Verknüpfung der europäischen REM-Datenbank mit einem GIS für räumliche Analysen von Radioaktivitätsmessungen – Machbarkeitsstudie für das Einzugsgebiet der Rhône 1 Tillmann LÜBKER, Gregoire DUBOIS 2 1 2 Hochschule Karlsruhe − Technik und Wirtschaft, Institut für Angewandte Forschung ([email protected]) Institute for Environment and Sustainability, European Commission − DG Joint Research Centre, Ispra/Italien ([email protected]) Abb. 1: Ein GUI als Schnittstelle zur räumlichen und zeitlichen Informationsebene der REM DB. 1. Einleitung Die Arbeitsgruppe Radioactivity Environmental Monitoring (REM) am Institute for Environment and Sustainability (IES) des Directorate General Joint Research Centre (DG JRC) der Europäischen Kommission verfügt seit 1988 über eine relational aufgebaute Datenbank (REM-DB), in der heute über 1,5 Millionen Radioaktivitätsmessungen gespeichert sind. Durch die REM-DB werden Richtlinien der EU unterstützt, insbesondere der Artikel 36 des Euratom-Vertrages. Dieser verpflichtet die Mitgliedsstaaten, über radioaktive Kontamination in der Umwelt (in Luft, Wasser und Boden) zu informieren. Eine erstmalige Kopplung dieser Datenbank mit einem GIS soll helfen, die raum-zeitliche Komponente der Daten zu visualisieren und zu analysieren. Dieses Poster zeigt die Implementierung einer graphischen Benutzeroberfläche (GUI) zur Visualisierung der Messdaten und den Aufbau der dafür notwendigen räumlichen Daten-Infrastruktur. Die sich daraus ergebenden Analysemöglichkeiten werden in einer Machbarkeitsstudie am Beispiel von Radioaktivitätsmessungen in Oberflächenwasser im Einzugsgebiet der Rhône dargelegt. Abb. 2: Automatische Visualisierungsmethoden des GUI. 2. Implementierung eines GUI Das GUI dient als Schnittstelle zu den Radioaktivitätsmessungen der REM-DB unter Berücksichtigung der räumlichen und zeitlichen Informationsebene. Um Veränderungen in den Daten übernehmen zu können, wird eine Echtzeit-Verbindung zur Datenbank hergestellt. Das Interface ist in eine personalisierte ArcGIS-Oberfläche integriert, die mit VBA und ArcObjects umgesetzt wurde (Abb. 1). Es ist leichtverständlich aufgebaut und verfügt über automatische Visualisierungsmethoden (Abb. 2). Ergebnisse von Abfragen können gespeichert und direkt für weitere Analysen eingesetzt werden. Neben Funktionen, die die Handhabung erleichtern – wie das Zoomen auf einen Staat oder das Ein- und Ausschalten von Hintergrundebenen –, bildet die Abfragemaske das Herzstück der Anwendung (Abb. 3). Entsprechend des ausgewählten Radionuklids, der darzustellenden Zeitskala – als Zeitpunkt, Zeitspanne oder Differenz zweier Zeitpunkte – und optional der Probenart (hier: Flusswasser) sowie weiterer Parameter wird automatisch eine individuelle Karte generiert. Abb. 4: Nutzung einer räumlichen Datenbank – die Position von Messorten in ArcCatalog. 3. Technischer Hintergrund (Einbindung der Oracle-Datenbank) Das beschriebene GUI nutzt verschiedene technische Ansätze und erforderte eine Modifizierung der relationalen zu einer räumlichen Datenbankstruktur. Hierzu wurden die in der REM-DB, einer Oracle 9i Enterprise Datenbank, gespeicherten Positionen der Messorte mit Standard-SQL in den Datentyp sdo_geometry überführt. So können bereits auf Datenbankebene räumliche Abfragen realisiert werden, beispielsweise als Trigger zur Überprüfung der Konsistenz neu einzutragender Messdaten. Als Verbindung zwischen der räumlichen Datenbank und der ArcGIS-Anwendung fungiert ArcSDE. Nach der Indizierung einer Oracle-Tabelle mit räumlichem Datentypen wird diese in ArcSDE als Layer registriert und kann dann in ArcGIS-Anwendungen dargestellt werden (Abb. 4). Bei der Erzeugung einer automatisch generierten Karte durch das GUI werden Oracle Stored Procedures ausgeführt. Für die drei Zeitskalen Zeitpunkt, Zeitspanne und Differenz wurde in PL/SQL je eine Prozedur geschrieben, die zunächst durch relationale Abfragen zu nicht-räumlichen Attributen die relevanten Messorte bestimmt. Mit Hilfe temporärer Tabellen werden Geometrie- und Sachdaten in einer Ergebnisstabelle verbunden. Diese wird über ArcSDE an das GUI gereicht, wo die weitere Symbolisierung stattfindet (Abb. 5). Abb. 5: Workflow – der Aufbau des Interface. 4. Machbarkeitsstudie: Radioaktivitätsmessungen im EZG der Rhône Abb. 6: Visualisierung von radioaktiven Abwässern (li) und Messergebnissen (re) im Einzugsgebiet der Rhône. Das vorgestellte GUI zusammen mit der geschaffenen räumlichen Datenbankstruktur ermöglicht zahlreiche räumliche Analysen der Radioaktivitätsmessungen. Eine erste Machbarkeitsstudie für das Einzugsgebiet der Rhône vergleicht Messergebnisse aus Oberflächengewässern mit Daten des Generaldirektorats für Transport und Energie (DG TREN H.4 Strahlenschutz) von 1998-2003 zu radioaktiven Abwässern, welche die Nuklearindustrie in geringen Mengen routinemäßig in die Flüsse leitet. Im Einzugsgebiet (ca. 100 000 km²) liegen 5 Kernkraftwerke sowie ca. 50 Messorte mit Daten zu Cs-137, CO-60, Sr-90 und/oder H-3. Direkte Visualisierungen (Abb. 6) lassen keine Korrelation zwischen den Daten vermuten. Der Hauptgrund hierfür liegt in der unterschiedlichen Datenbeschaffenheit (absolut/relativ) sowie der geringen zeitlichen Auflösung. Ein vorgeschlagenes, einfaches Modell (Abb. 7) vergleicht die Daten unter Berücksichtigung des Abflusses. Komplexere hydraulisch-chemische Modelle wie sie in Fallstudien eingesetzt werden, scheinen auf europäischer Ebene zu aufwendig. Die geringe zeitliche Auflösung ließe sich durch ein Netz fester, automatisch messender Messpunkte sowie genauerer Daten zu den Einleitungen abwenden. 5. Fazit und Ausblick Durch die beschriebene Verknüpfung ist es nun zum ersten Mal möglich, die in der REM-DB vorliegenden Daten der EU zu Radioaktivität in der Umwelt mit den Analysemöglichkeiten eines GIS zu kombinieren. Vielfältige raum-zeitlich explizite Analysen können so zukünftig von der REM-Gruppe durchgeführt werden. Neben dem Ausbau zu einem Multi-User System sind zahlreiche andere Erweiterungsmöglichkeiten (wie automatisch erzeugte Layouts und Legenden oder die Integration eines Animationstools) gegeben. Eine weitere Herausforderung liegt in der Validierung der Eintragungen in der REM-DB und der Integration der Datenstruktur in den Prozeß der Dateneingabe. Abb. 7: In einem einfachen Modell kann der Abfluss berücksichtigt werden. Weitere Infos auf der Webseite der Arbeitsgruppe Radioactivity Environmental Monitoring (REM): http://rem.jrc.cec.eu.int/ Grundlage für die Abb. im Hintergrund: Global Land Cover 2000 database. European Commission, Joint Research Centre, 2003, http://www-gem.jrc.it/glc2000 Abb. 3: Die Abfrage maske bildet das Herzstück der Anwendung.