Peter Schildknecht

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ABGESTUFTE DACHRÄNDER ALS SCHADENSBESCHLEUNIGER
1. WEITERENTWICKLUNG DER ARCHITEKTUR
Die Architektur beeinflusst unseren Lebensstil und umgekehrt. So wie sich unsere
Gesellschaft in einem stetigen Wandel befindet, entwickelt sich auch die moderne Architektur
immer weiter - und das ist auch gut so, denn Fortschritt entsteht meist nur durch
Veränderung. Während zu früheren Zeiten vorwiegend Steildächer die Architektur prägten,
nehmen in Zeiten von Urbanisierung und verdichtetem Bauen immer mehr Flachdächer den
Platz ein. Wo schützende Vordächer bis vor kurzem noch zum Standard gehörten, sind heute
kaum wahrnehmbare "schlanke" Dachränder vorhanden. Wie eine Modeerscheinung sind
abgetreppte, kaum auskragende Dachränder an den meisten Neubauten zu sehen. Nicht
immer ist allerdings Veränderung mit Fortschritt verbunden. In den vergangenen Jahren ist
eine Zunahme von Baumängeln und Bauschäden infolge dieser veränderten Architektur zu
beobachten - Mängel und Schäden, die eigentlich einfach vermeidbar wären und immer
mehr auch Planer und Architekten in die Pflicht nehmen wird.
2. ABGESTUFTE DACHRÄNDER
Die Rede ist von abgestuften Dachrändern, die gezwungenermassen, zumindest auf der
unteren Ebene, eine Neigung nach "aussen" besitzen. Diese Dachränder führen durch den
Versatz dazu, dass das oberste Fassadenband schlank ausfällt und dem Gebäude ein
"leichter" und eleganter Charakter verliehen wird. Des Weiteren können die Ausläufe / Speier
der Notüberläufe von unten praktisch unsichtbar angeordnet werden (Entwässerung auf
unteres Blech).
Abbildung 1: Schnitt durch Dachrand, schematisch
Abbildung 2: Beispielbild, Dachrand abgestuft und nach aussen geneigt
Abdichtungstechnisch können diese Dachrandkonstruktionen mit Holz-Unterkonstruktion
vorteilhaft sein, da die Abdichtung einfach bis nach aussen gezogen werden kann, womit ein
überlaufsicherer Dachrand entsteht. Was optisch und abdichtungstechnisch vorteilhaft ist,
kann aber auch einige Nachteile mit sich ziehen, die auch für Planer teuer zu stehen
kommen können.
3. PROBLEMATIK
Durch die abgestufte Form des Dachrandes wird dieser nach aussen entwässert. Auf die
Blechteile auftreffendes Regenwasser läuft nicht zur Dachfläche zurück, sondern tropft über
das Blech nach aussen ab. Da sich auf den Blechteilen rasch Schmutz und Staub ansammelt,
wird dieser vom ablaufenden Wasser mitgenommen. Da die Dächer ohne nennenswerten
Dachvorsprung konstruiert werden (oft sogar unter 30mm), trifft das Wasser mitsamt den
Verunreinigungen auf die Fassade. Etwas Wind oder eine ungünstige Abtropfkante am Blech,
die das Wasser noch zur Fassade hin "anzieht", reichen hierzu. Insbesondere im
Zusammenhang mit einer verputzten Aussenwärmedämmung sind die Folgen absehbar:
Schon nach kurzer Zeit entstehen sichtbare Verfärbungen und Risse an der Fassade, die
frühzeitigen
Schimmelwuchs
begünstigen.
Je
nach
Ausführung
des
oberen
Fassadenabschlusses und der Blechabdeckung, sind sogar Wassereintritte hinter die
Wärmedämmung möglich, die zu ausgedehnten Schädigungen führen können.
Im Winter besteht zudem die Gefahr durch Eisschlag, was Personen gefährden kann.
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Abbildung 3: Schmutzeintrag auf Fassade
Infolge dieser ungünstigen Detailkonstruktionen mussten schon etliche Neubauten nach sehr
kurzer Nutzungszeit einer grösseren Sanierung (Fassade & Dachrand) unterzogen werden.
Die Kosten hierfür fallen, auch durch das Stellen des Gerüstes, gross aus. Eine Kleinigkeit
kann grosse Auswirkungen nach sich ziehen.
4. NORMIERUNG
Abgestufte Dachränder, wie unter Abschnitt 2 gezeigt, stehen in Konflikt mit den Vorgaben
der SIA271:2007. Unter Abschnitt 2.9.2 der Norm ist folgendes festgehalten:

"Abdeckungen von Brüstungskronen müssen auf die Dachfläche entwässert werden"
Betrachtet man beide Stufen der Abdeckung als Brüstungskrone kann dies für das obere
Blech gut eingehalten werden, für das untere hingegen nicht. Die Norm gibt zudem
weitergehende Hinweise, wie die Abdeckungen ausgeführt werden müssen:

"Dachrandabschlüsse sind aussen mindestens 50mm, bei windexponierten Lagen
mindestens 100mm ab Oberkante rohe Brüstung herunterzuführen. Von der Fassade sind
horizontal mindestens 30mm Abstand zu halten"
Viele in den letzten Jahren erstellte Dachränder erfüllen auch diese zweite Vorgabe nicht.
Durch die Verletzung der Normen können auch für den Planer unangenehme Folgen
entstehen, wenn er für Planungsfehler und damit die verursachten Schädigungen
verantwortlich gemacht wird.
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5. ALTERNATIVEN
Einen Vorteil, der meist zur bedeutenden Verlängerung der Lebensdauer der Fassade führt,
bieten verständlicherweise Vordächer. Es ist allerdings verständlich, dass diese oftmals nicht
zur restlichen Architektur des Gebäudes passen. Verzichtet man auf das Vordach, bieten sich
einteilige, genügend nach innen geneigte Blechabdeckungen an. Diese Konstruktionen sind
einfach realisierbar, kostengünstig, optisch nur wenig abweichend und erfüllen die Normen
und damit die Gefahr, dass man als Planer zur Rechenschaft gezogen wird.
Abbildung 4: Alternative Dachrandkonstruktion
Die Vorgaben zur Auskragung (30mm) und zum vertikalen Herunterführen des Bleches
(50mm, 100mm bei windexponierten Lagen) sind dabei zwingend zu beachten. Bei
genügender Auskragung kann die Notentwässerung über den Dachrand erfolgen, womit
auch keine optisch störenden Speier benötigt werden. Es muss dabei allerdings beachtet
werden, dass der Dachrand überlaufsicher ausgebildet wird (Abdichtung nach aussen ziehen,
keine Verwendung von Nägeln oder Schrauben für Dachrandblech). In diesem Falle ist es
zudem ratsam, eine Auskragung grösser als die notwendigen 30mm einzuplanen. Die
Höhenkote des Dachrands muss wie alle Notüberläufe geplant / berechnet werden.
6. QUELLENANGABEN
Fotos: ifgh AG, Sins
7. AUTOR
Institut für Gebäudehülle AG
Firmenmitglied SIA
Lorenzo Nägeli
Alte Landstrasse 3
5643 Sins
041 725 07 70
[email protected]
www.ifgh.ch
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