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verbundenen Hemmung der intrazellulären Mobilisation von Ca2+ und der Aktivität
der Proteinkinase C zu tun hat (Sheu 2000)
Ebenfalls induziert LTA eine Isoform der NO-Synthetase (iNOS) in glatten
Muskelzellen und Makrophagen, die große Mengen an NO produzieren und somit zu
einer Vasodilatation führen. Dieser Prozeß findet wahrscheinlich auch beim septischen
Patienten statt (Hattor 1997)
Die Aktivierung dieses Monozyten-Makrophagen-Systems scheint im Sinne der
„mutiple-hit“ Theorie des Multiorganversagens eine Facette einer generalisierten
Störung
der
Zell-Zellkommunikation
Signaltransduktion
und
und
Streßgenexpression
subzellulärer
zu
sein.
Funktionen
wie
Veränderungen
der
Signaltransduktion wie der Genexpression können die Reaktion auf nachfolgende
Streßereignisse positiv wie negativ beeinflussen.
In Anlehnung an die in früheren Untersuchungen (Kleinschmidt 1998, Grundmann
2000) gemachten Beobachtung, dass es nach Ende der extrakorporalen Zirkulation zu
einer Suppression der endotoxinstimulierten Zytokinantwort mononukleärer Zellen
kommt, wurde in der vorliegenden Untersuchung Spezifität und mögliche
Mechanismen dieser eingeschränkten Zytokinsynthese untersucht. Berücksichtigt
wurde dabei, dass im Rahmen nosokomialer Infektionen nach aortokoronaren
Bypassoperationen neben Infektionen durch gramnegative Bakterien auch Infektionen
durch grampositive Bakterien eine wichtige Rolle spielen (Ford 1991).
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Die auslösenden Mechanismen durch grampositive Bakterien bei der Aktivierung
mononukleärer
Zellen
Mechanismen
beinhalten
Oberflächenstrukturen
waren
die
lange
Zeit
weitgehend
Aktivierung
Peptidoglykane
(PGN)
ungeklärt.
Mögliche
von
Monozyten
durch
und
Lipoteichonsäure
die
(LTA)
(Greenberg 1996)
Grampositive Bakterien, als deren Vertreter in der eigenen Untersuchung
Staphylococcus aureus verwendet wurde, weisen kein Endotoxin wie LPS auf. In
deren Zellwand kommen aber Peptidoglykane (PGN) und Lipoteichonsäure (LTA)
vor, die direkt auf Monozyten einwirken und eine Zytokinsynthese induzieren können.
Während nachgewiesen ist, dass Peptidoglykan an den mCD14-Rezeptor der
Monozyten
bindet,
wodurch
eine
Verknüpfung
zur
LPS
induzierten
Signaltransduktion besteht, war der Mechanismus über den die Lipoteichonsäure die
Zytokinsynthese induziert lange unbekannt (deKlimpe 1995, Weidmann 1994,
Heumann 1994).
Seit der Entdeckung des TLR-2 konnte in mehreren Untersuchungen gezeigt werden,
dass dieser Rezeptor durch LTA und Peptidoglykane aktiviert werden kann. Somit
scheint die Signaltransduktion der Monozyten nach Aktivierung durch PGN oder LTA
ganz wesentlich von der Expression des TLR-2 abhängig zu sein (Dziarski 2005).
Es konnte gezeigt werden, dass sowohl LPS, als auch LTA (Cleveland 1996, Hattor
1997) und PGN (Dziarski 1998, Weidemann 1997) an das Membranprotein CD14
binden und eine Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFB in Makrophagen
induzieren. Weil mononukleäre anti CD14 Antikörper auch die Aktivität von CD14
positiven Monozyten, die durch PGN und LTA aktiviert worden waren, hemmen
konnten, scheint der CD14 Rezeptor in der Signaltransduktion für PGN als auch für
LTA eine Rolle zu spielen.
Aber nicht nur über den CD14 Rezeptor scheint LTA in der Lage zu sein Zellen zu
aktivieren. In einer Untersuchung an humanen Thrombozyten zeigen die Ergebnisse,
dass eine Hemmung der Thrombozytenaggregation durch LTA auf eine Erhöhung des
intrazellulären c-AMP-, jedoch nicht des c-GMP-Spiegels und einer damit
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LPS
LBP
MD-2
CD 14
TLR4
MAKROPHAGE
Proteinkinasen
NFB
(p50 und p65
Untereinheiten)
p50
Transkription
DNA
p65
IB
Phosphorilierung
von IB
mRNA
Translation
IB
Protein
P
Posttranslationale
Regulation
Degradierung
von IB
TNF-
TNF-
Abbildung 2: Intrazelluläre Signaltransduktion über NFB am Beispiel der LPS induzierten
TNF- Synthese.
LPS = Lipopolysaccharid, LBP = Lipopolysaccharid-bindendes Protein, TNF- = Tumornekrosefaktor
alpha, NFB = nukleärer Transkriptionsfaktor B, IB = immunreaktives Protein B, TLR4 = Toll-like
Rezeptor 4 (Modifiziert nach Boyle 1997)
Nicht nur gramnegative Bakterien spielen bei nosokomialen Infektionen nach
aortokoronaren Bypassoperationen eine wichtige Rolle, sondern auch grampositive.
Grampositive Bakterien können ebenso wie gramnegative Bakterien mononukleäre
Zellen zur Zytokinsynthese stimulieren (Heumann 1994) und schlimmstenfalls eine
Sepsis induzieren, die mit einer höheren Letalitätsrate behaftet ist, als eine
gramnegative Sepsis (Bone 1994).
In den 70iger Jahren noch relativ selten, hat die Zahl der durch grampositive Bakterien
ausgelösten Sepsisfälle in den letzten 15 Jahren deutlich zugenommen. Etwa die
Hälfte aller derzeitigen Sepsisfälle werden durch grampositive Erreger ausgelöst und
die Zahl wird in den nächsten Jahren vermutlich noch ansteigen (Bone 1991).
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eingeht. Dies führt zu einer erleichterten Abgabe von LPS an den eigentlichen
biologisch aktiven Rezeptorkomplex aus TLR4 und MD-2. In diesem Zusammenhang
besteht die Hauptbedeutung des CD14Rezeptors lediglich darin, LPS an den
eigentlichen Rezeptorkomplex betsehend aus TLR4 und MD-2 zu übertragen
(Palsson-McDermott 2004).
Das Glykoprotein MD-2 fungiert hierbei als ein extrazelluläres Adapterprotein und
hilft bei der Verbindung zwischen LPS und TLR-4, wodurch die intrazelluläre
Signaltransduktionskaskade in Gang gebracht wird (Visintin 2003).
Ein möglicher Ablauf der Signaltransduktionskaskade ist in Abbildung 2 dargestellt.
Hierbei führt die Interaktion des LPS-LBP-Komplexes mit dem Rezeptorkomplex
bestehend aus CD14, TLR 4 und MD-2 über eine Aktivierung der Proteinkinase C zu
einer Aktivierung von Transkriptionsfaktoren (z.B. nukleärer Faktor B) gefolgt von
einer etwa 3fachen Zunahme der Transkription des TNF--Gens (Jongeneel 1992).
Nach dieser moderaten Zunahme der Transkription folgt bei einer Stimulation mit LPS
eine etwa 100fachen Zunahme der mRNA-Konzentration und einer erneut um den
Faktor 100 höheren Sekretionsleistung des Makrophagen für TNF-. Mithin erfolgt
auch auf posttranskriptionalem Niveau durch Stabilisierung der mRNA und Erhöhung
der translationalen Effektivität eine Regulation der TNF--Genexpression. Darüber
hinaus ist auch auf posttranslationalem Niveau (Modifikation des Propeptids und
Trimerisation bzw. Synthese einer membrangebundenen Form) eine Modifikation des
Moleküls und der Syntheseleistung zu beobachten.
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insbesondere die T-Lymphozyten und die Immunglobulin-produzierenden BLymphozyten aktivieren. Daneben stellen sie den Hauptbildungsort der Zytokine und
tragen entscheidend zur Zell-Zellkommunikation innerhalb der immunkompetenten
Zellen bei. Sie bilden somit des wichtigste Bindeglied zwischen dem spezifischen und
unspezifischen Immunsystem.
Die Monozyten entstammen den myeloischen Stammzellen des Knochenmarks als den
gemeinsamen Vorläuferzellen für Granulozyten und Makrophagen und gelangen
zunächst als Monozyten in die Blutbahn, bis sie sich nach wenigen Tagen als
ortsständige Makrophagen gewebetypisch ausdifferenzieren. Die Gesamtheit der
Monozyten/Makrophagen bildet das „mononukleäre phagozytierende System“ (MPS;
ältere Bezeichnung: „retikuloendotheliales System“). Monozyten können durch
bakterielle Toxine über Oberflächenrezeptoren aktiviert werden. Der am besten
charakterisierte Rezeptor ist CD14 (CD= „cluster of differentiation“; international
einheitliche Nomenklatur für Zelloberflächenmarker), der eine wesentliche Rolle in
der Endotoxin-vermittelten Zytokinantwort spielt.
Endotoxine oder Lipopolysaccharide (LPS) werden aus der Zellwand gramnegativer
Bakterien nach Lyse durch immunkompetente Zellen oder bakterizide Antibiotika
freigesetzt und können nach Bindung an ein LPS-bindendes Protein (LBP) als LPSLBP-Komplex über den Oberflächenrezeptor CD14 zirkulierende Monozyten und
gewebsständige Makrophagen aktivieren und sie so z.B. zur Synthese von TNF-
anregen (Wright 1990).
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass CD14 nicht das einzige Oberflächenmolekül
in dieser Signaltransduktionskaskade ist. Ein Durchbruch war die Entdeckung des
Toll-like Rezeptors 4 (TLR4). Hierbei sind große Fortschritte in der Identifikation und
dem Verständnis der Interaktion der verschiedenen Moleküle CD14 (Wright 1990),
Toll-like Rezeptor 4 (Medzhitov 1997) und MD-2 (Shimazu 1999) gemacht worden.
Nach heutigem Wissenstand ist das erste Protein welches für die Erkennung von LPS
verantwortlich ist das LPS-bindende Protein (LBP) (Schumann 1990). LBP ,ein
Akutphaseprotein welches in der Leber produziert wird, zirkuliert im Blutstrom und
geht einen Komplex mit LPS ein. Die Rolle von LBP besteht in einer Andockhilfe für
LPS an den CD14-Repetor, indem es einen weiteren Komplex mit diesem Rezeptor
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(Livingston 1995) reagieren wird. Diese Theorie besagt, daß der Organismus, der
bereits
mit
einer
Aktivierung
des
Immunsystems
und
einer
erheblichen
Zytokinfreisetzung auf ein Streßereignis bakterieller oder abakterieller Art reagiert hat,
nicht in der Lage ist, auf eine zweite Noxe, die der ersten direkt folgt adäquat zu
reagieren.
In dieser Arbeit stellt das erste Streßereignis die Herzoperation unter Anwendung der
EKZ dar, die zweite Noxe ist die in vitro Stimulation der Patientenmonozyten mit dem
Endotoxin Lipopolysaccharid (LPS) gramnegativer Bakterien und SAC-I, einem von
Staphylococcus aureus gewonnenem Zellwandprotein.
In einer Studie (Kleinschmidt 1998), die sich erstmals u.a. mit dieser Problematik
beschäftigte und bei der in einem ex-vivo-Modell die endotoxinstimulierte
Zytokinantwort
nach EKZ untersucht
eingeschränkte
Zytokinsynthese
der
wurde, fand
mononukleären
sich perioperativ eine
Zellen.
Eine
weitere
Untersuchung (Grundmann 2000) beschäftigt sich mit der Bedeutung humoraler
Faktoren auf die Vermittlung der beobachteten Hemmung der endotoxinstimulierten
Zytokinfreisetzung nach EKZ. Auch hier wurde gezeigt, dass es nach EKZ, trotz
Endotoxinstimulation, zu einer Einschränkung der Zytokinsynthese des Monozyten
kommt, welche jedoch schon 24 Stunden nach Ende der EKZ rückläufig war.
Ähnliche Phänomene wurden auch bei Patienten mit Sepsis (Ertel 1995) oder nach
schweren Verletzungen gefunden (Keel 1996).
In einer von Ziegenfuß 1999 publizierten Studie wurden diese Beobachtungen auch
bei Patienten gemacht, die sich einer Bauchaortenoperation unterzogen. Bei dieser
Untersuchung war eine hohe Korellation zwischen dem Ausmaß der Hemmung der
Syntheseleistungen von TNF- und eines ungünstigen klinischen Verlaufes
(„outcome“) des Patienten zu verzeichnen. Je ausgeprägter die Suppression der
Monozyten ausfiel und je länger sie anhielt, desto schlechter war die Prognose des
Patienten.
Die Monozyten nehmen im Rahmen der Immunantwort eine zentrale Stellung ein. Für
das unspezifische, angeborene zelluläre Immunsystem haben sie größte Bedeutung, da
sie als „professionelle“ Makrophagen körperfremde Mikroorganismen, virusbefallene
Zellen oder Tumorzellen vernichten können. Auf der anderen Seite können sie durch
Antigenpräsentation die zentralen Zellen des adaptiven, spezifischen Immunsystems,
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Extrakorporale Zirkulation
Kontaktaktivierung an
Fremdoberflächen
Nicht pulsatiler Blutfluß
Ischämie/Reperfusion
Endotoxineinschwemmung
Lokale
proinflammatorische
Immunreaktion
Überwiegen der
proinflammatorischen
Mediatoren
Lokale
antiinflammatorische
Immunreaktion
Immunreaktion
des Organismus
Gleichgewicht
pro- und antiinflammatorischer
Mediatoren
Überwiegen
antiinflammatorischer
Mediatoren
Homöostase
SIRS
CARS
MARS
Abbildung 1: Schematische Darstellung der Reaktionsmöglichkeiten des Organismus auf pround antiinflamatorische Mediatoren. SIRS = systemic inflammatory response syndrome, CARS =
compensatory antiinflammatory response syndrome, MARS = mixed antagonistic response syndrome
(modifiziert nach Bone 1996).
Die bisher vorliegenden Untersuchungen zur spontanen Zytokinfreisetzung bei
Herzoperationen unter Anwendung der EKZ erlauben jedoch keinen Rückschluß
darauf, wie der Organismus auf eine zweite in engem zeitlichen Zusammenhang zur
EKZ
stehende
Herausforderung
des
Immunsystems
(z.B.
Infektion
durch
gramnegative Bakterien) im Sinne der „multiple-hit“ Theorie des Multiorganversagens
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Tabelle 1: Wirkungen und Syntheseorte der wichtigsten Zytokine
Syntheseort
Wirkung
Tumornekrosefaktor-
(TNF-)
Monozyten
Makrophagen
B-Lymphozyten, T-Lymphozyten,
NK Zellen,
Neutrophile Granulozyten, Mastzellen,
Endothelzellen, Keratinozyten
Astrozyten, Mikrogliazellen,
glatte Muskelzellen, Fibroblasten
Fieber, HZV, SVR, Tachykardie,
Induktion von Adhäsionsmolekülen,
Lymphozytopenie, Monozytopenie,
Aktivierung und Erhöhung der zirkulierenden
Zahl neutrophiler Granulozyten,
Gerinnungsaktivierung, Schlafinduktion,
Induktion der Akut-Phase-Reaktion,
Induktion der endokrinen Stressantwort
(CRH), Glykogenolyse, Hemmung der
Lipoproteinlipase, Apoptose, Induktion der
distalen „Zytokinkaskade“
Interleukin-1 (IL-1)
Monozyten
Makrophagen
B-Lymphozyten, T-Lymphozyten,
NK Zellen, Neutrophile Granulozyten,
Endothelzellen, Keratinozyten, Astrozyten, Mikrogliazellen, glatte Muskelzellen, Fibroblasten
Fieber, Granulozytose, Leukopenie, Thrombozytopenie
Induktion der Akut-Phase-Reaktion,
CSF-Induktion,
Gerinnungsaktivierung, Schlafinduktion,
Induktion von Adhäsionsmolekülen
Induktion der distalen „Zytokinkaskade“
IL-6
Monozyten,
Makrophagen,
B-Lymphozyten, T-Lymphozyten,
Hepatozyten, Endothelzellen,
Keratinozyten, Fibroblasten
Induktion der Akut-Phase-Reaktio Hämatopoese,
Differenzierung von B-Lymphozyten, Regulation
der B- und T-Lymphozytenfunktion, Synergistische
Wirkung mit TNF-, IL-1, Freisetzung von sTNFr und
IL-1ra, Hemmung der TNF- Genexpression
Lösliche TNF
Rezeptoren (sTNFr)
„Abstreifen“ von
Oberflächenrezeptoren
Kompetitiver Inhibitor, TNF- Antagonismus, ubiquitär
unter physiologischen Bedingungen nachweisbar
IL-1ra
Monozyten,
Makrophagen,
B-Lymphozyten, T-Lymphozyten,
NK Zellen, Neutrophile Granulozyten,
Endothelzellen, Keratinozyten,
Mikrogliazellen, Astrozyten,
glatte Muskelzellen, Fibroblasten
Kompetitiver Inhibitor, IL-1 Antagonismus
IL-10
Monozyten,
Makrophagen,
B-Lymphozyten, T-Lymphozyten,
Keratinozyten
HLA-DR Expression, TNF-, IL-1, IL-8, PGE2 ,
verminderte Aktivierung von neutrophilen Granulozyten,
Aktivierung des Wachstums und der Differenzierung
von B-Lymphozyten
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Synovialzellen und die Freisetzung von Leukotrien B4 von LPS-stimulierten
Monozyten.
Interleukin-10 (IL-10), ein Polypeptid mit einem Molekulargewicht von 18 kDa,
blockiert
die Synthese
proinflammatorischer
Zytokine und
darüber
hinaus
verschiedene andere akzessorische Funktionen von Makrophagen (Bogdan 1991, de
Waal-Malefyt 1991). IL-10 wirkt somit als Suppressor der Effektorfunktionen von
Makrophagen, T-Zellen und natürlichen Killerzellen. Da die Produktion von IL-1ra
(Inteleukin-1-Rezeptor-Antagonist), ebenfalls ein antiinflammatorisches Zytokin,
stimuliert wird (Casatella 1994), übt IL-10 mit IL-1ra zusammen eine starke
antiinflammatorische Wirkung aus.
Syntheseort und Wirkung der einzelnen Zytokine sind in der Tabelle 1 (Seite 20 )
zusammenfassend dargestellt.
Obwohl eine exzessive Ausschüttung von proinflammatorisch wirksamen Zytokinen
möglicherweise zu einer postoperativen Beeinträchtigung von Organfunktionen führt,
ist Ihre Freisetzung von eminenter Bedeutung im Rahmen der Infektionsabwehr oder
der Wundheilung bei chirurgischen Patienten. Offensichtlich von ebenso großer
Bedeutung
ist
jedoch
auch
eine
adäquate
kompensatorische
Freisetzung
antiinflammatorisch wirksamer Zytokine, da ein Gleichgewicht von pro- und
antiinflammatorisch
wirksamen
Zytokinen
zur
Gewährleistung
normaler
Organfunktionen notwendig ist. Kommt es im Rahmen der physiologischen
Gegenregulation auf eine inflammatorische Noxe zu einer überschießenden Bildung
antiinflammatorischer Mediatoren, resultiert daraus möglicherweise eine relative
Immunparalyse und eine erhöhte Infektanfälligkeit des Organismus. Durch dieses von
Bone 1996 als „compensatory anti-inflammatory response syndrome“ (CARS)
bezeichnete Krankheitsbild kann somit der Patient ebenso gefährdet werden wie durch
das „systemic inflammatory response syndrom“ (SIRS). In welcher Weise der
Organismus auf die angreifenden Noxen reagiert und ob ein Gleichgewicht zwischen
pro- und antiinflammatorisch wirksamen Mediatoren erreicht wird ist von zentraler
Bedeutung für die Heilungschancen des Patienten. (Bone 1997).
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Antigene oder Bakterien produziert wird, ist ein proinflammatorisch wirkendes
Zytokin mit ähnlichen Eigenschaften wie TNF-. Für IL-1 werden zwei Formen
beschrieben (IL-1 und IL-1), die von unterschiedlichen Genen kodiert werden, aber
an den gleichen Rezeptor binden und die gleiche biologische Aktivität aufweisen. Der
größte Anteil von IL-1 verbleibt aber als Vorläufermolekül im Zytosol der Zelle, so
daß für die systemische Aktivität der -Form die größte Bedeutung zukommt.
Wesentliche biologische Wirkungen umfassen u.a. die Aktivierung von TLymphozyten, Monozyten und Makrophagen sowie die Steigerung der zytolytischen
Aktivität von natürlichen Killerzellen. Über die Induktion von IL-6 induziert IL-1
außerdem in der Leber die Bildung von Akut-Phase-Proteinen.
Interleukin-6 (IL-6), ein 26 kDa Protein, wird von verschiedenen Zellen wie
Monozyten, Makrophagen, Endothelzellen und Fibroblasten nach Stimulation durch
TNF- und IL-1 gebildet. In der Leber induziert IL-6 als physiologischer Mediator
die Bildung zahlreicher Proteine der Akut-Phase-Reaktion wie Fibrinogen, 2Makroglobulin und 1-Antichymotrypsin. Ferner ist IL-6 ein Wachstumsfaktor für
aktivierte B-Zellen in der terminalen Differenzierungsphase und fördert zusammen mit
anderen Zytokinen das Wachstum hämatopoetischer Stammzellen. Ähnlich wie TNF und IL-1ß verfügt IL-6 über pyrogene Wirkungen. Über die Stimulation der ACTHSynthese und damit indirekt der Glucocorticoidsynthese wird die eigene Produktion
im Sinne einer negativen Feedback-Regulation gehemmt. Das Ausmaß der IL-6
Freisetzung eignet sich als Marker für die Schwere der Erkrankung und korreliert beim
septischen Schock mit der Prognose der Patienten. Neben proinflammatorischen
Effekten scheint IL-6 aber auch antiinflammatorische Wirkungen vermitteln zu
können, sowohl durch eine direkte Hemmung, als auch durch Induktion natürlicher
Antagonisten von TNF- (Schindler 1990, Tilg 1994, Tilg 1997, Xing 1998). Da die
Synthese von IL-6 noch vor der Synthese von IL-1ra und IL-10 aktiviert wird, könnte
IL-6 so an einer Eindämmung der proinflammatorischen Reaktion beteiligt sein.
Der Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist (IL-1ra), ein 17,5 kDa Protein, wird von den
gleichen
Zellen
gebildet,
die
auch
IL-1
exprimieren
und
hemmt
als
antiinflammatorisches Zytokin die Freisetzung des proinflammatorischen IL-1.
Außerdem hemmt dieser Rezeptorantagonist die Prostaglandin E2 Synthese in
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spezifische Zytokinrezeptoren vermittelt wird. Dabei können Zytokine neben autound parakrinen Effekten auch endokrine Wirkungen hervorrufen
Diese Zytokine kann man grob in proinflammatorische, die eine Entzündungsreaktion
in Gang setzen können, oder diese verstärken und in antiinflammatorische Zytokine,
die einer Entzündung entgegenwirken, unterteilen. Zu den proinflammatorischen
Zytokinen werden der Tumornekrosefaktor alpha (TNF-), Interleukin-1 (IL-1) und
Interleukin-6 (IL-6) gezählt, zu den antiinflammatorischen Zytokinen gehören
Interleukin-1-Rezeptor-Antagonist (IL-1ra) und Interleukin-10 (IL-10).
Der Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-) ist ein nicht-glykolisiertes Membranprotein,
bestehend aus einer Sequenz von 157 Aminosäuren und einem Molekulargewicht von
17 kDa. Erst durch Trimerisierung entsteht das biologisch aktive TNF--Molekül, das
als einer der wichtigsten Mediatoren der generalisierten Entzündungsreaktion bei
Herzoperationen unter Anwendung der EKZ angesehen wird. Untermauert wird dies
durch die Beobachtung, daß bei aortokoronaren Revaskularisationen sich TNF- nur
im Blut derjenigen Patienten nachweisen ließ, die unter Anwendung der
extrakorporalen Zirkulation operiert wurden, während bei Patienten, bei denen dieser
Eingriff ohne kardiopulmonalen Bypass erfolgte, der Nachweis einer TNF-
Freisetzung
nicht
erbracht
werden
konnte
(Brasil
1998).
Auch
andere
Entzündungsparameter wie Leukozytenelastase und C3a waren in einer EKZ-Gruppe
deutlich höher als in einer nicht EKZ-Gruppe (Gu 1998). Die Wirkung von TNF-
kommt über spezifische TNF--Rezeptoren zustande, die auf fast allen Körperzellen
exprimiert sind und nach Abspaltung in Form löslicher TNF--Rezeptoren (TNFsr-1
und –2) als kompetitive Inhibitoren und damit als antiinflammatorische Mediatoren
wirken können. Während viele Zelltypen nicht zur Synthese von TNF- befähigt sind,
erlauben die ubiquitär vorkommenden Makrophagen die Synthese von TNF- in
nahezu allen Organen, wobei nach aktuellem Kenntnisstand auch das Herz als
Bildungsstätte in Betracht kommt (Wan 1996, Meldrum 1998). TNF- ist ein
endogenes Pyrogen und induziert auf vaskulären Endothelzellen die Expression von
Adhäsionsmolekülen. Neben einer Aktivierung von Granulozyten und Monozyten
fördert TNF- direkt die Synthese von IL-1.
Interleukin-1 (IL-1), ein Polypeptid mit einem Molekulargewicht von 17,5 kDa, das
von vielen verschiedenen Zellen nach Stimulation durch Zytokine, Mitogene,
15
Verlaufsformen klinisch keine Unterscheidung zwischen primär septischem und
abakteriellem MODS möglich ist und selbst ohne den Nachweis eines lokalisierten
Sepsisherds häufig positive Blutkulturen und/oder eine Endotoxinämie gefunden
werden. Als Erklärungsmodell hierfür wird u.a. eine bakterielle Translokation, also
eine Einschwemmung von Bakterien und deren Toxinen aus dem Darmlumen als
Folge einer intestinalen Permeabilitätsstörung beim Intensivpatienten angenommen.
In den meisten Fällen verläuft eine generalisierte Entzündungsreaktion (SIRS) nach
Herzoperationen
blande,
schlimmstenfalls
führt
sie
jedoch
über
ein
Multiorgandysfunktionsyndrom (MODS) zum Tod des Patienten.
Ursächlich beteiligt an der Auslösung dieser Entzündungsreaktion (SIRS) sind bei
Herzoperationen neben der operationsbedingten Gewebetraumatisierung u. a. auch die
Kontaktaktivierung des Blutes an den Fremdoberflächen bei der extrakorporalen
Zirkulation
durch
die
Herz-Lungenmaschine
(EKZ)
(Kirklin
1983),
eine
Endotoxineinschwemmung aus dem Gastrointestinaltrakt (Kharazmi 1989) sowie das
Ischämie/Reperfusionsereignis am Herzen selbst (Sawa 1996). Dadurch kommt es zu
einem komplexen Zusammenspiel zellulärer und humoraler Faktoren (Kirklin 1991,
Chenoweth 1981).
Unter den verschiedenen humoralen Mediatoren, die in die Regulation dieser
Entzündungsreaktion eingebunden sind und nach ihrer Freisetzung sowohl mit
zirkulierenden Zellen des Blutes als auch mit Gefäßendothelzellen interagieren,
spielen neben freien Sauerstoffradikalen, Komplementfaktoren und Metaboliten des
Arachidonsäurestoffwechsels die Zytokine eine entscheidende Rolle.
Zytokine sind von verschiedenen Zellen (u.a. Monozyten, Makrophagen, Endothelund Organparenchymzellen), freigesetzte Peptidmediatoren, die zusammen mit
anderen Signalmolekülen eine wichtige Rolle bei der Regulation zellulärer und
humoraler Immunreaktionen spielen, indem sie einen wesentlichen Beitrag im
Rahmen der Zell-Zellkommunikation leisten. Die Regulation der zeitlich und räumlich
begrenzten Zytokinsynthese und –ausschüttung erfolgt dabei auf der Ebene der
Proteinsynthese. Aus der Stimulation der Proteinsynthese und ihrer verschiedenen
Verstärkungsmechanismen resultiert ein steiler Konzentrationsanstieg der Zytokine
(Bauer 1996), wobei die Wirkung der freigesetzten Zytokine auf die Zellen über
14
Kriterien des SIRS
Körpertemperatur > 38°C
Körpertemperatur < 36°C
Herzfrequenz > 90/min
Atemfrequenz > 20/min
paCO2 < 32 mm Hg
Leukozytose > 12000/mm³
Leukozytopenie < 4000/mm³
mehr als 10% unreife Granulozyten
Die schwere Sepsis („severe sepsis“) ist zu dem noch gekennzeichnet durch das
Auftreten einer Organdysfunktion bei bestehender Sepsis. Im Rahmen einer Sepsis
beschreibt der Begriff „septischer Schock“ das Vorliegen einer sepsisassoziierten
Kreislaufinsuffizienz trotz adäquater Volumensubstitution. Diagnostische Kriterien
sind ein systolischer Blutdruck < 90 mm Hg bzw. ein Abfall um mehr als 40 mm Hg
vom Ausgangswert typischerweise bei erniedrigtem systemischem Gefäßwiderstand.
Während im Frühstadium der Sepsis akute, prinzipiell reversible Störungen der
Organfunktion als Folge der Störung der Herz-Kreislauffunktion das klinische Bild
dominieren („Organ im Schock“), bestimmen im Spätstadium das etablierte
Organversagen, typischerweise unter dem Bild der Mehrorganinsuffizienz, Verlauf
und Prognose.
Das Auftreten von Organdysfunktionen beim Akutkranken mit der Notwendigkeit
einer (intensiv-) medizinischen Intervention zur Aufrechterhaltung der Homöostase
wird entsprechend den Richtlinien der ACCP/SCCM als „Multiple Organ Dysfunktion
Syndrome (MODS)“ bezeichnet. Vergleichbar dem infektiösen SIRS können auch
primär abakterielle schwere Insulte, z.B. ein Polytrauma, zu einer systemischen
Entzündung und konsekutivem MODS führen. Es handelt sich hierbei jedoch
mehrheitlich um die Ausschlußdiagnostik einer Sepsis, da bei der Schwere dieser
13
2. Einleitung
Die Mortalitätsrate nach Herzoperationen hat in den letzten Jahren durch
Verbesserung der operativen Technik, des perioperativen Monitorings und der
postoperativen Intensivtherapie stetig abgenommen (Hannan 1994). Trotzdem besteht
besonders bei Eingriffen unter Anwendung der extrakorporalen Zirkulation (EKZ)
auch weiterhin im besonderen Maße die Gefahr des Auftretens postoperativer
Funktionsstörungen einzelner Organe oder Organsysteme (Westaby 1987). Dies äußert
sich neben einer Einschränkung der Herzfunktion, wie Rhythmusstörungen oder
Beeinträchtigung der Auswurfleistung, auch mit Störungen im Bereich der Nieren
(Abel 1976), des Gastrointestinaltraktes (Christenson 1994), der Lunge (Hachenberg
1995) oder des Gehirns (Harris 1993, Roach 1996).
Nach heutiger Ansicht scheinen viele dieser postoperativen Organfunktionsstörungen
auf eine generalisierte und überschießende Aktivierung des Immunsystems durch das
operative Trauma zurückzuführen zu sein. Nicht nur ein Trauma oder Operationen,
sondern auch septische Infektionen können zu einem Versagen mehrerer Organe
führen, was letztendlich in einem Multiorganversagen enden kann.
Eine septische Infektion oder „Sepsis“ ist in Anlehnung an die Richtlinien des
„American College of Chest Physicians (ACCP)/ Society of Critical Care Medicine
(SCCM) Consensus Conference Committees“ ein Symptomkomplex aus systemischer
Entzündungsreaktion bei gleichzeitigem Vorliegen eines lokalen Entzündungsherds.
Dabei ergibt sich die Diagnose der systemischen Entzündungsreaktion oder „systemic
inflammatory response syndrome (SIRS)“ aus dem Vorliegen von mindestens zwei der
folgenden Kriterien:
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