Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Ehrenamtskongress 2016 Konfliktprävention in Vereinen und Verbänden Prof. Dr. Gerhard Frank, Technische Hochschule Nürnberg, Fakultät Sozialwissenschaften Typen des Ehrenamts • Leitendes Ehrenamt (z.B. Vorstände) • Ehrenamtliche Gremien (Mandatsträger) • Helfendes Ehrenamt 1 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Beispiele für Konflikthemen (helfendes Ehrenamt)* • Motivation und persönliche Zielsetzungen können mit Erwartungen der Organisation in Widerstreit geraten • Aufgabenplanung der Organisation und Abläufe können als Hemmnis, nicht als Möglichkeit der Selbstverwirklichung wirken • Ehrenamtliche haben Erwartungen an gute Betreuung und bestätigendes Feedback • Andere Ehrenamtliche werden manchmal als Konkurrenten erlebt: im Bestreben nach Einfluss, Ressourcen und Anerkennung Orientiert an: Regnet, 2012, S. 130 ff. Beispiele für Konfliktthemen (leitendes Ehrenamt)* • Mangelnde Qualität der Führung (oft Laien als Vorgesetzte) • Fehlende langfristige Berechenbarkeit (Fluktuation im Vorstand) • Mangelnder Zeiteinsatz der Vorstände • Fixierung auf Spezialinteressen • Konkurrenz innerhalb des ehrenamtlichen Vorstandes • Oft keine gemeinsamen Zielprioritäten innerhalb des Vorstands *Teilweise orientiert an: Regnet, 2012, S. 130 ff. 2 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Negative Auswirkungen ungelöster Konflikte* Erzeugung von Kränkungen Auslösen von Rachedynamik Innere Kündigung Zunahme von Fehlzeiten Loyalitätsverlust der Mitarbeiter(innen) Lagerdenken Imageverlust bei Unbeteiligten /Behörden/ Öffentlichkeit und Klienten Verlust an Glaubwürdigkeit Orientiert an Glasl, 2011 Häufige Mängel von Konfliktentscheidungen* Reise zurück in die Vergangenheit Vermischung von Person und Problem Schuldigensuche Subjektive Interessen vor Interessen der Allgemeinheit Respektloser Umgang Erleben des Konfliktes als Störung / Missachtung des kreativen Potentials Orientiert an: 3 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Definition: sozialer Konflikt Differenzen im Wahrnehmen Vorstellen und Denken die von Aktor B als Beeinträchtigung erlebt werden führen zu Verhaltens weisen des Aktors A .... Differenzen im Fühlen Differenzen im Wollen Nach F. Glasl 2011 Konfliktarten nach Streitgegenständen Beurteilungskonflikt Rollenkonflikt Beziehungskonflikt Zielkonflikt Verteilungskonflikt Wertekonflikt Vgl. hierzu auch das „Oktagon“ der Konflikttypen nach A. Marx, 2016, S. 16 4 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Beurteilungskonflikte Aspekte • Unterschiedliche Informationen • Fehlinformationen • Unterschiedliche Vorstellungen, wie Ziele erreicht werden können • Unterschiedliche Informationsverarbeitung Möglichkeiten der Vermeidung oder Bewältigung • Klärung von Perspektivenunterschieden • Gemeinsames Vorgehen zur Informationsgewinnung • Entwicklung gemeinsamer Kriterien der Einschätzung von Informationen und Sachverhalten • Evtl. Einholen externer Meinungen (Gutachten) Zielkonflikte Aspekte • Gegensätzliche Ziele (z.B. Qualität – Kosten, Wirtschaftlichkeit Umweltverträglichkeit) Möglichkeiten der Vermeidung oder Bewältigung • Klärung des Auftrags • Suche nach gemeinsamen Interessen und kompatiblen Lösungen • Macht-/Rechtslösungen: Legitimation durch Verfahren 5 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Verteilungskonflikte Aspekte • Kampf um knappe Ressourcen • Diskrepanz zwischen verfügbaren Mitteln und Ansprüchen • Unterschiedliche Interessen • Angenommene oder tatsächliche Rivalität um Einfluss (Macht) Möglichkeiten der Vermeidung oder Bewältigung • Suche nach objektiven Kriterien • Macht-/Rechtslösungen: Legitimation durch Verfahren • Ressourcenerweiterung • Tauschgeschäfte Beziehungskonflikte Aspekte • Starke einseitige oder wechselseitige negative Gefühle (Misstrauen, Antipathie) • Mangelnde Kommunikation • Fehlwahrnehmungen und Vorurteile („SchwarzWeiß-Denken“) • Wiederholtes negatives Verhalten Möglichkeiten der Vermeidung oder Bewältigung • Spannungen rechtzeitig ansprechen • „angriffsarm“ agieren • eigene Gefühle kontrollieren • Fördern der Anerkennung der Gefühle des Gegners • Wechselseitige Wahrnehmung klären • Gemeinsame Wahrnehmung aufbauen 6 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Wertekonflikte Möglichkeiten der Vermeidung oder Bewältigung Aspekte • Unterschiedliche religiöse oder • Suche nach ideologische Orientierungen übergeordneten Zielen (z.B. Verwirklichung von • Unterschiedliche Menschenrechten) Identifizierung mit persönlichen Werten (Treue, Ehrlichkeit etc.) • Kategoriale Klarheit (Gewinnung einheitlicher • Verschiedene Kriterien in der ethischer Standards) Bewertung von Lebensformen und Verhalten • Reflexion historischer Kontexte • Förderung von Toleranz Rollenkonflikte Aspekte • Wechselseitige Erwartungen ungeklärt • Intrarollenkonflikte (unterschiedliche Erwartungen verschiedener Bezugsgruppen: z.B. von Hauptamtlichen und Flüchtlingen) • Interrollenkonflikte (Widersprüche zwischen zwei Rollen eines Menschen: z.B. zwischen der Rolle als Mutter und als Helferin) Möglichkeiten der Vermeidung oder Bewältigung • Klärung der Normen, die eine Position prägen: Aufgaben, Befugnisse, Verantwortung • Klärung der Erwartungen, die sich an eine Rolle richten und die jemand an sich selber hat • Schnittstellenklärung 7 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Stufen der Eskalation sozialerKonflikte (nach F. Glasl) 1. Spannung 2. Polemik, Debatte 3. Taten statt Worte 4. Koalitionen 5. Gesichtsverlust 6. Drohungen 7. Zersplitterung 8. Begrenzte Vernichtung 9. Gemeinsam in den Abgrund Wenn ein Konflikt nicht vermieden werden konnte Stufe 1 bis 3 Selbsthilfe; Direkte Verhandlung; evtl. Fremdmoderation Stufe 4 bis 6 Mediation, freiwilliges Verfahren Stufe 7 bis 9 Entscheidung durch Dritte, Machteingriff 8 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Förderung der Kooperation zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen* • • • • • • • • Rollenklärung (möglicher Vertrag) Respekt und Vertrauen Angemessene Aufbau- und Ablauforganisation Flexibilität Feedbackkultur Gute Ressourcenverwaltung Wechselseitige Unterstützung Lösungsorientiertes Verhalten *tw. orientiert an Jürgen Schill, Workshop Materialien, Ehrenamtskongress 2012 Persönliche Deeskalationstechniken Für die Konfliktlösung gilt es als hilfreich zu verstehen, worum es der Gegenpartei (oder den Parteien) geht, und zu signalisieren, dass man verstanden hat. Ich - Botschaften senden sich nicht hinter anderen Personen verstecken keine Anklagen („du bist …“, „du hast…) 9 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Persönliche Deeskalationstechniken Mitteilung, wenn ich etwas nicht verstanden habe Aussage des Partners akzeptieren, nicht bewerten (kein „richtig“ oder „falsch“) sich nicht hinter selbst erfundenen Regeln verstecken Persönliche Deeskalationstechniken die verletzlichen Seiten des Partners achten und, wo möglich, schonen den anderen ausreden lassen, nicht ins Wort fallen in der aktuellen Situation bleiben, nicht auf alte Geschichten von früher zurückkommen 10 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Persönliche Deeskalationstechniken Beschimpfungen vermeiden (führen zu Kränkungen, lenken vom Thema ab Ergebnisse anstreben, zu denen beide ja sagen können. Prävention durch Sachgerechtes Verhandeln (Harvard - Konzept) Trennung von Personen und Problemen Konzentration auf Interessen Entwicklung verschiedener Optionen Entscheidung anhand objekt. Kriterien •Fairer Verhandlungsprozeß •Förderung der Kommunikation •Aufrechterhaltung der wechselseitigen Beziehungen •Interessenausgleich zwischen Konfliktparteien •Herstellung von „win-win“ Situationen •Ziel: sachliches Ergebnis Fisher, R., Patton, B., Ury, W. , 2014 11 Dokumentation Ehrenamtskongress 01./ 02. Juli 2016 www.ehrenamtskongress.de Literaturhinweise • • • • • • • • • • Ballreich, Rudi; Fröse, Marlies; Piber, Hannes, 2007: Organisationsentwicklung und Konfliktmanagement. Bern Fisher, Roger, Patton, Bruce, Ury, William, 2014: Das Harvard Konzept. Der Klassiker der Verhandlungstechnik, Frankfurt a.M. Glasl, Friedrich, 2004: Konfliktmanagement. Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. 8. aktualisierte und ergänzte Auflage. Bern Glasl, Friedrich, 2011: Konfliktmanagement. Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. 10. überarbeitete Auflage. Bern Glasl, Friedrich, 1998: Selbsthilfe in Konflikten. Bern Glasl, Friedrich, 2011: Selbsthilfe in Konflikten 6., überarbeitete und erweiterte Aufllage, Bern Marx, Ansgar, 2016: Mediation und Konfliktmanagement in der Sozialen Arbeit. Stuttgart Regnet, Erika, 2012: Management von Ehrenamtlichen – Management durch Ehrenamtliche. In: Rosenkranz, Doris, Weber, Angelika (Hrsg.): Freiwilligenarbeit. Einführung in das Management von Ehrenamtlichen in der Sozialen Arbeit. 2. Auflage, Weinheim und Basel Regnet, Erika, 2012: Konflikte zwischen Haupt- und Ehrenamt, http://ehrenamtskongress.de/fileadmin/user_upload/documents/Foren/Ehrenamtskongress_Forum _Konflikte_mit_Ehrenamtlichen.pdf Schill, Jürgen, 2014, Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt, http://ehrenamtskongress.de/fileadmin/user_upload/x_Ehrenamtskongress/2014/Praesentationen _WS/WS10_Erfolgreiche_Zusammenarbeit_HA-EA__Schill.pdf 12