Interkulturelle Bildung

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18. Juni 2007
Interkulturelle Bildung – eine Chance für unsere
Gesellschaft
Berlin, den 18.06.2007. Die gesellschaftliche Situation in Deutschland ist sehr differenziert.
Wie in allen modernen Gesellschaften leben hier Menschen mit unterschiedlichem
kulturellen, religiösen, ethnischen und sozialen Hintergrund zusammen. Deutschland ist ein
Zuwanderungsland, in dem die gemeinsame Grundlage der Vielfalt der Kulturen die
verfassungsrechtlich garantierten demokratischen Grundrechte und Werte, wie z. B.
Gleichberechtigung von Mann und Frau, Meinungsfreiheit, Glaubensfreiheit und Recht auf
individuelle Selbstverwirklichung (vgl. Art. 1 bis 19 GG) sind. Sie orientieren sich nicht
zuletzt an den Menschenrechten der Charta der Vereinten Nationen.
Kulturelle Vielfalt bietet große Potentiale und Chancen für eine Gesellschaft. Sie birgt aber
auch das Risiko des gegenseitigen Abschottens und tiefgreifender Konflikte. Interkulturelle
Bildung gewinnt in dieser Situation an Bedeutung. Sie fördert das Zusammenleben von
Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Kulturelle Vielfalt bedeutet
eine Zunahme der Wahlmöglichkeiten für individuelle Lebensweisen und ist
Bestimmungsmoment für die Entwicklung der Persönlichkeit. Interkulturelle Kompetenz
muss daher auch als Ziel der allgemeinen Bildung gesehen werden. Interkulturelle Bildung
ist auf der Seite des Individuums diejenige Fähigkeit, die die gesellschaftlich vorhandene
kulturelle Vielfalt produktiv zu bewältigen gestattet. Zur politischen, juristischen und
sozialen Dimension von kultureller Vielfalt kommt daher eine pädagogische Dimension. Sie
ist insbesondere unverzichtbar für jedes Land, das wie Deutschland durch den
internationalen Handel von Dienstleistungen und Gütern stark in den wirtschaftlichen
Globalisierungsprozess eingebunden ist. Ziel ist daher auch, die Menschen in Deutschland
so auszubilden, dass sie sich im Inland in internationalen Unternehmen bewähren, und im
Ausland integrieren und dort erfolgversprechend arbeiten können.
Interkulturelle Bildung setzt die Kenntnis der je eigenen Kultur voraus und fördert den
Zugang zu anderen kulturellen Welten. Wesentlich ist dabei, von einer Defizit- zu einer
Potentialperspektive zu kommen.
Interkulturelle Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe. Das bedeutet
auch, dass sich Kultur- und Bildungsangebote für neue Formen der Kultur öffnen müssen,
die die kulturelle Vielfalt in Deutschland widerspiegeln. Ziel muss sein, eine
gleichberechtigte Teilhabe an der Kultur aller Menschen zu ermöglichen. Das setzt die
Kenntnis über die vielfältigen kulturellen Interessen der in einer Gesellschaft lebenden
Menschen voraus. Gesicherte Erkenntnisse über Art und Umfang dieser Interessen sind
noch unzureichend vorhanden. Der Deutsche Kulturrat fordert Bund, Länder und
Kommunen daher auf, durch entsprechende Untersuchungen die Basis politischer
Entscheidungen und praktischen Handelns zu verbessern.
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Die Berücksichtigung der interkulturellen Bildung als integralen Bestandteil der Bildung
insgesamt bedeutet für alle Bildungs- und Erziehungsorte eine Herausforderung.
Insbesondere gilt dies für die Orte und Strukturen kultureller Bildung mit ihren produktiven
und rezeptiven Dimensionen. Neben dieser Berücksichtigung der formalen und nonformalen
Bildung finden entscheidende Bildungs-und Erziehungsprozesse im Bereich des informellen
Lernens statt. Dies gilt insbesondere für den ersten und zentralen Bildungs- und
Erziehungsort: die Familie.
Chance: Familie
Die primäre Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen ist die Familie. Ungeachtet der
Ausweitung institutioneller und staatlicher Erziehungs- und Bildungseinflüsse kommt der
Familie eine zentrale Stellung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu. Sie
schafft entscheidende Voraussetzungen für den Erfolg von Lern- und Bildungsprozessen und
ist damit auch der erste Ort für die Vermittlung von Werten und interkulturellen
Kompetenzen. Eine in der Familie vermittelte Offenheit für andere kulturelle Werte und
Lebensweisen setzt den Grundstein für Toleranz, Respekt und die Fähigkeit, sich in den
verschiedenen Kulturen zurecht zu finden. Die Vermittlung dieser Werte ist unabdingbar für
das Zusammenleben in einer Gesellschaft. Der Deutsche Kulturrat fordert daher die
Verbesserung der Infrastrukturen und Rahmenbedingungen, z.B. der
Familienbildungsstätten, die Familien bei der Erziehung ihrer Kinder und bei
Vermittlung kultureller Werte unterstützen. Insbesondere heißt das, die
interkulturelle Kompetenz der Eltern zu stärken.
Chance: Frühkindliche Erziehung
In Kindertagesstätten kann kulturelle Vielfalt lebendig vermittelt werden. Die Kinder lernen
frühzeitig mit unterschiedlichen Werten und Lebensweisen umzugehen. Sie erfahren, dass
ihre Kultur und ihre Traditionen anerkannt und wertgeschätzt werden. So sind
Kindergärten und Kindertagesstätten die ersten Orte des institutionellen, wenn auch noch
nonformalen interkulturellen Lernens. Die inzwischen von den Ländern vorliegenden
Bildungspläne für die frühkindliche Bildung sind dahingehend zu überprüfen.
Kinder begegnen einander zunächst offen. Eine andere Sprache, andere religiöse oder
kulturelle Gebräuche werden zunächst lediglich als Differenz wahrgenommen und nicht
gewertet. In der frühkindlichen Bildung bestehen daher besondere Chancen der
interkulturellen Bildung. Dazu gehört sowohl der Erwerb der deutschen Sprache für
Migrantenkinder als auch das Kennenlernen einer anderen Sprache für deutsche Kinder.
Gerade im Bereich der vorschulischen Bildung besteht eine große Offenheit gegenüber der
Sprache. Neben dem Spracherwerb besteht hier die Gelegenheit, sich spielerisch mit Kultur
auseinander zu setzen. Dazu gehören Tanzen, Malen, Musizieren, Theater spielen,
Geschichten erzählen, Lesen, Schreiben usw. Daher sollten so viele Kinder wie möglich
Kindertagesstätten besuchen. Um allen Kindern den Zugang zu frühkindlicher
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Bildung zu ermöglichen, fordert der Deutsche Kulturrat, Kindertagesstätten
flächendeckend, in ausreichender Anzahl und grundsätzlich entgeltfrei anzubieten.
Der Deutsche Kulturrat sieht es darüber hinaus als erforderlich an, Erzieherinnen
und Erzieher in Aus- und Fortbildung noch besser auf die interkulturelle Bildung
vorzubereiten, um unterschiedliche kulturelle Ausdrucksformen kennen zu lernen
und vermitteln zu können. Das erfordert neben der bisherigen Ausbildung auch die
Möglichkeit einer wissenschaftlichen Ausbildung der Fachkräfte. Der Deutsche
Kulturrat fordert die Aufwertung der Erzieherausbildung, so dass eine qualifizierte
frühkindliche Bildung gewährleistet wird, die ihr Augenmerk auf die sich
verändernden gesellschaftlichen Strukturen richtet. Zudem sollten vermehrt
Erzieherinnen und Erzieher mit Migrationshintergrund bei der Vergabe von Stellen
berücksichtigt werden, denn sie verfügen über spezifische Erfahrungen im Bereich
der kulturellen Integration.
Chance: Schule
In Deutschland besteht allgemeine Schulpflicht. Alle Kinder und Jugendlichen, gleich
welchen kulturellen oder sozialen Hintergrunds, müssen die Schule besuchen. Die Chance,
mit der Schule als gesellschaftlicher Institution tatsächlich allen Kindern die gleichen
Bildungschancen zu ermöglichen, wird bislang noch unzureichend wahrgenommen.
Internationale Vergleiche wie die PISA-Studie haben gezeigt, dass in keinem anderen
Industrieland der Bildungserfolg eines jungen Menschen so abhängig von seiner sozialen
Herkunft ist wie in Deutschland. Das Ziel muss daher sein, die Disparitäten in der
Bildungsbeteiligung der unterschiedlichen Herkunftsgruppen zu beseitigen und die Teilhabe
am Bildungssystem deutlich zu verbessern.
In der Schule ermöglichen besonders die künstlerischen Fächer Kunst, Musik und
Darstellendes Spiel sowie Unterricht in Literatur-, Film-, Baukultur- und Tanzprojekten
kulturelles Lernen. Das Potenzial dieser Fächer sollte noch besser für die Begegnung mit
anderen Kulturen genutzt werden. Unterschiedliche kulturelle Traditionen und
Orientierungen treten in produktions- und prozessorientierten Fächern klarer zutage,
werden leichter kommunizierbar und bewusst integrierbar. Die deutsche und europäische
kulturelle Entwicklung – auch in den Naturwissenschaften – ist ohne Kulturbegegnungen
nicht vorstellbar.
Der Deutsche Kulturrat fordert daher für alle Schulen die Stärkung der Fächer
Kunst, Musik, Theater sowie der Vermittlung künstlerischer Inhalte, die keinem
Schulfach zugeordnet sind. Gut ausgebaute künstlerische Fächer öffnen die Tore
zur Kooperation mit außerschulischen Partnern und wecken in den Kindern und
Jugendlichen das Interesse an inter- und soziokulturellen Aktivitäten und
Bildungsangeboten.
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Vor allem Ganztagsschulangebote, aber auch Arbeitsgemeinschaften in Halbtagsschulen
bieten die Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit Jugendhilfe und Kultureinrichtungen neue
interkulturelle Lernangebote für Kinder und Jugendliche zu schaffen, und so interkulturelle
Kompetenzen und soziale und kulturelle Teilhabe zu ermöglichen. Der Deutsche Kulturrat
begrüßt Maßnahmen wie das Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und
Betreuung“ der Bundesregierung, das die Länder beim bedarfsgerechten Auf- und
Ausbau von Ganztagsschulen unterstützt.
Die Schule hat auch die Aufgabe, Werte zu vermitteln. Dies tut sie u.a. im Religions- und
Ethikunterricht. Um die Kenntnis der Vielfalt der Glaubens- und Werterichtungen zu
ermöglichen, müssen sich die Lehrpläne auch um die Vermittlung religiöser
Gemeinsamkeiten und Unterschiede bemühen, um damit zu einem gegenseitigen
Verständnis zu gelangen. Der Deutsche Kulturrat begrüßt die Bemühungen einzelner
Länder, den Dialog zwischen den Kulturen im Unterricht, im Rahmen spezieller Themen und
Projekte sowie im Schulleben zu fördern. Darüber hinaus sollen die Schulen darin
unterstützt werden, Aus- und Fortbildungsangebote im Sinne einer interkulturellen
Schulentwicklung zu nutzen sowie bei Bedarf Ansprechpartner für Interkulturelles und
Kulturmittler einzusetzen. Um das zu realisieren, bedarf es fundierter
Weiterbildungsmaßnahmen für Erzieherinnen, Erzieher und Lehrerkräfte.
Chance: Außerschulische kulturelle Kinder- und Jugendbildung
Einrichtungen außerschulischer kultureller Kinder- und Jugendbildung, wie z.B.
Kunstschulen, Musikschulen, theaterpädagogische Zentren, soziokulturelle Zentren und
öffentliche Bibliotheken, werden von Kindern und Jugendlichen freiwillig besucht. Dieses
setzt eine eigene Motivation voraus und stellt die Akteure vor die Herausforderung,
attraktive Angebote zu unterbreiten, damit Kinder und Jugendliche überhaupt teilnehmen
wollen. Außerschulische Projekte bieten Kindern und Jugendlichen die Chance, auch
außerhalb der Schule aktiv mit unterschiedlichen Kulturen in Kontakt zu kommen. Häufig
sind aber diese Einrichtungen Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich, weil finanzielle
Mittel der Eltern nicht zur Verfügung stehen oder weil die Kapazitäten der
außerschulischen Bildungseinrichtungen ausgelastet sind. Der Deutsche Kulturrat
fordert, dass jedem Kind, unabhängig von seiner sozialen und ethnischen Herkunft,
die Teilnahme an außerschulischen kulturellen Bildungsangeboten ermöglicht
wird.
Ziel muss werden, dass sich schulische und außerschulische Angebote intensiver
miteinander verzahnen, um so ein breites Spektrum an kulturellen und interkulturellen
Bildungsmöglichkeiten zu gewährleisten. Der Deutsche Kulturrat begrüßt daher
Maßnahmen wie das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
unterstützte Begleitprogramm „Ideen für mehr – ganztägig lernen“, das für die
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neuen Ganztagsangebote in Kooperationen mit außerschulischen Partnern eine
neue Lehr- und Lernkultur verwirklicht. Dazu gehört die bessere individuelle Förderung
der Schüler, mehr soziales Lernen, die Verbindung von Unterricht, Zusatzangeboten und
Freizeitelementen, die stärkere Einbeziehung der Eltern und Schüler in die
Schulentwicklung und eine entsprechenden Qualifizierung des schulischen und
außerschulischen Personals. Der Deutsche Kulturrat betont, dass die Angebote für die
Vermittlung interkultureller Handlungskompetenzen für Kinder und Jugendliche
sowie für das Lehrpersonal in außerschulischen Einrichtungen dabei eine
entscheidende Rolle spielen müssen.
Chance: Erwachsenenbildung/Arbeitswelt
Interkulturelle Kompetenzen werden nicht nur von Kindern erwartet, sondern vor allem
auch von den Erwachsenen, die diese Kompetenzen den Kindern vermitteln, bzw. diese für
ihr Lebensumfeld selber benötigen. Der Erwachsenenbildung kommt in diesem
Zusammenhang eine entscheidende Rolle zu. Gemäß der „Strategie für Lebenslanges
Lernen in der Bundesrepublik Deutschland“ der Bund-Länder-Kommission für
Bildungsplanung und Forschungsförderung sind auch die Erwachsenen gefordert, sich
durch Weiterbildung auf die gegebenen gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen
einzustellen. Weiterbildung bedeutet in diesem Sinne nicht nur Sprach- und
Integrationskurse bereitzustellen, sondern auch für eigene und fremde kulturelle Prägungen
und Wahrnehmungen zu sensibilisieren. Der Deutsche Kulturrat fordert einen
barrierefreien Zugang aller Bevölkerungsschichten zu den Angeboten der
Erwachsenenbildung.
Aber nicht nur die Erwachsenenbildung muss sich des Themas Integration und Interkultur
annehmen, sondern auch Betriebe und Firmen. Aufgrund der Internationalisierung des
Wirtschaftsgeschehens sind Unternehmen zunehmend mit Fragen der Migration und des
interkulturellen Dialogs konfrontiert. Unternehmen mit einer Belegschaft, die in Bezug auf
kulturelle und ethnische Hintergründe vielfältig ist, haben ein enormes Potential und
dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil. Interkulturelle Kompetenzen sind von besonderer
Bedeutung, um im Ausland erfolgreich arbeiten zu können, bzw. mit ausländischen
Unternehmen erfolgreich zusammen zu arbeiten. Der Deutsche Kulturrat begrüßt daher
Maßnahmen wie die Initiative „Charta der Vielfalt der Unternehmen in
Deutschland“. Die Unterzeichnerfirmen haben sich damit zum Ziel gesetzt, eine
Unternehmenskultur zu schaffen, die auf Anerkennung und Einbeziehung von Vielfalt
basiert. Darüber hinaus soll ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, das frei von Vorurteilen
ist.
Chance: Ältere Generationen
Die Vermittlung interkultureller Kompetenzen ist eine Kernaufgabe für alle Generationen.
Zunehmend engagieren sich auch ältere Menschen im Kultur- und Bildungsbereich. Daher
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ist nicht nur die Vermittlung interkultureller Kompetenzen für die älteren Generationen
notwendig, interkulturelle Bildung kann auch durch die Erfahrungen und Kompetenzen
älterer Menschen bereichert werden. Die Potentiale älterer Menschen sollten bei der
Vermittlung interkultureller Kompetenzen stärker einbezogen und Lebenslanges
Lernen stärker gefördert werden. Zudem bedarf es des barrierefreien Zugangs älterer
Menschen in vorhandenen interkulturellen Bildungseinrichtungen. Voraussetzung dafür ist
die Öffnung für die Einbeziehung der kulturellen Interessen älterer Menschen. Dafür
müssen entsprechende Angebote bereitgestellt und adäquate Methoden und
Bildungskonzepte entwickelt werden.
Chance: Kulturleben und Künste
Kulturarbeit leistet ihren Beitrag zur interkulturellen Bildung auf vielfältige Weise. Dabei
geht es nicht allein um Kulturtransfer innerhalb Deutschlands, sondern auch um den
internationalen Kulturtransfer. Beispiele aus allen Künsten zeigen, dass es international ein
wachsendes Interesse an Kunst aus Deutschland gibt. Umgekehrt steigt auch in
Deutschland das Interesse an ausländischer Kultur. Dieser gegenseitigen Annäherung
müssen die Kultureinrichtungen auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene Rechnung
tragen.
Ein wesentlicher Teil des Kulturlebens in Deutschland findet insbesondere auf kommunaler
Ebene statt. So schließen sich viele Menschen zusammen, um ihre kulturellen Traditionen
zu leben und sie auch einem breiteren Personenkreis näher zu bringen. Um ein vielfältiges
Kulturangebot für alle zu sichern, bedarf es der Vernetzung und der stärkeren
interkulturellen Profilierung der unterschiedlichen Kultureinrichtungen auf allen Ebenen.
Darüber hinaus muss das Kulturangebot auch bildungsfernen Milieus sprachlich und
finanziell zugänglich gemacht werden. Verstärkte Angebote interkultureller Bildung in
Kultureinrichtungen und Kulturverbänden sowie die Zusammenarbeit von Schulen und
Kultureinrichtungen setzen voraus, dass zusätzliche Mittel für Personal in diesen
Tätigkeitsfeldern bereitgestellt werden.
Der Deutsche Kulturrat fordert längerfristige Projektförderungen insbesondere auf
kommunaler Ebene, damit interkulturelle Projekte nachhaltig arbeiten können,
und so ein interkulturelles Fundament aufgebaut werden kann. Darüber hinaus
fordert der Deutsche Kulturrat auf Länder- und Bundesebene, Fördermaßnahmen
für die interkulturelle Bildung zu schaffen. Als ein besonders geeignetes
Instrument sieht er die Einrichtung eines Fonds Interkultur an, der analog zu den
bestehenden Kulturförderfonds die Mittel staatsfern vergibt.
Chance: Bürgerschaftliches Engagement
Das Bürgerschaftliche Engagement bietet zahlreiche Potentiale der interkulturellen
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Verständigung, denn es ermöglicht die Teilhabe an kulturellen Prozessen. Der Sektor des
Freiwilligen Engagements ist ein wichtiges Betätigungsfeld für Gemeinschaftsaktivitäten,
und damit für den Austausch kultureller Werte und Ausdrucksformen. Um den
gegenseitigen kulturellen Austausch auf zivilgesellschaftlicher Ebene zu fördern,
fordert der Deutsche Kulturrat, dass die verschiedenen Kulturvereine stärker in die
Arbeit der Netzwerke zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements
eingebunden werden.
Chance: Medien
Die Medien (Printmedien, Fernsehen, Radio, Internet) haben großen Einfluss. Sie spielen
eine wichtige Rolle für die Meinungsbildung im politischen Raum, aber auch in weiten
Teilen der Vermittlung von gesellschaftlichen Werten und Normen. Besonders die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten haben die Aufgabe, Kultur und Bildung zu vermitteln und
damit zu einem Verständnis kultureller Werte beizutragen. Damit kommt ihnen eine
besondere Verantwortung auch für den Bereich der interkulturellen Bildung zu. Der
Deutsche Kulturrat fordert den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf, seinen Kulturund Bildungsauftrag verstärkt wahrzunehmen. Auch die privaten Medien müssen
als Akteure im öffentlichen Raum der Gesellschaft ihre Verpflichtung annehmen,
interkulturelle Aspekte in ihren Programmen angemessen zu behandeln.
Chance: Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik
Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik nimmt eine wichtige Funktion im Austausch der
Kulturen ein. Neben den Mittlerorganisationen, wie u.a. dem Goethe-Institut, dem Institut
für Auslandsbeziehungen und dem Deutschen Akademischen Auslandsdienst, leisten
zahlreiche Kulturinstitutionen, Verbände, Auslandsgemeinden, Netzwerke, Stiftungen sowie
die Städte und Gemeinden einen unverzichtbaren Beitrag im Bereich der Auswärtigen
Kultur- und Bildungspolitik. Städtepartnerschaften, Begegnungen und der Austausch von
Bürgerinnen und Bürgern aus Partnerstädten sind eine unmittelbare Form der Auswärtigen
Kultur- und Bildungsbeziehungen, die zum einen wesentlichen Anteil am Deutschlandbild im
Ausland haben, zum anderen unmittelbar und mittelbar Kultur vermitteln, und zwar von der
Breitenkultur vor Ort bis zur professionellen Kulturszene einschließlich der einzelnen
Künstlerinnen und Künstler. Von großer Bedeutung ist zudem der kulturelle
Jugendaustausch, der durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend gefördert wird. Gerade der Begegnung von Kindern und Jugendlichen aus
unterschiedlichen Ländern und Kulturen kommt eine herausragende Bedeutung für den
Erwerb von interkulturellen Handlungskompetenzen zu.
Der Deutsche Kulturrat fordert, die freien Träger sowie die
Vermittlerorganisationen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik finanziell zu
stärken, um so ihre Arbeit vor Ort im Ausland langfristig und nachhaltig erfüllen
zu können.
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