden und erlaubt die automatische Aufnahme
von Bildern in regelmässigen Abständen.
97
Abbildung 4.22: Detailansicht der Hauptkammer: Die Führungsschiene ist an den
Durchführungen für die Temperierflüssigkeit befestigt. Das Saphirfenster für die
Beobachtung mittels eines Mikroskopes ist bündig am Ende eines Rohres befestigt
und kann über eine Feinjustierschraube knapp oberhalb des Substrates positioniert
werden kann. Die Abdichtung erfolgt über Dichtringe auf der Innenseite.
98
Abbildung 4.23: Test des Mikroskopes mittels einer Mikrostruktur mit Elektrodenabständen und -breiten von 10 µm.
Die Beleuchtung erfolgt über einen Spiegel in der Vakuumkammer über einen
seitlichen Flansch (s. Abb. 4.13) mit einer handelsüblichen 60 W Reflektorlampe mit Dimmer.
Beim 20-fach Objektiv mit vergleichsweise grossem Arbeitabstand kann das
Substrat auf die Kupferplatte des Substrathalters geklebt werden (Abb.
4.19), was einen guten Wärmeübergang ergibt, beim 60-fach Objektiv muss
hingegen das Substrat so in die Platte eingelassen werden, dass es bündig
mit der Oberseite abschliesst.
Das maximale Auflösungsvermögen beträgt nach Abbe:
λ
(4.13)
2 · NA
und damit beim 60-fach Objektiv bei einer Wellenlänge von λ = 500 nm
714 nm.
Abb. 4.23 zeigt als Test eine Mikrostruktur mit 10 µm Elektrodenabstand,
aufgenommen mit dem 60-fach Objektiv. Die theoretische Auflösung wird
somit auch in der Praxis erreicht.
r=
4.3.10
Elektrische Messungen
Ein Ziel der vorliegenden Arbeit war, polare Moleküle in einem hohen elektrischen Feld auszurichten, was bei grösseren Elektrodenabständen hohe Spannungen erfordert. Die Anlage wurde dazu mit einer in den Deckel eingeschweissten, abgeschirmten 20 kV Durchführung ausgerüstet. Weiterhin war
ursprünglich geplant, polare Moleküle zwischen Elektroden in Form von Fingerstrukturen mit Abständen im Bereich von 10 µm abzuscheiden. Der Vorteil bei der Verwendung von Mikrostrukturen liegt einerseits darin, dass für
99
hohe Felder weitaus geringere Spannungen notwendig sind, zum anderen sollten infolge der Parallelschaltung einer Vielzahl von Elektroden auch bei der
Abscheidung geringer Materialmengen Ströme im messbaren Bereich resultieren.
Für die elektrischen Messungen stand ein Keithley 6517A Elektrometer zur
Verfügung, das noch Ströme bis hinab zu einigen fA bei einer maximalen
Spannung von 1000 V messen kann. Da die abgeschieden dünnen Filme oder
Kristalle oft sehr empfindlich sind, sollten die elektrischen Messungen bereits während des Wachstumsvorganges oder unmittelbar danach durchgeführt werden können, ohne dass die Probe aus der Kammer entfernt werden muss. Mit der zu Verfügung stehenden Spannung von maximal 1000
V können mit Mikrostrukturen die zum Polen notwendigen Felder leicht
erreicht werden, die gleichzeitige Messung des Stromes würde es erlauben,
den Wachstumsvorgang zu beobachten und die Messung des pyroelektrischen Effektes würde eine durch das Feld induzierte mittlere Polarität (s.
Kap. 1.2.5) anzeigen. Da die zu erwartenden Effekte gering sind, wurde die
höchstmögliche Nachweisempfindlichkeit angestrebt, weshalb die beim Bau
des Photoleitungsmessplatzes (Kap. 3.2) gewonnenen Erfahrungen berücksichtigt wurden. Es sind zwei Abschirmungen erforderlich, die äussere, die
auf Erdpotential liegt, ist die Vakuumkammer, die von der Pumpe mit einem
feinmaschigen Gitter getrennt ist. Die innere Abschirmung ist die Führungsschiene, die von der Kammer elektrisch isoliert werden musste. Dazu wurde
die Schiene an elektrisch isolierten Flüssigkeitsdurchführungen befestigt. Da
die Rohre aus der Kammer hinausragen, mussten diese noch mit einer geerdeten Abschirmung aus feinmaschigem Kupfernetz umgeben werden bis der
Übergang auf nichtleitende Teflonschläuche erfolgt. Die innere Abschirmung
ist die Masse der Spannungsquelle, so dass zwischen der Messleitung und der
umgebenden Abschirmung keine Potentialdifferenz besteht und somit keine
Leckströme fliessen können. Eine ausführliche Erklärung findet sich in Kap.
3.2.
Für die Strommessung wurde in den Deckel eine isolierte BNC-Durchführung
eingeschweisst, die mit einem zusätzlichen Abschirmzylinder zu einer Triaxdurchführung erweitert wurde. Als Leitungen wurden Semi-Rigid Koaxialkabel mit 3,5 mm Durchmesser verwendet (Huber + Suhner), die mit Teflon
isoliert sind und einen durchgehenden Kupfermantel haben. Teflon zeigt sowohl sehr gute Isolationseigenschaften als auch niedrige Ausgasung im Hochvakuum. In den Probenhalter sind zwei dieser Kabel eingelassen, deren Innenleiter am Ende der Führungsschiene in teflonisolierte Buchsen einrasten
(Abb. 4.24).
Da bislang keine kurzschlussfreien Fingerstrukturen zur Verfügung
standen, diente zum Nachweis der erreichten Empfindlichkeit ein
100
Kanäle für
Temperierflüssigkeit
Fenster für
Mikroskop
Probenhalter
Probe
Führungsschiene
Schichtdickensensor
3 cm
20 kV
Durchführung
Triax
Durchführung
Abbildung 4.24: Ansicht der Hauptkammer von oben: Der Probenhalter (- - -)
wird an der Unterseite der temperierbaren und vom Gehäuse elektrisch isolierten
Führungsschiene (grau) magnetisch gehalten. In der Mitte ist eine Aussparung
vorhanden, welche die Halterung des Mikroskopfensters in geringen Abstand umgibt und somit elektrisch und thermisch voneinander isoliert. Der Probenhalter
ist mit Steckkontakten versehen, welche in Buchsen am Ende der Führungsschiene
einrasten und das Anlegen eines elektrischen Feldes sowie Strommessungen ermöglichen.
101
0
0
Abbildung 4.25: Leitfähigkeitsmessung im UHV: Die Kurve zeigt den Stromanstieg bei einem BrPOT(C60 )0,2 (C7 H8 )0,6 - Kristall [19] unter Beleuchtung mit einem 532 nm Laser.
BrPOT(C60 )0,2 (C7 H8 )0,6 - Kristall [19] (s. Kap. 3.2.3), der über einen von zwei
Saphirgläsern gebildeten Spalt gelegt und mit Leitsilber kontaktiert wurde.
Für die Photoanregung wurde über den Spiegel in der Hauptkammer ein
532 nm Laserstrahl eingekoppelt, der zum Justieren soweit abgeschwächt
wurde, dass er mit dem Mikroskop mit niedriger Vergrösserung beobachtet
werden konnte. Der Strahl mit einer Intensität von 1,8 W/cm2 ist senkrecht zur Kristallachse polarisiert. Abb. 4.25 zeigt die Messkurve. Selbst bei
einer angelegten Spannung von 1000 V konnten keine Leckströme nachgewiesen werden. Das Rauschen ist etwas höher wie bei der Messung dergleichen
Probe mit dem anderen Messaufbau (Abb. 3.7), was in diesem Fall in der
schlechteren Probenqualität begründet ist. Der Rauschpegel liegt ansonsten
im gleichen Bereich von ca. 1 fA (peak-peak). Die geforderte Empfindlichkeit
konnte somit erreicht werden.
Temperaturmessungen
Ein konstruktionsbedingter Nachteil des verwendeten Transfersystems, bei
dem die Temperierung über die Führungsschiene erfolgt, ist der schlechte
Wärmeübergang zwischen der Schiene und dem Substrat, der im HV nur
durch direkten Kontakt erfolgt. Die Temperatur des Substrates ist daher
beim Kühlen höher als diejenige der Schiene, was insbesondere bei tiefen
Temperaturen bis zu 15 K ausmachen kann, zudem ist die Temperierung sehr
träge. Deshalb muss zur präzisen Temperaturmessung ein Pt100 Temperatur102
sensor direkt auf das Substrat geklebt werden, dessen Widerstandsänderung
gemessen wird. Es stehen einschliesslich der Schiene drei elektrische Kontakte zur Verfügung, so dass einerseits ein elektrisches Feld zwischen zwei
Elektroden angelegt und andererseits die Widerstandsänderung des Sensors
gemessen werden kann. Die Rückleitung der Messsignale erfolgt jedoch über
eine gemeinsame Leitung, was bei den verwendeten Temperaturreglern zu
Problemen führt.
Der Temperatursensor wird zwischen den mit dem Innenleiter der Triaxdurchführung verbundenen Kontakt und das Metall des Probenhalters gelötet, das über die Führungsschiene mit der mittleren Abschirmung der
Triaxbuchse verbunden ist. Ein Adapter erlaubt den Anschluss der 4-poligen
Stecker der Temperaturregler.
Die Elektroden für das Anlegen des Feldes sind einerseits mit dem Kontakt
verbunden, der zur 20 kV Durchführung führt, zum anderen ebenfalls mit
dem Metall des Probenhalters, das auf Erdpotential gelegt wird.
Nachdem die Temperatur stabilisiert ist, wird vor dem Anlegen der Hochspannung der Stecker für die Temperaturmessung entfernt und mit einem
weiteren Stecker der Probenhalter leitfähig mit dem Gehäuse verbunden, das
geerdet ist und über das die Rückführung der Hochspannung erfolgt.
4.3.11
Erweiterungsmöglichkeiten
Temperierung
Bei der Kristallisation aus Lösung wird oft mit einer Variation der Temperatur gearbeitet. Einerseits wird mit Kältepulsen die Nukleation angeregt
andererseits werden durch eine Steigerung der Temperatur kleine, in Überzahl vorhandene Keime wieder aufgelöst. Für ein vergleichbares Vorgehen
ist die Temperierung des Substrates jedoch zu träge. Eine Möglichkeit, sowohl den verfügbaren Temperaturbereich zu erweitern als auch die Temperatureinstellung zu beschleunigen, ist die Verwendung eines direkt auf dem
Substrathalter montierten Peltierelementes. Es stehen zwei spezielle Peltierelemente (Melcor, HT Serie) mit einer Dicke von lediglich 2 mm zu Verfügung,
so dass die Möglichkeit zur optische Beobachtung mit einem bis zu 20-fach
vergrössernden Mikroskopobjektiv erhalten bleibt. Die Temperaturbeständigkeit beträgt 235 ◦ C. Auch wenn infolge des schlechten Wärmeübergangs
auf die Schiene die Erweiterung des Temperaturbereiches nach unten dadurch begrenzt ist, dass die Wärme schlecht abgeführt werden kann, so ist
doch eine wesentlich schnellere Temperatureinstellung zu erwarten. Das Problem ist, dass für die Ansteuerung von Peltierelementen Gleichstrom benötigt
wird und die Rückleitung der Peltierelemente und Pt100 Temperatursenso103
Abbildung 4.26: In-situ SHG bei der OMBD von C60 in Transmission und Reflexion. Pol: polarizer, HWP: half-wave plate, S: substrate, QCM: quartz-crystal
microbalance, PBS: Rochon polarizer beam separator. Aus [43].
ren über die gleiche Leitung erfolgen muss. Dies setzt eine Neukonstruktion
des Reglers vorraus.
Aufdampfen von Metallen
Derzeit werden die beiden äusseren Flansche für das Aufdampfen organischer
Materialien benutzt, während der mittlere Flansch, der für das Aufdampfen
von Metallen vorgesehen war, mit einem Blindflansch verschlossen ist. Insbesondere wenn organische Materialien in einer Kondensatoranordnung d. h.
auf der Ober- und Unterseite mit semitransparenten Metallelektroden kontaktiert werden sollen, ist es empfehlenswert, beide Aufdampfvorgänge in
der gleichen Kammer durchzuführen. Zum Verdampfen von Metallen wird
neben einem Schieberventil lediglich noch eine kleine Kammer mit Hochstromdurchführung benötigt. Für die hohen Ströme bei niedriger Spannung,
die zum Verdampfen von Metallen aus Wolfram- oder Molybdänschiffchen
notwendig sind, steht ein regelbarer Transformator zu Verfügung, der im
Dauerbetrieb bis 100 A liefert. Verschiedene Aufdampfmasken könnten mit
einem zweiten Wagen entlang der Führungsschiene in die Kammer geschoben
werden.
Second Harmonic Generation Mikroskopie
Eine weitere interessante Messmethode, für die alle Komponenten bereits
vorhanden sind, wäre die in-situ SHG in Transmission während des Aufdampfvorganges polarer Moleküle. Dazu müsste der Spiegel in der Haupt104
kammer gegen einen für Pulslaser geeigneten, dielektrischen Spiegel ausgetauscht, das Mikroskopobjektiv mit einem IR-Absorptionsfilter geschützt und
ein senkrecht zur optischen Achse geschnittenes Saphirfenster verwendet werden. Beim stärksten (60-fach) Objektiv könnte die Filterdicke 1 mm betragen, bei allen anderen Objektiven 2-3 mm. Die Wärmeabfuhr wäre jedoch im
Vergleich zum anderen Messaufbau (Kap. 2.2) erschwert, so dass die maximal zulässige Laserleistung reduziert werden müsste. Der Vorteil der in-situ
gegenüber der ex-situ SHG besteht darin, das zwischen SHG-Beiträgen der
Oberflächen und des Volumens unterschieden werden könnte. In [43] und
[44] wurden SHG Messungen in Transmission und Reflexion in-situ an einer
aufgedampften C60 Schicht durchgeführt (s. Abb. 4.26), jedoch nicht ortsaufgelöst. Die SHG Beiträge der Oberflächen, Grenzflächen und des Volumens
konnten getrennt werden, was insofern wichtig ist, da beim zentrosymmetrischen C60 die SHG Emission aus dem Volumen nicht aufgrund von Polarität
sondern aufgrund induzierter magnetischer Dipole erfolgt.
105
1-(4-Nitrophenyl)piperazin
NPP
N,N-Dimethyl-p-nitroanilin
DMNA
Perhydrotriphenylen
PHTP
Abbildung 4.27: Einschlussverbindung von PHTP mit polaren Gastmolekülen.
Infolge des Wachstumsprozesses (Markovmodell, Kap. 1.2.1) sind diese polar geordnet.
4.4
OMBD von Einschlussverbindungen des
Perhydrotriphenylens
Perhydrotriphenylen (PHTP) bildet u. a. mit linearen Akzeptor-π-Donor Molekülen Kanaleinschlussverbindungen, bei der jeweils sechs dreieckige PHTP
Moleküle das Gastmolekül umgeben (Abb. 4.27). Infolge des Wachstumsprozesses (Markovmodell Kap. 1.2.1) sind die Gastmoleküle polar angeordnet,
wenn die Wechselwirkungsenergien zwischen zwei Akzeptor- und zwei Donorgruppen unterschiedlich sind. Mit der zu Beginn dieser Arbeit zur Verfügung stehenden einfachen OMBD Anlage konnte prinzipiell gezeigt werden,
dass mittels Kodeposition aus zwei getrennten Knudsenzellen Kristallite von
Kanaleinschlussverbindungen des PHTP mit zwei polaren Gastmolekülen,
N,N-Dimethyl-p-nitroanilin (DMNA) und 1-(4-Nitrophenyl)piperazin (NPP)
abgeschieden werden können. Infolge fehlender Möglichkeiten zur in-situ Charakterisierung sowie starker Temperaturabweichung der vorhandenen Regelung für die Knudsenzellen (s. Kap. 4.3.2) erwiesen sich die Experimente als
schlecht reproduzierbar. Die Ergebnisse sind in [45] veröffentlicht, bedürfen
jedoch einer Ergänzung, die in diesem Kapitel gegeben wird.
Mit NPP als Gastmolekül konnten bei einer Substrattemperatur von ca.
−15 ◦ C dendritische Einschlussverbindungen auf silanisiertem Glas abge106
E
100 µm
E
100 µm
E
E
Abbildung 4.28: SHG-Mikroskopie an dendritischen Strukturen abgeschieden mittels Kodeposition von PHTP und NPP. Die relativ starke SHG Intensität (grün
bzw. weiss) bei einer Polarisation E parallel zur Achse weist auf die polare Anordnung von NPP, vermutlich in einer Einschlussverbindung hin. Die unteren Bilder
sind in [45] veröffentlicht.
107
Abbildung 4.29: Nadelförmige Kristallite abgeschieden mittels Kodeposition von
PHTP und NPP bei tieferer Substrattemperatur (-20 ◦ C) als in Abb. 4.28.
schieden werden (Fluss: PHTP ∼ 1015 s−1 cm−2 , NPP ∼ 1014 s−1 cm−2 ,
Versuchsdauer: 24 h), die einen SHG Effekt zeigten, wenn die Polarisation des Lasers parallel zur Kristallachse polarisiert war (Abb. 4.28). Da NPP
als Reinstoff keine sichtbare SHG zeigt, ist dies ein Hinweis auf die polare Anordnung der Gastmoleküle in einer Einschlussverbindung parallel zur
Kanalachse und zum Substrat. Bei gleichen Bedingungen aber tieferer Substrattemperatur von −20 ◦ C nahm die Bedeckung des Substrates zu und es
konnten kleinere nadelförmige Kristallite abgeschieden werden (Abb. 4.29),
die ebenfalls einen SHG Effekt zeigten.
Bei DMNA als Gastmolekül konnten bei einer Substrattemperatur von
−20 ◦ C auf silanisiertem Glas oft sternförmig angeordnete, nadelförmige
Kristallite abgeschieden werden (Fluss: PHTP ∼ 1015 s−1 cm−2 , DMNA
∼ 1014 s−1 cm−2 , Versuchsdauer: 24 h), die einen relativ starken, mit einer
nicht intensivierten Kamera nachweisbaren SHG Effekt zeigten (Abb. 4.30),
was für eine polare Anordnung in einer Einschlussverbindung spricht. DMNA
selbst kristallisiert zwar in einer azentrischen Kristallstruktur [47], infolge einer annähernd antiparallelen Orientierung der polaren Moleküle ist die SHG
Aktivität jedoch weitgehend aufgehoben, wenn auch nicht vollständig. Bei
reinem DMNA wird deshalb ein schwacher, jedoch mit dem blossen Auge
sichtbarer SHG Effekt beobachtet.
In [45] wird bei einer Substrattemperatur von −3 ◦ C das Wachstum einer
kristallinen PHTP-DMNA Schicht auf Saphir mit einer Dicke von ∼70 nm
beschrieben, die über einige Wochen stabil gewesen sei und aus einer kristallinen Einschlussverbindung bestanden habe. Mittlerweile zeigten sowohl
108
Abbildung 4.30: SHG-Mikroskopie (grün) an nadelförmigen Kristalliten abgeschieden mittels Kodeposition von PHTP und DMNA. Die Bilder sind in [45]
veröffentlicht.
eigene Erfahrungen als auch Beobachtungen an wesentlich dickeren Schmelzproben [9], dass PHTP Einschlussverbindungen mit einer Dicke unterhalb
1 µm bei Raumtemperatur infolge des relativ geringen Schmelzpunktes von
PHTP (125 ◦ C) innerhalb eines Tages abdampfen. Zudem wurde die OMBD
im Gegensatz zu den anderen Experimenten nicht mit der in Kap. 4.3.2
beschriebenen Knudsenzelle durchgeführt, sondern mit einer, deren Blende
(Durchmesser 300 µm) deutlich kühler war als das Volumen, was zur Rekristallisation im Bereich der Blendenöffnung führte. Wie sich inzwischen zeigte, verringerte dies den Fluss um bis zu zwei Grössenordnungen. Die relativ
geringe Schichtdicke bei langer Versuchsdauer (3 Tage) dürfte darauf zurückzuführen sein. Infolge der hohen Nachweisempfindlichkeit (Einzelphotonen)
des zur Messung verwendeten konfokalen SHG Mikroskopes kann nicht entschieden werden, ob der gemessene SHG Effekt der Schicht die schwache SHG
Emission von reinem DMNA ist oder von einer PHTP-DMNA Einschlussverbindung stammt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mittels Kodeposition von PHTP
(Wirt) und polaren Gästen (DMNA und NPP) dendritische und nadelförmige Kristallite abgeschieden werden konnten, bei denen aufgrund des relativ
starken SHG Effektes vermutet werden kann, dass diese aus einer Kanaleinschlussverbindung bestehen, in der die Moleküle aufgrund des Wachstumsmechanismus (Markovmodell, Kap. 1.2.1) polar angeordnet sind. Die Aussage in [45], dass auch kristalline Schichten einer PHTP Einschlussverbindung
abgeschieden werden konnten, kann jedoch nicht aufrecht erhalten werden.
109
Abbildung 4.31: Übersicht über die zur OMBD verwendeten Substanzen.
4.5
OMBD polarer Moleküle
Um die Ausrichtung polarer Moleküle im elektrischen Feld zu zeigen, wurden
Einkomponentensysteme gewählt, die mittels OMBD einfacher abzuscheiden sind als Kanaleinschlussverbindungen. Die verwendeten Substanzen zeigt
Abb. 4.31.
Auch wenn die Ausbildung von Polarität nicht mehr nur durch die Wechselwirkungsenergien zwischen den Endgruppen der Moleküle bestimmt wird, auf
denen das in Kap. 1.2.1 beschriebene Markovmodell für Kanaleinschlussverbindungen beruht, sondern auch laterale Wechselwirkungen zwischen den
Molekülen berücksichtigt werden müssen, so sind die Prinzipien dieses Modells dennoch gültig. Am Beispiel von Chloronitrostilben (CNS) konnte mittels phasensensitiver SHG Mikroskopie gezeigt werden [48], dass auch bei
Kristallen, die im Rahmen der Messgenauigkeit von Röntgenstrukturanalysen zentrosymmetrisch sind, infolge einer geringen Fehlordnung Polarität in
zwei konusförmigen Domänen entgegengesetzter Polarität auftritt.
Zum Nachweis einer durch ein Feld induzierten Polarität wurden drei Ansätze verfolgt. Zum einen wurde versucht, eine mögliche Ausrichtung polarer
Moleküle anhand einer bevorzugten Orientierung der Kristallachsen nachzuweisen, zum anderen über eine veränderte Domänenstruktur, die mittels
SHG-Mikroskopie nachgewiesen werden kann, und schliesslich elektrisch über
den pyroelektrischen Effekt, der eine über alle abgeschiedenen Kristallite gemittelte resultierende Polarität anzeigen würde.
Im nächsten Abschnitt werden zunächst verschiedene Substratmaterialien
und anschliessend die unterschiedlichen zur OMBD verwendeten Substanzen
beschrieben. Insbesondere werden die optimalen Wachstumsbedingungen für
110
das Wachstum relativ grosser, voneinander isolierter Kristalle näher erläutert. Die Angaben sind allerdings nur als Richtwert zu verstehen und können
auch beim gleichen Substratmaterial für verschiedene Substrate variieren.
Wie sich zeigte war das Wachstum vom verwendeten Substratmaterial weitgehend unabhängig, was bedeutet, dass das Wachstum durch intermolekulare
Wechselwirkungen und nicht durch solche mit dem Substrat bestimmt wird.
Sämtliche Versuche erfolgten mit der im Rahmen dieser Arbeit aufgebauten
OMBD Anlage. Die Verdampfung erfolgte aus einer Knudsenzelle mit einer
Blendenöffnung von 100 µm und -dicke von 200 µm, deren Molekularstrahl
im Abstand von 24 cm unter einem Winkel von 45◦ das Substrat traf. Zur
Bestimmung der exakten Substrattemperatur wurde jeweils ein Pt100 Sensor
auf das Substrat geklebt.
4.5.1
Substratmaterialien
Um den Wachstumsprozess in-situ mit mikroskopischer Auflösung beobachten zu können, mussten transparente Substrate gewählt werden. Verwendet wurden einerseits Glas und Quarzglas andererseits Saphir und Glimmer
(Muskovit). Die beiden letztgenannten Substrate sind kristalliner Natur, so
dass beim Wachstum im elektrischen Feld sorgfältig geprüft werden muss,
ob eine sichtbare Vorzugsrichtung der abgeschiedenen Kristallite durch das
elektrische Feld oder die Anisotropie des Substratmaterials bedingt ist. Die
Eigenschaften der verschiedenen Materialien werden im folgenden vorgestellt,
die Daten wurden [21] entnommen. Entscheidend für das Anlegen eines hohen
elektrischen Feldes ist die Durchschlagsfestigkeit sowie für die anschliessende
elektrische Charakterisierung der abgeschiedenen Schichten der Volumenwiderstand.
Quarzglas
Quarzglas weist eine hohe Reinheit und sehr hohen Volumenwiderstand von
W
1018 Ω cm auf, die Wärmeleitung ist jedoch gering (1,2 - 1,4 mK
), so dass die
Temperierung, die im Hochvakuum nur über die Wärmeleitung der verwendeten Materialien erfolgt, erschwert ist. Die Durchschlagsfestigkeit ist mit 2,5
- 4 · 107 V/m angegeben.
Glas
Im Rahmen dieser Arbeit wurden Glassubstrate aus handelsüblichen Objektträgern geschnitten, wie sie in der Mikroskopie verwendet werden. Die
111
Wärmeleitung ist nicht spezifiziert aber höher als bei Quarzglas. Eigene Versuche zeigten, dass die Durchschlagsfestigkeit bei ca. 2 · 107 V/m liegt.
Saphir
W
auf, was beim Kühlen das ErSaphir weist eine gute Wärmeleitung von 42 mK
reichen niedriger Temperaturen begünstigt, und besitzt einen sehr hohen Volumenwiderstand (> 1016 Ω cm). Die Durchschlagsfestigkeit von 1, 7·107 V/m
ist jedoch vergleichsweise gering.
Glimmer
Glimmer, ein Kalium-Aluminium-Silikat, das als Mineral Muskovit natürlich
vorkommt, weist eine der höchsten Durchschlagsfestigkeiten auf, die jedoch
infolge der starken Streuung natürlich vorkommender Materialien nicht einheitlich ist und im Bereich von 0,4 - 2·108 V/m liegt. Der Volumenwiderstand
ist mit 4·1013 - 2·1017 Ω cm angegeben. Muskovit kristallisiert in einer zentrosymmetrischen monoklinen Raumgruppe (2/m) und ist dadurch nicht SHG
aktiv, was für die anschliessende Charakterisierung der abgeschiedenen Kristallite mittels SHG Mikroskopie von Bedeutung ist. Muskovit ist optisch
transparent, wenn auch mit sichtbaren Fehlstellen. Eigene Versuche zeigten,
dass auch bei Einstrahlung hoher IR-Laserleistungen (1064 nm) keine sichtbaren Veränderungen oder Lichtemissionen auftraten, so dass Muskovit als
Substrat im SHG Mikroskop verwendet werden kann. Infolge seiner relativ
W
hohen Wärmeleitung (5 - 7 mK
) wird Glimmer vielfach in der Elektrotechnik
verwendet, wenn gute Wärmeleitung bei gleichzeitiger elektrischer Isolation
gefordert ist. Im Rahmen dieser Arbeit wurden handelsübliche Wärmeleitscheiben aus Muskovit verwendet, die sonst zur Wärmeabfuhr von Halbleiterbauelementen verwendet werden (Distrelec). Die Dicke beträgt 50 µm,
die maximale Spannung ist mit 5 kV angegeben, was einer Durchschlagsfestigkeit von 108 V/m entspricht. Wie die Erfahrung zeigte, gilt die hohe
Durchschlagsfeldstärke allerdings nur senkrecht zur Scheibe, parallel dazu ist
sie deutlich geringer. Dies musste bei der Anordnung der Elektroden (Abb.
4.41) berücksichtigt werden.
Im Gegensatz zu den vorher beschriebenen Substraten weist Muskovit infolge
seiner Schichtstruktur eine Van der Waals Oberfläche auf, was für die OMBD
von Bedeutung ist (s. Kap. 4.2.2).
112
b
b
a
(a)
b
a
(b)
a
(d)
b
a
(c)
Abbildung 4.32: SHG an einem aus der Schmelze hergestellten CNS-Kristall.
Links oben: Hellbild. Rechts oben: Die SHG Mikroskopie erlaubt keine Unterscheidung zwischen den Domänen. Unten: Phasensensitive SHG zeigt, dass die Domänen entgegengesetzt orientiert sind. Aus [48].
4.5.2
Chloronitrostilben
Chloronitrostilben (CNS) kristallisiert in einer zentrosymmetrischen Raumgruppe (P 21 /c), wobei die polaren Moleküle nahezu parallel zur (b, c) Ebene
angeordnet sind [48]. Mit der b-Achse bildet die Achse des CNS-Moleküls
einen Winkel von 19◦ , jeweils abwechselnd links und rechts zur b-Achse. Entsprechend der Röntgenstrukturanalyse sind jeweils 50 % der Dipole in die eine
und 50 % in die entgegengesetzte Richtung orientiert. Die gemessene SHG
Aktivität kommt durch ein während des Wachstums entstandenen Fehlordnungsgrad zustande, der unterhalb der Nachweisgrenze der Strukturanalyse
von einigen Prozent liegt.
Abb. 4.32 zeigt die mittels phasensensitiver SHG gemessene Domänenstruktur eines aus der Schmelze hergestellten CNS Kristalles. Entgegengesetzt orientierte Domänen emittieren SHG Licht mit einer Phasenverschiebung von
π, so dass dieses, wenn es mit SHG Licht eines homogenen Referenzkristalles zur Interferenz gebracht wird, bei einer Domäne konstruktive, bei der
anderen hingegen destruktive Interferenz erfährt. Auf diese Weise verstärkt
sich die SHG Intensität bei der einen Domäne und wird bei der anderen
abgeschwächt. Dieses Prinzip ist in [10] beschrieben.
CNS stellt somit ein System dar, bei dem die theoretisch erwartete Polaritätsverteilung auch im Experiment nachgewiesen werden konnte. Deshalb
sollte der in Kap. 1.2.4 theoretisch beschriebene Einfluss eines elektrischen
Feldes auch im Experiment d. h. mittels SHG an im Feld aufgewachsenen Kri113
stallen untersucht werden. Das verwendete Markovmodell (Kap. 1.2.1) kann
jedoch aufgrund nicht mehr zu vernachlässigender Lateralwechselwirkungen
nicht vollständig auf dieses System übertragen werden. Eine Ergänzung des
Modells um diese Wechselwirkungen findet sich in [49].
Untersucht wurde zunächst im gleichen Experiment das Wachstum auf Glas,
Quarzglas und Saphir. Das Experiment zeigte ein vergleichbares Wachstum.
Deshalb wurde für die weiteren Experimente Glas verwendet, was eine bessere
Wärmeleitfähigkeit aufweist wie Quarzglas. Auf Saphir wurde bei den weiteren Experimenten verzichtet, da bei einer Ausrichtung der Kristalle nicht
unterschieden werden könnte, ob diese durch ein angelegtes elektrisches Feld
oder durch die Anisotropie des Saphirkristalles verursacht ist.
Mit der Möglichkeit zur Beobachtung mit optischer Auflösung konnte der
Beginn der Nukleation und damit die Nukleationstemperatur bestimmt werden. Es zeigte sich, dass das Wachstum auf Glas schlagartig in einem Bereich
zwischen 8 ◦ C und 10 ◦ C einsetzt, wobei eine starke Abhängigkeit vom jeweils verwendeten Substrat beobachtet werden konnte. Die Ursache hierfür
dürfte in der Oberflächenbeschaffenheit liegen und somit von der Art des
Reinigungsprozesses abhängen, was noch weitere Untersuchungen erfordert.
Ein gleichmässiges Wachstum konnte bei einer relativ niedrigen Substrattemperatur von ca. —10 ◦ C erzielt werden (siehe Abb. 4.33). Da das Wachstum
jedoch von relativ vielen Keimen aus startet, ist ein Wachstum grösserer,
besser analysierbarer Kristalle schwierig. Relativ grosse Kristalle mit geringerer Kristallqualität werden bei einer Substrattemperatur im Bereich der
Nukleationstemperatur erzielt.
Als weiteres Substrat wurde Muskovit verwendet, bei dem —abweichend vom
Glassubstrat— ein Wachstum nadelförmiger Kristallite (vergleichbar Abb.
4.33 links) mit einer Länge bis zu 100 µm bei einer Substrattemperatur von
10 ◦ C beobachtet werden konnte. Die Keimbildung wurde zuvor bei einer
Substrattemperatur von 0 ◦ C eingeleitet. Bei höherer Temperatur (20 ◦ C)
erfolgte keine Nukleation, bei tieferer (-32 ◦ C) war sie für das Wachstum
isolierter Kristalle zu hoch. Die Experimente erfolgten mit einer Temperatur
der Knudsenzelle von 165 ◦ C (Smp. von CNS: 185 ◦ C), bei einer über den
Gewichtsverlust bestimmten Effusionsrate von 3·1014 s−1 und einer typischen
Versuchsdauer von 16 h.
SHG Mikroskopie
Die auf Glas und Muskovit abgeschiedenen nadelförmigen CNS Kristalle zeigten sowohl zwischen gekreuzten Polarisatoren Doppelbrechung als auch SHG
Aktivität (Abb. 4.34). Wie bei den aus der Schmelze hergestellten Kristallen
(Abb. 4.32) und im Gegensatz zu den Einschlussverbindungen des PHTP
114
20 µm
100 µm
Abbildung 4.33: OMBD von CNS auf einem Glassubstrat: Links: Substrattemperatur -10 ◦ C: Gute Kristallqualität aber geringe Grösse. Rechts: Temperatur im
Bereich der Nukleationstemperatur (10 ◦ C): relativ grosse Kristalle mit geringer
Qualität.
Abbildung 4.34: SHG Mikroskopie an CNS-Kristallen: Die SHG Intensität (grün)
ist bei senkrechter Polarisation zur Kristallachse am höchsten, was zeigt, dass die
polaren Moleküle senkrecht zur Achse orientiert sind.
115
(Kap. 4.4) erfolgt das Wachstum jedoch senkrecht zu den Dipolmomenten
der Moleküle schneller d. h. die SHG Intensität ist maximal, wenn der Laser
senkrecht zur Längsachse der Kristallite polarisiert ist. Es ist zu erwarten,
dass der Kristall in Längsrichtung in zwei Domänen entgegengesetzter Polarität unterteilt ist. Für eine Untersuchung mittels phasensensitiver SHG waren
die Kristalle jedoch zu klein. Ein Wachstum grösserer Kristalle ist nicht ohne
weiteres möglich, da das Kristallwachstum im selben Temperaturbereich wie
die Nukleation erfolgt. Deswegen führten Versuche, bei höherer Temperatur
das Wachstum bereits vorhandener Kristalle zu begünstigen indem die Nukleation neuer Keime unterdrückt wird, zu keinem Erfolg. Es wurde zudem
versucht, aus Lösung gezüchtete Keimkristalle durch OMBD zu vergrössern.
Dies scheiterte ebenfalls daran, dass in demjenigen Temperaturbereich, in
dem auf dem Substrat keine weitere Nukleation stattfand, auch kein Kristallwachstum erfolgte. Es muss deshalb ein Temperaturbereich gewählt werden
(bei Muskovit ca. 10 ◦ C), in dem einerseits die Nukleation nicht zu hoch ist
und andererseits ein Kristallwachstum erfolgt. Die erreichbare Kristallgrösse
ist dadurch limitiert, dass die von verschiedenen Keimen aus gewachsenen
Kristalle ab einer gewissen Grösse zusammenstossen. Wie bei allen anderen
untersuchten Substanzen mit Ausnahme von ANTP, konnte aufgrund der geringen Bedeckung das Wachstum nicht mit der Schwingquarzwaage verfolgt
werden.
4.5.3
Aminonitroterphenyl
Aminonitroterphenyl (ANTP) wurde sowohl auf Glas wie auch auf Muskovit
abgeschieden. Die Nukleation war generell sehr hoch, so dass eine homogene,
jedoch polykristalline Schicht abgeschieden wurde. Abb. 4.35 zeigt die auf
einem Glassubstrat mit einer Temperatur von -38 ◦ C abgeschiedene Schicht
zwischen gekreuzten Polarisatoren. Die körnige Struktur, die bei höchster
Vergrösserung gerade noch aufgelöst werden konnte, zeigt, dass die Schicht
aus einzelnen Kristalliten besteht. Die OMBD erfolgte bei einer Knudsenzellentemperatur von 250 ◦ C (Smp. von ANTP: 270 ◦ C), einer Effusionsrate
von 4 · 1014 s−1 und einer Versuchsdauer von 17 h.
Infolge der hohen Nukleation konnte mit der Schwingquarzwaage, die nicht
gekühlt wurde, das Wachstum der Schicht verfolgt werden, was mit dem
Mikroskop in der Anlage nicht möglich war. Da die Materialparameter von
ANTP nicht bekannt waren, hätte die angezeigte Schichtdicke mit einer unabhängigen Messmethode z. B. mittels AFM geeicht werden müssen. Darauf
wurde verzichtet, da ANTP für das Ziel der vorliegenden Arbeit, Kristalle in
einer Grösse abzuscheiden, die eine optische und Charakterisierung mittels
SHG ermöglicht, nicht geeignet war.
116
Abbildung 4.35: Die OMBD von ANTP auf einem Glassubstrat führt zu einer
homogenen, polykristallinen Schicht.
4.5.4
Bromocyanobiphenyl
Bromocyanobiphenyl (BCBP) wurde auf Glassubstraten bei einer Knudsenzellentemperatur von 138 ◦ C (Smp. von BCBP: 155 - 160 ◦ C), einer Effusionsrate von 8 · 1014 s−1 und einer typischen Versuchsdauer von 18 h abgeschieden. Bei einer Substrattemperatur oberhalb -10 ◦ C ist die Nukleation auf
das gewünschte Mass reduziert, das Wachstum ist jedoch langsamer als die
Bildung neuer Nukleationskeime. In einem Temperaturbereich von -5 ◦ C bis
-2 ◦ C herrschen ideale Wachstumsbedingungen bei sehr geringer Nukleation.
Oberhalb von ca. -1 ◦ C findet keine Nukleation aber auch kein Wachstum
mehr statt. Die besten Ergebnisse wurden erhalten, wenn zunächst die Kristallbildung für 1 - 2 h bei einer Substrattemperatur von -10 ◦ C gestartet
und anschliessend die Temperatur auf -5 bis -2,5 ◦ C erhöht wurde.
Abb. 4.36 zeigt die mittels OMBD abgeschiedenen dendritischen Strukturen,
die eine starke Doppelbrechung zwischen gekreuzten Polarisatoren aufweisen.
Das dendritische Wachstum von BCBP eignete sich gut, die Möglichkeit der
in-situ Beobachtung des Aufwachsvorganges mit optischer Auflösung zu demonstrieren. Abb. 4.37 zeigt den zeitlichen Verlauf des Wachstumsvorganges
bei einer Substrattemperatur von -1 ◦ C. Nach einer Versuchsdauer von ca.
6,5 h sind die ersten Keime erkennbar, nach weiteren 6 h das Wachstum von
Kristallen und schliesslich nach insgesamt 18 h dendritische Strukturen.
117
Abbildung 4.36: Mittels OMBD abgeschiedene dendritische Kristalle von BCBP
im Durchlicht (links) und zwischen gekreuzten Polarisatoren (rechts).
Abbildung 4.37: In-situ Beobachtung der OMBD von BCBP: Nach 6,5 h sind die
ersten Keime erkennbar, nach 12,5 h der Beginn des Kristallwachstums und nach
18 h dendritische Strukturen.
118
100 µm
Abbildung 4.38: Mittels OMBD abgeschiedene Kristalle von ICBP.
4.5.5
Iodocyanobiphenyl
Iodocyanobiphenyl (ICBP) wächst bei der OMBD wie auch BCBP in Form
dendritischer Kristalle. Die optimalen Wachstumsbedingungen unterscheiden
sich nicht von BCBP und sind im vorherigen Abschnitt beschrieben. Infolge
des etwas höheren Schmelzpunktes von 174 - 176 ◦ C erfolgte die Sublimation
bei höherer Knudsenzellentemperatur von 155 ◦ C, die Effusionsrate betrug
7 · 1014 s−1 und die Versuchsdauer 20 h. Abb. 4.38 zeigt die abgeschiedenen
Kristalle.
4.5.6
Aminonitrobiphenyl
Aminonitrobiphenyl (ANTP) kristallisiert in Form nadel- und halbmondförmiger Kristalle sowohl auf Glas- wie auch Muskovitsubstraten. Abb. 4.39
zeigt die Abscheidung auf Glas bei einer Substrattemperatur von -1 ◦ C.
Bei niedriger Temperatur (-10 ◦ C) bilden sich viele Nukleationskeime, ab
-5 ◦ C ist das Wachstum von Nadeln erkennbar und bei ca. 0 ◦ C liegen ideale
Wachstumsbedingungen vor. Oberhalb von 3 ◦ C findet keine Nukleation und
Wachstum mehr statt. Die Knudsenzellentemperatur betrug 150 ◦ C (Smp.
von ANBP: 199 ◦ C), die Effusionsrate 1 · 1014 s−1 und die Versuchsdauer
ca. 10 h. Aufgrund der vergleichsweise geringen Sublimationstemperatur von
150 ◦ C, die der maximalen Dauerbetriebstemperatur des Dampfdrucksensors
119
Abbildung 4.39: Mittels OMBD abgeschiedene Kristalle von ANBP.
(Kap. 4.3.3) entspricht, wurde die Verdampfung auch damit vorgenommen,
der Dampfdruck lag jedoch unterhalb der Messgrenze. Die abgeschiedenen
Kristalle waren mit den aus der anderen Knudsenzelle abgeschiedenen vergleichbar.
4.5.7
Iodonitrobiphenyl
Bei Glassubstraten mit niedriger Temperatur von -10 ◦ C bildet sich eine
homogene polykristalline Schicht, in der einzelne halbmondförmige Kristalle
erkennbar sind. Bei 0 ◦ C wächst keine Schicht mehr auf, aber die Nukleation
ist weiterhin hoch. Abb. 4.40 zeigt diese beiden Fälle. Die besten Wachstumsbedingungen liegen in einem Temperaturbereich von 5 - 10 ◦ C, während oberhalb keine Nukleation mehr stattfindet. Die Sublimation erfolgte
bei 155 ◦ C mit einer Effusionsrate von 1, 3 · 1014 s−1 und einer Versuchsdauer
von ca. 16 h. Auch bei dieser Substanz wurde zum Verdampfen der Dampfdrucksensor eingesetzt (bei 150 ◦ C), die Ergebnisse waren vergleichbar, der
Dampfdruck jedoch unterhalb der Messgrenze.
120
Abbildung 4.40: OMBD von INBP auf Glas. Bei einer Substrattemperatur von
-10 ◦ C bildete sich eine homogene Schicht mit eingelagerten Kristallen (links), bei
0 ◦ C wuchsen isolierte Kristalle (rechts).
4.5.8
Wachstum im elektrischen Feld
Für das Anlegen eines elektrischen Feldes wurden mit einer Maske Chromelektroden in einer Dicke von ca. 50 nm thermisch auf Glassubstrate aufgedampft. Um mit einem Experiment das Kristallwachstum in unterschiedlichen Feldern zu ermöglichen, wurden die Elektroden so angeordnet, dass deren Abstand zunimmt, zu dem die Feldstärke umgekehrt proportional ist. Mit
der Anordnung in Abb. 4.41 links wird ein Feldbereich von 2· 106 - 2· 107 V/m
abgedeckt. Für höhere Feldstärken musste Muskovit (Dicke 50 µm) mit höherer Durchschlagsfestigkeit verwendet werden. Da die Durchschlagsfestigkeit
allerdings nur senkrecht zum Substrat hoch ist, wurde je eine Elektrode, bestehend aus einer selbstklebenden Kupferfolie, auf der Ober- und Unterseite
angebracht. Das erreichbare Feld ist zwar höher, da die Elektroden nicht auf
gleicher Höhe angebracht werden konnten, verläuft das Feld insbesondere bei
kleinem Elektrodenabstand jedoch nicht mehr exakt parallel zum Substrat.
Die erreichbare Feldstärke beträgt 108 V/m.
Die Idee war, dass sich eine Ausrichtung der polaren Moleküle auch in einer
Orientierung der Kristallachse widerspiegeln sollte. Die OMBD erfolgte daher
zu den im vorherigen Abschnitt beschriebenen optimalen Wachstumsbedingungen, so dass isolierte Kristalle abgeschieden wurden, deren Orientierung
gut beobachtet werden konnte.
Die Versuche erfolgten einerseits mit CNS und andererseits mit den polaren
Substanzen ANBP und INBP. Abb. 4.42 zeigt CNS-Kristalle, die im elektrischen Feld von 107 V/m auf Glas abgeschieden wurden. Am oberen und
unteren Bildrand sind die Cr-Elektroden (s. Abb. 4.41) zu sehen. Bislang
121
5 mm
0,5 mm
Cr
10 kV
Cu (O
Cu (U
bers
eite)
5 kV
nt e r
seit e
)
Muskovit, 50 µm
Glas
Abbildung 4.41: Elektrodenanordnung für die OMBD im Feld. Bei Glassubstraten
wurden Cr Elektroden aufgedampft, bei Muskovit wurde je eine Cu-Elektrode auf
der Ober- und Unterseite aufgeklebt, da die Durchschlagsfestigkeit nur senkrecht
zum Substrat hoch ist.
konnte keine Ausrichtung der Kristallachsen beobachtet werden.
Um mit höheren Feldstärken arbeiten zu können, wurden die Versuche mit
ANBP und INBP mit Muskovitsubstraten durchgeführt, die einer Feldstärke
von 108 V/m ausgesetzt werden können. Abb. 4.43 zeigt die abgeschiedenen
Kristallite von ANBP. Oberhalb der unteren Elektrode ist ein Bereich ohne
Abscheidung zu erkennen, was auf die Abschattung des Strahles, der unter
einem Winkel von 45◦ auftrifft, durch die Kupferelektrode zurückzuführen
ist. Generell wurde die Erfahrung gemacht, dass im Bereich hoher Felder (im
Bild ganz rechts) eine geringere Abscheidung stattfindet. Bislang konnte sowohl bei ANBP als auch INBP, das in schlechterer Kristallqualität aufwuchs,
keine Vorzugsrichtung festgestellt werden. Für eine genauere Auswertung der
Versuche müsste die Häufigkeit jeder Orientierung in Abhängigkeit des angelegten Feldes aufgetragen werden. Für eine solche statistische Analyse war
die im Rahmen dieser Arbeit gewonnene Datenmenge jedoch zu klein und
die Streuung zwischen verschiedenen Experimenten zu gross. Auch wenn eine
Orientierung nachgewiesen werden könnte, müsste geprüft werden, ob diese
nicht auf die Anisotropie des Substratmaterials zurückzuführen ist.
4.5.9
Elektrische Messungen
Bei den im vorherigen Abschnitt beschriebenen Versuchen, eine durch das
Feld induzierte Polarität über die Ausrichtung der Kristallachsen nachzuweisen, trat das Problem auf, dass bei tieferen Temperaturen zwar die Polung
im Feld begünstigt wird (s. Abb. 1.2) zugleich aber auch die Nukleation
zunimmt, so dass Schichten abgeschieden wurden und die einzelnen Kristallachsen, deren Ausrichtung beobachtet werden sollte, nicht mehr erkennbar
waren.
122
Abbildung 4.42: OMBD von CNS im Feld von 2 · 107 V/m. Zwischen den am
oberen und unteren Bildrand sichtbaren Elektroden liegt eine Spannung von 10
kV.
123
100 µm
Abbildung 4.43: OMBD von ANBP im Feld von bis zu 108 V/m. Zwischen den
am oberen und unteren Bildrand sichtbaren Elektroden liegt eine Spannung von 5
kV.
124
Shutter
auf
Shutter
auf
50 fA
Strom
a
b
c
0
50
100
150
200
250
300
Zeit [s]
Abbildung 4.44: Elektrische Messungen an einer aufgedampften INBP-Schicht:
(a) zeigt die Messung an einer INBP Schicht. Das starke Signal beim Öffnen und
Schliessen des Shutters entspricht einem pyroelektrischen Effekt. (c) zeigt das unbedeckte Substrat und (b) die Wiederholung von Messung (a), die nicht reproduziert
werden konnte.
Zudem bedeutet die Tatsache, dass bislang keine bevorzugte Orientierung der
Kristallachsen beobachtet werden konnte, nicht notwendigerweise, dass durch
das Feld keine makroskopische Polarität induziert worden ist. Innerhalb des
Kristalls könnten die polaren Moleküle durchaus in einer Vorzugsrichtung
angeordnet sein.
Deswegen wurde versucht, die resultierende Polarität über den pyroelektrischen Effekt d. h. elektrisch nachzuweisen.
Hierzu wurde bei dem höchsten möglichen Feld (108 V/m) eine das Substrat (Muskovit) vollständig bedeckende Schicht bei der niedrigstmöglichen
Substrattemperatur (ca. -38 ◦ C) abgeschieden. Als Material wurde INBP gewählt, da in der Kristallstruktur die Moleküle alle parallel orientiert vorliegen. Die Messung des pyroelektrischen Effektes erfolgte direkt im Anschluss
an den Aufdampfvorgang bei gleicher Substrattemperatur in der Vakuumkammer durch Beleuchtung mit einer handelsüblichen 60 W Halogenlampe.
125
Abb. 4.44 zeigt die Messergebnisse bei einer angelegten Spannung von
1000 V. Infolge des hohen Isolationswiderstandes von Glimmer konnten keine Leckströme nachgewiesen werden, so dass die Messungen bei 1000 V und
0 V (ohne Abbildung) übereinstimmen. Damit die Messung möglichst rasch
nach dem Aufdampfvorgang erfolgen konnte, wurde nicht abgewartet bis die
gemessenen Ströme bei einem stabilen Wert konvergierten, so dass die Messungen einen Offset im Bereich von 100 fA aufweisen. Da bei der Messung
des pyroelektrischen Effektes nur der Stromverlauf, nicht aber die absoluten
Werte eine Rolle spielen, wurde in Abb. 4.44 auf eine Achsenbeschriftung verzichtet. Beim Öffnen bzw. Schliessen des Shutters sind zwei Effekte erkennbar. Ein unmittelbar beim Öffnen oder Schliessen des Shutters auftretendes
Signal mit entgegengesetztem Vorzeichen entspricht einem pyroelektrischen
Effekt und ist einem langsameren Anstieg bzw. Abfall überlagert, der sich
bei einem Grenzwert einpendelt. Der letztgenannte Effekt dürfte thermischer
Natur sein und darauf beruhen, dass sich durch die grossflächige Erwärmung
sowohl des Substrates als auch des Probenhalters Kapazitäten durch thermische Ausdehnungen ändern, was zu einem Stromfluss führt. Wird mit einem
Laserstrahl nur die Probe lokal beleuchtet, tritt dieser Effekt nicht auf (s.
Abb. 4.25). Abb. 4.44 (a) zeigt die erste Messung nach dem Aufdampfen einer INBP Schicht im elektrischen Feld, die einen starken pyroelektrischen Effekt zeigt. Um sicherzustellen, dass der Effekt von der aufgedampften Schicht
und nicht vom Substrat stammt, wurde —ebenfalls bei angelegtem Feld— die
Schicht über Nacht bei einer Temperatur von 50 ◦ C wieder abgedampft und
das Substrat wieder auf -38 ◦ C gekühlt. Die Messung des Substrates zeigt
Messkurve (c), es ist nur noch ein kleiner pyroelektrischer Effekt (ca. 5 fA)
erkennbar. Nun wurde erneut bei den gleichen Bedingungen wie in (a) eine Schicht aufgedampft und gemessen, der gemessene Effekt (b) unterschied
sich jedoch nicht vom unbedeckten Substrat (c). Ein weiterer Versuch, bei
dem eine wesentlich dickere Schicht aufgedampft wurde, zeigte überhaupt
keinen pyroelektrischen Effekt mehr. Es ist daher zu vermuten, dass der Effekt vom Substrat stammt, das bei allen Messungen dasselbe war, und im
Laufe der Zeit geringer wurde. Bei den hohen angelegten Feldstärken ist es
durchaus möglich, dass im Muskovit Ladungen polarisiert oder gespeichert
wurden (Elektret), was ebenfalls zu einem pyroelektrischen Effekt führt.
Auch wenn bislang keine durch ein angelegtes Feld induzierte Polarität nachgewiesen werden konnte, so ist doch gezeigt worden, dass mit der aufgebauten
Anlage noch ein pyroelektrischer Effekt bis hinab zu 5 fA gemessen werden
könnte. Es muss jedoch in jedem Fall sorgfältig geprüft werden, ob der gemessenen Effekt vom Substrat oder der aufgedampften Proben stammt. Hierzu
sind weitere Versuche auch mit anderen Substratmaterialien notwendig.
126
Kapitel 5
Zusammenfassung und Ausblick
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war, polare Moleküle auf geeigneten Substraten mittels Molekularstrahldeposition im elektrischen Feld in Form von
Kristalliten abzuscheiden und eine durch das Feld induzierte Polarität mit
verschiedenen Methoden nachzuweisen.
Auf der theoretischen Seite wurde die erreichbare Polarität abgeschätzt, indem das Modell für die Beschreibung der Polaritätsentwicklung (Markovmodell) sowohl auf das Wachstum in zwei Dimensionen als auch im Feld
ausgedehnt wurde. Dabei zeigte sich, dass bei 300 K für eine effektive Polung
Felder im Bereich von 108 V/m notwendig sind und tiefere Temperaturen die
Polung begünstigen. Dennoch sind die zu erwartenden Effekte vergleichsweise gering, was hohe Anforderungen an die Anlage zur Abscheidung aber auch
die Nachweismethoden stellte. Um diesen Erfordernissen zu genügen, wurde
ein neues Hochvakuumsystem entworfen und aufgebaut, das mit in-situ Charakterisierungen ausgestattet wurde, so dass eine Kontrolle und somit eine
gewisse Steuerung der Experimente möglich wurde. Insbesondere die Möglichkeit zur in-situ Beobachtung mit optischer Auflösung ermöglichte erst die
Bestimmung und Optimierung der Wachstumsbedingungen für verschiedene
Substanzen auf unterschiedlichen Substratmaterialien.
Auf der anderen Seite musste die Empfindlichkeit der Nachweismethoden
den Anforderungen angepasst werden. Eine Orientierung der Moleküle kann
prinzipiell auf mehrere Arten nachgewiesen werden. Einen Hinweis auf die
Ausrichtung im Feld liefert eine bevorzugte Orientierung der Kristallachsen, was mit optischer Mikroskopie nachgewiesen werden kann, der schlüssige Nachweis einer polaren Anordnung ist mit elektrischen Messungen über
den pyroelektrischen Effekt oder durch Untersuchung der Domänenstruktur
mit einem (phasensensitiven) Second Harmonic Generation (SHG) Mikroskop möglich.
Bei der SHG Mikroskopie konnte die Empfindlichkeit des bestehenden Auf127
baus durch die Installation einer intensivierten Kamera und Erhöhung der
zulässigen Laserleistung durch den Einbau eines neuen Filtersystems zum
Abblocken des Lasers gesteigert werden. Die erreichte Nachweisgrenze wurde anhand von Messungen der SHG Intensität im Einzelphotonenbereich an
einem Fluorapatit-Gelatine Komposit demonstriert. Bei diesem System, das
ein Modell für das Verständnis des natürlichen Zahnwachstums darstellt,
konnte gezeigt werden, dass organische Moleküle beim Wachstum azentrisch
in den Fluorapatit eingebaut werden.
Für elektrische Messungen wurden zwei Messplätze aufgebaut (Nachweisgrenze ∼ 10 fA), einer, der eine in-situ Messung innerhalb der Vakuumkammer, und einer, der die Kontaktierung kleinster Kristalle ermöglicht. Mit
letzterem wurde die Leitfähigkeit einer Kanaleinschlussverbindung von Phosphazen mit Jodmolekülen sowohl längs als auch quer zur Kanalachse gemessen. Anhand der Temperaturabhängigkeit konnte die Aktivierungsenergie bestimmt werden
Obwohl die Molekularstrahldeposition bei den höchsten möglichen, durch das
Substratmaterial begrenzten elektrischen Feldstärken von 108 V/m durchgeführt wurde, konnte bislang weder eine Vorzugsrichtung der Kristallachsen
noch ein pyroelektrischer Effekt nachgewiesen werden. Da sowohl die Feldstärke als auch die Nachweisgrenze der Messtechnik nicht mehr nennenswert
gesteigert werden kann, wird empfohlen, künftig die Abscheidung zwischen
den Elektroden von Fingerstrukturen vorzunehmen, die im Rahmen dieser
Arbeit nicht zur Verfügung standen. Durch die geringeren Elektrodenabstände könnten hohe elektrische Felder bei geringerer Spannung angelegt werden,
so dass die Spannungsquelle des vorhandenen Elektrometers ausreichen und
eine Leitfähigkeitsmessung in-situ während des Aufdampfvorganges ermöglichen würde. Infolge der Parallelschaltung einer Vielzahl von Elektroden
wäre eine deutliche Steigerung der Empfindlichkeit zu erwarten. Es wird vorgeschlagen als Substratmaterial zum Aufdampfen der Elektroden Quarzglas
zu verwenden. Auch wenn die Durchschlagsfeldstärke von Quarzglas geringer
ist als diejenige des natürlich vorkommenden Glimmerminerals Muskovit, so
sind infolge der Isotropie und dadurch, dass beim synthetisch hergestellten
Quarzglas keine Streuung zwischen verschiedenen Substraten vorliegt, reproduzierbarere Versuchsbedingungen zu erwarten. Der Volumenwiderstand ist
zudem sehr hoch.
Ein weiteres Projekt wäre die Abscheidung einer Einschlussverbindung im
elektrischen Feld mittels Kodeposition aus zwei Knudsenzellen (Abb. 5.1),
wobei Phosphazen als Kanalbildner im Vergleich zu Perhydrotriphenylen infolge seines höheren Schmelzpunktes (245 ◦ C anstatt 125 ◦ C) geeigneter wäre, da dadurch die Kristalle oder Schichten bei Raumtemperatur eine höhere
Stabilität aufweisen. Der Vorteil einer Einschlussverbindung liegt darin, dass
128
die polaren Gastmoleküle lateral entkoppelt sind und somit keine Wechselwirkungen untereinander aufweisen, so dass das Markovmodell zur Berechnung
der Polaritätsverteilung angewandt werden kann. Die Abscheidung erfordert
allerdings eine genaue Kenntnis der Wachstumsbedingungen und Flüsse.
Eine andere Möglichkeit, eine durch ein angelegtes Feld während der Molekularstrahldeposition induzierte Polarität nachzuweisen, wäre die Verwendung
von Substanzen, die ein geringeres Feld zur Polung benötigen. Ein interessantes System ist das organische Ferroelektrikum Trichloracetamid, dessen
Koerzitivfeldstärke mit 4 kV/cm angegeben ist [50]. Trichloracetamid weist
zwei Phasenübergänge auf, die sowohl in der Doppelbrechung (bei 354,5 K
und 358,5 K [51]) als auch bei der Messung der Dielektrizitätskonstanten (bei
354,6 K und 356,9 K [50]) sichtbar sind, die über den Wechselstromwiderstand bestimmt wird. Beide Messungen wären mit der aufgebauten Anlage
in-situ möglich. Zudem zeigt Trichloracetamid eine starke SHG Aktivität
[52], was eine Analyse der Polaritätsverteilung mittels phasensensitiver SHG
Mikroskopie ermöglichen würde.
129
polare
Gastmoleküle
Wirtmoleküle
Elektrode
: Gast-Wirt Kristall
Abbildung 5.1: Ausblick: Abscheidung einer Einschlussverbindung durch Kodeposition eines Kanalbildners und polaren Gastmolekülen, die im elektrischen Feld
geordnet würden. Durch Verwendung einer Fingerstruktur liesse sich die Nachweisempfindlichkeit aufgrund der Vielzahl parallelgeschalteter Elektroden erheblich steigern.
130
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[41] K. Tanigaki, S. Kuroshima, T. Ebbesen, T. Ichihashi, Mol. Cryst. Liq.
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generation from C 60 , Phys. Rev. Lett. 71, 3569-3572, 1993.
134
[45] A. Quintel, F. Budde, P. Rechsteiner, K. Thoma, A. Zayats and J. Hulliger, Molecular beam deposition of crystalline layers of polar perhydrotriphenylene inclusion compounds characterised by second harmonic generation microscopy, J. Mater. Chem. 10, 27-30, 2000.
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[47] T. C. Mak and J. Trotter, Acta Crystallog. 18, 65, 1965.
[48] S. Kluge, F. Budde, I. Dohnke, P. Rechsteiner, J. Hulliger, Phasesensitive second-harmonic microscopy reveals polarity of topologically centrosymmetric molecular crystals, Appl. Phys. Lett. 81, 247-249,
2002.
[49] J. Hulliger, M. Alaga-Bogdanović, H. Bebie, Growth-Induced Effects of
Polarity in Molecular Crystals: Comparison of Schottky- and MarkovType Models with Monte Carlo Simulations, J. Phys. Chem. B 105,
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on phase transitions in trichloroacetamide crystal, Solid State Commun.
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[52] N. R. Behrnd, Praktikumsbericht, Universität Bern, 2000.
135
Publikationsliste
• A. Quintel, F. Budde, P. Rechsteiner, K. Thoma, A. Zayats and J.
Hulliger, Molecular beam deposition of crystalline layers of polar perhydrotriphenylene inclusion compounds characterised by second harmonic
generation microscopy, J. Mater. Chem. 10, 27-30, 2000.
• J. Hulliger, F. Budde, A. Quintel and H. Bebie, Spontaneous polarity
formation in thin crystalline films of host-guest materials, Surf. Scien.
453, L323-L327, 2000.
• T. Hertzsch, S. Kluge, E. Weber, F. Budde, J. Hulliger, Surface Recognition of Dipolar Molecules Entering Channels of the Organic Zeolite Tris(o-phenylenedioxy)cyclotriphosphazene, Adv. Mater. 13, 18641867, 2001.
• P. Mikhail, K. Ramseyer, G. Frei, F. Budde, J. Hulliger, Bleaching of
Sm 2+ during photoluminescence and cathodoluminescence, Opt. Commun. 188, 111-117, 2001.
• S. Kluge, F. Budde, I. Dohnke, P. Rechsteiner, J. Hulliger, Phase sensitive second-harmonic microscopy reveals polarity of topologically centrosymmetric molecular crystals, Appl. Phys. Lett. 81, 247-249,
2002.
• H.I. Süss, T. Wuest, A. Sieber, R. Althaus, F. Budde, H.-P. Lüthi, G.D.
McManus, J. Rawson, J. Hulliger, Alignment of radicals into chains by
a Markov mechanism for polarity formation, CrystEngComm. 4, 432439, 2002.
• T. Hertzsch, F. Budde, E. Weber, J. Hulliger, Supramolecular-Wire
Confinement of I 2 Molecules in Channels of the Organic Zeolite Tris(ophenylenedioxy)cyclotriphosphazene, Angew. Chem. Int. Ed. 41, 22812284, 2002.
136
Konferenzbeiträge
• F. Budde, A. Quintel, P. Rechsteiner and J. Hulliger, Polar chains of
acceptor-π-donor molecules in channels of perhydrotriphenylene inclusion compounds: a new molecular rectifying assembly? (Poster), Nanoforum US-CH, Zürich, Schweiz, 20.-22.9.1999.
• F. Budde and J. Hulliger, Array of molecular wires in channel-type
inclusion compounds (Poster), Workshop on Nanoscience, Hasliberg,
Schweiz, 6.-20.10.2000.
• F. Budde, T. Hertzsch, A. Sieber and J. Hulliger, One dimensional electric conductivity in channel type inclusion compounds (Poster), Workshop on Nanoscience, Twannberg, Schweiz, 16.-19.10.2001.
• F. Budde, M. Thut and J. Hulliger, Molecular beam deposition of organic materials (Poster), Workshop on Molecular Devices, Champéry,
Schweiz, 8.-12.9.2002.
• T. Hertzsch, F. Budde, E. Weber and J. Hulliger, Supramolecular wiretype confinement for iodine molecules in an organic zeolite, 1st CrystEngComm Discussion, Bristol, UK, 29.7.-1.8.2002 (Poster) und XIX
Congress and General Assembly of the International Union of Crystallography, Genf, Schweiz, 6.-15.8.2002 (Vortrag).
• F. Budde, M. Thut and J. Hulliger, Molecular beam deposition of crystals built from polar molecules (Vortrag), AMN-1 International Conference on Advanced materials and Nanotechnology, Wellington, Neuseeland, 9.-14.2.2003.
137
Danksagung
ich danke
• meinem Doktorvater Prof. Dr. J. Hulliger für die zahlreichen Anregungen und Ideen, die hervorragende Betreuung und die mir gewährte
Freiheit bei der Gestaltung der Doktorarbeit.
• Prof. Dr. N. Karl für die Anfertigung des Koreferates und Prof. G.
Calzaferri für die Übernahme des Vorsitzes bei der Doktorprüfung.
• der mechanischen Werkstatt von Ueli Kindler für die Konstruktion der
Messgeräte in höchster Präzision. Mein besonderer Dank gilt Gottfried
Baumann, der mit unerschöpflicher Geduld den Grossteil der Geräte
anfertigte.
• den Elektronikern Kurt von Escher und René Schraner für die Hilfe bei
kniffligen messtechnischen Problemen.
• Tino Hertzsch, Dr. Hannes Kind und Dr. Patric Mikhail für die gute
Zusammenarbeit bei elektrischen Messungen.
• Dr. Stefan Kluge und Dr. Susanne Busch für die gute Zusammenarbeit
bei SHG-Messungen sowie PD Dr. M. Flörsheimer für die wertvolle
Hilfe bei der Auswahl der Kamera und theoretischen Fragestellungen.
• Markus Thut, der mich sowohl bei der OMBD als auch elektrischen
Messungen tatkräftig unterstützte.
• den Diplomanden Andreas Sieber und Rolf Althaus, die ich auf dem
Gebiet der ESR betreuen durfte, für die gute Zeit, die wir sowohl im
als auch ausserhalb des Labors hatten.
• Dr. Peter Rechsteiner für die hervorragende Vorarbeit und Zusammenarbeit beim Aufbau des SHG Mikroskopes.
• allen Kollegen, die hier nicht erwähnt sind, und zum Gelingen der Doktorarbeit und der guten Stimmung im Labor beitrugen.
• dem Kanton Bern und dem Schweizer Nationalfonds für die Finanzierung der Forschung, sowie M. Gertsch, V. Scharnhorst und S. Thomi
für die Hilfe in administrativen Angelegenheiten.
• schließlich meiner Mutter, meiner Freundin Annina Gaschen und Cristina Senna, die mich stets moralisch unterstützten.
138
Kristallwachstum in 2 Dimensionen
Temperatur [K]
Anzahl
Kanäle
Anzahl
Anlagerungen
6
T := 300
Boltzmannkonstante
− 23
6
K := 2⋅ 10
A := 2⋅ 10
β :=
−1800
−3700
WDD :=
x
1
Wachstumsverhältnis
k⋅ T
WAD :=
x
a :=
e
e
e
pAAp :=
e
µ := 0.212⋅ 10
+e
K
Anlagerungswahrsch. entgegen Feldrichtung
e
pDDn :=
− β ⋅( WAD− µ ⋅E)
+e
pDDp − pAAp
pDDp + pAAp
e
− β ⋅( WDD− µ ⋅E)
− β ⋅( WDD− µ ⋅E)
max. Polarität
e
pAAn :=
− β ⋅( WAD+ µ ⋅E)
e
fnp :=
− 29
A
− β ⋅( WAA− µ ⋅E)
− β ⋅( WAA− µ ⋅E)
+e
− β ⋅( WAA+ µ ⋅E)
+e
λn := 1 − pAAn − pDDn
−3
An :=
ln( λp )
xi := ( i − 50) ⋅ stepx + 1
− β ⋅( WAD− µ ⋅E)
λn = 0.887185
−pDDn + pAAn
fnn :=
pDDn + pAAn
−3
ln( λn )
An = −0.429421
fnp = 26.799
j := 0 .. 100
− β ⋅( WAD+ µ ⋅E)
− β ⋅( WAA+ µ ⋅E)
Ap = 0.259455
Schritte bis 95%
i := 0 .. 100
8
E := 1⋅ 10
x
λp := 1 − pAAp − pDDp λp = 0.894094
Ap :=
Dipolmoment
[Cm]
− β ⋅( WDD+ µ ⋅E)
− β ⋅( WDD+ µ ⋅E)
x := 6⋅ 10
elektrisches
Feld [V/m]
−10000
Anlagerungswahrsch. in Feldrichtung
pDDp :=
23
k := 1.38⋅ 10
Wechselwirkungsenergien [J / mol]
WAA :=
Avogadrokonstante
fnn = 25.062
stepx :=
Schleife
K
100
stepy :=
A
100
y j := ( j − 50) ⋅ stepy + 1
(
net ( q ) := Φ ( −q ) ⋅ An ⋅ 1 − λn
−q
) + Φ (q)⋅ Ap ⋅ (1 − λpq)

n1( x, y ) := Φ ( y + a⋅ x) ⋅ Ap ⋅  y + a⋅ x −
λp
y+ a ⋅x
− 1
Polarität in 1 Dimension

n2( x, y ) := Φ ( −y − a⋅ x) ⋅ An ⋅  y + a⋅ x +
λn
− y− a ⋅x
− 1
ln( λp ) 
ln( λn ) 


y− a ⋅x
− y+ a ⋅x


λp
λn
− 1
− 1
n3( x, y ) := Φ ( y − a⋅ x) ⋅ Ap  y − a⋅ x −
n4( x, y ) := Φ ( −y + a⋅ x) ⋅ An ⋅  y − a⋅ x +
ln( λp ) 
ln( λn ) 


t1( x, y ) :=
n1( x, y ) − n3( x, y )
2⋅ a⋅ x
t2( x, y ) :=
n2( x, y ) − n4( x, y )
2⋅ a⋅ x
t( x, y ) := t1( x , y ) + t2( x , y )
M i , j := t( xi , y j)
Polarität in 2 Dimensionen
Abbildung 5.2: Anhang: Mathcadprogramm zur Berechnung der Polaritätsverteilung in zwei Dimensionen (Gl. 1.27). Die Fallunterscheidung erfolgt mit einer
Heavisidefunktion Φ(x) = 1 für x ≥ 0 bzw. Φ(x) = 0 für x < 0. Um eine Division
durch 0 bei x = 0 zu vermeiden, wurde der x-Wert in der Schleife um 1 verschoben.
Die Polaritätsverteilung ist in der Matrix M gespeichert.
139
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