Dipl. Psych. Barbara Kubesch Nds. Kultusministerium Soziale (interpersonale) Konflikte werden definiert als: • Spannungssituationen (es geht um Vorstellungen/ Gefühle/ Einstellungen) • in denen zwei oder mehrere Parteien • die voneinander abhängig sind • versuchen • scheinbar oder tatsächlich unvereinbare Handlungspläne • zu verwirklichen. Also wenn eine Situation entsteht, in der zwei Parteien (scheinbar) unvereinbare Interessen und damit verbundene Pläne realisieren wollen, diese Menschen aber voneinander abhängig sind, entsteht ein Konflikt. F. Glasl, einer der bekanntesten Konfliktforscher warnt davor, alle Differenzen (in der Wahrnehmung/ dem Denken/ Fühlen und Wollen) zwischen Personen und Parteien als Konflikte zu bezeichnen, erst wenn sich eine Person oder eine Partei von dem Verhalten einer anderen Partei beeinträchtigt fühlt, spricht er von Konflikten. (Glasl, 2008, S.24) Ursachen von Konflikten Ursachen Bewertungskonflikte oder auch Zielkonflikte Beispiele Eine Schulleiterin sieht in der Zufriedenheit Ihres Kollegiums das wichtigste Ziel, der Stellvertreter sieht in hohen Leistungen der Schülerinnen und Schüler das wichtigste Ziel Beurteilungskonflikt (Uneinigkeit über die Art und Weise wie ein Ziel erreicht werden soll) Schulleitung und Kollegium haben unterschiedliche Ideen, wie das Ziel „Mitarbeiterzufriedenheit“ erreicht werden soll Verteilungskonflikte (entstehen immer, wenn die Ressourcen begrenzt sind) Bsp.: Der Einsatz der Lehrkräfte in den „pflegeleichten“ Klassen Beziehungskonflikte (entstehen, wenn sich eine Person oder Partei von anderen abgewertet fühlt) Bsp.: Vorwurf der Inkompetenz oder der Verweigerung der direkten Beziehungsaufnahme Neben sozialen Konflikten können auch persönliche, also intrapsychische Konflikte Auswirkungen auf die Interaktion und Kooperation in einem Lehrerkollegium haben (bspw. eine Kollegin, die gerne die Schule wechseln möchte, dies aber der Schulleitung und dem Kollegium nicht mitteilt, weil sie fürchtet, dass die anderen ihr dies verübeln). Die dritte Ebene, auf der Konflikte entstehen können und folglich auch bearbeitet werden müssen, ist die strukturelle oder gesellschaftliche Ebene. Grundsätze der Bildungspolitik werden eben nicht in einer Schule festgelegt sondern von den politischen Parteien. Veränderungswünsche müssen im politischen Raum ausgehandelt werden. Auf dieser Ebene gibt es auch Konfliktregelungssystem wir Tarifverträge oder das Personalvertretungsgesetz. Die Kooperation in einem Lehrerkollegium kann durch Konflikte erheblich beeinträchtigt werden, wenn eine Person oder eine Partei (fast) ausschließlich an der Durchsetzung der eigenen Interessen interessiert ist. (Win – lose – Strategie) Aber die grundsätzliche Bereitschaft zu kooperieren, muss auch vorhanden sein. Im Lehrerberuf ist diese Bereitschaft häufig nur eingeschränkt vorhanden, da viele Lehrkräfte den Unterricht und die Vor- und Nachbereitungen als ihre Kernaufgabe definieren und als Einzelkämpfer/ -innen bei der Erfüllung dieser Aufgabe keinen Bedarf nach kollegialem Austausch und Arbeitsteilung haben. Kooperation setzt aber auch voraus, dass: • eine gemeinsame Zielabstimmung erfolgt (s. Zielkonflikte) • gegenseitige Unterstützung gewünscht und gegeben wird (s. Beziehungskonflikte) • Problemlösekompetenzen vorhanden sind (s. Beurteilungskonflikte) und • ein gewisser Handlungs- und Entscheidungsfreiraum gegeben ist. (LINK Arbeitsorganisation) Menschen, die kooperieren sollen, müssen aber auch über bestimmte Persönlichkeitsmerkmale und soziale Kompetenzen verfügen wie: • Fähigkeit zu zwischenmenschlichem Vertrauen • Empathie, also die Fähigkeit sich in andere hineinzuversetzen • Werthaltungen (z. B. kollektive Moral/ soziales Interesse und soziale Verantwortung/ prosoziale Orientierung/ Altruismus). Diese definieren die Identität eines Menschen. • Einstellung der Kooperation vs. Einstellung der Konkurrenz Erhebungsverfahren Wie bei allen Selbstreflexionsprozessen, zu denen eine gründliche Diagnose gehören, kann eine externe Moderation hilfreich oder sogar notwendig sein. Insbesondere wenn die Konflikte eine bestimmt Eskalationsstufe schon überschritten haben, ist eine externe Mediation wichtig für die Konfliktlösung. Glasl hat eine Abfolge von 9 Eskalationsstufen definiert. Sofern eine Eigendiagnose möglich ist, kann eine Einschatzung erfolgen, in welchem Entwicklungsstadium sich das Konfliktgeschehen bewegt um die Entscheidung herbeizuführen, ob eine externe Moderation schon oder noch sinnvoll sein kann Konflikteskalationsstufen nach F. Glasl 1. „Spannungen und Verhärtungen“ Standpunkte prallen aufeinander, Überzeugung: Konflikt ist lösbar 2. „Debatten und Streit“ Schwarz-Weiß-Denken Diskrepanzen zwischen „Oberton und Unterton“ Interesse an der Beziehung Beziehung 3. „Taten statt Worte“ Vollendete Tatsachen Nonverbales Verhalten dominiert Misstrauen, Fehldeutungen, Empathieverlust In diesen drei Phasen ist immer noch eine „Gewinner – Gewinner – Lösung“ möglich, allerdings wird es mit jeder Phase notwendiger, eine Moderation oder Prozessbegleitung zur Unterstützung hinzuzuziehen. 4. „Images, Koalitionen und Kampagnen“ Stereotype, Klischees, Gerüchte Kampf ist angesagt, Personifizierung, sich selbsterfüllende Prophezeiungen 5. „Gesichtsverlust und Ehre“ Prinzipien und Ideologien Öffentliche Angriffe Personalisierung Vertrauensbruch 6. „Drohstrategien“ Drohungen u. Gegendrohungen Ultimaten, Stress durch Emotionalisierung statt Rationalisierung In diesen Phasen des Konfliktes kann es nur noch Sieger und Verlierer geben, es sei denn, die Konfliktparteien sind bereit, durch eine Mediation zu einer gemeinsamen Lösung des Konflikts zu gelangen. 7. „Begrenzte Vernichtungsschläge“ Man traut sich gegenseitig alles Schlechte zu, Werteumkehr, ein kleinerer eigener Schaden wird schon als Gewinn verstanden 8. „Zersplitterung und Steuerungsverlust“ Paralysieren und Desintegration des „Feindlichen Systems“, Angriffe auf die Existenzgrundlage, Konflikt ist außer Kontrolle 9 „Gemeinsam in den Abgrund“ Totaler Kollisionskurs, im Bewusstsein des eigenen Unterganges den Feind mitreißen In diesen Endphasen de Konfliktes gibt es nur noch Verlierer. Eine Mediation ist nicht mehr möglich, nur noch Machteingriffe, wie z. B. ein gerichtliches Urteil. Neben den Eskalationsstufen können auch andere Konfliktmerkmale Anhaltspunkte für das Vorhandensein und die mögliche Eskalation von Konflikten eben: Merkmale destruktiver Konfliktverläufe Kommunikation lässt nach oder ist unaufrichtig • Informationen werden kaum oder fehlerhaft ausgetauscht • es wird übereinander, kaum noch miteinander geredet • Statt Argumenten werden (verdeckte) Gemeinsame Ziele Drohungen ausgetauscht gehen immer mehr verloren Wahrnehmung ist verzerrt und polarisiert • Unterschiede werden schärfer wahrgenommen • jeder versucht seine Ziele zu • Differenzen werden stärker erlebt realisieren als die Gemeinsamkeiten • Gegenseitige Behinderungen Einstellung • Abstimmung und Arbeitsteilung verbleibt • Versöhnungsangebote werden nicht ernst genommen ist von Misstrauen geprägt • • • Bereitschaft zur gegenseitigen • Synergieverluste Unterstützung sinkt • Bereitschaft, andere verstehen zu wollen, sinkt • Neigung steigt, andere persönlich zu verletzen Was können / sollten Sie tun? Reden Sie rechtzeitig miteinander, wenn Sie einen Konflikt wahrnehmen! Nehmen Sie Ihre eigenen Ziele, Bedürfnisse, Gefühle wahr und akzeptieren Sie sie! Versuchen Sie sich in die Gegenpartei einzufühlen und zeigen Sie Verständnis Gehen Sie davon aus, dass es so viele Wirklichkeiten wie Menschen auf dieser Welt gibt und lernen Sie mit diesen subjektiven Unterschieden umzugehen Maßnahmen Grundregeln zur Deeskalation von Konflikten 1. Vermeiden Sie, dass Ihr Gegner sein Gesicht verliert • alte Niederlagen nicht aufwärmen • keine persönlichen Angriffe • grundsätzliche Wertschätzung aufrechterhalten 2. Wahren Sie Ihre Selbstachtung • Rückzug, wenn Verlust der Selbstbeherrschung droht • physischen Abstand wahren • nicht „vor den Karren anderer spannen lassen“ 3. Versetzen Sie sich immer auch in die Lage des Anderen versuchen Sie, die Gedanken und Gefühle des Anderen nachzuvollziehen versuchen Sie, Ziele und Strategien zu verstehen Versuchen Sie, Vorurteile zu überwinden versuchen Sie, Ziele und Strategien zu verstehen versuchen Sie, Vorurteile zu überwinden 4. Verzichten Sie darauf, andere Menschen ändern zu wollen der Andere will sich nicht „umerziehen“ lassen keine Vorschriften, wie der Andere denken oder fühlen muss „Du sollst/Du musst“ schafft Widerstand 5. Vertreten Sie Ihren Standpunkt konsequent und strategisch sagen Sie klar, was Sie wollen Was Sie beobachten, Ihr Gefühl, und Ihr Bedürfnis und die Bitte an den anderen sichern Sie Ergebnisse (schriftlich) 6. Reduzieren Sie die Gefahr von Folgekonflikten o geklärte Konflikte zu den Akten legen o keine Unbeteiligten hineinziehen o keinen Tratsch Links/ Literatur Besemer, Ch. (1994). Mediation – Vermittlung in Konflikten. Königsfeld. Faller, K. (1998). 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