Von der digitalen Kommunikation zu Social Customer

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Social CRM
Von der digitalen Kommunikation
zu Social Customer Excellence
MVNO giffgaff wickelt 99% des Kunden­service
über die Community ab und benötigt dadurch
25 MA im gesamten Unternehmen!
Quelle: Lithium Case Study,
http://www.lithium.com/customer-stories/giffgaff
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McDonald‘s lässt Burger durch Kunden
entwickeln und generiert höchsten jemals
erzielten Kampagnenumsatz in D!
Quelle: Agentur Razorfish,
http://www.razorfish.de/projects/mcd_mein_burger
Viele Unternehmen sind in sozialen Plattformen aktiv,
begegnen diesem Medium aber noch mit einem hohen Maß an Zurückhaltung.
Der konsequente Aufbau von Social CRM ist nicht die Regel.
Dabei ­besteht gerade jetzt die Chance, sich hier positiv vom Wettbewerb abzuheben.
mmerhin 88,7 Prozent der befragten Unternehmen e­ iner
IBVWD-Studie
gaben letztes Jahr an, ein Profil in den Sozia-
len Netzwerken zu führen („Einsatz und Nutzung von Social
­Media in Unternehmen“, Carola Lopez, 2012). Dieses Ergebnis zeugt von einer mittlerweile grundsätzlich hohen Akzeptanz des M
­ ediums. Die Möglichkeiten von Social Media für
­Kundenkommunikation und CRM gehen allerdings weit über
eine Facebook-Seite hinaus.
Mehr als nur ein weiterer Kanal
Auch Social Media nur als einen weiteren Kommunikationskanal zu betrachten, der neben anderen an das Service Center
oder die Marketingagentur angebunden wird, greift viel zu
kurz – und trägt sogar erhebliche Risiken in sich. Vielfach ist
zu beobachten, dass in verschiedenen Social-Media-Plattformen
Repräsentanzen als „Insellösungen“ unterschiedlicher Unternehmensbereiche abgebildet sind, zum Beispiel Recruiting
durch HR, Kampagnen durch Marketing und ein Kundenserviceangebot durch das Servicecenter. Bisweilen ist dann noch
nicht einmal die Unternehmensdarstellung konsistent. Die
vom Nutzer erwartete übergreifende Handlungsfähigkeit, zum
Beispiel die Beantwortung von Servicefragen auf der FacebookUnternehmensseite, und eine schnelle Reaktion sind in diesem
­Setup nicht realisierbar, von der Auswertung der Daten und ihrer Übersetzung in konkrete Aktionen ganz zu schweigen.
Der Schritt vom Social Media Management zu Social CRM
verlangt zu allererst ein einheitliches Bild vom Medium selbst
sowie ein angepasstes Zielbild für die eigenen Social-MediaAktivitäten. Insbesondere folgende Spezifika sind zu beachten:
• Social Media ist ein Medium, dass sich maßgeblich von proprietären Kanälen unterscheidet. Es existiert eine Vielfalt potenziell relevanter Plattformen, deren individuelle Bedeutung über
die Zeit variiert. Damit einher geht auch eine Veränderung der
jeweils vertretenen Ziel- oder Kundengruppen.
• Socia Media beziehungsweise Social CRM ist immer
eine many-to-many-Kommunikation. Die Repräsentanten des Unternehmens interagieren in einem direkten Dialog mit Nutzern, welche hohe Transparenz sowie eine hohe
­ eaktions- und ­Adaptionsgeschwindigkeit erwarten. Gut- wie
R
Schlecht­leistungen werden nicht nur vom betroffenen Kunden,
sondern vom erweiterten Publikum wahrgenommen, bewertet
und auch kommentiert.
• Diese Transparenz sowie die Tatsache, dass Nutzer nicht
eindeutig als Kunden identifizierbar – und auch nicht authentifizierbar – sind, begrenzt auch das Angebot, der direkt darstellbaren Geschäftsfälle. Die Gestaltung eines sinnvollen, einfachen
Kanalübergangs in diskretere Kanäle ist hier ein wichtiger Effizienzfaktor.
• Social Media bietet als Kanal die Chance stetig steigender
Reichweiten, vor allem die Partizipation externer Multiplikatoren, und damit verbundener Kostenvorteile in der Kommunikation. Der Preis dafür ist die limitierte Steuerungsfähigkeit
und der damit einhergehende Bedarf an Übersicht und Interventionsfähigkeit. Neben Kostenvorteilen verbessert sich aber
auch die Glaubwürdigkeit der transportierten Information
­(siehe auch Studienergebnisse aus: How Do Social Recommendations Influence Shopping Behaviour? A Field Experiment,
Grahl/Rotlauf/Hinz, Working Paper, April 2013).
Vielfalt an Möglichkeiten mit großer Reichweite
Social Media als Kanal mit besonderen Eigenschaften und
­extrem hoher Adaptionsgeschwindigkeit hat Einfluss auf alle
Bereiche des CRM: Sales, Service und Marketing. Das Unternehmen kann die Beziehung zu seinen Kunden durch Social
Media um ein Vielfaches aktiver gestalten, um den Absatz zu
steigern und die Kundenbindung zu erhöhen. Hierzu werden
die Insights aus Social Media nutzbar gemacht, um die Kunden
besser zu verstehen, aber auch um Kunden effizient zu helfen
und zu loyalisieren. Die Produkte, Leistungen und Marke erlebbar zu machen, beeinflusst Kaufentscheidungen positiv und
erschließt neue Absatzpotenziale. Für einige Branchen stellt
Social Media sogar die Chance dar, erstmals direkten, qualifizierten Kundenkontakt in größerem Umfang zu erlangen.
In der Automobilbranche beispielsweise hielten bisher vornehmlich die Händler den direkten Kundenkontakt. Über Social Media investieren Hersteller nun selbst in den produkt- und
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servicebezogenen Austausch mit ihren Kunden und initiieren
gezielte Aktionen zur Kundenbindung und zur Brand-Awareness: 2010 entwickelte MINI zur Einführung des MINI Countrymans in Schweden ein Social Game, das die Online- und
Offline-Welt verschmelzen lässt. In der iPhone App sieht der
Nutzer einen virtuellen MINI in Stockholm. Nähert er sich
dem Auto, kann er das virtuelle Auto „klauen“. Wer am Ende
der Woche den virtuellen MINI besitzt, hat ein echtes Modell
gewonnen.
Auch in Branchen mit intensivem direkten Kundenkontakt wie
der Telekommunikation wirkt Social Media nicht nur ergänzend
zu den bisherigen Kanälen, sondern kann auch in online- und
offline-Kooperation die Kanaleffizienz und das Kundenerlebnis
übergreifend verbessern. Zum Beispiel können Inbound-Servicekontakte durch Predictive Servicing reduziert werden. Hierbei werden Wortmeldungen über das Unternehmen in ­Social
Media (Share of Buzz) analysiert, um relevante Servicethemen
zu erkennen. Diese Erkenntnisse werden mit einer Analyse
der Anrufgrunderfassung aus dem Call Center gekoppelt. Zu
den identifizierten Themen wird aktiv Kommunikation in den
­Kanälen gestreut und gegebenenfalls betroffene Kunden direkt
kontaktiert. Unternehmen können auf diese Weise zum Beispiel
Kunden bei einer Massenstörung aktiv informieren, gegebenenfalls bevor diese die Störung wahrnehmen. Das beugt Unzufriedenheit vor und transportiert schnell und zielgerichtet die
Botschaft: „Problem erkannt und in Bearbeitung!“. Unternehmen punkten durch transparente Kommunikation und hohe
Kompetenzanmutung.
Gleichzeitig können auch Kunden selbst Mechanismen in Social Media nutzen und die Beziehung zu Unternehmen aktiv
gestalten. Die Fülle der Möglichkeiten reicht von der Teilnahme an einer Community zu einem bestimmten Produkt über
Vernetzung und Austausch mit anderen Kunden, der online
Bewertung von Leistungen des Unternehmens bis hin zur Gestaltung von Produktmerkmalen. Unternehmen geben damit
zwar die Hoheit über die Informationspolitik ein gutes Stück
weit an ihre Kunden ab. Diese honorieren jedoch Beteiligung
und Mitsprache – im besten Fall mit einer positiven Botschaft
an tausende Follower. Die Herausforderung auf dem Weg zur
Social Customer Excellence besteht allerdings darin, diese Vielzahl an Möglichkeiten zu koordinieren und zu steuern sowie ein
konsistentes Kundenerlebnis nachhaltig sicherzustellen.
Roadmap zu Social Customer Excellence
Aus unserer Erfahrung heraus empfehlen wir für den Auf- und
Ausbau der Social-CRM-Kapazitäten einen evolutorischen
Ansatz, der die besonderen Herausforderungen des Mediums
Social Media berücksichtigt. Die Aktivitäten unterteilen wir in
drei Phasen: Listen, Talk, Co-Create.
Koordination
Unternehmen
Produkte und Marke(n)
erlebbar machen
Kaufentscheidung positiv
beeinflussen/neue
Absatzpotenziale erschließen
Kunden besser verstehen
Insights kanalübergreifend nutzbar machen
Andere Bereiche:
R&D, PLM, HR, IR
Andere Kanäle:
E-Mail, SMS, Info Mail, Call, Shops, Mobile Sales,
techischer Außendienst
Quelle: Detecon
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Kunden effizient
helfen und loyalisieren
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Legende:
= Reaktiv
= Aktiv und Reaktiv
„Listen“ Das Unternehmen nimmt zunächst noch eine passive,
beobachtende Rolle ein. Es beobachtet die Aktivitäten seiner
Kunden in den diversen Social-Media-Plattformen und identifiziert Aktivitäts- und Reichweitenschwerpunkte sowie thematische Hotspots. Die benötigten analytischen Kapazitäten
werden aufgebaut und verfeinert. Gewonnene Erkenntnisse
aus dem Kundenfeedback fließen aber in die Verbesserung der
Prozesse, beispielsweise im Service und Vertrieb, ein. Auch Reputationsrisiken werden so frühzeitig erkannt. Kennzeichende
Aktivitäten dieser Phase sind beispielsweise intensive Nutzung
von Portalen zur Bewertung von Produktleistungen oder auch
das Monitoring von Kundenmeinungen im Social Web.
„Talk“ Das Unternehmen nimmt eine aktivere Rolle ein und
geht einen wichtigen Schritt von Social Media Management zu
Social CRM. Es tritt in den Dialog mit dem Kunden. Hierzu
zählen Reaktionen auf Anfragen in Social Media, Nutzung von
Plattformen zur Abwicklung des Kundenservices und zur Bereitstellung von Informationen. Die transparente Kommunikation
beeinflusst Reputation und wahrgenommene Servicequalität.
Co-Create Kunden werden zunehmend in die Unternehmensprozesse eingebunden. Beispielhafte Aktivitäten hierfür sind
die Integration von Kundenwissen und -erfahrungen in die Produktentwicklung und das Testen von neuen Produkt­konzepten
und Funktionalitäten. Eine weitere Ausprägung ist der sogenannte Peer-to-Peer Support: Kunden wirken aktiv im Service
mit und unterstützen zum Beispiel andere Kunden bei der Lösung deren Probleme. Dies kann durch Bewertungsfunktionen
und Incentivierung in Form von „Gamification“ oder Bonusoder Prämiensystemen unterlegt werden.
Für die Realisierung dieser Entwicklung sind Veränderungen
in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens notwendig.
Diese beginnen bei der strategischen Verankerung von Social
CRM über die Einbindung in Prozesse und die Anbindung von
Social-Media-Funktionalitäten an die CRM-Systemlandschaft.
Ein wesentlicher Punkt ist die Aus- beziehungsweise Weiterbildung von Mitarbeitern mit dem für Social Media notwendigen
Skill-Profil: Ausdrucksform, Kenntnisse der relevanten Prozesse,
Empathie für den Kunden – und excellentes Wissen über die
eigenen Produkte und Servicefunktionen. Speziell für die Kommunikation sind auch gemeinsam mit der Unternehmenskommunikation und anderen Bereichen Vorgaben zu erarbeiten, um
selbstinduzierte „Shitstorms“ zu vermeiden. Weiter ist zu klären,
wo die Social-Media-Aktivitäten organisatorisch aufgehängt
und koordiniert werden und wer die Verantwortung trägt.
Auch eine Reihe konzeptioneller, prozessualer und technischer
Fragen sind zu klären: Die Herausforderung der Authentifizierung ist zu lösen, damit Inhalte Nutzern zugeordnet werden
können. Bei unternehmensinternen Angeboten kann diese Hürde durch einen Login, über den sich der Kunde identifiziert,
gelöst werden. Externe Plattformen bieten meist mehr Informationen, die Kundenzuordnung fällt jedoch ungleich schwerer.
Hier sind vor allem die Bestimmungen zum Datenschutz und
zur Datennutzung zu Werbezwecken zu beachten.
Der beste Zeitpunkt für die digitale Positionierung ist jetzt!
Um vom Social Media Management zum Social CRM zu gelangen und die bereits laufenden sowie geplanten Aktivitäten
effizient und konsistent mit der bestehenden Kanallandschaft zu
vernetzen, ist nun der richtige Handlungszeitpunkt. Die Positionierungschancen im Wettbewerb sind existent, allerdings ist
die Dynamik im Markt hoch und damit auch das „Window of
Opportunity“ überschaubar. Unternehmen sollten dieses jetzt
nutzen, um die notwendigen Fähigkeiten evolutorisch, konzeptionell durchdacht und auf ihre Markt- und Unternehmens­
situation zugeschnitten aufzubauen. Eine reaktive Herangehensweise wird aufgrund des schnellen Reichweitenwachstums
von Social Media bald den Kundendruck massiv erhöhen. Der
dann erforderliche, schnelle Aufbau der Fähigkeiten ist risikobehaftet und wird nur noch mit wenig Positionierungspotenzial
verbunden sein.
Joachim Hauk ist Managing Consultant und berät Unternehmen unterschiedlicher Branchen zum Themenkomplex
CRM, Sales und Service. Sein besonderer Fokus liegt dabei auf
Fragestellungen zu Kanalmanagement, Customer Experience
Management und Kundenbindung.
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