Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenasemangel

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Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenasemangel
Die Reaktion
Das Enzym Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase(G6PD) gehört zum Zuckerstoffwechsel. Es katalysiert
den ersten Schritt im Pentose-Phosphat-Weg: Durch eine Reihe von Reaktionen wird Glucose-6Phosphat zu Ribose-5-Phosphat und dabei entsteht NADPH.
Dieses wiederum wird in der Zelle als Kofaktor bei der Reduktion des Tripeptids Glutathion benötigt.
Glutathion, das in fast allen Zellen vorkommt, schützt als Antioxidans die Zelle vor Radikalen und
anderen Oxidantien. Fehlt NADPH, kann kein Glutathion entstehen; als Folge davon häufen sich
zellschädigende Oxidantien an. Erythrozyten sind besonders von einem G6PD-Mangel betroffen,
denn einerseits ist die eingangs genannte Reaktion der G6PD in den Erythrozyten die einzige Quelle
für NADPH, andererseits hat es hier besonders viel Sauerstoffradikale. Werden diese nicht
neutralisiert, schädigen sie die Membranen und es kommt zur Hämolyse. (1)
Die Symptome
Die Symptome eines G6PD-Mangels sind sehr unterschiedlich und reichen von Beschwerdefreiheit
bis zu letaler Anämie. Bei Neugeborenen äussert sich der Enzymdefekt durch eine verlängerte
Neugeborenengelbsucht.
Die meisten von der Mutation betroffenen Menschen sind beschwerdefrei.
Eine hämolytische Krise kann jedoch durch eine bestehende Anämie begünstigt werden und durch
Infektionen oder durch bestimmte radikalisch wirkende Stoffe (siehe unten) ausgelöst werden. Wenn
einer dieser Stoffe zu sich genommen hat, treten die Symptome nach 1-3 Tagen auf: Blässe,
Abgeschlagenheit, Bauch- und Rückenschmerzen, Fieber, Erbrechen und Durchfall, Leberschmerzen,
Schleimhautblutungen. Je nach Schwere der Hämolyse bildet sich ein Ikterus mit entsprechend
verfärbtem Urin. In den schwersten Fällen kann es tödlich enden. (2)
Entsprechend der gemessenen Funktionsfähigkeit (Enzymaktivität) von G6PD wird der G6PD-Mangel
in fünf Klassen eingeteilt von chronischer hämolytischer Anämie über schweren Mangel, mässigen
Mangel, normaler Aktivität bis gesteigerte Aktivität. (1)
Die Risikostoffe
Zu den gefährlichen Substanzen gehören zum Beispiel:
 Die Alkaloide Vicin und Convicin der Ackerbohne (Fava-Bohne). Das Einatmen vom Blütenstaub
oder der Genuss der Bohnen kann zu einer hämolytischen Krise führen. Darum ist die Krankheit
auch unter dem Namen Favismus bekannt.
 Verschiedene Stoffe, die gewerblich genutzt werden oder in der Umwelt vorkommen. Zum
Beispiel Naphthalin, das in Mottenkugeln vorkommt oder Henna und Menthol. (3)
 Bestimmte Medikamente. Es gibt eine Liste von über 100 problematischen Medikamenten auf
der unter anderen auch Aspirin steht. Ausserdem einige Malariamedikamente (Chloroquin,
Primaquin u. a.) und Antibiotika aus der Gruppe der Sulfonamide. (3)
Es ist wichtig, dass die Betroffenen um ihren Enzymdefekt wissen. Nur so können Sie diese
Risikostoffe meiden. Weltweit weisen mehr als 400 Mio. Menschen eine verminderte Enzymaktivität
auf . (1) Damit gehört der G6PD-Mangel zu den häufigsten Erbkrankheiten.
Malaria
5 G6PD-Mangel
Die Vererbung
Das betroffene Gen ist auf dem langen Arm des X-Chromosoms, ganz am Schluss auf dem Abschnitt
Xq28. (1) Somit wird das Merkmal rezessiv und X-chromosomal geschlechtsgekoppelt vererbt.
Menschen, bei denen das intakte Gen fehlt, zeigen in aller Regel Symptome. Dies betrifft die
hemizygoten Männer sowie die homozygoten Frauen.
Bei heterozygoten Frauen wird eines der beiden X-Chromosomen inaktiviert. Da dies zufällig verläuft,
gibt es zwei Gruppen von Erythrozyten: solche mit verändertem und solche mit normalem Gen.
Darum ist die Merkmalsausprägung sehr variabel aber meist schwach und es gibt wenig bis keine
Krankheitszeichen, auch dann nicht, wenn radikalisch wirkende Stoffe eingenommen werden. (5)
Das Enzym
Von der G6PD gibt es zwei Isoformen, eine kurze und eine lange. Die kurze ist ein Homodimer aus
249 Aminosäuren und kommt in der Leber und den Erythrozyten vor.
Die lange ist ein Homotetramer aus 515 Aminosäuren und kommt in Lymphoblasten, Granulozyten
und Spermazellen vor.
Das Gen und die Allele
Das Gen hat ca. 18‘000 Basenpaare und besteht aus 13 Exons. (1)
Vom Enzym G6PD kennt man mehr als 400 genetische Varianten (1), die auf Punktmutationen oder
Deletionen beruhen. Wenn die Mutation so gross ist, dass das Enzym zu 100% ausfällt (zum Beispiel
bei umfangreichen Deletionen), führt das zum Tod. Dies ist aber häufig nicht der Fall: Viele
Mutationen sind voll funktionsfähig, andere führen zu einer mehr oder weniger verminderten
Enzymaktivität.
Besonders häufige Allele sind die (gesunden) Typen A (Afrikanisch) und B (westlicher Typ).
Die A-Variante wird durch Austausch eines Nukleotids an Position 376 definiert (G statt A, das gibt
dann die Aminosäure Asn statt Asp. Diese Variante findet sich vor allem bei Menschen in Afrika
südlich der Sahara (und bei Afroamerikanern in den USA) sowie in China.
Die B-Variante hat diese Änderung nicht. Sie ist für Menschen im Mittelmeerraum typisch:
Südeuropa, Nahost, Nordafrika.
Beide Varianten funktionieren gleich gut. Erst wenn das Gen mutiert, gibt es Probleme und diese sind
bei der A-Variante in der Regel weniger schlimm als bei der B-Variante.
Drei Beispiele von Mutationen: Die Mediterrane und die Canton-Variante haben hochgradig
verminderte Enzymaktivität (Klasse 2)
Die afrikanische Mahidol Variante zeigt weniger starken Mangel. Die Änderungen dieser Varianten
gegenüber den normalen Proteinen sind in der Tabelle 1a dargestellt.
G6PD und Malaria
Heterozygote Träger eines G6PD-Mangels haben ein geringeres Risiko, an Malaria zu erkranken.
Dafür gibt es zwei Erklärungen:
Erstens ist die Lebensdauer der Erythrozyten bei G6PD-Mangel verkürzt und damit wird die
Fortpflanzungschance von Plasmodium vermindert.
Malaria
5 G6PD-Mangel
Zweitens: Wenn Plasmodien Erythrozyten befallen, zerstören sie das Hämoglobin. Dabei wird
oxidiertes Fe3+ frei, das den Parasiten gefährlich wird. In einer gesunden Zelle hat es genügend
Glutathion, damit das Eisen reduziert werden kann. In Zellen mit G6PD-Mangel hingegen ist dies
nicht der Fall und die Parasiten werden geschädigt.
Tatsächlich konnte man nachweisen, dass bei heterozygoten Frauen, die aufgrund der XChromosom-Inaktivierung sowohl gesunde als auch betroffene Erythrozyten haben, die betroffenen
von weniger Parasiten befallen werden als die gesunden. Im Weiteren hat man festgestellt, dass die
Plasmodien sich nach ein paar Generationen an den G6PD-Mangel anpassen, indem sie das Enzym
selber bilden. Dies passiert in hemizygoten Männern und in homozygoten Frauen eher als in
heterozygoten, weshalb letztere einen besseren Schutz gegen Malaria haben (1).
Homozygote Träger der Mutation haben auch einen Selektionsnachteil, weil die Bohne eines der
Grundnahrungsmittel in der betroffenen Gegend ist. Die Leute bereiten die Bohnen
traditionellerweise mit Gewürzen zu, die den Betroffenen bei der Verdauung helfen (7).
Regionale Verteilung
In Gebieten, die von Malaria betroffen sind oder waren kommen die Mutationen häufiger vor als in
malariafreien Gebieten. Am häufigsten ist dieser Enzymmangel im Mittelmeerraum, Afrika südlich
der Sahara, in nord- und südamerikanischen Bevölkerungen afrikanischer und hispanischer Herkunft
und in Südostasien (5).
Die tatsächlichen Zahlen sind in verschiedenen Teilen der Welt sehr unterschiedlich. Zum Beispiel
sind bei den Afro-Amerikanern in den USA 12.8% aller Neugeborenen betroffen, in Bahrein 25%. In
Griechenland 3.1% und in Deutschland deutlich weniger als 1% (4).
Die Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da sie möglicherweise aufgrund von
verschiedenen Erhebungsmethoden zusätzlich schwanken.
………………………………………………………………………………………………………………………………………………………..
Tabelle 1a: Lösung zur Aufgabe; Die Nukleotid-Mutationen sind in der 3. Spalte angegeben.
Alle Mutationen können durch den Austausch von jeweils einem einzigen Nukleotid erklärt werden.
Bezeichnung
Isoform
nt
AS-Position
Funktionsänderung
G6PD-A(+)
G6PD A
A 376 G
N 126 D
kein Enzymdefekt
G6PD-A(-)
G6PD A
G 376 A
N 126 D
V 68 M
G6PD – Mediterran
G6PD B
C 563 T
S 188 F
Klasse 2
G6PD-Canton
G6PD A
G 1376 T
A 335 T
Klasse 2
G6PD-Mahidol
G6PD
G 487 A
G 163 S
Klasse 2
Malaria
5 G6PD-Mangel
Anhang: Aminosäuren-Sequenz der G6PD
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
Malaria
1234567890
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FQGDAFHQSD
THIFIIMGAS
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DRLSNHISSL
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HYLGKEMVQN
LMVLRFANRI
FGPIWNRDNI
ACVILTFKEP
FGTEGRGGYF
DEFGIIRDVM
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
123456789
QNHLLQMLCL
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SDDVRDEKVK
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NNVVLGQYVG
NPDGEGEATK
GYLDDPTVPR
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VIRVQPNEAV
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DLTYGNRYKN
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QIELEKPKPI
PYIYGSRGPT
EADELMKRVG
FQYEGTYKWV
NPHKL
5 G6PD-Mangel
Quellenangaben
(1) Tripathy V, Reddy BM: Present status of understanding on the G6PD deficiency and natural
selection.
http://www.jpgmonline.com/article.asp?issn=00223859;year=2007;volume=53;issue=3;spage=193;epage=202;aulast=Tripathy
(2) http://www.favismus.de
(3) http://www.ksa.ch/1443/2627/2628/4969.asp
(4) http://de.wikipedia.org/wiki/G6PD-Mangel
(5) http://www.orpha.net/consor/cgi-bin/OC_Exp.php?lng=DE&Expert=362.0
(6) http://www.uniprot.org/uniprot/P11413.fasta (die Aminosäuresequenz)
(7) Krebs JR.: The gourmet ape: evolution and human food preferences.
Jesus College, Oxford, United Kingdom. [email protected]
Malaria
5 G6PD-Mangel
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