Patrick Roocks Jugend forscht Fachgebiet Mathematik/Informatik eXact – Ein Programm zur Simulation komplexer Stromkreise eXact – XML-based application for testing circuits Dokumentation Inhaltsverzeichnis 1. Das Projekt.................................................................................................................................................... 2 1.1 Einleitung.................................................................................................................................................2 1.2 Ziel des Projekts.......................................................................................................................................2 1.3 Veröffentlichung und Feedback.............................................................................................................. 3 1.4 Der elektrotechnische Funktionsumfang – Ein Kurzüberblick............................................................... 3 2. Angewandte Grundlagen der Elektrizitätslehre .......................................................................................4 2.1 Grundlagen von Wechselstromkreisen.................................................................................................... 4 2.2 Komplexe Widerstände........................................................................................................................... 4 2.3 Reihen- und Parallelschaltung [2]........................................................................................................... 5 2.4 Berechnung komplexer elektrischer Größen [2]......................................................................................5 3. Die Programmteile von eXact......................................................................................................................5 3.1 Bearbeitungsfunktionen der GUI.............................................................................................................5 3.2 Simulation mit der GUI........................................................................................................................... 6 3.3 Das XML Format.....................................................................................................................................6 4. Funktionsweise der Simulation................................................................................................................... 7 4.1 Definitionen............................................................................................................................................. 7 4.2 Prinzipielle Funktionsweise.....................................................................................................................8 4.3 Das Parsen................................................................................................................................................8 4.4 Berechnung des Schaltbildes................................................................................................................. 10 4.5 Eingebaute Erweiterungen.....................................................................................................................11 4.6 Die Echtzeitsimulation...........................................................................................................................11 5. Anwendungsbeispiele für eXact................................................................................................................ 11 5.1 Schulischer Einsatz................................................................................................................................ 11 5.2 Möglichkeiten des XML Formats..........................................................................................................11 5.3 Aufgabenbeispiel Widerstandsmessung................................................................................................ 12 6. Symbolerklärungen.....................................................................................................................................12 6.1 Selbst definierte Symbole...................................................................................................................... 12 6.2 Symbole aus der Elektrizitätslehre........................................................................................................ 13 6.3 Einheiten................................................................................................................................................ 13 10. April 2004 1 1. Das Projekt 1.1 Einleitung eXact geht zurück auf Elektro2002, ein Programm, mit dem ich unter dem Titel „Ein Programm zum Analysieren von Schaltungen“ Anfang 2003 in der Juniorensparte „Schüler experimentieren“ teilnahm. Zur ursprünglichen Entstehung des Projekts zitiere ich hier die ersten Zeilen aus der Dokumentation von Elektro2002: „Die Idee des Projektes Elektro2002 ist mir im Physikunterricht der 10. Jahrgangsstufe gekommen. Wir behandelten damals die entsprechenden Themen der Elektrizitätslehre, z. B. die Kirchoffschen Regeln der Stromaufteilung bei Parallelschaltung. Mir kam dann die Idee, dass es möglich sein müsste, ein Computerprogramm zur automatisierten Analyse der Schaltungen zu erstellen“ [1] Nachdem ich mit dem Programm auf beiden Ebenen (Regional- und Landesentscheid) erfolgreich war, beschloss ich das Projekt (primär in Richtung Wechselstromtechnik) zu erweitern. Doch auch die Benutzeroberfläche wurde überarbeitet, viele Bugs beseitigt, wichtige Funktionen wie „Rückgängig“ hinzugefügt – kurz gesagt: eXact ist professioneller geworden. Das ausgeschriebene Akronym lässt eine weitere Neuerung deutlich werden – die Unterstützung des XML-Formats. Doch trotz Neuerungen wie diesen und viel Feinschliff macht die Wechselstromtechnik den wohl sicher größten Anteil aus. Ließen sich bei Elektro2002 die angewandten Grundlagen der Elekrizitätslehre noch auf neun Zeilen unterbringen, so sind hier eineinhalb Seiten nötig um die benötigten Grundlagen für sinusförmige Wechselspannungen und komplexe Widerstände zu erläutern – wobei ich auf Herleitungen verzichten werde. Dies ist primär eine Arbeit der Informatik – ein gängiges physikalisches Nachschlagewerk dient als Basis [2] für die elektrotechnischen Grundlagen. eXact hat jetzt eine mehr als zweijährige Entwicklungszeit (Beginn im März 2002) hinter sich, in der kontinuierlich an den mittlerweile 160 Seiten Quellcode gearbeitet wurde – auch wenn ich jede Zeile selbst programmiert habe, sind doch die Ideen, Anmerkungen und Fehlerhinweise von vielen Benutzern eingeflossen – dabei geht besonderer Dank an den früheren Betreuer des Projekts, Jürgen Horzella, und den jetzigen Betreuer dieser Arbeit, Jürgen Christ. Bei der Überarbeitung des Projektes während der beiden diesjährigen Jugend forscht Wettbewerbe (Regional- und Landesebene) wurden vor allem kleinere Änderungen an der Benutzeroberfläche vorgenommen (z. B. Darstellung der Messinstrumente als Analoganzeigen) und einige Funktionen hinzugefügt (z. B. Berechnung der Resonanzfrequenz). 1.2 Ziel des Projekts Oberste Priorität bei der Entwicklung hatte immer eine möglichst einfach zu bedienende Oberfläche – verknüpft damit, dass das Programm hauptsächlich für schulischen (teilweise auch betrieblichen) Unterricht zur Elektrizitätslehre gedacht ist - wobei sich auch einfachere Probleme der Heimelektrik damit lösen lassen. eXact soll ein Werkzeug sein, bei dem der Schüler das, was er sonst in Elektrobaukästen zusammenbauen könnte, am Computer zusammenstellen kann – mit einigen zusätzlichen Funktionen (v.a. Visualisierung in Diagrammen, sämtliche elektrische Daten) und der Sicherheit, dass die Experimente völlig ungefährlich sind und nichts kaputt gehen kann. 2 Ebenfalls sehr wichtig war bei der gesamten Entwicklung die Idee, alles in einer exe-Datei zu haben, ohne fremde Komponenten oder betriebssystemspezifische APIs. Denn vor allem beim Einsatz in Schulen ist die Installation neuer Software und Registrierung von DLLs problematisch (eingeschränkte Benutzerrechte, Datenairbags, etc.). Die einzige benötigte Datei ist die Visual Basic Run-Time, die allerdings fast überall (und auf neueren Microsoft-Systemen sowieso) vorhanden ist. eXact war von Anfang an Open Source und wird immer Open Source bleiben – es war nie meine Absicht, ein Programm, dass so sicherlich nicht industriell verwertbar ist, sondern in erster Linie schulischen Zwecken dient, zu kommerzialisieren. 1.3 Veröffentlichung und Feedback Mit Fertigstellung einer ersten finalen Version des Vorgängers „Elektro2002“ im Oktober 2002 stellte ich das Programm sowohl auf meine private Homepage, als auch auf Freeware.de – mittlerweile ist das Programm bei Freeware.de knapp 8000 mal heruntergeladen worden. Die Visual Basic – Fachseite active-vb.de hat aus eigener Initiative eXact in die Projekterubrik aufgenommen. Sowohl von Privatanwendern als auch Schulen erhielt ich zahlreiche Feedback E-Mails, teilweise auch Verbesserungsvorschläge, die – soweit möglich – auch umgesetzt wurden. 1.4 Der elektrotechnische Funktionsumfang – Ein Kurzüberblick eXact unterstützt folgende Bauteile: (Gleich/Wechsel)-Stromquelle, Volt-/Amperemeter, Glühbirne, (Wechsel-)Schalter, Widerstand, Verbraucher mit je zwei Angaben elektrotechnischer Größen (V, W und A), Potentiometer, Maximallastwiderstand, LEDs und Dioden (allerdings nur in Gleichstromkreisen und ohne spezielle Eigenschaften wie Spannungsabfall an einer Diode), Spulen und Kondensatoren. Dabei steht für die Glühbirnen, LEDs und Maximallastwiderstände die „Durchbrennen“-Funktion und für Glühbirnen und LEDs zusätzlich die „Leuchten“-Funktion zur Verfügung. Kondensatoren und Widerstände lassen sich aus den geometrischen Daten (Länge/Fläche) erstellen, für Bauelemente, die zu viel Spannung bekommen, lässt sich ein Vorwiderstand berechnen. Es werden sämtliche elektrische Daten berechnet, einschließlich der Phasenwinkel und Phasenverschiebung bei komplexen Stromkreisen. Darüber hinaus lässt sich die Gesamtkapazität (-induktivität) einer Anordnung mehrerer Kondensatoren (Spulen) berechnen. Für Schaltungen im Induktivitäten und Kapazitäten in Serie oder parallel (Resonanzkreis) lässt sich die Resonanzfrequenz berechnen. Eine Visualisierung der Daten mittels verschiedener Diagramme ist ebenfalls möglich (Simulation mit der GUI). 3 2. Angewandte Grundlagen der Elektrizitätslehre 1 2.1 Grundlagen von Wechselstromkreisen Wechselstromkreise bestehen aus komplexen Widerständen mit einem Real- und einem Imaginärteil. Der Realteil des Widerstands wird in der Elektrizitätslehre Wirkwiderstand, der Imaginärteil Blindwiderstand genannt. Der Betrag des komplexen Widerstandes heißt Effektivwert. Diese Bezeichnungen gelten analog auch für andere elektrische Größen (Wirkspannung, Blindleistung, etc.). Zur Berechnung solcher Stromkreise sind also Rechenoperationen mit komplexen Zahlen erforderlich. In dieser Arbeit wird „j“ für die imaginäre Einheit verwendet werden, um Verwechslungen mit der Stromstärke zu vermeiden. Folgende Rechenoperationen werden in diesem Programm benötigt: [3] Komplexe Zahl: z=a j⋅b Addition: z 1z 2=a 1a 1 j⋅b1b 2 Multiplikation: z 1⋅z 2=a 1 a 2−b1 b 2 j⋅a 1 b 2a 2 b1 Division: z 1 a 1 a 2b1 b 2 a b −a b = j⋅ 2 12 12 2 2 2 z2 a 2b 2 a 2b 2 Konjugiert: z =a− j⋅b Betrag: ∣z∣= a 2b 2 ∗ 2.2 Komplexe Widerstände Der Wechselstromkreis besteht aus folgenden Grundbauelementen: [2] (1) Ohmscher Widerstand: Der komplexe Widerstand ist rein reell. Z =R Die Widerstände bei anderen Angaben lassen sich auf folgende Arten berechnen: R= U I U2 R= P R= P I2 Bei den meisten elektrischen Geräten (z. B. Glühbirne) ist der Widerstand nicht linear, sondern von der Leistung abhängig und die angegebenen Daten gelten nur für die spezifizierte Spannung/Belastung. In diesem Projekt jedoch werden Verbraucher als ohmscher Widerstand modelliert. (2) Kapazität: Der Widerstand ist rein imaginär. Z =− j C (3) Induktivität: Der Widerstand ist ebenfalls rein imaginär: 1 Z= j L Anmerkung zur Notation: Unterstrichene Werte bedeuten komplexe Werte und müssen auch entsprechend (d. h. nach den Formeln von 2.1) berechnet werden)! 4 (4) ω bezeichnet jeweils die Kreisfrequenz, welche abhängig von der Frequenz ist: =2 f 2.3 Reihen- und Parallelschaltung [2] (1) Reihenschaltung: Der Widerstand addiert sich und alle Schaltungselemente werden vom gleichen Strom durchflossen. Z ges=Z 1Z 2...Z n (2) Parallelschaltung: An allen Schaltungselementen liegt die gleiche Spannung und der Gesamtwiderstand berechnet sich wie folgt: 1 1 1 1 = ... Z ges Z 1 Z 2 Zn 2.4 Berechnung komplexer elektrischer Größen [2] I= (1) Stromstärke: (2) Spannung: (3) Leistung: U Z U =Z I P= (4) Phasenwinkel: U I∗ tan = b a (wobei der Phasenwinkel mit einem Wert zwischen -180° und + 180° angegeben wird) (5) Phasenverschiebung U und I: z = p =u −i 3. Die Programmteile von eXact 3.1 Bearbeitungsfunktionen der GUI Die GUI in eXact arbeitet auf einem zellenbasierten Prinzip, ähnlich modernen Tabellenkalkulationsprogrammen. Die Bedienung dabei erfolgt sehr komfortabel – dem Benutzer stehen Funktionen wie mehrfaches Selektieren und Verschieben oder Drag & Drop zur Verfügung. Zum Zeichnen der Schaltungen wird dynamisches Linienzeichnen unterstützt – dabei wird auf den Anschlusspunkt der Anfangszelle geklickt und danach auf die Zielzelle – Knotenpunkte und Eckpunkte werden Abbildung 3.1: Dynamisches Linienzeichnen dabei automatisch gesetzt. Weiterhin stehen Funktionen wie mehrfaches „Rückgängig“ und die Nutzung der Zwischenablage (bei der die Daten im XML – Format gespeichert werden) zur Verfügung. Die gesamte GUI ist eine Eigenentwicklung – es werden durchgängig nur VB Standardsteuerelemente verwendet und selbst entwickelte (wie der Eigenschaftsexplorer; welche wiederum nur aus VB Standardelementen bestehen). Die API wird kaum eingesetzt – nur dort, wo es wirklich nicht anders geht (Ini-Dateien, Absolute 5 Mausposition, etc.). Mit etwa 30 Seiten Quellcode macht die GUI den größten (allerdings nicht komplexesten) Teil des Programms aus. Zur Einführung in die wichtigsten Funktionen der GUI Abbildung 3.2: Der Eigenschaftsexplorer wurde eine Demo programmiert, bei dem das Programm selbst ein kleines Schaltbild zeichnet und Erklärungen dazu gibt (wozu dann doch einige API Funktionen nötig waren). Der Benutzer hat in eXact die Möglichkeit einige Voreinstellungen festzulegen, z. B. Standardwerte der Bauelemente und die Werkzeugfenster auf dem Hauptformular lassen sich einzeln deaktivieren. 3.2 Simulation mit der GUI Das Simulationsfenster ist das zentrale Element zum Auslesen der Simulationsergebnisse – Die Simulationsdaten sind primär in drei verschiedene Bereiche (Instanz, Zweig und Zelle) unterteilt, welche sich sekundär in die verschiedenen Bestimmungsgrößen einer komplexen Größe (Effektivwert, Komplexe Zahl, Phasenwinkel φ) aufteilen. Diese widerum sind unterteilt in die verschiedenen elektrischen Größen. Doch neben der Ausgabe der einzelnen Werte bietet eXact auch eine Visualisierung der Simulationsergebnisse an. Die eine Möglichkeit ist das Effektivwerte-Diagramm, welches einfach eine bestimmte Effektivgröße aufzeichnet – entweder anhand eines definierten Parameterbereichs einer ausgewählten Zelle oder zeitlich (also protokollierend – dabei wird auch das Integral des Graphen berechnet). Für beide Formen ist die Echtzeitsimulation erforderlich, ein Modus, der nach jeder Parameteränderung am Abbildung 3.3: Das Simulationsfenster Schaltbild eine Simulation durchführt. Eine andere Möglichkeit der Visualisierung ist das Phasendiagramm – dabei werden zwei ausgewählte Größen eines Wechselstromkreises als Sinuskurve dargestellt. Aufgrund der automatischen Aktualisierung während der Echtzeitsimulation lässt sich das Phasendiagramm als OsAbbildung 3.4: Phasendiagramm eines 1µF Kondensators an 12 V ~ zilloskop einsetzen. Besonders gut ist bei dieser Darstellungsform die Phasenverschiebung zu er- kennen. 3.3 Das XML Format Datei speichern konnte bereits Elektro2002 (e2002 Binary – welches weiterhin unterstützt wird), warum 6 wird für eXact ein XML-Format entwickelt? Der erste Grund sind grundsätzliche Probleme binärer Formate – die Übermittlung per E-Mail kann unter Umständen fehlschlagen. Wesentlich wichtiger waren mir die eigentlichen Möglichkeiten des XML-Formats – es existiert ein offenes, frei zugängliches Format, für das jeder Anwendungen schreiben kann, oder XSLT´s um die Daten in ein ihm beliebiges Format zu konvertieren. XSLT´s (eXtenisble Stylesheet Language – Transformation) sind Dokumente, die dem Browser (teilweise wie eine Programmiersprache) Anweisungen geben, wie er ein XML-Dokument darstellen, bzw. als HTML umwandeln soll. Für eXact wurde eine XSLT entwickelt, mit der es möglich ist, Schaltungen im Browser darzustellen – ohne dass dazu eXact installiert sein müsste. Es ist lediglich nötig, dass sich die XSLT im gleichen Verzeichnis befindet – entweder als Web-XSL, die die Graphiken aus dem Web nachlädt, oder mit einem Daten-Ordner, der die Graphiken enthält (wird optional beim Speichern hinzugefügt; Gesamtgröße nur ca. 30KB). Durch JavaScript kann man die Zellen einzeln markieren und die Parameter anzeigen lassen. Somit lassen sich Dateien erstellen, die unter jeder Plattform darstellbar sind, und gleichzeitig in eXact einlesbar sind. Weitere Möglichkeiten des Abbildung 3.5: Betrachtung einer Schaltung in Mozilla XML Formats finden sich unter 5.2. Weiterhin wird das XML-Format für die Speicherung von Daten in der Zwischenablage verwendet. 4. Funktionsweise der Simulation 4.1 Definitionen Ersatzwiderstand: Ein Ersatzwiderstand besteht aus zwei Knotenpunkten, die durch Zweige verbunden sind. Es können sich innerhalb der Verzweigungen weitere Ersatzwiderstände befinden (außer er ist bereits in sich abgeschlossen). eliminiert: Abbildung 4.1 Der Zustand „eliminiert“ bedeutet, dass der Gesamtwiderstand während der Analyse bereits berechnet wurde und er als ein Widerstand behandelt wird (der Parsingvorgang läuft beim Erreichen eines der Knotenpunkte am nächsten weiter) in sich abge- Ein Ersatzwiderstand ist „in sich abgeschlossen“, wenn sich in den schlossen: Zweigen keine weiteren nicht eliminierten Ersatzwiderstände befinden. 7 Instanz: Die oberste Instanz bezeichnet den kompletten Stromkreis. Alle darunter liegenden Instanzen sind jeweils ein Ersatzwiderstand, bestehend aus zwei Zweigen und zwei Knotenpunkten. Zweig: allgemein: Unter einem Zweig verstehe ich entweder den Bereich an Zellen, die von einem Knotenpunkt zu einem anderen laufen, wobei diese beiden Knotenpunkte derselben Instanz angehören und einen Ersatzwiderstand bilden, oder in der ersten Instanz den gesamten Stromkreis. In jedem Zweig dürfen sich beliebig viele weitere Instanzen be- Abbildung 4.2 finden. speziell: Ein Zweig bezeichnet die Menge der Zellen, einschließlich ihrer Widerstände und des Gesamtwiderstandes, sowie Verweisen auf darunter liegende Instanzen. 4.2 Prinzipielle Funktionsweise Die Schaltungsanalyse ist ein sehr komplexer Vorgang, der sich unterteilt in: (1) Das Parsen, also zellenweise Analysieren des Stromkreises und Eliminieren der Ersatzwiderstände (der komplexeste Vorgang) ( 4.3) (2) Die Berechnung des Schaltbildes ( 4.4) (3) Eingebaute Erweiterungen (Durchbrennen von Bauelementen, sperrende Dioden, etc.) ( 4.5) 4.3 Das Parsen (1) Parsen eines Zweiges Beim Parsen eines Zweiges ist die Anfangszelle (Ze1) und die Anfangsrichtung (D1) gegeben. Der Parser arbeitet solange Zelle für Zelle weiter, bis er entweder an einen Knotenpunkt oder die Stromquelle gelangt. Dabei wird der komplexe Widerstand und der Gesamtwiderstand des Zweiges ermittelt (Zur Berechnung siehe 4.4.1). Diese Werte werden anhand von durchAbbildung 4.3: Widerstand und Kapazität laufend nummerierten Zweignummern und den Zellennummern katalogisiert. Für das weitere Parsing relevante Rückgabewerte sind die Kontaktionsrichtung des Knotenpunktes (D2) und der Knotenpunkt (K1) selbst. Die ermittelten Richtungen, um das nächste Bauelement zu finden, sind Zwischenergebnisse, die im weiteren Verlauf der Analyse irrelevant sind. 8 (2) Eliminieren eines Ersatzwiderstandes Beim Analysieren verzweigter Schaltungen wird genauso vorgegangen, wie man es per Hand ebenfalls machen würde: Zwei Zweige werden als ein Ersatzwiderstand betrachtet. Gegeben sei der Knotenpunkt K1, von dem alle abgehenden Richtungen ermittelt werden (D1 – D3). Dann werden alle drei Zweige geparst (aus Performancegründen allerdings zunächst ohne Berechnung) und überprüft, in welchen Richtungen ein gemeinsamer Knotenpunkt gefunden wurde – hier bei D1 und D2 (wobei natürlich nur bei einem in sich abgeschlossenen Ersatzwiderstand ein gemeinsamer Knotenpunkt gefunden werden kann). Dadurch sind auch die Kontaktionsrichtungen von K2, nämlich D4 und D5 bekannt und es kann D6 ermittelt werden. Aus D1 und D2 lässt sich ebenso D7 ermitteln (die mit der „erfolglosen“ Richtung D3 identisch ist, aber hier separat bezeichnet ist, da diese Vorgänge im Programm auch unabhängig voneinander ablaufen). D6 und D7 sind wichtig zum „Überspringen“ des Ersatzwiderstandes – wird beim Parsen eines Zweiges K1 erreicht, setzt die Funktion bei der Zelle K2 und mit der Richtung D6 fort – bei K2 geht es zur Zelle K1 mit der Richtung D7. Um den Ersatzwiderstand als normalen Widerstand in die Berechnung mit einbeziehen zu können, wird auch der Gesamtwiderstand Zges berechnet ( 4.4.1). Damit kann dieser EW als „eliminiert“ betrachtet werden. Abbildung 4.4: Ein Ersatzwiderstand (3) Gesamter Analysevorgang anhand einer Beispielschaltung Bei der Analyse einer gegebenen Schaltung werden zuerst die Knotenpunkte ermittelt. Danach wird Knotenpunkt für Knotenpunkt auf einen in sich abgeschlossenen Ersatzwiderstand überprüft ( 4.3.2), was bei K1 der Fall ist (damit sind die Zweige Zw1 + Zw2 ermittelt und EW1 ist eliminiert) – bei K3 wird die Suche nach einem in sich abgeschlossenen Ersatzwiderstand fehlschlagen (K5 und K6 sind noch nicht eliminiert). Bei K5 wird wird analog zu K1, EW2 eliminiert. Danach geht der Parser wieder an den Anfang zurück und überprüft K3. Diesmal kann auch hier ein Ersatzwiderstand Abbildung 4.5: Eine einfache verzweigte Schaltung eliminiert werden. Als letztes wird, ausgehend von der Stromquelle Zw7 geparst (also der gesamte Stromkreis). Damit ist der Parsingvorgang beendet. 9 4.4 Berechnung des Schaltbildes (1) Berechnung der Widerstände beim Parsing Folgende Berechnungen werden bereits während, bzw. vor dem Parsing berechnet, aber zur besseren Übersicht in diesem Kapitel erläutert. (a) Die Kreisfrequenz wird nach 2.2.4 global berechnet – Im Gleichstromkreis ist diese 0. (Ein Gleichstromkreis ist ein Wechselstromkreis mit der Frequenz f = 0). (b) Die Widerstände der einzelnen Bauelemente berechnen sich nach den Formeln von 2.2.1, wobei eine Spule eine Induktivität und ein ohmscher Widerstand zugleich ist (also Z setzt sich aus Real- und Imaginärteil zusammen). Weiterhin erhalten Bauelemente, die den Stromfluss blockieren (offene Schalter, durchgebrannte Bauelemente, sperrende Dioden) den Widerstand -1, der in die Berechnung wie ein unendlicher Widerstand einfließt. (c) Gesamtwiderstände bei Reihen- und Parallelschaltung berechnen sich nach 2.3 (2) Berechnung der Stromstärke im Zweig Dieser Teil der Analyse setzt nach dem Parsen des gesamten Schaltbildes (und der Ermittlung aller Widerstände) fort. Dabei sind die Spannung, die Stromrichtung (welche nicht gleich der Parserrichtung sein muss) und der Zweig gegeben. Die Stromstärke (I) berechnet sich nach 2.4.1 und ist nach 2.3.1 in allen Elementen des Zweiges gleich. Die Stromrichtung spielt nur eine Rolle bei Dioden (wenn diese sperren, Abbildung 4.6: Zuweisung der Stromstärke an Elemente eines Zweiges erhalten sie den Widerstand -1). (3) Berechnung der Spannung bei Parallelschaltung Befindet sich bei der Berechnung des Zweiges ein Ersatzwiderstand im Zweig, so wird nach 2.4.2 die Spannung berechnet und die Stromrichtung der einzelnen Zweige ermittelt. Danach können Zw1 und Zw2 als Zweige berechnet werden. Abbildung 4.7: Ein Ersatzwiderstand 10 4.5 Eingebaute Erweiterungen In den bisherigen Kapiteln wurde bereits Status erwähnt, dass sperrende Dioden und durchge- I. Start brannte Bauelemente unendlichen Widerstand erhalten (bzw. -1). Doch ob eine Diode sperrt, bzw. ob ein Bauelement durchgebrannt ist, steht erst bei der Berechnung fest, und dementsprechend stimmen die ermittelten Widerstände nicht. Doch II. Dioden berechnet Vorgang sperrende Dioden => II durchgebr. Bauel. => III keins von beiden => fertig durchgebr. Bauel. => III keine " " => fertig III. Durchgebr. Bauel berechnet => fertig Bauelemente Abbildung 4.8: Die verschiedenen Durchläufe der Simulation können nur durchbrennen, wenn nicht eine sperrende Diode den Stromfluss verhindert, d. h. es sind bis zu 3 komplette Analyse-Durchläufe erforderlich. Für die Durchläufe II und III arbeitet Parser nach dem gleichen optimierten Prinzip wie die Echtzeitsimulation. 4.6 Die Echtzeitsimulation Die Echtzeitsimulation bezeichnet einen Modus, bei dem nach jeder Paramateränderung eine Analyse durchgeführt wird, und keine baulichen Veränderungen am Schaltbild zugelassen sind. Dabei wird ein optimiertes Prinzip eingesetzt: Da sich der Aufbau der Schaltung nicht ändert, bleibt die Reihenfolge, wie die Knotenpunkte geparst werden müssen, die gleiche. Diese wird gespeichert und somit entfällt die „zeitaufwendige“ Suche nach den in sich abgeschlossenen Ersatzwiderständen. Man bewegt sich hier zwar im Bereich von Bruchteilen von Sekunden und auch bei komplexer verzweigten Schaltungen scheint die Simulation „sofort“ fertig zu sein – aber beim Effektivdiagramm (dort wird die Analyse für etwa 300 x-Werte durchgeführt) oder bei der Verwendung des Potentiometers (jede Mausbewegung bedeutet eine Parameteränderung) spielt dies eine Rolle. 5. Anwendungsbeispiele für eXact 5.1 Schulischer Einsatz Wie bereits erwähnt, bietet sich eXact vor allem für den schulischen Einsatz an. Schüler haben die Möglichkeit selbst Experimente durchzuführen und können Gelerntes nachvollziehen (bzw. Aufgaben nachrechnen). Doch auch Lehrer haben die Möglichkeit Aufgaben zusammenzustellen (Durch die Funktion zum Kopieren als Bitmap in die Zwischenablage ist es einfach, Schaltungen z. B. in Textverarbeitungsprogrammen einzufügen) und sie haben gleich die richtigen Werte. 5.2 Möglichkeiten des XML Formats eXact-Benutzer erhalten die Möglichkeit auf ihrer Homepage Schaltungen im XML-Format zu veröffentlichen. Diese können dann entweder direkt in einem XML-/CSS-fähigem Browser betrachtet werden oder her11 untergeladen werden und in eXact bearbeitet werden – wobei es sich um dieselbe Datei handelt. Allerdings ist dies praktisch nur begrenzt sinnvoll, da XML-/CSS-fähige Browser zu wenig verbreitet sind (nur der Mozilla stellt die Schaltungen korrekt dar – der IE6 unterstützt CSS nicht richtig). 5.3 Aufgabenbeispiel Widerstandsmessung Abbildung 5.1: spannungsrichtige und stromrichtige Messung Man unterscheidet zwei grundsätzliche Methoden der Widerstandsmessung: Die stromrichtige Messung, die für große R genauere Ergebnisse liefert und die spannungsrichtige Messung, die für kleine R geeigneter ist. Selbstverständlich lassen sich solche Schaltungen in eXact berechnen – interessanter ist es jedoch das Ergebnis als Diagramm darzustellen. Es wird von folgenden Angaben ausgegangen: Anliegende Spannung 12 V, Widerstand des Amperemeters: 1 Ω, Widerstand des Voltmeters: 10 kΩ, zu messender Widerstand: 1 – 20 Ω. Bei einer stromrichtigen Messung beträgt die gemessene Spannung immer 12 V – doch welche Spannung fällt am Widerstand wirklich ab (Wäre also für die Berechnung relevant)? Im Diagramm zeigt sich der tatsächliche Spannungsverlauf je nach Widerstand. Der Grund für dieses Verhalten ist natürlich der Spannungsabfall am Amperemeter, der bei kleinen Widerständen die Messung ungenau macht – bei R = 1 Ω beträgt der Messfehler 50% (vgl. Diagramm) – beim größten x-Wert von 20 Ω ist die Abweichung mit knapp 5% am geringsten. Abbildung 5.2: R-U Diagramm des Widerstandes 6. Symbolerklärungen 6.1 Selbst definierte Symbole Symbol Bedeutung D Richtung (von eng. direction) EW Ersatzwiderstand K Knotenpunkt Ze Zelle Zw Zweig 12 6.2 Symbole aus der Elektrizitätslehre Symbol (Reell) (Komplex) Bedeutung I I Stromstärke P P Leistung R Z Widerstand U U Spannung f Frequenz C Kapazität L Induktivität 6.3 Einheiten Symbol Einheit Verwendet für A Ampere Stromstärke W Watt Leistung Ω Ohm Widerstand V Volt Spannung Hz Hertz Frequenz F Farad Kapazität H Henry Induktivität 1. Literaturverzeichnis [1] PATRICK ROOCKS, Elektro2002 - Ein Programm zur Analyse von Schaltungen, 2003 [2] HORST STÖCKER (HRSG.), Taschenbuch der Physik, Harri Deutsch, 1999 - S. 482 - 490 [3] HORST STÖCKER, Taschenbuch mathematischer Formeln und moderner Verfahren, Harri Deutsch, 1999 S. 530f 13