Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Seminar Dokumentation: Lernprozesse Teil 1 Freitag, der 29.11.13 und Samstag der 30.11.2013 Für die Berufspädagogen F 251 Inhalte: 1 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Brainstorming Brainstorming ist eine Methode zur Ideenfindung und funktioniert am besten wenn man sich an folgende vier Regeln hält: 1. Jede Kritik der Vorschläge ist verboten! • auch keine nonverbale Kritik (z.B. Stirnrunzeln oder Abwinken) • am besten auch keine positive Kritik (um eine vorzeitige Favorisierung einer Idee zu vermeiden) 2. Quantität vor Qualität • so viele Ideen wie möglich 3. Freies Spiel Gedanken ist erwünscht! • den Assoziationen soll freien Lauf gewährt werden. • Je ausgefallener, absurder,phantastischer, verrückter, utopischer, ungewöhnlicher oder spontaner ein Einfall ist, desto besser. 4. Die Ideen anderer aufnehmen und weiterentwickeln! • Dadurch entstehen neue wieder neue Ideen. Mind - Maps • • • • • Die Methode wurde von dem Psychologen Tony Buzan entwickelt und bezeichnet die visuelle Darstellung eines Themas Mind-Maps haben die Form eines Baumdiagramms der zentrale Begriff (das Thema) steht in der Mitte des Blatts, darum werden die weiteren Begriffe gruppiert sie lassen sich z.B. nutzen zum Zweck einer Ideensammlung, Präsentation, Planung und Organisation oder auch zum Lernen inzwischen gibt es reichlich Software zum Arbeiten mit Mind-Maps auf dem Computer, z.B.: FreeMind oder Xmind So erstellt man am besten ein Mind-Map: • • • • das Blatt im Querformat ausrichten den zentralen Begriff (z.B. als Wolke oder Ellipse) in die Blattmitte schreiben Weitere Begriffe werden (im Uhrzeigersinn) hierum gruppiert und entsprechend verzweigt Visualisierungen nutzen (Symbole, Farbe...) 2 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Und hier Ihre Mind - Maps zum Thema Lernen : 3 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Hirnquiz 1. Die Aussage: „Wer rastet, der rostet“ gilt auch für das Gehirn. □ richtig □ falsch 2. Ärzte und Wissenschaftler können das menschliche Gehirn bei seiner Arbeit beobachten □ richtig □ falsch 3. Das Gehirn ist aktiv während man schläft. □ richtig □ falsch 4. Männer haben im Durchschnitt mehr Hirnzellen als Frauen. □ richtig □ falsch 5. Psychischer Stress kann zu körperlichen Krankheiten führen. □ richtig □ falsch 6. Welche der folgenden Krankheiten sind Hirnkrankheiten? □ Epilepsie □ Schizophrenie □ Depression □ alle oben genannten 7. Es gibt eine klare obere Grenze dafür, was das Gehirn lernen kann. □ richtig □ falsch 8. Hochintelligente Personen haben ein überdurchschnittlich großes Gehirn. □ richtig □ falsch 9. Man erinnert sich – selbst nach Jahren - besser an ein Erlebnis, wenn es mit einer heftigen emotionalen Reaktion verbunden war. □ richtig □ falsch 4 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Basisvoraussetzungen für Lernen Kunz (1986) nennt u.a. folgende Einflussfaktoren auf die kognitive Leistungsfähigkeit: • • • • • • • • Intelligenz Konzentrationsfähigkeit Motivation Emotionale Stabilität Selbstwertgefühl Arbeitstechnik / Lerntechnik Physiologische Bedingungen Soziales Umfeld Quelle: „Studieren lernen“, Arbeits- und Lerntechniken, Prüfungen und Studienarbeiten von Sven Max Litzke und Ruth Linssen, Brühl 2007 So lernen Sie garantiert zu flach: • anschauen • durchlesen • abschreiben • auswendig lernen • Fertiges unkritisch übernehmen • sich Lösungen vorkäuen lassen • Wiederholungen nach gleich bleibender Methode Vertiefendes Lernen: Wichtiges Festhalten Markieren, notieren, kürzen Aufbau erkennen Überschriften finden, Gliederung herausarbeiten be- und verarbeiten Mind Map erstellen Individualisieren Bezug zu sich selber herstellen nachvollziehen Fragen stellen und beantworten prüfen In Frage stellen, vergleichen 5 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] ordnen kategorisieren assoziieren verbinden, vergleichen wiederholen... SQ3R-Methode - Lesetechnik Die SQ3R-Methode. SQ3R steht für die fünf Wörter Survey, Question, Read, Recite, Review. Die von Francis Robinson in den 60er Jahren entwickelte Methode hört sich vielleicht erstmal kompliziert an, ist jedoch sehr einfach anzuwenden. Schritt 1: Survey – Erforschen, Überblick gewinnen. Beginnen Sie im 1. Schritt noch nicht damit, den Text zu lesen, sondern damit sich einen Überblick zu verschaffen. Erforschen Sie, was auf Sie zukommt, indem Sie bei der Lektüre von Büchern folgendermaßen vorgehen: * den Titel des Buches lesen, * den Innentext (z.B. auf Umschlagsklappe oder Rückseite) lesen * im Inhaltsverzeichnis nur die Überschriften der Hauptkapitel lesen, * Abbildungen und Tabellen überfliegen, * überprüfen Sie, ob Sie den Autor kennen, * das Vorwort lesen. Bei der Lektüre von Artikeln und Beiträgen gehen Sie ähnlich vor: * den Titel des Artikels oder Beitrags lesen, * bei Fachartikeln den Namen der Fachzeitschrift (und Jahrgang), die Überschrift und Autorennamen lesen, * die Hauptüberschriften lesen * Abbildungen und Tabellen anschauen * Überprüfen Sie, ob Sie den Autor kennen, * die Zusammenfassung der Artikel lesen. Wenn Sie schon im Buchtext, z.B. eines Kapitels (oder eines Artikels sind), gehen Sie wie folgt vor: * Überschrift lesen, * Unterüberschriften lesen, * Abbildungen und Tabellen und ihre Über- oder Unterschriften, * evtl. Texthervorhebungen überfliegen. Die S-Phase dient dazu, den groben Zusammenhang und den Gesamtrahmen zu erkennen. Diese Phase dauert nur wenige Minuten und ist unglaublich zeitsparend. Sie erleichtern sich dadurch die Aufnahme und Verarbeitung von Lern-Inhalten. Die Aufnahmebereitschaft wird deutlich gesteigert: Wenn Sie im dritten Schritt dann den Text lesen, haben Sie bereits ein grobes Einordnungskonzept geschaffen, nach dem Sie gezielter zuordnen, behalten und abspeichern können. Man könnte sagen, dass der Speicher vorformatiert ist für die Inhalte des Textes. Da Sie nun nicht mehr „in den blauen Dunst hinein“ lesen, fallen Ihnen danach Orientierungen leichter. Schritt 2: Questions – Fragen stellen Im zweiten Schritt, in der Q-Phase, beginnen Sie immer noch nicht mit dem Lesen des Textes! Ihre Aufgabe ist es stattdessen, sich nun auf den Text durch die Formulierung von Fragen und Aktivierung von Vorwissen vorzubereiten. Beispiele von Fragen zur Aktivierung des Vorwissens: * Was weiß ich bereits zu dem 6 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Thema? * Was weiß ich bereits über den Autor? * Zu welchem Bereich gehört das Thema? Was stelle ich mir unter dem Thema vor? * Was für Querverbindungen gibt es zu bereits früher Gelerntem? (Sie können das Vorwissen bzw. die Antworten auf die Fragen auch in Form eines Mind Maps festhalten.) Anregung zur Formulierung von Fragen an den Text bzw. die Sie durch die Lektüre beantworten möchten:* Was für Fremdwörter oder Fachbegriffe sind Ihnen schon ins Auge gefallen, deren Bedeutung Sie noch nicht kennen? Was für Fragen fallen Ihnen spontan ein, wenn Sie an das Hauptthema denken? Was würden Sie gerne über das Thema erfahren? Was für Fragen ergeben Sich aus dem Klappentext? Welche aus den Überschriften? Oder aus den Tabellen und Zeichnungen? Die Fragen dienen dazu, die Motivation zu wecken, Antworten auf die Fragen zu finden. Sie lesen dadurch den Text nicht passiv, sondern aktiv – das bewirkt, dass Sie die Inhalte noch besser behalten. Außerdem ist es so einfach bei der Lektüre Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Möglicherweise ist das Formulieren von Fragen am Anfang mühsam, mit der Zeit (bzw. durch regelmäßiges Anwenden) werden Sie diesen Schritt aber sicherlich verinnerlichen und automatisch Fragen stellen. Schritt 3: Read – Lesen des Textes Nun können Sie sich mit dem Text befassen. Lesen Sie den Text abschnittsweise. Wichtig ist, dass Sie das Gelesene verstehen, damit es abgespeichert wird, d.h. Fachausdrücke und Fremdwörter sollten Sie gleich nachschlagen und die Bedeutung für den gegeben Kontext klären. Beachten Sie Hervorhebungen (z.B. Fett- oder Kursivdruck, Einrahmungen, Einrückungen, etc.) und halten Sie Ausschau nach der/n Hauptaussage/n. Heben Sie die Schlüsselwörter und Kernaussagen hervor durch Unterstreichung oder durch Markierung. Wenn Sie wirklich nur Wesentliches hervorheben, bleibt es auch wesentlich besser haften. Sie können auch besondere Hervorhebungen an den Rand machen, z.B. Def für Definititon, Kri für Kritik, Erg für Ergebnis, Theor für Theorie, Bez für Bezug, vgl für vergleiche. Schritt 4: Recite – Zusammenfassen der wichtigsten Inhalte Nach jedem Abschnitt sollte dieser rekapituliert, also darüber nachgedacht werden: Worum ging es? Was waren die Schlüsselwörter und wie stehen diese miteinander in Zusammenhang? Machen Sie sich schriftliche Kurznotizen, in denen Sie die wesentlichen Inhalte wiedergeben und die zu Anfang in Phase Q gestellten Fragen beantworten. Gebrauchen Sie dabei Ihre eigenen Formulierungen: Wenn Sie das können, wissen Sie auch gleichzeitig, dass Sie den Inhalt verstanden haben bzw. ggf. Abschnitte noch mal lesen sollten. Die Kurznotizen können Sie, wenn Raum ist, neben dem Text machen, besonders günstig ist es aber Sie auf Karteikarten zu schreiben, so können Sie zur Prüfungsvorbereitung auf eine brauchbare Fachsammlung zurückgreifen. Schritt 5: Review – Nacherzählen, Wiederholen des gesamten Textes Während Sie bis hierher abschnittsweise vorgegangen sind, fassen Sie nun den gesamten Text mündlich zusammen, indem Sie sich die wesentlichen Aussagen des Textes vergegenwärtigen. Wenn bereits möglich, stellen Sie Querverbindungen zu anderen Themen, z.B. Paragraphen, zu anderen Beiträgen des Autors oder zu ähnlichen Theorien her. 7 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Die Methode im Überblick Survey: Erforschen, Überblick gewinnen. Titel, Autor, Inhaltsverzeichnis, Kapitelüberschrift lesen. Questions: Fragen stellen. Was weiß ich bisher zu: Autor, Themen, Inhalt, Bereiche? Read: Lesen des Textes. Text langsam und aufmerksam durchlesen, Unterstreichungen. Recite: Zusammenfassen der wichtigsten Inhalte. Wichtigste Begriffe, Inhalte, etc. formulieren Review: Nacherzählen, Wiederholen des gesamten Textes. Inhalt mit eigenen Worten nacherzählen, Kritik, Querverbindungen erwähnen. Vor- und Nachteile Der Nachteil der SQ3R-Methode ist, dass Sie anfangs aufwändig und zeitintensiv ist. Mit etwas Übung lässt sie sich allerdings leicht auf alle Wissensbereiche ausdehnen und wird immer leichter in der Anwendung. Der große Vorteil ist, dass das mit der SQ3R-Methode erfasste Wissen wesentlich besser im Gedächtnis gespeichert als mit der „normalen“ Lesetechnik. Die Wahrscheinlichkeit der korrekten Wissens-wiedergabe ist somit wesentlich höher. Man sollte sich aber tatsächlich an die fünf Schritte halten, gerne werden die Schritte nämlich zusammengefasst und verlieren so an Effizienz. Emotionen und Lernen Die Grafik beschreibt den umgekehrt U-förmigen Zusammenhang zwischen Angst und Leistung (Bildquelle: www.scilogs.de) 8 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Das ABC Modell nach Ellis lässt sich nicht nur für die Entstehung von Prüfungsangst anwenden, sondern beschreibt generell, wie Gedanken (Bewertungen von Situationen) Gefühle oder auch körperlichen Stress erzeugen können. A : Auslösendes Ereignis (z.B. eine Prüfung) B : Subjektive Bewertung der Situation C : Gefühle, Körperliche Reaktion und Verhalten In diesem Zusammenhang haben wir über förderliche und hinderliche Glaubenssätze gesprochen. Hinderliche Glaubenssätze zum Thema Lernen wären z.B.: – „Ich muss perfekt sein. Ich darf keine Fehler machen.“ – „Ich habe immer Pech bei Prüfungen.“ – „Prüfer sind ungerecht und unfair.“ Wenn Sie bei sich selbst hinderliche Glaubenssätze erkannt haben versuchen Sie sie mit förderlicheren und auch realistischeren Gedanken zu ersetzen. Ihre typischen hinderliche Glaubenssätze Was sind Dinge, die Sie häufig über Prüfungen denken und die Ihre Angst steigern? Und was denken Sie über sich in Bezug auf Prüfung, was nicht förderlich für Ihren Zustand ist? Schreiben Sie 5 Kernsätze auf. • ____________________________________________________________________ • ____________________________________________________________________ • ____________________________________________________________________ • ____________________________________________________________________ • ___________________________________________________________________ Schreiben Sie nun 5 Dinge auf, die Sie gerne häufiger über Prüfungen oder sich denken würden. • ____________________________________________________________________ • ____________________________________________________________________ • ____________________________________________________________________ 9 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] • ____________________________________________________________________ • ____________________________________________________________________ Das Gehirn – Drei Speichermodell Ein bekanntes Erklärungsmodell ist das Drei-Speicher-Modell, welches zwischen folgenden Speichern bzw. „Gedächtnissen“ unterscheidet: 1. Sensorischem Speicher (Ultrakurzzeitgedächtnis: UKZG), 2. Arbeitsspeicher (Kurzzeitgedächtnis: KZG) 3. Langzeitspeicher (Langzeitgedächtnis: LZG) Ultrakurzzeitgedächtnis (UKZG) Sensorischer Speicher - 20 Sek., sinnhaft, bedeutsam, neu, mit allen Sinnen Kurzzeitgedächtnis (KZG) Arbeitsspeicher Mnemo- Langzeitgedächtnis (LZG) techniken unbegrenzt 7 +/- 2 Chunks Die Lerntheorien 1. Die klassische Konditionierung: der Pawlowsche Hund Die Entdeckung der klassischen Konditionierung verdanken wir dem russischen Physiologen Iwan Pawlow (1849 -1936). Dieser führte seiner Zeit Experimente mit Hunden durch um deren Verdauungssäfte zu untersuchen. Dabei bemerkte er, dass die Hund bereits Speichel absonderten, wenn sie die Schritte des Versuchsleiters hörten. Aus dieser Erkenntnis baute er seine weiteren Experimenten auf: Wenn ein Hund Futter (natürlicher Reiz) bekommt reagiert er mit Speichelfluss (natürliche Reaktion). Immer wenn er nun das Futter bekommt, ertönt gleichzeitig ein Glockenton (erstmal ein neutraler Reiz). Der Ton selbst löst noch keinen Reiz beim Hund aus, aber auf das Futter reagiert er wie gehabt mit Speichelfluss. Dies wird nun mehrere Male wiederholt. Am Ende kommt es bei dem Hund zu der Verknüpfung der Glocke mit dem Futterreiz, auch wenn er nur den Ton hört, ohne dass ihm Futter gegeben wird. Somit wird der neutrale Reiz des Glockentons zu einem konditionierten, erlernten Reiz, der nun wiederum eine gelernte Reaktion hervorruft. 10 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Schema der klassischen Konditionierung: Quelle: www.Horsefriendship.de Watson und Rayner (1920) konnten in dem Experiment „Der kleine Albert“ zeigen: das geht nicht nur bei Hunden. Der elf Monate alte Albert wurde in dem Experiment erschreckt in dem hinter seinem Rücken ein lautes Geräusch (natürlicher Reiz) erzeugt wurde, auf das er mit großer Angst (natürliche Reaktion) reagierte. Dazu wurde ihm ein weiße Ratte (neutraler Reiz) gezeigt, die immer gleichzeitig mit dem Lärm hinter ihm erschien. Bereits nach sieben Wiederholungen hatte er das Tier das ohne den Lärm Neugier auslöste mit Angst verknüpft, selbst wenn kein Lärm hinter ihm ertönte. 2. Die operante Konditionierung: Thorndikes Katzen bzw. Versuch und Irrtum Etwa zur selben Zeit wie Pawlow forschte auch Thorndike, dieser aber mit Katzen statt Hunden. Für die Katzen baute er einen sogenannten „Problemkäfig“, der eigentlich ein Gefängnis für die Katzen war. Durch einen Hebel konnten die Katzen allerdings aus dem Gefängnis entkommen und an das Futter gelangen was außerhalb des Käfigs auf sie wartete. Nach einiger Zeit in der Gefangenschaft betätigten die Katzen neben Scharren und Kratzen zufällig den Hebel und gelangten somit nach draußen. Bei Versuchswiederholung gelang es den Katzen immer schneller durch Betätigen des Hebels in die Freiheit zu gelangen. Durch das Futter wurde die Handlung natürlich noch bestärkt. Somit findet nach dem operanten Konditionieren Lernen statt indem zunächst durch Versuch und Irrtum allerlei Verhaltensweisen gezeigt werden, aber das Verhalten, welches belohnt wird, setzt sich durch. 11 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] 3. Das Modelllernen: Bandura und die Puppe Vor allem Kinder lernen von Vorbildern und ahmen Verhalten nach, das sie beobachten. Bandura hat sich in den sechziger Jahren mit dem „Lernen am Modell“ beschäftigt und dazu geforscht. Vierjährige Kinder aus drei verschiedenen Gruppen sahen sich einen Film an in dem eine erwachsene Frau eine Puppe verprügelt. Die Filme unterschieden sich lediglich in dem Ende: 1. das Verhalten der Person wurde belohnt 2. das Verhalten wurde bestraft 3. das Verhalten hatte keine Konsequenzen Danach wurden die Kinder in einen Raum geführt in dem auch die gleiche Puppe aus dem Film war. Alle Kinder hatten das Verhalten aus dem Film gleichermaßen erlernt aber die Kinder haben je nach den Folgen das Verhalten in unterschiedlicher Häufigkeit nachgeahmt. Somit ist Beobachtungslernen ein Prozess in dem verschiedenen Phasen unterschieden werden: Lernphasen: 1. Aufmerksamkeitszuwendung 2. Behaltensphase 3. Reproduktionsphase 4. Motivationale Phase Hier ist der Link zu dem Original Video (in dem das Modell die Puppe verprügelt) das wir gesehen haben: http://www.youtube.com/watch?v=hHHdovKHDNU 4. Lernen durch Einsicht: Köhler und die Affen Wolfgang Köhler forschte auf Teneriffa mit Affen und entdeckte, dass auch diese Probleme durch gezieltes Nachdenken anstelle von ziellosem Herumprobieren lösen. In das Gehege der Affen hatte er eine Banane gehängt. Allerdings so hoch, das die Affen durch Hochspringen nicht ran kamen. Köhler beobachtete wie sein Lieblingsschimpanse Sultan nach einer Weile des stillsitzen (die er als nachdenken interpretierte) einige Kisten übereinander stapelte um dann letztlich an die begehrte Banane zu gelangen. Bei einem ähnlichen Versuch steckte Sultan Stöcke ineinander um so an die Banane zu kommen. Bei dem Lernen durch Einsicht geht es also darum Sachverhalte zu verstehen. Ursachen und Wirkungen aufzudecken und somit Probleme zu lösen. Während Versuch-und-IrrtumLernen eher auf einer mechanischen Wiederholung beruht haben wir es hier mit einsichtigem Verhalten zu tun. 12 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Während die frühen Untersuchungen zum Lernen (Konditionierung) ganz im Sinne des damals vorherrschenden Behaviorismus aus einfachen Reiz und Reaktion Schemata bestanden ist sowohl das Modelllernen wie auch das Lernen durch Einsicht komplexer. Black Box Modell des Behaviorismus: Bildquelle:http://www.grin.com Nach der sogenannten kognitiven Wende in der Lernpsychologie wird Lernen auf nicht direkt beobachtbare kognitive, emotionale und motivationale Prozesse zurückgeführt. Mnemotechnik: Methode der Orte (Loci Technik) Die Methode der Orte ist uralt und wird heute noch von Gedächtnissportlern verwendet. Sie eignet sich immer dann, wenn Inhalte in einer bestimmten Reihenfolge erinnert werden sollen (z.B. Gesetzestexte). Ohne die Hilfe einer Mnemotechnik können wir in unserem Kurzzeitgedächtnis ca. 7 Inhalte (Chunks) abspeichern. Mit Hilfe der Technik kann man mühelos 40 Inhalte memorieren. Und so geht’s: Die Inhalte, die erinnert werden sollen, werden (in mentalen Bildern) in einer vorher festgelegten Route an Routenpunkten abgelegt. Tips zum Erstellen von Mnemo Routen: • • • • Reihenfolge festlegen (z.B. im Uhrzeigersinn) die Routenpunkte sollten sich gut voneinander unterscheiden und nicht zu klein sein außerdem sollten sie sich dauerhaft an dieser Position befinden Beispiele für Routen: • z.B. vom Alexanderplatz zum Brandenburger Tor • In der eigenen Wohnung: (Tür, Flur....) • Im Prüfungsraum / Klassenzimmer 13 Seminar Handout: „Lernprozesse Teil 1“ für die Berufspädagogen F 251, Dipl. Psych. Bettina Stach E-Mail: [email protected] Literaturangaben • • • • • • Grosses Buch der Lerntechniken: Geuenich, Hammelmann & Havas (2011), Jokers Edition Klassische Lerntheorien: Grundlagen und Anwendungen in Erziehung und Psychotherapie: Bodenmann, Perrez & Schär (2011) Erfolgsgedächtnis: Wie Sie sich Zahlen, Namen, Fakten, Vokabeln einfach besser merken: Dr. Gunther Karsten (2004), Goldmann Verlag Power Gedächtnis: Geisselhart und Burkart (1997), Gabal Verlag Grosses Buch der Gedächtnistechniken: Merkfähigkeit verbessern, Konzentration fördern, Lerntechniken anwenden, Gedächtnis trainieren. Andrea Tiefenbacher & Rahild Neuburger, Jokers Edition (2010) Knigge-Illner, H. (2010): Prüfungsangst besiegen. Wie Sie Herausforderungen souverän meistern. Frankfurt Main: Campus Verlag Film Dokumentation • Das automatische Gehirn – Die Magie des Unbewussten: Dokumentation von Francesca D'Amicis, Petra Höfer, Freddie Röckenhaus (2013) Der Film ist bei amazon erhältlich aber er ist auch auf youtube zu sehen. Hausaufgabe zum nächsten Mal: • Bitte bringen Sie eine Definition zu „Lernen“ mit! Es gibt reichlich davon im Internet. 14