4. Übungsblatt zur Theoretischen Physik I im SS16: Mechanik & Spezielle Relativitätstheorie Lagrange-Formalismus II Aufgabe 10 Fliehkraftregler Als Modell eines Fliehkraftreglers betrachten wir zwei Punktmassen m am Ende zweier (als masselos angenommener) Stangen der Länge `. Die Massen befinden sich in einem homogenen Gravitationsfeld. Die Anordnung rotiert mit einer konstanten Rotationsgeschwindigkeit ω um das Lot durch den Aufhängungspunkt der Stangen. Die Stangen seien so befestigt, dass sie immer in einer Ebene parallel zum Schwerefeld liegen und den gleichen Winkel ϕ zum Lot haben. ω g ϕ ϕ ℓ ℓ m m a) Bestimmen Sie die Lagrange-Funktion des Systems. b) Leiten Sie aus den Euler-Lagrange-Gleichungen die Bewegungsgleichung des Systems her. c) Bestimmen Sie die Gleichgewichtslagen ϕi des Systems. d) Machen Sie den Ansatz ϕ(t) = ϕi +δ(t) für Bewegungen um die in c) gefundenen Gleichgewichtslagen und entwickeln Sie die Bewegungsgleichung bis zur ersten Ordnung in δ. Lösen Sie diese genäherte Bewegungsgleichung. Für welche Werte von ω sind die Gleichgewichtslagen stabil bzw. instabil? Aufgabe 11 Verbundene Massen Zwei Massen m1 und m2 seien durch einen Faden konstanter Länge ` verbunden, der durch ein Loch in einer Tischplatte geführt ist. Die Masse m1 gleite reibungsfrei auf der Platte und m2 hänge senkrecht nach unten. a) Stellen Sie die Lagrange-Funktion des Systems auf. Als verallgemeinerte Koordinaten können r und ϕ (siehe Abbildung) gewählt werden. b) Leiten Sie die Bewegungsgleichungen aus den Lagrange-Gleichungen 2.Art her. Geben Sie die Erhaltungsgrößen des Systems an. 1 r ϕ m1 g m2 c) Bei geeigneten Anfangsbedingungen beschreibt m1 eine Kreisbahn. Zeigen Sie, dass in diesem Fall die Winkelgeschwindigkeit ω des Umlaufs konstant ist und bestimmen Sie den Bahnradius r0 als Funktion der Winkelgeschwindigkeit. d) Ist die in c) gefundene Kreisbahn stabil? Betrachten Sie dazu kleine Abweichungen in der Winkelgeschwindigkeit ϕ̇(t) = ω + δω(t) und des Radius, r(t) = r0 + δr(t). Bestimmen Sie zunächst δω(t) als Funktion von δr(t) und verwenden Sie die Ergebnisse in der Bewegungsgleichung für r. Aufgabe 12 Brachystochrone Es gleite ein anfänglich in Ruhe befindlicher Massenpunkt mit Masse m reibungsfrei auf der durch y = f (x) beschriebenen Kurve im homogenen Schwerefeld der Erde. Gesucht ist diejenige Kurve f (x), die bei festem Anfangspunkt (x0 , y0 ) = (0, b) und festem Endpunkt (x1 , y1 ) = (a, 0) zu der kürzesten Fallzeit des Massenpunkts führt. y b g m a x Rx a) Leiten Sie das Wirkungsfunktional T [f ] = x01 dx F (f, f 0 ) für die Fallzeit T ab, wobei sie F (f, f 0 ) als Lagrange-Funktion der generalisierten Koordinate f mit zugehöriger generalisierter Geschwindigkeit f 0 = df dx und “generalisierter Zeit” x. auffassen. Hinweis: Nutzen Sie Energieerhaltung um die Geschwindigkeit v = ds dt durch f auszudrücken. Das dy infinitesimale Wegelement ds ist durch ds2 = dx2 + dy 2 definiert und dy = dx dx. b) Variieren Sie das Funktional T [f ] für die allgemeine Funktion F (f, f 0 , x) bei festgehaltenem Anfangsund Endpunkt um die optimale Kurve f (x) zu ermitteln. Als Ergebnis dieser Variation mit allgemeiner Funktion F (f, f 0 , x) sollten Sie die Euler-Lagrange-Gleichungen für f erhalten. c) Zeigen Sie allgemein, unter Ausnutzung der in b.) abgeleiteten Euler-Lagrange-Gleichungen, dass ∂F (f, f 0 ) 0 f − F (f, f 0 ) = k , ∂f 0 2 (1) folgt, falls die Lagrange-Funktion F (f, f 0 ) nicht explizit von der “Zeit” x abhängt. Hier ist k = const. eine beliebige Konstante. d) Nutzen Sie nun die in c.) abgeleitete allgemeine Identität für die in a.) explizit bestimmte Funktion F (f, f 0 ) um die Lösungskurve f (x) zu bestimmen. Verwenden Sie dann die Parameterdarstellung einer Zykloide mit Parameter τ x(τ ) = A (τ − sin τ ), y(τ ) = b − A (1 − cos τ ) . (2) Welche Beziehung zwischen A und k muss gelten, damit die Parameterdarstellung die Identität aus c.) erfüllt? e) Die Parameterdarstellung wurde so konstruiert, dass der Anfangspunkt (x0 , y0 ) = (0, b) auf der Lösungskurve f (x) liegt. Entsprechend muss die Konstante A so gewählt werden, dass auch der Endpunkt (x2 , y2 ) = (a, 0) auf der Lösungskurve liegt. Diese Bedingung führt auf eine transzendente Gleichung für den Parameter τ in Abhängigkeit des Verhältnis von a/b (Fallhöhe/Fallweite), welche im Allgemeinen nur numerisch gelöst werden kann. Welcher Wert von τ gehört zu dem speziellen Wert a/b = π/2? Unterscheiden Sie die Fälle a/b < π/2, a/b = π/2 und a/b > π/2. Skizzieren und diskutieren Sie die Lösungskurven f (x) für dieses Fälle. 3