More Kundenzufriedenheits­ messung als Standard Kundenzufriedenheit Das Management der Dienstleistungsqualität ist ein kontinuierlicher, systematischer Prozess. Zentrale Steuerungsgrössen sind dabei periodische Messungen der Kundenzufriedenheit. Sie sind die Grundlage für die Bestimmung von Verbesserungen bzw. einzuhaltenden Qualitätsstandards. VON Claudia Probst* und Roman Gattlen* Ein systematisches Management der Dienstleistungsqualität stellt für einen Verkehrsbetrieb eine zentrale Voraussetzung für die Erhöhung der Nutzungsintensität bestehender Kunden (Kundenbindung), aber auch für die Gewinnung neuer Fahrgäste (Kundenakquisition) dar. Zur Ermittlung der Dienstleistungsqualität und als Basis notwendiger Qualitätssicherungs- und Qualitätsverbesserungsmassnahmen werden seit 1998 regelmässig Kundenzufriedenheitsmessungen durchgeführt. Die Erhebungen sind nicht nur eine von der ISOZertifizierung gestellte Anforderung, sondern fester Bestandteil des Managementsystems (vgl. Grafik). Externe Unterstützung bei der Durchführung Die Verantwortung für die Durchführung der Zufriedenheitsmessungen liegt, wie auch in anderen Unternehmen üblich, beim Marketing. Zur Konzeption, Realisierung und Analyse wird jedoch auch auf die Unterstützung spezialisierter Berater zurückgegriffen. Dies hat sich aus Gründen knapper Ressourcen bewährt und sichert aufgrund der Neutralität eine hohe Teilnahmebereitschaft der Fahrgäste sowie die Glaubwürdigkeit der Ergebnisse. reichen wie z.B. Fahrplan oder Fahrpersonal. Durch die Integration wichtiger Fahrgästemerkma- le – z.B. Nutzungsintensität – wird zudem die Grundlage für die Auswertung nach verschie- «Die zusammenfassende Darstellung erlaubt die Priorisierung der Verbesserungsmassnahmen.» rum hohen Rücklaufquote von 34,3% entspricht. Bei der Auswertung interessiert nicht nur, wie zufrieden die Fahrgäste mit den Leistungen sind, sondern auch, welche Faktoren die Zufriedenheit am stärksten beeinflussen. Indem die Korrelation zwischen den einzelnen Werten und der Gesamtzufriedenheit berechnet wird, kann die Bedeutung der verschiedenen Aspekte für das Gesamturteil der Befragten erfasst werden. Je höher dieser Korrelationswert, desto wichtiger sind die betreffenden Aspekte. Die zusammenfassende Darstellung der Zufriedenheitsund Bedeutungswerte pro Aspekt in einer Matrix erlaubt schliesslich die Priorisierung der Verbesserungsmassnahmen. denen Nutzergruppen gelegt. Die Fragebogen werden auf allen Linien nach dem Zufallsprinzip verteilt (repräsentative Stich- probe). Auch 2006 konnten über 2500 Fragebogen ausgewertet wer- Knackpunkt Umsetzung den, was einer (durch ein Preis- Mit der Fertigstellung des Abausschreiben geförderten) wiede- schlussberichts ist das Manage- Der Beitrag basiert auf Messungen der Kundenzufriedenheit von Bernmobil (Städtische Verkehrsbetriebe Bern). Das Unternehmen erfasst seit 1998 die Zufriedenheit der Fahrgäste mit den Leistungen. Mit 190 Fahrzeugen werden jährlich über 80 Mio. Passagiere befördert. Bernmobil beschäftigt 700 Mitarbeitende. Die Methodik wurde von der Input Unternehmens- und Marketingberatung AG, Hinterkappelen/BE und Zürich, entwickelt, die über grosse Erfahrung in der Planung und Durchführung von Zufriedenheitsmessungen sowie deren Implementierung in einen ganzheitlichen Prozess verfügt. > www.bernmobil.ch > www.input-ag.ch ment der Zufriedenheitsmessung aber nicht abgeschlossen. Es beginnt der anspruchsvolle Teil der Implementierung der Resultate. Aktuelle Studien decken aber gerade hier Defizite auf. Zufriedenheitsmessungen sind oft nur ungenügend in einen ganzheitlichen Qualitätsmanagement-Prozess eingebettet und die Ergebnisberichte landen vielfach in der Schublade. Bernmobil führte die erste Kundenzufriedenheitsmessung im Rahmen eines Projektes zur Definition von Qualitätsstandards durch. Dadurch wurde der Nutzen eines ganzheitlichen Konzeptes früh erkannt und als sol- Fahrgastbefragung mit System Zwecks Vergleichbarkeit sind Fragebogen und Untersuchungskonzept für Folgeerhebungen möglichst unverändert zu lassen, ohne aber zweckmässige Optimierungen auszuschliessen. Ebenfalls beizubehalten ist der Erhebungszeitpunkt, um so verzerrende Einflüsse wie z.B. die saisonale Witterung auszuschalten. Der standardisierte Fragebogen erfasst die Zufriedenheit mit dem Angebot als Ganzes, aber auch mit einzelnen LeistungsbeMarketing & Kommunikation 6/07 Bernmobil (Städtische Verkehrsbetriebe Bern) bietet eine starke Leistung: Mit 190 Fahrzeugen werden jährlich über 80 Mio. Passagiere befördert. MARKETING 17 ches von Anfang an als Standard etabliert. In den vergangenen Jahren wurde der Umsetzungsprozess konsequent verbessert. Heute besteht ein optimales Verfahren mit klaren Strukturen und Verantwortlichkeiten – und die Zufriedenheitsmessungen sind fester Bestandteil des Qualitätsmanagements. bernmobil-Managementprozess VERMARKTUNG der Leistung ERSTELLUNG der Leistung Offene Kommunikation Eine wichtige Komponente der Implementierung ist die Kommunikation – intern wie extern. Die Mitarbeitenden sämtlicher Stufen werden direkt im Anschluss an die Umfrage über die Ergebnisse und das weitere Vorgehen informiert. In einem ersten Schritt erhalten die Kadermitarbeiter via Intranet sogar Zugriff auf den vollständigen Auswertungsbericht mit dem Auftrag, diesen aktiv zu nutzen. In einem zweiten Schritt werden die übrigen Mitarbeitenden an speziellen Veranstaltungen informiert. Ein wichtiges Thema sind dabei Hinweise zum weiteren Vorgehen. Abgerundet wird die Mitarbeiterinformation mit einem Beitrag im «Team», der hauseigenen Mitarbeiterzeitung. Weitere «Informationszielgruppen» sind der Verwaltungsrat, das Amt für öffentlichen Ver- ERNEUERUNG der Leistung Finanzen/ Controlling Sicherheit/ Nachhaltige Qualität IT Vergabe von Aufträgen und regelmässige Kontrolle Der Prozess der Massnahmendefinition und -realisierung läuft naturgemäss parallel zu diesen Informationsaktivitäten. Initiiert wird er von der Geschäftsleitung 18 MARKETING Beschaffung Kundenzufriedenheitsmessungen Kommunikation Kernprozesse Supportprozesse zur Festlegung qualitativer Leistungsziele + zur Überprüfung und Steuerung der Dienstleistungsqualität direkt im Anschluss an die von den externen Beratern durchgeführte Ergebnispräsentation. Als Erstes werden Sofortmassnahmen in Form konkreter Aufträge an die Bereiche definiert. Die Umsetzungsverantwortung trägt das jeweilige Kader, sämtliche Optimierungsvorschläge werden aber gemeinsam mit den «Der Nutzen regelmässig durchgeführter Messungen der Kundenzufriedenheit liegt somit deutlich höher und zahlt sich an der Kundenfront aus.» kehr (AöV) als «Auftraggeber» und die Bevölkerung. Während bei den ersten beiden Zielgruppen Präsentationen durchgeführt wer- den, setzt man bei Letzterer auf die Instrumente Medienmitteilungen und Beiträge in der Kundenzeitschrift «Fensterplatz». Eine solch offene und transparente Kommunikation ist Ausdruck eines ernsthaften Interesses gegenüber der Kundschaft und kann deren Bereitschaft für eine weitere Umfrageteilnahme fördern. Personal betroffenen Stellen erarbeitet und durch diese umgesetzt. Bericht erstattet wird regelmässig – einerseits an das Marketing, andererseits an die Geschäftsleitung. Durch diese klaren Verantwortlichkeiten, den Einbezug der Basis und das regelmässige Traktandieren kann die Umsetzung der Ergebnisse sichergestellt und das Commitment zum Unternehmen gefördert werden. Die Umfrageergebnisse werden selbstverständlich nicht nur zur Bestimmung von Sofortmassnahmen herangezogen. Sie fliessen zusätzlich in das Qualitätsmanagement ein und werden mit den bestehenden Qualitätsstandards abgeglichen. Diese werden mittels der Wiederholungsmessungen kontinuierlich verifiziert und überprüft. Die strategischen Zielsetzungen werden aber auch dadurch beeinflusst, dass die Kundenzufriedenheitsergebnisse neu zur Festlegung der Jahresziele des Unternehmens verwendet werden. Dies ist eine Aufwertung des Instruments, dient es so doch im Grunde genommen auch der Leistungsüberprüfung. Durch die periodische Wiederholung der Messung wird schliesslich sichergestellt, dass die Zielerreichung kontrolliert und die Entwicklung der Leistungsqualität analysiert werden kann. Der Nutzen regelmässig durchgeführter Zufriedenheitsmessungen liegt somit deutlich höher. Folgendes Beispiel sei zur Veranschaulichung aufgeführt: In der Vergangenheit bemängelten die Fahrgäste die für sie wichtige, aber nur ungenügende Information über mögliche Kontaktkanäle. Dieser Kritik wurde mit einer gezielten Informationskampagne mit Plakaten und Aufhängern in den Fahrzeugen begegnet. Die Wiederholungsmessungen zeigten den Erfolg der Massnahmen. Die diesbezügliche Zufriedenheit konnte dadurch um 0,66 Punkte auf einen Wert von 4,15 auf einer 5er-Skala erhöht werden – und auch die Gesamtzufriedenheit mit dem Unternehmen verbesserte sich kontinuierlich. Wichtige Erfolgsfaktoren Dieses Beispiel zeigt, dass sich Kundenzufriedenheitsmessun- gen in einem Unternehmen nur bei konsequenter Nutzung der Ergebnisse zu einem erfolgreichen Steuerungsinstrument ent- wickeln. Zusammenfassend können dafür folgende Erfolgsfaktoren aufgeführt werden: n Einbettung in ein ganzheitliches Qualitätsmanagement n Konsequente, transparente und zielgruppengerechte Kommunikation der Ergebnisse und Information über das weitere Vorgehen und dadurch Sensibilisierung der Beteiligten sowie Förderung der Identifikation mit dem Unternehmen n Implementierungsplan mit Vergabe von Aufträgen, klarer Terminierung und regelmässiger Kontrolle n Ansiedlung auf möglichst hoher Ebene auf mehrere Verantwortliche, aber Erarbeitung von Lösungsvorschlägen bzw. deren Realisierung mit ausführenden Instanzen n Ergreifen von Sofortmassnahmen für den kurzfristigen Erfolg, Abgleich mit den Qualitätsstandards zur Sicherung des langfristigen Erfolgs. n * Roman Gattlen, Dr. rer. pol., ist Leiter Marketing und Verkauf und Mitglied der Geschäftsleitung bei Bernmobil. * Claudia Probst, lic. rer. pol., ist Senior Beraterin & Spezialistin für Zufriedenheitsmanagement bei der Input AG in Bern. c.probst@input-ag Marketing & Kommunikation 6/07