Eine neue Mündung für die Lippe

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Eine neue Mündung für die Lippe
- Flussrenaturierung im Spannungsfeld von Straßenplanung und Bodenabbau
Lippeverband, Dipl. Ing. Sylvia Junghardt, 6.10.2005
Im Mündungsraum der Lippe bei Wesel plant der Lippeverband im Auftrag des Landes eine
Flussrenaturierung in Verbindung mit einer Laufverlagerung. Auf dem 2,5 km langen
Flussabschnitt zwischen den Bahnbrücken der B 8 und der Bahntrasse im Osten und dem Rhein
im Westen erfolgt eine umfangreiche Neugestaltung von Fluss und Aue mit Anhebung und
Verbreiterung des Flussprofils und Bodenabtrag in der Aue zur Verbesserung der
wasserwirtschaftlichen und ökologischen Verhältnisse.
Die wasserwirtschaftliche Planung der Lippeverlegung befindet sich im Spannungsfeld mehrerer
paralleler Vorhaben, die eng miteinander verknüpft sind.
Zum einen besteht im Süden des Planungsraumes seit ca. 15 Jahren ein Kies-Sand-Abbau, der
Tagebau Büdericher Insel, der zur Zeit dem Ende entgegen geht. Auf den Abbau von Teilflächen
(in Norden unter der neuen Lippe) hat die Firma in Zusammenhang mit der Lippeverlegung
verzichtet. Für diesen Verzicht wird die Firma nun den Tagebau Lippeaue-Süd unmittelbar
südöstlich anschließend beantragen. Weiterhin ist ein Tagebau Abbau und Gestaltung Lippeaue
Nord geplant. Dieser erfolgt nur wegen und in Zusammenhang mit der Lippeverlegung zur
Herstellung einer tiefer liegenden Auenlandschaft. Das wasserrechtliche
Planfeststellungsverfahren zur Lippeverlegung beinhaltet dabei diesen Tagebau Lippeaue –Nord
(Konzentrationswirkung).
Zum anderen plant der Landesbetrieb Straßenbau NRW auf der Nordseite des Flusses die
Südumgehung Wesel als B 58n zur Entlastung des Stadtgebietes Wesel. Die Linienbestimmung
erfolgte bereits 1999. Die Straße liegt im mittleren Abschnitt auf der heutigen Lippe bzw. auf dem
heutigen Hochufer und Auenrand und war auch der ursprüngliche Anlass zu Überlegungen für die
Laufverlagerung (dann aber mit Ausrichtung auf die Vorgaben des Lippeauenprogrammes).
Neben der Straße und dem Tagebau kommt noch die Planung eines interkommunalen
Gewerbegebietes der Städte Wesel, Voerde und Dinslaken (mit der Gemeine Hünxe) im Süden
hinzu.
Zur Abstimmung und Koordination der einzelnen Planungen wurde auf Initiative der beteiligten
Ministerien ein öffentlich-rechtlicher landesplanerischer Vertrag erstellt und von allen
Vorhabensträgern einschl. des Kreises Wesel im April 2005 unterzeichnet. Die Vertragsparteien
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verpflichten sich, ihre Planungen aufeinander abzustimmen, Lippeverlegung und Tagebaue sind
dabei untrennbar miteinander verbunden, für die Geländewiederherstellung im Rahmen des
Bodenabbaus sind die Planungen zur Lippeverlegung Grundlage.
Die wasserbauliche Planung zur Mündungsrenaturierung selbst ist eng an naturraumtypischen
Vorbildern orientiert. So ist ein wesentliches Charakteristikum eines Mündungsbereiches die
intensive hydraulische Kommunikation von Haupt- und Nebenfluss, also von Rhein- und
Lippewasserständen. Mündungen sind häufig rückstaubeeinflusst und können lange
Überflutungen aufweisen. Sie sind Bereiche mit einer hohen Morphodynamik.
Hergestellt wird ein breites, strukturreiches und auf fast ganzer Länge unbefestigtes Gerinne mit
größeren Ufer- und Mittenbänken. Unterhalb der B 8-Brücke erfolgt die Neutrassierung der Lippe
auf etwa 1200 m mit einer Sohlanhebung um ca. 3 m gegenüber der heutigen Lippe. Die
Profilbreite des Kastenprofils schwankt zwischen 60 – 160 m, mit Einschnittstiefen von 2-3 m (die
heutige Lippe ist etwa 50 m und im unteren Abschnitt etwa 30 m breit, heutige Einschnittstiefen
liegen bei 4-6 m).
Im Bereich der geplanten Brücke der B 58 n wird die Lippe in ihr altes Bett zurückgeführt, von dort
aus erfolgen noch erhebliche Sohlaufweitungen.
Das Gefälle beträgt zwischen ca. 0,3 ‰ und etwa 0,6 ‰. Insgesamt soll die Tiefenerosion in dem
neu gebauten Abschnitt auf Dauer unterbunden sein (Nachweis Strömungsmodelle).
Diese neue und weitgehend sehr naturnahe Lippe durchfließt eine ebenfalls weitgehend neue
Aue, sie wird durch Abtrag von im Durchschnitt 1,5 bis 3 m Boden deutlich gegenüber heute tiefer
gelegt (im Rahmen des mit beantragten Bodenabbaus). Der gesamte gewonnene Boden wird im
Gelände selbst wieder eingebaut. Teilweise wird er zur Höherlegung der Sohle, zum größeren Teil
zur Verfüllung des Tagebausees Lippeaue Süd verwendet. Vor allem der Bodenabtrag in der Aue
ermöglicht die mündungstypisch hohe Überflutungsdynamik. Die Flächen im zentralen Bereich der
Aue sollen etwa 60 Tage im Jahr überflutet sein, die äußeren Fläche etwa 20 Tage im Jahr.
Integriert sind auch Flutrinnen, die noch häufiger, etwa 120 Tage im Jahr Wasser führen. Darin
soll es auch noch mehr oder weniger ständig Wasser führende Kolke geben. Das Altrheinarmrelikt
Isaak ist ebenso wie die geplanten Tagebaurestseen an die Auendynamik angeschlossen.
Der gesamte Bereich soll nach Herstellung sich selbst überlassen werden. Hergestellt wird ein
Initialstadium für eine eigendynamische und mündungscharakteristische Flussentwicklung, in der
mündungsspezifische Auenhabitate und Lebensgemeinschaften entstehen können.
Die Planung ist weit fortgeschritten, die Planfeststellungsunterlagen sollen noch dieses Jahr bei
der Bezirksregierung Düsseldorf eingereicht werden.
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