KATA R AK T CH I R U R GIE Verbesserte Astigmatismuskorrektur Von Dr. Nino Hirnschall und Prim. Univ.-Prof. Dr. Oliver Findl, MBA Die refraktive Korrektur im Rahmen­der Katarakt-Operation gewinnt immer mehr an Bedeutung. Auch von vielen Patienten wird die Brillenunabhängigkeit (für die Ferne) nach der KataraktOperation erwartet. I n dieser Patientengruppe ist allerdings durchaus häufig mit Hornhaut-Astig­ matismus zu rechnen. Das wurde von Hoffmann und Hütz1 bei der Vermes­ sung von über 20.000 Augen gezeigt: Acht Prozent der Patienten haben einen Hornhaut-Astigmatismus von 2.0 D oder mehr. Diese Patienten profitieren von to­ rischen Kunstlinsen. Abbildung 1 zeigt ein Beispiel einer implantierten torischen Kunstlinse. Ab wann sollte man Hornhautastig­matismen korrigieren? In einer kürzlich durchgeführten Studie hat sich gezeigt, dass die Messung der steilen Achse der Hornhaut in vielen Fäl­ len recht schwierig ist. Je niedriger der Hornhautastigmatismus, desto größer der Fehler bei der Bestimmung der steilen Achse. So wurde zum Beispiel bei Astig­ matismen unter 1.0 D die steile Achse bis zu 70° falsch gemessen.2 Diese Ergebnisse zeigen eindeutig, dass bei einem Hornhautastigmatismus von ≤1.0 D die Verwendung von torischen Abb. 1 Kunstlinsen nicht sinnvoll erscheint und ab 2.0 D eine gute Vorhersage möglich ist. Über eine klare Grenze, ab welcher Astigmatismusstärke mit torischen IOLs korrigiert werden sollte, besteht derzeit kein Konsens. Im Hanusch-Krankenhaus bieten wir allen Patienten mit einem Hornhautastig­ matismus von 2 oder mehr ­Dioptrien torische Kunstlinsen an, ohne Mehrkosten für die Patienten. Welche Auswirkung hat eine abweichende Ausrichtung ­einer torischen Kunstlinse? Dr. Nino Hirnschall Prim. Univ.-Prof. Dr. Oliver Findl, MBA Vienna Institute for Research in Ocular S­ urgery (VIROS), Hanusch-Krankenhaus, Wien www.viros.at 80 Bei der Implantation einer ­torischen Kunstlinse ist die Lage der Kunstlinse von großer Bedeutung. Beim „Misalign­ ment“ handelt es sich um das Abweichen der bestmöglichen Position der torischen Kunst­ linse von der tatsächlichen MEDICAL NETWORK 2014 ÄRZTE SPECIAL p www.medical-network.at Position, denn nur in der richtigen Lage ­korrigiert die Kunstlinse den Hornhaut­ astigmatismus optimal. Die Faustregel besagt, dass mit jedem Grad Misalign­ ment ca. drei Prozent der Astigmatismus­ korrektur verlorengehen. Das bedeutet, dass man bei 10° Misalignment fast 1/3 der Astigmatismuskorrektur verliert und bei 30° die gesamte Korrektur. Ein Misalignment kann viele verschie­ dene Ursachen haben:3 Ein prä-operativer Messfehler bezüglich der steilen Achse der Hornhaut, das ungenaue prä-opera­ tive Markieren der Hornhaut, das unge­ naue intra-operative Markieren durch den Chirurgen und die ungenaue Positionie­ rung der torischen Kunstlinse, sowie auch die post-operative Rotation der Kunst­ linse. In einer großen Studie konnten wir zeigen, dass das durchschnittliche Misalignment (ohne den prä-operativen Messfehler) ungefähr 4° beträgt, aber in Einzelfällen auch bis zu 18° möglich sein können.3 KATARAKT CH I R UR G I E FOTOS: HANUSCH KRANKENHAUS, MAG. BERNHARD STEINER, DR. ERICH FEICHTINGER / MEDICAL NETWORK mit torischen Kunstlinsen Abb. 2 Eine Fehlerquelle ist die Zyklotorsion, also die Rotation des Auges, wenn der Patient sich von der sitzenden in die ­liegende Position begibt (ca. 4°, aber in Einzelfällen auch über 10°). Wenn eine torische Kunstlinse eingesetzt werden soll ist es daher wichtig, dass die Hornhaut vorher in der sitzenden ­Position markiert wird. Der Fehler, der durch die prä-operative­ Markierung entsteht, liegt dabei typi­ scherweise unter 2°.4 Meistens findet das ­Markieren der Hornhaut an der Spaltlampe mit Hilfe einer Nadel statt (Abbildung 2). Im Hanusch-Krankenhaus verwenden wir ein automatisiertes Verfahren. In den ver­ gangenen drei Jahren waren wir in die Entwicklung dieser neuen Technologie involviert und haben die Phase-2- und -3-Studien dazu durchgeführt. Seit eini­ gen Monaten verfügen wir über den Pro­ totypen des Seriengeräts (Lumera 700 mit Callisto Toric Solution, Zeiss Meditec AG). Vor der Operation wird im Rahmen der Biometrie im Sitzen ein rotfreies Bild der Augenoberfläche gemacht. Dieses Bild wird in den an das Operationsmi­ kroskop gekoppelten Computer impor­ tiert und während der Operation genutzt, um die gewünschte Achse der torischen Kunstlinse direkt in das Okular des Ope­ rateurs einzublenden (Abbildung 3). Das System nutzt dafür die Position der Bin­ dehautgefäße, um das Ausmaß der Zyklo­ torsion abzuschätzen und die Zielachse genau einzublenden. Der Vorteil ist, dass das Auge vor der Operation nicht mehr markiert werden muss und dass die Posi­ tionierung der torischen Kunstlinse präzi­ ser durchgeführt werden kann.w 1 Hoffmann PC, Hutz WW. Analysis of biometry and prevalence data for corneal astigmatism in 23,239 eyes. J Cataract Refract Surg 2010; 36(9): 1479-85. 2 Norrby S, Hirnschall N, Nishi Y, Findl O. Fluctuations in corneal curvature limit predictability of intraocular lens power calculations. J Cataract Refract Surg 2013; 39(2): 174-9. 3 Hirnschall N, Hoffmann PC, Draschl P, Maedel S, Findl O. Evaluation of influencing factors on the remaining astigmatism after implanting a toric intraocular lens. In print (Journal of Refractive Surgery, December 2013) Abb. 3 4 Popp N, Hirnschall N, Maedel S, Findl O. Evaluation of 4 corneal astigmatic marking methods. J Cataract Refract Surg 2012; 38(12): 2094-9. p www.medical-network.at MEDICAL NETWORK 2014 ÄRZTE SPECIAL 81