An den Grenzen Umgang mit Verhaltensstörungen/ herausforderndem Verhalten im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Fachtag am Freitag, 17.10.2014 im Auhof in 91161 Hilpoltstein Tagungsdokumentation herausgegeben von den Veranstaltern: Deutscher Caritasverband Landesverband Bayern e. V. Evangelische Schulstiftung in Bayern Julius‐Maximilians‐Universität Würzburg, Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV – Pädagogik bei Geistiger Behinderung Lebenshilfe Landesverband Bayern e. V. Ludwig‐Maximilians‐Universität München, Lehrstuhl für Pädagogik bei geistiger Behinderung und Pädagogik bei Verhaltensstörungen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Erlangen, München, Nürnberg und Würzburg im Oktober 2014 An den Grenzen Umgang mit Verhaltensstörungen/ herausforderndem Verhalten im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Programm Fachtag am Freitag, 17.10.2014 im Auhof in 91161 Hilpoltstein von 10 bis 17 Uhr Anmeldung unter: http://essbay.tudock.de/fortbildung/kommende-termine.html Sehr geehrte Schulleiterin, sehr geehrter Schulleiter, sehr geehrte Tagesstättenleiterin, sehr geehrter Tagesstättenleiter, liebe Kollegin, lieber Kollege, sehr geehrte Damen und Herrn, im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung sind wir nicht selten mit ‚Verhaltensstörungen‘ bzw. ‚herausforderndem Verhalten‘ konfrontiert, die bzw. das uns in unserer Arbeit „an die Grenzen“ bringt. Häufiger als früher, so scheint es, sind wir mit Schülerinnen und Schülern konfrontiert, deren zentrale Problematik sowohl in der geistigen Entwicklung als auch in der emotionalen und sozialen Entwicklung liegt. Dies stellt eine besondere Herausforderung für die pädagogische Praxis dar. Vertreterinnen und Vertreter der privaten Schulträger Lebenshilfe, Caritas und Evangelische Schulstiftung sowie der Universitäten München und Würzburg haben sich zusammen gefunden, um die Thematik ‚Verhaltensstörungen‘ bzw. ‚herausforderndes Verhalten‘ institutionsübergreifend zu bearbeiten. In Kooperation mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst haben wir diesen Fachtag ‚An den Grenzen – Umgang mit Verhaltensstörungen und herausforderndem Verhalten im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung‘ geplant, zu dem wir Sie am Freitag, 17.10.2014 im Auhof in 91161 Hilpoltstein ganz herzlich einladen möchten. Unser Ziel ist es, die komplexe Thematik ‚Verhaltensstörungen‘/ ‚herausforderndes Verhalten‘ im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung aus möglichst vielen Perspektiven und praxisnah zu beleuchten. Nach den einführenden Vorträgen im Plenum möchten wir Ihnen am Nachmittag im Rahmen von parallel stattfindenden Workshops die Möglichkeit eröffnen, arbeitsteilig in kleiner Runde spezifische Aspekte des vielschichtigen Themas genauer zu bearbeiten. Wir freuen uns Ihnen für den Nachmittag 23 Workshops zur Auswahl bieten zu können, die je spezifische Aspekte des Themas beleuchten. Wir würden uns freuen, Sie zu unserer Fachtagung begrüßen zu dürfen und verbleiben bis dahin mit den besten Grüßen Georg Bauer Renate Merk‐Neunhoeffer (St. Nikolaus‐Schule, Erding) (Comenius‐Schule, Auhof) Dr. Wolfgang Dworschak Dr. Christoph Ratz (LMU München) (Universität Würzburg) Prof. Dr. Erhard Fischer Ullrich Reuter (Universität, Würzburg) (Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg) Rita Freund‐Schindler Brigitte Schindler (Evangelische Schulstiftung i. B., Nürnberg) (Lebenshilfe Landesverband Bayern e. V., Erlangen) Rainer Kühlewind Liane Schreiber (Comenius‐Schule, Auhof) (Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg) Elfriede Meier Norbert Witt (Cabrinischule, Offenstetten) (Dt. Caritasverband Landesverband Bayern e. V., München) in Kooperation mit: Ltd. RSchD Gerhard Kleindiek MR Erich Weigl (Regierung von Mittelfranken, Ansbach) (StMBW, München) 2 Programmablauf ab 9:00 Anmeldung im Tagungsbüro, Kaffee 10:00 Begrüßung und Grußworte Andreas Ammon (RDB GmbH Auhof – Wohnen, Lernen Arbeiten, Auhof) Renate Merk‐Neunhoeffer (Comenius‐Schule, Auhof) MR Erich Weigl (StMBW, München) 10:15 Einführung in das Thema Dr. Wolfgang Dworschak (LMU München) und Dr. Christoph Ratz (JMU Würzburg) 10:25 Vortrag: Verhaltensstörungen/ psychische Störungen bei geistiger Behinderung – wie gehen Pädagogen damit um? Prof. Dr. Theo Klauß (PH Heidelberg) 11:10 Vortrag: Verhaltensstörungen/ psychische Störungen bei geistiger Behinderung – wozu braucht es klinische Behandlungskonzepte? Prof. Dr. Klaus Sarimski (PH Heidelberg) 11:55 – 12:25 Aussprache und Diskussion Moderation: Dr. W. Dworschak und Dr. C. Ratz 12:30 – 13.25 Mittagspause 13:30 – 14:30 Parallele Workshops (bei Anmeldung bitte auswählen) 14:30 – 14.50 Kaffeepause 14:50 – 15.50 Parallele Workshops (bei Anmeldung bitte auswählen) 16:00 Abschlussplenum Moderation: Dr. W. Dworschak und Dr. C. Ratz 16:50 Verabschiedung Renate Merk‐Neunhoeffer (Comenius‐Schule, Auhof) 17.00 Ende 17.10 Abfahrt der Shuttlebusse 3 Workshops WS 1 Rechtsfragen bei herausforderndem Verhalten Ute Coulman Herausforderndes Verhalten – eine rechtliche Orientierung zwischen Aufsichtspflicht und Selbstschutz In diesem Workshop werden Möglichkeiten aufgezeigt, mit aggressiven, übergriffigen, gewalttätigen oder sexuell belästigenden Klienten rechtssicher umzugehen und auf eine souveräne und fachkompetente Weise Grenzen zu setzen. Gerade gegenüber vermindert schuldfähigen Tätern fällt dies oft schwer. Voraussetzung dafür ist aber seine Rechte zu kennen, um dann klare Positionen einzunehmen, damit weitere Konflikte daraus vermieden werden können. WS 2 Junge Menschen stark machen. Der Mobile sonderpädagogische Dienst Beruf und Arbeit und andere Unterstützungssysteme. Dr. Harald Ebert „Die Junge Wilden“, dieses Synonym hat sich in der Reha‐Berufsbildungslandschaft eingebürgert für Menschen, die wegen ihres Verhaltens durch alle Raster fallen. Sie brauchen sehr viel Aufmerksamkeit und sind kaum in Arbeitsprozesse einzubinden. Immer häufiger findet deren berufliche Rehabilitation in Werkstätten für behinderte Menschen statt. Vor dem Hintergrund einer sich entwickelnden inklusiven Bildungslandschaft sind dementgegen Unterstützungsstrukturen in den allgemeinen Institutionen zu entwickeln. Bei Bedarf muss stellvertretend der Teilhabeanspruch an Bildungsprozessen eingefordert und langfristig abgesichert werden. Dieser Aufgabe stellt sich u. a. das Don Bosco Beratungszentrum, das im Kern vom mobilen sonderpädagogischen Dienst (MSD) Beruf und Arbeit umgesetzt wird. Im Kontext des in der UN‐Behindertenrechtskonvention zugesagten Menschenrechts auf gesellschaftliche und berufliche Teilhabe fordern behinderte Strukturen z.B. körperliche, psychische und seelische Dispositionen und schwierige Lebenslagen zu Unterstützungen heraus, die das System Schule weit überschreiten. Bestehende Benachteiligungen geht das ambulante Beratungszentrum Don Bosco z. B. im Bereich der beruflichen Orientierung, später der Begleitung an, zugleich werden Zugänge in die Unterstützungssysteme der Jugendhilfe und der beruflichen Rehabilitation gesucht und geebnet. 4 WS 3 „Hardcoreschüler und ‐schülerinnen in der Kuschelschule“ Ein Überblick über Konzepte und Maßnahmen im Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Schülern und Schülerinnen am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung aus dem Arbeitskreis in Mittelfranken, Bayern Maike Harnack und Christoph Langenhorst Das Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (FzgE) vermittelte bisher häufig den Eindruck eines Schonraumes (Kuschelschule). Es ist zu beobachten, dass sich die traditionell immer schon heterogene Schülerschaft dahingehend verändert, dass es zunehmend mehr Schüler mit hohem, vorrangig sozial‐emotionalem Förderbedarf gibt; d.h. Schüler, die anderen Menschen mit disziplinlosem oder gewaltbereitem Verhalten begegnen (so genannte Hardcoreschüler), die uns als Lehrkräfte mit ihrem Verhalten herausfordern, neue Konzepte in der (sonder‐) pädagogischen Arbeit zu suchen und anzuwenden. Im Austausch im Arbeitskreis Hardcoreschüler und –schülerinnen in der Kuschelschule zeigte es sich als besonders problematisch, dass bestehende Konzepte aus anderen sonderpädagogischen Fachrichtungen bzw. aus der Regelschule durch ihre oftmals hohen kognitiven und sprachlichen Anforderungen am FzgE in der Regel nicht direkt umsetzbar waren. So entstand eine Sammlung als Versuch, geeignete Konzepte bzw. Maßnahmen zur Prävention* und Intervention** bei herausforderndem Verhalten am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zusammenzustellen, die überwiegend in der praktischen Arbeit am FzgE erprobt wurden oder beispielhaft in einer Einrichtung bestehen. Im Workshop werden einzelne Konzepte je nach Anfrage der Teilnehmer vorgestellt. * z.B. Sozialzielekatalog, KlasseTeam, Locker bleiben, Faustlos, Streitschlichter, Klassenrat ** z.B. Schulstation, Hausordnung, Verträge, KEB WS 4 Grenzwahrender Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die sich herausfordernd verhalten – ein Entwicklungsprozess in Schule und Tagesstätte Isabel Wernekke Auf dem Hintergrund des Modells der lernenden Organisation wird berichtet, wie sich Lehrkräfte und Mitarbeitende der heilpädagogischen Tagesstätte des Heilpädagogische Zentrums Amberg mit dem Thema „Kinder und Jugendliche mit herausforderndem Verhalten“ beschäftigen. Ausgehend von Vorgaben des Leitbildes stehen in diesem Prozess Maßnahmen der Personalentwicklung im Vordergrund. Grundlage hierfür ist ein System von einrichtungsinternen Arbeitskreisen, themenorientierten Teambesprechungen und Fortbildungen. 5 WS 5 Die Arbeitsweise des „Beraterteams psychologisch belastete Schüler“ Mittelfranken anhand eines Fallbeispiels Simone Rabe und Liane Schreiber Zunehmend rücken psychische Belastungen auch bei Kindern und Jugendlichen am Förderzentrum mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in den Fokus. Das Ausmaß ihrer Beeinträchtigungen ist häufig so groß, dass ihre emotionale, schulische und psychosoziale Entwicklung nachhaltig beeinflusst wird. Zudem belasten ihre Schwierigkeiten meist nicht nur sie selbst, sondern auch die Klasse und den Lehrer. Das „Beraterteam psychisch belastete Schüler“ Mittelfranken konstituierte sich aus einer bayernweiten Qualifizierungs‐ maßnahme für Lehrkräfte für Sonderpädagogik des Kultusministeriums in Zusammenarbeit mit den Direktoren der Kliniken für Kinder‐ und Jugendpsychiatrien München, Würzburg, Landshut und Regensburg. Das Beraterteam trifft sich regelmäßig zu Fallbesprechungen, konzeptioneller Weiterarbeit, Fortbildung und kommt auf Anfrage als Tandem an die anfordernden Schulen in Mittelfranken. Wir bieten Unterstützung im Umgang mit psychisch belasteten Kindern und Jugendlichen, die sich grundsätzlich am Einzelfall orientiert. In einer Art kollegialen Beratung wird gemeinsam ein Blick auf den Schüler, sein Verhalten und die Hintergründe geworfen, die Problematik im situativen Kontext erörtert, die bestehenden Strukturen in Klassenzimmer und Schule reflektiert und Interventionsmöglichkeiten bzw. Fördermaßnahmen auf der Grundlage der Beobachtungen in der Hospitation erarbeitet. In dem Workshop wird diese Arbeitsweise anhand eines Fallbeispiels im Plenum durchgeführt. WS 6 Ohne Familie geht nichts! Wie kann die Einbindung der Familien gelingen? Dr. Roland Ebner Kinder mit herausforderndem Verhalten stellen sowohl die Förderschule als auch die Kinder‐ und Jugendpsychiatrie und ‐psychotherapie vor besondere Herausforderungen. Auf das Kind alleine zentrierte Interventionen sind oft nur wenig wirksam. Internationale Studien ergeben übereinstimmend: Die Einbindung der Bezugspersonen ist entscheidend. Der Workshop bietet eine Einführung in bewährte und im schulischen Rahmen einsetzbare pädagogisch‐therapeutische Konzepte für die Einbindung der Bezugspersonen. 6 WS 7 Integrationshelfer: Chancen und Risiken für die Bildung und Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Verhaltensstörungen. Prof. Dr. Reinhard Markowetz Schülerinnen und Schüler mit Verhaltensschwierigkeiten und gravierenden Verhaltensstörungen belasten in nicht unerheblichem Maße unsere Schulen und fordern die dort tätigen Lehrpersonen enorm heraus. Nicht selten führen selbst‐ und fremdgefährdende Verhaltensweisen zu Schulausschluss, bedingen und rechtfertigen ein vorübergehendes Ruhen der Schulpflicht und schränken das Grundrecht auf Bildung und Teilhabe Nachdenkens Wert ein. Eingliederungshilfen und Maßnahmen der Jugendhilfe (SGB XIII) zielen darauf ab solche Probleme zu lösen. Integrationshelfer sollen die Lehrerinnen und Lehrer entlasten und tatkräftig unterstützen. In den letzten Jahren ist der Einsatz solcher Kräfte an Förderschulen wie an allgemeinen Schulen sprunghaft gestiegen. Über Effekte und Wirksamkeiten wird allerdings noch genau so spekuliert wie darüber, welche Aufgaben diesen Helfern zukommen sollten und welche Funktionen diese Assistenten erfüllen müssten, damit das gesetzlich verbriefte Recht auf Bildung und die soziale Teilhabe in unserem Schulsystem eingelöst werden kann. In dem Workshop werden ausgehend vom Personenkreis zunächst die Problem der Praxis entfaltet, dann im Spiegel der Münchner Begleitforschungen erste wissenschaftliche Ergebnisse und Erfahrungen aus Modellprojekt „Integrationshelfer in der inklusiven Schule“ referiert und mit Blick auf Chancen und Risiken diese Unterstützungssysteme kritisch reflektiert. Am Ende soll konstruktiv diskutiert werden, ob und welche Leistungs‐und Qualitätsstandards chancengleiche Bildung und nachhaltige soziale Teilhabe für diesen schwierig zu beschulenden Personenkreis sichern könnten und wie diese sich flächendeckend in die Praxis implementieren und verlässlich umsetzen lassen würden. WS 8 Psychische Störungen und herausforderndes Verhalten bei Menschen mit schwerer Mehrfachbehinderung Dr. Christian Walter‐Klose Im Rahmen des Workshops „Psychische Störungen und herausforderndes Verhalten bei Menschen mit schwerer Mehrfachbehinderung“ werden praxisnah verschiedene Formen von herausfordernden Verhaltensweisen (z.B. selbst‐ und fremdverletzendes Verhalten) und psychischen Störungen (z.B. Depression, Schizophrenie) vorgestellt und Erscheinungsformen bei Menschen mit mehrfacher Behinderung beschrieben. Neben der Auseinandersetzung mit Ursachen psychischer Störungen werden Möglichkeiten der Prävention und pädagogischen Intervention für diesen Personenkreis aufgezeigt und Anpassungserfordernisse im Bereich der Schul‐, Wohn‐ und Lebenssituation dargestellt. 7 WS 9 Das Heilsbronner Modell zur kollegialen Beratung – Eine Möglichkeit zur Unterstützung, im Umgang mit herausforderndem Verhalten in der Schule Gerhard Spangler Im Workshop lernen Sie das Heilsbronner Modell zur kollegialen Beratung kennen. Eine kurze Einführung in die Methode der kollegialen Beratung eröffnet den Workshop. Wir wenden uns dann dem Heilsbronner Modell zu und Sie erfahren etwas zu den Anliegen dieser Arbeitsform, den Abläufen und Haltungen/Anliegen dieses Modells. Der zeitliche Rahmen ermöglicht kein Ausprobieren des Modells. Trotzdem werden wir Fälle aus Ihrer Praxis ansprechen. Auch die Implementierung im Schulalltag können wir diskutieren. In einem weiteren Schritt lernen Sie ein Onlineangebot der kollegialen Beratung kennen und können dies anschließend eigenständig nutzen – www.kokom.net . Alle Arbeitsmaterialien bekommen Sie vor Ort, sodass Sie das Modell auch in entsprechender Anzahl für Ihre Schule/KollegInnen mitnehmen können, denn kollegiale Beratung ist nicht nur ein Instrument der Personalentwicklung, sondern beeinflusst auch die Schulkultur positiv und stärkt Ihre Person bei den alltäglichen Herausforderungen, die die Schule mit sich bringt. WS 10 Aggressionen und Gewalt: Was kann man für die Mitarbeiter tun? Thomas Spaett Immer häufiger werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Begleitung von Menschen mit geistiger Behinderung mit Aggression und Gewalt konfrontiert. Nicht selten führt dies auch zu physischen und psychischen Verletzungen. Während in der Diskussion oft Umgangskonzepte mit Schülern, Klienten oder Bewohnern im Vordergrund stehen, sollen in diesem Workshop allein die Mitarbeiter in den Mittelpunkt gestellt werden: Was machen Gewalterfahrungen mit den Mitarbeitern? Wie kann man professionell damit umgehen? Braucht es Krisenintervention für Mitarbeiter? Der Workshop wird so gestaltet sein, dass neben einem kurzen fachlichen Input auch die persönlichen Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren Platz finden. 8 WS 11 Modell der Stütz‐ und Förderklasse am FZgE, Au am Inn Thomas Meier, Sabine Thalmaier Durch eine Erweiterung und Spezialisierung des angeschlossenen Wohnheims auf Kinder und Jugendliche mit einer geistigen Behinderung verbunden mit schwersten psychischen Störungsbildern (massive Aggression / Autoaggression, dissoziales Verhalten, Zwänge etc.) wurde es notwendig, das Schulkonzept der Franziskus‐von‐Assisi‐Schule, Au am Inn zu überarbeiten. In Zusammenarbeit mit dem Bezirk und der Regierung von Oberbayern wurde das Konzept der „Stütz‐ und Förderklasse am FZgE“ entwickelt. Dieses Modell soll die Beschulung von Schülerinnen u. Schülern sicherstellen, die an ihren bisherigen Schulstandorten, trotz der Ausschöpfung aller gemeinhin vorhandenen pädagogischen Maßnahmen und Möglichkeiten und des Einsatzes von Schulbegleitern nicht im üblichen Rahmen einer Klasse beschult werden konnten u. daher z.T. bereits über einen längeren Zeitraum hinweg die Schule nicht mehr besuchen konnten. Neben einem kurzen historischen Abriss der Entwicklung sowie der Klärung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen soll im Workshop auch die praktische Arbeit mit den derzeitigen Konzepten der Stütz‐ und Förderklasse in Au am Inn vorgestellt werden. Eine Diskussion über Chancen und Grenzen des Modells der SFK am FZgE bildet den Abschluss. WS 12 Trauma und geistige Behinderung Maria Johanna Fath Trauma und Posttraumatische Belastungsstörung bei Kindern und Jugendlichen im pädagogischen Alltag Viele Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung leiden an Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und sind deshalb in ihrer Entwicklung, zusätzlich zu sonstigem Umgang mit ihrer Lebensgeschichte, schwerwiegend und umfassend beeinträchtigt. Sie brauchen pädagogische Begleiter, die bestimmte Verhaltensweisen als Folgen traumatischer Erfahrung erkennen, und die sie dabei unterstützen, die Störungen zu überwinden. Ein Basiswissen über Auswirkungen traumatischer Erfahrungen ist für den pädagogischen Alltag ebenso wichtig, wie das Wissen darüber, welches Verhalten der Begleiter hilfreich ist. In diesem Workshop werden in Theorie und Praxis einige Möglichkeiten aufgezeigt, wie ressourcenorientiert und traumazentriert in der Pädagogik mit posttraumatischen Störungen wirksam umgegangen werden kann. 9 WS 13 Ludwig Färber und d Michaela K Kleindiek KlasseTeeam wurd de an de er Universsität Mün nchen im Auftrag des baye erischen Staatsm ministeriumss für Unterricht und Kultus en ntwickelt. Es E ist ein LLehrertraining zur Förderu ung sozio‐em motionaler Kompetenzzen und zurr Prävention n von Verhaaltensstörun ngen im Schulaltter. Fachkrääfte in Bildu ungseinrichttungen jedeer Art stehe en heute vor großen Heerausforderungen. Kinder sollen zu möglichst selbbstverantwortlichen, kooperatiionsfähigen n und lernkom mpetenten Menschen erzogen w werden. Ess gilt, aggressive Kinnder zu brremsen, traurigee Kinder zu u trösten, schüchternne Kinder einzubezieh hen, gelanggweilte Kin nder zu motivieren, Streith hähne zu trrennen, jeddes Kind ind dividuell zu fördern unnd das am besten alles gleeichzeitig. Klasseteeam bietet Lehrkräften die Mög lichkeit ausszuprobiere en, wie sie herausford dernden Situatio onen mit einer positive en Haltung und geeigneten päda agogischen Mitteln be egegnen können. In dem Workshop möchten wir w Ihnen Innhalte und Arbeitsweise des Konnzepts KlassseTeam vorstelleen und anhand von praktischenn Beispielen n zeigen, wie w „KlasseTTeam‐Werkkzeuge“ auch od der gerade bei Schüle ern und Schhülerinnen mit einem hohen sonnderpädagogischen Förderb bedarf eingeesetzt werd den können.. WS 14 Schüler, die uns stören, verste hen lernen... Prof. Drr. Erhard Fisscher In Schullen bzw. Klaassen mit Kiindern und Jugendliche en mit dem Förderschw werpunkt G Geistige Entwickklung gibt ess zunehmen nd Kinder u nd Jugendliiche, die uns stören unnd auffallen und dann alss „auffällig““, „gestört“ oder psychhisch krank e eingeordnet werden. EEs geht um Schüler,, die keinen n oder nur schwer Konttakte zu ihren Mitmenschen sucheen und find den, sich häu ufig von ihreer Außenwe elt abkapse ln, hyperakktiv umherirrren oder ei n zwanghafftes und stereotypes Veerhalten zeigen, und d ie in Folge d die Lehrpersonen imm mer wieder vvor Rätsel sstellen, weil ihr Verhaltten nur schw wer einzuscchätzen ist u und erzieheerische Ansäätze nicht einfach zu fin nden sind. In dem Seminar soll gemeinsaam nach Mööglichkeiten n gesucht werden, diesses Verhalte en nicht nur diaggnostisch eiinzuordnen, sondern aausgehend vvon der indiividuellen LLebensgesch hichte als Ausd druck subjektiven Erleb bens und Beefindens zu verstehen. 10 WS 15 Wenn Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung verhaltensauffällig sind ‐ Konzepte und Praxisimpulse: Hintergründe, Zielsetzungen und Einsatzmöglichkeiten der neuen ISB‐Handreichung Nadine Heldrich, Thomas Miller und Stefanie Praxl Die neue ISB‐Handreichung möchte Lehrkräften und Schulleitungen an Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Unterstützung bieten bei der Gestaltung von Unterricht und Schulleben für Schüler/innen mit Verhaltensauffälligkeiten und/oder einer psychischen Erkrankung. Sie versteht sich als breit angelegtes Nachschlagewerk, greift Fragestellungen auf, die sich angesichts der besonderen Lernbedürfnisse dieser Schüler/innen ergeben und stellt exemplarisch Lösungsansätze vor, die Schulen und Lehrkräfte an bayerischen Schulen entwickelt haben. Die auf der beiliegenden DVD enthaltenen Filmbeispiele bieten konkrete Einblicke in die unterrichtliche Wirklichkeit und können so der Reflexion der pädagogischen Herausforderung auch im Rahmen von Teambesprechungen, Konferenzen und Fortbildungen dienen. Alle Autorinnen waren Teilnehmerinnen der zweijährigen Fortbildungsinitiative „Steigerung der Professionalität im Umgang mit psychisch belasteten Kindern und Jugendlichen“, die vom Bayerischen Bildungsministerium in Zusammenarbeit mit den Kliniken für Kinder‐ und Jugendpsychiatrie durchgeführt wurde. WS 16 „Locker Bleiben“ – Sozialtraining für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Dorothea Bräutigam Vorgestellt wird das Konzept „Locker Bleiben“, das aus der sozialen Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung entstand. Zielgruppe sind Schüler, die zusätzlich einen hohen emotional‐sozialen Förderbedarf aufweisen. Deren massives Streiten, Ärgern und Stören machte vor Jahren geordneten Unterricht nahezu unmöglich, so dass wir aus der Not des Alltags heraus begannen, das Konzept zu entwickeln. Im Vordergrund stehen dabei handlungsorientierte Methoden zum sozialen Lernen und zur Gewaltprävention stark beeinflusst durch Psychomotorik und Erlebnispädagogik. Der Workshop ist sowohl für ein erstes Kennenlernen des Konzepts geeignet als auch zur Klärung eventueller Fragen, die bei Teilnehmern aufgekommen sind, die bereits aufgrund der Publikationen oder einer Fortbildung mit dem Programm arbeiten. Aufgrund der knappen Zeitplanung erwartet die Teilnehmer ein theoretischer Input mit Filmbeispielen und evtl. eine praktische Übung aus dem Programm. 11 WS 17 Akutstationäre Versorgung für Kinder und Jugendliche mit Schwer‐ und Mehrfachbehinderung – Das Konzept der Klinik am Greinberg Dr. Jürgen Seifert Die Klinik am Greinberg hat die Behandlung seelischer Störungen bei jungen Menschen mit Behinderungen zur Aufgabe. Kinder und Jugendliche mit schwergradiger Seh‐ oder Hörbehinderung, Körperbehinderung sowie Intelligenzminderung finden Aufnahme, wenn sich aufgrund einer psychischen Störung die Notwendigkeit für eine stationäre Diagnostik und Behandlung ergibt. Diagnostik, Therapie und Rehabilitation werden durch ein interdisziplinäres Team geleistet. Der klinische Alltag ist geprägt durch eine enge Verknüpfung medizinischen, therapeutischen und heilpädagogischen Arbeitens. Dies ermöglicht es, berufsgruppenübergreifend Erkenntnisse zu reflektieren, Ideen zu diskutieren und Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Daraus lassen sich individuell angepasste Unterstützungssysteme für jeden einzelnen Patienten mit den Zielen der Symptomminderung, ggf. Heilung sowie Verbesserung der Teilhabefähigkeit und Lebensqualität entwickeln. In diesem Workshop soll das Konzept der Fachklinik praxisorientiert vermittelt und zur Diskussion gestellt werden. WS 18 Verhaltensorientierte Diagnostik bei auffälligem Verhalten Prof. Dr. Klaus Sarimski In dem Workshop sollen die Teilnehmer in kompakter Form mit den einzelnen Schritten einer systematischen Analyse der Auftretenszusammenhänge von auffälligem Verhalten bei Schülern mit GB vertraut werden. Dabei werden störungsspezifische Verhaltensfragebögen ebenso vorgestellt wie ein Leitfaden zur Analyse von Auslösebedingungen und aufhaltenden Konsequenzen sowie verfügbaren alternativen Verhaltenskompetenzen, aus denen dann eine Arbeitshypothese zu den Zusammenhängen der problematischen Verhaltensweisen und eine Planung von Interventionsmaßnahmen abgeleitet werden kann. Die diagnostische Vorgehensweise wird an Einzelfallbeispielen illustriert. 12 WS 19 Physische Intervention ‐ Schutz vor Verletzung (von MA und Betreuten) bei selbst‐ oder fremdverletzendem Verhalten Dieter Grasruck Oftmals werden wir in unserer Arbeit mit Verhalten konfrontiert, welches uns unter Stress setzt. Wir werden festgehalten, getreten oder gar geschlagen und gezwickt. Solche Erfahrungen gehen unter die Haut und machen uns oft hilflos, verzweifelt und am Ende auch wütend. Neben einem kurzen theoretischen Input werden in diesem Workshop hauptsächlich Techniken vorgestellt, die uns befähigen in diesen schwierigen Situationen überlegt und sicherer vorzugehen, um somit Eskalationen zu vermeiden. Die Wahrung der Würde beider an dem Prozess beteiligten Personen ist eines der Ziele dieser Übungen. WS 20 Autismus und herausforderndes Verhalten Dr. Karolin Gruber Im Fokus des Workshops stehen besonders herausfordernde Verhaltensweisen wie (Auto‐)Aggression, Wut und Ärger, Schwierigkeiten bei der Kommunikation, Selbststimulation usw. von Schülerinnen und Schülern mit Autismus. Dabei werden der Zusammenhang von Autismus und herausforderndem Verhalten näher beleuchtet, Erklärungsansätze und denkbare Funktionen bzw. Bedeutungen der herausfordernden Verhaltensweisen dargestellt sowie Möglichkeiten und Strategien zu einem professionellen pädagogischen Umgang in herausfordernden Situationen mit Schülerinnen und Schülern mit Autismus diskutiert. Die Veranstaltung bietet auch die Möglichkeit, eigene Fälle bzw. Fragen zu besprechen sowie konkrete Probleme im Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen zu analysieren. 13 Die Workshops 21 bis 23 sind auf die Dauer beider Zeitschienen angelegt. Beim Besuch einer dieser Workshops kann kein zweiter Workshop besucht werden. WS 21 Zusammen arbeiten – Teamstrukturen und Kommunikation über Aufgaben im Team Bea Federl Viele Aufgaben in unserem Arbeitsbereich werden im Team gelöst. Verschiedene Personen mit unterschiedlicher oder auch gleicher Profession finden Lösungen, beleuchten Probleme, bewältigen Krisen. Dies kann auf der Basis von Freude am Austausch und Fachkompetenz „einfach“ gelingen. Bei zunehmend anspruchsvolleren Fragestellungen ist es aber auch nützlich, Informationen über Strukturen und Kommunikation in Teams zu haben und Methoden zu kennen, die die Zusammenarbeit erleichtern. In diesem Workshop sollen Sie Beispiele für mögliche Rollen und Konstellationen in Teams bekommen, die Sie dabei unterstützen können Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Teams besser zu verstehen und konstruktiver und vielleicht mit mehr Leichtigkeit zu nutzen. Im zweiten Teil wird es darum gehen, welche „Schnellstraßen“ oder „Staus“ in der Kommunikation Lösungen oder Klärung bei konkreten Fragen eher im Wege sind und was man in welchem Rahmen berücksichtigen kann, will man dem entgehen. WS 22 „Stärke statt Macht“ im Alltag mit verhaltensschwierigen Menschen mit einer geistigen Behinderung – Möglichkeiten und Grenzen des Übertrags von Haim Omers Konzept Peter Grau, Anne Wayand, Gabriele Zehendner Ausgehend von den Erfahrungen aus einem Sonderpädagogischen Förderzentrum, das mit dem Konzept „Neue Autorität“ nach Haim Omer schon seit drei Jahren Erfahrungen sammelt, wird gemeinsam mit den TeilnehmerInnen der Übertrag in den pädagogischen Alltag der Menschen mit geistiger Behinderung und Verhaltensauffälligkeiten versucht. In der ersten Workshopphase wird anhand eines Vortrags Einblick gegeben in Grundhaltung und Erfahrungen in der praktischen Umsetzung. Im zweiten Teil werden darauf aufbauend konkrete Praxisbausteine erarbeitet. Wir gehen davon aus, dass Überlegungen in drei Dimensionen wirksam werden müssen: > Interindividuell (meine pädagogische Sicht und Haltung) > Mikrokosmos (kleine soziale Einheit in Klasse / Wohngruppe / …) > Makrokosmos (Schule, Wohnheim, ..) 14 WS 23 Wie kann Schule gelingen? Prävention von sozialen und emotionalen Störungen in der Schule Dr. Edith Wölfl In dem Workshop wird dargestellt, dass soziale und emotionale Störungen nicht einfach durch mehr oder weniger geschickte Reaktionen oder Konsequenzen abgestellt werden können. Stattdessen ist ein Prozess der allmählichen Reduzierung von Störungen durch den Aufbau eines Hilfesystems für emotionale und soziale Nöte von allen Beteiligten auf den Weg zu bringen. Die Prävention von Störungen ist somit nicht Sache nur der einzelnen Lehrkraft, sondern Aufgabe der gesamten Schule. Die Wechselwirkungen von Problemen im Kind, in seinen familiären Beziehungen und im Umfeld, also der Schule, werden dargestellt. Der besondere Schwerpunkt des Workshops liegt dabei auf Unterrichtsprinzipien, die dem Kind, der Klasse und somit auch der unterrichtenden Lehrkraft Halt und Sicherheit geben. Dies ist die Ausgangsbasis für einen Angst reduzierenden Unterricht, der die Kinder und Jugendlichen sich selbst als erfolgreiche Schülerinnen und Schüler wahrnehmen lässt. Dieser Unterricht ist dann leichter zu gestalten, wenn er in einem schulischen Klima der Stressminimierung und Entlastung stattfinden kann. 15 Einführung in das Thema Zur Prävalenz von Verhaltensstörungen bei Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in Bayern … Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 Repräsentative Beschreibung der Schülerschaft mit dem FsgE in Bayern (im Schuljahr 2009/ 10) N = 1.629, Einschätzung durch die Lehrer Quantitative Fragebogenerhebung Erhobene Aspekte: ‐ sozio‐ und bildungsbiographische Aspekte ‐ Einschätzung nach ICD‐10, Diagnosen, Pflegebedarf ‐ Kommunikation und Sprachentwicklung ‐ Schriftspracherwerb und Mathematik ‐ Verhalten Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz Fragebogen in SFGE basiert auf dem VFE (Verhaltensfragebogen bei Entwicklungsstörungen von Einfeld, Tonge & Steinhausen 2007) Erfassung von Verhaltensstörungen in SFGE „Wenn Verhalten und Emotionen aufgrund ihrer qualitativen oder quantitativen Abweichung abnorm sind und nicht ausschließlich vor dem Hintergrund einer Entwicklungsverzögerung erklärt werden können, wenn sie ferner bedeutsame Belastungen für das Kind, seine Bezugspersonen oder die Gemeinschaft und ebenso eine bedeutsame zusätzliche Beeinträchtigung hervorrufen, dann werden sie als gestört betrachtet“ (ebd., 9) Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz Fragebogen in SFGE basiert auf dem VFE (Verhaltensfragebogen bei Entwicklungsstörungen von Einfeld, Tonge & Steinhausen 2007) Methode • daraus 33 Items (mit ‚hoher Landung‘) • Kodierung der Items mit 0, 1 oder 2 • Summenscore → max. = 66 • Gesamtverhaltensproblemwert (GVPW) • Trennwert bei 10,5 Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz 100 80 47,9 − Gesamtverhaltens‐ problemwert 60 Prozent Verhaltensstörungen < Trennwert > Trennwert 40 52,1 20 0 Gesamtverhaltensproblemwert (GVPW) (aus: Dworschak, Kannwischer, Ratz und Wagner 2012, 156) Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz 100 80 42,5 56,2 − Gendervergleich 60 Prozent Verhaltensstörungen < Trennwert > Trennwert 40 57,5 20 43,8 0 weiblich (n=549) männlich (n=879) (aus: Dworschak, Kannwischer, Ratz und Wagner 2012, 159) Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz 100 80 38,6 44,5 58,5 − 73,2 Prozent Verhaltensstörungen 60 < Trennwert 40 Intelligenzminderung nach ICD‐10 > Trennwert 61,4 55,5 41,5 20 26,8 0 keine IM (n=14) leichte IM (n=501) Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein mittelgradige schwere/ IM (n=529) schwerste IM (n=374) Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz 100 80 46,5 65,9 − Bildungsort Prozent Verhaltensstörungen 60 < Trennwert > Trennwert 40 53,5 20 34,1 0 FzgE (n=1259) Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein Partnerklasse (n=51) Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz 100 18,7 80 49,7 − Schulbegleitung 60 Prozent Verhaltensstörungen < Trennwert > Trennwert 81,3 40 50,3 20 0 S ohne SB (n=1336) S mit SB (n=86) (aus: Dworschak und Baier 2012, 240) Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz Würzburg 17.10.14 S. 1 Prof. Dr. Theo Klauß „Verhaltensstörungen / psychische Störungen bei geistiger Behinderung - wie gehen PädagogInnen damit um?“ Im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, so heißt es in der Einladung, würden PädagogInnen „nicht selten mit ‚Verhaltensstörungen’ und ‚herausforderndem Verhalten’ konfrontiert“ und dadurch in ihrer Arbeit „an die Grenzen“ gebracht. Und „häufiger als früher, so scheint es. Das stelle, so heißt es weiter, „eine besondere Herausforderung in der pädagogischen Praxis dar.“ Vermutlich teilen Sie, die Sie heute hierhergekommen sind, diese Einschätzung, die allerdings verschiedene Fragen aufwirft: Was bringt schulische MitarbeiterInnen an Grenzen, um welche Grenzen handelt es sich? Worin liegt genau die Herausforderung, wozu wird die Pädagogik herausgefordert? Ich fasse das im Titel meines Vortrages so zusammen: Wie gehen PädagogInnen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung mit Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen um? – ergänzt um die Frage, wie dieser Umgang zu optimieren wäre. Dieses Umgehen mit VA und psychischen Störungen definiere ich zunächst als Wahrnehmen (was wird als VA und gestört eingeschätzt?), Erleben (inwiefern wird es beispielsweise als belastend oder gar überfordernd erlebt?), Erklären und Verstehen (welche Ursachen und Bedingungen werden vermutet), als praktischer Umgang damit (bekannte und genutzte Handlungskonzepte), und als Gegenstand kooperativen Handelns (mit wem kooperiere ich wegen des Verhaltens?). Aspekte des ‚Umgangs mit Verhaltensauffälligkeiten’ Wie gehen PädagogInnen also in diesem Sinne mit Verhaltensauffälligkeiten um – und wie könn(t)en sie das tun? Ich werde dabei auch Ergebnisse einer Erhebung nutzen, an der sich 229 LehrerInnen aus BW (schriftlich) und dem ganzen Bundesgebiet (online) vom Förderschwerpunkt geistige Entwicklung beteiligt haben. Sie äußern sich zu 1260 SchülerInnen. Die Wahrnehmung auffälligen und gestörten Verhaltens Welches Verhalten empfinden wir als auffällig oder gar gestört? Zunächst ein kleiner Text dazu, dass nicht jedes ‚auffällige’ Verhalten verhaltensauffällig ist: Würzburg 17.10.14 S. 2 Wenn ein Mensch fünfundzwanzigmal mit gleichartigen Bewegungen mit gleichmäßig verkrampftem Gesichtsausdruck mit gleichbleibender Geschwindigkeit denselben Weg entlang rennt und dann unter Grimassenschneiden erschöpft zusammenbricht, nennen wir, die Fachleute, das eine Stereotypie. Andere, ebenfalls Fachleute ihrer Profession bejubeln ihn als Weltrekordler im Zehntausendmeterlauf Also: Wenn sich jemand ständig im Kreis dreht, ist das schon gestört, oder? Wenn ich vor Langeweile Däumchen drehe, oder wenn ich in der Disco ständig hektische Bewegungen reproduziere? Man sieht dem Verhalten sozusagen nicht gleich an, ob es ein gestörtes ist. Das hängt ab. Von den Umständen. Von dem, was ich erwarten würde. Oder was mich stört oder freut. Unser ‚Umgehen’ mit VA beginnt also mit der Art und Weise, wie wir diese wahrnehmen: Im Begriff ‚Verhaltensauffälligkeiten’ kommt das zum Ausdruck: Verhalten, das uns auffällt. Oder ‚Problemverhalten’: Verhalten, das als Problem erlebt wird – von den Menschen selbst, von Mitmenschen und PädagogInnen. Es geht um Einschätzungen. Deshalb lässt sich auch kaum feststellen, wie viele ‚tatsächliche’ VA vorkommen. Verhalten kann unterschiedlich auffallen und gestört oder problematisch erscheinen. Ergebnisse zur Wahrnehmung auffälligem Verhaltens Welches Verhalten erleben die LehrerInnen bei ihren SchülerInnen – und was (davon) nehmen eigentlich als ‚verhaltensauffällig’ wahr? Die Einschätzungen dazu sind nicht identisch. Fragt man nur, welches Verhalten ‚auffällt’, so kommen höhere Anteile zustande, als wenn man fragt, wer wegen seines Verhaltens als ‚verhaltensauffällig’ angesehen wird. Verhaltensweisen der SchülerInnen Von vorgegebenen möglichen Verhaltensweisen erleben die befragten Lehrpersonen bei mehr als der Hälfte ihrer SchülerInnen Vermeidungsverhalten (56%) und Probleme beim Eingehen sozialer Beziehungen (51%). Auch Hilflosigkeit/Unsicherheit (43%) rangiert noch vor motorischer Unruhe, die sie bei einem Drittel ihrer SchülerInnen erleben (34%) – etwas seltener und etwa gleich häufig ängstliches Verhalten (31%) und Aggressionen gegen Personen (30%). Es folgen unsoziales Verhalten (29%) vor Stereotypien (27%), depressivem und Rückzugsverhalten (23%) und Aggressionen gegen Sachen (20%). Psychotisches Verhalten Würzburg 17.10.14 S. 3 (Zwang, Wahn etc.) beschreiben sie bei immerhin 18%, SVV bei 16% und Sexuelle Auffälligkeiten bei 9% ihrer SchülerInnen. Welches Verhalten wird als verhaltensauffällig wahrgenommen? Ein breites Spektrum besonderer Verhaltensweisen prägt das Bild von diesem Personenkreis. Doch längst nicht alle genannten Verhaltensweisen veranlassen die Lehrpersonen, ihre SchülerInnen als ‚verhaltensauffällig’ zu bezeichnen. Von 1260 Kindern und Jugendlichen werden 467 so bezeichnet, also ein gutes Drittel (37,1%), und die Verhaltensweisen, die zur Einschätzung der SchülerInnen als ‚verhaltensauffällig’ führen, zeigen deutliche Unterschiede: Am häufigsten gilt als ‚verhaltensauffällig’, wer gegen Sachen (87%) oder Personen (77%) aggressiv ist. Auch psychotisches (77%), selbstverletzendes (73%) und unsoziales Verhalten (72%) sowie Impulsivität (71%) oder Sexuelle Auffälligkeiten (71%) gelten zu etwa ¾ als Merkmale, die zum Label ‚verhaltensauffällig’ beiträgt oder gar ausreicht. Stereotypien (59%), Probleme mit sozialen Beziehungen (59%) und motorische Unruhe (63%) führen bei gut der Hälfte der Betroffenen zu diesem Label. Nur bei weniger als der Hälfte der betroffenen SchülerInnen führen Angst (40%), Hilflosigkeit/Unsicherheit (41%) und Vermeidungsverhalten (49%) dazu, dass sie als verhaltensauffällig eingeschätzt werden, und auch Depression/Rückzug (52%) kaum häufiger. Was ist charakteristisch für VA? Wir haben das noch einmal vertieft durch die offene Frage „Was ist nach Ihrem Verständnis charakteristisch für auffälliges Verhalten?“ Auch hier nennen die LehrerInnen vor allem aggressive Verhaltensweisen, sowohl gegen Sachen als auch gegen Personen (73%) als Hauptmerkmale. Deutlich dahinter rangiert SVV (33% Nennungen) vor dem Fordern von Aufmerksamkeit (32%), Unruhe und Aufmerksamkeitsprobleme (28%) und mangelnde Impulskontrolle (20%) vor besonderer ‚Lautstärke’ (20%). Vor allem ‚herausfordernde’ Verhaltensweisen gelten als charakteristisch für auffälliges Verhalten, also Verhalten, an dem man ‚nicht vorbeikommt’, das ‚nach außen wirkt’ (externalisierend) und einen quasi zwingt, darauf zu reagieren. Verhaltensweisen, die kaum Beachtung und ein darauf Eingehen erzwingen, werden wesentlich seltener mit dem Etikett ‚verhaltensauffällig’ verknüpft. Charakteristisch ist ein ‚Mix’ von Verhaltensweisen Auffälliges Verhalten tritt zudem meist im Mix auf. Wer sich selbst verletzt, zeigt beispielsweise häufig auch Probleme beim Eingehen von Würzburg 17.10.14 S. 4 sozialen Beziehungen (63,5%), Vermeidungsverhalten (60%), Impulsivität (64,1%), motorische Unruhe (55,3%), Aggressionen gegenüber anderen Menschen (53,3%) und Stereotypien (50,6%). Psychotische Verhaltensweisen beobachten LehrerInnen häufig zusammen mit Problemen beim Eingehen von sozialen Beziehungen, Stereotypien, Impulsivität, Vermeidungsverhalten und motorischer Unruhe. Bei SchülerInnen mit Aggressionen gegen andere Menschen werden mehrheitlich auch Aggressionen gegen Gegenstände (54,3%), unsoziales Verhalten (56,4%), Impulsivität (71,8%), Vermeidungstendenzen (60,1%) und Schwierigkeiten beim Eingehen sozialer Beziehungen (65,3%) beobachtet. Unterschiede zwischen verschiedenen Personengruppen Schließlich finden sich auffallende und störende Verhaltensweisen keineswegs gleichermaßen bei allen SchülerInnen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Zwischen dem Grad der geistigen Behinderung und der Einschätzung als ‚verhaltensauffällig’ gibt es zunächst keine besonderen Zusammenhänge. Bei einzelnen Verhaltensweisen gibt es aber deutliche Unterschiede: Bei den (ca. 5% der) SchülerInnen, die als nicht geistig behindert eingeschätzt werden, finden sich häufiger ‚unsoziales Verhalten’ (44% vs. 29%), Depression und Rückzug (33% vs. 23%) und Aggressionen gegen Personen (39% vs. 30%). Dagegen nennen die Befragten bei SchülerInnen mit geistiger Behinderung häufiger Stereotypien (8% vs. 28%), psychotisches Verhalten (8/18), Angst (23/31) und sexuelle Auffälligkeiten (9/4). Insgesamt werden 37% der SchülerInnen als ‚verhaltensauffällig’ bezeichnet, jedoch 42% derer mit Migrationshintergrund. Der Unterschied ist hochsignifikant. Haben VA zugenommen? Schließlich gibt es eine große Übereinstimmung in der Einschätzung, dass „sich […] der Anteil an SchülerInnen mit Verhaltensauffälligkeiten im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung verändert [hat] (seit 2000)“, 77% sehen das so. Wieder werden vor allem die ‚externalisierenden’ Verhaltensweisen als zunehmend erlebt: 44% sagen, Aggressionen haben zugenommen, es folgen Unruhe und Aufmerksamkeitsprobleme (16%), mangelnde Sozialkompetenz (15%) und geringe Regelakzeptanz (10%), sowie mangelnde Impulskontrolle und das Einfordern von Aufmerksamkeit (je 8%). Würzburg 17.10.14 S. 5 Überlegungen zur Wahrnehmung auffälligen/ gestörten Verhaltens Was ließe sich in Bezug auf die Wahrnehmung von VA optimieren? Vielleicht der Umgang mit den betroffenen SchülerInnen. In der Wahrnehmung eines Verhaltens als ‚gestört’ liegt eine Wertung. Wahrscheinlich ist es hilfreich, hier zu differenzieren: Zunächst das zu sehen, was auffällt. Dann aber vorsichtig zu interpretieren: Der muss ja gestört sein! Damit rechnen, dass das, was mir auffällt, für den Menschen eine positive Bedeutung, einen subjektiven Sinn haben kann. Das lenkt den Blick auf den nächsten Aspekt, das Erklären und Verstehen des Verhaltens. Nicht zu verwechseln mit einem verharmlosenden Schönreden. Verhalten wird für den Betroffenen und für seine Umgebung nicht unproblematisch, wenn wir es ‚verhaltensoriginell’ nennen. Das alleine hilft wenig. Aber wir brauchen Hypothesen über dessen mögliche Bedeutung und Funktion. Die unterschiedliche Wahrnehmung von externalisierendem und internalisierendem Verhalten sollte uns veranlassen, bewusst den Blick auf die Menschen zu lenken, die eher unauffällig auffällig erscheinen (‚internalisierend’). Auch bei ihnen ist zu fragen, aus welchen ‚guten Gründen’ sie sich so verhalten, und was sie von uns an Angeboten und Hilfen brauchen. Die ‚Externalisierenden’ erreichen es viel besser, dass sich LehrerInnen mit ihnen beschäftigen, weil diese sich stärker herausgefordert und auch belastet fühlen. Menschen mit Rückzugsverhalten haben jedoch ein erhöhtes Risiko, mit ihren Problemen nicht wahr- und ernst genommen zu werden. Lassen wir uns davon leiten, wer uns Probleme macht, tragen wir dazu bei, dass es sich keiner leisten kann, unauffällig zu bleiben, wenn er etwas von der Aufmerksamkeit, Zuwendung, Unterstützung und Wertschätzung der Fachleute abbekommen will. Auffälliges und Problemverhalten als ‚Risiko’ Allerdings ist jedes auffällige Verhalten ist mit besonderen Risiken verbunden. Für alle Beteiligten. Seine Folgen und Nebenwirkungen überlagern die eigentlichen Wirkungen, um die es den Menschen möglicherweise geht, bei weitem. Es kann zur Selbstschädigung führen – und zu negativen Wirkungen seitens anderer Menschen. Zu den Risiken auffallenden Verhaltens gehört, dass es die soziale Integration deutlich erschwert. Das gilt wiederum vorrangig für externalisierende Verhaltensweisen. Fragt man, wie sich diese auf die soziale Integration in der Klasse auswirken, so dominieren Aggressionen gegen Menschen (98% ‚hinderlich’) vor der mangelnden Impulskontrolle (89%), unsozialem Verhalten (88%), sexuellen Auffälligkeiten (88%) und Aggressionen gegen Sachen (86%). Risiken für die ‚auffälligen’ SchülerInnen liegen auch darin, dass ihr Lernen, ihre Beteiligung und Zugehörigkeit, ihr Ansehen, ihr Akzeptiert- und Einbezogenwerden beeinträch- Würzburg 17.10.14 S. 6 tigt sein und damit ihr Wohlbefinden, ihre Entwicklung und Bildung belastet sein können. Das Erleben auffälligen und gestörten Verhaltens SchülerInnen mit VA haben offenbar ein erhöhtes Risiko, als Belastung empfunden zu werden – mit den entsprechenden negativen abwertenden, womöglich ausgrenzenden Folgen, wobei es auch hier auf die Art des Verhaltens anzukommen scheint. Wieder sehen sich LehrerInnen vor allem durch externalisierende Verhaltensweisen belastet, also durch aggressives, demonstratives, herausforderndes Verhalten. Belastung und Überforderung der Lehrkräfte durch VA Auf die Frage „Fühlen Sie sich durch auffälliges Schülerverhalten belastet?“ geben 2/3 an, das sei gelegentlich so (62%), und ein Fünftel erlebt dieses als starke Belastung (22%). Allerdings muss dies offenbar nicht so sein. Immerhin 12% sehen darin eher eine pädagogische Herausforderung als eine Belastung. Und oft wird die Belastung zur Überforderung: Zwei von fünf Befragten erleben oft „Situationen, in denen Sie sich wegen des auffälligen Schülerverhaltens überfordert fühlen“ (42%), nur 1% geht das nie so und 55% immerhin ‚selten’. Belastungserleben und Berufserfahrung Womit hängt das Belastungserleben oder gar eine Überforderung zusammen? Wer noch nicht so lange im Beruf ist und keine Inklusionserfahrung hat, erlebt VA seltener als andere als starke Belastung und häufiger als pädagogische Herausforderung: Eine starke Belastung durch VA erleben vor allem die älteren KollegInnen (40% >30 Jahre GE, 32% 20-30 Jahre vs. 25% bei 10-20 und 14% <10 Jahre GE). Bei den ‚jüngeren’ dominiert demgegenüber die Angabe ‚gelegentlicher Belastungen’ (68%) – und dass sie eine Herausforderung darin sehen (14% / 17% / 4% / 7%). Belastungserleben und Qualität der Ausbildung Eindeutig hängt das Belastungserleben bei VA damit zusammen, wie gut man sich in der Ausbildung darauf vorbereitet sieht. Zunächst muss man feststellen Weniger als ein Viertel der Befragten ist der Auffassung, dass sie „Im Rahmen meines Studiums/meiner Ausbildung […] gut auf die Herausforderungen vorbereitet [wurden], die sich im täglichen Umgang mit Verhaltensauffälligen Schülern ergeben können“. Die SoL fühlen sich für VA etwas ‚weniger schlecht’ ausgebildet als die anderen (voll+überwiegend 25% vs. 18%). ‚Ältere’ fühlen sich am wenigsten gut in der Ausbildung auf VA vorbereitet, 36% stimmen der entsprechenden Aussage überhaupt nicht zu gegenüber 21% der jüngsten Gruppe, die zumindest zu 30% „voll“ oder „überwiegend“ Würzburg 17.10.14 S. 7 zustimmen, eine gute Vorbereitung auf dieses Thema erlebt zu haben. Insgesamt sind zwei Drittel (64%) unbedingt der Auffassung, dass „im Hinblick auf das Thema Verhaltensauffälligkeiten bei SchülerInnen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung […]großer Fortbildungs-/Weiterbildungsbedarf der LehrerInnen [besteht], ein weiteres Drittel (34%) sieht das ‚überwiegend’ so. Gefordert werden vor allem Fortbildungen zur Steigerung der Handlungskompetenz (61%), aber auch in Bezug auf einzelne konkrete Verhaltensweisen (18%), psychische Symptome (12%), Autismus (12%) und Hintergründe von auffälligem Verhalten (12%). Wer sich stark durch VA belastet sieht, sieht die Ausbildung noch seltener als die ‚gelegentlich Belasteten’ als gute Vorbereitung an (‚überhaupt nicht’ 30% vs. 21% bei ‚gelegentlich Belasteten’). Wer in VA eher eine Herausforderung sieht, hält sich auch durch die Ausbildung etwas besser dafür vorbereitet (volle bzw. überwiegende Zustimmung: 37% vs. 21% gesamt und 14% bei den ‚stark Belasteten’). Die ‚stark Belasteten’ sehen am häufigsten großen Fortbildungsbedarf (73% vs. 64% ‚gelegentlich Belastete’ und 54% ‚Herausgeforderte’). Überforderung und Kompetenzerfahrung Auch wenn LehrerInnen sich oft überfordert fühlen, fühlen sie sich in der Ausbildung seltener gut dafür ausgebildet (2% ‚stimme voll zu’, 14% ‚stimme überwiegend zu’), als wenn er sich selten überfordert sieht (1% ‚voll’, 24% ‚überwiegend’). Außerdem korrespondiert das Gefühl der Überforderung mit dem Eindruck, der Anteil von SchülerInnen mit VA habe in den letzten Jahren zugenommen: Alle, die sich sehr oft überfordert fühlen, gehen von dieser Zunahme aus. Das Gefühl der Überforderung durch VA stellt sich außerdem mit der Dauer der Berufstätigkeit zunehmend ein. Und es hat offenbar etwas damit zu tun, ob man Handlungskonzepte für wirksam hält – fast unabhängig davon, welche man dabei im Auge hat: Auszeiten, Tokensysteme, Verhaltensverträge, Entspannungsangebote u.a.m. LehrerInnen sehen also durchaus wichtige Kompetenzen bei sich, aber auch starke Belastung bis zur Überforderung und vor allem den Bedarf, sich besser für den Umgang mit VA qualifizieren zu können, besonders durch die Aneignung geeigneter Konzepte. Überforderung und Belastungserleben und Qualität der Kooperation Belastung und Überforderung führen aber auch dazu, dass mehr Kooperation gesucht wird: Bei starker Belastung durch VA finden im Vergleich zu den Befragten mit gelegentlicher Belastung mehr regelmäßige Kooperationen mit Eltern statt (25%/13%), auch mit Kol- Würzburg 17.10.14 S. 8 legen (80/72) und in der Klasse (46% vs. 27%) und mit SPZ (6/3; selten 53 vs. 41). Bei starker Belastung durch VA ist sind die Befragten aber zugleich häufiger unzufrieden als bei gelegentlicher Belastung mit der Kooperation mit den Eltern (18% vs. 12%), ebenso mit den Kollegen (7/3), mit der Schulleitung (8/3), mit der GLK (14/8) und auch innerhalb der Klasse (3/1). Auch mit der SchulsozialarbeiterIn (21/10), mit der PsychologIn (23/8), mit dem psychiatrischen Dienst (31/8) und mit dem SPZ (11/6). Auch wer sich oft überfordert fühlt, kooperiert häufiger regelmäßig mit KollegInnen (82%) als wer sich selten überfordert sieht (73%), ist aber auch eher unzufrieden – mit den internen, vor allem aber den externen Kooperationen, also mit Psychologen, Medizinern, Jugendamt etc. Wie kompetent erleben sich Lehrkräfte beim Umgang mit VA? Die Angaben zu Belastung und Überforderung bedeuten jedoch nicht, dass die LehrerInnen sich insgesamt als inkompetent in Bezug auf den Umgang mit VA erleben. Dominierend ist bei ihnen der Wunsch nach geeigneteren Konzepten (52% ‚stimmt genau’). Sehr viele fühlen sich jedoch kompetent, mit den ‚schwierigen’ SchülerInnen in guten Kontakt kommen zu können (94% ‚stimmt genau/eher’) und mit ihnen adäquat umgehen zu können (12%/62%) und auch bei Unterrichtsstörungen gelassen bleiben zu können (9%/ 67%). Einige sehen darin eine ‚positive pädagogische Herausforderung’ (9%/48%). Erheblichen Ärger den SchülerInnen gegenüber empfinden ein Viertel (3%/22%), viel mehr aber „über ungünstige Bedingungen, die zum Auftreten dieses Problemverhaltens beitragen“ (39%/39%). Es gibt auch Lehrkräfte, die den VA insofern ‚kompetenzorientiert’ begegnen, dass sie froh darüber sind, „dass mir die SchülerInnen auf diese Weise etwas mitteilen können“ (5%/31%). Der Ärger über Rahmenbedingungen steigt übrigens mit der Berufserfahrung: Hier stimmen von den Jüngsten 75% genau oder eher zu, von den 10-20jährigen 78%, 85% der 2030jährigen und 86% der Älteren. Schlussfolgerungen zu Erleben, Qualifikation etc. Auffälliges und Problemverhalten stellen ein tatsächliches Problem für LehrerInnen dar – und ein hohes Risiko für die betroffenen SchülerInnen, vor allem als Belastung wahrgenommen und damit in Bezug auf Teilhabe und Wertschätzung noch zusätzlich eingeschränkt zu werden. Ob dies aber tatsächlich zur Belastung oder gar an die Grenze der Überforderung führt, dafür gibt es Bedingungen. Belastungserleben und Überforderungsgefühl haben deutlich mit der Chance zu tun, sich für den Umgang damit zu qualifizieren. Konsequenterweise äußern die LehrerInnen Qualifikationswünsche, die sich vor allem auf handhabbare Konzepte beziehen, Würzburg 17.10.14 S. 9 aber auch darauf, wie die VA zu verstehen sind und wie man gut im Team kooperieren kann. Leider scheinen die Erfahrungen mit externer Kooperation, also mit der Einbeziehung von PsychologInnen, kinder- und jugendpsychiatrischen Diensten, SozialpädagogInnen nicht so zu sein, dass diese erkennbar zur Reduktion von Belastung und Überforderung beitragen. Schließlich stellen sich LehrerInnen durch VA in ihrer Kompetenz nicht völlig in Frage. Es ist gut, wenn sie sich ihrer Fähigkeit bewusst sind, Beziehungen einzugehen, Unterricht trotzdem zu gestalten und auch Kommunikation aufrecht zu erhalten – aber auch konkrete Handlungskonzepte zu vermissen und einzufordern. Erklärungen für auffälliges und gestörtes Verhalten Welche Bedeutung haben Erklärungen, Annahmen über Bedingungen auffälligen Verhaltens für den Umgang damit? Einerseits wirkt das, was man sich erklären kann, weniger verunsichernd und bedrohlich. Vor allem aber kann man daraus einen Ansatzpunkt für das eigene Handeln erhoffen. Zu unterscheiden sind hier subjektive, oft nur implizite Theorien und Vermutungen sowie solche, die fachlich fundiert sind und auf Theorien oder gar empirisch belegten Annahmen über deren Entstehensbedingungen beruhen. Es macht einen großen Unterschied, ob man hier spontan seinen impliziten Vermutungen und Empfindungen folgt oder sich die Mühe macht, auf fachlicher Basis zu reflektieren – am besten im Team und unter Hinzuziehung externen Sachverstandes, etwa auch anderer Disziplinen – worin denn die ‚guten Gründe’ liegen könnten, die SchülerInnen veranlassen, sich auf eine Art und Weise zu erhalten, die für andere und letztlich auch für sie selbst in der Summe nachteilig und riskant sind. Da man nie wissen kann, weshalb ein Mensch das tut, was er tut, basiert ein pädagogisch verantwortlicher praktischer Umgang mit auffälligem Verhalten auf Hypothesen, und man verhält sich wie ein Wissenschaftler, der diese – auf Grundlage von systematischer Beobachtung und theoretischen Kenntnissen – ableitet und dann überprüft, ggfs. wieder verwirft und korrigiert. Erklärungsmöglichkeiten für auffälliges Verhalten haben die Funktion, solche Hypothesen bilden zu können. Ein relevanter Erklärungsansatz für auffälliges Verhalten von Menschen mit Behinderungen ist der, dass sie wegen ihrer besonderen ‚Vulnerabilität’ – in Verbindung mit dem Stress, den die Alltagsbewältigung für sie bedeutet – ein besonderes Risiko tragen, verhaltensauffällig zu werden. Dazu gehört ihre eingeschränkte Handlungskompetenz – diese beginnt mit der Wahrnehmung ihrer Situation, mit deren Einschätzung. Es geht weiter mit ihrer Ausbildung von Bedürfnissen und mit deren eigenständiger Umsetzung. Würzburg 17.10.14 S. 10 Und es resultiert aus den Begrenzungen der Kommunikation: Je mehr jemand von anderen bei der Befriedigung eigener Bedürfnisse und der Selbstbestimmung abhängig ist, desto mehr ist er darauf angewiesen, seine Wünsche, Bedürfnisse und Entscheidungen kommunizieren, also ausdrücken und dabei verstanden werden zu können. Ich habe das anderenorts als Problem bzw. Folge eingeschränkter, behinderter Bildung interpretiert – beispielsweise der Bildung von Kompetenzen beim Umgang mit körperlichen Problemen, in Bezug auf Möglichkeiten der Selbstbewegung und der Betätigung, bei der Bildung sozialer Kompetenz, etwa der Durchsetzung von Bedürfnissen, des zur Geltung Kommens und auch der Kommunikation, etc.1 Unterstellen wir, dass ‚auffälliges Verhalten’ Versuche darstellt, sein Leben zu leben und seine Bedürfnisse zu befriedigen – trotz und mit allen Einschränkungen. Dann stellen Verhaltensauffälligkeiten eine Art Kompetenz dar, eine widersprüchliche. Man versucht Probleme zu lösen, indem man sich neue einhandelt. Beispiele solcher ‚Risiken und Nebenwirkungen’: Jemand zeigt (fast nur) stereotype Bewegungen. Das befriedigt sein Bewegungsbedürfnis, aber das Verharren bei der Gleichförmigkeit hemmt die Entwicklung der Bewegungsvielfalt, der Genuss wird ‚schal’, vielleicht wird das Verhalten hin zum SVV gesteigert. Jemand verhält sich demonstrativ, etwa in Form von Aggressionen gegen Dinge oder Personen. Die Kompetenz liegt darin, dass es ihm gelingt, sich zur Geltung zu bringen, beachtet zu werden. Aber er produziert damit auch Ausgrenzung und Ablehnung, und in der Regel wird sein Anliegen gar nicht verstanden. Mit der Vulnerabilität von Menschen mit geistiger Behinderung hängt es zusammen, dass sie mehr als andere Verhaltensweisen ausbilden, für sie selbst problematisch, für ihre Umgebung belastend und für die herausfordernd, die sie begleiten und unterstützen. Wo sehen Lehrpersonen vorrangige Erklärungen für die auffälligen Verhaltensweisen ihrer SchülerInnen? Von einer Liste möglicher Bedingungen sollten die fünf wichtigsten ausgewählt werden“ Bedingungen werden zunächst bei den Personen gesehen Hier dominieren Erklärungen, die Beeinträchtigungen beim Schüler betreffen, vor allem der sozial-emotionalen Entwicklung (53%), aber auch der Kommunikationsmöglichkeiten (45%). Bei der Person liegende Bedingungen sind darüber hinaus der Versuch, auf sich aufmerksam 1 vgl. Klauß, Th. (2000): Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung und besonderen Verhaltensweisen. In: Fischer, E. (Hrsg.): Pädagogik bei mehrfachen Behinderungen - Erziehungsbedarf und Fördermaßnahmen. Dortmund, 69-102 Würzburg 17.10.14 S. 11 zu machen (34%), sofern sich darin die mangelnde Kompetenz widerspiegelt, anders Beachtung zu bekommen. Ähnliches gilt für die niedrige Frustrationstoleranz (29%), für den Ausdruck von Schmerzen und unbefriedigten Bedürfnissen (21%) und den Mangel an Handlungskompetenz (16%) sowie ein geringes Selbstwertgefühl (14%), das möglicherweise durch VA zu kompensieren versucht wird. Zu den Personbedingungen von VA können dann auch die Erklärung als „Teil der Behinderung“ (30%), als Folge einer psychiatrischen Störung (21%) und als Symptom eines genetischen Syndroms (13%) verstanden werden. Bedingungen in Umwelt und Erfahrungen gesehen Daneben werden aber auch äußere Bedingungen und Erfahrungen zur Erklärung von VA genutzt, hier vor allem ungünstige soziale und familiäre Umgebungsbedingungen (47%), negative Bindungserfahrungen (30%), Erziehungsprobleme und Überforderung der Eltern (28%) sowie ungünstige Rahmenbedingungen wie zu große Klassen etc. (17%) Selten werden Bedingungen der VA auch im eigenen Lehrerhandeln (‚unpassendes Lernangebot’ 5%) und darin gesehen, dass die SchülerInnen zu viel Fremdbestimmung erfahren (9%). Dass das Verhalten ‚erlernt’ sei, sehen 19% der Lehrkräfte als relevante Bedingung für VA bei ihren SchülerInnen. Spektrum von Erklärungsansätzen Das Spektrum von Erklärungsansätzen bei den befragten Lehrkräften macht deutlich, dass durchaus Vorstellungen darüber vorhanden sind, wo die Bedingungen für VA der SchülerInnen liegen können. Eine beeinträchtigte sozial-emotionale und Kompetenz-Entwicklung (im Bereich der Kommunikation, aber auch des Umgangs mit Schmerzen und Bedürfnissen, mit sozialer Wirksamkeit etc.) – resultierend aus ungünstigen sozialen und familiären Entwicklungsbedingungen – stehen hier im Vordergrund. In Beziehung gesetzt wird dies mit den Bedingungen und Herausforderungen, die SchülerInnen bewältigen müssen: Sie fühlen sich gestresst, unverstanden, hilf- und orientierungslos, ausgegrenzt. Daraus entsteht ein Bild, das man mit dem ‚Vulnerabilitätskonzept’ in Beziehung setzen kann: Die Menschen sind verletzlich, sind gefährdet, für sich selbst und andere problematische Verhaltensweisen zu entwickeln, wenn und weil ihre Möglichkeiten der Lebens- und Alltagsbewältigung nicht passen, nicht ausreichen. Ihr auffälliges Verhalten – so kann man das aber auch interpretieren – erhält dadurch einen Sinn, eine subjektive Bedeutung, weil es als Versuch verstanden werden kann, mit den begrenzten Mitteln und Kompetenzen das Leben und den Alltag dennoch zu bewältigen. Als Perspektive ergibt sich daraus, dass es beim konkreten pädagogischen ‚Umgang’ mit den Würzburg 17.10.14 S. 12 Menschen, bei der Planung und Realisierung der Hilfen und Maßnahmen für sie, darum gehen muss, zu fragen, worin in jedem einzelnen Fall die individuelle Bedeutung dieses Verhaltens für den Menschen liegt – und welche Alternativen es dafür gibt. Also: Wie kann jemand, der sich nicht verstanden fühlt und deshalb ausrastet, alternative Möglichkeiten finden, sich auszudrücken und zur Geltung zu kommen? Wir kann jemand, der ständig im Stress lebt und dann durchdreht, seinen Stress managen? Etc. Etc. Damit sind wir bei den Handlungsmöglichkeiten: Was können wir tun? Handlungsmöglichkeiten und -strategien Auch Handlungsstrategien in Bezug auf auffälliges Verhalten können eher subjektiv, erfahrungsbasiert oder durch explizite Theorien und Handlungskonzepte begründet sein. Auf die (offene) Frage nach bekannten pädagogischen Konzepten nennen die LehrerInnen Explizite Konzepte, aber auch allgemeine Maßnahmen und pädagogische Angebote. Nennungen gibt es hier nur von 64% der Befragten; offenbar sah sich etwa ein Drittel von ihnen nicht in der Lage, solche Konzepte zu benennen. Von denen, die sich hier äußern, wird die Verhaltensmodifikation am häufigsten genannt (38%), dazu kann man noch die positive Verhaltensunterstützung (4,5%) rechnen. Im Grunde ist auch die ‚Auszeit’ (15%) eine verhaltensmodifikatorische Maßnahme. Möglicherweise ist auch der ‚Trainingsraum’ hier zuzuordnen (7%). TEACCH (26%) setzt darauf, dass es den SchülerInnen ermöglicht wird, sich im sozialen Miteinander, beim Lernen etc. zu orientieren. Dem kann auch der Einsatz von Regeln (15%) zugeordnet werden. Weitere Konzepte zielen darauf, Kompetenzen zu vermitteln und zu erweitern – vor allem solche, die im Sinne der Gewaltprävention (18%) befähigen sollen, soziale Konflikte gewaltfrei zu bewältigen, aber auch alternative Kompetenzen, die VA überflüssig machen können wie Angebote zur Bewegung und Entspannung (10%), Kommunikationsförderung (7%) und ETEP2 (dient dem „Aufbau von sozial-emotionalen Kompetenzen“). Auch das ‚Kooperieren’ wird als Handlungskonzept genannt – mit anderen Disziplinen, auch mit der Klasse – aber auch mit den Schülern selbst der Beziehungsaufbau (5%). Wirksamkeit von Handlungsstrategien und ihre Wirksamkeit bei unterschiedlichen Verhaltensweisen 2 ETEP = Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik (http://www.etep.org/Seiten/verhalt.htm) Würzburg 17.10.14 S. 13 Interessanter erscheint noch, „Welche der genannten Handlungsstrategien [für die Lehrkräfte …] beim Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten wirksam – oder sogar ungünstig[sind]“ und „welche Handlungsstrategien […] Sie bei [bestimmten …] Verhaltensweisen empfehlen“. In der Gesamteinschätzung gibt es einen klaren Spitzenreiter: ‚Klare Strukturen’ werden für sehr wirksam gehalten (3,9 von möglichen 4,0). Dabei handelt es sich ebenso wenig um ein explizites Handlungskonzept wie beim ‚Zweitplatzierten’, dem ‚Beziehungsaufbau’ (3,6) oder gar bei den ‚Teamgesprächen’ (3,5), die ebenfalls als wirksam eingeschätzt werden. Empfohlene Maßnahmen bei unterschiedlichen Verhaltensweisen Das erstaunt allerdings nicht, da es vermutlich nicht ‚das’ Konzept gibt, das bei allen möglichen auffälligen Verhaltensweisen ‚hilft’. Die Rangreihe der Wirksamkeitseinschätzungen ändert sich sehr, wenn man diese auf bestimmte Verhaltensweisen bezieht. Bei aggressivem Verhalten halten 42% der Befragten eine ‚Auszeit’ für das Mittel der Wahl, mit Abstand folgen danach Konsequenzen inkl. Bestrafung (17%), Tokensysteme (15%), klare Strukturen (14%) und Verhaltensverträge. Bei selbstverletzendem Verhalten erscheinen demgegenüber vor allem Entspannungsangebote (26%) und Festhalten (26%) geeignet, gefolgt von Angeboten zur Selbstregulation (17%) und zur Kommunikationsförderung (14%) und – am häufigsten im Gesamtvergleich – eine psychiatrische Behandlung (13%). Entspannungsangebote sollten auch bei Motorischer Unruhe helfen (32%), viel häufiger genannt werden hier aber Bewegungsmöglichkeiten (77%), außerdem auch hier klare Strukturen (16%) und Auszeit (12%). Zur Bewältigung Sozialen Problemverhaltens sollte vor allem der Aufbau von Beziehungen helfen (61%), außerdem das Training sozialer Kompetenzen (40%) und die Förderung der Kommunikation (34%). Wenn SchülerInnen vor allem Anforderungen verweigern, sollte vor allem die Entschärfung der Anforderungssituation hilfreich sein (46%), aber auch klare Strukturen (27%), die Förderung von mehr (mehr) selbstbestimmtem Handeln ermöglichen (26%) und Token-Systeme (23%). Gegen Angst hilft offenbar am ehesten der Aufbau sicherer Beziehungen (41%), dann auch hier klare Strukturen (24%), ein Sozialkompetenztraining (17%) und die Entschärfung von Leistungssituationen. Würzburg 17.10.14 S. 14 Überlegungen zu Handlungsmöglichkeiten Offenbar gibt es kein Allheilmittel, sondern die Notwendigkeit, die Maßnahmen den Problemen anzupassen. Am ehesten scheinen die ‚Klaren Strukturen’ etwas zu sein, was nach Einschätzung etlicher Befragter bei allen unterschiedlichen Problemen hilfreich sein sollte, ansonsten wird hier sehr differenziert. Dies spricht sehr dafür, dass vor der Planung und Durchführung einer pädagogischen Maßnahme eine Diagnostik erfolgt – zumindest in Bezug auf die Art und Weise des auffälligen Verhaltens, besser noch zur Frage, was dieses möglicherweise bedingt, welche subjektive Bedeutung es hat, und welcher Bedarf an unterstützenden Angeboten sich daraus ableiten lässt. Kooperationen wegen auffälligen und gestörten Verhaltens Schließlich gibt es Kooperationen wegen VA: Man ist nicht alleine in diesem Feld. Pädagogik findet meistens kollektiv statt, sodass alle angesprochenen Fragen am besten auch im Team besprochen werden – aber auch in Zusammenarbeit mit anderen, mit Eltern einer- und anderen Profis andererseits. Wir haben eine starke Tendenz gesehen, die Herausforderung der VA ‚unter sich’ auszumachen. Vor allem die Kooperation mit den KollegInnen wird hier als sehr hilfreich angesehen und häufig genutzt. Dennoch gibt es auffällige Verhaltensweisen, bei denen PädagogInnen an Grenzen stoßen – und bei denen es deshalb auch sinnvoll ist, mit anderen Professionen und Disziplinen zu kooperieren. Das spiegelt sich wider in den folgenden Ergebnissen: Mit wem kooperieren LehrerInnen wegen der Verhaltensauffälligkeiten ihrer SchülerInnen? Auf die entsprechende Frage geben die meisten an, dass das regelmäßig (76%) oder oft (18%) mit KollegInnen geschieht. Auch ein Zusammenarbeiten mit der Klasse findet nach Angaben von 32% regelmäßig und von 24% oft statt, etwas seltener mit den Eltern (16%/37%) und der Schulleitung (12%/27%). In der GLK werden VA nicht regelmäßig (2%) oder oft (12%), aber doch nach Meinung vieler ‚selten’ (57%) angesprochen – 29% sagen hier aber auch ‚nie’. Während VA häufig bis regelmäßig zu interner Kooperation Anlass sind, gibt es kaum eine regelmäßig externe Kooperation: Nur 1,7% sagen, dass sie regelmäßig mit einer/m PsychologIn zusammenarbeiten und 0,7% mit einer/m SchulsozialarbeiterIn. Zufriedenheit mit der Kooperation Am zufriedensten sind die LehrerInnen mit der kollegialen Kooperation, aber auch mit der mit ihrer Klasse, der Schulleitung und der GLK. Eher mittelmäßig zufrieden bis leicht unzu- Würzburg 17.10.14 S. 15 frieden wird die Kooperation mit PsychologInnen, SozialarbeiterInnen, Eltern, SPZ und psychiatrischem Dienst beurteilt. Bei welchen Verhaltensweisen werden in welchem Umfang Psychopharmaka genommen? Mit der Kooperation mit der Psychiatrie – und mit den Grenzen der eigenen, pädagogischen Möglichkeiten, hat es zu tun, dass/wenn SchülerInnen Psychopharmaka nehmen. Etwa 10% von ihnen nehmen nach Einschätzung der Befragten regelmäßig Psychopharmaka (10,1 %). Dies geschieht bei Aggressionen gegen Sachen am häufigsten (30%), etwas seltener bei psychotischem Verhalten (29%), selbstverletzendem Verhalten (29%) und Aggressionen gegen Personen (26%). Bei mehr als einem Fünftel der Betroffenen werden Psychopharmaka auch regelmäßig eingesetzt bei Sexuellen Auffälligkeiten (24%), motorischer Unruhe (23%), unsozialem Verhalten (22%) und Stereotypien (20%). Bei Depression/Rückzug geschieht das seltener (15%), ebenso bei Angst (11%) und auch bei Problemen beim Eingehen sozialer Beziehungen (16%), bei Vermeidungsverhalten (12%) und Hilflosigkeit/Unsicherheit (9%). Zu beachten ist dabei natürlich, dass viele Verhaltensweisen nicht isoliert auftreten, sodass der Grund für die Gabe von Psychopharmaka auch eine jeweils andere Verhaltensweisen sein können. Überlegungen zu Kooperationen und ‚Grenzen der Pädagogik’ Die Ergebnisse zur Kooperation sprechen dafür, dass die PädagogInnen es in der Regel ‚alleine versuchen’, mit den VA ihrer SchülerInnen zurechtzukommen. Die Möglichkeit der Kooperation mit externem Sachverstand werden sehr selten genutzt. Das liegt vermutlich zunächst daran, dass diese häufig nicht möglich ist, weil entsprechende Angebote fehlen. Andererseits sollten zumindest die vorhandenen Möglichkeiten wahrgenommen werden – und den Ausbau spezifischer Hilfen – etwa in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und bei der Psychotherapie – gefordert und unterstützt werden. Kooperationen gibt es u.a. bei der Nutzung von Psychopharmaka. Es ist sinnvoll, wenn die hier liegenden Chancen der Unterstützung pädagogischer Arbeit genutzt und ohne Vorbehalte in Anspruch genommen werden. Allerdings muss hier auch gefragt werden, ob diese immer sachgerecht und adäquat eingesetzt werden. Offenbar werden Psychopharmaka – außer bei psychotischem Verhalten – weniger bei den eigentlichen psychischen Störungen (Angst, Depression) als vielmehr bei Aggressionen, SVV und sexueller Auffälligkeit eingesetzt. Es erscheint mir diskussionswürdig, inwiefern diese hier tatsächlich helfen. Würzburg 17.10.14 S. 16 Fazit: Wie gelingt ein guter Umgang mit VA bei Menschen mit geistiger Behinderung? Optimierungsmöglichkeiten gibt es wohl bei allen angesprochenen Aspekten des ‚Umgangs’ mit auffälligem Verhalten: 1. Wahrnehmung und Erleben des Verhaltens Anstelle einer Wahrnehmung, die sich an dem orientiert, was am meisten herausfordert, sollte eine genaue Beobachtung treten: Um welches Verhalten geht es genau? Welche Erfahrungen haben wir damit gemacht? Und die Reflexion der Belastung oder gar Überforderung durch solches Verhalten sollte Anlass sein, nach dessen Hintergründen und daraus ableitbaren Handlungsmöglichkeiten zu fragen. 2. Erklärungsmöglichkeiten Was wir dann brauchen ist eine fundierte Vorstellung darüber, weshalb sich jemand vermutlich so verhält, wie er es tut. Eine gute Regel ist hier in der Frage enthalten: Welche guten Gründe hat sie/er, sich genauso zu verhalten? Das lenkt den Blick auf den subjektiven Sinn, auf die Bedeutung, die das Verhalten für den Menschen selbst hat. Wir bilden – auf der Grundlage von theoretischem und Erfahrungswissen über mögliche Bedingungen und Zusammenhänge – Hypothesen. Dann überprüft man die Hypothese praktisch. 3. Entscheidung über Handlungsziele und Konzepte Dann überlegt man, welches Ziel sich daraus ableiten lässt. Dafür ist es gut, konkrete und für solche Ziele passende Handlungskonzepte zu kennen. Beispielsweise Unterstützte Kommunikation, wenn die Verbesserung der Kommunikation als sinnvolles Ziel erscheint. 4. Konkretes Handeln: Durchführung Viele Beratungen enden hier: Wir einigen uns, was wir erreichen wollen und vereinbaren: Das machen wir. Aber TEAM heißt dann oft: Toll, ein anderer macht’s. Es braucht nun noch etwas Hirnschmalz, um zu klären und festzulegen, wer denn nun tatsächlich was tut. Und: Wann man prüft, was herausgekommen ist, ob das erfolgreich war, was man ändern sollte. 5. Kooperation und Reflektion Bei der Planung oder spätestens wenn die eigenen Maßnahmen an Grenzen stoßen – oder bereits beim Versuch, Erklärungen zu finden, stellt sich die Frage nach möglichen Kooperati- Würzburg 17.10.14 S. 17 onspartnern. Andere Fachleute, aber auch Eltern und die SchülerInnen selbst oder die ganze Klasse sowie KollegInnen können auf allen Ebenen der Problemlösung hilfreich sein – man muss sie einbeziehen bei der Frage der Wahrnehmung, des Umgangs mit Belastungen, der Erklärung und des konkreten Handelns. Verhaltensstörungen / psychische Störungen bei geistiger Behinderung – wozu braucht es klinische Behandlungskonzepte Prof. Dr. K. Sarimski Pädagogische Hochschule Heidelberg Klinisch psychologisch‐psychiatrisches Behandlungsverständnis • „Problemverhalten ist keine Eigenschaft der betreffenden Person, kein individualpathologisches Phänomen, sondern eine Funktion eines Systems, das aus der betreffenden Person und ihrer jeweiligen sozialen und physischen Umwelt besteht.“ (Sarimski & Steinhausen, 2008; Dosen, 2010; Seidel, 2013) Was sind die häufigsten kinderpsychiatrischen Diagnosen bei Schulkindern mit geistiger Behinderung? 30 25 20 15 10 5 0 m Au t is kt i Hy pe ra tö ss en So zi a lv e rh alt us ät vi t g ru n si o pr es De gs ts t ö ru ng n mental behindert nicht behindert An % (n=264, 5‐15 Jahre; Emerson, 2003) Prozentualer Anteil von emotionalen Störungen und Verhaltensproblemen bei intellektueller Behinderung (CBCL; Dekker et al., 2002; n=968) Sozialer Rückzug Körperl. Beschwerden Ängste/Depressive Stimmung Soziale Probleme Denkstörungen Aufmerksamkeitsprobleme Dissoziales Verhalten Aggressives Verhalten IQ 60-80 17.5 12.0 16.8 IQ 30-60 22.5 8.3 8.3 35.5 8.8 30.7 18.0 21.0 51.7 12.3 38.0 11.0 19.7 Worauf kommt es bei der Intervention bei Verhaltensstörungen an? • Identifikation auslösender und aufrechterhaltender Bedingungen • Identifikation von körperlichen Einflussfaktoren • Veränderung von antezedenten Bedingungen und verstärkenden Konsequenzen in Kombination mit differentieller Verstärkung adaptiver Kompetenzen • Anpassung der Umwelt an Kompetenz und Hilfebedarf des Kindes („goodness of fit“) Positive Verhaltensunterstützung Diagnostische Arbeitshypothese • Ereignisse, die ihm unmittelbar vorausgehen • Rahmenbedingungen, die sein Auftreten wahrscheinlicher machen • Konsequenzen, die das Verhalten aufrechterhalten • Behinderungsbedingte Einschränkungen, die zum Problem beitragen (z.B. eingeschränkte Umweltwahrnehmung, Verstehen von Anforderungen und Zusammenhängen, fehlende soziale oder kommunikative Kompetenzen, genetische bedingte Einschränkungen der Selbstregulation) Hilfe‐ und Assistenzbedarf zur Bewältigung der alltäglichen Anforderungen in der natürlichen Umgebung Interventionsplan für : Auslöser Verhalten Aufrechterhaltung Funktion: Funktion: Präventive Hilfen Neue Kompetenzen Neue Konsequenzen Interventionselemente (Auswahl) • Veränderung von sozialen Anforderungen Reduzierung der Aufgabenschwierigkeit Rhythmisierung und Gliederung von Aufgaben Tagesstrukturierung und Visualisierungshilfen Individuelle Assistenzen • Veränderung von Konsequenzen Verhaltensverträge (kontingenter Zugang zu bevorzugten Tätigkeiten) Veränderung dysfunktionaler Interaktionsmuster • Training adaptiver Verhaltensformen Selbständige Beschäftigung Alternative Kommunikation Ärger‐(Selbst‐)Management Soziales Kompetenztraining Aber: Manchmal ist die Funktion eines Verhaltens schwer zu verstehen und: Nicht alle Verhaltensauffälligkeiten haben einen subjektiven „Sinn“ und eine kommunikative Funktion Probleme bei einer Interventionsplanung in der „natürlichen Umgebung“ • Schweregrad und Komplexität der Verhaltensauffälligkeit • Schwierigkeit, die auslösenden und verstärkenden Bedingungen zu identifizieren • Schwierigkeit, hochstrukturierte Bedingungen zur Anbahnung alternativer Kompetenzen zu sichern • Klärung möglicher körperlicher Einflussfaktoren • Klärung psychischer Störungen als Bedingungsfaktoren (Zwangsstörungen, Wahnvorstellungen, Depressionen) • Einbeziehung pharmakologischer Behandlungsansätze Schwere der Verhaltensstörungen (z.B. bei Kindern mit spezifischen genetischen Syndromen) Smith‐Magenis‐Syndrom • Leichte körperliche Anomalien (z.B. kurze, gedrungene Statur, flacher Kopf) • De novo Deletion 17p11.2 • Mässige Intelligenzminderung • Schwere Verhaltens‐ auffälligkeiten • Veränderte Schmerzwahrnehmung Überdurchschnittlich problematisches Verhalten beim SMS (Sarimski, 2004; NCBRF, n=20/20/20) 25 SMS PWS FraX 20 15 10 5 0 aggr hyper Angst Selbst Zwang irritab Selbstverletzendes Verhalten bei SMS (%; Finucane et al., 2001) Handbeißen Kopfschlagen 93.1 62.1 Skin picking (Kneifen und Kratzen) 51.7 Nägelreißen 48.3 Haare reißen 34.5 Ausreißen von Zehennägeln 34.5 Einführen von Objekten in Körper 31.0 Prader‐Willi‐Syndrom • Hypotonie • Exzessiver Drang nach Essen und Adipositas • Neigung zu zwanghaften Verhaltensstörungen • Deletion 15q11‐13 Problematische Verhaltensweisen beim Prader‐Willi‐Syndrom (Dykens & Cassidy, 1995; CBCL; n = 91) % Selbstverletzendes Kneifen oder Kratzen 97 Zwanghaftes Reden 95 Ausgeprägte Beharrlichkeit 95 Andere zwanghafte Verhaltensweisen (Horten, Ordnung) 93 Wutanfälle 88 Passivität 87 Exzessive Müdigkeit 81 Stimmungsschwankungen 76 Cornelia‐de‐Lange‐Syndrom • Charakteristische Gesichtszüge • Microcephalie, Minderwuchs • Teilweise Gliedmaßenfehlbildungen • Genveränderung (5p, 10p) • meist schwere Behinderung und ausbleibende Sprache • Anfälligkeit für gastro‐ intestionale Krankheiten und Selbstverletzungen Problematische Verhaltensweisen beim Cornelia‐de‐Lange‐Syndrom (%; DBC; Basile et al., 2007) 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Schwer oder nicht identifizierbare soziale Zusammenhänge von Verhaltensstörungen Biologisch‐genetische Disposition • Partielle Spezifität des Verhaltensphänotyps • Disposition / erhöhte Vulnerabilität für Umweltanforderungen • Verhaltenssteuerung durch nicht‐soziale Impulse (Zwangs‐ und Impulskontrollstörungen, Selbststimulation, Selbstverletzungen) • Auch hier: systematische Analyse von Situationszusammenhängen und Umweltanforderungen Systematische Analyse von Situationszusammenhängen: aggressives Verhalten (Elternbefragung; SMS; n = 20; Sarimski, 2005) soziale Aufmerksamkeit Vermeiden von Anforderungen Selbststimulation Frustration Grenzsetzungen Wunsch nach Objekt 0 2 4 6 8 10 12 Systematische Analyse von Situationszusammenhängen: „Skin‐Picking“ (Beobachtung; PWS; n = 67; Morgan et al., 2010) bei schulischen Anforderungen in Wartezeiten beim Autofahren beim Lesen bei Verweigerung von Speisen 0 20 40 60 80 100 Funktionales Profil bei SVV (IfES; Bienstein & Sarimski, 2013) Experimentelle Verhaltensanalyse (EFA; Bienstein & Sarimski, 2013) Verhalten ohne soziale Funktion: Zwangs‐ und Impulskontrollstörungen Rett‐Syndrom Lesch‐Nyhan‐Syndrom Mögliche Interventionen • Modifikation der Auslösebedingungen • „Stimulus‐Kontrolle“ (Begrenzung auf bestimmte Situationsbedingungen) • Desensibilisierung gegen unveränderliche kritischen Auslösebedingungen • Stimulus‐Sättigung (nicht‐kontingente Verfügbarkeit von positiver sensorischer Stimulation) • Schutzkleidung / Mechanische Restriktionen Notwendigkeit hochstrukturierter Interventionen Wann sind hochstrukturierte Interventionen im Einzelsetting erforderlich? • spezifische Behandlungsansätze, z.B. systematische Desensibilisierung bei Angststörungen „behavioral momentum“ bei ausgeprägter Verweigerungshaltung Fading von Schutzkleidung bei SVV • extrem niedrige Frequenz oder völliges Fehlen alternativer Kompetenzen Funktionales Kommunikationstraining (FCT) • Kontingenzmanagement bei Essstörungen, Pica oder Ruminieren Differentielle Verstärkung in symptomfreien Zeitintervallen Personelle Ressourcen Professionelle Erfahrung Klärung möglicher körperlicher Einflussfaktoren • • • • • • • • • Gastrointestinale Probleme Mittelohrentzündungen Zahnschmerzen Hautprobleme Menstruationsbeschwerden Kopfschmerzen Anfallsleiden Schlafstörungen Hör‐ und Sehbehinderungen (neuro‐) pädiatrische Diagnostik durch Facharzt mit behinderungsspezifischer Kompetenz Gesundheitliche Probleme beim Cornelia‐de‐ Lange‐Syndrom (Hall et al., 2008) 80 70 60 50 40 30 20 10 0 CdLS Kontroll‐Gr. Klärung psychischer Störungen als Bedingungsfaktoren • Hohe Komorbidität von Zwangsstörungen, Stereotypien und selbstverletzendem Verhalten (Arron et al., 2011) • Diagnostische Herausforderung bei Zwangsstörungen, Wahnvorstellungen, Depressionen: Fehlende Introspektion Fehlende Kommunikationsmöglichkeit über emotionale Inhalte Identifikation von Veränderungen im Verhalten und im emotionalen Ausdruck im Verlauf Einbeziehung pharmakologischer Behandlungsansätze • Störungen auf Neurotransmitter‐Ebene (Dopamin, Serotonin, endogene Opiate) • Behandlungsmöglichkeiten zur Veränderung von Hypo‐, Hypersensitivität, Stimmungsstabilität, Impulskontrolle • Einsatz von Stimulantien, Neuroleptika u.a. bei Selbstverletzendem Verhalten Aggressiven Verhaltensweisen Hyperaktivität Zwangsstörungen Depressionen Erhöhung der Wirksamkeit psychologischer Interventionen ? Quelle: Shapiro & Accardo: Neurogenetic syndromes. Behavioral issues and their treatment. Baltimore, Brookes 2010 Schanze: Psychopharmakologische Behandlung. In Bienstein & Rojahn (Hrsg.): Selbstverletzendes Verhalten bei Menschen mit geistiger Behinderung. (175‐202). Göttingen, Hogrefe Probleme pharmakologischer Behandlungsansätze • Geringe Zahl von Evaluationsstudien • Fehlende Doppelblind‐, Placebokontrolle • Objektive Erfassung des Zielverhaltens erforderlich • Verlaufsuntersuchung erforderlich • Nebenwirkungen zu beachten Probleme der Zusammenarbeit mit klinischen (ambulanten / stationären) Behandlungseinrichtungen • Unzureichende Versorgungsstruktur Sozialpsychiatrische Dienste Sozialpädiatrische Zentren Kinder‐ und Jugendpsychiatrische Kliniken Niedergelassene Psychologen und Kinder‐ und Jugendpsychiater • Spezifische Angebote in KJP: 8% (Hennicke, 2008) • Spezialambulanzen in KJP: 4% (Hennicke, 2008) • Konsiliarangebote (z.B. Heckscher Klinik, Konsulententeams in LV Rheinland) Behandlungseinrichtungen Klinik am Greinsberg, Würzburg St. Lukas‐Klinik, Stiftung Liebenau Probleme der Zusammenarbeit • Unrealistische Erwartungen: „Kinder‐ und Jugendpsychiater werden als Experten für die Regulierung von Fehlverhalten im schulischen Kontext angesehen, wenn die pädagogischen Bordmittel zur Beeinflussung von Fehlverhalten als ausgeschöpft angesehen werden.“(Ostkämper, 2013) „Reparaturbetrieb zur Behebung der Störung“ Was ist nötig für eine erfolgreiche Kooperation bei klinischen Behandlungskonzepten? Einbeziehung von Beobachtungen aus dem natürlichen Umfeld bei der Diagnostik Abstimmung der Interventionsplanung auf die Bedingungen im natürlichen Umfeld wechselseitige Anerkennung der Kompetenzen Übernahme gemeinsamer Verantwortung für den Problemlöseprozess Wo finde ich mehr Informationen? 21.10.2014 Herzlich Willkommen WS 2 Hilpoltstein 17.10.2014 Dr. Harald Ebert [WS 2] 1) Berufsschule DON BOSCO Beratungszentrum 2) Unsere Schülerinnen, Schüler und Klienten 3) Schwierige Lebenslagen und Perspektiven – „Die jungen Wilden“ 4) Verständnis von „Behinderung“ - ICF 5) INKLUSION im Kontext Arbeitsmarkt 6) TeilHABE und TeilGABE 7) Ausblick 8) Diskussion 1 21.10.2014 [Unser Auftrag] Professioneller Dienstleister in der regionalen Bildungslandschaft zur Sicherung der Teilhabe am (Arbeits-)Leben [Herausforderung] …in der gesamten Gesellschaft… das Bewusstsein für Menschen mit Behinderungen zu schärfen... (Art. 8) …gewährleisten ein integratives (inklusives) Bildungssystem auf allen Ebenen… (Art. 24) …den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen…in einem offenen Arbeitsmarkt… (Art. 27) 2 21.10.2014 [Region] Main-Spessart Kitzingen Würzburg-Stadt Würzburg-Land [Handlungsfelder] Beratungszentrum Berufsschule Übergang zum Arbeitsmarkt 3 21.10.2014 SCHÜLER und KLIENTEN [Schüler] Schulabschluss Quali; 15; 3% Mittlere Reife; 11; 2% Fachabitur; 1; 0% Abitur; 1; 0% ohne ; 64; 13% HSA; 232; 46% Förderschule; 177; 36% N = 501 Stand 2013 4 8 8 10 Meine Mutter ist außerhalb des heutigen Gebietes der BRD geboren und ist nach 1949 zugewandert 49 Mein Vater ist außerhalb des heutigen Gebietes der BRD geboren und ist nach 1949 zugewandert 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 Ich bin 1950 oder später auf das heutige Gebiet der BRD zugewandert 49 Ich bin auf dem heutigen Gebiet der BRD geboren Ich besitze die deutsche Staatsangehörigkeit 21.10.2014 [Schüler] Migration BVJ Gesamt 2011/2012 (n= 57) 47 31 33 19 20 7 4 trifft zu trifft nicht zu keine Angabe [Klienten] Don Bosco Beratungszentrum Neukontakte Klienten 2012/2013 315 442 MSD Beruf und Arbeit Ergänzende Angebote des Beratungszentrums 5 21.10.2014 [Schule für schwierige Lebenslagen] [Schüler und Klienten] Managing Diversity - Übergänge individuell gestalten Herausforderungen Sprache und Kultur psychische Belastungen Verhalten besondere Lebenslagen Verweigerung Lernen/ Lernschwierigkeiten … 6 21.10.2014 jugendlich… …ausbildungs-/arbeitslos… …perspektivlos? „Die jungen Wilden“ [Jugendlich…] BELLA-Studie 2008 7 21.10.2014 [Schüler] Unterstützungsbedarf der Schüler (Sommer 2009) Roland Stein; Harald Ebert: Verhaltensauffälligkeiten an beruflichen Schulen zur sonderpädagogischen Förderung. Eine Pilotstudie mit der Teacher‘s Report Form und dem Youth Self Report. In: Empirische Sonderpädagogik, 2010, Nr. 4, S. 62-80. [ausbildungs-/arbeitslos…] BiBB Datenreport zum Bildungsbericht 2012 8 21.10.2014 [perspektivlos…?] „Die Zahl der Werkstattbeschäftigten hat sich seit dem Jahr 2000 bis heute um die Hälfte von ca. 200.000 auf ca. 300.000 Personen erhöht. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar… …deutlicher Anstieg der Menschen mit seelischen Behinderungen…. Zudem…finden Erwachsene Aufnahme in den Werkstätten, die …als lernbehindert oder sozial benachteiligt bezeichnet werden.“ Wüllenweber 2012 [Berufliche Bildung] Qualifizierung und Teilhabe - Leistung individuell ermöglichen Gesundheitsproblem Körperfunktionen und -strukturen Umweltfaktoren • materiell • sozial • verhaltensbezogen Aktivitäten Teilhabe persönliche Faktoren • Alter, Geschlecht • Motivation • Lebensstil Teilhabe als dynamische Wechselwirkung zwischen Person und Umwelt(Bio-Psycho-Soziales Modell der ICF) 9 21.10.2014 [Herausforderung] Berufliche Handlungskompetenz [Berufliche Bildung] tätigkeitsorientiert arbeitsplatzorientiert qualifizieren platzieren berufsfeldorientiert berufsbildorientiert (aktionbildung 2004) 10 21.10.2014 [Berufliche Bildung] Qualifizierung und TeilGABE - Leistung individuell ermöglichen Adaption der schulischen Rahmenbedingungen Individualisierter Stundenplan Unterricht in Teilzeit Epochalunterricht … Adaption der betrieblichen Rahmenbedingungen Arbeitsplatz anpassen Räumliche Rahmenbedingungen verändern Arbeitshilfen bereitstellen Arbeitsanforderungen verändern … BERATUNGSZENTRUM 11 21.10.2014 [Inhouse-Angebot] [Inhouse-Angebot] 12 21.10.2014 Werkstatt-Tag Berufsschulstufe Angebot für SchülerInnen der Förderstufe IV freitags 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr je 4 Wochen in einem Berufsfeld Werkstatt-Tag Berufsschulstufe Eindrücke 13 21.10.2014 BVJ-Tag Berufsschulstufe Berufsschul Berufsvorbereitendes Angebot 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr ganzjährig in einem BVJ [Inhouse-Angebot] 14 21.10.2014 [Inhouse-Angebot] [Inhouse-Angebot] 15 21.10.2014 BERUFSSCHULEN [Netzwerk Berufliche Schulen Mainfranken] 16 21.10.2014 [Angebot] des Beratungszentrums Allgemeine Berufliche Handlungskompetenz Berufsschule JaS MSD Teilhabemöglichkeit „Neu“ [Berufliche Bildung] …teilHABEorientiert tätigkeitsorientiert arbeitsplatzorientiert qualifizieren platzieren berufsfeldorientiert berufsbildorientiert (aktionbildung 2004) 17 21.10.2014 Berufsschulstufe Berufsschule Erwerb von TEILQUALIFIKATIONEN [Nachhaltigkeit] Verbleib der TN aus der BQM 2013/ 2014 18 21.10.2014 [Zusammenfassung I] Ohne Beschäftigung 2 + 5 Tagesförderstätte Teilhabe am Arbeitsleben 107 Entlassschüler (2001-2013) WfbM 61 Mainfränkische Werkstätten 10 Allgemeiner Arbeitsmarkt 5 bfz WfbM ifd Mainfränkische Werkstätten Berufliche Qualifizierung BvB 18 Betrieb BQM Ausbildu ng (1) 13 4 4 1 4 1 DiaAM Berufliche Grundbildung Übergang zum Arbeitsmarkt (Berufsschulstufe) Hospitation 25 Praktika WfbM / DBS (Nachsch. Jahr) Berufsbildungsbereich 79 UB mig / DBS ca 400 BVJ-Tag 9 1 UB 10 W.-Tage 33 evBO 16 Besichtigung BI 3 [Inhouse-Angebot] 19 21.10.2014 Nachqualifzierung [Regionale Bildungslandschaft] 20 21.10.2014 Vielen Dank für Ihr Interesse! Berufsschule Don Bosco Beratungszentrum Schottenanger 10 97082 Würzburg 0931/ 43055 0931 / 41 25 47 [email protected] [email protected] Informationen und Downloads unter www.dbs-wuerzburg.de 21 Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Isabel Wernekke Grenzwahrender Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die sich herausfordernd verhalten ein Entwicklungsprozess in Schule und Tagesstätte Ausgangssituation Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Organisationsentwicklung Ziel: lernende Organisation Bausteine der lernenden Organisation Ausgangssituation Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Organisationsentwicklung Ziel: lernende Organisation Netzwerk für die lernende Organisation Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Ausgangssituation Leitbild - Auszug - Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Ausgangssituation • Bericht über nicht leitbildkonformes, erzieherisches Handeln an die Leitung • Diskussion über das Vorgehen 1. Top down-Anweisungen vs. 2. Gemeinsamer Erkenntnisgewinn durch breite Auseinandersetzung mit dem Thema Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Systemische Sicht Fokus weg vom einzelnen Kind / Jugendlichen Blick auf das System Schule + Tagesstätte und alle dort handelnden Personen Erkenntnis 1 gegenseitige Beeinflussung Individuum – Umfeld Erkenntnis 2 hohe Bedeutung der Interaktion zwischen Kindern / Jugendlichen mit dem Umfeld im Hinblick auf das Auftreten und die Entwicklung von herausforderndem Verhalten Wie gestalten wir ein Umfeld, das es Kindern und Jugendlichen ermöglicht, sich angemessen zu verhalten? Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Maßnahmen 1. Arbeitskreis „Erziehungsmaßnahmen in Übereinstimmung mit dem Leitbild“ Arbeitskreis Grenzwahrende Pädagogik 2. Autismus-Kompetenzteam 3. Deeskalationsteam 4. AK Unterstützte Kommunikation 5. Einheitliche Regeln 6. Enge Kooperation mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie Arbeitskreis grenzwahrende Pädagogik Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Mitglieder aus Schule, SVE, Heilpädagogischer Tagesstätte, Therapie • • • • Sammlung von Beobachtungen über den Umgang mit herausforderndem Verhalten im Haus Fortbildungstag zum Thema „grenzwahrende Pädagogik“ mit kollegialer Fallberatung Befragung: In welchen Situationen im Schul- und Tagesstättenalltag ist die Gefahr besonders groß, dass sich Kinder / Jugendliche herausfordernd verhalten? „Großes Team“: Reflexion der Situationen mit Hilfe der Fragen: – Ist die Situation veränderbar? Wenn ja, wie? – Ist die Situation teilweise veränderbar? Wenn ja, wie? – Die Situation an sich ist nicht veränderbar. Aber welche veränderte Haltung könnte zur Entspannung beitragen? • • Auswertung der Reflexion: Schatzkiste zur Prävention von herausforderndem Verhalten SVE: Standards für die Gestaltung von Essenssituationen Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Arbeitskreis grenzwahrende Pädagogik - großes Team - Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Haltungen im Umgang mit herausforderndem Verhalten 1. Welche inneren Haltungen sind im Umgang mit herausforderndem Verhalten hilfreich? 2. Arbeitsblatt: Ausstieg aus dem Machtkampf Es ist wichtig zu wissen, wie es uns gelingen kann, nicht in einen Machtkampf hineingezogen zu werden. Dazu ist es notwendig, eine persönliche „Ausstiegshilfe“ zu haben. Wenn du spürst, dass du im Stress bist und in Gefahr, eskalierend zu handeln, gibt es verschiedene Möglichkeiten, das zu unterbrechen: 1. Versuche, dir bewusst zu werden, wie du dich fühlst, und kurz innezuhalten. Es hilft, wenn du über dich selbst in der dritten Person nachdenkst. Als nicht Ich bin ängstlich oder sauer, sondern Rosa fühlt sich … Das klingt verrückt, aber es hilft, um Distanz zu gewinnen. Probier also, aus dir herauszutreten und dich selbst von außen zu betrachten. 2. Sei kurz still und zähle langsam bis zehn. 3. Atme fünfmal tief durch die Nase, halte zwei Sekunden die Luft an und atme dann langsam aus. 4. Sag zu dir selbst: Nicht hineinziehen lassen, ruhig bleiben, … Es geht vorbei, in ein paar Minuten fühle ich mich schon wieder ruhiger. 5. Versuche, langsam und flach in den Bauch zu atmen (Zwerchfellatmung). Wenn du schnell und hoch in deiner Brust atmest, wirst du immer hektischer. 6. Geh kurz weg, um dich zu beruhigen. Sag zu den anderen, warum du verschwindest und dass du wieder zurückkommst. Dies sind einige Möglichkeiten, wie du reagieren kannst. Vielleicht hast du ja schon ein persönliches „Ausstiegsmantra“. Tauscht euch in der Kleingruppe dazu aus und findet euer persönliches „Mantra“. © Tra i ningsseminar 2012 NENA (Netzwerk Neue Autorität) Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Autismus-Kompetenzteam 2 Lehrkräfte + 2 Erzieherinnen aus HPT • • • • Erfahrungsaustausch Information Hospitation und Beratung Anbindung an MSD-Autismus Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Deeskalationsteam 1 Lehrkraft + heilpädagogischer Fachdienst + Schulund Tagesstättenleitung • Ausgangssituation: Messerattacke eines Schülers • Idee: Analog „Ersthelfer“ kann ein Mitglied des Deeskalationsteams in schwierigen bzw. gefährlichen Situationen per Durchsage angefordert werden. • Notwendigkeit wird im Team unterschiedlich eingeschätzt. • Befragung Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Deeskalationsteam - Befragungsergebnisse - Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Deeskalationsteam - Befragungsergebnisse - Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg AK Unterstützte Komunikation Mitglieder aus Schule, SVE, Heilpädagogischer Tagesstätte, Therapie • • • • • Gebärden der Woche Einheitliches Symbolsystem für HPZ „UK-Basar“ UK-Newsletter UK-Kisten Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Einheitliche Regeln • für den Umgang mit Sexualität im Austausch mit Lehrerkollegium Team der HPT erarbeitet mit Elternbeirat und SMV abgesprochen in allen Klassen besprochen • für die Pause im Lehrerkollegium erarbeitet in allen Klassen besprochen • für die Berufsschulstufe von Schul- und Tagesstättenleitung vorgegeben in allen Klassen besprochen und weiter entwickelt Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg Einheitliche Regeln - Beispiel - für die Berufsschulstufe Heilpädagogisches Zentrum der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung Amberg VIELEN DANK für Ihre Aufmerksamkeit Grenzwahrender Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die sich herausfordernd verhalten ein Entwicklungsprozess in Schule und Tagesstätte Ohne Familie geht nichts ! Wie kann die Einbindung der Familie gelingen ? Dr. med. Roland Ebner Kinder- und Jugendpsychiatrie Deggendorf Außenstelle des Bezirkskrankenhauses Landshut Warum Familienarbeit bei Verhaltensstörungen ? ● ● ● Familienorientierte Interventionen sind -evidenz basiert- effektiver als kindbezogene Interventionen Die Kombination von familienbezogenen mit metasystemischen Interventionen ist am effektivsten Die Familie kann die Beschulung massiv stören, ist aber auch die wichtigste Resource zur Besserung des Verhaltens Basis-Ziele Ein gemeinsames Störungsverständnis von Eltern und Schule ● Das Kind und sein Verhalten verstehen ● Die Familie und ihr Verhalten verstehen ● Die Schule und ihre Vorgehensweisen verstehen ● Tipps Vernetzen ● Eltern, Schule, Arzt, Heim als Team ● Transparenz, Klarheit ● Hausbesuche / Hospitationen der Eltern ● Belastung und Grenzen der Eltern sehen ● Unterstützungsteam (2-3) im Schulteam ● Konzepte ● ● ● „Neue Autorität“ nach Haim Omer / Arist von Schlippe (siehe Workshop 22) . Multi-Systemisch Familie in Schule (FiSch) nach Eia Asen. Familienorientiert Optimal: Kombination aus beiden Ansätzen Warum Multifamilien-Gruppen in der Schule (FiSch) ? Direkte Arbeit an Verhaltensproblemen in der Schule ● Familien akzeptieren Kritik und Vorschläge von Gleichbetroffenen besser als von Experten ● Familien spiegeln ihr Verhalten gegenseitig ● Sie lernen durch gegenseitige Beobachtung, Identifikation, Solidarität, Feed-Back ● Familien erleben sich als wertvoll für Andere ● BASIS: Allseitige Wertschätzung ! ● FiSch-Ziele ● Konkrete schulbezogene Arbeitsziele Verantwortung bei FiSch-Gruppen Der Schulleiter für die grundlegende Schulpädagogik und Rahmenbedingungen ● Die Lehrer für den Unterricht ● Die Eltern für die Kinder ● FiSch- Grundlagen Multi-Familien-Gruppenarbeit in der Schule ● Ziel ist die Beschulbarkeit zu verbessern ● Transparenz, Klarheit ● Eltern und Schule als Team ● Die Verantwortung für das Verhalten der Kinder bleibt bei den Eltern !!!! ● Die Gruppenleiter schaffen einen Kontext, in dem die Familien sich gegenseitig spiegeln und voneinander lernen können ● Fragen und Probleme beantworten NICHT die Leiter, sondern sie werden an die Gruppe zur Beantwortung weiter gegeben ● Die Fünf Schritte nach Eia Asen Ein Kind zeigt, in Anwesenheit des Elternteils, Fehlverhalten, das Elternteil scheint nicht zu reagieren. Der Lehrer spricht den Elternteil an, NICHT das Kind : 1) Ich sehe, dass Ihr Kind …. (Fehlverhalten) 2) Sehen Sie das auch so ? 3) Ist Ihnen das recht, wollen Sie das so ? 4) Wie würden Sie es denn gerne haben ? 5) Was müssten Sie jetzt wohl tun, damit es so wird wie Sie es wollen ? FiSch-Struktur FiSch-Klasse 1x wöchentlich ● Vormittags ca. 3 Stunden ● Übrige Schultage in der Stammklasse ● Klarer, strukturierter Zeitrahmen, z.B.: 7:45-8:15 Wochenbilanz der Vorwoche, Aufwärmübung 8:15-9:15 Unterrichtseinheit, Eltern im Hintergrund dabei 9:15-9:45 Pause, Eltern haben Verantwortung 9:45-10:45 Multifamilienarbeit (Spiele, Übungen) 10:40-11:10 Tagesbilanz; Abgleich von Selbstund Fremdeinschätzung. Entgültige Bewertung durch die Lehrkraft ● FiSch-Transparenz 2-4 konkrete Ziele ● Täglich mehrfache Rückmeldung mit Punktesystem ● Wird mit Eltern und Lehrern gemeinsam diskutiert ● Regelmäßige Reflexion (Zielerreichung) gemeinsam in der Gruppe, Kinder, Eltern und Lehrer ● FiSch nötige schulische Resourcen ● ● Zwei Gruppenleiter Mindestens eine davon mit systemischer (Grund-) Ausbildung und Basiskurs in Multifamilientherapie ● Mindestens eine davon ist Lehrkraft ● Eine Schulleitung, die dahinter steht Informationen Behme-Matthiessen; Pletsch: Handbuch Familienklasse. Multifamiliencoaching im Unterricht. Shaker-Verlag 2012 ● Asen; Scholz: Praxis der Multifamilientherapie. Carl-Auer-Verlag 2012 ● www.fisch-online.info (Webpage von FiSch) ● www.auditorium-netzwerk.de (Vorträge, auch mit Life-Arbeit, von Eia Asen und Haim Omer ● Multifamilientherapie-Fortbildung (www.dgsf.org) Grundkurs: 80 Unterrichtseinheiten (8 Tage) in drei Blöcken ● Aufbaukurs zum zertifizierten MFT-Therapeuten: 90 Unterrichtseinheiten (9 Tage) ● Psychische Störungen bei Menschen mit mehrfacher Behinderung Fachtag „An den Grenzen…“ Hilpoltstein, 17.10.2014 Universität Würzburg Lehrstuhl für Körperbehindertenpädagogik Dr. Christian Walter-Klose (Dipl.-Psych.) Gliederung Formen psychischer Störungen Entstehung psychischer Störungen Umgang mit psychischen Störungen und herausforderndem Verhalten (Prävention, Intervention und Krisenintervention) 3 Psychische Störung (Myers, 2008, 745) Verhaltens- und Erlebensweise eines Menschen, die von der Norm abweicht und für die betroffene Person oder die Gesellschaft mit Beeinträchtigungen verbunden ist. Sie ist gekennzeichnet durch ein atypisches, störendes, unangepasstes und rational nicht zu rechtfertigendes Verhalten. Merkmale psychischer Störungen (nach Davison, Neale & Hautzinger (2007, S.8) Statistische Seltenheit / Außergewöhnlichkeit Unangemessenheit des Verhaltens & Erlebens (Irrationalität, Unvorhersehbarkeit) Verletzung sozialer oder moralischer Normen das persönliche Leid Beeinträchtigung der Lebensführung 5 Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 F0 Organische Störungen F1 Störungen durch psychotrope Substanzen F2 Schizophrenie F3 Affektive Störungen F4 Neurotische Störungen F5 Verhaltensauffälligkeiten F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen F7 Intelligenzminderung F8 Entwicklungsstörungen F9 Verhaltens- und emotionale Störungen F99 Sonstige psychische Störungen 6 „Sinn“volle Diagnosen Wert von Diagnosen Klare Beschreibung und Fachterminologie erleichtert Kommunikation Hinweise zur Ursache Hinweise für die Behandlungen und pädagogischer Umgang Nutzen psychiatrischer und psychotherapeutischer Kompetenz Aber auch Gefahr der Diskriminierung Etikettierung Chronifizierung der Störung Psychiatrisierung von Verhalten Individualisierung des Problems 7 Probleme der Diagnosestellung bei Menschen mit Behinderung Viele Daten beruhen auf Fremdanamnese Symptome nicht erfahrbar sondern häufig nur Hypothesen über Gründe von Verhaltensweisen, die durch gezielte Beobachtung begrenzt evaluiert werden können Schwierigkeiten der Kommunikation Überprüfung des Nutzens und der Wirkung der Diagnose ist zentral! 8 Schizophrenie 9 Schizophrenie in der ICD-10 (zit.n. Huppert & Kienzle, 2010) Während der meisten Zeit innerhalb eines Zeitraumes von mindestens einem Monat (oder während einiger Zeit an den meisten Tagen) sollte eine psychotische Episode mit entweder mindestens einem der unter (A) aufgezählten Syndrome, Symptome und Anzeichen oder mit mindestens zwei der unter (B) aufgezählten Symptome und Anzeichen bestehen. (A) Mindestens eines der folgenden Merkmale 1 bis 4 Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung, Gedankenentzug oder ausbreitung. Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten, deutlich bezogen auf Körper- und Gliederbewegungen oder bestimmte Gedanken, Tätigkeiten oder Empfindungen; Wahnwahrnehmung. Kommentierende oder dialogische Stimmen, die über die Patienten reden oder andere Stimmen, die aus bestimmten Körperteilen kommen. Anhaltender kulturell unangemessener, bizarrer Wahn. 10 (B) Oder: Mindestens zwei der Merkmale 5 bis 8 Anhaltende Halluzinationen jeglicher Sinnesmodalität, täglich während mindestens eines Monats, begleitet von flüchtigen oder undeutlich aus gebildeten Wahngedanken ohne deutliche affektive Beteiligung oder begleitet von lang anhaltenden überwertigen Ideen. Neologismen, Gedankenabreißen oder Einschiebungen in den Gedankenfluss, was zu Zerfahrenheit oder Danebenreden führt. Katatone Symptome wie Erregung, Haltungsstereotypien oder wächserne Biegsamkeit (Flexibilitas cerea), Negativismus, Mutismus und Stupor. Negativsymptome wie auffällige Apathie, prachverarmung, verflachte oder inadäquate Affekte (nicht durch eine Depression bedingt oder neuroleptikainduziert). Eindeutige, dauerhafte, umfassende Verhaltensänderung mit Ziellosigkeit, Trägheit, sozialem Rückzug, einer in sich selbst verlorenen Haltung (Autismus). 11 Typen der Schizophrenie Subtypen Symptome und Charakteristika Paranoide Schizophrenie (F20.0) Wahn/Halluzinationen Hebephrene Schizophrenie (F20.1) „leere Heiterkeit“, Denkstörungen Katatone Schizophrenie (F20.2) Psychomotorische Störung (Stupor, Erregung) Undifferenzierte Schizophrenie (F20.3) Kein Überwiegen einzelner Symptome Postschizophrene Depression (F20.4) Depression im Anschluss einer Schizophrenie Schizophrenes Residuum (F20.5) Kontaktschwäche, autistischer Rückzug Schizophrenia simplex (F20.6) Fehlen von Positivsymptomen Nach Hoffmann (2007) Symptome Plus-Symptomatik Halluzinationen, Wahn, Denkzerfahrenheit, Ich-Störungen psychomotorische Erregung, katatone Phänomene Minus-Symptomatik Affektverflachung, Verarmung des Antriebs, der Sprache und des sozialen Kontakts 13 Ätiologie (Hoffmann , 2007) Multifaktorielles Geschehen Genetische Komponente (besonders Chromosomen 1, 5, 7, 9, 10, 13, 15, 18, 22) MacIntyre et al. 2003 Neurotransmitter (DA für Positivsymptomatik, 5HT für Negativsymptomatik) Hirnanatomie (vergrößerte Liquorräume, geringeres Volumen der grauen Substanz) Einfluss des sozioökonomischen Umfeldes (insbesondere auf Verlauf) Verlauf 1/3 Regel 1/3 einmalige Erkrankung mit langsamer Erholung (ca. 1 Jahr) 1/3 rezidivierender Verlauf mit unterschiedlich langen Phasen ohne Symptome 1/3 chronisch Nach Hoffmann (2007) Depression 16 Affektive Störungen Manische Episode Depressive Episode Rezidivierende depressive Störungen Bipolare affektive Störungen Anhaltende affektive Störungen Leitsymptome depressiver Störungen (nach Meinert & Wikling, 2007) Affektivität Gedrückte Stimmung (Traurigkeit, Resignation, Verzweiflung), „Gefühl der Gefühllosigkeit“; Verlust an Selbstvertrauen Antrieb Antriebsminderung, Interessenverlust, erhöhte Müdigkeit, negative Zukunftssicht Aber auch: Agitiertheit Denken und Wahrnehmung Grübeln, geringe Aufnahmefähigkeit für neue Gedanken Kognitive Funktionen Subjektiv quälende Unfähigkeit zu Aufmerksamkeit und Konzentration Vitalstörungen Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Libidoverlust Wie entstehen psychische Störungen? Biologische Paradigma Psychodynamische Paradigma Humanistische Paradigma Lerntheoretische Paradigma Das kognitive Paradigma Interaktionistisches Paradigma 19 Das biomedizinische Krankheitsmodell Noxe •Chemisch •Biologisch •physikalisch Gesunder Mensch Krankheit Erklärungshypothesen für Depression (Hautzinger & de Jong-Meyer, 1997; Meinert & Wilking, 2007) Biologische Hypothesen Störungen der Balance der biogenen Amine im ZNS Dopamin Serotonin Noradrenalin Störungen im Hormonhaushalt Psychologische Hypothesen Lebensereignisse Gelernte Hilflosigkeit Dysfunktionale Kognitionen Biologische Faktoren Psychologische Faktoren Soziale Faktoren Entstehung und Verlauf der Krankheit Das bio-psycho-soziale Krankheitsmodell Vulnerabilitäts-Stress-Modell zur Entstehung psychischer Störungen Umweltbezogene Risikofaktoren (Stress, Belastungen) Umweltbezogene Schutzfaktoren ( z.B. Familie, Umwelt) Personale Schutzfaktoren (Resilienz) Personale Risikofaktoren (Vulnerabilität) Vulnerabilitäts-Stress-Modell zur Entstehung psychischer Störungen Umweltbezogene Risiko- & Schutzfaktoren Psychische Störung Belastung Belastung Personale Risiko- & Schutzfaktoren Pädagogische Maßnahmen zur Prävention psychischer Störungen Risikofaktoren reduzieren / Schutzfaktoren stärken unnötige Belastungen reduzieren Offenes, unterstützendes und wertschätzendes Klima im Alltag Klarheit und Vorhersehbarkeit in den Abläufen Förderung der sozialen Kompetenz Förderung der Kommunikationsfähigkeit Förderung der Selbstwirksamkeit Prävalenz psychischer Störungen bei Menschen mit Intelligenzminderung Psychische Störung Prävalenz Normalbevölkerung Prävalenz bei Menschen mit geistiger Behinderung 22,1% 10 – 60% 2% 11-24% 0,4 – 0,8% 3-4% Depression 2% 1,3-3,7% Bipolare affektive Störung 1% 4% Zwangsstörungen 1% 1-3,5% 10-13% 22-27% Psychische Störung (allgemein) Demenz / Alzheimer Psychosen / Schizophrenie Persönlichkeitsstörung (Schanze, 2007, 19) 26 Gründe Biologisches Modell Schädigungen des ZNS können psychische Störungen direkt bedingen Vulnerabilitäts-Stress-Modell Schädigungen des ZNS können die Vulnerabilität erhöhen Traumatisierungen Bindungserfahrungen Funktionseinschränkungen / Selbstwirksamkeitserfahrungen Körperliche Belastungen, Schmerzen Soziale Erfahrungen => Risikofaktoren => fehlende Schutzfaktoren => mehr Stressfaktoren Was versteht man unter herausforderndem Verhalten? „Zur Herausforderung wird ein Verhalten aufgrund der Auswirkungen, die es für das soziale Umfeld und den Handelnden selbst hat.“ (Dieckmann/Haas/Bruck) Herausforderndes Verhalten ≠ psychische Störungen Erklärungsansätze für herausforderndes Verhalten organische Erklärungsansätze körperliche Erkrankungen entwicklungspsychologischer Ansatz lerntheoretischer Ansatz Konzept der Selbststimulation/Homöostase Aspekt der kommunikativen Funktion psychische Erkrankungen Gewalterlebnisse 29 Erkrankung an einer psychischen Störung + Psychische Störung + Psychiatrische Kompetenz Maßnahmen Diagnostik allgemeine Maßnahmen der Prävention, Intervention und Krisenintervention Störungsspezifische Maßnahmen Diagnostik Dokumentation Beobachtung Videoaufnahmen Verhaltens- und Wirkungsanalyse Anamnese Prävention Allgemeine Perspektive Spezifische Perspektive Erste Ansätze für präventive pädagogische Maßnahmen Risikofaktoren reduzieren / Schutzfaktoren stärken Offenes, unterstützendes und wertschätzendes Klima im Alltag Klarheit und Vorhersehbarkeit in den Abläufen Förderung der sozialen Kompetenz Förderung der Kommunikationsfähigkeit Förderung der Selbstwirksamkeit Erfüllung der Grundbedürfnisse nach Orientierung & Kontrolle, Lust, Bindung und Selbstwerterhöhung sicherstellen 34 Psychische Grundbedürfnisse Epstein (zit. n. Grawe, 1994) ein Bedürfnis nach Orientierung, Kontrolle und Kohärenz ein Bedürfnis nach Lust ein Bedürfnis nach Bindung ein Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung Steigerung des Wohlbefindens und der Ausgeglichenheit Auswahlmöglichkeiten und Handlungsspielraum beim Verhalten im Alltag Verhaltensmöglichkeiten Ausgeglichenheit Möglichkeiten Anspannung „Ich komm besser klar, wenn Du klar bist.“ Donna Williams Prävention unter Berücksichtigung der spezifischen Lebensumstände Aufgrund der Beeinträchtigung Diskriminierungserfahrungen Schmerzen Wahrnehmungsschädigung Kommunikationsmöglichkeiten Vulnerabilitäten Aufgrund von Erfahrungen Traumatisierungen Unsichere Bindungen Spezifische Präventionsmaßnahmen Vor dem Hintergrund der spezifischen Beeinträchtigung Belastungen reduzieren Risikofaktoren reduzieren Schutzfaktoren stärken Individuum und Umwelt Umwelt vorbereiten (Fachwissen, Abläufe festlegen, Kompetenzen trainieren, Netzwerke aufbauen,…) Frühwarnsystem und Selbst- und Fremdschutz Deeskalationsmaßnahmen z.B. im Kontext Aggression Verlauf Unmittelbar beginnend bei Bedrohungsgefühl langsam ansteigend (Spannungskurve) =>Frühwarnzeichen, um Kontrolle zu bekommen => Deeskalationsmaßnahmen im Vorfeld Mensch mit Behinderung Pädagoge Intervention Prävention Allgemeine Perspektive In Beziehung bleiben Sich Hilfe holen heilpädagogischer und psychologischer Fachdienst medizinische Abklärung (z.B. organische Ursachen) psychiatrische Fragen benötigen psychiatrische Kompetenz! Supervision Unterstützung durch Vorgesetzte und Einrichtungsleitung Beispiele einiger störungsspezifischer Pädagogischer Maßnahmen Schizophrenie Strukturorientiere Pädagogik im Fokus Ernst nehmen und begleiten Belastungen angemessene Belastungen … Depression Grundbedürfnisse Tagestruktur und Aktivitäten Bewegung Positive Erlebnisse im Tag Angemessene Belastungen … reduzieren Störungsspezifisches Fachwissen Belastungen auf mehrere Schultern verteilen Auf sich selbst achten Spezifische Konzepte im Umgang mit Aggressionen Trierer Aggressionstraining (Heinrich) Beratung und Supervision TEACCH Medizinische Aspekte Schutz- & Sicherheitstechniken Organisatorische und technische Sicherheitsvorkehrungen Ethische Aspekte Spezifische Konzepte im Umgang mit Aggressionen Professionelles Deeskalationsmanagement (Wesuls) (ProDeMa®) Verständnis der Ursachen aggressiven Verhaltens Deeskalationstechniken, Schutzmaßnahmen Umgang in Institutionen Rechtliches (Organisationsverantwortung) Schutzmaßnahmen, Umfeldgestaltung Notfallpläne Nachsorge Arbeitsschutz, Kleidung, Schuhwerk KI Krisenintervention Intervention Prävention Verläufe und Interventionsphasen Lern- und Erziehungsphase Entspannungsphase Krisenphase Schutzphase Eskalationsphase Erregungsniveau Krisenintervention Vorbereitete Sicherheit und Schutzmaßnahmen Deeskalationsmaßnahmen Freiheitsentziehende Maßnahmen Organisatorische Absprachen und Regelungen Einbezug der Eltern und gesetzlicher Betreuer! Arten von Psychopharmaka: Einteilung nach therapeutisch angestrebten Effekt (Delay 1957 zit. n. Laux 2010, 354) 1. Psycholeptika – Pharmaka mit vorwiegend dämpfender Wirkung auf die Psyche ( Neuroleptika,Tranquilizer, Hypnotika), 2. Psychoanaleptika – Pharmaka mit vorwiegend anregender Wirkung auf die Psyche (Antidepressiva, Psychostimulanzien), 3. Psychodysleptika (Psycholytika) – Pharmaka, die psychotische Zustande künstlich hervorrufen können (Halluzinogene wie LSD, Pilzgifte). 49 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Noch offene Fragen? [email protected] Gerhard Spangler WS 9 – Das Heilsbronner Modell zur kollegialen Beratung Eine Möglichkeit zur Unterstützung, im Umgang mit herausforderndem Verhalten in der Schule Weitere Informationen finden Sie unter: https://kokom.net Auf diesen Seiten finden Sie eine ppt, die die Seite erklärt und die Materialien zum Heilsbronner Modell, zum Download. Unter der E‐Mail: eschenbacher.rpz‐[email protected], können auch Flyer zum Modell kostenlos bestellt werden. Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV Pädagogik bei geistiger Behinderung Fachtag „An den Grenzen“ 17.10.2014 Auhof / Hilpoltstein Aggression und Gewalt: Was kann man für die Mitarbeiter tun? Dipl-Psych. Dipl.-Psych.Ger. Thomas Spaett Gewalt in Krankenhäusern und Wohnheimen „Erhöhtes Risiko in Pflegeheimen, Behindertenheimen und psychiatrischen Bereichen“ Unfallkasse Baden-Württemberg 2004 Aggression und Gewalt Zielgerichtete und beabsichtigte Handlungen Intention, Sachen zu beschädigen Intention, Personen zu schädigen physisch emotional sozial Was passiert mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? STRESS Begriff • Reaktion auf Alarmsituationen, „Fight-or-FlightReaction“ (Cannon 1914) • Unspezifische Reaktion auf eine Belastung des Körpers (Selye 1974) • Allgemein: Durch spezifische äußere Reize (Stressoren) hervorgerufene psychische und physische Reaktion bei Lebewesen, die zur Bewältigung besonderer Anforderungen befähigen Stressmodell von Selye (1936, 1948) Wahrnehmung einer Gefahr Aktivierung des Sympathikus AdrenalinAusschüttung Erhöhte Leistungsfähigkeit Physiologische Stressreaktion • „first wave“ – Aktivierung des Sympathikus – Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin – Schnelle Reaktion mit Pulsanstieg, Schwitzen, erhöhter Aufmerksamkeit, Muskeltonus … • „second wave“ – Aktivierung der Hypothalamus-HypophysenNebennierenrinden-Achse – Hormonausschüttung (z.B. Cortisol) – Langsame Reaktion mit Steigerung des Grundumsatzes, Hemmung des Immunsystems und Schmerzunterdrückung Transaktionales Stressmodell (Lazarus 1974) Stressoren Primäre Bewertung positiv irrelevant Kein Stress bedrohlich Sekundäre Bewertung bewältigbar Kein Stress nicht bewältigbar Stress Neubewertung Anpassung Lernen Transaktionales Stressmodell (Lazarus 1974) • Stress ist eine Reaktion auf Reize (Stressoren), die individuell bewertet werden. • Stress entsteht in der Folge von Bewertungen. • Damit lassen sich die großen inter- und intraindividuellen Unterschiede erklären. • Bewertungen sind u.a. abhängig von: – – – – Erwartungshaltungen Wissen und Erfahrung Selbstvertrauen / Selbstsicherheit Aktuellem psychophysischem Zustand („Tagesform“) Stresssymptome Physiologisch • • • • • • • • • • • Schwindel-/Schwächeanfälle Benommenheit Schlafstörungen Erhöhter Puls und Blutdruck Atemprobleme / beschleunigte Atmung Sehschwäche Müdigkeit Übelkeit, Erbrechen Muskel- / Nervenzucken / Lähmungen / Taubheitsgefühle Kopf- und Brustschmerzen … Emotional • • • • • • • • • • • • Angst, Furcht, Panik Unsicherheit Schuldgefühle Gefühl der Hilflosigkeit Beklemmung Reizbarkeit / Aggressionen Wutausbrüche leichte Erregbarkeit übertriebene Trauer Verdrängung Gefühlsarmut, -ausbrüche … Stresssymptome Kognitiv • • • • • • • • • Verwirrung Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung räumliche und zeitliche Desorientierung veränderte Wahrnehmung Misstrauen Alpträume Schwächen in Konzentration und Aufmerksamkeit Gedächtnis- und Erinnerungslücken … Verhalten • Zurückgezogenheit • Überempfindlichkeit • Hektik / Rast- / Ruhelosigkeit • unsoziale Handlungen • unkontrollierte Bewegungen • erhöhter Konsum von Alkohol, Genussmitteln, Medikamenten • Hunger oder Appetitlosigkeit • Veränderungen im sozialen Umfeld • … Stress und Krankheit • • • • • • Hypertonie, Koronare Herzkrankheit Asthma Kopfschmerzen / Migräne Störungen des Immunsystems Anfälligkeit für Infektionen steigt Begünstigt das Fortschreiten z.B. von MagenDarm-Erkrankungen und Tumore Was passiert mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? TRAUMA Definition Trauma Objektiv feststellbares Ereignis außerhalb der normalen Erfahrungsnorm, das den (drohenden) Tod, die Verletzung oder eine Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der eigenen oder anderer Personen beinhaltet Subjektives Erleben von Hilflosigkeit, Ohnmacht, intensiver Furcht und Entsetzen (Lehmann 2007) Störungsbilder Anpassungsstörung F 43.2x Akute Belastungsreaktion F 43.0 Posttraumatische Belastungsstörung F 43.3 Persönlichkeits-veränderung nach Extrembelastung F 62.0 Zeit (DIMDI 2014) Akute Belastungsreaktion (1) • Eine vorübergehende Störung, deren Symptome innerhalb von Stunden oder Tagen (bis maximal 4 Wochen) abklingen • Beträchtlicher Schweregrad • Reaktion auf eine außergewöhnliche körperliche oder seelische Belastung Akute Belastungsreaktion (2) Primäre Symptome: • Körperlich: Zittern, schneller Puls, Schweißausbrüche • Oft keine emotionale Beteiligung am Geschehen • Schwierigkeiten mit ungewohnten oder komplexen Aufgaben, Denkblockaden • Wahrnehmungsstörungen, z.B. Fokussierung auf Details • Gedächtnisverlust (“Filmriss”) • Derealisation (“Wie im Film”, “ferngesteuert”) • Depersonalisationserleben (“neben der Kappe stehen”) • Hilflosigkeit bzw. das Gefühl, ausgeliefert zu sein Akute Belastungsreaktion (3) Sekundäre Symptome: • sich aufzwängende sensorische Wiedererinnerung (Bildern, Geräuschen, Gerüchen, taktilen Eindrücken) • Schlafstörungen, Alpträume • Konzentrationsschwierigkeiten, Schreckhaftigkeit • Gereiztheit • sozialer Rückzug • Schuldgefühle • Körperliche Beschwerden ohne erkennbare Ursache Posttraumatische Belastungsstörung • • • • Traumatisches Ereignis ist vorausgegangen Wiedererinnerungen („intrusions“) Vermeidung („avoidance“) Symptome gesteigerter Erregung („hyperarousal“) und/oder Dissoziationen • Symptome treten innerhalb von 6 Monaten nach dem belastenden Ereignis oder nach Ende einer Belastungsperiode auf Folgen einer PTBS • häufiger Depressionen • Risiko des Alkohol-, Medikamenten- und Drogenmissbrauchs • häufiger Angststörungen • häufiger körperliche Erkrankungen • Verminderung der Leistungsfähigkeit • Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen • höhere Suizidgefährdung Arbeitsunfähigkeit Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter hatte eine Gewalterfahrung. MASSNAHMEN Unmittelbar nach dem Vorfall • Ruhe bewahren! • Überblick verschaffen (Hergang, Verletzungen, Aufenthalt des Täters) • Betroffenen aus dem Gefahrenbereich bringen (Trennen vom Täter, ggf. Hinzuziehen der Polizei, vor Schaulustigen schützen) • Erste Hilfe leisten, ggf. weitere medizinische Versorgung in die Wege leiten • Erstgespräch führen • Vorgesetzten über den Vorfall informieren Erstgespräch (möglichst durch Vorgesetzten) • Psychische Erste Hilfe: – Sicherheit vermitteln – Unterstützung geben – Eigene Ressourcen fördern • • Vermeiden von Bagatellisierungen, Vorwürfen, Begründungsfragen, Tadel oder scherzhaften Bemerkungen Sofern nicht geschehen: Motivieren sie den Betroffenen zu – Arztbesuch (Behandlung / Dokumentieren von Verletzungen) – Kontaktaufnahme zur Polizei / Erstattung einer Anzeige – Gespräch mit dem Vorgesetzten • • Erörtern Sie das weitere Vorgehen (Beurlaubung, kurzzeitige Versetzung, externe Beratung, Psychotherapeutische Angebote) Beachten Sie evtl. Fahruntüchtigkeit Weitere Maßnahmen (Vorgesetzter) • Kontaktaufnahme zum Betroffenen, dabei keine Schuldzuweisung wegen der Gewalterfahrung • Physische und psychische Folgen beachten • Analyse der Vorfalls und Besprechen des weiteren Vorgehens (mit Betroffenem) • Unfallmeldung an die BG / Eintrag ins Verbandbuch • Ggf. Betriebsarzt / FK für Arbeitssicherheit informieren • Informieren von Kollegen / anderen Mitarbeitern • Kontakt zu Betroffenem aufrecht erhalten Gespräch mit dem Team • • • • • • zeitnah Analyse des Vorfalls Bedürfnisse der Teammitglieder beachten Weiteres Vorgehen gemeinsam besprechen Ggf. Fortbildung / Schulung / Supervision Ggf. externe Beratung Folgegespräche mit Betroffenem • Veränderungen aufgrund des Vorfalls besprechen • Über aktuellen Sachstand informieren (Strafanzeige) • Erwartungen des Betroffenen abklären • Auf Therapeutische Hilfen hinweisen, ggf. zu Screening auf PTBS motivieren (Traumaambulanz, Psychotherapeut/Psychiater, Beratungsstelle) Menopause? Pinkelpause? Raucherpause? Kurze Pause? Teepause? Andropause? Keine Pause? Für-immer-Pause? Kaffeepause? Bananenpause? Sendepause? Babypause? Lange Pause? Blaupause? Die Stütz- und Förderklasse in Au am Inn Sabine Thalmaier + Thomas Meier Auhof, 17.10.2014 Kurzer Rückblick veränderte Schülerschaft am FZgE Drastischer Anstieg des Bedarfes an Schulbegleitungen Erste Verhandlungen mit Bezirk u. Regierung 2008 Bildung einer „Auffanggruppe“ (2008/2009) + „Locker Bleiben“ (2009/2010) bedarfsgerechte Neuorientierung des Trägers mit Neubau Heim (Bezug 2011) Aufnahme der Gespräche u. Antrag SFK 2012 Genehmigung SFK für Schuljahr 2012-2013 Heimerweiterung um eine zusätzliche Gruppe Genehmigung einer weiteren SFK für Schuljahr 2013-2014 Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn Warum eine SFK? Grenzen der „selbstverwalteten Schule“ – Modell muss in ähnlicher Form schon vorliegen Kernintention: Zusammenarbeit KM-SM gegeben Schaffung von Ressourcen – Kleinere Klasse – Stabile Personalausstattung Größere Flexibilität Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn Personenkreis Schüler mit Doppeldiagnosen autistische Schüler Schüler mit massiven psychischen Auffälligkeiten (Schizophrenie, Borderline, Aggressionen, Autoaggressionen ….) Schüler, die trotz Unterstützung in anderen Einrichtungen gescheitert sind „Die Kinder können, bedingt durch die tief greifenden Entwicklungsstörungen, in keiner anderen Wohnform oder Hilfemaßnahme betreut werden. Es wurden bereits alle pädagogischen, medizinischen und psychiatrischen Handlungsansätze im herkömmlichen Rahmen ausgeschöpft.“ Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn Rahmenbedingungen Das Modell funktioniert in seiner jetzigen Form nur in Zusammenhang mit einem Wohnheim Alle Schüler haben einen Unterbringungsbeschluss Das Konzept eines Trägers muss als Ganzes Lösungsmöglichkeiten anbieten Die Rahmenbedingungen (Personalausstattung, Qualifikation, Erfahrung, Fortbildung, Supervision, psychiatrische Versorgung,….) müssen sichergestellt sein Enge Verzahnung von Wohnheim u. Schule Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn Bedürfnisse der Schüler Vielfältige Beschulungsmodelle – – – – stundenweise Beschulung Beschulung an unterschiedlichen Orten Beschulung in Kleingruppen (individuelle Konzepte) Eingliederung nach Möglichkeit im Klassenrahmen Besondere räumliche Anforderungen mehr an motorischen / therapeutischen Angeboten „Schule“ muss neu definiert werden Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn Ressourcen Personelle Ausstattung – Regierung: Lehrer – und Pflegestunden für 25 UZE – Bezirk: Pflegekraft und Heilerziehungspfleger/in für 25 UZE (in Form eines Aufschlages auf den Pflegesatz/Schüler) Räumliche Ausstattung – Klassenraum – zusätzliche Nebenräume (Bestand) Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn Umsetzung 3 Wohnheimgruppen mit insges. 18 Schülerinnen u. Schülern => max. 12 Schüler in SFK, 6 Schüler mit SB Beschulung in SFK und im Klassenverband flexibler Übergang zwischen den Modellen ! Klassenstärke: max. 6 Schüler (min. 5 Schüler) Im Schuljahr 2014/2015 – SFK 1 + SFK 2 (mit 5 + 5 Schülern) – Beschulung mit Schulbegleitung 3 Schüler – Beschulung im Klassenverband ohne Begleitung: 5 Schüler Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn Umsetzung Einsatz von Lehrerteam Beschulung in Schule u. Heim Beschulung nach Stundentafel HS (5 x 5 UZE) ggfs. vorzeitige Rückkehr ins Heim unter Aufsicht Schule festes Personal (täglich gleich) enge Kooperation mit Heim (Teams; Facharztvisiten etc.) Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn Raumgestaltung und -nutzung Schule (SFK 1) geschlossener Bereich Schule (SFK 2) Heim eigener Bereich im geschlossene Wohn- Schulgebäude gruppen •Klassenzimmer •Klassenzimmer •Klassenzimmer •Küche •Küche •Küche •Rückzugsraum „Höhle“ •Entspannungsraum •eigene Zimmer der •Bewegungsflur •Flur Jugendlichen zum •Ausweichraum Rückzug Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Klassenzimmer SFK 1 Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Klassenzimmer SFK 2 Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Klassenzimmer Heim Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Küche SFK 1 SFK 2 Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Rückzugs-/ Entspannungsraum SFK 1 SFK 2 Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Bewegungsflur Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Ausweichraum Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Schwerpunkte im Unterricht starke Rhythmisierung während des gesamten Unterrichtsvormittags Abwechseln von Anforderungs-, Entspannungs- und Bewegungsphasen Berücksichtigung individueller Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schüler durch Anpassung der Rahmenbedingungen – individuelle Schulzeiten – Einzelarbeitsplätze – Visualisierungen und Orientierungshilfen – individuelle Interessen aufgreifen – Rotieren der Mitarbeiter Erstellen von Kriseninterventions- u. Notfallpänen Anbahnen und Erweitern von Kommunikationsmöglichkeiten und Handlungsfähigkeit Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn notwendige Besprechungsformen regelmäßige Teamsitzungen der Klassenteams regelmäßige Fallgespräche der Klassenteams mit Bezugsbetreuer aus Wohngruppen, Psychologin und Therapeuten regelmäßige Besprechung der Lehrkraft mit Wohngruppenleiter Besprechungen mit Lehrkräften der Stammklassen regelmäßige Visiten des Kinder- und Jugendpsychiaters im Rahmen des Konsiliardienstes der Heckscher Klinik regelmäßige Elterngespräche Supervision im Klassenteam Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn bisherige Erfahrungen Ermöglichung eines regelmäßigen Schulbesuchs für jeden Schüler Abnahme der Verhaltensproblematik bei den meisten Schülern Entzerrung in Krisen- oder „Problem“-Situationen geringerer „Spagat“ der Mitarbeiter bzgl. individueller Bedürfnisse der Schüler und ihrer Mitschüler Entlastung der Mitschüler und des Personals in den Stammklassen Erweiterung der Fördersituationen (Arbeitszeit, Aufgabenmenge) sowie der Dauer des Schulbesuchs phasenweise Integration und Rückführung in Stammklassen hohe Elternzufriedenheit Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Reibungspunkte zwischen Schule und Wohnheim aufgrund sehr enger Zusammenarbeit und fließender Grenzbereiche, v.a. in der Anfangsphase Diskussions- u. Informationsbedarf auch innerhalb des eigenen Kollegiums parallele Standorte in Schule und Heim bieten Vor- u. Nachteile Wunsch nach Modell für externe Schüler Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn Konzept der Stütz- und Förderklasse im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (kurz SFK-gE) Franziskus-von-Assisi-Schule in Au am Inn Vorwort Die Franziskus-von-Assisi-Schule gehört zum Franziskushaus, welches unter der Leitung der Kongregation der Franziskanerinnen Wohnheim, Tagesstätte, Frühförderung und Kindergärten umfasst. In der Schule steht die Bildung, Erziehung und Lebensbegleitung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer leichten bis schweren geistigen Behinderung im Vordergrund. Zudem wächst die Zahl der Kinder und Jugendlichen, welche zusätzlich zu ihrer geistigen Behinderung einer psychischen Belastung ausgesetzt bzw. von einer Doppeldiagnose mit psychischer Störung betroffen sind. Dies führt teilweise zu massiv belastenden und auffälligen Verhaltensweisen. Die Franziskus-von-Assisi-Schule versucht durch ganzheitliche Förderung und differenzierte Beschulungsangebote den individuellen Bedürfnissen ihrer Schüler sowie dem Bildungsauftrag gerecht zu werden. 1. Grundlegende Gedanken „Jedes Verhalten ist subjektiv sinnvoll“ Auffälliges Verhalten wird vom Umfeld oft als sehr belastend und störend wahrgenommen. Jedoch ist davon auszugehen, dass „jedes Verhalten, mag es für Außenstehende noch so seltsam erscheinen, (…) für den Betreffenden sinnvoll“ ist. „Es hat in einer bestimmten Situation, in einem bestimmten sozialen Zusammenhang und unter bestimmten Bedingungen eine Funktion.“ (Bergsson, Luckfiel 2003, 23) Das „Verstehen-Wollen“ des Schülers und seines Verhaltens steht im Vordergrund. Dies beinhaltet neben einer möglichen Verhaltensregulierung beim betroffenen Schüler vor allem auch eine Veränderung der Gegebenheiten im Umfeld. 2. Sonderpädagogische Stütz- und Förderklassen im Förderschwerpunkt sozial-emotionale Entwicklung „Die Sonderpädagogischen Stütz- und Förderklassen mit integrierter heil- und sozialpädagogischer Betreuung sind besondere Klassen der staatlichen oder privaten Förderschulen in Bayern. … Innerhalb der SFK kooperieren Schule und Jugendhilfe als Partner mit klarer Aufgabenverteilung.“ (Baier, Weigl, Walke 2007, 11) Das gemeinsame Ziel ist die „Reintegration an eine allgemeine Schule oder eine Förderschule bzw. am Übergang in eine berufliche Bildung.“ (ebd.) Hierzu unterscheidet sich die Stütz- und Förderklasse im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (SFK-gE) in folgenden Punkten: integrierte heilpädagogische Fachkraft (Heilerziehungspflegerin) und Pflegekraft aufgrund der anteiligen Finanzierung durch den Bezirk Schulzeit nur vormittags (8.00 bis 12.15/ 13.00 Uhr) Erstellung der Förderplanung im Team unter Leitung der Lehrkraft Ziel: Rückführung der Schüler in die entsprechende Stammklasse am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Die Stütz- und Förderklasse der Franziskus-von-Assisi-Schule 1. Entstehungsgeschichte Aufgrund der sich verändernden Schülerschaft und der zunehmenden Verhaltensauffälligkeiten bei einigen Schülern entwickelten Lehrkräfte der Franziskus-von-Assisi-Schule bereits 2008 das Konzept der „Auffanggruppe“ nach dem damaligen Konzept des Stütz- und Förderangebots der Otto-Steiner-Schule am HPCA in München. Hier wurden einzelne Schüler stundenweise aus dem Klassenunterricht genommen und in Einzel-, Partner- oder Kleingruppenangeboten individuell vor allem im Schwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung gefördert. Ziel war die emotionale Stabilisierung der betroffenen Schüler sowie die phasenweise Entlastung der Klassensituation. Desweiteren wird seit 2009 einmal wöchentlich das Sozialtraining „Locker bleiben“ kassenübergreifend angeboten. Mit der Erweiterung des Wohnheims und der stetigen Zunahme psychisch belasteter Kinder und Jugendlicher war die Notwendigkeit eines neuen Klassenkonzepts mit an die Bedürfnisse der Schüler angepassten Rahmenbedingungen gegeben. So entstand in Zusammenarbeit mit der Regierung und dem Bezirk im Schuljahr 2012/13 das Konzept der „Stütz- und Förderklasse im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (SFK-gE)“. Aktuell liegt die Genehmigung für die Bildung von 2 Stütz- und Förderklassen vor. 2. Schüler der SFK-gE In der SFK-gE können Schüler aus allen Jahrgangsstufen inklusive der Berufsschule unterrichtet werden. Im Schuljahr 2014/2015 werden 10 Kinder u. Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren unterrichtet. Allen Schülern sind folgende Aspekte gemeinsam: umfassende und gravierende Verhaltensschwierigkeiten am früheren Lernund Lebensort (trotz Individualbetreuung in der Schule), damit einhergehend Ausschluss vom Schulbesuch Aufenthalt in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung zur Abklärung der psychiatrischen Erkrankung und Versuch der Stabilisierung Umzug in eine Intensivwohngruppe des Franziskushauses mit gerichtlichem Beschluss auf Einschluss hoher Betreuungs- und Förderbedarf im sozial-emotionalen Bereich (psychosoziale Belastungsfaktoren, schwere soziale Beeinträchtigungen) Sprachentwicklungsstörungen Orientierungslosigkeit und Gefahr des Weglaufens 3. Personelle und räumliche Rahmenbedingungen Alle Schüler leben in intensiv-pädagogisch betreuten Wohngruppen. Grundgedanke der SFK-gE ist eine sehr enge Zusammenarbeit von Wohngruppe und Schule. Es wird an zwei Standorten parallel unterrichtet: in einem Klassenzimmer in den Räumlichkeiten nahe der Wohngruppe sowie in einem Klassentrakt im Schulgebäude. So kann für jedes Kind die ideale Form der Beschulung – von wenigen Minuten im Klassenzimmer in der Wohngruppe mit Rückzugsmöglichkeit in das eigene Zimmer über den gesamten Vormittag in der Kleingruppe im Schulgebäude bis hin zur situativen Integration in die Stammkasse - gefunden werden. Ein hohes Maß an Flexibilität von Seiten der Lehrkräfte und Betreuer führt dazu, dass für jeden Schüler ein individuelles Beschulungskonzept (individuelle Ziele, Unterrichtszeit, Arbeitsweisen) erstellt und verwirklicht werden kann. Personal Das Klassenteam setzt sich zusammen aus zwei Lehrkräften, welche im Wechsel unterrichten sowie einer Heilerziehungspflegerin und zwei Kinderpflegerinnen. Die Heilerziehungspflegerin und eine Kinderpflegerin werden über Zuschläge zum Pflegesatz des Heimes vom Bezirk finanziert. Der hohe Förderbedarf der Schüler macht fast ausschließlich eine 1:1- bis 1:2-Betreuung notwendig. Ebenso besteht durch den hohen Personalschlüssel die Möglichkeit der begleiteten Integration einzelner Schüler während bestimmter Unterrichtsphasen in die sogenannten Stammklassen. Räume Schule (SFK 1) Schule (SFK 2) Heim geschlossener Bereich eigener Bereich im Schulgebäude geschlossene Wohngruppen • • • • • Klassenzimmer Küche Rückzugsraum „Höhle“ Bewegungsflur Ausweichraum • • • • Klassenzimmer Küche Entspannungsraum Flur • • • Klassenzimmer Küche eigene Zimmer der Jugendlichen zum Rückzug Die räumlichen Rahmenbedingungen werden an die jeweiligen Bedürfnisse der Schülerinnen u. Schüler angepasst. So wurde z.B. in der SFK die Dekorationen im Klassentrakt reduziert und wenn vorhanden hoch oben an der Decke befestigt, damit sie für den einen oder anderen Schüler nicht zugänglich sind. Auch wird deshalb auf unnötiges Mobiliar verzichtet. Deshalb wirken die Räume mitunter sehr kühl, was jedoch für die Schüler auch klar wirken kann. Ebenso sind alle Schubläden und Schränke verschließbar. Gearbeitet wird vor allem an Einzelarbeitsplätzen, welche an den Wänden entlang verteilt stehen, so dass in der Mitte Platz für Gruppenangebote im Sitzkreis oder an einem mobilen Gruppentisch ist. 4. Tagesstruktur innerhalb der Stütz- und Förderklasse am Bsp. der SFK I Durch eine klare Tagesstruktur, den individuellen Bedürfnissen der Schüler entsprechende Fördermaßnahmen, individuell begrenzter Unterrichtszeit und ritualisierter Pausen sollen die Schüler emotionale Sicherheit und Stabilität gewinnen. Die Schwerpunkte der Förderung liegen vor allem im sozial-emotionalen Bereich, im Aufbau einer Arbeitshaltung, in der Motorik und Körperwahrnehmung sowie in der Kommunikation. Dabei werden jedoch alle Lernbereiche des Lehrplans für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung berücksichtigt. Nachfolgend ein beispielhafter Tagesablauf. Je nach Schüler, deren Bedürfnissen, Fähigkeiten und Zielen variiert die Struktur in der Befindlichkeit der Schüler und damit einhergehend der Besetzung des Personals an den Unterrichtsstandorten Schule und Heim. Einzelintegrationen erfolgen in Absprachen mit den Lehrkräften der Stammklassen. Zeit 08:00 – ca. 10:45 Räume in der Wohngruppe zwei Schüler - Hep Räume in der Schule vier bis fünf Schüler - L, 2 Kipfl Zubereitung des eigenen Frühstücks K. Einzelförderung K. im Klassenzimmer (Zeitung, Kreativangebot, Erdkunde, Hauswirtschaft, Werken) Brotzeit und Toilettengang G. ca. 10:45 12:15 zwei Schüler - L • Einzelförderung K. (Kulturtechniken, SU, Arbeit und Beruf), Zimmerpause • Toilettengang K. • Integration Werken K. in Stammklasse 1x wöchentl. (Begleitung durch Hep) • Ankommen/Garderobe Einzelarbeit (ind. Arbeitszeit/ ind. Aufgabenmenge), Entspannung Morgenkreis/ Integration (1S in Stammklasse zum Morgenkreis) Einzelarbeit (ind. Arbeitszeit/ ind. Aufgabenmenge), Entspannung Pausenhof (3-4 S)/ Rückzug in die „Höhle“/ Bewegungsflur (1S) Brotzeit Pflegesituation, „ Höhlenpause“ Kreissituation (Musik, Religion) vier bis fünf Schüler - Hep, 2 Kipfl Einzelarbeit, Entspannung Fördereinheiten in der Gruppe (Kunst, Handarbeit, Hauswirtschaft, Sport/ Schwimmen) Entspannung Abschlusskreis Einzelförderung G. (derzeit wenige Minuten innerhalb dreier Wochenstunden), Zimmerpause 5. Ziele Folgende Ziele stellen einen Leitfaden für alle Bereiche der Stütz- und Förderklasse dar: Erleben, Erlernen und Erhalten von sozialen Kompetenzen Verhaltensregulierung und adäquate Krisenbewältigung Der Aufenthalt im Klassenverband und auch der Einzelunterricht bedeutet für den Schüler das situative Erlernen entsprechenden Verhaltens, Aushalten sozialer Nähe bzw. auch das Erfahren von positiven wie negativen Konsequenzen seiner Handlungen. Gleichzeitig erlebt der Schüler die Verhaltensmuster anderer Personen und findet Wege, damit umzugehen. Die konsequente Anwendung verschiedener verhaltenstherapeutischer Maßnahmen (z.B. Löschung von Fehlverhalten durch Time-out) führt langfristig zur Verhaltensregulierung. Gleichzeitig erfolgt Unterstützung bei der Bewältigung emotionaler Krisen sowie das Suchen nach adäquaten für die Schüler ebenso als sinnvoll erachteten alternativen Handlungsmöglichkeiten Erarbeiten von Lernstrategien, Aufbau einer Arbeitshaltung und Erweiterung der Konzentrations- und Aufmerksamkeitsspanne Bieten von Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung Orientierungsmöglichkeiten und Hilfsmittel für den Alltag erlernen Erfahren von Selbstständigkeit sowie Umgehen mit Selbstständigkeit Anbahnen und Erweitern von Kommunikationsmöglichkeiten Arbeitsaufträge werden klar und übersichtlich strukturiert und zeitlich begrenzt. Nach einer Arbeitsphase folgt stets eine Entspannungsphase. Umfang, Art und Dauer einer Aufgabe, sowie die Wahl der Hilfsmittel (z.B. Time-Timer) wird an jeden Schüler individuell, dem Leistungsniveau entsprechend, angepasst. Die Steigerung der Anforderung erfolgt langsam und ebenfalls individuell, dem Entwicklungsstand und der emotionalen Verfassung entsprechend. Verschiedene Aufgabenstellung, Angebote zur Interessensfindung bzw. Auszüge aus unterschiedlichen Unterrichtsfächern bieten die Möglichkeit, persönliche Talente und Vorlieben zu erleben und zu verfeinern. Weiterhin wird durch die Beschäftigung in und mit unterschiedlichen sozialen Gruppen die persönliche Entwicklung unterstützt. Mit den Schülern werden verschiedene Strategien erlernt, Orientierungsmöglichkeiten, unabhängig von bestimmten Personen, einzusetzen. Hier erfolgt das Arbeiten nach dem TEACCH-Ansatz; beispielsweise eine ritualisierte Tagesstruktur, wiederkehrende Abläufe, Tages-, Arbeits- und Handlungspläne usw. Unterstützt wird dies mit individuellen Gegenstandsvertretern, Bildsymbolen u.ä. Die Schüler werden im Hinblick auf das Erwachsenenleben mit höchstmöglicher Selbstständigkeit konfrontiert und auf den Umgang damit vorbereitet. Arbeitspläne bahnen ein eigenständiges Lernen und Arbeiten an, lebenspraktische Fähigkeiten werden trainiert und erweiterte kommunikative Möglichkeiten ermöglichen eine höhere Form an Selbstständigkeit. Unterstütze Kommunikation in wiederkehrenden Situationen mit Hilfe von Symbolen, Bildern, Gegenstandsvertretern usw. Für jeden Schüler wird regelmäßig überprüft, welche Fähigkeiten und Ressourcen zur Kommunikation vorhanden sind, um passende Möglichkeiten zur Erweiterung zu finden. Leben und Erleben einer zweiten Lebenswelt (Normalisierung) Der Besuch einer zweiten Lebenswelt (Kindergarten, Schule, Beruf) entspricht einer normalen gesellschaftlichen Gegebenheit. Daraus resultieren Anforderungen an das Auftreten, Aussehen und Verhalten. Gleichzeitig aber Rechte wie Abkapselung von dem zu Hause. 6. Aufgaben und organisatorische Rahmenbedingungen Neben der alltäglichen Unterrichts- und Erziehungstätigkeit in der SFK-gE sowie der Förderplanung ist die Zusammenarbeit mit interdisziplinären Fachkräften unerlässlich. Desweiteren fallen neben allgemeinen Schülerbeobachtungen wichtige Dokumentationen an. regelmäßige Treffen im Klassenteam zur einheitlichen Umsetzung der Förderschwerpunkte (jede Woche 45 min.) Flexibilität und Öffnung der Teammitglieder bezüglich neu zu gestaltender Klassensituationen oder Begleitsituationen regelmäßige Fallbesprechungen des Klassenteams mit Bezugsbetreuer aus Wohnheimgruppe, Psychologin und ggf. Therapeuten regelmäßiger Austausch und gemeinsame Förderplanung von Klassleitung und Wohngruppenleiter Informationstreffen auf Leitungsebene (Bereichsleitung für Heim-TagesstätteKindergarten, Heimleitung, Schulleitung, Klassleitung, Wohngruppenleitung) (ca. vierteljährlich) Regelmäßige Visiten des Kinder- und Jugendpsychiaters im Rahmen des Konsiliardienstes der Heckscher Klinik München Absprachen mit Lehrkräften bzgl. Integrationsmöglichkeiten der Schüler in bestimmten Unterrichtsphasen (mit Begleitung, evtl. später ohne Begleitung) und Offenheit der Lehrkräfte als Voraussetzung tägliche Dokumentation fester Einschlusszeiten innerhalb der Wohngruppe Dokumentation von Vorfällen, Krisen etc. anhand entsprechender Formulare Erstellen von Kriseninterventionsplänen und Notfallplänen Schlusswort Seit Sept. 2012 besteht nun die Stütz- und Förderklasse und es werden deutliche Fortschritte sichtbar. So konnte zwischenzeitlich ein Schüler in seine Stammklasse integriert werden. Zwei weitere Schüler gehen derzeit einmal wöchentlich in Begleitung zum Morgenkreis bzw. Werken in eine reguläre Klasse. Fast alle Schüler konnten ihre Aufmerksamkeitsspanne und damit einhergehend die Unterrichtszeit erweitern. Es zeigt sich eine Stabilisierung der emotionalen Verhaltensweisen, wenn auch bei manchem Schüler immer wieder mit Einbrüchen zu rechnen ist. Trotz des Fernziels, der Rückführung der Schüler in die Stammklassen der Franziskus-vonAssisi-Schule, wird für den einen oder anderen Schüler dieses individuelle Klassenkonzept weiterhin wichtig bleiben, um persönliche Lernfortschritte erzielen zu können. Hier scheint die Flexibilität und Durchlässigkeit des Konzepts von großem Vorteil. Allerdings stellt die SFK-gE ein exklusives Klassenkonzept dar, in dem Vorbilder für positive Verhaltensweisen durch Mitschüler fehlen und insbesondere soziale Fähigkeiten nur bedingt durch Gruppenangebote zu fördern sind. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Wohnheimmitarbeitern ist eine gegenseitige Wertschätzung außerordentlich wichtig. Konflikte stellen eine enorme zusätzliche Belastung dar. Hier aber auch für die eigene Reflexion im Umgang mit belastenden Verhaltensweisen scheint Supervision eine wichtige Maßnahme. Die Aufgaben in der SFK-gE bringen einen erheblichen Zeitaufwand mit sich und müssen organisiert sein. Hier liegt es in der Verantwortung der Schulleitung, zeitliche Ressourcen dafür zur Verfügung zu stellen. Kontakt: Franziskus-von-Assisi-Schule Klosterhof 1 83546 Au am Inn Telefon: 08073/9198-0 Thomas Meier (SoR, Schulleiter): [email protected] Sabine Thalmaier (StRinFS, Klassleitung): [email protected] Veronika Tittel (StRinFS): [email protected] Literatur: BERGSSON, M:, LUCKFIEL, H.: Umgang mit „schwierigen“ Kindern. Cornelsen, Berlin, 2003, 4. Auflage Stefan BAIER, Erich WEIGL, Norbert WALKE (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Ludwig-Maximilians-Universität München): Sonderpädagogische Stütz- und Förderklassen (SFK). Inhaltliche Grundlegung und praktische Handlungshilfen für ein Konzept im Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung durch integrative Kooperation von Schule und Jugendhilfe unter einem Dach. 2008, 1. Aufl. aktualisiert mit der VSO-F v. 09/2008 Stand: 11.10.2014 erstellt von Sabine Thalmaier und Jessica Vital-Robarge 27.10.2014 Geistige Behinderung und Trauma Workshop 17.10.2014 Maria Johanna Fath Augsburg Was ist ein Trauma? • Trauma (griechisch) = Verletzung • Ein Trauma ist eine angemessene und normale Reaktion auf ein unangemessenes, unnormales Ereignis. 2014 Maria Johanna Fath 2 1 27.10.2014 Definition • Trauma ist, wenn ein Mensch in einer außergewöhnlich schweren, oft auch lebensbedrohlichen Situation mit seinen individuellen Bewältigungsmustern der Situation hilflos und ohnmächtig ausgeliefert ist und keinen Schutz durch Menschen erfährt. Diese traumatisierenden Ereignisse nehmen uns das Gefühl der Sicherheit und Unverwundbarkeit und erschüttern unser Selbst- und Weltverständnis. (nach Gottfried Fischer) 2014 Maria Johanna Fath 3 Traumatisierende Erfahrungen behinderter Menschen • potentiell traumatisierende Erfahrungen sind bei geistig behinderten Menschen häufiger • gleichzeitig stehen ihnen geringere Bewältigungsmöglichkeiten zur Verfügung 2014 Maria Johanna Fath 4 2 27.10.2014 Ereignisse, die ein Trauma auslösen können – Naturkatastrophen, Krieg, Flucht, Vertreibung – Unfälle, lebensbedrohliche Krankheiten, plötzlicher Verlust – Von Menschen verursachte Katastrophen und Gewalttaten (Sexualisierte Gewalt, Vernachlässigung, seelische und körperliche Misshandlung, traumatische Trennungen) 2014 Maria Johanna Fath 5 Risiko für traumatische Folgen für behinderte Menschen • • • • • • Missbrauchserfahrungen Gewalterfahrungen (oft durch Überlastung des Umfeldes) wenig bedürfnisgerechte Umgebung (Einschließen, Fixieren) Entwertung und häufig ausgeprägte Selbstwertproblematik gestörte frühkindliche Bindung und Entwicklung früh erfahrene psychische Verletzungen, Trennungen, Ablehnung • psychische und sensorische Traumata durch medizinische Untersuchungen, Eingriffe und Behandlungen, oft im nichtsprachlichen Zeitraum 2014 Maria Johanna Fath 6 3 27.10.2014 Wer wird wie traumatisiert? • geistige Behinderung - kann einen behinderten Menschen traumatisieren • Mensch mit geistiger Behinderung kann traumatisierende Ereignisse erleben • Frühkindliche Traumatisierung – als Folge wird manchmal geistige Behinderung diagnostiziert • die geistige Behinderung eines Kindes => kann die Eltern traumatisieren 2014 Maria Johanna Fath 7 Wissenschaftliche Erkenntnisse • Gehirnforschung – traditionell – Vorstellung Gehirnapparat – neu – plastisches Gehirn • Bindungsforschung – sichere Bindung im frühen Lebensstadium als Schutzfaktor 2014 Maria Johanna Fath 8 4 27.10.2014 Die „Traumatische Zange“ nach L.Besser/M.Huber Äußeres stressreiches Ereignis Angst, Verzweiflung, Schmerz Bindungssystem wird aktiviert Keine Fluchtmöglichkeit Keine Kampfmöglichkeit No „F light“ Hilflosigkeit Gedanke Geruch No „F ight“ „F reeze“ Ohnmacht Ausgeliefert-sein Körpergefühl TRAUMA Geräusch 2014 „Fragments“ Bild „Fragments“ Emotion Maria Johanna Fath 9 Schwierige Verarbeitung traumatischer Ereignisse • Bei traumatischen Erlebnissen, das heißt existenziell bedrohlichen und ausweglosen Ereignissen, also Extremstress, kommt es zu Veränderungen der Informationsverarbeitung in unserem Gehirn. • Und es kommt zur Zersplitterung der verschiedenen Erlebnisaspekte des traumatischen Ereignisses im Gedächtnis. • Wie ein Spiegel, der in viele Stücke zerbricht. • Die Geschichte hat keinen Anfang und kein Ende und keinen Sinn, keine Bedeutung. 2014 Maria Johanna Fath 10 5 27.10.2014 Folgen - Symptome - PTBS Posttraumatische Belastungsstörung 1. Wiedererleben (Intrusionen): belastendes Wiedererleben des Geschehenen im Wachen und Schlafen (flashback, Alpträume, Belastung bei Konfrontation mit den Erinnerungen, bei jüngeren Kindern auch nicht lustvolles Nachspielen der traumatischen Situationen). 2. Vermeidung (Konstriktion): Vermeidung von Situationen, Handlungen und Dingen, die an das Geschehene erinnern. (der Betroffene spricht nicht über das Geschehene, meidet Menschen oder bestimmte Orte, grübelt über das Geschehene) 3. Übererregung (Hyperarousal): allgemein erhöhtes Erregungsniveau (Ein- und Durchschlafschwierigkeiten, erhöhte Reizbarkeit und Schreckhaftigkeit, Störungen der Konzentration und des Gedächtnisses, auch erhöhte Aggressivität). 4. Emotionale Taubheit: negative Zukunftsperspektive, nichts mehr fühlen (keine Freude, keine Trauer) 2014 Maria Johanna Fath 11 Folgen - PTBS Symptome bei Kindern – Wiedererleben von Bildern, Geräuschen, Gerüchen, Körperempfindungen – wiederholtes und wenig lustbetontes Nachspielen der traumatisierten Situation – Tendenzen zur Vermeidung von Personen und Orten – anklammerndes oder aggressives Verhalten – erschwerte Affektregulierung – Angst vor Dunkelheit/Alleinsein – Bauch- und Kopfschmerzen – Leistungsstörungen – Selbstverletzungen – Verlust von prätraumatischen Fähigkeiten (Lesen, Schreiben), Regression – seltener: Flashbacks, Emotionslosigkeit (Hausmann, 2010) 2014 Maria Johanna Fath 12 6 27.10.2014 Mögliche Symptome bei Menschen mit geistiger Behinderung (nach Hennicke 2002) • • • • • • • • • • • • 2014 depressive Verstimmung Rückzug Verweigerungsverhalten ungewöhnliche Kontaktgestaltung Schreianfälle regressive Phänomene Ess- und Schlafstörungen Kopfschmerzen Schwindel sexualisierte Verhaltensweisen schwere aggressive und selbstverletzende Verhaltensweisen Zunahme der Anfallsfrequenz bei Menschen mit Epilepsie Maria Johanna Fath 13 Was hilft? Stabilisierung - Stabilisierung - Stabilisierung – Sicherheit (äußere und innere) – Zuwendung (Beziehung und Bindung) – Kognitives, entwicklungsgemäßes Erfassen der Ereignisse, der Folgen und der Veränderungen – Unterstützung zur Stressregulierung – Ressourcen, gute Momente, schöne Erlebnisse 2014 Maria Johanna Fath 14 7 KlasseTeam ist Lehrertraining zur Förderung sozio-emotionaler Kompetenzen und zur Prävention von Verhaltensstörungen im Schulalter. Fachkräfte in Schulen oder allgemein in Bildungseinrichtungen stehen heute vor großen Herausforderungen. Kinder sollen zu selbstverantwortlichen, kooperationsfähigen, kreativen und lernkompetenten Menschen erzogen werden. Es gilt, aggressive Kinder zu bremsen, traurige Kinder zu trösten, schüchterne Kinder einzubeziehen, gelangweilte Kinder zu motivieren, Streithähne zu trennen, jedes Kind individuell zu fördern und das am besten alles gleichzeitig. Dabei gilt zu bedenken: Jedes fünfte Kind fällt durch emotionale und Verhaltensprobleme auf. Im Förderschulbereich ist der Anteil dieser Kinder noch wesentlich höher. Nicht zuletzt dadurch werden eine wohlgeordnete Vermittlung von Bildung und eine entsprechende Förderung maßgeblich erschwert. Um herausfordernden Situationen und schwierigen Schülern mit einer positiven Haltung und geeigneten pädagogischen, erlernbaren Mitteln zu begegnen, sollen Lehrkräfte in Trainingseinheiten ihren persönlichen KlasseTeam-Werkzeugkoffer zusammenstellen. Dieser bietet keine Patentrezepte, sondern Handwerkszeug, um künftige Problemsituationen mit Sicherheit und Gelassenheit zu meistern. Klar ist, nur Kinder, die sich bei ihrer Bezugsperson sicher und gut aufgehoben fühlen, können sich angstfrei und aufnahmebereit der Welt zu wenden, kreativ sein und ihre Potentiale entwickeln. Deshalb müssen bei Kindern erst einmal die emotionalen und motivationalen Voraussetzungen geschaffen werden, damit sie die Bildungsangebote nutzen können. In diesem Sinne muss Schule zunächst den Rahmen schaffen, dass Lernen ermöglicht wird. Dabei wird berücksichtigt: „Bindung kommt vor Bildung“ und „Beziehung kommt vor Erziehung“. Lehrkräfte brauchen Kompetenzen, um diese Basis schaffen zu können, um dann auch in kritischen Situationen professionell agieren zu können (anstatt nur zu reagieren). Durch KlasseTeam sollen Pädagogen und Kinder genau in dieser Hinsicht gestärkt werden. In dem Training wird den Teilnehmern in kleinen Gruppen mit Hilfe von theoretischen Inputs, LifeDemonstrationen, Selbsterfahrungen und vielen praktischen Übungen Handwerkszeug vermittelt, um die Beziehung zu den Schülern zu pflegen, um eine positive Lernatmosphäre zu schaffen, um den emotionalen Bedürfnisse der Kinder entsprechen zu können und um die Klippen des pädagogischen Alltags erfolgreich zu umschiffen oder Konflikte für alle erfolgreich zu meistern. Die Besonderheit von KlasseTeam liegt dabei tatsächlich in der Trainingsmethode: Es geht in erster Linie um das praktische Handeln, um Ausprobieren, um aktives Erfahren und um emotionales Erleben. Anhand von typischen Szenen aus dem Schulalltag werden praxiserprobte Methoden durch das Trainerteam demonstriert und im geschützten Rahmen mit individueller, ressourcenorientierter Unterstützung durch die Trainer eingeübt. So wird einerseits geeignetes Handwerkszeug erlernt und andererseits eine positive Grundhaltung (sich selbst, dem einzelnen Kind, den Eltern und auch den Kollegen gegenüber) entwickelt. KlasseTeam basiert auf bewährten Erkenntnissen aus Neurobiologie, Bindungs- und Emotionsforschung und wurde an der LMU München in Kooperation mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus sowie dem Bayerischen Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) entwickelt. Michaela Kleindiek; Ludwig Färber Zielsetzungen von KlasseTeam sind: - Eine positive, wohlwollende Haltung gegenüber Schülern, Eltern Kollegen und sich selbst einnehmen. Kinder im Umgang mit ihren Gefühlen anleiten – Emotions-coaching( nach J. Gottman) Unterrichtsstörungen einfühlsam vorbeugen bzw. professionell begegnen „schwierige“ Kinder aus ihren negativen Rollen befreien SchülerInnen in ihrer Konfliktlösekompetenz stärken, Mobbing vorbeugen Gespräche mit „schwierigen“ Schülern und „schwierigen“ Eltern konstruktiv führen. Wie Untersuchungen zeigen, stärkt KlasseTeam die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer nachhaltig. Durch die stufenweise, strukturierte Erweiterung der Handlungskompetenzen sowie durch das systematische Stärken der Selbstregulationsstrategien der Lehrkräfte bietet KlasseTeam zudem eine wirksame Burnout-Prophylaxe. Das KlasseTeam-Training besteht aus folgenden Einheiten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Ich als Lehrer/in: Selbstfürsorge und Vorbildwirkung Anerkennung und Zuwendung schenken – Beschreibend loben Kinder beim Umgang mit Gefühlen anleiten – Emotions-Coaching – Einfühlsam Zuhören Von Kinder verstanden werden – positive Aufforderungen aussprechen – Wahlmöglichkeiten anbieten – Grenzen liebevoll und bestimmt setzen Dauerbrenner langfristig lösen Akute Konflikte zwischen Kind und Lehrer Streitigkeiten zwischen Kindern Kinder mit besonderem Verhalten verstehen Die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern stärken – Elterngespräche konstruktiv gestalten Das gesamte Training ist für vier Fortbildungstage (mit jeweils acht Stunden) konzipiert. Verschiedene Einheiten können jedoch auch einzeln in Workshops erarbeitet werden. Zwei erfahrene und zertifizierte Kursleiter/innen leiten die Ausbildungsgruppen, die mit ca. zehn Teilnehmern bewusst klein gehalten werden. Literatur: Gottman, J. M. & DeClaire, J. (1998). Kinder brauchen emotionale Intelligenz. Ein Praxisbuch für Eltern. München: Heyne. Graf, J. (27.10.2004). "FamilienTeam"-Elterntraining: Mehr Freud' und weniger Leid in der Familie. In W.E. Fthenakis & M.R. Textor (Hrsg.), Online-Familienhandbuch. http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Familienbildung/s_1519.html Graf, J. (2005). FamilienTeam - das Miteinander stärken. Das Geheimnis glücklichen Zusammenlebens. Freiburg: Herder. Michaela Kleindiek; Ludwig Färber VERSTEHEN – ÜBEN - WACHSEN Haltung und Handwerkszeug für ein friedliches Miteinander EIN TRAINING - IN ZEHN SCHRITTEN (bindungs-, systemtheoretisch) - Erzähle mir… und ich vergesse. Zeige mir … und ich erinnere. Lass es mich tun … und ich verstehe. wissenschaftlich fundiert systematisch aufgebaut Termine und Anmeldung: www.fortbildung.schule.bayern.de Dauer: 4 ganze Fortbildungstage Konfuzius Teilnehmerzahl: 8 Lehrkräfte aus Grund- und Förderschule Workshopreihe von Kursleitung: - zwei Lehrkräfte an GrundInstitut zur Stärkung der Beziehungskompetenz Leitung: bzw. Förderschulen - mit intensiver einjähriger Ausbildung - zertifizierte KlasseTeam-Trainer/innen Dr. Johanna Graf & Prof. Dr. Sabine Walper www.klasseteam.org Ich weiß nun, wie ich schwierige Situationen professionell angehen kann. Das gibt mir Gelassenheit. EMOTIONALE KOMPETENZ VON LEHRKRÄFTEN UND KINDERN IM GRUNDSCHULALTER FÖRDERN In zehn Schritten werden Sie hören, erleben 1. Selbstfürsorge: immer wieder „auftanken“ und üben, wie Sie • das 10 Schritte zum „Klasse Team“ Miteinander in Ihren Klassen 2. eine von Respekt, Vertrauen und Wertschätzung getragene stärken Als Lehrkraft sind Sie jeden Tag fachlich, aber Bindungsbeziehung aufbauen • Ihren Schüler/innen Halt und Sicherheit auch persönlich stark gefordert. Sie engagieren 3. Kinder bei der Regulierung ihrer vermitteln sich für die Ihnen anvertrauten Kinder und • sie wollen sie bestmöglich fördern. Wie gelingt es, in ihrem Selbstwert und ihrer Emotionen unterstützen 4. Disziplinproblemen einfühlsam vorbeugen Lernbereitschaft stärken sowie in herausfordernden Situationen gelassen und • die professionell zu handeln? Wie gelingt es, das emotionalen und bzw. konsequent begegnen motivationalen 5. in kritischen Situationen (z.B. Stören im Voraussetzungen schaffen, damit Kinder einzelne Kind und die Klasse im Blick zu Ihre Lernangebote nutzen können. Unterricht) professionell handeln 6. gemeinsam mit den Kindern konstruktive behalten? Lösungen für wiederkehrende Probleme Hintergrund KlasseTeam Was bringt Ihnen KlasseTeam? wurde auf bewährter und neuester wissenschaftlicher Mit "KlasseTeam" stärken Sie Ihre eigene emotionale Kompetenz sowie die Ihrer Schülerinnen und Schüler. In vier Tagen praxiserprobte bietet Methoden, das Training um den an der Fakultät Universität Bayerischen für der München Psychologie und Ludwig-Maximiliansim Auftrag Staatsministeriums für Unterricht und Kultus entwickelt und wird Leistungsproblemen wissenschaftlich begleitet. Es stellt eine Schülerinnen und Schülern mit einer positiven Haltung und geeigneten begegnen, pädagogischen die sich Mitteln unmittelbar lassen. An konkreten Situationen aus Ihrem eigenen Schulalltag können Sie im geschützten Rahmen neue Fertigkeiten ausprobieren und Ihre Kompetenzen systematisch erweitern. wirksame Burnout-Prophylaxe dar. zu umsetzen Konfliktlösekompetenz stärken, Mobbing vorbeugen 8. „schwierige“ Kinder verstehen und fördern 9. im pädagogischen Team an einem Strang des zunehmenden Verhaltens-, Konzentrations- und von 7. Schüler/innen in ihrer Erkenntnisse sowie praktischer Erfahrungen Pädagogik Ihnen erarbeiten Grundlage ziehen 10. Eltern „ins Boot“ holen und Elterngespräche konstruktiv führen KlasseTeam-Arbeitsweise Die . Inhalte werden im Wechsel von wissenschaftlichem Input und praktischen Übungen in Kleingruppen angeboten. Das Beste im Kurs: Wissen unmittelbar in Handeln umsetzen können. Schüler, die uns stören, verstehen lernen… workshop 17.10.2014 Auhof Vortrag Auhof 17.10.2014 Verhalten verstehen lernen… Prof. Dr. Erhard Fischer 2 Ausschreibung In Schulen bzw. Klassen mit Kindern und Jugendlichen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung gibt es zunehmend Kinder und Jugendliche, die uns stören und auffallen und dann als „auffällig“, „gestört“ oder psychisch krank eingeordnet werden. Es geht um Schüler, die keinen oder nur schwer Kontakte zu ihren Mitmenschen suchen und finden, sich häufig von ihrer Außenwelt abkapseln, hyperaktiv umherirren oder ein zwanghaftes und stereotypes Verhalten zeigen, und die in Folge die Lehrpersonen immer wieder vor Rätsel stellen, weil ihr Verhalten nur schwer einzuschätzen ist und erzieherische Ansätze nicht einfach zu finden sind. In dem Seminar soll gemeinsam nach Möglichkeiten gesucht werden, dieses Verhalten nicht nur diagnostisch einzuordnen, sondern ausgehend von der individuellen Lebensgeschichte als Ausdruck subjektiven Erlebens und Befindens zu verstehen. 3 Im Kontext von Schule frag(t)en sich Lehrpersonen immer schon, warum Schüler sich leicht ablenken lassen und hyperaktiv… zu spät oder gar nicht kommen oder Franz, wie auf dem Bild veranschaulicht, lieber „handlungsbezogen“ Schmetterlingen nachjagt, als sich brav und diszipliniert mit diesem Thema auf einer anschaulichen Ebene auseinander zu setzen. 4 „gravierende“ Formen an Schulen mit FgEntw… störend: Lena Fehlverhalten: Axel „gewalttätig“: Bernd Rückzug: KarlHeinz 5 Erscheinungsformen (Theunissen 1996) Im Sozialverhalten können dies sein (Streiten, Treten, andere Bespucken, mangelndes Gemeinschaftsgefühl oder distanzloses Verhalten), im Arbeits-und Leistungsbereich (mangelnde Ausdauer, Arbeitsverweigerung, Interessenlosigkeit, Leistungsversagen und Selbständigkeit, Angst oder Verspieltheit), im psychischen Bereich (Stimmungsschwankungen, Ängste, Eifersucht, Minderwertigkeitsgefühle, Passivität, Einnässen oder Schreien), im somatisch-physischen Bereich (ständiges Hin-und Herrennen, dranghaftes Essen oder Trinken, motorische Stereotypien) sowie autoagressive Verhaltensweisen (leichtes Kopfschlagen, Handbeißen oder Haare ausreißen). 6 Grundlegendes: auch Menschen mit geistiger Behinderung entwickeln Verhaltensauffälligkeiten und psychische Störungen. …nicht, weil im Rahmen eines medizinischen Krankheitsmodells organisch-neurologische Schädigungen oder kognitiven Schwächen… sondern im Hinblick auf von außen aufgezwungene Fremdbestimmung, gesellschaftlich bedingte Benachteiligungen, Isolierungen bzw. vielfältigen familiären Belastungen erhöhte Vulnerabilität 7 Ursachen – Hintergründe - Perspektiven Ansätze Psychiatrisches Modell/ Verständnis Sozialwissenschaftliche Sicht Systemisch-ökologische Sicht 8 Bedingungsfaktoren – Hintergründe aus systemökologischer Sicht: nicht linear-kausal interaktional – Wechselbeziehungen Frage der Perspektive Verhaltensauffälligkeiten sind demnach „Ausdruck einer Störung des Verhältnisses zwischen Individuum und Umwelt (Personen, Dinge, Begebenheiten), die die betreffende Person durch spezifische problemlösende Verhaltensweisen zu bewältigen versucht, die von andern als normabweichend oder sozial unerwünscht gekennzeichnet werden" (7). 9 Radikaler Konstruktivismus Vertreter eines „radikalen Konstruktivismus“: Maturana 2001; Schmidt 1987; Richards/von Glaserfeld 1987; Roth 1987a; 1987b; 1997; 2000; Maturana/Varela 1987; von Foerster 1996 keine gemeinsame, objektive Welt als Realität Wahrnehmung keineswegs eine Abbildung einer von uns unabhängigen Realität erstellt Lebewesen, also auch der Mensch, entwerfen lediglich Modelle davon, konstruieren auf Grund interner Kriterien ihre eigene Wirklichkeit 10 11 ein Beispiel Jean Itard (vgl. 1965) berichtete im Rahmen des Erziehungsversuchs von Victor, dem Wild- bzw. Waldkind vom Aveyron von dessen „sonderlichem“ Verhalten… (der Junge verbrachte vermutlich viele Jahre völlig einsam, d. h. ohne Beziehungen zu Menschen in Wäldern und wurde erst im Jahre 1800 im Alter von ungefähr elf Jahren unter Menschen gebracht) Während zeitgenössische Mediziner und andere Pädagogen Victors „sonderliches Verhalten“ als abnorm, gestört und idiotisch einordneten . Und ihm daher jegliche Bildungsfähigkeit absprachen, zeigte Itard wesentlich mehr „Verständnis“, was aus vielen seiner umfänglichen und systematischen Beobachtungen hervorgeht…. 12 Folgerungen wenn nun Bezugspersonen, Erzieher und Lehrpersonen beobachten, sich wundern oder gar irritiert sind, dass manche Kinder und Jugendliche anders reagieren und handeln als die meisten ihrer Altersgenossen oder Mitschüler, davon abweichend, wie sie dies in einer bestimmten Situation erwartet haben und wenn sie dies dann als „Störung“ erleben, als „eigen-sinnig“ kritisieren und sanktionieren, mag die Reaktion der Bezugspersonen zwar verständlich erscheinen das Verhalten selbst aber ist aus der Perspektive der Kinder und Jugendlichen dennoch – in der Regel - logisch und sinnvoll, denn der Mensch kann nicht anders handeln, als es seine bisherigen lebensgeschichtlichen Wahrnehmungen, Sinnstiftungen und Handlungen zulassen 13 Daraus folgt zwangsläufig die Notwendigkeit zu „verstehen“ Winkel (1999) beschreibt diesen Sachverhalt in dem folgendem Aufsatztitel: „Wenn Schüler stören, wollen sie uns etwas sagen...Die Frage ist nur: Was? Warum? Und: Wozu?“ Paul Moor (vgl. die Beiträge in Haeberlin 2000) hat diesbezüglich immer wieder auf das Primat des „Verstehens“ vor dem pädagogischen Tun hingewiesen; Buber: Der Mensch wird erst…. (Erfahrung der Gegenseite) Krawitz (1992) fordert aus einer „individualpädagogischen“ Sicht die Konzentration auf das Individuelle, das Subjektive und Besondere des Kindes; 14 Auch in der Psychoanalyse wurde erkannt und wird betont, Dass Verhalten und Störungen eine Anpassungsleistung eines Subjekts in einer bestimmten sozialen Wirklichkeit darstellt. Daraus ergibt sich das Erfordernis, der Entstehungsgeschichte dieses Problemverhaltens nachzuspüren, Verständnis bzw. Respekt in die Beziehung einzubringen und eine Humanisierung der Beziehung zu sichern. Parallelen zu einer konstruktivistischen Grundhaltung… Folgerungen: Fortbildungen; Supervision….(Balint) 15 Verhalten als subjektivsinnhafte Ausdrucksform von Sybille Kannewischer, Michael Wagner, Christoph Winkler und Wolfgang Dworschak Fischer, Erhard (2004): Wahrnehmen - Sinn stiften - Handeln - Verstehen: `Herausforderndes´ Verhalten bei Menschen mit (schweren) Behinderungen. 16 Prinzipien Wie können wir Kinder und Jugendliche mit „herausforderndem“ Verhalten verstehen und ihnen helfen? Emotionale und soziale Grundlegung Berücksichtigung des kindlichen Umfeldes und seiner Lebenswirklichkeit im Rahmen einer Kind-Umfeld-Diagnose Rekonstruktion und Rehistorisierung Unterstellen von Beweggründen und Wechsel der Perspektive dialogische Orientierung Rolle und Aufgaben der Lehrpersonen 18 Emotionale und soziale Grundlegung Vor allem hospitalisierte und verhaltensschwierige Kinder und Jugendliche benötigen (zunächst) den Kontakt zu verlässlichen Mitmenschen, sind angewiesen auf eine sichere soziale Beziehung, benötigen das Vertrauen, dass „da draußen“ verlässliche Personen zur Stelle sind, wenn es ihnen schlecht geht, wenn sie Schmerzen haben, einsam sind oder Angst haben, als Ausgangsbasis für emotionales Wohlbefinden und die Kontaktaufnahme zur gegenständlichen und sozialen Umwelt. Beispiel: Karl-Heinz 19 Berücksichtigung des kindlichen Lebens (um)feldes Laut Breitenbach (2003, 75) ist Förderdiagnostik immer auch Situationsdiagnostik. „Kind und Umwelt bilden eine untrennbare Einheit, so dass Förderdiagnostik kindliches Verhalten immer nur im Zusammenhang mit spezifischen Situationen erfassen kann (Konzept des Lebensraums) 20 Rekonstruktion Im Rahmen einer „Kooperativen Pädagogik“ hat vor allem Jetter (1994) zur Konstituierung einer „verstehenden Diagnostik“ beigetragen, eher als Haltung und Ziel als eine eigenständige Methode, bezogen auf das einzelne Kind und seine spezifische Lebenswelt, über die Ermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten hinausgehend. Sie fragt danach, welche Bedeutung und welchen Wert diese Handlungen in der Lebenswelt des Kindes - in seinem Alltag auf der Grundlage seiner eigenen Möglichkeiten – haben können (Rekonstruktion), was dann ein „Um-denken“ erfordert: „Nichts von dem, was wir von anderen Menschen erwarten, ist selbstverständlich, und keine unserer Erwartungen versteht sich für andere Menschen von selbst. Erst auf der Grundlage gemeinsamer Bedeutungszuweisungen ist Verständigung möglich.“ (Jetter 1995, 32). Dieser Allgemeinplatz der Kommunikationswissenschaft würde zwar regelmäßig zitiert, finde aber gerade in der diagnostischen Situation nur selten konsequent Beachtung. Dies veranschaulicht der Autor an folgendem Beispiel: Wer auf mangelnde Ausdauer und erhöhte Ablenkbarkeit bei einem Kind schließt, weil dies eine zugewiesene Aufgabe nur unter stetiger Zurechtweisung weiterführt, wendet auf dieses Kind Begriffe an, die vielleicht ähnlich sinnvoll sind, wie wenn man bei einem Norm-Menschen seine mangelnde Steigfähigkeit im Gleitflug beanstandet 21 Rehistorisierung Jantzen (1996) begründet aus einer konstruktivistischen Auffassung die Notwendigkeit einer verstehenden Zugang… V. als Resultat der durch „innere und/oder äußere Ereignisse dramatisch veränderten Möglichkeiten, Autonomie aufrechtzuerhalten" (15), im Rahmen einer „Stabilisierung unterschiedlicher Entwicklungspfade“, als „Rekonstruktion des sinnhaften und systemhaften Aufbaus der psychischen Prozesse causa sui: also als Prozeß der Selbstorganisation in Naturgeschichte, Gesellschaftsgeschichte, Kulturgeschichte und Individualgeschichte" (20)V. Siehe Arbeiten der kulturhistorischen Schule (u.a. Wygotski, Luria, Leontjev), mit Parallelen zu anderen konstruktivistisch angelegten psychologischen Forschungen wie z.B. der Psychoanalyse oder der genetischen Entwicklungspsychologie Piagets 22 Unterstellen von Beweggründen - Wechsel der Perspektive Es gilt dann, (auch störendes) Verhalten unter dem Blickwinkel des Handelns der jeweiligen Person zu verstehen und zu unterstellen, dass es dafür „Beweg-Gründe" geben kann, dass es auf dem Hintergrund ihrer bisherigen Lebenserfahrungen sinnvoll sein kann, sich so - und nicht anders bzw. wie von anderen erwartet zu verhalten Daraus ergibt sich die Herausforderung, die internen „SinnKonstruktionen“ und „Beweg-Gründe“ der Schüler zu Grundlage pädagogischer Überlegungen zu machen. Dies ist nicht einfach, da ein unmittelbarer Zugang nur eingeschränkt möglich ist und der Versuch des Verstehens als Beobachter „von außen“ immer durch eigene Erlebnis- und Bewertungsmuster gebrochen wird 23 Dialogische Orientierung Angemessenes pädagogisches Verstehen zeigt sich laut Jetter (1995, 24) in einem Einverständnis beim gemeinsamen Tun, also in der Verbindlichkeit der Kooperation. "Wollen wir demnach einen Menschen verstehen, der uns in dem, was er tut, fremd geworden ist, dann müssen wir ihm Angebote zur Kooperation machen, von denen wir begründet annehmen können, daß sie für ihn Sinn haben, daß sie also zur Ordnung seines Lebens passen"(24). Dem liegt die anthropologische Grundauffassung zugrunde, daß jeder Mensch fähig ist, "in seinem Leben Ordnung zu stiften und dafür die ihm mögliche Verantwortung zu übernehmen" 24 Zur Rolle der Lehrperson 25 Aufgaben der Lehrperson/des Erziehers Versuchen - nach Möglichkeit die Dinge vom subjektiven Standpunkt des verhaltensschwierigen Kindes aus zu betrachten, Signale und Bedeutungen selbst subtiler Art und wenig offensichtlicher Merkmale mit relativ großer Sicherheit zu erfassen, die Wahrnehmung und Interpretation nicht durch eigene Bedürfnisse und Abwehrreaktionen zu verzerren, möglichst prompt und angemessen zu reagieren und abgeschlossene, reibungslose, beide Teilnehmer zufriedenstellende Interaktionen in Gang zu bringen und zu erhalten 26 Aspekt Selbsterfahrung „Willst du dich selbst erkennen, so sieh wie die anderen es treiben, Willst du die anderen verstehen, blick in dein eigenes Herz.“ (Schiller 1970, 297) Wie ist meine persönliche Beziehung zu diesem Kind? Mag ich es, so wie es ist, oder existieren Gefühle einer inneren Ablehnung (wegen „ästhetischer Belastungen in der „face-to-face-Situation“; weil es mir mit seinen Stereotypien auf die Nerven geht; weil es mich immer wieder, obwohl ich es doch gut meine, pitscht oder beißt; weil ich enttäuscht bin, immer noch keinen Zugang gefunden zu haben, immer noch keine „Lernerfolge aufweisen zu können)? Wie ist die Beziehung zu den Eltern? Gibt es hier mehr oder minder unbewußte Antipathien, die ich auf das Kind übertrage (weil diese mir unsympathisch sind, zu hohe Anforderungen an mich stellen u.a.)? Will ich, und wenn, warum will ich das Kind verändern? Weil die Umwelt es erwartet? Weil die Eltern darum gebeten haben? Um den Umgang in der Schule/Klasse erträglicher zu machen? Um mir oder anderen etwas zu beweisen? Geht es mir vorrangig um die Umsetzung einmal erlernter, leicht handhabbarer und Erfolg versprechender pädagogischer Maßnahmen oder um das „Wohl“ des Schülers? Bin ich offen und flexibel genug, mich auf „Neues“ einzulassen und habe ich ausreichend Geduld, mich auf die Signale des Gegenübers, und seien sie noch so vieldeutig und spurenhaft, 27 hinreichend zu konzentrieren? Beispiele 28 Beispiele störend: Lena Fehlverhalten: Axel „gewalttätig“: Bernd Rückzug: KarlHeinz 29 Beispiel: Karl-Heinz 17 Jahre alt, körperbehindert (Hemiplegie), anfallskrank und blind, als er in unsere Einrichtung kam. Aufgrund seiner motorischen Voraussetzung konnte er mit einer Hand greifen und sich im Sitzen fortbewegen, nutzte diese Handlungsmöglichkeiten allerdings nicht, und wenn, nur zur Verteidigung oder Flucht. Er verweigerte lange Zeit jede Nahrungsaufnahme, wehrte Kontakt zu Personen und Gegenständen ab und „beschäftigte“ sich, wenn er nicht gerade schlief, mit dem eigenen Körper, indem er hin- und herschaukelte, onanierte, am Daumen lutschte und mit den Fingern Schnalzlaute produzierte und dies sehr geschickt. Angebote einer (massiven) somatisch-taktilen oder auditiven Stimulation - damals wurde Fröhlichs Basale Stimulation im Rahmen des Schulversuchs in Landstuhl bekannt und auch wir stürzten uns mit großen Hoffnungen auf diesen Förderansatz - wie auch krankengymnastische oder sensomotorische Übungen stießen lange Zeit auf Ablehnung und Widerstand. Wir hatten das Gefühl, an den Jungen nicht „heranzukommen“, schafften es nur selten, den „Panzer“ zu durchbrechen und ihm ein wenig Wohlbefinden zu vermitteln oder ihm gar ein Lächeln oder Lachen abzugewinnen. 30 Warum sperrte sich Karl-Heinz gegenüber unseren Angeboten, wie sah es in ihm aus? Wir sammelten Informationen über seine bisherige Entwicklung und versuchten seine Lebensgeschichte zu rekonstruieren. Dabei stellte sich heraus, daß der Junge in den ersten Lebensmonaten von den Eltern mißhandelt wurde, nach mehreren Krankenhausaufenthalten mit 6 Monaten von der Familie getrennt und in ein Pflegeheim eingewiesen wurde und dort im Laufe der folgenden Jahre fünfmal die Einrichtung wechselte. Schließlich fand er Unterkunft in einem Internat der Blindenschule in einer Gruppe mit anderen mehrfachbehinderten Kindern. Dort wurde er von 12 Erziehern, die im Schichtdienst arbeiten und häufig wechselten, betreut. Ihm ging es wie vielen schwerstbehinderten Kindern und Jugendlichen. Neben der Multiplikation vielfältiger psychischer Belastungszustände und einer massiv eingeschränkten Körpermotorik fehlte im emotional-sozialen Bereich ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit, also die Voraussetzung dafür, daß ein Kind Außenreize sucht und sich der Welt zuwendet. Lange Krankenhausaufenthalte, ungenügende Betreuung und wechselnde Bezugspersonen zu Hause oder in der Heimerziehung, verärgertes Reagieren und zeitweilige Gewaltanwendung, wenn das Kind trotz gut gemeinter Hilfen und Förderungsangebote apathisch bleibt oder sich wehrt und aggressiv wird, widersprüchliches Eingehen auf die kindlichen Bedürfnisse aufgrund von Schwierigkeiten im Deuten des kindlichen Signalverhaltens, Verunsicherung und Sprachlosigkeit von Außenstehenden in der Begegnung mit dem Kind sowie Vorenthaltung einer angemessenen Erziehung und Bildung durch Separierung in reinen Pflege- oder Schwerstbehindertengruppen können als zusätzliche Beeinträchtigungsmomente hinzukommen. 31 Welche Erfahrungen haben Sie mit dem „Verstehen“ gemacht? 32 Literatur Fischer, Erhard (2004): Wahrnehmen - Sinn stiften - Handeln Verstehen: `Herausforderndes´ Verhalten bei Menschen mit (schweren) Behinderungen. In: Sybille Kannewischer, Michael Wagner, Christoph Winkler und Wolfgang Dworschak (Hg.): Verhalten als subjektiv-sinnhafte Ausdrucksform. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 127–145. Jantzen, Wolfgang (2006): Rehistorisierung. Zu Theorie und Praxis verstehender Diagnostik bei geistig behinderten Menschen. Universität Innsbruck. Online verfügbar unter http://bidok.uibk.ac.at/library/beh6-99-rehistorisierung.html, zuletzt aktualisiert am 30.10.2006, zuletzt geprüft am 15.02.2007. Jetter, Karl-Heinz (1995): Verstehende Diagnostik. In: Sonderpädagogik in Rheinland-Pfalz 25 (4), S. 29–33. 33 Fachtag: „An den Grenzen“ 17. Oktober 2014 Auhof / Hilpoltstein Locker Bleiben: Sozialtraining für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Manuskript zur Fortbildung Referentin: Dorothea Bräutigam / Sonderpädagogin Brunnenschule der Lebenshilfe Augsburg !"#$%&'(')*"&+$,$%-&)$.*#/&/0/+-) 123#4+)$56#7)#(8*"0)&$9)+-/& :;;< =#>&7"&+$?#@)-'(A#)-($B#"&&)&(8*"0) :;;C D/#*4&7)&)$E/&F)G')H%0')#&@)-#4'H$ I8*"00)-'"&+H$?@('-22"&+ I'4#'$7)#$)#(')&$=#"GG) :;;J 56#7)#(8*"0'4+$7)#$9)+-/& :;;J K48*@4#(8*"0) !"&)*2)&7$%-&047"&+)& !L)-$B>8*)# :;M:$N$:;M< O/8A)#$B0)-@)&$P$%-&$B4"(')-&$"&')#$Q-)0)&R$ E04#)$S40'"&+ I8*"0@)+0)-')# ! I8*"0#)+)0& T-33)#)&F-)#')($IG/#'A/&F)G' I/F-40)$U#/W)A'L/8*)& $X#4-&-&+(#4"2 $U#V()&')$U4"()&4"3(-8*' IYD$ 1E ! Locker Bleiben entstand aus der Sozialen Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen an Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die zusätzlich erheblichen Förderbedarf in ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung aufweisen. Vor Jahren entschlossen wir uns aus der Not unseres Alltags heraus, ein Trainingsprogramm für Schüler mit geistiger Behinderung durchzuführen. Deren massives Stören, Ärgern und Streiten machte geordneten Unterricht nahezu unmöglich. Unsere anfängliche Erwartung, ein passendes Förderprogramm oder ein Buch zu finden, wurde nicht erfüllt. Es gab kein spezielles Programm, auf das wir hätten zurückgreifen können. Wir waren auf uns gestellt. So entstand Locker Bleiben. Unter diesem Titel wurde das Training im Schuljahr 2006/2007 an der Brunnenschule in Königsbrunn bei Augsburg erstmals durchgeführt. Zwei Pädagogen üben mit acht Schülern in einer Sozialen Fördergruppe, „wie man gut miteinander umgeht, weniger streitet und besser Freunde findet“. !"#$%&'(&)*&'(+,"-&'(.%&)/&*(0(12'3&'4'566& ! 7#&'(7)*8&%49*4&' ! :&4&%;9<)4=(>)?5@?),*>5*@/#9*4)4 ! .&;$#?(>)"#(6#@>&*A&)>&(5;(B-8&6?@*8(5*3(B*&'-&**5*4 ! C)'3(&#&'(4&;)&3&*=(@%>(>?2'&*3=(/&3',#%)"#(&;6D5*3&* ! E&'#@%?&*(A)&(5*?&'(C)&3&'#,%5*4>8A@*4 ! +5>?4&A)**(5*3(4%&)"#8&)?)4&'(+&)3&*>3'5"- ! F&)*&*(G',D)?=(-&)*&*(G'&>?)4&4&A)** ! G>H"#)>"#(/&%@>?&? ! I)%3&'5*4(3&>(G',/%&;J&'#@%?&*>(;)?(85*&#;&*3&*(B%?&' 7'A&)?&'?&'(:@#;&* ! K*3)J)35&%%&(I24%)"#-&)?&*=(F%@>>&*/&8,4&*=(-&)*(LF,"#/5"#M=(-&)*(L!@-')%&4M ! !"#$%&'()%*+%,'*-.'$%*,% /' 01,$.*",'2345&'0.&16%'7%8-.'95'6:,6';1)'*,<-'!"#$%&'()%*+%,=> /' ?1@,18;%'45;'A;71,7';*.'-.&166B))*7%,'C57%,9)*#8%,'2(-DE'FFG>' /' ,*#8.'7%%*7,%.'5;'%-$1)*%&.%'?"++*,7'"9%&'H%I1).-*.51.*",%,'45' 5,.%&+&%#8%, /' ,*#8.'5;61--%,9'-.&5$.5&*%&. !"#$%&'()%*+%,'*-. ! ! ! ! ! ! ! /-0#1"2"."&*$3'410.12*$3'5!%*#1.%6' 78&9#1% 7":*9)%';<&=%&>&?88% @*,A9#1'?,='9).%&-9,>%2%--%,' ! 5@,.B*#$)?,>-9).%&6 C+)9?A'D"&1%&-%1+9&3'&*.?9)*-*%&. ;E&'7#1E)%&'2*.'>%*-.*>%&' (%1*,=%&?,>'"=%&'-#1B%&%&' !%&,+%1*,=%&?,> F2>9,>'2*.'-*#13'2*.'/9&.,%&3'2*.' $)%*,%&'G&?88% ! !"#$%&'()"*+(,*%+&-.-/-010.201"3%0(04 567.8%+.97.:(;++0<.=0*0(+&->(01? !"#$%&'()"*+(,*%+&-.8;+;(0.201"3%0(04 5&;7.67.8%+.97.:(;++0<.K/1B0180B;1G? !@,#%,"+A,';8)(;1.+%&-01.;"$0"B0" CL","[email protected]>1.0%"G;&-0.E0G>-(0.01(01"0" C%&-.@%#.B01.D001.E1,)F.%B0"#%G%3%010" !%"0".D;1#"01.3)@.+F%0(0".G%"B0" =0*0(".+0(8+#.0"#$%&'0(".)"B.@,B%G%3%010" !%"0.CF%0(10*0(.01'0""0".)"B.80"0""0" !%*0"0".)"B.G10@B0".!@,#%,"0".A01#1;)0" M%GG010"3%01#0.N%@%'.)"B.E0+#%' H%A%(&,)1;*%01#0+.I;"B0(".0%">80" !%".O;)&-*0G>-(.01'0""0" E0@0%"+;@.D1,8(0@0.(/+0" P%1'+;@'0%#.01(080" !%">80".B%+')1+%A.J.;1*)@0"#;#%A01.:,@F0#0"30" C#%@@0<.2;)#+#Q1'0<.CF10&-30%#<.R%&-#+F10&-01 ! ! !"#$%&'#() *+)#&,$-./'()0,+/' 1$2+3$4$5/'",6&'7($8$9:$2+3$;<$*+)'(+0()$8$!"=(7,>33+? @$2+3$1<$A+)B(7$CB(7$D"?()B,+/'( 4$E7&+)(7 F(7GH,+/'0()B$")B$&007&I0+= J#$K(-(?")?37&"# A5/!E4--'!,'/!./*%+'/ !"#$%&"'( ! !"#$%&"') ! !"#$%&'(!)*+,'-+ !!./01$!234/$#-'%,5+1 !!6'7$!8%$!%+!,%'!9:5+1 !!6/'%;$!'/<=+(>7$'(!?'/7*-$'+!*5; !!?'/7*-$'+!,'/!6/533'!-'+#'+ !!@+'/<=+(>7$'(!?'/7*-$'+!58-'+#'+ !./01$!"--$*1(#-'%,5+1 !9:'/+%88$!D4,'/*$%4+ !!C'4:*>7$'//4--' !!E'15-%'/$!2$/'%$ ! ! ! A5,'8B! A5,'8B C'/'%$'$!,%'!2$5+,'!&4/ F'7/'/#4+$*#$' G-$'/+:/%';' GFH%C A5(*88'+($'--5+1 ./*%+'/!*5(!I/'%(!,'/!D%$*/:'%$'/!,'/!G%+/%>7$5+1!($'7'+!*5>7!*5J'/7*-:!,'/! KL/,'/1533'!*-(!"+(3/'>73*/$+'/!M5/!?'/;=15+1N ! ! Bullying - Mobbing & „Ohne Namen“ Der Begriff „Bullying“ (engl. für “tyrannisieren”) beschreibt ein Problemverhalten, bei dem ein überlegener Täter auf ein unterlegenes Opfer trifft. Dabei kann es sich um Einzeltäter, aber ebenso auch um Tätergruppen handeln. Beiden Konstellationen gemein ist Gewalt als Mittel zum Zweck. Es geht um das Erlangen einer besonderen sozialen Position oder um materielle Aspekte. Erpressung, Geld wegnehmen, sich einen materiellen Vorteil verschaffen. Immer wieder geht es schlicht auch um das subjektive Gefühl von Langeweile und den berühmten Adrenalinkick. Die Taten werden sich selbst und der Peer – Group gegenüber gerechtfertigt. Vereinzelt zeigen Schüler sogar im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Verhaltensweisen, die mit dem der Regelschule entlehnten Begriff "Bullying" umschrieben werden können. Es sind dies zumeist Schüler, die in höheren Klassenstufen aus anderen Förderschwerpunkten oder der Grund- bzw. Mittelschule wechseln. Dort waren die Schüler oftmals inhaltlich überfordert und in ihrer psychisch labilen Verfassung nur begrenzt belastbar. Im Schulalltag am neuen Förderort sind diese Schüler tonangebend, provozieren gerne und üben Faszination auf die kognitiv schwächeren Mitschüler aus. Über alle Maßen aggressiv treten sie im schulischen Rahmen nicht auf. Das Gewaltverhalten wird außerhalb der Schule gezeigt. Dort werden sie von der gewaltaffinen Clique eher geduldet als geschätzt und als „Aufmischer“ in Schlägereien vorgeschickt. Aus dem Wochenende kehren sie teils mit Blessuren und Verletzungen zurück. Diese Gruppe Schüler ist aufgrund ihrer kognitiven Schwäche häufig in der Gefahr, Opfer in gewaltbereiten Gruppen zu werden. Sie erhoffen sich augenscheinlich Zugehörigkeit und das Gefühl, anerkannt, “nicht behindert” zu sein. Bezieht sich der Begriff „Bullying“ vorwiegend auf körperliche Aggression, meint der Begriff „Mobbing“ eine subtilere Form von Gewalt. Ein Netzwerk von Schülern schädigt gezielt eine einzelne Person. Das Verbreiten von Gerüchten, Herabsetzen und Entwerten, „Schneiden“ und "Freundin wegnehmen“ sind exemplarische Verhaltensweisen. Meist geschieht „Mobbing“ sehr verdeckt und ohne Kenntnis der Lehrkraft. Die betroffenen Schüler leiden lange im Stillen. Selbst im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung wenden mobbende Schüler zunehmend die Möglichkeiten der modernen Technik an. Verbal oder körperlich aggressive Übergriffe werden mit dem Handy gefilmt, auf Schülerplattformen imInternet werden Gerüchte verbreitet, die die betroffene Person zutiefst verletzen. Obschon beide Problematiken in Förderzentren täglich Thema sind, bezieht sich das Programm im Grunde auf keines der beiden Verhaltensmuster. Vorrangig geht es im Programm Locker Bleiben um ein Problemverhalten, das immer häufiger in Förderzentren zu beobachten ist. Wir haben uns auf den Arbeitsbegriff "Synchronisationsdefizit" geeinigt. In der Kollegialen Fallberatung der Hauptschulstufe wird ein Schüler, nennen wir ihn Nico, charakterisiert: "Bei dem Jungen läuft nichts synchron, Nico ist aus dem Takt und aus dem Gleichgewicht." Der vierzehnjährige Junge bemühe sich in der Klasse um Akzeptanz. Nico falle aber mehrfach wöchentlich durch massives Provozieren, Ärgern und Streiten auf, er könne seine Impulse schlecht kontrollieren, so die Kollegen. Das Verhalten werde scheinbar zwanghaft wiederholt, sei nicht vorhersehbar in seinem logischen Zusammenhang, in Motivation und Ziel nicht nachvollziehbar. Nico repräsentiert einen Schülertypus, der einen gravierenden Förderbedarf sowohl auf geistiger, als auch auf sensorischer, emotionaler und sozialer Ebene aufweist. Schüler wie Nico leben ihr Problemverhalten als Einzelgänger und wirken in ihrem Tun gefangen und hilflos. Die Schüler leiden unter ihren Ausfällen, weinen häufig und scheinen verzweifelt. Die Opfer werden eher zufällig gewählt. Auch die Lehrkraft kann zur Zielscheibe werden. Arbeitsverweigerung und körperliche Unruhe erschweren häufig den Unterrichtsalltag. Sie haben Probleme, vorgegebene Regeln einzuhalten und zeigen häufig eine geringe oder gar keine Frustrationstoleranz. Schüler wie Nico werden aufgrund ihres Verhaltens zu Außenseitern. Sie sind bei Mitschülern durchschnittlich beliebt oder unbeliebt und werden aus Angst vor "Ausrasten" gemieden. Sie haben deshalb keine Freunde und häufig “Pausenverbot”. Bei manchen Lehrkräften gelten die Schüler bestenfalls als anstrengend, im schlimmsten Fall lösen sie Furcht aus. Keinesfalls ziehen sie aus ihrem Verhalten Prestigegewinn oder anderweitigen Profit. Konzept einer Spezialklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie – Klinik am Greinberg Markus Bernard und Jürgen Seifert Vorbemerkungen Warum? Unterschiede bzw. Besonderheiten Struktur, Methoden Ziele Psychische Störungen und Verhaltensauffälligkeiten Kinder und Jugendliche mit (Mehrfach)Behinderung können an allen psychiatrischen Störungen erkranken (3 bis 4-fach erhöhtes Risiko) Verhaltensstörungen können bei geistiger Behinderung an vierter Stelle bei den Kategorien F70-F79 angegeben werden .0 keine oder geringfügige Verhaltensstörung .1 deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Überaktive Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien F84.4 Klinik am Greinberg Klinik am Greinberg Eröffnung März 2012 Spezialeinrichtung für schwer- und mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche, die gleichzeitig unter psychischen Erkrankungen leiden Kooperationsprojekt Trägerschaft Bezirk Unterfranken medizinische Versorgung UKW/KJPPP Klinik am Greinberg – multiprofessionelles Team TIERGESTÜTZTE THERAPIE LOGOPÄDIE HEIL PÄDAGOGIK PHYSIKER SEKRETARIATE BEWEGUNGS THERAPIE ÄRZTE PSYCHOLOGEN ERGO THERAPIE SOZIAL DIENST MUSIK THERAPIE LABOR LEHRER PFLEGEDIENST ERZIEHER Multiprofessionelles Team Ltd. Oberarzt 3 Assistenzarztstellen 1 Psychologenstelle 3 Fachtherapeuten Schule: Sonderschullehrer, Heilpädagoge 19,5 Stellen Pflegefachkräfte und Heilerziehungspfleger zusätzliche Ressourcen durch KJPPP 15 Betten Oase Patientenzimmer Patientenbad Esszimmer Vorgespräch Kontaktdaten der Sorgeberechtigten Vorbefunde und Voruntersuchungen Augen, HNO, Zähne, EKG, EEG, MRT Psychiatrische Diagnosen Somatische Diagnosen Symptomatik / Aufnahmegrund Aktuelle Medikation Aufnahmeindikation Motivation Akute Eigen-/Fremdgefährdung Betreuungsaufwand auf Station Fragen der Familie Ggf. Empfehlung weiterer Maßnahmen/Untersuchungen Stationsführung / Erläuterung der stat. Rahmenbedingungen / Infomaterial Vordiagnosen / Behandlungsauftrag ADHS, hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Störung des Sozialverhaltens (und der Emotionen) Bindungsstörung Tic-Störung Bindungsstörung Schizophrenie Affektive Störungen Posttraumatische Belastungsstörung Anpassungsstörung Störungen der Sexualpräferenz Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (Frühkindlicher Autismus, atypischer Autismus) Multiaxiale Klassifikation psychischer Störungen 1. Achse: Klinisch-psychiatrisches Syndrom 2. Achse: Umschriebene Entwicklungsstörungen 3. Achse: Intelligenzniveau 4. Achse: Körperliche Symptomatik 5. Achse: Assoziierte abnorme psychosoziale Umstände 6. Achse: Globale Beurteilung des psychosozialen Funktionsniveaus 19 Diagnostik Ausführliche Anamnese Exploration der Eltern zur aktuellen Problematik, Entwicklungsgeschichte, Familienanamnese, Beurteilung der ElternKind Beziehung Exploration Lehrer, Erzieher, andere relevante Personen Erhebung psychopathologischer Befund Körperliche und neurologische Untersuchung EEG, EKG, Labor bei Bedarf: humangenetische Diagnostik, bildgebende Verfahren und weitere Konsile durch UKW Testpsychologische Untersuchung Verhaltensbeobachtung und funktionale Verhaltensanalyse Testpsychologische Untersuchungen Intelligenzdiagnostik Entwicklungsdiagnostik Sozial-emotionale Diagnostik Störungsspezifische Diagnostik Psychologische Tests können oft nicht instruktionsgemäß durchgeführt werden Leistungsdiagnostik regelmäßig über mehrere Termine Verhaltensbeobachtung wichtig Funktionale Verhaltensanalyse Identifikation von situativen Auslösern und aufrechterhaltenden Bedingungen Auswertung der anamnestischen Daten Verhaltensbeobachtung und –dokumentation auf Station Identifizierung der Bedingungen, Situationen, Aktivitäten bei denen problematisches Verhalten auftritt Hypothesen zu Funktion des Verhaltens Überprüfung Entwicklung eines Therapieplans Funktionale Verhaltensanalyse Auslösende Situation, unmittelbar vorausgehende Ereignisse Bedingungen, die Auftreten wahrscheinlicher machen Zusammenhang mit Intelligenzminderung, psychischer Störung, Verhaltensphänotyp Behandlungskonzept Grundsätzlich: keine besondere Therapie für Menschen mit Intelligenzminderung aber besondere Herausforderung durch eingeschränkte Kommunikationsfähigkeiten geringe Introspektionsfähigkeit eingeschränkte Informationsverarbeitung stärkere Einbindung von Familien und Einrichtungen Multimodales Behandlungskonzept Verzahnung und Absprache der Behandlungselemente durch OA/CA-Visite, morgendliche Teambesprechung, tägliche Übergabe zwischen Therapeuten und Pflegeteam Strukturierter Rahmen und Tagesablauf, häufig Umsetzung der verhaltenstherapeutischen Maßnahmen durch die Pflege Psychoedukation Eltern und Kind sowie Bezugspersonen Einzel- und Gruppenpsychotherapie Psychopharmakologische Behandlung Behandlung pädiatrischer und neuropädiatrischer Erkrankungen Körperbezogene Behandlung Erlebnistherapeutische Behandlung Individuelle Beschulung Nachstationäre Perspektivenplanung Psychopharmakologische Behandlung Substanzklasse Indikation Neuroleptika (Auto-)Aggression, Impulsivität SSRI/ Antidepressiva Depression, zwanghaftes Verhalten, Ängstlichkeit, emotionale Instabilität mit Selbstverletzungen Stimulantien Hyperaktivitätsstörung Antiepileptika Epilepsie, bipolare Störung, phasische Stimmungsschwankungen Tranquilizer und Anxiolytika akute Erregungszustände, Angst, Suizidalität Intervention - Überblick Zusammenarbeit mit Familie und Einrichtung Ziele des Aufenthalts abstimmen, immer Verbesserung der Lebensqualität des Kindes First things first Passung zur Familie / Einrichtung Training Familienmitglieder / Erzieher Hospitation / Hometreatment Belastungserprobungen Anpassung von Anforderungen Reduzierung von Anforderungen Strukturierung von Aufgaben, Teilaufgaben Klare Tages- und Wochenstruktur, geeignete Visualisierungshilfen feste Bezugsperson Veränderung von Konsequenzen Training von adaptiven Fertigkeiten Soziale Kompetenztraining, basale Coping-Strategien Anbahnung von alternativer Kommunikation (Talker, Gebärden) Selbstständige Beschäftigung Mittag Vormittag Strukturierter Rahmen und Tagesablauf Montag, 22.09.2014 Dienstag, 23.09.2014 Mittwoch, 24.09.2014 Donnerstag, 25.09.2014 Freitag, 26.09.2014 Samstag, 27.09.2014 Sonntag, 28.09.2014 7.45 Frühstück 7.45 Frühstück 7.45 Frühstück 7.45 Frühstück 7.45 Frühstück 7.45 Frühstück 7.45 Frühstück 8.15 Morgenkreis 8.15 Morgenkreis 8.15 Morgenkreis 8.15 Morgenkreis 8.15 Morgenkreis 9.00 Morgenrunde Ärzte/ Therapeuten 9.00-11.30 9.00 Morgenrunde Ärzte/ Therapeuten 9.00 Oberarztvisite: Rundgang auf Station 9.00 Morgenrunde Ärzte/ Therapeuten 10.00 Hundetherapie Oberarztvisite 12.00-14.00 Mittagessen/Pause 12.00 -14.00 Mittagessen/Pause 12.00-14.00 Mittagessen/Pause 12.00 -14.00 Mittagessen/Pause 12.00-14.00 Mittagessen/Pause 12.00-14.00 Mittagsessen/Pause 12.00 -14.00 Mittagessen/Pause 13.00-14.00 Große Übergabe auf Station mit Ärzten/ Therapeuten 13.00-14.00 Übergabe auf Station 13.00-14.00 Übergabe auf Station 13.00-13.45 Übergabe auf Station 13.30-14.15 Fixiertraining/ Schutztechniken 14-tägig 13.00-14.00 Übergabe auf Station mit Fallbesprechung 13.00-14.00 Übergabe auf Station 13.00-14.00 Übergabe auf Station 14.00-15.00 Freundegruppe 14.00 -15.00 interne Fortbildung Nachmittag 14.00-17.00 Besuchsnachmittag 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen Ab 14.00 Spielgruppe für Kinder ohne Besuch 14.0017.00 Besuchsnachmittag 14.00-15.00 SOKO Ab 14.00 Spielgrupp e für Kinder ohne Besuch 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen 16.00 16.15 - 16.45 Entspannung 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen Individueller Wochenplan Vormittag Wochenplan von __Niklas____________________________ Montag, 22.09.2014 7.45 Frühstück Dienstag, 23.09.2014 7.45 Frühstück Mittwoch, 24.09.2014 7.45 Frühstück Donnerstag, 25.09.2014 7.45 Frühstück Freitag, 26.09.2014 7.45 Frühstück 8.15 Morgenkreis 8.15 Morgenkreis 8.15 Morgenkreis 8.15 Morgenkreis 8.15 Morgenkreis 9.00 Morgenrunde Ärzte/ Therapeuten 9.00-11.30 9.00 Morgenrunde Ärzte/ Therapeuten 9.00 Oberarztvisite: Rundgang auf Station 9.00 Morgenrunde Ärzte/ Therapeuten 9.00-10.30 HSU: Tiere im Herbst 10.00-11.30 Psychomotorik 9.30-10.00 Frühsport 10.00 Hundetherapie Oberarztvisite Nachmittag Mittag 11.15-12.00 Werken: Vogelhaus Samstag, 27.09.2014 7.45 Frühstück Sonntag, 28.09.2014 7.45 Frühstück 11.00-11.45 Psychodiagnostik 12.00-14.00 Mittagessen/Pause 12.00 -14.00 Mittagessen/Pause 12.00-14.00 Mittagessen/Pause 12.00 -14.00 Mittagessen/Pause 12.00-14.00 Mittagessen/Pause 12.00-14.00 Mittagsessen/Pause 12.00 -14.00 Mittagessen/Pause 13.00-14.00 Große Übergabe auf Station mit Ärzten/ Therapeuten 13.00-14.00 Übergabe auf Station 13.00-14.00 Übergabe auf Station 13.00-13.45 Übergabe auf Station 13.30-14.15 Fixiertraining/ Schutztechniken 14-tägig 13.00-14.00 Übergabe auf Station mit Fallbesprechung 13.00-14.00 Übergabe auf Station 13.00-14.00 Übergabe auf Station 14.00-15.00 Freundegruppe 14.00 -15.00 interne Fortbildung 15.00 Süßes Teilchen Ab 14.00 Spielgruppe für Kinder ohne Besuch 14.30-15.00 Gespräch mit behandelndem Arzt 14.0017.00 Besuchsnachmittag 14.00-15.00 SOKO Ab 14.00 Spielgrupp e für Kinder ohne Besuch 14.15-15.00 Musik 14.00-17.00 Besuchsnachmittag 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen 15.00 Süßes Teilchen 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen 16.00 16.15 - 16.45 Entspannung 17.30 Abendessen 17.30 Abendessen Übergreifende Angebote Morgenkreis Soziale Kompetenzgruppe, sog. „Freundegruppe“ und „SOKO-Gruppe“ Entspannungsgruppe Psychomotorik Kreativtechniken Ferienprogramm Individuelle Angebote als Einzel- oder Gruppenangebot Physiotherapeut Fortführung bestehender Therapien Mobilisation Kontrakturenprophylaxe Aktivierung Wahrnehmungsschulung Entspannungsverfahren Entwicklungsförderung Motorikschulung: grob- und feinmotorisch Frühsport Individuelle Angebote als Einzel- oder Gruppenangebot Beschäftigungstherapeutin Diagnostik Schulung der Feinmotorik Wahrnehmungsübungen Esstraining Konzentrationstraining Individuelle Angebote als Einzel- oder Gruppenangebot Sozialpädagogin im Fachdienst Kunsttherapeutische Angebote Bsp.: Triptychon (Thema) Körperumrissbild Ausdrucksmalen (freies Gestalten mit verschiedenen Materialien und Techniken) Perspektivenplanung Triptychon Berufsspezifische Angebote Sozialpädagogin im Sozialdienst Beratung und Unterstützung der Familien bei der Suche nach geeigneten, individuellen Hilfen zur Entlastung im Alltag (z.B. Schulbegleiter, SPFH, FED etc.) Info über Leistungen der Pflegekasse (SGB XI), der Jugendhilfe/Erziehungshilfe (SGB VIII), der Eingliederungshilfe (SGB XII), bei Besitz eines Schwerbehindertenausweises Sozialrechtliche Beratung Unterstützung bei der Suche nach Einrichtungen Kontakt mit zuständigen Behörden Teilnahme an Hilfeplangesprächen Training sozialer und emotionaler Kompetenzen Freundegruppe (möglichst alle Patienten) Ziel: Training basaler sozialer Kompetenzen Kontaktaufnahme und Distanz soziale Wahrnehmung Emotionserkennung, -beschreibung und -management Umgang mit Konflikten Ablauf Blitzlicht Abschiedshand, Lobbox Konfliktlösung (Kinder untereinander), Stationsregeln zusätzliche Themen nach aktuellem Bedarf z.B. Umgang mit Heimweh, wie gewinne ich einen Freund, sexuelle Aufklärung... Abschiedshand Schulteam der KaG- Klassen in der Graf-zu-Bentheim Schule • Sonderschullehrer(16 Std.) • Heilpädagogen (45 Std.) d.h.: 70 wöchentliche Unterrichtsstunden • Heilpädagogische Unterrichtshilfe (11 Std.) => 4,5 Std. pro Schüler in der Woche Pädagogisches Konzept Grundlage: Lehrplan für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung gekoppelt mit individueller Therapieplanung Normalität und Struktur während des Klinikaufenthaltes Integration verhaltenstherapeutischer Maßnahmen Strukturierung der Arbeitssituation und flexible Gestaltung des Lernsettings Flexibilität und Sicherheit im Team Schulischer Alltag während des Aufenthalts Diagnostik Erfassen der schulischen und außerschulischen Berichte Kontakt zu Stammschulen Beobachtung und Dokumentation der Lernsituationen Überprüfung von Hypothesen im Unterricht Unterricht Einzelförderung: TEACCH, Förderpflege Einzelunterricht: Lernspiele, Kulturtechniken, PC-Programme, thematische Arbeit, Intensivierung Gruppenunterricht (2-8 Schüler): Kulturtechniken, thematische Lernangebote, Sport, Psychomotorik, Musik, Werken, Snoezelen Außenschulversuche, Praktika Schulischer Alltag während des Aufenthalts Teamarbeit Teilnahme an wöchentlicher OA-Visite wöchentliches Schulteam Teilnahme an KaG-Arbeitskreisen Teilnahme und Angebote im internen Fortbildungszirkel Kontakt zu außerklinisch Beteiligten Kontakt zu Stammschule bei Aufnahme und während des Aufenthaltes Teilnahme an HPGs während und am Ende der Behandlung bei schulischen Fragestellungen Unterrichtsgänge Schulbericht/Rückmeldung zum Ende des Aufenthaltes Anforderung an Therapeuten Ausdauer und Geduld Veränderungen und Entwicklung benötigen mehr Zeit, durchschnittliche Liegezeit KaG deutlich höher als stationäre Behandlung Nichtbehinderter, einzelne Therapieeinheiten kürzer, dafür öfter) Beachtung Übertragung und Gegenübertragung besondere Herausforderungen durch auto- und fremdaggressives Verhalten, aber auch Kotschmieren und Urinieren, anhaltendes Schreien, etc. Vertrauen und angemessene Distanz Keine Scheu, kein Ekel, keine Angst Anforderung an Therapeuten haltende und stützende Atmosphäre Kombination sprachlicher und nichtsprachlicher Anteile Phantasie und Flexibilität Teamfähigkeit Kritikfähigkeit Interprofessionelle Zusammenarbeit Verhaltensorientierte Diagnostik bei auffälligem Verhalten Prof. Dr. Klaus Sarimski (PH Heidelberg) • Standardisierte Fragebögen: VFE, NCBRF • Funktionale Verhaltensanalyse Verhaltensfragebogen für Kinder mit Entwicklungsstörungen (VFE, Einfeld, Tonge & Steinhausen, 2008; Sarimski & Steinhausen, 2006) • • ‐ ‐ ‐ ‐ ‐ 96 Items (dreistufige Bewertung) Skala: Disruptives, antisoziales Verhalten selbst‐absorbiertes Verhalten Kommunikationsstörung Angst Soziale Beziehungsstörung Nisonger Beurteilungsbogen für das Verhalten von behinderten Kindern (Beispiele aus NCBRF; Aman et al., 1996; dt. in Sarimski & Steinhausen, 2006) Isoliert sich von anderen Greift andere an 0 1 2 3 0 1 2 3 Beißt sich wiederholt 0 1 2 3 Zappelt, rutscht hin/her Zu wenig aktiv, langsam 0 1 2 3 0 1 2 3 Nisonger Beourteilungsbogen für das Verhalten von behinderten Kindern Aman et al., 1996; dt. in Sarimski & Steinhausen, 2006) • 66 Items • Positives Sozialverhalten • Problemverhalten: Oppositionell‐aggressiv Sozial unsicher Hyperaktiv Zwanghaft Selbstverletzend reizempfindlich Funktionale Verhaltensanalyse: Analyse der sozialen Anforderungen und Verstärkungsbedingungen Vulnerabilität für soziale Anforderungen und Umgebungsbedingungen („Setting events“) Reizvielfalt und Bewegungsfreiraum Angebot von Beschäftigungen Tagesstruktur, Überschaubarkeit von Übergängen Wahlmöglichkeiten und Selbstbestimmung Schmerzen, Störungen des Wohlbefindens, Diät, Schlafstörungen • Eindeutigkeit und Stabilität von Betreuungspersonen • Konflikte im sozialen System • • • • • Befragung von Bezugspersonen und Verhaltensprotokolle • Bei welchen Aktivitäten tritt es typischerweise auf? • Was geschieht in der Regel, wenn es auftritt? • Gibt es bestimmte Ereignisse, die unmittelbar vorher geschehen? • Gibt es Bedingungen, unter denen das Verhalten nie auftritt? • Gibt es einen Zusammenhang zu körperlichem Befinden? • Spielen äußere Faktoren für das Auftreten eine Rolle? Mögliche Verstärkungsbedingungen Streben nach Anreiz Selbststimulation Soziale Aufmerksamkeit Bevorzugte Aktivität Streben nach Vermeidung einer negativen Erfahrung Reduktion von Schmerz, etc. Unerwünschte Aufmerksamkeit Schwierige Anforderung/Veränderung Verhaltensprotokoll (Keep it simple!) Name: Zeit: Kontext: • Sozialer Kontext: • Kritisches Verhalten: • Soziale Reaktion: • Annahme über Funktion: Verhaltensprotokoll (Keep it simple!) Situation Verhalten Konsequenz Diagnostische Arbeitshypothese • Ereignisse, die ihm unmittelbar vorausgehen • Rahmenbedingungen, die sein Auftreten wahrscheinlicher machen • Konsequenzen, die das Verhalten aufrechterhalten • Behinderungsbedingte Einschränkungen, die zum Problem beitragen (z.B. eingeschränkte Umweltwahrnehmung, Verstehen von Anforderungen und Zusammenhängen, fehlende soziale oder kommunikative Kompetenzen, genetische bedingte Einschränkungen der Selbstregulation) Hilfe‐ und Assistenzbedarf zur Bewältigung der alltäglichen Anforderungen („positive Verhaltensunterstützung“)? Interventionsplan für : Auslöser Verhalten Aufrechterhaltung Funktion: Funktion: Präventive Hilfen Neue Kompetenzen Neue Konsequenzen Interventionselemente (Auswahl) • Veränderung von sozialen Anforderungen Reduzierung der Aufgabenschwierigkeit Rhythmisierung und Gliederung von Aufgaben Tagesstrukturierung und Visualisierungshilfen Individuelle Assistenzen • Veränderung von Konsequenzen Verhaltensverträge (kontingenter Zugang zu bevorzugten Tätigkeiten) Veränderung dysfunktionaler Interaktionsmuster • Training adaptiver Verhaltensformen Selbständige Beschäftigung Alternative Kommunikation Ärger‐(Selbst‐)Management Soziales Kompetenztraining Dr. phil. Karolin Gruber, M.A. Psychologie bei geistiger Behinderung und bei Verhaltensstörungen Pädagogik bei Autismus-Spektrum-Störungen Autismus und herausforderndes Verhalten Fachtag: „An den Grenzen: Umgang mit Verhaltensstörungen/ herausforderndem Verhalten im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung“ Workshop am 17. Oktober 2014 am Auhof in Hilpoltstein Inhalte des Workshops © Dr. Karolin Gruber -2- Stellen Sie sich einen 6-jährigen Jungen mit Autismus vor, … … der in der Mitte eines Lebensmittelgeschäftes steht und schreit. In Angesicht seines Verhaltens – und den Blicken, die er von anderen im Laden dafür erhält – versuchen Sie, sein Verhalten zu interpretieren und entsprechend zu reagieren. Schreit er, weil der Laden voll ist von Menschen, die Augenkontakt und soziales Lächeln verwenden, was er nicht versteht? Schreit er, weil er Hunger hat, Kekse sieht und nicht weiß, wie er nach etwas zu Essen fragen soll? Schreit er, weil es nicht das gleiche Lebensmittelgeschäft ist, in das er sonst mit Ihnen geht? Schreit er, weil er sich an den hellen Lichtern im Geschäft stört? Oder schreit er, weil er gebeten wurde, die Einkäufe in den Einkaufswagen zu legen, was er nicht machen will? vgl. Grofer Klinger et al. 2013 © Dr. Karolin Gruber -3- A-Kriterium Qualitative Beeinträchtigung in der sozialen Kommunikation und Interaktion AutismusSpektrum- Störung Eingeschränktes, sich wiederholendes Verhaltensrepertoire B-Kriterium APA 2013 © Dr. Karolin Gruber -4- Qualitative Beeinträchtigung in der sozialen Kommunikation und Interaktion Wenn Sie glauben, dass der Junge schreit, weil es ihm zu viele Menschen sind, können Sie ihn anleiten, eine Pause zu verlangen vgl. Grofer Klinger et al. 2013 © Dr. Karolin Gruber -5- Eingeschränktes, sich wiederholendes Verhaltensrepertoire vgl. Grofer Klinger et al. 2013 © Dr. Karolin Gruber -6- Herausforderndes Verhalten • Herausforderndes Verhalten tritt häufiger bei Kindern mit ASS auf als bei gesunden Kindern oder Kindern mit anderen Entwicklungsstörungen (Matson et al. 2009) • Studien zeigen herausforderndes Verhalten zwischen 32% bis zu 94% der Kinder mit ASS (Jang et al. 2011) • Die Verringerung von herausforderndem Verhalten ist für Eltern oft Priorität bei Interventionen (Pituch et al. 2011) • Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit ASS und Intelligenzminderung sind Barrieren für eine effektive Schulund Ausbildung sowie für ihre soziale Entwicklung; häufig bleiben die Verhaltensweisen bis ins Erwachsenenalter bestehen (Matson & Rivet 2008) © Dr. Karolin Gruber -7- Herausforderndes Verhalten Lehrkräfte identifizieren herausforderndes Verhalten bei SuS mit Autismus als Haupthindernis für deren Lernerfolge: • Es erschwert den Unterricht, verursacht Stress und mitunter Verletzungen bei den Lehrkräften, den Betroffenen und den Mitschülern (Jang et al. 2011; Machalicek et al. 2007, 2008) • Reaktionen auf Seiten der Betreuungspersonen (Butrimaviciute & Grieve 2013): – Wut, Angst, Furcht – Hilflosigkeit, Trauer, Ohnmachtsgefühle, geringes Selbstwirksamkeitserleben – Gefühle von Schuld und Scham © Dr. Karolin Gruber -8- Formen von schwierigem Verhalten bei ASS Menschen mit ASS haben also ein erhöhtes Risiko für herausforderndes Verhalten, welches sich häufig wie folgt zeigen kann: • • • • • • • • • • Autoaggressives Verhalten Fremdaggressives Verhalten Panikartige Reaktionen bei Abweichungen von Routine oder Ritualen Negativismus Perfektionismus Zwangshandlungen Distanzlosigkeit Ausgeprägtes Rückzugsverhalten Apathie … Klosinski & Troje 2004, 26 © Dr. Karolin Gruber -9- Häufigkeit von herausforderndem Verhalten Mit der Schwere der autistischen Störung erhöht sich die Häufigkeit des Auftretens von herausfordernden Verhaltensweisen, insbesondere von – Aggression/Zerstörung (z.B. schlagen auf Gegenstände) – Stereotypien (z.B. sich ständig wiederholende Verhaltensweisen, wie ungewöhnliche Lautäußerungen; Körperbewegungen; ungewöhnliches Spiel mit Gegenständen) – selbstverletzendes Verhalten (z.B. sich selbst schaden; Gegenstände schlucken) – disruptives Verhalten (z.B. weglaufen) Matson & Rivet 2008 © Dr. Karolin Gruber -10- Funktionen von herausforderndem Verhalten • Wissenschaftliche Untersuchungen haben sich mit den Funktionen von herausforderndem Verhalten bei Autismus beschäftigt, die meisten waren in der Lage mind. eine Funktion des Verhaltens zu bestimmen • Am häufigsten werde herausforderndes Verhalten gezeigt, um: – Aufmerksamkeit zu bekommen – etwas Erwünschtes zu erhalten – eine Situation/Aufgabe zu vermeiden – sich sensorisch zu stimulieren • Herausforderndes Verhalten kann aber auch biologische oder kognitive Ursachen haben Matson et al. 2011 © Dr. Karolin Gruber -11- „Eine Situation/Aufgabe vermeiden“ • Diverse Studien haben gezeigt, dass herausforderndes Verhalten zur Vermeidung von Aufgabenanforderungen fungieren kann (z.B. Derby et al. 1992) • Dieses Vermeidungsverhalten von Kindern mit Autismus kann im schulischen Setting teilweise nur sehr schwer mit üblichen Methoden wie Timeout behoben werden, da genau dies eine negative Verstärkung für den Schüler bedeuten kann und in der Folge das herausfordernde Verhalten gehäuft oder in einer noch stärkeren Intensität gezeigt wird (Lerman et al. 1999) © Dr. Karolin Gruber -12- Choice making Bietet man Kindern mit ASS Auswahlmöglichkeiten zwischen Aktivitäten (z.B. Arbeiten in Rechnen oder Schreiben), Unterrichtsmaterialien (z.B. Schreiben mit einem Bleistift oder Kugelschreiber) oder bei Umweltbedingungen (z.B. Sitzplatz) an, kann unerwünschtes Verhalten in Form von Aufgabenverweigerung deutliche verringert werden. Rispoli et al. 2013 © Dr. Karolin Gruber -13- „Etwas Erwünschtes bekommen“ Das erhöhte Risiko zu herausfordernden Verhaltensweisen kann in der Unfähigkeit, eigene Bedürfnisse effektiv zu kommunizieren, begründet sein: • Die kommunikativen Beeinträchtigungen sind gekennzeichnet durch tiefgreifende pragmatische Defizite, geringe Sprachproduktion und einem Mangel an initiierender Kommunikation • Sie stehen insbesondere im Zusammenhang mit Schwierigkeiten in Joint Attention und der Theory-of-Mind Hutchins & Prelock 2014 © Dr. Karolin Gruber -14- Verhaltensanalyse • Verhaltensanalyse ist das wichtigste diagnostische Verfahren bei einer pädagogischpsychologischen Intervention auf verhaltenstheoretischer Grundlage • Ziel ist es, die Ursache oder aufrechterhaltende Bedingungen für die Probleme zu ermitteln • Die SORKC-Analyse ist die Analyse eines speziellen, klar umgrenzten, ausgewählten Problemverhaltens Hautzinger 2011 © Dr. Karolin Gruber -15- Vorgehensmodell nach Kanfer Das in Frage kommenden Verhalten (R) wird von situativen (S) oder biologischen (O) Determinanten (sog. vorausgehenden Bedingungen) hervorgerufen und von bestimmten Konsequenzen (K, C) gefolgt. S = Stimuli, Situation O = Somatische Einflüsse, überdauernde Merkmale R = Reaktion, problematisches Verhalten K = Kontingenz C = Konsequenzen Für die Aufrechterhaltung von R sind die kurzfristigen Konsequenzen bedeutsam! Bei den kurzfristigen Konsequenzen ist vor allem nach C(negative Konsequenz; direkte Bestrafung) und C+ (positive Konsequenz; positive Verstärkung) zu suchen. Zunächst wird R beschrieben, dann S, O, K, C. Hautzinger 2011; Kircher 2013 © Dr. Karolin Gruber -16- Literatur APA (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders (DSM-5). Washington, DC u.a.: American Psychiatric Association. Butrimaviciute, R. & Grieve, A. (2013). Carers‘ experience of beeing exposed to challenging behaviour in services for autism spectrum disorders. Autism, DOI: 10.1177/1362361313508022 Derby, K. M. et al. (1992). Brief functional assessment techniques to evaluate aberrant behavior in an outpatient setting: A summary of 79 cases. Journal of Applied Behavior Analysis, 25, 713–721. Grofer Klinger, L. et al. (2013). Caregiver-mediated approaches to managing challenging behaviors in children with autism spectrum disorder. Dialogues in Clinical Neuroscience, 15 (2), 225–233. Hautzinger, M. (2011). Mirko-Verhaltensanalyse. In M. Linden & M. Hautzinger (Hrsg.), Verhaltenstherapiemanual (S. 217–221). Heidelberg: Springer. Hutchins, T. L. & Prelock, P. A. (2014). Using communication to reduce challenging behaviors in individuals with autism spectrum disorders and intellectual disability. Child and Adolescent Psychiatric Clinics of North America, 23 (1), 41–55. Jang et al. (2011). Symptom severity and challenging behavior in children with ASD. Research in Autism Spectrum Disorders, 5, 1028–1032. Kircher, T. (2013). Pocket Guide Psychotherapie. Heidelberg: Springer. Klosinski, G. & Troje, A. E. (2004). Kanner-Autismus. Entwicklungsverlauf im 2. und 3. Lebensjahrzehnt bei 18 Patienten unter besonderer Berücksichtigung des sozial-adaptiven Verhaltens. Ergebnis einer qualitativen Retrospektivstudie. Nervenarzt, 75, 23–28. © Dr. Karolin Gruber -17- Literatur Machalicek, W. et al. (2007). A review of interventions to reduce challenging behavior in school settings for students with autism spectrum disorders. Research in Autism Spectrum Disorders, 1 (3), 229–246. Machalicek, W. et al. (2008). A review of school-based instructional interventions for students with autism spectrum disorders. Research in Autism Spectrum Disorders, 2 (3), 395–416. Matson, J. L. & Rivet, T. T. (2008). Characteristics of challenging behaviours in adults with autistic disorder, PDD-NOS, and intellectual disability. Journal of Intellectual and Developmental Disability, 33 (4), 323–329. Matson, J. L. et al. (2009). The relationship of challenging behaviors to severity and symptoms of autism spectrum disorders. Journal of Mental Health Research in Intellectual Disabilities, 2, 29–44. Matson, J. L. et al. (2011). What is the evidence for environmental causes of challenging behaviors in persons with intellectual disabilities and autism spectrum disoders? Research in Developmental Disabilities, 32 (2), 693–698. Pituch, K. A. et al. (2011). Parent reported treatment priorities for children with autism spectrum disorders. Research in Autism Spectrum Disorders, 5, 135–143. Rispoli, M. et al. (2013). A comparison of within- and across-activity choices for reducing challenging behavior in children with autism spectrum disorders. Journal of Behavioral Education, 22, 66–83. © Dr. Karolin Gruber -18- WS 22 – SStärke staƩ Maccht – Grau/ Weyyand/ Zehendneer (Basiis-)Bauste eine des Schulkon S nzepts Morgen-- / Mittagsko onferenz Protokoll Zielsetzung Laufzetttel E Eltern & Öffe entlichkeit Sit-In-Hausb besuche Postkarten naktion Zeugnisge espräch außerschulische Kon nferenzteilnehmer Pausengestalttung Spo ort, Chillout, S Spiel, Tobe, Hof, Stille, VIP, Sandel Sc chulversam mmlung g gemeinsame e Ziele Schülerbeiträge Ehrunge en K Kollegiale Hospitation Prä äsenz & N Nähe Bindung g& Beziehu ung Prä äsenzmento or Ru ufbereitschafft Elternkontakt E Do okumentation n Morgenkonferen nz Fallarbeit Selbstk kontrolle & Selbstbe eherrschung g Fallb besprechun ng Es skalationsvo orbeugung Transparen nz & Öffentlichk keit Beh harrlichkeit & Ve erzögerung Netzw werk & Untersttützung Wachsam me Sorge e W Widerstand Verantwortu ungsra um des sL T Therapiebeg gleitende Ma aßnahmen M Montagszeit Sprungbrett 7+ Inhou use-Therapie en Biograph hiebuch = Po ortfolio Ze eit für Dich tägl. ind. Betreuun ng Eingangsphase Schula anfangsfeier verkürztter Unterrichtt Pausenaufsicht aller L persönlich he Begrüßun ng Wie kann Schule gelingen? Prävention von sozialen und emotionalen Störungen in der Schule Dr. Edith Wölfl Sozial‐emotionale Probleme von Kindern in der Schule Sozial‐emotionale Störungen Probleme im Kind Probleme im Umfeld Probleme in der Familie Dr. Edith Wölfl 2014 3 Sozial‐emotionale Störungen 1. 2. 3. 4. Gehen Wechselwirkungen ein Können nicht isoliert betrachtet werden Sind nicht eindimensional zu behandeln Reagieren nicht auf Konsequenzen sondern auf Interventionen Dr. Edith Wölfl 2014 4 Chronische Störungen • • • • • Ängste Zwänge ADHS Tics Autismus Dr. Edith Wölfl 2014 5 Hochrisikofaktoren und Traumatisierungen • Gewalt zwischen den Eltern • Gewalt oder Vernachlässigung gegenüber dem Kind • Tod eines nahen Angehörigen • Schwere chronische Erkrankung des Kindes oder eines nahen Angehörigen • Gewalterfahrungen eines Elternteils in der eigenen Kindheit Dr. Edith Wölfl 2014 6 Bindungsstörungen • Ambivalente Bindung • Unsichere Bindung • Desorientierte Bindung Bindungsstörungen lösen ambivalente Gefühle und Gedanken aus. Wir fühlen uns in einem emotionalen Wechselbad. Dr. Edith Wölfl 2014 7 Störungen der Ich‐Kompetenz • • • • Eingeschränktes Einfühlungsvermögen Geringe Vorstellung der Selbstwirksamkeit Geringer Selbstwert Geringe Frustrations‐ bzw. Ambuguitätstoleranz Dr. Edith Wölfl 2014 8 Umschriebene Entwicklungsstörungen • • • • Sprache Motorik Aufmerksamkeit Teilleistungsschwächen Dr. Edith Wölfl 2014 9 Merkmale der Probleme und Störungen • Komplex • Finden sich in unterschiedlichen Bereichen und Ausprägungen • Sind situativ verschieden und widersprüchlich • Überlagern sich gegenseitig in Wechselwirkungen Hinter allen Störungen ist Angst. Konsequenzen funktionieren deshalb nicht. Dr. Edith Wölfl 2014 10 Diagnostik bei emotionalen und sozialen Störungen • Tests und Screenings • Andere diagnostische Verfahren Dr. Edith Wölfl 2014 11 Diagnostik zur Schulaufnahme und Förderung • • • • • • Intelligenz Sprache‐ und Sprachentwicklung BISC Motorik Fortlaufende Beobachtungen Fallgespräche Dr. Edith Wölfl 2014 12 Andere Diagnostik Beobachtungen in anderen Einrichtungen Beobachtungen der Eltern Informationen vom Kinderarzt Informationen von Therapeuten Informationen von Kliniken wie z.B. Kinderzentrum in München Datenschutz und Schweigepflicht! • • • • • Dr. Edith Wölfl 2014 13 Elemente der Schulqualität Person Struktur Unterricht Dr. Edith Wölfl 2014 14 Angst braucht Halt und Sicherheit • • • • Halt durch die Erwachsenen Halt durch die Klassengemeinschaft Halt durch die räumliche Struktur Halt durch die Vorhersehbarkeit • Sicherheit durch Selbstwirksamkeit • Sicherheit durch Ermutigung und Zuversicht • Sicherheit durch Erfolg Dr. Edith Wölfl 2014 15 Personale Kompetenzen 1 • • • • • Hohe innere Präsenz Schnelle Reaktionen Multitasking Selbstorganisation Expressive Vielfalt in Stimme, Sprache und Körpersprache Dr. Edith Wölfl 2014 16 Personale Kompetenzen 2 • • • • • Emotionale Wärme und Beziehungsfähigkeit Fähigkeit zur Metaebene und Humor Schlagfertigkeit Kooperations‐ und Teamfähigkeit Fehlertoleranz und Selbstkritik Dr. Edith Wölfl 2014 17 Struktur und Raum • • • • • Schulhaus Eingangsbereich Pausenhof Klassenzimmer Schulbus Dr. Edith Wölfl 2014 18 Struktur und Zeit • Organische Rhythmisierung • Zeitangaben und als Hilfe • Genaue Planung im Rhythmus des Tages, der Woche und des Schuljahres • Vorhersehbarkeit von Ermüdung • Pausen einkalkulieren und gestalten Dr. Edith Wölfl 2014 19 Unterrichtsprinzipien 1 • Emotionales und soziales Lernen haben Vorrang • Lerninhalte und Unterrichtsinhalte sind Medium des sozialen und emotionalen Lernens • Unterrichtserfolg wird systematisch verfolgt Dr. Edith Wölfl 2014 20 Unterrichtsprinzipien 2 • • • • • • Classroommanagement Organische Unterrichtsorganisation Klarheit und Einfachheit Didaktisches Minimum Wesentlich sein Sinnvoller Unterricht Dr. Edith Wölfl 2014 21 Unterrichtsprinzipien 3 Make them feel successfull! • Klare Strukturen • Komplexitätsverminderungen bei Übergängen • Reflektierte Regeln • Feedback, Feedback, Feedback • Gemeinschaft vor Individualität Dr. Edith Wölfl 2014 22 Unterrichtsprinzipien4 Unterricht ist ein Lernprozess, der Sicherheit zum Ziel hat. • Von der Bindung zur Exploration • Von gebundenen Formen zur Individualisierung • Vom Ich zum Wir und zurück! Dr. Edith Wölfl 2014 23 Kooperation als Förderbasis Eltern und andere Angehörige Partner innerhalb der Schule einbeziehen Partner der Schule z.B. Jugendhilfe, Hort etc. Andere Hilfen vor Ort z.B. Therapeuten (Umgang mit der Schweigepflicht!) • Ggf. Kirchen, Vereine etc., also andere Lebensräume des Kindes • • • • Dr. Edith Wölfl 2014 24 Schulentwicklung und sozial‐ emotionale Störungen • Wenn es den Kindern besser geht, dann geht es allen besser, auch den Erwachsenen. • Wenn der Unterricht sich auf diese Kinder einstellt, wird er für alle Kinder besser. • Für die emotionale und soziale Entwicklung der Kinder einer Schule bilden alle eine Gemeinschaft. Dr. Edith Wölfl 2014 25 Die Förderung von Kindern mit emotionalen und sozialen Schwierigkeiten ist Aufgabe jedes Einzelnen, aber vor allem auch der gesamten Schule und Einrichtung. Niemand darf dabei alleine bleiben. Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. Edith Wölfl 2014 26 Referentinnen und Referenten Bräutigam, Dorothea (StRin FS, Brunnenschule, Augsburg) Coulmann, Ute (Rechtsanwältin und Mediatorin, Dozentin für Gesundheitsfachberufe, Flehingen) Ebert, Dr. Harald (SoR, Berufsschule Don Bosco, Würzburg) Ebner, Dr. med. Roland (Institutsambulanz und Tagesklinik für Kinder‐ und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Klinikum Deggendorf) Färber, Ludwig (StR FS, SFZ Landkreis Weißenburg‐Gunzenhausen) Fath, Maria Johanna (Traumapädagogin und Traumatherapeutin, Familientherapeutin, Neusäß) Federl, Bea (SRin, Studienseminar für Sonderpädagogik FsgE, Würzburg) Fischer, Prof. Dr. Erhard (Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV – Pädagogik bei Geistiger Behinderung, Universität Würzburg) Grasruck, Dieter (Fachdienstkoordinator, RDB GmbH Auhof – Wohnen, Lernen, Arbeiten, Auhof) Grau, Peter (SoR, Martinschule Augsburg) Gruber, Dr. Karolin (M.A., Lehrstuhl für Pädagogik bei geistiger Behinderung und Pädagogik bei Verhaltensstörungen, LMU München) Harnack, Maike (StR FS, Franziskus‐Schule, Bad Windsheim) Heldrich, Nadine (StRin FS, HPZ Rupert‐Egenberger Schule, Amberg) Klauß, Prof. Dr. Theo (Professur für Geistigbehindertenpädagogik, PH Heidelberg) Kleindiek, Michaela (Dipl.‐Päd., Pädagogische Werkstatt Nürnberg) Langenhorst, Christoph (StR, FS, Franziskus‐Schule, Bad Windsheim) Markowetz, Prof. Dr. Reinhard (Lehrstuhl Pädagogik bei geistiger Behinderung und Pädagogik bei Verhaltensstörungen, LMU München) Meier, Thomas (SoR, Franziskus‐von‐Assisi‐Schule, Au am Inn) Miller, Thomas (IR, Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB), München) Praxl, Stefanie (StRin FS, Comeniusschule, Aschaffenburg) Rabe, Simone (StRin FS, Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg, Beraterteam psychisch belastete Schüler Mittelfranken) Sarimski, Prof. Dr. Klaus (Professur für Sonderpädagogische Frühförderung, PH Heidelberg) 20 Schreiber, Liane (StRin FS, Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg, Beraterteam psychisch belastete Schüler Mittelfranken) Seifert, Dr. med. Jürgen (Ltd. Oberarzt der Klinik am Greinberg, Spezialklinik für Kinder‐ und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Würzburg) Spaett, Thomas (Dipl.‐Psych., Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV – Pädagogik bei Geistiger Behinderung, Universität Würzburg) Spangler, Gerhard (Institut für kollegiale Beratung e. V., Heilsbronn) Thalmaier, Sabine (StRin FS, Franziskus‐von‐Assisi‐Schule, Au am Inn) Walter‐Klose, Dr. Christian (Dipl.‐Psych., Syst. Therapeut, Psychotherapeut, Lehrstuhl für Sonderpädagogik II – Körperbehindertenpädagogik, Universität Würzburg) Wayand, Anne (SoRin, Regens‐Wagner‐Schule Burgkunstadt) Wernekke, Isabel (SoRin, Heilpädagogisches Zentrum Amberg) Wölfl, Dr. Edith (SoRin i.R., München) Zehendner, Gabriele (StRin FS, Martinschule Augsburg) 21 Veranstalter Deutscher Caritasverband Landesverband Bayern e. V. Evangelische Schulstiftung in Bayern Julius‐Maximilians‐Universität Würzburg, Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV – Pädagogik bei Geistiger Behinderung Lebenshilfe Landesverband Bayern e. V. Ludwig‐Maximilians‐Universität München, Lehrstuhl für Pädagogik bei geistiger Behinderung und Pädagogik bei Verhaltensstörungen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Vorbereitungsgruppe Georg Bauer (St. Nikolaus‐Schule, Erding) Dr. Wolfgang Dworschak (LMU München) Prof. Dr. Erhard Fischer (Universität, Würzburg) Rita Freund‐Schindler (Evangelische Schulstiftung i. B., Nürnberg) Rainer Kühlewind (Comenius‐Schule, Auhof) Elfriede Meier (Cabrinischule, Offenstetten) Renate Merk‐Neunhoeffer (Comenius‐Schule, Auhof) Dr. Christoph Ratz (Universität Würzburg) Ullrich Reuter (Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg) Brigitte Schindler (Lebenshilfe Landesverband Bayern e. V., Erlangen) Liane Schreiber (Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg) Norbert Witt (Dt. Caritasverband Landesverband Bayern e. V., München) in Kooperation mit: Ltd. RSchD Gerhard Kleindiek (Regierung von Mittelfranken, Ansbach) MR Erich Weigl (StMBW, München) 22