Kapitel 4 Energie Im Prinzip kann man die Newtonschen Gesetze, die die Kraft und die Beschleunigung verbinden, verwenden, um ein beliebiges Bewegungsproblem, zu lösen. Die Gesetze können allgemein und in verschiedenen Bereichen benutzt werden, z.B. von der Bewegung eines Staubkorns bis zu der der Planeten oder der Galaxien. Die Fälle, in denen wir an der Bewegung von sehr vielen Körpern oder Teilchen interessiert sind, sind praktisch sehr schwierig zu lösen. Stellen wir uns z.B. die Schwierigkeit vor, den Stoss zweier Autos in allen Einzelheiten zu beschreiben. Eine ähnliche Schwierigkeit treffen wir z.B. an bei der Beschreibung einer Explosion. Auch eine numerische Lösung wäre in diesem Fall schwierig, wegen der grossen Anzahl von Körpern, die man betrachten muss, um eine detaillierte Lösung zu gewinnen. 191 Um solch komplizierte Bewegungen zu beschreiben, können wir allgemeine Gesetze suchen, die aus Newtons Gesetzen folgen. Mit Physik 192 Energie deren Hilfe können wir etwas über die komplizierten Bewegungen sagen. Im Fall der Explosion oder des Stosses der Autos kann man das Impulserhaltungsgesetz benutzen, um etwas über die Bewegung vorauszusagen. In diesem Kapitel werden wir uns mit dem Begriff der Energie beschäftigen. Dieser Begriff ist wichtig, weil es ein allgemeines Prinzip der Erhaltung der Energie gibt. Wie für den Fall der Impulserhaltung, kann die Energieerhaltung benutzt werden, um Vorgänge als Ganzes zu definieren. 4.1 Definition der Energie Der Begriff der Energie ist nützlich wegen des Prinzips der Energieerhaltung. Es sagt: Bei allen Vorgängen muss die Gesamtenergie eines Systems und seiner Umgebung erhalten werden. Wenn die Energie eines Systems sich ändert, muss die Energie der Umgebung sich um denselben Betrag aber entgegengesetzem Vorzeichen ändern, so dass die Summe sich nicht ändert. Man spricht von Energieaustauch zwischen dem System und seiner Umgebung. die kinetische Energie hängt mit der Bewegung des Teilchens zusammen; Die Gesamtenergie ist die Summe von verschiedenen Teilen, die verschiedenen Formen der Energie entsprechen. Zum Beispiel, 1. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) die potentielle Energie entspricht der Energie, die mit der räumlichen Anordnung der Körper eines Systems zueinander zusammenhängt; die Wärmeenergie ist mit der Temperatur des Systems verknüpft; die Strahlungsenergie ist die Energie, die durch Strahlen (z.B. Licht) ausgesandt oder absorbiert wird; die chemische Energie hängt mit dem chemischen Zustand zusammen; die Masse ist auch eine Form von Energie; usw... Definition der Energie 2. 3. 4. 5. 6. 7. Die Erhaltung der Gesamtenergie ist schwieriger auszudrücken, als die des Impulses, weil die Energie in verschiedenen Formen vorkommen kann. +E Chem . + usw ... Man muss alle möglichen Formen betrachten, d.h. E Strahlung ETot = E Masse + E kin + E pot + EWärme + = Konst. Oft sagen wir, dass die Energie eines Teilchens nicht erhalten wird. Wenn z.B. ein Körper durch Reibung gebremst wird, wird ein Energieaustauch mit der Oberfläche stattfinden. E = Ekin + E pot π Konst. 193 Die Gesamtenergie wird erhalten, aber wir können die Energie, die durch die Reibung den Zustand der Oberfläche ändert, nicht ausdrükken, und wir werden deshalb sagen, dass die Energie des Körpers, z.B. definiert als, Physik 194 Energie nicht erhalten ist. In diesem Fall haben wir nur die kinetische und die potentielle Energie betrachtet, und wenn es z.B Reibung gibt, wird sie nicht erhalten. Andererseits, wenn wir wissen, dass der Austauch nur zwischen bestimmten Formen der Energie stattfindet, können wir die Teile der Gesamtenergie, die konstant bleiben, ignorieren. 4.2 Die relativistischen Grössen 4.2.1 Die Lichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit Bei der Definition der Masse (Kap. 3.1) haben wir gesehen, dass in Rückstossversuchen das Verhältnis der Geschwindigkeiten der Wagen eine konstante Zahl war, unabhängig von der Feder. Wir haben dieses Ergebnis als m A vB = mB v A ausgedrückt, wobei mA und mB die Massen der Wagen sind. Wir fragen jetzt, was würde in einem solchen Rückstossexperiment geschehen, wenn wir eine der Massen kleiner und kleiner machen? Je kleiner die Masse ist, z.B. mB, desto schneller wird sie sich nach dem Rückstoss bewegen. Wenn mB nach null geht, wird ihre Rückstossgeschwindigkeit unendlich. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die relativistischen Grössen fi v Æ • Eine ähnliche Situation beobachten wir, wenn eine Kraft auf einen Körper wirkt und damit den Körper beschleunigt. Solange die Kraft wirkt, wird der Körper beschleunigt und dadurch kann er eine beliebige Geschwindigkeit erreichen. r r F = Konst fi a = Konst fi wenn t Æ • Im Bereich der klassischen Mechanik gibt es kein Problem mit diesen unendlichen Geschwindigkeiten. Experimentell beobachten wir aber etwas anderes: Ein Körper der Masse m kann sich nie mit einer Geschwindigkeit grösser als die Lichtgeschwindigkeit bewegen. Kein Körper kann eine Geschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit erreichen, unabhängig davon wie stark und wie lange er beschleunigt wird. Die Lichtgeschwindigkeit entspricht der höchsten Geschwindigkeit in der Natur. Die Lichtgeschwindigkeit wird als Konstante c bezeichnet. Die Lichtgeschwindigkeit wirkt als eine Grenzgeschwindigkeit, mit dem Wert c = 299’792’458 Meter pro Sekunde oder ungefähr c ª 3 ¥ 108 m / s 195 Demonstrationsexperiment: Messung der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts durch den Hörsaal Physik 196 Energie Ein Laser emittiert rotes Licht. Ein Lichtschalter erzeugt aus dem kontinuierlichen Laserstrahl eine Serie von Lichtimpulsen. Die Lichtimpulse breiten sich durch den Hörsaal aus. Sie werden von einem Spiegel reflektiert und mit einem Lichtempfänger wieder nachgewiesen. Die Zeit, die das Licht braucht, um den Hörsaal zu durchqueren, wird gemessen. Siehe Abb. 1. Gemessene Werte: - durch den Hörsaal zurückgelegte Strecke Lª60 m - gemessene Laufzeit: tª200 ns ª 200¥10–9 s fi c= Laser Lichtempfänger L 60 m ª ª 3 ¥ 10 8 m / s t 200 ¥ 10 -9 s Ausbreitungsgeschwindigkeit: L = ct Lichtschalter Figur 1. Messung der Lichtgeschwindigkeit. Das Lichtsignal breitet sich durch den Hörsaal nach links aus, und kommt wieder nach rechts zurück, nachdem es von einem Spiegel reflektiert wurde. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die relativistischen Grössen 4.2.2 Der Geschwindigkeitsparameter v c Da die Geschwindigkeit eines Körpers immer kleiner als die Lichtgeschwindigkeit sein muss, können wir sie relativ zur Lichtgeschwindigkeit definieren: Geschwindigkeitsparameter ∫ fi v <1 c wobei v die Geschwindigkeit des Körpers ist. Es gilt, v<c Die Lichtgeschwindigkeit ist sehr gross im Vergleich zu unseren Alltagserfahrungen. Es ist schwierig, die Existenz einer solchen Grenzgeschwindigkeit mit makroskopischen Körpern zu beweisen. In der Tabelle 1 werden die Geschwindigkeitsparameter von verschiedenen Körpern mit bestimmter Geschwindigkeit aufgelistet. Wir bemerken, dass für die schnellsten makroskopischen Körper die Geschwindigkeit immer noch viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit ist. Energie Man kann trotzdem Experimente mit Elementarteilchen durchführen, die die Existenz der Grenzgeschwindigkeit beweisen. Man betrachtet Elektronen, die mit Hilfe von grossen elektrischen Spannungen beschleunigt werden1. elektrische Spannung beschleunigtes Elektron + vE Wir nehmen an, dass die Anfangsgeschwindigkeit des Elektrons sehr klein ist. Das Elektron wird durch die elektrische Spannung, die ein elektrisches Feld zwischen zwei Platten erzeugt, beschleunigt. – 3. 2. 1. Spannung 1¥109 Volt: Endgeschwindigkeit v/c ª 0,99999988 Spannung 1¥106 Volt: Endgeschwindigkeit v/c ª 0,94 Spannung 1000=1¥103 Volt: Endgeschwindigkeit v/c ª 0,063 Die Endgeschwindigkeit des Elektrons wird gemessen, als Funktion der Spannung zwischen den Platten. Wenn wir die Anfangsgeschnwindigkeit vernachlässigen, finden wir: Geschwindigkeitsparameter v/c Tabelle 1. Geschwindigkeitsparameter Was 0,0000068 Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) 1. Die Bewegung einer elektrischen Ladung in einem elektrischen Feld wird im Kap. 12.5.3 studiert. Wenn die Spannung erhöht wird, nimmt die Endgeschwindigkeit zu. Diese nähert sich immer mehr der Lichtgeschwindigkeit, kann aber 0,000000093 198 Wagen 100 km pro Stunde 0,063 0,000099 197 Schnellstes Flugzeug (Mach 6.72) Erdbewegung um die Sonne 0,94 0,13 Elektron beschleunigt durch 1000 Volt Um die Erde in 1 Sekunde 0,99999988 Elektron beschleunigt durch 1 Million Volt Elektron beschleunigt durch 1 Milliarde Volt Physik Die relativistischen Grössen die Grenze nie überschreiten. Damit hat man direkt bewiesen, dass die Lichtgeschwindigkeit als Grenzgeschwindigkeit wirkt. Dieses Ergebnis kann auch mit Hilfe der Kräfte ausgedrückt werden. Eine Kraft kann auf einen Körper wirken und damit den Körper beschleunigen. Solange die Kraft wirkt, wird der Körper beschleunigt und seine Geschwindigkeit wird zunehmen. Trotzdem kann er nicht eine beliebige Geschwindigkeit erreichen. Der Körper wird sich der Lichtgeschwindigkeit nähern, ohne sie zu erreichen. Was ist dann die Beziehung zwischen Kraft und Beschleunigung bei hoher Geschwindigkeit ? Wir werden das im nächsten Abschnitt diskutieren. In der Praxis kann man oft vergessen, dass es in der Natur eine höchste Geschwindigkeit gibt, aber dies hat unsere theoretischen Konzepte verändert. Wir diskutieren nun die Folgerung für die Masse. 4.2.3 Die relativistische Masse Wir müssen nun eine wichtige Folgerung aus der Existenz der Grenzgeschwindigkeit diskutieren. für hohe Geschwindigkeiten Für hohe Geschwindigkeiten wird das Verhältnis, das wir im Rückstossexperiment gefunden haben, nicht mehr gelten m A vB π mB v A gilt nur wenn vA / c << 1, und vB / c << 1 199 Das Verhältnis gilt nur, wenn die Geschwindigkeiten der Körper relativ zur Lichtgeschwindigkeit klein sind. m A vB = mB v A Wir drücken dieses Ergebnis aus als Physik 200 Energie Wir haben von der Gleichung mA/mB = vB/vA gesprochen, als wir das Impulserhaltungsgesetz eingeführt haben. Müssen wir aus der Beobachtung, dass die Gleichung nicht mehr gilt, wenn die Geschwindigkeiten der Körper hoch sind, schliessen, dass das Impulserhaltungsgesetz auch nicht mehr gilt, wenn die Impulse der Körper sehr gross sind? Wir retten das Impulserhaltungsgesetz mit einer neuen Definition der Masse eines Teilchens. Wir sagen, dass die Masse eines Teilchens sich mit seiner Geschwindigkeit ändert. 1- v2 / c2 m0 = gm0 Erstmals hat Einstein am Anfang des 20. Jahrhunderts eine solche Beziehung zwischen Masse und Geschwindigkeit geschrieben m∫ wobei m0 die Ruhemasse des Teilchens ist und g wird als Lorentzfaktor bezeichnet. Die Ruhemasse m0 ist die Masse des Teilchens, wenn es sich in Ruhe befindet. 1 m ∫ ≥1 m0 1- v2 / c2 Wir bemerken, dass der Lorentzfaktor immer grösser als eins ist (Siehe Tabelle 2): g = Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die relativistischen Grössen Die Masse eines Teilchens wird deshalb immer mit der Geschwindigkeit zunehmen. Tabelle 2. Lorentzfaktoren 0 0,995 1– 4x10-13 1 9 1,15 1,005 1+4¥10-13 1 Lorentzfaktor g 1000 km/Stunde 0,87 unendlich 2 c/10 1/9 2 c/2 0 1–v §c 0,994c v c Aus der Beziehung zwischen Masse und Ruhemasse folgt, dass es bei der Beschleunigung eines Teilchens eine Erhöhung seiner Geschwindigkeit und eine Zunahme seiner Masse gibt! Beispiel 1. Ein Auto bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 110 km pro Stunde. Wieviel hat seine Masse zugenommen? v / c ª ( 30 m / s) / ( 3 ¥ 10 8 m / s) ª 10 -7 fi m / m0 ª 1 + 5 ¥ 10 -15 ª 1, 000000000000005 fi fi v ª 0.87c Beispiel 2. Mit welcher Geschwindigkeit muss ein Körper sich bewegen, um seine Masse zu verdoppeln? m / m0 = 2 1 1- v2 / c2 = 2 201 Wir bemerken, dass die Änderung der Masse praktisch unmessbar ist, solange die Geschwindigkeit des Teilchens viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit ist. Physik 202 Energie 4.2.4 Der relativistische Impuls Der Impuls eines Körpers wurde als das Produkt der Masse und der Geschwindigkeit definiert. Mit der neuen Definition der Masse wird die Definition des Impulses auch geändert. Man spricht vom relativistischen linearen Impuls: r r r p = mv = gm0 v Natürlich, solange die Geschwindigkeit des Teilchens klein ist relativ zur Lichtgeschwindigkeit, wird der Lorentzfaktor g ª 1 und dann gilt die “klassische” Definition des Impulses. D.h., der klassische Impuls ist eine Näherung des Impulses eines Teilchens, der gilt, wenn die Geschwindigkeit des Teilchens viel kleiner als die Lichtgeschwindigkeit ist. Impulserhaltung: Mit der neuen Definition der Masse wird das Impulserhaltungsgesetz immer gelten (auch wenn die Geschwindigkeiten der Teilchen hoch sind). Im Allgemeinen wird der Gesamtimpuls eines Systems als die Summe der relativistischen Impulse definiert. 4.3 Die Masse-Energie Äquivalenz Auf die Erde kommt von der Sonne eine grosse Menge von nützlicher Energie, meistens in Form von Strahlungsenergie (Licht). Die Sonne stösst eine enorme Menge von Strahlungsenergie aus: ª 4 ¥ 10 26 Joule pro Sekunde Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Masse-Energie Äquivalenz Siehe Abb. 2. Wenn die Sonne wie eine Kugel aus Kohle brennem würde, würde sie nur ungefähr 5000 Jahre lang leben. Wir wissen jedoch, dass die Sonne mit derselben Rate während ungefähr 5 Milliarden Jahren gebrannt hat, und sie soll noch während 5 Milliarden Jahren brennen. Figur 2. Die Sonne. Wir wissen, dass die Sonne mit derselben Rate während ungefähr 5 Milliarden Jahren gebrannt hat. 203 Einstein hat 1905 erklärt, wie die Sonne eine solche Menge von Strahlungsenergie ausstossen kann, mit seiner berühmten Beziehung zwischen Masse und Energie: Physik 204 Energie Die Masse-Energie Äquivalenz-Gleichung, E = mc 2 wobei E die Energie, m die Masse und c die Lichtgeschwindigkeit ist. Diese Gleichung drückt aus, dass Masse eine Form von Energie ist. m2 kg.m = 1 Ê 2 ˆ .m = 1 N .m Ë s ¯ s2 Die MKS Einheit der Energie ist das Joule (J) 1 J = 1 kg Eine 100 Watt Glühbirne braucht 100 Joule pro Sekunde. Wenn wir eine Masse von 1 Kilogramm ganz in Energie umwandeln könnten, folgt aus der Masse-Energie Beziehung, dass die gewonnene Energie E = mc 2 ª (1 Kg)(3 ¥ 108 m / s)2 = 9 ¥ 1016 J wäre. Masse enthält eine enorme Menge von Energie! Wenn 1 kg ganz in Energie umgewandelt werden könnte, könnte damit eine Stadt wie Zürich für ungefähr 50 Jahre beleuchtet werden. 4.4 Die kinetische Energie Wir haben gesehen, dass die Masse eines Teilchens mit der Geschwindigkeit zunimmt und sehr gross wird, wenn das Teilchen sich der Lichtgeschwindigkeit nähert. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die kinetische Energie m 1- v2 / c2 0 Wenn wir die Gleichung für die Zunahme der Masse mit der Geschwindigkeit m = gm0 = mit der Beziehung zwischen Masse und Energie E = mc 2 kombinieren, erhalten wir eine Beziehung, die der gesamten Energie des Teilchens entspricht. 1- v2 / c2 m0c 2 Die Gesamtenergie eines Teilchens ist gleich E = mc 2 = gm 0c 2 = Die Ruheenergie wird definiert als die Energie des Teilchens, wenn es sich in Ruhe befindet. Sie ist gleich 0 E = m c2 0 Wenn ein Teilchen sich bewegt, erhält es zusätzliche Energie relativ zu seiner Ruheenergie. E kin = E - E 0 = mc 2 - m0c 2 205 Die zusätzliche Energie, die ein Teilchen gewinnt, wenn es sich bewegt, ist seine kinetische Energie. Sie ist gleich Physik 206 Energie Die kinetische Energie kann mit Hilfe des Lorentzfaktors geschrieben werden = (g - 1)m0 c 2 = gm0 c 2 - m0 c 2 Ekin = mc 2 - m0 c 2 (1 - a ) b ª 1 - ba (a << 1) Für Teilchen, die sich langsam bewegen, benutzen wir die Näherung woraus folgt ª1+ 1 v2 1 - v2 / c2 ª 1 2 c2 1 v2 2 c2 1 1 - v2 / c2 Die Näherung kann für Geschwindigkeiten v<ª0,1c benutzt werden. Siehe Tabelle 3. 0,3c 0.2c 0,1c 0,01c v 1,41 1,148 1,048 1,0206 1,005037 1,00005003 g=(1-v2/c2)-1/2 1,25 1,125 1,045 1,0200 1,005000 1,000050000 1+v2/2c2 zwischen genauer und genäherter 0,5c Gleichung Tabelle 3. Numerischer Vergleich 0,7c Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die kinetische Energie zwischen genauer und genäherter 1,40 1+v2/2c2 Gleichung Tabelle 3. Numerischer Vergleich 2,30 g=(1-v2/c2)-1/2 1,49 v 7,1 0,9c 0,99c In diesem Fall ist die Gesamtenergie des Teilchens gleich ˆ Ê 1 ˜ = m0c 2 Á Ë 1- v2 / c2 ¯ genäherte Gleichung genaue Gleichung E = mc 2 Ê v2 ˆ ª m0c 2 Á1 + 2 ˜ Ë 2c ¯ Ê v2 ˆ ª m0c 2 + m0c 2 Á 2 ˜ Ë 2c ¯ 1 ª m0c 2 + m0v 2 2 Die letzte Gleichung gilt für Teilchen, die sich mit einer Geschwindigkeit kleiner als ª0,1c bewegen. Wir haben die Gleichung E=mc2 als Summe von zwei Teilen geschrieben; der Teil der Ruhemasse und der kinetische Teil: 1 E ª m0c 2 ( Ruheenergie) + m0v 2 ( kinetische Energie) 2 207 Solange die Geschwindigkeit eines Teilchens weniger als ª0,1c ist, ist seine kinetische Energie viel kleiner als seine Ruhemasseenergie. Zusammenfassend: Physik 208 Energie Die kinetische Energie eines Körpers ist gleich E kin = (g - 1) m0c 2 Für langsam bewegte Körper (v<0,1c) ist sie ungefähr gleich: 1 E kin ª m0v 2 2 Beispiel 1: Die Gewehrkugel Wir betrachten eine Gewehrkugel der Masse 10 g, die sich mit einer Geschwindigkeit von 300 Meter pro Sekunde bewegt. Bestimme ihre kinetische und Ruhemasseenergie. Kinetische Energie: Ekin 1 = m0 v 2 2 1 = ¥ (0, 01kg) ¥ (300 m / s)2 2 = 450 Joule Die Energie ist hoch genug, so dass die Kugel eine Planke durchdringt. Ruhemasseenergie; = (0, 01kg) ¥ (3 ¥ 108 m / s)2 E = m0 c 2 0 = 9 ¥ 1014 Joule Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die kinetische Energie Diese Energie ist gleich der freigelassenen Energie einer mittelgrossen Atombombe. Eine Tonne TNT entspricht 4,184 ¥ 10 9 J = 4,184 GJ wobei G=Giga=109. Die Bomben, die während des letzen Weltkrieges verwendet wurden, entsprachen 15 Kilotonnen TNT, d.h. 15000 Tonnen TNT @ 60 ¥ 1012 J = 60 TJ wobei T=Tera=1012. Im Vergleich dazu ist die Energie, die in der Ruhemasse der Kugel von 10g enthalten ist, gleich E 0 = m0c 2 = 9 ¥ 1014 J = 900 TJ Die heutigen “modernen” Atombomben besitzen bis 84000 TJ (eine solche Bombe wurde 1954 während eines Tests in den USA abgeschossen). Beispiel 2: Brennen der Sonne ª 4 ¥ 10 26 Joule pro Sekunde Wir haben schon erwähnt, dass die Strahlungsenergie der Sonne gleich ist. E E = mc 2 fi m = 2 c 209 Wenn wir annehmen, dass diese Energie aus der Umwandlung von Masse in Energie kommt, dann ist die Brennrate der Masse der Sonne gleich: Physik 210 Energie Numerisch, dm 1 dE 4 ¥ 10 26 Joule pro Sekunde = ª 9 ¥ 1016 m 2 / s2 dt c 2 dt ª 4, 4 ¥ 10 9 kg pro Sekunde 4 He In Wirklichkeit kommt die Energie der Sonne aus einem Zyklus, bei welchem die Kerne2 von vier Wasserstoffatomen (d.h. 4 Protonen) in einen Heliumkern umgewandelt werden: 4 Protonen fi In dieser Reaktion wird nicht die ganze Masse der Wasserstoffkerne in Energie umgewandelt, es wird nur ein Teil davon als Energie frei, der Rest bildet die Masse des resultierenden Heliumkerns. Eine Messung der Reaktion zeigt, dass eine Energie gleich 4, 3 ¥ 10 -12 J während der Reaktion frei wird. D.h., 4, 3 ¥ 10 -12 J pro Wasserstoffatom 4 Aus der Brennrate der Sonne folgt: 4 ¥ 10 26 ª 3.8 ¥ 10 38 Wasserstoffatome pro Sekunde Ê 4, 3 ¥ 10 -12 J ˆ Á ˜ 4 Ë ¯ 2. Siehe Kap. 7.2.6 f r die Definition des Kerns eines Atoms. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Potentielle Energie der Gravitation -27 kg) ª 6 ¥ 1011 kg pro Sekunde Die entsprechende Masse ist gleich (die Masse eines Wasserstoffatoms ist ungefähr ª1,67¥10–27kg) 38 (3.8 ¥ 10 )(1.67 ¥ 10 Obwohl die “verbrannte” Masse auf den ersten Blick sehr gross scheint, ist sie doch klein relativ zur gesamten Masse der Sonne: ª2¥1030 kg. 4.5 Potentielle Energie der Gravitation Wir fahren weiter mit unserer Untersuchung der Teile der Gesamtenergie. Wir wollen nun das Konzept der potentiellen Energie einführen. Als einfachestes Beispiel wählen wir zuerst die Gravitationskraft. Demonstrationsexperiment: Wassersack 211 Ein Wassersack der Masse m0 wird vom Boden auf die Höhe h hochgezogen (Phase I) und anschliessend frei fallen gelassen (Phase II). Nach dem Fall wird der Wassersack auf den Boden aufprallen (Phase III). Was passiert hier energetisch? Siehe Abb. 3. Physik 212 Figur 3. Energie 1. 2. 3. Freier Fall eines Wassersackes. Was passiert energetisch? Phase I: der Mensch leistet “Arbeit”, um den Wassersack hochzuziehen. Die Arbeit nimmt mit der Höhe zu. Schliesslich, wenn der Wassersack eine Höhe h erreicht, wird die gesamte Arbeit im Wassersack gespeichert. Diese wird als potentielle Energie des Wassersackes bezeichnet. Phase II: Diese Phase ist der freie Fall des Wassersacks wegen der Gravitationskraft der Erde. Die potentielle Energie wird sukzessive umgewandelt in kinetische Energie. Phase III: Der Wassersack landet auf dem Boden. Die gesamte Masse (Wassersack und Wasser) befinden sich nun in Ruhe. Wo ist die gesamte Energie geblieben? Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Potentielle Energie der Gravitation (a) Der Knall beim Aufprall des Wassersackes am Boden zeigt, dass ein Teil der Energie in Schallenergie umgewandelt wurde. (b) Der andere Teil wurde in andere Formen umgewandelt, wie z.B. Wärmeenergie, Bodendeformationsenergie, usw... Die Summe der verschiedenenen Formen von Energie wurde erhalten. Wir betrachten nun den Fall des Wassersackes quantitativ. Hier werden wir annehmen, dass der Wassersack sich in der Nähe der Erdoberfläche befindet und der Luftwiderstand vernachlässigt werden kann. Energie Bevor der Sack losgelassen wird, befindet er sich im Punkt (1) und in Ruhe (v1=0). Deshalb besitzt er keine kinetische Energie. Im Punkt (2), bevor er auf dem Boden landet, bewegt sich der Körper mit der Geschwindigkeit v2 und besitzt eine kinetische Energie. Wenn wir annehmen, dass der Körper nicht relativistich ist, dann ist diese Energie gleich 1 m v2 2 0 2 Wegen der Erhaltung der Energie muss die gesamte Energie des Wassersackes erhalten werden. Der Wassersack wird von einer Höhe h frei fallen gelassen. m0 Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Mit den Gleichungen der gleichförmig beschleunigten Bewegung finden wir eine Beziehung zwischen der Höhe und der Geschwindigkeit v2. Wir betrachten die vertikale (ein-dimensionale) Bewegung des Wenn der Luftwiderstand vernachlässigt wird, kann die gesamte Energie als die Summe der kinetischen und potentiellen Energie des Wassersackes betrachtet werden. Die gesamte Energie (die Summe der kinetischen und der potentiellen Energien) wird während des Falls erhalten. Diese Energie wird sich während des Falls des Wassersacks in kinetische Energie umwandeln. Deshalb suchen wir die zusätzliche Form der Energie, d.h. potentielle Energie, die im Wassersack gespeichert wird, wenn er auf eine Höhe h gehoben wird. Siehe Abb. 4. Ruhe h m0 kinetische Energie = 1m v 2 2 0 2 Die potentielle Energie hängt von der Position (d.h. der Höhe) des Wassersackes ab. 214 Geschwindigkeit v1=0 kinetische Energie = 0 Punkt (1) Punkt (2) v2 213 Figur 4. Freier Fall eines Wassersackes. Wenn der Sack frei fällt, wird seine kinetische Energie zunehmen. Physik Potentielle Energie der Gravitation und h= 1 2 gt 2 Sackes. Der Wassersack befand sich in Ruhe, als er zur Zeit t=0 losgelassen wurde. Er erreicht den Boden zur Zeit t. Es gilt: v 2 = gt 2 v2 1 Ê v2 ˆ gÁ ˜ = 2 2 Ë g¯ 2g fi 1 2 v2 = gh 2 Die Erdbeschleunigung ist gleich der Konstante g. Damit h= Wenn wir diese Gleichung mit m0 multiplizieren, erhalten wir 1 m0 v22 = m0 gh 2 Diese Gleichung entspricht dem Energieaustausch zwischen kinetischer und potentieller Energie. Damit folgt die Definition: Die potentielle Energie eines Körpers, der sich auf einer Höhe h befindet, ist gleich E pot ( h ) = m0 gh E1 = m0c 2 + m0 gh Wir schreiben nun die Gesamtenergie des Wassersackes im Punkt (1). Dort besitzt er keine kinetische Energie und eine potentielle Energie, die von der Höhe h abhängt: Punkt (1): 215 Wir haben auch die Energie der Ruhemasse des Wassersackes eingefügt. Im Prinzip wäre das nicht nötig, wenn wir sicher sind, dass diese Form von Energie sich nicht in eine andere umwandeln wird. Physik 216 Energie 1 E 2 = m0c 2 + m0v 22 2 Im Punkt (2) besitzt der Wassersack eine kinetische Energie und keine potentielle Energie mehr. Die gesamte Energie ist gleich Punkt (2): Aus der Energieerhaltung in Abwesenheit von Luftwiderstand folgt, dass E1=E2=Konst, d.h. 1 E1 = m0c 2 + m0 gh = E 2 = m0c 2 + m0v 22 2 Die Gesamtenergie E des Wassersackes in einem beliebigen Punkt der Höhe h ist dann gleich kinetische 1 2 E= m + m0v 2 + m0 gh 0c { 123 2 123 Ruhemasse potentielle Aus der Energieerhaltung folgt dass E=E1=E2. 1 m v2 2 0 2 (ohne Ruhemasse) Beim freien Fall wird sich die potentielle Energie in kinetische Energie umwandeln. Die Ruhemasse ändert sich nicht und kann weggelassen werden: E1 = m0 gh = E 2 = Wir haben zuerst die Ruhemasse des Wassersackes in die gesamte Energie eingefügt und sie nachher vernachlässigt. Welches ist die “korrekte” gesamte Energie des Wassersackes? Weil die Energie der Ruhemasse sehr gross ist, muss die gesamte Energie sehr verschieden sein, je nachdem, ob wir sie in der gesamten Energie berücksichtigen oder nicht. Die Antwort ist, dass beide kor- Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Anwendung: Energieerhaltung rekt sind, solange wir kohärente Definitionen verwenden. Wenn wir die Energie betrachten, sind wir nur an der Umwandlung der Energie von einer Form in eine andere interessiert. Zusammenfassend, Der absolute Wert der Energie ist nicht wichtig. Die Erhaltung der Energie sagt nur voraus, dass wenn eine Form der Energie eines Körper sich ändert, muss eine andere Form der Energie sich um denselben Betrag aber entgegengesetzem Vorzeichen ändern, so dass die Summe sich nicht ändert. Man spricht von Energieaustauch zwischen verschiedenen Formen der Energie. Im Beispiel des fallenden Wassersackes ist die wichtige physikalische Interpretation der Austausch (oder die Umwandlung) der potentiellen in kinetische Energie während des Falls, so dass die Summe erhalten wird. Die absolute Energie (z.B. mit oder ohne Beitrag der Ruhemasse) ist nicht relevant. 4.6 Anwendung: Energieerhaltung 4.6.1 Bewegung eines Balles in einer Kreisschleife 217 Wir betrachten einen Ball, der sich in der in Abb. 5 gezeigten Schleife bewegen kann. Was ist die mindeste Höhe, von der der Ball starten muss, um die Schleife erfolgreich zu beenden ? Physik 218 Energie Punkt B diu Ra Bewegung in einer Schleife. Punkt A v=0 Höhe h Figur 5. sR Wir nehmen an, dass der Ball ohne zu rollen und ohne Reibung gleitet und dass seine Ausdehnung vernachlässigbar klein ist. Der Ball gewinnt an Geschwindigkeit, während er sich abwärts bewegt, und verliert Geschwindigkeit, wenn er sich aufwärts bewegt. die Gravitationskraft mg, die immer nach unten zeigt. die von der Bahn ausgeübte Normalkraft N, deren Richtung von der Position des Balls abhängt. In jedem Punkt der Bahn wirken zwei Kräfte auf den Ball: 1. 2. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) N Anwendung: Energieerhaltung mg Wir bemerken: N Punkt B mg N mg N mg Am höchsten Punkt der Schleife zeigen die Gravitationskraft und die Normalkraft in dieselbe Richtung und nach “unten”. v2 R v2 R 219 Die Kreisbewegungsgleichung (Siehe Kap. 2.6.2) sagt, dass die Beschleunigung des Balls, der sich mit der Geschwindigkeit v bewegt, die folgende sein muss: a= wobei R der Radius der Kreisschleife ist. N + mg = ma = m Damit ist die resultierende Kraft, die auf den Ball wirkt, gleich Physik 220 Energie oder mg = m v2 R Da der Betrag der Kraft F immer positiv ist, muss die minimale Geschwindigkeit des Balles, wenn er einen Kreis beschreiben soll N =0 entsprechen. In diesem Fall berücksichtig die Gravitationskraft allein die Kreisbewegung des Balls. Damit erhalten wir: v = gR Wenn die tatsächliche Geschwindigkeit geringer als die minimale Geschwindigkeit ist, wird sich der Ball vom Kreis lösen. Um die entsprechende Höhe h zu berechnen, bestimmen wir die gesamte Energie in den Punkten A und B: ( ) 1 Punkt A: E A = mn A2 + mgh = 0 + mgh 2 2 5 1 1 m gR + mg(2 R) = mgR + 2 mgR = mgR 2 2 2 Punkt B: E B = 5 R 2 Wenn wir die Energieerhaltung anwenden, erhalten wir: h= Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Arbeit, die eine Kraft leistet 4.7 Die Arbeit, die eine Kraft leistet 4.7.1 Bewegung in einer Dimension Im Beispiel des frei fallenden Wassersackes haben wir bewiesen, dass die potentielle Energie der Gravitation gleich E pot ( h ) = m0 gh ist, wobei m0 die Masse des Wassersackes ist. ( mg) ¥ h = ( Kraft ) ¥ (Verschiebung) Der Wassersack fällt wegen der Gravitationskraft, die einen Betrag mg besitzt. Wir bemerken, dass der Betrag der Abnahme der potentiellen Energie gleich dem Produkt einer Kraft mal einer Verschiebung ist Wir definieren: Die Arbeit, die eine Kraft an einem Körper leistet, ist gleich dem Produkt der Komponente der Kraft längs der Verschiebung und der Verschiebung, d.h. das Skalarprodukt der Vektoren r r W = F ◊ Dr wobei Dr der Verschiebungsvektor ist. Die Arbeit kann auch so definiert werden r r W = F Dr cosq 221 wobei q der Winkel zwischen dem Kraftvektor und dem Verschiebungsvektor ist. Physik 222 Energie Die Arbeit ist deshalb eine Zahl. mg Dx Dx mg W=0 v Die Arbeit nimmt einen positiven Wert an, wenn die Kraft und die Verschiebung in dieselbe Richtung zeigen, und einen negativen Wert, wenn sie entgegengesezte Richtungen haben. Dx W<0 Arbeit, die eine Kraft an einem Körper leistet. W>0 mg Siehe Abb. 6. Figur 6. Die Einheit der Arbeit ist das Joule (J) weil kg.m m2 1 N .m = 1 Ê 2 ˆ .m = 1 kg 2 = 1 J Ë s ¯ s Die Arbeit besitzt deshalb dieselbe Einheit wie die Energie. 4.7.2 Bewegung in mehreren Dimensionen Wir betrachten eine Bewegung in mehreren Dimensionen. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die Arbeit, die eine Kraft leistet Die Kraft wird als eine Funktion des Ortsvektors geschrieben, die den Kraftvektor F am Punkt r darstellt: r r r F ∫ F(r ) r r r r r F ( rr ) F (r ) F (r ) r r F (r ) r r2 r r F (r ) Punkt (2) Ein Körper bewegt sich entlang einer Bahn im Raum. r r Punkt (1) Siehe Abb. 7. y 1 x Figur 7. Ein Teilchen bewegt sich entlang einer Bahn in zwei Dimensionen, die zwei Punkte 1 und 2 verbindet. Die Kraft wird als eine Funktion des Ortsvektors definiert. Die Arbeit wird berechnet entlang der Bahn. Die Arbeit, die die Kraft am Körper leistet, wird berechnet entlang der Bahn zwischen zwei Punkten 1 und 2. Die Bahn zwischen den zwei Punkten 1 und 2 wird in differentielle 223 Strecken dr unterteilt, entlang denen die Kraft als konstant betrachtet Physik 224 Energie r r1 Punkt (1) r r r1 r r r2 Punkt (2) r2 r2 r r r W12 = Ú dW = Ú F(r ) ◊ dr r r1 W12 wird berechnet als das Linienintegral von F entlang der Bahn zwischen den Punkten 1 und 2 Die gesamte zwischen den Punkten 1 und 2 geleistete Arbeit r r dW = F ◊ dr werden kann. Die geleistete Arbeit dW entlang dieser differentiellen Strecke ist gleich y x 4.7.3 Arbeit der Gewichtskraft Wir berechnen die Arbeit der Gewichtskraft mit Hilfe des Linienintegrals. Die Kraft ist konstant: r r r r r r r F ( r ) = mg = -( mg)ey wobei r = xex + yey und g > 0 d.h., die y-Achse zeigt in die vertikale Richtung und nach oben. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) 1 r (x2,y2) y2–y1 r A 1 2 1 r r A 1 r 2 A r ( zwischen A und (2)) 2 A r r r = ( x 2 - x1 )ex + ( y 2 - y1 )ey r r = r2 - r1 Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Diese Herleitung gilt für eine beliebige Strecke, weil wir eine Strecke immer in eine Anzahl von nur horizontalen und nur vertikalen Verschiebungen unterteilen können. Das Linienintegral ist dann gleich der resultierenden Verschiebung zwischen den Endpunkten. 1 Ú dr = Ú dr + Ú dr 2 Das erste Integral zwischen (1) und (A) entspricht damit der gesamten Verschiebung x2–x1 in der x-Richtung. Das zweite Integral zwischen (A) und (2) entspricht der gesamten Verschiebung y2–y1 in der y-Richtung. Die Summe entspricht der gesamten Verschiebung zwischen (1) und (2): In ähnlicher Weise: r dr = (0, dy ) Entlang der ersten Strecke zwischen (1) und (A) hat die differentielle Strecke nur eine x-Komponente. Wir schreiben: r dr = ( dx, 0) ( zwischen (1) und A) r r1 Ú dr ∫ Ú dr = Ú dr + Ú dr r Energie 2 r Punkt (2) A r r2 Die Arbeit, die eine Kraft leistet r r Wir integrieren zuerst zwischen (1) und (A) und nachher zwischen (A) und (2), d.h. r r r r1 r r x2–x1 226 Die von der Gewichtskraft geleistete Arbeit ist gleich r r r r1 2 2 r r r 2 r r r r W12 = Ú F ( r ) ◊ dr = Ú mg ◊ dr = m Ú g ◊ dr r r1 r r r r1 Ein Integral kann als eine Summe betrachtet werden. Wegen des Distributivgesetzes des Skalarprodukts (Siehe Kap. 1.5.2) können das Skalarprodukt und das Integral ausgetauscht werden: r r1 2 r r r 2 r m Ú g ◊ dr = mg ◊ Ú dr r r2 r r1 Ú dr = r - r r Wir bemerken nun, dass das Linienintegral der differentiellen Strecke der gesamten Verschiebung zwischen r1 und r2 entspricht: Punkt (1) (x1,y1) x 225 Um dieses Resultat zu beweisen, betrachten wir einen bestimmten Weg zwischen den Punkten (1) und (2): y Physik r r y 2 2 1 y 1 x x 2 1 2 y 1 y y r r r = (- mge ) ◊ (( x - x )e + ( y - y )e ) r r r r = (- mg( x - x )e ◊ e ) + (- mg( y - y )e ◊ e ) r r1 2 r r r r r r W12 = Ú F ( r ) ◊ dr = mg ◊ ( r2 - r1 ) Die Arbeit, die eine Kraft leistet Damit oder W12 = - mg( y 2 - y1 ) Das Ergebnis hängt nur vom Unterschied y2-y1 zwischen den Höhen der beiden Endpunkte ab. Beachte das Vorzeichen! ( g > 0) Wie kann das Vorzeichen verstanden werden. Für den Fall des frei fallenden Balls, erhalten wir mit y2=0, y1=h, W12 = - mg(0 - h) = mgh Die geleistete Arbeit hat einen positiven Wert, weil die nach unten gerichtete Gewichtskraft und die Verschiebung von y=h bis y=0 in dieselbe Richtung zeigen. 227 Wenn der Ball vom Boden auf die Höhe h hochgezogen wird (d.h. y2=h, y1=0), hat die geleistete Arbeit einen negativen Wert, weil in diesem Fall die Gewichtskraft entgegengesetzt der Bewegung ist (d.h. man muss ziehen, um den Ball hochzuheben.) Physik 228 Energie 4.7.4 Arbeit der Federkraft Wir betrachten die von der Federkraft geleistete Arbeit. Es gilt für kleine Verschiebungen (Hookesches Gesetz, Siehe Kap. 3.8.4) F = - k( x - x0 ) Wenn der Ursprung der x-Achse die Gleichgewichtslage der Feder ist, erhalten wir: F ( x ) = - kx x x1 und x2 Die Bewegung ist hier eindimensional. Die geleistete Arbeit zwiist gleich schen den Verschiebungen x 2 2 1 W12 = Ú F( x )dx = - k Ú xdx = - k ( x22 - x12 ) 2 x1 x1 Wenn x2>x1>0, wird die Feder nach der Bewegung mehr ausgezogen sein. In diesem Fall wirkt die Federkraft der Bewegung entgegen. Die Bewegung und die Federkraft zeigen in entgegengesetzer Richtung. Die von der Kraft geleistete Arbeit ist negativ: r r dW = F ◊ dr < 0 Wenn 0<x2<x1, wird die Feder nach der Bewegung weniger ausgezogen sein. In diesem Fall wirkt die Federkraft in die Richtung der Bewegung. Die Bewegung und die Federkraft zeigen in dieselbe Richtung. Die von der Kraft geleistete Arbeit ist positiv: r r dW = F ◊ dr > 0 Im Allgemeinen können x1 und x2 positive und negative Werte annehmen, nämlich für ausgezogene oder zusammengedrückte Situationen Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Allgemeine potentielle Energie ausgezogene Feder zusammengedrückte Feder 1 W12 = - k ( x 22 - x12 ) 2 der Feder. In diesem Fall kann die resultierende Arbeit positiv oder negativ sein. Sie hängt vom Unterschied der Quadrate der Anfangsund Endverschiebungen ab: Z.B. Wenn x1 = + a x2 = - a (Beachte x=0 ist das Gleichgewicht der Feder), verschwindet die resultierende Arbeit 1 W12 = - k ((- a) 2 - ( + a) 2 ) = 0 2 Zwischen x=a und x=0 wirkt die Kraft in die Richtung der Bewegung: dW>0. Zwischen x=0 und x=–a wirkt die Kraft der Bewegung entgegen: dW<0. Die beiden Beiträge zur Arbeit kompensieren einander genau. 4.8 Allgemeine potentielle Energie 4.8.1 Konservative und nicht-konservative Kräfte W12 = - mg( h2 - h1 ) 229 Wir haben zwei bestimmte Beispiele der geleisteten Arbeit berechnet: (1) die Arbeit der Gravitationskraft: Physik 230 Energie 1 W12 = - k ( x22 - x12 ) 2 (2) die Arbeit der Federkraft WA Weg A WB W A = W B = - mg( y 2 - y1 ) Weg B y2 In beiden Fällen hängt das Ergebnis nur vom Anfangs- und Endpunkt der Bahn ab, d.h. die Arbeit ist unabhängig vom zurückgelegten Weg. y y1 Wenn ein Ball vom Boden auf die Höhe h hochgezogen wird, hat die von der Gravitationskraft geleistete Arbeit einen negativen Wert, weil die Gewichtskraft entgegengesetzt der Bewegung ist. Man muss ziehen, um den Ball hochzuheben. Wir sagen, dass die von der Gravitationskraft geleistete Arbeit im Körper als potentielle Energie Epot der Gravitation gespeichert wird. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Allgemeine potentielle Energie Die zwischen Anfangs- und Endpunkt von der Kraft geleistete Arbeit ist gleich der Änderung der entsprechenden potentiellen Energie zwischen diesen Punkten: r r r r1 ( ) 2 r r r r r W12 = Ú F ( r ) ◊ dr ∫ - E pot ( r2 ) - E pot ( r1 ) ∫ - DE pot (Beachte das negative Vorzeichen) - h ) ∫ -( E 1 pot (h ) - E 2 pot ( h )) 2 W12 = -( E pot ( h2 ) - E pot ( h1 )) = - mg( h2 - h1 ) 2 fi 1 W12 = -( E pot ( x 2 ) - E pot ( x1 )) = - k ( x 22 - x12 ) 2 E pot ( h ) = mgh fi W = - mg( h 12 Da die von der Gravitationskraft geleistete Arbeit einen negativen Wert hat, wenn der Körper nach oben gezogen wird, wird die Änderung der potentiellen Energie mit einem negativen Vorzeichen definiert: Damit: Beispiele: Gravitationskraft: E pot ( h ) = mgh 1 2 kx 2 Federkraft: E pot ( x ) = 231 In beiden Beispielen, die wir betrachtet haben, ist die von der Kraft geleistete Arbeit vom zurückgelegten Weg unabhängig. Deshalb konnten wir die potentielle Energie als eine Funktion von Anfangs- und Endpunkt des Wegs definieren. Physik 232 Energie Aus der Definition der potentiellen Energie und ihrer Beziehung zur Arbeit folgt: Wenn die geleistete Arbeit nur vom Anfangs- und Endpunkt des Wegs abhängt, ist sie entlang einem geschlossenen Weg gleich null. Wenn wir einen Ball vom Boden auf die Höhe h hochziehen und ihn nachher wieder auf den Boden bringen, ist die geleistete Arbeit gleich null. Wir unterteilen alle Kräfte der Natur in zwei Gruppen: 1) konservative Kräfte, wie die Gravitationskraft oder die Federkraft. Die geleistete Arbeit entlang einem geschlossenen Weg ist gleich null. Für diese Art von Kräften können wir eine entsprechende potentielle Energie der Kraft definieren. 2) nicht-konservative Kräfte, wie die Reibungskräfte. Wir bemerken, dass die von einer Reibungskraft geleistete Arbeit vom Weg abhängt. Je weiter wir einen Körper bewegen, der eine Reibungskraft spürt, desto mehr Arbeit wird geleistet. Wenn wir den Körper an den Anfangspunkt zurückbringen, ist die geleistete Arbeit nicht gleich null. In diesem Fall kann keine entsprechende potentielle Energie der Kraft definiert werden. Zusammenfassend: Eine potentielle Energie kann nur definiert werden, wenn die Arbeit nur vom Anfangs- und Endpunkt abhängt. Es folgt daraus, dass nur für konservative Kräfte eine potentielle Energie definiert werden kann. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Das Arbeit-Energie Theorem 4.9 Das Arbeit-Energie Theorem Wir beginnen mit Newtons zweitem Gesetz in der vektoriellen Form r r r r r r F = ma fi F ◊ dr = ma ◊ dr r r r r2 r2 r2 r r r r r dv r fi Ú F ◊ dr = m Ú a ◊ dr = m Ú ◊ dr r r r dt r1 r1 r1 Wir werden nun zwei alternative Herleitungen durchführen: in der ersten verwenden wir die Komponenten der Vektoren; in der zweiten wird eine vektorielle Darstellung benutzt. Komponenten: Wenn wir eine dreidimensionale Bewegung betrachten, erhalten wir r r r r2 r 2 dv Ê r dv dv y dv z ˆ mÚ ◊ dr = m Ú Á x , , ˜ ◊ ( dx, dy, dz) r Ë dt dt dt ¯ dt r1 r r1 y2 z2 Ê x 2 dv dv y dv ˆ dy + Ú z dz˜ = mÁ Ú x dx + Ú dt dt ¯ Ë x1 dt y1 z1 vx vx 233 wobei wir wie in Kap. 4.7.3 diejenigen Strecken betrachtet haben, die die Verschiebungen in die drei Koordinatenrichtungen unabhängig voneinander durchführen. Das Linienintegral über diese Strecke wird bestimmt als die Summe der drei Beiträge. x v x1 2 2 2 dv dx 1 x dx = Ú dvx = Ú vx dvx = (vx22 - vx21 ) dt dt 2 x1 v x1 Ú Nun bemerken wir, dass gilt Physik 234 Energie 2 2 dx Dx dv Dv x dv dx Æ Â x Dx = Â Dv x ÆÚ dt x Dt dt Dx Dt Dv x 1 wobei vx1 und vx2 die x-Komponenten der Geschwindigkeiten in den Punkten (1) und (2) sind. In dieser Gleichung haben wir das Integral als eine Summe und die zeitliche Ableitung als ein Verhältnis betrachtet: 1 Ú wobei Dvx, Dt und Dx kleinen Unterschieden der entsprechen Variablen entsprechen. ( ) Wenn wir die drei Komponenten betrachten, erhalten wir damit: r r2 r r 1 dv ◊ dr = m vx22 - vx21 + vy22 - vy21 + vz22 - vz21 dt 2 r r1 mÚ 1 r2 1 r2 mv2 - mv1 2 2 Ê ˆ 1 = mÁ v 2 + v 2 + v 2 - v 2 - vy21 - vz21 ˜ x y z x 2 2 2 1 42 44 3 1 4 42 44 3˜ 2 Á 14 r r Ë ¯ - v12 v 22 = r r r r2 r r r r2 r dv r Vektorielle Herleitung: dasselbe Ergebnis kann auch mit Hilfe einer vektoriellen Gleichung hergeleitet werden: r r2 r r1 r r1 r r1 Ú F ◊ dr = m Ú a ◊ dr = m Ú dt ◊ dr fi Wir bemerken nun, dass der Verschiebungsvektor als Funktion des Geschwindigkeitsvektor ausgedrückt werden kann: r r dv r dv r ◊ dr = ◊ vdt dt dt r r dr = vdt Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Das Arbeit-Energie Theorem Energie r t2 t1 2 r r r1 r r r2 r r1 r ( Ges ÚF r r2 konservative ) r r1 r r r1 r r ◊ dr = - DE pot Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Emech = Ekin + E pot Die Summe der kinetischen Energie und der potentiellen Energie eines Systems wird als mechanische Gesamtenergie Emech bezeichnet: r r1 ÚF r Die Gesamtarbeit der konservativen Kräfte kann mit Hilfe einer potentiellen Energie berechnet werden r 1 r 1 r ◊ dr = mv22 - mv12 = DEkin 2 2 Aus dem Arbeit-Energie Theorem folgt 4.10 Die mechanische Energie r2 r r r r r2 r r r 2 r r 2 r r W = Ú F ◊ dr = Ú F1 + F2 + ... ◊ dr = Ú F1 ◊ dr + Ú F2 ◊ dr + ... r r1 Im Fall, dass viele Kräfte auf den Körper wirken, ist die Änderung der kinetischen Energie gleich der gesamten Arbeit, die von allen Kräften geleistet wird Newtonsches Gesetz, Siehe Kap. 3.5) erwähnt. Was das Arbeit-Energie Theorem neu liefert, ist eine quantitative Beziehung zwischen der von Kräften geleisteten Arbeit und der resultierenden Änderung der kinetischen Energie. r r2 r r1 236 Nun verwenden wir die Identität (Siehe Kap. 1.5.4): r d r2 (a ) = dtd (ar ◊ ar) = 2ar ◊ da dt dt r und erhalten für den Geschwindigkeitsvektor: r r r dv r dv r 1 d r2 d r2 fi ◊ dr = ◊ vdt = (v ) = 2vr ◊ dv (v )dt dt dt dt 2 dt dt Damit r r2 r r1 r dv r 1 d r Ú F ◊ dr = m Ú dt ◊ dr = m Ú 2 dt (v )dt r v (t ) wobei t1 und t2 die Zeiten sind, die den Punkten (1) und (2) entsprechen. Die zeitliche Integration liefert: t t1 2 2 r r r d 1 1 1 1 r v 2 ) dt = mv 2 = mv 22 - mv12 ( r 2 dt 2 2 2 v ( t1 ) mÚ Diese Resultate werden als das Arbeit-Energie Theorem bezeichnet. Es sagt: r r Die Arbeit, die an einem Körper zwischen zwei Punkten (1) und (2) geleistet wird, ist gleich der Änderung seiner kinetischen Energie zwischen diesen Punkten. 2 r r r 1 1 r W12 = Ú F ◊ dr = mv22 - mv12 2 2 r r1 235 Die physikalische Interpretation muss klar sein: dass eine Kraft während eines Zeitintervalls wirken muss, um die Geschwindigkeit eines Körpers zu ändern, haben wir schon als das Aktionsprinzip (zweites Physik Die mechanische Energie Energie 4.11 Anwendung: Arbeit-Energie Theorem fi D( E kin + E pot ) = 0 = - DE pot Falls nur konservative Kräfte wirken, d.h. r r FGes = Fkonservativ DE kin konservative r ) r r + Fnk ◊ dr = DEkin r r r r1 r 2 r r ◊ dr + Ú Fnk ◊ dr = DEkin r r2 Ges Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Wir kennen die Bahnkurve des Körpers nicht genau.Wir können trotzdem die differentielle Strecke dr mit Hilfe der Kugelkoordinaten ausdrücken (in zwei Dimensionen). Wir betrachten die Geschwindigkeit des Körpers in Kugelkoordinaten (siehe Kap. 2.4.2): r r df r de dr r dr r v ( t) = er + r r = er + r ef dt dt dt dt d.h. die Arbeit der resultierenden Kraft, die auf den Körper wirkt, ist gleich der Änderung der kinetischen Energie des Körpers. r r1 ÚF r r r2 r r 1 r r 1 r 1 r ◊ dr = -GMm Ú 2 ◊ dr = mv 22 - mv12 r r r 2 2 r1 wobei M die Masse der Erde ist. Das Arbeit-Energie Theorem sagt voraus: r r GMm r F=- 2 r r Die einzige Kraft, die auf den Körper wirkt, ist die Gravitationskraft und ist gleich: Die Fluchtgeschwindigkeit ist die minimale Geschwindigkeit, mit der ein Körper von der Erde abgeschossen werden muss, um das Unendliche zu erreichen (wir nehmen an, dass die Wechselwirkung mit anderen Planeten, Sternen, Galaxien vernachlässigbar ist). 4.11.1 Die Fluchtgeschwindigkeit 238 erhalten wir oder E mech = E kin + E pot = konst. d.h. die mechanische Energie wird erhalten, wenn nur konservative Kräfte wirken. r r2 r r1 Ú (F konservative r Wenn nicht-konservative Kräfte wirken gilt r r2 r r1 ÚF - DE pot + Wnk = DEkin und man kann die Veränderung der mechanischen Energie berechnen Wnk = DEkin + DE pot = D( Ekin + E pot ) = DE 237 Die Änderung der mechanischen Energie ist gleich der Arbeit, die von nicht-konservativen Kräften geleistet wird. Physik Energie ( ) ) Verschiebungsvektor Änderung der radialen Komponente r2 Ê1 1ˆ 1 r 1 - mv E2 = GMmÁ - ˜ = -GMm 2 rE Ë • rE ¯ r 2GM 2GMrE v E2 = = = 2 grE rE rE2 Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) r2 Wir betrachten noch einmal den dynamischen Fall, bei dem ein Körper entlang einer schiefen Ebene mit Neigungswinkel q gleitet (Siehe 4.11.2 Schiefe Ebene mit Reibung Um die Erde zu verlassen, muss ein Körper auf der Erdoberfläche eine Geschwindigkeit von ungefähr 11 km pro Sekunde besitzen. v E = 2 grE ª 2(9, 81m / s2 )(6370 km) ª 11 km / s wobei g die Erdbeschleunigung ist (Siehe Kap. 3.13.4). Schliesslich, oder Um die Fluchtgeschwindigkeit zu berechnen, nehmen wir an, dass die Geschwindigkeit des Körpers verschwindet, wenn der Körper das Unendliche erreicht: Ê 1 1ˆ = +GMmÁ - ˜ Ë r2 r1 ¯ r1 = -GMm Ú r r1 Anwendung: Arbeit-Energie Theorem dr dr dr Ê 1ˆ = - GMmÁ - ˜ Ë r¯ r r2 1 Damit erhalten wir: r r r2 1 r2 1 r2 1 r r mv - mv = -GMm Ú 2 ◊ dr 2 2 2 1 r r r1 F r r r dW = F ( r ) ◊ dr 1 = -GMm 2 dr r 239 240 Damit ist der differentielle Verschiebungsvektor gleich r r r r dr = vdt = drer + ( rdf )ef ( r r r dW = FGes ( r ) ◊ dr r r r 1 r = -GMm ◊ drer + ( rdf )ef r2 r r r 1 r = -GMm 2 er ◊ drer + ( rdf )ef r 1 dr r2 = -GMm Die differentielle Arbeit über die differentielle Strecke dr ist deshalb gleich: r2 d.h. die Arbeit hängt nur von der radialen Bewegung des Körpers über die Strecke ab. Obwohl der Körper sich in die radiale und die Richtung senkrecht dazu bewegt, ist die von der Gravitationskraft geleistete Arbeit gleich der Projektion der Verschiebung auf die radiale Richtung mal die Kraft. Physik Anwendung: Arbeit-Energie Theorem Kap. 3.10.1). Wir werden nun annehmen, dass der Block eine (nicht konservative) Gleitreibung (Siehe Kap. 3.11.2) spürt: FR FR = mG N = mG mg cosq N q wobei µG die Gleitreibungszahl ist. y x q Mg 1 2 mv + mgh 2 Die mechanische Energie des Körpers ist gleich: E mech = 1 2 mv 2 Punkt B: Höhe=0, Geschwindigkeit v A E mech = mgh Punkt A: Höhe=h, Geschwindigkeit v=0 Wir definieren zwei Punkte: 1. 2. B E mech = W nk = DE mech = D( E kin + E pot ) 241 Die Änderung der mechanischen Energie ist gleich der Arbeit, die von der nicht-konservativen Reibungskraft geleistet wird: Physik 242 Energie Wenn die Reibungskraft konstant ist, gilt: 1 1 1 2 2 2 r r W nk = Ú FR dr = - Ú FR dr = -mG mg cosq Ú dr = -mG mgs cosq wobei s die gesamte, vom Block zurückgelegte Strecke ist. Beachte das negative Vorzeichen: die Reibungskraft wirkt der Bewegung entgegen. h = s sin q s= h sin q h mgh cosq = -mG sin q tan q fi Die zurückgelegte Strecke kann als Funktion der Höhe des Körpers ausgedrückt werden: Schliesslich, W nk = -mG mg mgh 1 2 = mv - mgh tan q 2 B A - E mech W nk = DE mech = E mech Die Änderung der Energie des Körpers zwischen Punkt A und B ist damit: oder - mG Die Geschwindigkeit des Körpers im Punkt B ist gleich: m ˆ Ê v = 2 gh Á1 - G ˜ Ë tan q ¯ Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Beziehung zwischen Kraft und potentieller Energie: Der Gradient 4.12 Beziehung zwischen Kraft und potentieller Energie: Der Gradient 4.12.1 Partielle Ableitungen Die Ableitung einer Funktion f(x), die von einer Variablen abhängt, ist gleich: df Df = lim dx Dx Æ 0 Dx Ê df ˆ df = Á ˜ dx Ë dx ¯ Die differentielle Änderung der Funktion f über dx kann damit so ausgedrückt werden: entlang dx f ( x + Dx, y ) - f ( x, y ) ˆ Df ( x, y ) Ê Ê ˆ = Á lim ˜ dx ˜ dx = Á lim Ë Dx Æ 0 ¯ Ë Dx Æ 0 Dx ¯ Dx Wir betrachten nun eine Funktion f(x,y), die von zwei Variablen abhängt. Wenn y konstant gehalten wird, ist die Änderung der Funktion entlang x gleich: df entlang dy Ê Ê f ( x, y + Dy ) - f ( x, y ) ˆ Df ( x, y ) ˆ = Á lim ˜ dy = Á Dlim ˜ dy Dy ¯ Ë Dy Æ 0 Dy ¯ Ë yÆ 0 In ähnlicher Weise, wenn x konstant gehalten wird, ist die Änderung der Funktion entlang y gleich: df 243 Die Grössen in Klammer werden als die partiellen Ableitungen der Funktion f bezeichnet. Physik 244 Energie df entlang dx Ê ∂f ( x, y ) ˆ =Á ˜ dx Ë ∂x ¯ und df entlang dy Ê ∂f ( x, y ) ˆ =Á ˜ dy Ë ∂y ¯ Die partielle Ableitung einer Funktion, die von mehreren Variablen abhängt, ist die Ableitung nach einer Variablen, wenn die anderen konstant bleiben: z.B. f ( x, y ) = x 2 y 3 ∂f df ( x, y = konst.) d( x 2 ) = = y3 = 2 xy 3 fi ∂x dx dx und ∂f df ( x = konst., y ) d( y 3 ) = = x2 = 3x 2 y 2 ∂y dy dy Wir betrachten nun die Situation, in der beide Variablen, x und y, sich ändern. Die gesamte Änderung der Funktion ist in diesem Fall gleich: Df = f ( x + Dx, y + Dy ) - f ( x, y ) Wir können die Änderung so ausdrücken: =0 + f4444 Df = f ( x + Dx, y + Dy ) - f ( x, y ) 1 ( x, y + D4 ) -44444 y2 f ( x, y + D3 y) = f ( x + Dx, y + Dy ) - f ( x, y + Dy ) + f ( x, y + Dy ) - f ( x, y ) Ê ∂f ( x, y ) ˆ Ê ∂f ( x, y + Dy ) ˆ =Á ˜ Dx + Á ˜ Dy Ë ¯ ∂x Ë ∂y ¯ Wir definieren die differentielle Änderung der Funktion f(x,y) als: Ê ∂f ( x, y ) ˆ Ê ∂f ( x, y ) ˆ df = Á ˜ dx + Á ˜ dy Ë ∂x ¯ Ë ∂y ¯ Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Beziehung zwischen Kraft und potentieller Energie: Der Gradient Wenn wir den Grenzwert DxÆ0 und DyÆ0 berechnen, dann gilt: Df Æ df ) 4.12.2 Die Kraft als Gradient der potentiellen Energie ( Allgemein können wir die geleistete Arbeit zwischen zwei Punkten 1 und 2 schreiben, als die Differenz der potentiellen Energie, gemessen an den Punkten 1 und 2 r r W12 = - DE pot = - E pot ( r2 ) - E pot ( r1 ) Es ist klar, dass die Funktion Epot vom Ort abhängt. Aus der Definition der potentiellen Energie folgt r r r r1 2 r r r r DE pot = E pot ( r2 ) - E pot ( r1 ) = -W12 = - Ú F ◊ dr Für eine infinitesimale Verschiebungen dr folgt daraus r r dE pot = - F ◊ dr 245 wobei dEpot der differentiellen Änderung der potentiellen Energie über die infinitesimale Verschiebung dr entspricht. Wenn die Kraft in die x-Richtung wirkt, d.h., r r F = Fx ex erhalten wir r r r r r r dE pot = - Fx ex ◊ dr = - Fx ex ◊ ( dxex + dyey + dzez ) = - Fx dx Physik 246 Energie dE pot dx (1 - Dimension) Die Kraft ist somit die negative Ableitung der potentiellen Energie nach der x-Koordinate: Fx = - dE d Ê1 ˆ pot = - Á kx 2 ˜ = - kx ¯ dx dx Ë 2 Wir finden z.B. für die Federkraft Fx = - x x ) ) r r r r r + Fy ey + Fzez ◊ ( dxex + dyey + dzez ) Wenn die Kraft in einer beliebigen Richtung zeigt, d.h., r r r r F = Fx ex + Fy ey + Fzez erhalten wir dE pot r = -(F e ( = - Fx dx + Fy dy + Fz dz ( ) = (- Fx ) dx + - Fy dy + (- Fz ) dz Die differentielle Änderung der potentiellen Energie kann aber auch als der Unterschied zwischen der potentiellen Energien in zwei benachbarten Punkten geschrieben werden: r r r dE pot = E pot ( r + dr ) - E pot ( r ) d.h. dE pot = E pot ( x + dx, y + dy, z + dz) - E pot ( x, y, z) Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Beziehung zwischen Kraft und potentieller Energie: Der Gradient Wir können diese Änderung mit Hilfe der partiellen Ableitungen berechnen: Ê ∂E pot ( x, y, z) ˆ Ê ∂E pot ( x, y, z) ˆ Ê ∂E pot ( x, y, z) ˆ dE pot = Á ˜ dx + Á ˜ dy + Á ˜ dz Ë ∂x ¯ Ë ∂y ¯ Ë ∂z ¯ Wenn wir die zwei Gleichungen vergleichen, sehen wir, dass jede Komponente der Kraft gleich der negativen partiellen Ableitung der potentiellen Energie nach der Komponente sein muss: Ê ∂E pot ( x, y, z) ˆ Fx = -Á ˜, Ë ∂x ¯ Ê ∂E pot ( x, y, z) ˆ Fy = -Á ˜, Ë ∂y ¯ Ê ∂E pot ( x, y, z) ˆ Fz = -Á ˜ ¯ Ë ∂z Diese drei Gleichungen können als eine einzige vektorielle Gleichung ausgedrückt werden: Die Kraft ist durch die partiellen Ableitungen der potentiellen Energie nach den drei Raumkoordinaten gegeben: r ∂ ∂ ∂ E E E Ê pot r pot r pot r ˆ F = -Á e + e + e˜ Ë ∂x x ∂y y ∂z z ¯ Im Allgemeinen kann die Berechnung der partiellen Ableitungen einer beliebigen Funktion von mehreren Variablen als eine Operation, die auf die Funktion wirkt, betrachtet werden. Diese Operation wird als der Gradient der Funktion bezeichnet: 247 Der Gradient einer Funktion von mehreren Variablen entspricht der Ableitung der Funktion nach den Variablen. Physik 248 Energie Er wird mit Hilfe des Nabla-Operator-Symbols — bezeichnet. In 3-Dimensionen erhalten wir für den Operator: r r r ∂ r ∂ ∂ — ∫ ex + ey + ez ∂z ∂y ∂x und damit ist die Wirkung des Operators auf eine Funktion f(x,y,z) gleich: r r r f r f f ∂ ∂ ∂ —f ( x, y, z) ∫ ex + ey + ez ∂z ∂y ∂x Die Gradientenoperation kann als die Umkehrung des Linienintegrals betrachtet werden. Zusammenfassend, Die Kraft ist gleich dem negativen Gradient der potentiellen Energie: r r F = -—E pot Beispiel: Gravitationskraft in der Nähe der Erdoberfläche Die potentielle Energie in der Nähe der Erdoberfläche ist gleich: E pot ( x, y, z) = mgz Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Beziehung zwischen Kraft und potentieller Energie: Der Gradient wobei z die vertikale Koordinate (d.h. die Höhe) ist. Die entsprechende Gravitationskraft ist: r r Ê r r ∂ rˆ ∂ ∂ F = -—E pot = -Á ex + ey + ez ˜ ( mgz) Ë ∂x ∂z ¯ ∂y Ê ∂z r ∂z r ∂z r ˆ = - mgÁ e + e + e ˜ Ë ∂x x ∂y y ∂z z ¯ r = - mgez Wie erwartet, ist die Gravitationskraft konstant und sie zeigt nach unten. 4.12.3 Die geometrische Interpretation des Gradienten Wir betrachten die Bewegung eines Körper, auf den nur konservative Kräfte wirken. Diese Kräfte können durch eine potentielle Energie dargestellt werden: r E pot ∫ E pot ( r ) = E pot ( x, y, z) Wenn der Körper sich eine Strecke dr=(dx,dy,dz) bewegt, ändert sich seine potentielle Energie: dE pot = E pot ( x + dx, y + dy, z + dz) - E pot ( x, y, z) dE pot = ∂E ∂E ∂E pot pot pot dx + dy + dz ∂x ∂y ∂z 249 Wir können diese Änderung mit Hilfe der partiellen Ableitungen ausdrücken: Physik 250 Energie oder dE pot r = —E pot ◊ ( dx, dy, dz) r r = —E pot ◊ dr Mit dieser Beziehung können wir die folgenden Situationen diskutieren: 1. 2. 3. wenn die Verschiebung dr in dieselbe Richtung wie der Gradient zeigt, ist die Änderung der potentiellen Energie positiv, und die potentielle Energie des Körpers wird zunehmen. wenn die Verschiebung dr senkrecht zum Gradient zeigt, ist die Änderung der potentiellen Energie gleich null, und die potentielle Energie des Körpers wird konstant bleiben. wenn die Verschiebung dr in entgegengesetzte Richtung des Gradienten zeigt, ist die Änderung der potentiellen Energie negativ, und die potentielle Energie des Körpers wird abnehmen. Der Gradient zeigt in die Richtung der maximalen Änderung der potentiellen Energie. Äquipotentiallinien. Wir betrachten die Flächen, die durch die folgende Gleichung definiert werden: r E pot ( r ) = E pot ( x, y, z) = Konst. Auf diesen Flächen ist die potentielle Energie konstant. Ein Körper, der sich auf einer solchen Fläche bewegt, wird eine konstante potentielle Energie besitzen. Wenn wir zwei Dimensionen betrachten, werden diese Flächen durch Konturlinien dargestellt. Die Konturlinien entsprechen den Linien, entlang welchen die potentielle Energie konstant ist. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Allgemeine potentielle Energie der Gravitationskraft Wegen der Definition der Kraft, nämlich r r F = -—E pot wird die Kraft abwärts und senkrecht zur Konturlinie zeigen. 4.13 Allgemeine potentielle Energie der Gravitationskraft Als wir die potentielle Energie der Gravitationskraft berechnet haben, haben wir benutzt, dass die Gewichtskraft konstant und gleich mg ist. Wir wissen, dass dies nur in der Nähe der Erde gilt. Allgemein ist die Gravitationskraft gleich r r GMm r F=- 2 r r wobei M die Masse der Erde, und r der Abstandsvektor zwischen der Masse m und dem Erdzentrum ist. Wir wollen nun beweisen: r GMm GMm E pot (r ) = - r = r r 251 Die allgemeine potentielle Energie, die der Gravitationskraft entspricht, ist gleich Physik 252 Energie Der Ortsvektor kann mit Hilfe seiner Komponenten ausgedrückt werden r r r r r = xex + yey + zez r r ∂ ∂ ∂ E E E Ê pot r pot r pot r ˆ F = -Á e + e + e ˜ ∫ -—E pot Ë ∂x x ∂y y ∂z z ¯ Wir müssen beweisen, dass gilt d.h., r? r r Ê 1ˆ GMm Ê ˆ F =- —Á ˜ = GMm—Á ˜ Ë Ë r¯ r ¯ ) Um den Gradienten zu bestimmen, berechnen wir jede Komponente r Ê 1ˆ ∂ 1 r ∂ 1r ∂ 1r e + e + e —Á ˜ = Ë r ¯ ∂x r x ∂y r y ∂z r z Wir erhalten ( ∂ 1 z =- 3 ∂z r r -1 / 2 ∂ 1 ∂ ∂ 1 = ( x 2 + y2 + z 2 ) = 1/ 2 = ∂x r ∂x ( x 2 + y 2 + z 2 ) ∂x -3 / 2 1 = - ( x 2 + y 2 + z 2 ) (2 x ) 2 x r3 =- und und eine ähnliche Herleitung gibt ∂ 1 y =- 3 ∂y r r Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) ) Anwendung: allgemeine Potentielle Energie der Gravitationskraft ( und deshalb haben wir bewiesen, dass gilt r r r r r r r 1 1 1 r Ê ˆ —Á ˜ = - 3 xex + yey + zez = - 3 = - 2 Ë r¯ r r r r Wenn wir diese Beziehung benutzen, um die Kraft zu berechnen, finden wir r r r 1 GMm r Ê ˆ F = GMm—Á ˜ = - 2 Ë r¯ r r 4.14 Anwendung: allgemeine Potentielle Energie der Gravitationskraft 4.14.1 Die Fluchtgeschwindigkeit Die Fluchtgeschwindigkeit ist die minimale Geschwindigkeit, mit der ein Körper von der Erde abgeschossen werden muss, um das Unendliche zu erreichen (wir nehmen an, dass die Wechselwirkung mit anderen Planeten, Sternen, Galaxien vernachlässigbar ist). 253 Wir haben die Fluchtgeschwindigkeit in Kap. 4.11.1 mit Hilfe des Arbeit-Energie-Theorems hergeleitet. Hier verwenden wir das Energieerhaltungsprinzip. r r 1 GMm E mech = E kin (v ) + E pot ( r ) = mv 2 2 r Die gesamte (mechanische) Energie des Körpers ist gleich: Physik 254 Energie mit r Æ •, v Æ 0 1 GMm mv 2 2 rE GMm 1 = mv 2 r 2 =0 wenn das Unendliche erreicht wird: A E mech = auf der Erdoberfläche Wir betrachten zwei Punkte: 1. 2. E B mech A E mech = fi v= 2GM = 2 grE rE 1 GMm B mv 2 = E mech =0 2 rE Wir nehmen an, dass die mechanische Energie erhalten wird: oder GMm 1 mv 2 = rE 2 4.14.2 Die Bewegung von Satelliten Im Allgemeinen können wir die mechanische Energie eines Satellits auf einer Bahn um einen Planeten oder einen Stern betrachten. Wir nehmen an, dass die Bewegung des Planeten oder des Sterns bezüglich der Bewegung des Satellits vernachlässigt werden kann. Diese Bedingung gilt, wenn die Masse des Satellits viel kleiner als die Masse des Planeten oder des Sterns ist. In diesem Fall wird die Bewegung des Satellits bezüglich des Planeten oder des Sterns betrachtet, die sich in Ruhe befinden. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Energie 1 2 mv < 0 2 Anwendung: allgemeine Potentielle Energie der Gravitationskraft E mech = 2 E mech m GMm 1 1 mv 2 Æ E mech = mv •2 r 2 2 v• = Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Diese Materie wird als “dunkle Materie” bezeichnet, weil sie sich nicht durch die Emission oder Absorption von Licht (im Allgemeinen von elektromagnetischer Strahlung), sondern nur durch Gravitationseffekte, bemerkbar macht. Seit langem hat man starke Hinweise darauf, dass es im Universum ausser der sichtbaren Materie (wie z.B. Sterne, Galaxien, Gebiete mit Wasserstoffgas, ...) in viel grösserer Menge Materie gibt. 4.15 Die dunkle Materie oder Wenn die gesamte mechanische Energie positiv ist, kann der Satellit das Unendliche erreichen und noch eine nicht verschwindende kinetische Energie besitzen. Wenn wir r nach unendlich gehen lassen, erhalten wir für die Geschwindigkeit in unendlicher Entfernung: Diese Gleichung kann nicht erfüllt werden, weil die kinetische Energie immer positiv ist. E mech = Unendliche erreicht, wäre die potentielle Energie gleich null. In diesem Fall würde gelten: 1 2 1 GMm mv = 2 2 r 256 Die mechanische Energie des Satellits ist gleich: r r 1 GMm E mech = E kin (v ) + E pot ( r ) = mv 2 2 r mv 2 r Wenn der Satellit sich auf einer Kreisbahn bewegt, ist die Kraft, die auf den Satellit wirkt, gleich: F= fi Wenn wir diese Kraft der Gravitationskraft gleich setzen, erhalten wir: mv 2 GMm = r r2 1 GMm GMm 1 GMm =<0 2 r r 2 r Die mechanische Energie vereinfacht sich zu E mech = d.h. mit der Definition des Nullpunkts der potentiellen Energie im Unendlichen erhalten wir eine negative mechanische Energie. Man kann zeigen, dass nicht nur Kreisbahnen zu negativen Energien führen, für eine beliebige gebundene Bahnkurve wird die Energie negativ sein: Die mechanische Energie eines gebundenen Satellits ist negativ. 255 Wir haben die potentielle Energie für unendliche Entfernung als null definiert. Die gebundene Bahn bedeutet, dass die kinetische Energie des Satellits nicht reicht, um ins Unendliche zu entfliehen. Würde das Physik Die dunkle Materie Die dunkle Materie ist deshalb “nicht-sichtbar”. 4.15.1 Rotationskurven von Spiralgalaxien Energie Die Rotationskurven v(r) werden durch die Messung der Umlaufgeschwindigkeit der Sterne in Abhängigkeit vom Abstand r zum Zentrum der Galaxie erhalten. fi v ( r) = GM 1 µ r r Die beobachtete Rotationskurve für die Galaxie NGC 3198 ist in Abb. 9 gezeigt. Die Punkte entsprechen den gemessenen Umlaufgeschwindigkeiten als Funktion des Radius (d.h. des Abstandes zum Zentrum der Galaxie). v 2 GmM = r r2 Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) mit typischerweise v(r)ª150-200 km pro Sekunde (Siehe Abb. 9 für NGC 3198). v ( r) ª Konst. Statt dieses Abfalls wurde für die meisten Galaxien eine flache Rotationskurve beobachtet: d.h. wir erwarten, dass die Umlaufgeschwindigkeit mit dem Radius abnimmt. F=m Einen der stärksten Hinweise für die Existenz von dunkler Materie liefern die sogenannten Rotationskurven von Spiralgalaxien. 258 Wenn die meiste Masse im Zentrum der Galaxien konzentriert wäre, dann wäre die Umlaufgeschwindigkeit der Sterne auf Kreisbahnen um das Zentrum der Galaxien durch die folgende Beziehung gegeben: Die NGC3198 Galaxie in Ursa Major. 257 In Spiralgalaxien wird die sichtbare (d.h. leuchtende) Masse im Zentrum (d.h. im Kern der Galaxie) konzentriert. Der Radius des Kerns ist ungefähr 10’000 pc ª 10 kpc (1 pc ª 3¥1016 m, Siehe Kap. 1.3). Eine solche Spiralgalaxie ist z.B. NGC3198 in Ursa Major (Siehe Abb. 8). Figur 8. Physik Die dunkle Materie Figur 9. Die gemessene Rotationskurve der Spiralgalaxie NGC 3198 (T.S.Albada et al., Astrophys. J. 295 (1985) 305. Wie kann eine solche Beobachtung erklärt werden? Dass die Geschwindigkeit als Funktion des Radius konstant bleibt, kann man erklären: 259 Die wirksame Masse der Galaxie innerhalb einer Kugel vom Radius r nimmt mit wachsendem r immer noch weiter zu. Physik 260 Energie Wir erhalten: v ( r) = v c2 r G GM ª Konst = v c r fi M ( r) = fi v2 = GM = v c2 r d.h., für eine konstante Geschwindigkeit in Abhängigkeit des Radiuses muss die eingeschlossene Masse linear mit dem Radius zunehmen! Durch genauere Berechnungen kann man schliessen, dass: die sichtbare galaktische Scheibe der Spiralgalaxien von einem ungefähr kugelförmigen “Halo” dunkler Materie umgeben ist. Typischerweise ist die gesamte Masse gleich 10 bis 100 mal der sichtbaren Masse und die Ausdehnung der gesamten Masse ist ungefahr 100 kpc, während der Radius der sichtbaren Materie ungefähr 10 kpc ist. 4.15.2 Galaxienhaufen (“Clusters”) Weitere Hinweise auf dunkle Materie findet man auch, wenn man die Anhäufungen (“Clusters”) von Galaxien beobachtet. In diesem Fall sucht man die Evidenz für dunkle Materie durch ihre Effekte auf einer sehr grossen Längenskala. Man betrachtet die räumliche Verteilung von tausend Galaxien. Seit langem wurde beobachtet, dass die Verteilung der Galaxien im Universum nicht homogen ist, sondern dass die Galaxien wegen ihrer Gravitationsanziehung in Galaxienhaufen (“Clusters”) angeordnet werden. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich) Die dunkle Materie Siehe Abb. 10. In dieser Messung befinden sich die entferntesten Galaxien in einem Abstand von ungefähr 100 Mpcª108 pc von uns. Im Vergleich dazu bemerken wir, dass die Grösse des ganzen Universums ª1010 pc ist, d.h. noch einmal 100 mal grösser. Figur 10. Die Verteilung von ungefähr 1000 Galaxien im Universum. Jeder Punkt entspricht einer Galaxie (de Lapparent et al 1986 (ApJLett 302, L1). Die Geschwindigkeit entspricht der Entfernung der Galaxie bezüglich der Erde. Heute hat man mit Hilfe von Computersimulationen, die die Entwicklung des Universums beschreiben, eine Methode gewonnen, um die Inhomogenität des Universums zu studieren. Wir bemerken: Die Verteilung der Galaxien wird von der Gravitationsanziehung beherrscht. 261 Die gesamte Masse, d.h. die sichtbare und die dunkle Materie, tragen zum Gravitationsgleichgewicht der beobachteten Galaxien bei. Es folgt daraus, dass Physik 262 Energie das Studium der Verteilung der sichtbaren Galaxien Information über die Verteilung der gesamten Materie (sichtbare und dunkle) liefert. Mit Hilfe des Computers wird die Anfangsbedingung des Universums gewählt und die Entwicklung des Universums berechnet. Man bestimmt den Bruchteil von sichtbarer und dunkler Materie, so dass die berechnete Massenverteilung wie die des wirklichen Universums aussieht. Solche Berechnungen sagen voraus, dass es im ganzen Universum viel mehr dunkle als sichtbare Materie gibt. Die heutigen besten Bestimmungen liefern: M dunkel ª 25 ¥ M sichtbar d.h. dass es im Universum ungefähr 25 mal mehr dunkle Materie als sichtbare Materie gibt. Was diese dunkle Materie wirklich ist, wissen wir heute nicht. Bisher hat man nur ihre Existenz durch ihren Gravitationseffekt beobachtet, und es ist niemandem gelungen, diese Art von Materie direkt nachzuweisen. Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)