Titelthema: Tinnitus Ich höre was, was du nicht hörst! Tinnitus – Freund oder Feind? Millionen Menschen vom Tinnitus betroffen, weltweit sogar zirka 440 Millionen. Die USA werden mit 40 Millionen geschätzt. Nach Prof. Dr. Thomas Lenarz von der Medizinischen Hochschule Hannover (Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde) haben 15 Prozent der Erwachsenen in unserer Gesellschaft lange anhaltenden oder ständigen Tinnitus. Ohrgeräusche können über das Ohr entstehen, im Gehirn entstehen oder über Hörnerven, aber auch andere Erkrankungen führen zu Ohrgeräuschen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind auch Verursacher von Tinnitus, ebenso Gefäßverkalkungen, zu niedrige oder zu hohe Blutdrücke spielen auch eine Rolle. Verändern sich die Der Begriff Tinnitus bezeichnet Ohrgeräusche bei Kopfbewegungen, ist die Wahrnehmung eines Ge- auch an Störungen im Bereich der Halswirräuscheindrucks in Abwesenheit belsäule zu denken. Klassisch wird auch eines entsprechenden externen nach Zahn – oder Kieferbeschwerden geschaut. Dann wäre ein chiropraktischer akustischen Reizes. ausgebildeter Orthopäde sinnvoll. SchwieIn Deutschland, schätzt man, sind drei riger wird es, wenn der Tinnitus mit einer Der Vortrag kam bei den Teilnehmern gut an, auch dank der Schreibdolmetscherin. Silvia Bieling, Geschäftsbereich Prävention der AOK, mit Professor Dr. Sven Tönnies. Hochtonschwerhörigkeit gekoppelt ist, dann kann man dem Tinnitus nur mit einer Verhaltenstherapie begegnen. Aktuelle neurowissenschaftliche Erklärungsmodelle gehen davon aus, dass es beim Tinnitus zu einer Störung der Signalübertragung vom Ohr zum Hörzentrum kommt. Prof. Larry Roberts, einer der führenden internationalen Tinnitus Experten, beschreibt dies vereinfacht so: Wenn das Ohr den Nervenzellen im Hörzentrum wenig oder keinen "Gesprächsstoff" liefert – zum Beispiel aufgrund einer Höreinschränkung – beginnen die Nervenzellen, sich mit sich selbst zu unterhalten. Und das kann schließlich als Tinnituston wahrgenom- Titelthema: Tinnitus men werden. Die Nervenzellen geben ständig elektrische Signale ab und gaukeln dem Gehirn dadurch ein Geräusch vor, das fälschlicherweise gelernt und wie in einer Dauerschleife immer wieder abgespielt wird. Diesen Dauerton kann man sehen, in einem Elektroenzephalographie (EEG). Aber es bleibt nicht beim Hörzentrum, es sind auch andere Regionen vom Gehirn betroffen. Der Tinnitus, das Störgeräusch, entwickelt ein Eigenleben und aktiviert Regionen die für Stress und Emotionen zuständig sind. Ein Gehirn-Netzwerk wird aktiviert. Tiefere Schichten vom Gehirn, die mit Angst zu tun haben, werden angeregt, deswegen gibt es auch beim Tinnitus die Begleiterscheinungen der Angststörungen, Schlafstörungen, Depressionen. - der Begriff des objektiven Tinnitus beschreibt Ohrgeräusche, die im Körper erzeugt werden. Dieser Tinnitus kann gemessen werden und ist nachweisbar. Leider sind es nur fünf Prozent von allen chronischen Tinnitusfällen. Als Tinnitus Betroffene würde ich lieber sagen, ich leide an einem objektiven Tinnitus als unter einem subjektiven Tinnitus. Man möchte kein "eingebildeter Kranker" sein. Besser klingt, ich habe ein kompensierten Tinnitus. Wenn es in der Familie genetische Vorbedingungen gibt oder eine langjährige ungesunde Lebensweise praktiziert wurde, dann kann der Bluthochdruck zu einer Arteriosklerose führen. Die Gefäßwandungen von der Halsschlagader oder den Hirngefäßen setzen sich zu. Dieser Zusammen- hang von Tinnitus mit Bluthochdruck kann lebensgefährlich sein und ist dringend behandlungsbedürftig, damit ein Schlaganfall und seine Folgen vermieden werden. - beim subjektiven Tinnitus handelt es sich um Phantomwahrnehmungen Der Tinnitus kann dabei einseitig, beidseitig oder als im Kopf entstehend wahrgenommen werden. Wenn er länger als drei Monate bleibt, spricht man vom chronischen Tinnitus, der entweder kompensiert oder dekompensiert sein kann. Je nachdem ob der Tinnitus als Freund oder Feind empfunden wird. Viel häufiger ist der subjektive Tinnitus im Zusammenhang mit Bluthochdruck und Stress. Das gebildete Stresshormon Adrenalin stellt die Blutgefäße eng und so kann es bei Stress zu Bluthochdruck kommen. Hier helfen Entspannungsübungen und Stressreduktion, um den Tinnitus abzubauen. Es gibt viele Möglichkeiten zur Entspannung, man muss sie nur nutzen, und das regelmäßig. Den inneren Perfektionisten mal weg stellen, den inneren Kritiker und Oberlehrer in den Urlaub senden. Innere Achtsamkeit mit sich selber üben: Was denke ich über mich gerade und wie fühle ich mich gerade damit?! Tut das, was ich gerade mache und denke, mir gut oder sollte ich mir etwas anderes überlegen, denn der Tinnitus gibt mir gerade Auskunft, dass etwas nicht stimmt. Habe ich gerade Stress auf der Arbeit, warum nicht mal, wenn es geht, Auszeit auf der Toilette nehmen, durchatmen und ruhiger werden. Emotionalen Stress erkennen und achtsam mit sich umgehen, das ist individuell bei jedem anders. Das wichtigste, den Tinnitus mit einem positiven Erlebnis, Ereignis verbinden. Umkonditionierung des Denkens. Meistens verknüpfen wir den Tinnitus mit etwas Schlechtem. Das prägt sich im Schläfen- lappen ein. Umdenken, sagt die Verhaltenstherapie dazu. Ein weiteres Päckchen zur Tinnitus-Lösung sind das Erlernen von Entspannungsverfahren zum Beispiel Autogenes Training und Progressive Muskelentspannung. Wenn man nicht weiter kommt, dann kann die Psychotherapie helfen, die einem hilft, den Tinnitus mit etwas Positivem zu verbinden, wenn man den geeigneten Therapeuten gefunden hat. Die Verhaltenstherapie ist zu Tinnitus belegt. In der Verhaltenstherapie nennt man das Aufmerksamkeitsverlagerung. Ein Tinnitus-Tagebuch führen.Wann ist mein Tinnitus laut und was will er mir gerade sagen? Für Menschen, die von Tinnitus betroffen sind, ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen Ohrgeräu-schen und der Seele zu verstehen, um sich selbst Titelthema: Tinnitus zu helfen und zu ändern. Der Tinnitus sollte kein negativer Stempel sein! Die ist eine Behandlungsmethode zur Linderung des chronischen Tinnitus, die 1990 von Jastreboff und Hazell entwickelt wurde. Die Therapie zielt weniger auf die Entstehung des Tinnitus, vielmehr wird die Verarbeitung des Tinnitus im zentralen Nervensystem und somit die bewusste Wahrnehmung in den Mittelpunkt gestellt. • Aufklärung und Beratung des Patienten über die Erkrankung (Counseling) • Hörtherapie mit verhaltenstherapeutischen Aspekten, unter Umständen auch ein Tinnitus-Noiser, der ein zusätzliches Geräusch erzeugt. • Psychotherapeutische Begleitung, um den Umgang mit dem Ohrgeräusch zu erleichtern, unterstützend Methoden wie autogenes Training und Sport. Ein Musiktraining für das Gehirn, dessen Ziel es ist, den Tinnitus in seiner Wahrnehmung zu reduzieren. Die zu hörende Musik kann selbst ausgewählt werden. Die eigene Musik wird modifiziert, Frequenzen abgeändert, um der Phantomwahrnehmung des Gehirns entgegen zu wirken. Das tägli- che Hören der modifizierten Musik (ein bis zwei Stunden) über einen Zeitraum von 12 Monaten löste vermutlich neurophysiologische Vorgänge aus, welche die Tinnituslautheit und Lästigkeit reduzierten. hänge zwischen Psyche (Seele) und Soma (Körper) erforscht. Für Betroffene, die ihren Tinnitus "somatisieren", also einen seelischen Konflikt auf den Körper projizieren und als Ohrgeräusch hören, eignet sich diese Methode gut. Die Verhaltenstherapie beruht auf einer Verarbeitung der Probleme über den Verstand. Die Betroffenen lernen, mit dem Tinnitus zu leben und das Ohrgeräusch besser zu bewältigen. Negative Gedanken und Denkfehler wie "mein Tinnitus zerstört mein Gehör und mein Leben" werden bearbeitet und relativiert. Der Tinnitus bleibt davon unbeeinflusst, stört aber weNorbert Böttges bedankte sich bei Silvia niger. : Die Psychosomatik hat die Zusammen- Bieling für die gute Zusammenarbeit mit einem Blumenstrauss.