Vorhofflimmern ist die häufigste bedeutsame Herzrhythmusstörung. Etwa 70 Prozent der Vorhofflimmer-Attacken bemerken die Patienten nicht. Die Betroffenen klagen meist über unspezifische Beschwerden wie plötzlicher Leistungsknick, Müdigkeit, Herzklopfen oder Schlafstörungen. Herzrasen bemerken 70 bis 80 Prozent der Patienten. Vorhofflimmern bedeutet bei vielen Patienten ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Heutzutage kann den meisten Patienten eine medikamentöse oder invasive Behandlung angeboten werden, die eine normale oder fast normale Lebensweise ermöglicht. Verbreitung Vorhofflimmern kommt bei 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung vor. Das heißt dass in Europa etwa sechs Millionen Menschen betroffen sind. Die Häufigkeit steigt von unter 0,5 Prozent im Alter unter 40 auf bis zu 15 Prozent bei über 80-jährigen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, das Lebenszeitrisiko bei Personen über 40 Jahre beträgt etwa 25 Prozent. Das Risiko für Vorhofflimmern steigt mit dem Schweregrad einer bestehen- den Herzerkrankung beträchtlich. Bei einer Herzinsuffizienz (Herzmuskelschwäche) findet sich in 30 bis 40 Prozent der Fälle ein Vorhofflimmern. Ursachen Vorhofflimmern kann ohne erkennbare Ursache oder ohne erkennbare Grundkrankheit auftreten. Etwa 20 bis 30 Prozent der Patienten leiden an einer koronaren Herzkrankheit, ebenfalls etwa 20 bis 30 Prozent an einem arteriellen Bluthochdruck (Hypertonie), knapp 20 Prozent an einem Herzklappenfehler und etwa 15 Prozent an einer Herzmuskelerkrankung. Bei etwa 0,5 bis 6 Prozent der Patienten hängt das Risiko von Vorhofflimmern mit einer Überfunktion der Schilddrüse zusammen. Daneben kann Vorhofflimmern nach Operationen auftreten, insbesondere einige Tage nach thoraxchirurgischen Eingriffen, wie Bypass-Operationen, Lungenresektionen. Im Wesentlichen werden folgende Mechanismen für das Vorhofflimmern verantwortlich gemacht: • Pulsfrequenzen von über 200 pro Minute, aber auch die dann typischen Frequenzen von 100 bis 160 pro Minute sind für das Herz auf Dauer nicht ökonomisch und können bei den Patienten innerhalb von Tagen bis Wochen zu einer ausgeprägten Herzmuskelschwäche mit Herzinsuffizienz führen. • Zu langsamer Puls, häufig durch die herzfrequenzbremsenden Medikamente ausgelöst. Der langsame Herzschlag oder Pause können Ursache für Ohnmachtsanfälle sein. Bei einem häufigen Wechsel zwischen schnellen und langsamen Phasen spricht man von einem Bradykardie-Tachykardie-Syndrom. • Verlust der geordneten Vorhofkontraktion mit leichter Einschränkung der Pumpleistung des Herzens. Diese fällt bei einem sonst gesunden Herzen meist nicht ins Gewicht und wird dann meist auch nicht wahrgenommen. Bei einem stark vorgeschädigten Herz kann das Fehlen der Vorhofkontraktion zu einer deutlichen Verschlechterung der Belastbarkeit führen. • Erhöhtes Risiko für Embolien. In den Vorhöfen können sich (bevorzugt im linken Herzohr) auf Grund des veränderten Blutflusses leichter Blutgerinnsel bilden. Diese Thromben wiederum können sich lösen und im Körper zu embolischen Gefäßverschlüssen führen. Besonders gefürchtet sind Schlaganfälle durch Hirnembolien. Vorhofflimmern diagnostizieren Unregelmäßiger und meist zu schneller Puls ist das Leitsymptom des Vorhofflimmerns und wird fast immer bereits im Rahmen der körperlichen Untersuchung festgestellt. Im EKG fehlen die „Vorhofwellen“ (PWellen), stattdessen besteht oft ein unregelmäßiges „Flimmern“ der Grundlinie. Unregelmäßig auftretende „Kammerzacken“ lassen Vorhofflimmern manchmal besser erkennen als diese Flimmerwellen. Paroxysmales Vorhofflimmern (anfallsartiges) kann oft erst im LangzeitEKG (über 24 Stunden durchgeführt), mittels Event-recording (über mehrere Tage oder Monate) oder durch einen implantierten Event-recorder (über Jahre) diagnostiziert werden, da zwischenzeitlich immer wieder Phasen eines normalen regelmäßigen Pulses mit normalem EKG bestehen. Komplikationen und Begleiterkrankungen erkennen Eine Herzinsuffizienz als eine wichtige Komplikation des Vorhofflim- merns wird meist anhand der Symptome des Patienten vermutet und dann in der Ultraschalluntersuchung des Herzens bestätigt. Gleichzeitig können bei der Echokardiografie Herzklappenfehler (insbesondere der Mitralklappe), andere Herzfehler oder ein Herzinfarkt als mögliche Ursachen von Vorhofflimmern identifiziert werden. Zudem wird durch die Größeneinschätzung der Vorhöfe die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Kardioversion abgeschätzt. Die Laboruntersuchung des Blutes wird benötigt, um eine Überfunktion der Schilddrüse oder Elektrolytstörungen auszuschließen. Als wohl wichtigste Komplikation des Vorhofflimmerns ist die Thrombembolie zu nennen. Dabei handelt es sich um das Loslösen von kleinen Blutgerinnseln aus den Herzvorhöfen mit nachfolgender Verstopfung von Arterien (z. B. von Arterien des Gehirnes mit der Folge eines Schlaganfalls). Therapie Die Therapie von Vorhofflimmern zielt im Wesentlichen auf zwei Kernprobleme: die Behandlung der Rhythmusstörung und die Vermeidung von Embolien ab. Behandlung der Rhythmusstörung Beim ersten Auftreten von Vorhofflimmern steht als Ziel die Wiederherstellung des Sinusrhythmus und dessen Erhalt im Vordergrund. Sollte dies auf Dauer nicht erfolgversprechend sein, ist die Herzfrequenzkontrolle das Ziel. Neu aufgetretenes Vorhofflimmern hat eine hohe „Selbstheilungsrate“. Bei mehr als der Hälfte der Patienten endet es innerhalb von 24 Stunden spontan. Deshalb kann sich die Behandlung in dieser Zeit in der Regel auf eine Senkung der Pulsfrequenz mit Betablockern, oder Kalziumantagonisten vom Verapamil- oder Diltiazem-Typ beschränken. Ist die Frequenzsenkung hiermit nicht ausreichend, können Digitalis-Präparaten angewandt werden. Beeinflussbare Faktoren, die das Vorhofflimmern begünstigen, werden möglichst ausgeschaltet. Dabei ist an zu hohe Blutdruckwerte, Elektrolytstörungen, Durchblutungsstörungen des Herzens und eine Schilddrüsenüberfunktion zu denken. Bei länger als 48 Stunden anhaltendem Vorhofflimmern steigt das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) insbesondere im linken Vorhof des Herzens. Diese Thromben können sich lösen, mit dem Blutstrom in entlegene Gefäße transportiert werden und dort akute Gefäßverschlüsse verursachen. Kritisch dabei ist, dass Erkrankte ein meist länger bestehendes Vorhofflimmern nicht spüren und erst in einer stark beschleunigten Herztätigkeit den Arzt aufsuchen. Spezielle Situationen Besonders nach Operationen am Herzen ist Vorhofflimmern eine häufige Komplikation. Es tritt je nach durchgeführtem Eingriff und Vorschädigung des Herzens mit einer Häufigkeit von 10 bis 77 Prozent meist am zweiten Tag nach der Operation auf. Bei Eingriffen an der Mitralklappe (bis zu 73 Prozent) ist es häufiger als bei Bypass-Operationen (10 bis 33 Prozent), weitere Risikofaktoren sind hohes Alter, ein vergrößerter linker Vorhof, eine lange Operationsdauer, Bluthochdruck und früher schon aufgetretenes Vorhofflimmern. Vorhofflimmern und Genussmittel – Holiday Heart Syndrom Bei einigen Menschen, auch Herzgesunden, kann Vorhofflimmern durch Alkohol provoziert werden. In einigen Untersuchungen war mehr als die Hälfte der Fälle von Vorhofflimmern nach Alkoholkonsum aufgetreten. Typischerweise beginnt die Rhythmusstörung wenige Stunden nach Zufuhr einer ungewöhnlich hohen Alkoholdosis, oft in der zweiten Nachthälfte, am Wochenende oder auch nach körperlicher Belastung. Für diese besonders bei jüngeren Männern beobachtete Konstellation wurde in Anlehnung an eine Publikation aus dem Jahr 1983 die Bezeichnung „Holiday Heart Syndrom“ geprägt. Bei fast allen Patienten endet die Rhythmusstörung ohne besondere Behandlung innerhalb von 24 Stunden. In der 2004 veröffentlichten Danish Diet Cancer and Health Study konnte für Männer mit einem Alkoholkonsum von mehr als 20 g pro Tag ein um 44 Prozent erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern nachgewiesen werden. Männer, die 12 g pro Tag oder weniger tranken, hatten ebenso wie Frauen ein normales Risiko. Der früher auch als Risiko angesehene Genuss von Kaffee oder Tee hingegen erwies sich in der gleichen Studie im Zusammenhang mit Vorhofflimmern als unbedenklich. Bei regelmäßigem Konsum trat es sogar etwas seltener auf. Vorbeugen Wenn Sie einem Vorhofflimmern vorbeugen möchten, ist es unerlässlich, begünstigende Erkrankungen rechtzeitig behandeln zu lassen und Risikofaktoren zu meiden. Dazu gehören: - Herzmuskelschwäche - koronare Herzerkrankung - Bluthochdruck - Diabetes mellitus - Schilddrüsenüberfunktion - Übergewicht, Alkoholmissbrauch Zum Vorbeugen von Vorhofflimmern gehört es auch, Zeichen von Herzschwäche wie Luftnot, Angina pectoris oder Kurzatmigkeit immer ernst zu nehmen und abzuklären. Außerdem ist es ratsam den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren und einen möglichen Diabetes gut einstellen zu lassen. Allgemein kann nicht nur Vorhofflimmern, sondern allen Herzgefäßerkrankungen durch eine gesunde Lebensführung vorbeugen. Diese verwirklichen Sie, wenn Sie - sich ausgewogen ernähren, - regelmäßig Sport treiben, - mögliches Übergewicht reduzieren beziehungsweise das Gewicht regelmäßig kontrollieren, - auf das Rauchen verzichten und - Alkohol nur in Maßen trinken. Heilungsaussicht Die Mortalität ist bei Vorhofflimmern etwa doppelt so hoch wie bei Gleichaltrigen mit normalem Herzrhythmus, was allerdings überwiegend oder ausschließlich auf die häufigeren Herzerkrankungen zurückzuführen ist. Im Durchschnitt erleiden jährlich etwa sechs Prozent der Patienten mit Vorhofflimmern einen Schlaganfall, 15 bis 20 Prozent aller Schlaganfälle ereignen sich bei Vorhofflimmern. Schlaganfall