Drucken - Journal Med

Werbung
20. April 2016
Zytomegalie: Wie agiert das Cytomegalievirus im menschlichen Wirt?
Zytomegalie, die Infektion mit dem Humanen Cytomegalievirus (HCMV), ist bei gesunden Erwachsenen im Normalfall eine
leichte Infektionskrankheit, die meistens nicht einmal von den Betroffenen bemerkt wird. Um dem Immunsystem aus dem
Weg zu gehen, versteckt sich das Virus in Körperzellen und kann dort ein Leben lang bleiben. Zum massiven Problem wird
das Virus, wenn das Immunsystem geschwächt ist - Infektionen mit HCMV gelten als Auslöser für eine ganze Reihe von
schweren, lebensbedrohlichen Komplikationen nach Transplantationen. Wissenschaftler haben nun untersucht, wie
unterschiedliche Zellen des menschlichen Immunsystems das Virus erkennen und sich dagegen wehren.
Um dem Wechselspiel zwischen unserem Immunsystem und HCMV auf die Spur zu kommen, haben Wissenschaftler des Instituts für
Experimentelle Infektionsforschung Immunzellen aus menschlichem Blut untersucht. "Da das Humane Cytomegalievirus in einem
hohen Maß wirtsspezifisch ist, also sehr an den Menschen angepasst ist, kooperieren wir eng mit Kliniken, um mit Immunzellen des
Menschen zu arbeiten", sagt die Nachwuchswissenschaftlerin Jennifer Paijo. Sie wollte herausfinden, wie Immunzellen der ersten
Verteidigungslinie das Virus erkennen und wie sie den ersten Abwehrschritt bei einer Infektion - die Interferonproduktion - steuern.
"Solche Untersuchungen wurden bisher hauptsächlich mit Modellzellen gemacht, aber wenn man verstehen möchte, wie HCMV im
Menschen agiert, muss man wegen der ausgeprägten Wirtsspezifität menschliche Immunzellen untersuchen."
Abb. 1: Mit HCMV infizierte Makrophage
(TWINCORE/Paijo)
Image
found
or type unknown
Abb. not
1: Mit
HCMV
infizierte
Makrophage (TWINCORE/Paijo)
Makrophagen und Dendritische Zellen sind solche Immunzellen. Sie sind nicht nur gute Interferonproduzenten; HCMV greift sie
zudem bei einer Infektion direkt an. "Die Untersuchung von Makrophagen und Dendritischen Zellen ist interessant, da HCMV ein DNAVirus ist, das sich einige Wochen nach der Erstinfektion in Vorläuferzellen von Makrophagen zurückzieht, um sich dort
inmitten der DNA des Zellkerns zu verstecken", erklärt Jennifer Paijo. Um zu verstehen, wie diese Immunzellen eine Infektion mit
HCMV erkennen und daraufhin eine schützende Interferonantwort bilden, haben die TWINCORE Wissenschaftler zwei wichtige
Rezeptoren für DNA-Viren in Makrophagen und Dendritischen Zellen untersucht: den TLR9 Rezeptor, der DNA außerhalb der Zelle
erfasst, und das cGAS Protein, das DNA im Inneren der Zellen erkennt.
"Wir haben herausgefunden, dass die Produktion von Interferon - also die erste Abwehrreaktion gegen das Virus - in Makrophagen
fast ausschließlich über den cGAS-Rezeptor gesteuert wird", sagt Jennifer Paijo. "In einem Subtyp der Dendritischen Zellen, den
plasmazytoiden Dendritischen Zellen, haben wir zwar ebenfalls viel cGAS Protein gefunden, diese Zellen scheinen das Protein aber
nicht für die Erkennung von HCMV zu benutzen. Stattdessen aktivieren diese Zellen die Interferonproduktion, nachdem sie das Virus
über TLR9 erkannt haben."
Die Vermutung: Die plasmazytoiden Dendritischen Zellen werden kaum infiziert - also kann das Virus auch keinen Rezeptor
aktivieren, der innerhalb der Zelle liegt. Dagegen werden Makrophagen stärker infiziert und deshalb treten das Virus und der cGASRezeptor im Zytoplasma der Makrophagen miteinander in Wechselwirkung. "Damit haben wir einen neuen Ansatzpunkt, an dem
HCMV das Immunsystem beeinflusst", sagt Jennifer Paijo. Das ist besonders interessant, da sich HCMV vor allem in Makrophagen
versteckt und das Virus in einem immungeschwächten Patienten in diesen Zellen wieder aktiv werden kann. "Ein besseres
Verständnis der Wechselwirkungen zwischen dem Virus und den Makrophagen wird helfen, zu verstehen, was bei der Reaktivierung
des Virus vor sich geht", schließt Ulrich Kalinke, Leiter des Instituts für Experimentelle Infektionsforschung.
Quelle: TWINCORE - Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung
Herunterladen