1 Was ist SozialPsychologie Teil 1

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Was ist Sozialpsychologie?
Das Ich und die anderen….
Professional School · [B.A. Soziale Arbeit] ·Dr. Fox, 2016
06.11.2016
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Agenda
Was ist Sozialpsychologie?
Beziehungen werden gestaltet über Interaktion und Kommunikation
Kognitive Sprachtheorie
(versus kommunikative Sprachtheorie)
Sprache als Voraussetzung für die Konstruktion eines Selbst-Konzepts
Neurobiologische Voraussetzungen für die Konstruktion eines
elaborierten Selbst-Konzepts: Spiegelneurone
Verbale Kommunikation
Nonverbale Kommunikation
Beziehungsgestaltung
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Was ist Sozialpsychologie?
Sozialpsychologie erforscht die
Interaktionen im situativen Kontext
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Es geht um die sozialen Bedingungen des menschlichen
Erlebens und Verhaltens
Die sozial definierbaren situativen Bedingungen des Verhaltens
stehen im Fokus des Erkenntnisinteresses, nicht die
Bedingungen der Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen
auf das Verhalten
Eher interessiert das Verhalten im situativen Kontext als die
Persönlichkeit
Was sind Ursachen und Wirkungen von Interaktionen? Was
geschieht, wenn zwei oder mehr Menschen aufeinander treffen,
also im Regelfall der menschlichen Existenz?
es geht also um die Phänomene zwischenmenschlicher
Beziehungen und Bindungen
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Was ist Sozialpsychologie?
Sozialpsychologie
 es geht nicht um die individuelle Ausprägung von
Persönlichkeitsmerkmalen wie in der Persönlichkeitspsychologie,
auch nicht um größere organisierte Einheiten wie Gemeinde, Staat,
Institution, soziale Schicht wie in Soziologie und politischer
Psychologie
 In der SP geht es um das Erleben und Verhalten des
durchschnittlichen Individuums innerhalb seiner sozialen Kontexte
und zwar, wie dieses durch die implizite oder explizite Anwesenheit
der anderen, also durch die soziale Situation beeinflusst wird
 das Individuum ist sowohl beeinflusst durch den sozialen Kontext,
nimmt aber auch als Akteur Einfluss auf seine Umwelt- es geht also
auch um wechselseitige Einflussnahmen; es geht also um das
Wechselspiel zwischen Persönlichkeit und sozialer Situation
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Was ist Sozialpsychologie?
Sozialpsychologie
 SP beschreibt und erklärt die Prozesse der wechselseitigen
Einflussnahme zwischen Individuum und sozialer Umwelt auf den
Ebenen des Erlebens und Verhaltens von Personen und Gruppen
 Die Sozialpsychologie untersucht vorrangig das menschliche
Verhalten im Kontext der sozial- situativen Bedingungen und
nicht die Bedingungen der Persönlichkeit (Persönlichkeitspsychologie)
 im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die
dem Leben seinen Wert geben Wilhelm von Humboldt
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Sozialpsychologie und Gehirn: Social brain theory
Die menschliche Intelligenz , also die Problemlösefähigkeit, entwickelte sich
unter hohem Selektionsdruck, der neben den wechselnden ökologischen
Bedingungen des jeweiligen Biotopes vornehmlich ausgelöst wurde durch das
effektive Zusammenleben in Gruppen
Intelligenz entstand vorrangig durch soziale Herausforderungen, weil das
Sozialleben immer wieder ausbalanciert werden muss im Wettbewerb
zwischen Eigennutz und Gemeinwohl, zwischen Eigeninteresse und
Kooperation.
Diese These wird gestützt durch die universal auffindbare Neocortex Ratio
(nach Dunbar), nach der eine hohe Korrelation besteht zwischen Größe der
Zugehörigkeitsgruppe (bis max. 148) und der Packungsdichte der neuronalsynaptischen Verbindungen im Neokortex (Gyrus Cinguli, PFK und OFK), wo
eigene Handlungsplanungen und Bewertungen der Verhaltenskonsequenzen
(Kontingenzlernen) sowie die Dekodierung der Handlungsabsichten des
Anderen generiert werden
Die großen Primaten können eine Vorstellung darüber entwickeln, welche
Intention und Handlungsabsichten andere haben; sie haben Zugang zum
Erleben des Anderen (Intentionalität, Theory of Mind, Mirrorneurons,
Mentalisierungssysteme)
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Beziehungen werden gestaltet über Interaktion und
Kommunikation
Das soziale Geschehen wird durch Kommunikation gestaltet.
Merksätze
Menschliche Kommunikation ist sprachlich und expressiv.
Menschliche Kulturentwicklung ist von Sprache abhängig.
Menschliche Kommunikation entsteht, wenn es die anderen
plus Empathie, wenn es eine Kooperationsnotwendigkeit gibt.
Kommunikation schafft soziale Systeme.
Kommunikation ist das Kernthema der Sozialpsychologie.
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Kognitive Sprachtheorie
(versus kommunikative Sprachtheorie)
Kernauffassungen
• Sprache ist eigentlich die geistige Vorstellung von Handlungsketten und
bereitet diese auch vor; auch Handlungen unterliegen einer gewissen
Grammatik (Reihenfolge) und bilden die Grundlage der sprachlichen
Grammatik; (Hand-)Motorik und Sprache bilden neuronale Zusammenhänge;
Gestik ist die ursprünglichere Kommunikation
• die (Mutter-) Sprache, also Wortschatz und Struktur der Sprache, bedingt die
Struktur des Denkens
• Sprache dient der Begriffsbildung (nicht nur der Etikettierung)
• Sprache als Kombination von Symbolen erfasst nur abstrakte Begriffe, nicht
analoge Bereiche wie z. B. Gesichter, Emotionen, etc.
• die erlebte Wirklichkeit wird über Sprache rekonstruiert; Sprache ist eben
nicht eine passive Widerspieglung der „Welt“, sondern schafft aktiv
Wirklichkeiten
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Kognitive Sprachtheorie
(versus kommunikative Sprachtheorie)
Kernauffassungen
• das Erleben von Raum und Zeit ist teilweise auch abhängig von den
Vorgaben der Sprache (links-rechts oder Himmelsrichtungen, Grammatik)
• Sprache, Kognition, Bewusstsein und Selbstbewusstheit haben sich
parallel, in wechselseitiger Abhängigkeit entwickelt
• wir können denken, wofür wir eine Sprache haben, aber nicht für alles
haben wir eine Sprache
• Kunst: ein anderes, weil analoges, durch die Form (!) bestimmtes
Ausdrucksmittel
• Mathematik: Kommunikation von Symbolen von Symbolen schafft höhere
Ordnungen als die anschaulichen Wirklichkeiten
• Sprache ist die Basis aller anderen Medien, also eine Art Metamedium
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Sprache als Voraussetzung für die Konstruktion eines
elaborierten Selbst-Konzepts
Die sprachliche Repräsentation von Objekten oder
Reaktionen schafft übergeordnete Begriffe, weil sie
unabhängig von Anwesenheit und Sensorik der
jeweiligen Objekte oder Reaktionen ist.
Sprache
schafft
abstrakte
Begriffsbildungen,
zeitunabhängige
Ordnungen
der
persönlichen
Welterfahrungen.
Es werden durch Sprache Abstraktionen geschaffen, die
die Gemeinsamkeit und Konstanz von Objekten oder
Reaktionen oder Bedeutungen (Lexeme) erkennen.
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Sprache als Voraussetzung für die Konstruktion eines
elaborierten Selbst-Konzepts
Selbstbewusstheit setzt eine Konstanz von Erfahrungen mit
„sich selbst“ voraus und bleibt angewiesen auf soziale
Interaktion und Kommunikation; während die „IchBewusstheit“ eher körperbezogen (Urheberschaft der
Sinneswahrnehmungen und Handlungen) konstruiert wird, ist
die „Selbst-Bewusstheit“ ein soziales Konstrukt
Das bewusste Selbst ist an Sprache gebunden; eine
Unterscheidung zwischen „Erinnerungs-Selbst“, das an
Erzählung, an durch Sprache geformte Erinnerung gebunden
ist und „Augenblickliches Selbst“, das aktuell Erfahrungen
macht, ist plausibel
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Neurobiologische Voraussetzungen für die
Konstruktion eines elaborierten Selbst-Konzepts
► Spiegelneurone als neurobiologische Basis der
Sprachproduktion (Rizzolatti)
im prämotorischen Cortex (F5-Areal) bei Primaten
werden visuelle Informationen über Objekte in
Handbewegungen übertragen; ein „BeobachtungHandlung-Passungs-System“ mit sensorischen und
motorischen Reizverarbeitungen; die Hand-ObjektInteraktionen dienen dem zielgerichteten Greifen und
Handeln (neben F5 sind auch andere Neuronen
beteiligt als späteres Pendant des menschlichen
Wernicke-Areals, das dem Sprachverständnis dient).
Sie dienen im Verbund mit der Erweiterung der
Großhirnrinde als „evolutionäres Paket“
der
Menschwerdung.
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Neurobiologische Voraussetzungen für die
Konstruktion eines elaborierten Selbst-Konzepts
► Spiegelneurone
die Sprachentwicklung folgt der Entwicklung der Handmotorik
aus F5-Arealen projizieren Neurone beim Menschen auf das
Broca-Areal (Sprachproduktion), vom Greifen (Griffformung als
erster rudimentärer, handlungsorientierter Begriff ) zum Begreifen
Spiegelneurone bilden die Handlungsabsichten des anderen ab
sie sind Ort des Imitationslernens; Nachahmungen ermöglichen
erste Versuche der Selbst-Konstruktionen: darüber, dass ein
anderer als ein Anderer wahrgenommen wird, wird die Kognition
möglich, selber auch ein Anderer zu sein.
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Sprache als Voraussetzung für die Konstruktion
eines elaborierten Selbst-Konzepts
► Spiegelneurone
durch nonverbale und verbale Kommunikation zwischen Menschen entstehen
Begriffe und auch Selbst-Begriffe; das Selbst-Konzept ist über Nachahmung,
Imitationslernen und Kommunikation immer eine soziale Konstruktion
erste Vorstellungen einer eigenen Identität beginnen mit zirka 18 Monaten,
gleichzeitig entwickeln sich auch Vorstellungen über die Identität des anderen
durch wechselseitige Empathie und der dadurch gekennzeichneten Sprache wird
eine Vielzahl von Gehirnen miteinander verbunden; das verursacht den rasanten
kulturellen, technischen und evolutionären Fortschritt der Menschheit, der durch
die Erfindung der Schrift exponentiell beschleunigt wurde
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Verbale Kommunikation
Sprache
Emotional-kognitive Ebene
Sprachverarbeitungssystem
Syntax
Phonologie
Formulieren
Arbeitsgedächtnis
Semantik
Wortschatz, Wortbedeutung
Verstehen
Hören
Lesen
Sprechen
Schreiben
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Sprache
Aspekte der Lautsprache
Lautstärke, Sprechgeschwindigkeit, Sprechweise,
Sprechpausen, Stimmvariationen, Sprachmelodie,
Stimmhöhe, Tonfall, etc.
Aspekte der Schriftsprache
Stilmittel, Wortwahl, Genre, etc.
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Nonverbale Kommunikation
Aspekte
Körper
Mimik
Gestik, Zeigegestik
Berührung, Kontakt
Haltung
Blickkontakt,Pupillengröße
Stimme, Tonfall
Raum
Distanz zwischen
Kommunikationspartnern:
o Intim- Distanz
o Persönliche D
(1Armlänge)
Bewegung, Gang
o soziale D (3,5 - 4m)
Gerüche
o öffentliche D
(ab 4m)
Kleidung; Schmuck
Blickfolgebewegung
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Nonverbale Kommunikation
Funktionen der nonverbalen Kommunikation
► Besetzt zirka zwei Drittel der Kommunikation
► qualifiziert den Selbst-Ausdruck, zeigt die
Emotionalität an, Expressivität, zeigt den anderen
das Selbst-Bild und die Verhaltensbereitschaft an
► betont, akzentuiert, wirkt stimulierend, schafft
Aufmerksamkeit, zeigt das eigentlich Gemeinte an
► zeigt die Beziehungsqualität an,
beziehungsaufbauend, schafft die Verbindung zum
anderen, die soziale Brücke
► Die Stimme detektiert Geschlecht, Alter, Gewicht,
Gesundheit, Befindlichkeit, Selbstsicherheit,
Bildung, Glaubwürdigkeit, Dominanz, etc.
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Nonverbale Kommunikation: Der Blick
der Blick des Menschen auf den Mitmenschen hat sehr machtvolle
Auswirkungen auf die Informationsverarbeitung des Angeblickten, auch
hinsichtlich der Deutung der Handlungsabsichten und
Kooperationsbereitschaften (Vertrauenswürdigkeit) des anblickenden
Anderen sowie dessen Einschätzung der Person des angeblickten Anderen
(das Fremdbild beeinflusst das Selbstbild enorm). Die korrekte Dekodierung
der Bedeutung des Blickes des Anderen ist lebenserhaltend und steht
daher unter hohem Selektionsdruck.
etwa drei Sekunden lang wird einander angeblickt (3-Sekunden-Fenster
des Bewusstseins, diese Rhythmisierung schafft den Bewusstseinsstrom
des Erlebens), mit einem Blick wird nonverbal also schon inhaltlich
erstaunlich viel Information verarbeitet
das Blickfolgen erweist sich nur beim Menschen als kooperationsstiftend,
nur beim Menschen ist das Weiße im Auge groß genug, um als
Hinweissystem genutzt werden zu können; nach etwa 500 Millisekunden
bezieht der Mensch die Blickbewegung des Anderen auf sich und folgt
diesem Hinweisreiz (ähnlich der Zeigegeste), etwa auf Gefahren,
Kooperationsangebote
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Beziehungsgestaltung
Voraussetzung für eine Beziehung ist das sich wechselseitige Wahrnehmen,
Wahrnehmung als Person; Nichtbeachtung ist ein Beziehungskiller; nicht
wahrgenommen zu werden ist Ausgang vielerlei psychischer
Beeinträchtigungen (Ängsten, Depressionen, etc.) und Verhaltensauffälligkeiten
(Aggressionen, Drogenabhängigkeiten, etc.)
Symmetrische Interaktionen sind zweiseitig (wechselseitige Beeinflussung, z. B.
Gespräche); asymmetrische (Vortrag, Lesen) wirken nur einseitig
Der Mensch lernt permanent, doch jedes soziale Lernen ist eingebettet in
Beziehungen und in wechselseitigen Wahrnehmungen der Personen als
Personen mit kommunikativen Absichten als Voraussetzungen für Kooperation
Erst die Annahme, dass der andere auch prosoziale Absichten hegen kann,
ermöglicht die spezifisch menschlichen Kooperationsangebote
Personenwahrnehmung und die emotionale Qualität der Interaktion werden
neben der Sprechweise wesentlich
 bestimmt durch die Aspekte der nonverbalen Kommunikation
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Literatur
• Bauer, J. (2005): Warum ich fühle, was du fühlst. Hamburg
•Bauer, J. (2006): Prinzip Menschlichkeit. Hamburg
• Bischof, N. (1989): Das Rätsel Ödipus. München
• Diamond, J. (2003): Arm und Reich. Frankfurt/Main
•Fischer, J. (2012): Affengesellschaften. Berlin
• Hartung, J. (2006): Sozialpsychologie. Stuttgart
• Herkner, W. (1975): Einführung in die Sozialpsychologie. Bern Stuttgart Toronto
• Herkner, W. (1996): Sozialpsychologie. Bern Stuttgart Toronto
• Hofstätter, P.R. (1971): Gruppendynamik. Hamburg
• Marmet, O. (1999): Ich und du und so weiter. München
• Schäfer, B., Six, B. (1978): Sozialpsychologie des Vorurteils. Stuttgart
•Tomasello, M. (2009): Die Ursprünge der menschlichen Kommunikation.
Frankfurt/ M.
• Tomasello, M. (2010): Warum wir kooperieren. Berlin
• Voland, E. (2009): Soziobiologie. Heidelberg
• Werth, L., Mayer, J. (2008): Sozialpsychologie. Heidelberg
• Wilkinson, R., Pickett, K. (2009): Gleichheit ist Glück. Frankfurt/Main
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