CHE 172.1: Organische Chemie fŁr die Biologie

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13. Amine und ihre Derivate
Amine sind Derivate des Ammoniaks, bei dem ein bis drei Wasserstoffatome durch Alkyloder Arylgruppen ersetzt wurden. Entsprechend gibt es primäre Amine, sekundäre Amine
und tertiäre Amine:
Ein Verbindung mit vier Substituenten am N-Atom heisst quartäres Ammoniumsalz. Ein
Amin mit Alkylsubstituenten heisst Alkylamin. Ein Amin mit Arylsubstituenten
(aromatischen Ringen) heisst Arylamin. Das N-Atom in einem Alkylamin ist sp3hybridisiert, hingegen in einem Arylamin sp2-hybridisiert.
13.1 Benennung der Amine
Wie auch bei anderen funktionellen Gruppen wird man durch die Vielzahl von Trivialnamen
in der Literatur verwirrt. Am besten benennt man aliphatische Amine nach dem ChemicalAbstracts-System, d.h. man betrachtet sie als Alkanamine, bei denen dem Namen des
Alkans das Wort "amin" nachgefügt wird. Die Stellung der funktionellen Gruppe wird
durch die Numerierung des daran gebundenen Kohlenstoffatoms angegeben, wie bei den
Alkoholen, z.B.:
Bei sekundären und tertiären Aminen bildet der grösste Alkylsubstituent den
namensgebenden Stamm des Alkanamins, die anderen an das N-Atom gebundenen
Gruppen werden durch ein ihrem Namen vorangestelltes N-gekennzeichnet, z.B.:
13.2 Struktur und physikalische Eigenschaften der Amine
Das Stickstoffatom in Alkylaminen ist sp3-hybridisiert und bildet deshalb ein nahezu
reguläres Tetraeder. Die Substituenten nehmen drei der Tetraederecken ein - in die vierte
weist das freie Elektronenpaar des N-Atoms. Das Stickstoffatom in Arylaminen ist
hingegen sp2-hybridisiert und deshalb planar. Das freie Elektronenpaar befindet sich jetzt
in ein p-Orbital:
Die tetraedrischer Geometrie am N-Atom im Alkylamine ist jedoch nicht starr, da eine
rasche Inversion stattfinden kann. Für diese Bewegung muss in einfachen Aminen eine
Energiebarriere von ungefähr 21-29 KJ/mol überwunden werden :
Es ist deshalb nicht möglich ein isomerenreines, einfaches di- oder trialkyliertes Amin bei
RT zu erhalten. Die Inversion findet bei RT sehr rasch statt.
Die besondere Fähigkeit der Alkohole, Wasserstoffbrücken auszubilden, ist für ihre hohen
Siedepunkte verantwortlich. Die gleichen Eigenschaften finden wir auch bei den Aminen :
Amine bilden jedoch schwächere Wasserstoffbrücken als Alkohole. Die Siedepunkte der
Amine liegen im allgemeinen zwischen denen der entsprechenden Alkane und Alkohole.
Einfache Amine sind in Wasser und Alkoholen löslich.
13.3 Basizität von Amine
Die Chemie der Amine wird durch ihr freies Elektronenpaar am N-Atom dominiert. Wegen
dieses freien Elektronenpaars besitzen Amine basische und nucleophile Eigenschaften.
Amine sind, wie erwartet, viel stärker basisch als Alkohole. Amine deprotonieren Wasser
in geringem Ausmass, so dass Ammonium- und Hydroxid-Ionen entstehen:
Eine Möglichkeit die relative Basizität von Aminen zu vergleichen ist durch die pKa Werte
der entsprechenden Ammonium-Ionen :
Name
Struktur
pKa des Ammoniumions
Ammoniak
NH3
Methylamin
MeNH2
10.64
Ph-NH2
4.63
Ethylamin
Anilin
Dimethylamin
Diethylamin
Trimethylamin
Triethylamin
Primäre Amine
CH3CH2NH2
Sekundäre Amine
Me2NH
Et2NH
Tertiäre Amine
Me3N
Et3N
9.26
10.75
10.73
10.94
9.79
10.79
Wir sehen auch, dass Arylamine, wie Anilin, wesentlich schwächere Basen sind, als
Alkylamine. Warum?
Offentsichlich ist jetzt die protonierte Form nicht so bevorzugt wie beim Alkylamin. Den
Grund dafür findet man, wenn man die Struktur beider Formen vergleicht :
Arylamine sind stabiler als Alkylamine weil es für Arylamine mehrere Resonanz-Strukturen
gibt, worin das freie Elektronenpaar über den aromatischen Ring delokalisiert wird (sie
sind also "weniger zugänglich" für Protonierung). Dieser Resonanz-Effekt geht bei der
Protonierung verloren. Wir verlieren also die Resonanzstabilisierung, und deswegen ist die
protonierte Form weniger bevorzugt.
Zur Erinnerung : Beim Amid ist das N-Atom überhaupt nicht mehr basisch. Amide sind also
in Hinsicht auf Säure-Base-Eigenschaften neutral :
Die basischen Eigenschaften von Aminen können ausgenutzt werden, um Amine zu
reinigen :
13.4 Synthese von Aminen
Alkylierung von Aminen
Amine sind nucleophil : sie reagieren mit Halogenalkanen zu Alkalaminen. Die Reaktion ist
jedoch schwer zu kontrolieren. Es entstehen mehrfach substituierte Produkte, meist sogar
Tetraalkylammonium-Salze.
Zum Beispiel :
Betrachten wir die Alkylierung von Ammoniak mit 1-Brombutan. Wenn wir äquimolare
Mengen der Ausgangssubstanzen vorlegen, entsteht als Produkt Butylammoniumbromid,
das mit dem vorliegenden Ammoniak sofort ein Proton austauscht. Die geringen Mengen
von Butylamin, die so entstehen, konkurrieren mit Ammoniak um das
Alkylierungsreagenz. Durch weitere Alkylierung entsteht ein Dibutylammoniumsalz, das
sein Proton an jede der beiden anwesenden N-Basen geben kann, so dass Di-n-butylamin
entsteht. u.s.w. So kommt es schliesslich zu einer Mischung von Alkylammoniumsalzen
und Alkanaminen:
Reduktion von Nitrilen
Wir haben schon gesehen, dass durch Reduktion mit LiAlH4 oder durch Hydrierung mit
Pd/C Katalysator und H2 Nitrile in Amine umgewandelt werden können:
Reduktion von Nitroarenen
Für die Synthese von Arylaminen ist die einfachste Methode die Reduktion von dem
entsprechenden Nitro-Aromaten. Die Nitrogruppen-Reduktion kann unter verschiedenen
Bedingungen durchgeführt werden, z.B.:
13.5 Reaktionen von Aminen
Das chemische Verhalten der Amine wird von der Nucleophilie des Stickstoffatoms
wesentlich bestimmt. In früheren Abschnitten wurde diese Eigenschaft bereits erwähnt,
z.B.:
Amin + Halogenalkan
Amin + Säurechlorid
Amin + Aldehyd/Keton
In den zwei letzten Prozessen sind tertiäre Amine nicht reaktionsfähig, weil sie kein
Wasserstoffatom am N-Atom tragen, das abgespalten werdem könnte:
Durch nucleophilen Angriff eines Amins auf ein Halogenalkan entsteht ein Ammonium-Ion.
Bei einem quartären Ion ist keine weitere Alkylierung möglich, da keine substituierbaren
Protonen mehr vorhanden sind, und das freie Elektronenpaar am N-Atom steht auch nicht
zur Verfügung.
Hofmann Eliminierung
Quartäre Ammoniumsalze sind in Gegenwart von starken Basen instabil, da sie eine
bimolekulare Eliminierung eingehen können (E2 Reaktion), die zur Ausbildung eines Alkens
führt. Dabei greift die Base das zum Stickstoff ß-ständige Wasserstoffatom an, und das
neutrale Trialkylamin tritt zusammen mit seinem Elektronenpaar aus :
Diese Reaktion heist Hofmann-Eliminierung. Sie gleicht der säurekatalysierten
Dehydratisierung von Alkoholen, in der Wasser als Abgangsgruppe fungiert.
Die Hofmann-Eliminierung wurde zur Strukturaufklärung von stickstoffhaltigen
Naturstoffen eingesetzt. Vor allem dann, wenn der Stickstoff Teil eines Ringsystems ist,
kann durch wiederholte Hofmann-Eliminierung die Lage des Heteroatoms genau
zurückverfolgt werden.
Aber:
13.6 Amine in der Natur - Alkaloide
Stickstoff ist in einer grossen Anzahl physiologisch aktiver Verbindungen enthalten. Viele
bekannte Naturstoffe enthalten Amingruppen, und viele andere synthetische medizinisch
wirksame Substanzen enthalten auch N-Atome in Form von Amingruppen, z.B.:
Alkaloide sind natürliche stickstoffhaltige Verbindungen, die vor allem in Pflanzen
vorkommen. Der Name leitet sich davon ab, dass alle Alkaloide charakteristische basische
(alkali-ähnlich) Eigenschaften zeigen, die durch das freie Elektronenpaar am N-Atom
zustandekommen. Viele Alkaloide sind von ausserordentlich starker pharmakologischer
Wirkung und wichtige Arzneimittel:
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