Kultur als Standortfaktor

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lippe wissen & Wirtschaft | 02 2016
Als Global Player das Gesamtpaket sehen
Kultur als Standortfaktor
Aus unserer Sicht ist es in der Tat elementar, dass ein überregionales, gemeinsames
Marketing gemacht wird − und nicht
­jedes Stadtmarketing alleine vor sich hin
kruschtelt. Das bezieht natürlich auch das
gemeinsame Tun ein − nicht jedes Dorf
wird sein Freibad halten können, da sind
Kompromisse gefragt.
Genauso richtig und wichtig ist es, dass
nur mit Kooperation und Kollaboration
ländliche Regionen eine Zukunft haben
− weil die Menschen weniger werden, die
Kassen leerer und der Regionen-Wettbewerb schärfer.
Und auch zutreffend ist, dass die „Perlen“
der Kultur in ländlichen Regionen zwar
nicht pauschal übersehen, jedoch nicht
gebührend gewürdigt werden, auch nicht
gebührend überregional kommuniziert.
„Wege durch das Land“ hat es in die FAZ,
die WELT und sogar die „Landlust“ geschafft, maximale Kommunikationsforen! Allerdings erst nach vielen Jahren.
Aber wissen die Lipper und OWLer, was
für ein Kaliber dieses Festival ist? Und
wissen die Lipper und OWLer, dass das
europäische Straßentheaterfestival „Bildstörung“, das das Kulturteam der Stadt
Detmold alle zwei Jahre zu Pfingsten
„stemmt“, eines der größten Festivals seiner Art in Europa ist? Ganz zu schweigen
davon, dass jenseits der Region bestimmt
kaum einer weiß, was damit auf hohem
Niveau an moderner Kunst im öffentli-
chen Raum hier in Lippe geboten wird.
Also: es muss professionelle Medienarbeit
geleistet werden, um in die Foren FAZ,
WELT, ZEIT, Süddeutsche... sowie in
Publikumsmagazine wie Landlust zu
­
kommen.
Nun zur Rolle der Wirtschaft:
Der Wettbewerb von ländlicher Region
zu Metropolen und urbanen Regionen ist
da. Die Wirtschaft OWL steht mit starken
Marken gut da, es sind solide, oft familiengeführte Unternehmen mit nachhaltigem Erfolg. Im Maschinenbau und der
B2B-Industrie stehen die Unternehmen
jedoch oft im Wettbewerb zu den sexy
Marken z. B. der Automobilindustrie im
lippe wissen & Wirtschaft | 02 2016
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und bei jungen Menschen: Auch Kunstschaffende sind abgewandert und wandern ab, weil es z. B. in Lippe keinen
festen (musealen) Ausstellungsraum gibt
oder keine Plattform für Kunst im öffentlichen Raum, Jugendkultur etc. Es gibt
etliche Kunstschaffende aus Lippe, die
nach Berlin gegangen sind...
Foto: Fotolia©Blickfang
wird das breite Angebot an Kinos, ­­Barund Club-Szene (auch für Teens), ÖPNV,
Nachtkultur (Öffnungszeiten) sowie
Breiten- als auch Straßenkultur. Mir
­fehlen z. B. Museen mit zeitgenössischem
Fokus − wenn ich Bielefelder Kunsthalle
und MaRTa „durch habe“, wird’s eng.
Süden. Da können hiesige HRler nur mit
günstigen Immobilienpreisen (Erwerb
oder Bau von Eigenheimen auch für
Berufsanfänger möglich), gesunden
­
und unternehmenskulturell vorbildlichen (Familien-)unternehmen − gegen
Konzerne mit dem Blick auf shareholders
­value − punkten, hoher Freizeitwert und
die zentrale Lage in der Mitte Deutschlands sind weitere Argumente, die wir
­bedienen.
Ja, wir fragen nach Gründen der Absage
bei Bewerber/-innen. Natürlich spielt die
fehlende Urbanität eine Rolle. Fehlender
Autobahnanschluss bzw. vorherrschender Landstraßen-Verkehr. Da halten wir
die Stau-Freiheit gegen. Aber vermisst
Fazit:
Kultur ist auch ein Standortfaktor, bei
dem Wirtschaft durch Förderung beitragen kann, dass ländliche Regionen modern, breit und vielseitig auftreten. Die
Verantwortung liegt jedoch bei Kulturträgern und Kommunen, deren Aufgabe
es jetzt ist, sich in enger Kooperationen
zusammen zu tun, um effizient ein gemeinsames Agieren und Kommunizieren
bei begrenzten Mitteln zu erreichen.
Foto: privat
Generell:
Viele Wirtschaftsunternehmen sponsern
bereits Kultur seit Jahren. Nicht nur aus
Gründen von CSR und Reputation,
s­
ondern oftmals als klares StandortCommittment, z. B. bei kleinen Vereinen.
Aber: Kultur ist nicht das originäre
­Thema der Wirtschaft. Im Sinne der Breitenwirkung ist z. B. Sportsponsoring
deutlich stärker. Und der Anspruch, dass
die Wirtschaft „muss“, kann nicht gestellt
werden. Sie trägt auch keine Verantwortung für das kulturelle Standortmarketing − sie kann dabei unterstützen mit
Expertise im Marketing, mit den Erfahrungen, was überregional Bewerber
­anzieht oder abstößt.
Primäre Aufgabe der Wirtschaft ist es,
Umsatz und Gewinn zu machen, Steuern
zu zahlen sowie gute und sichere Arbeitsplätze zu bieten. Dass Wirtschaftsunternehmen die Verantwortung für Kultur
bei den Kommunen und Kulturträgern
sehen, ist demzufolge schlüssig. Eine
­Aufgabenzuweisung durch einen Fonds
ist m. E. nicht realistisch. Unternehmen
­wollen die Freiheit besitzen, zu entscheiden, wann, wie und in welchem Umfang
sie Sport, Soziales oder Kultur fördern. Es
kann keine fordernde Haltung gegenüber
der Wirtschaft geben − attraktive Angebote im Sinne von Win-win sind natürlich willkommen und zeitigen auch
­Erfolge. Richtig ist, dass eine gute Kulturlandschaft auch eine Facette der Standort-­
Attraktivität ist − aber für Arbeitnehmer/
-innen und Arbeitgeber nicht die pri­
märe.
Was Lippe betrifft, so hat der KEP eindeutig gezeigt, dass es an Foren für zeitgenössische bildende Kunst, Jugend- und
Breitenkultur fehlt. Hier sehe ich ein
­Potenzial, als Region zu gewinnen, damit
Lippe nicht nur für Wald, Hermann und
Externsteine steht. Die Kultur, speziell der
Landesverband, sollte sensibel dafür sein,
nicht im historischen Rückblick stecken
zu bleiben, sondern Darbietungen mit
zeitgemäßen und vielleicht sogar
­zukunftsorientierten Ausrichtungen zu
wählen, um damit durchaus urbanen Regionen Paroli zu bieten. Denn eines sollte
man auch bedenken: Abwanderungen
gibt es nicht nur im Fachkräftebereich
ANGELA JOSEPHS M.A.
Pressesprecherin und
Leiterin der ­Presse- &
Öffentlichkeitsarbeit
Phoenix Contact GmbH
& Co. KG
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