An den Grenzen - Department Pädagogik und Rehabilitation

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An den Grenzen
Umgang mit
Verhaltensstörungen/
herausforderndem
Verhalten im
Förderschwerpunkt
geistige Entwicklung
Fachtag am Freitag, 17.10.2014 im Auhof in 91161 Hilpoltstein
Tagungsdokumentation
herausgegeben von den Veranstaltern: Deutscher Caritasverband Landesverband Bayern e. V. Evangelische Schulstiftung in Bayern Julius‐Maximilians‐Universität Würzburg, Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV – Pädagogik bei Geistiger Behinderung Lebenshilfe Landesverband Bayern e. V. Ludwig‐Maximilians‐Universität München, Lehrstuhl für Pädagogik bei geistiger Behinderung und Pädagogik bei Verhaltensstörungen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Erlangen, München, Nürnberg und Würzburg im Oktober 2014 An den Grenzen
Umgang mit
Verhaltensstörungen/
herausforderndem
Verhalten im
Förderschwerpunkt
geistige Entwicklung
Programm
Fachtag am Freitag, 17.10.2014 im Auhof in 91161 Hilpoltstein von 10 bis 17 Uhr
Anmeldung unter: http://essbay.tudock.de/fortbildung/kommende-termine.html
Sehr geehrte Schulleiterin, sehr geehrter Schulleiter, sehr geehrte Tagesstättenleiterin, sehr geehrter Tagesstättenleiter, liebe Kollegin, lieber Kollege, sehr geehrte Damen und Herrn, im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung sind wir nicht selten mit ‚Verhaltensstörungen‘ bzw. ‚herausforderndem Verhalten‘ konfrontiert, die bzw. das uns in unserer Arbeit „an die Grenzen“ bringt. Häufiger als früher, so scheint es, sind wir mit Schülerinnen und Schülern konfrontiert, deren zentrale Problematik sowohl in der geistigen Entwicklung als auch in der emotionalen und sozialen Entwicklung liegt. Dies stellt eine besondere Herausforderung für die pädagogische Praxis dar. Vertreterinnen und Vertreter der privaten Schulträger Lebenshilfe, Caritas und Evangelische Schulstiftung sowie der Universitäten München und Würzburg haben sich zusammen gefunden, um die Thematik ‚Verhaltensstörungen‘ bzw. ‚herausforderndes Verhalten‘ institutionsübergreifend zu bearbeiten. In Kooperation mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst haben wir diesen Fachtag ‚An den Grenzen – Umgang mit Verhaltensstörungen und herausforderndem Verhalten im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung‘ geplant, zu dem wir Sie am Freitag, 17.10.2014 im Auhof in 91161 Hilpoltstein ganz herzlich einladen möchten. Unser Ziel ist es, die komplexe Thematik ‚Verhaltensstörungen‘/ ‚herausforderndes Verhalten‘ im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung aus möglichst vielen Perspektiven und praxisnah zu beleuchten. Nach den einführenden Vorträgen im Plenum möchten wir Ihnen am Nachmittag im Rahmen von parallel stattfindenden Workshops die Möglichkeit eröffnen, arbeitsteilig in kleiner Runde spezifische Aspekte des vielschichtigen Themas genauer zu bearbeiten. Wir freuen uns Ihnen für den Nachmittag 23 Workshops zur Auswahl bieten zu können, die je spezifische Aspekte des Themas beleuchten. Wir würden uns freuen, Sie zu unserer Fachtagung begrüßen zu dürfen und verbleiben bis dahin mit den besten Grüßen Georg Bauer Renate Merk‐Neunhoeffer (St. Nikolaus‐Schule, Erding)
(Comenius‐Schule, Auhof)
Dr. Wolfgang Dworschak Dr. Christoph Ratz (LMU München)
(Universität Würzburg)
Prof. Dr. Erhard Fischer Ullrich Reuter (Universität, Würzburg)
(Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg)
Rita Freund‐Schindler Brigitte Schindler (Evangelische Schulstiftung i. B., Nürnberg)
(Lebenshilfe Landesverband Bayern e. V., Erlangen)
Rainer Kühlewind Liane Schreiber (Comenius‐Schule, Auhof)
(Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg)
Elfriede Meier Norbert Witt (Cabrinischule, Offenstetten)
(Dt. Caritasverband Landesverband Bayern e. V., München)
in Kooperation mit: Ltd. RSchD Gerhard Kleindiek MR Erich Weigl (Regierung von Mittelfranken, Ansbach)
(StMBW, München)
2 Programmablauf ab 9:00 Anmeldung im Tagungsbüro, Kaffee 10:00 Begrüßung und Grußworte Andreas Ammon (RDB GmbH Auhof – Wohnen, Lernen Arbeiten, Auhof) Renate Merk‐Neunhoeffer (Comenius‐Schule, Auhof) MR Erich Weigl (StMBW, München) 10:15 Einführung in das Thema Dr. Wolfgang Dworschak (LMU München) und Dr. Christoph Ratz (JMU Würzburg) 10:25 Vortrag: Verhaltensstörungen/ psychische Störungen bei geistiger Behinderung – wie gehen Pädagogen damit um? Prof. Dr. Theo Klauß (PH Heidelberg) 11:10 Vortrag: Verhaltensstörungen/ psychische Störungen bei geistiger Behinderung – wozu braucht es klinische Behandlungskonzepte? Prof. Dr. Klaus Sarimski (PH Heidelberg) 11:55 – 12:25 Aussprache und Diskussion Moderation: Dr. W. Dworschak und Dr. C. Ratz 12:30 – 13.25 Mittagspause 13:30 – 14:30 Parallele Workshops (bei Anmeldung bitte auswählen) 14:30 – 14.50 Kaffeepause 14:50 – 15.50 Parallele Workshops (bei Anmeldung bitte auswählen) 16:00 Abschlussplenum Moderation: Dr. W. Dworschak und Dr. C. Ratz 16:50 Verabschiedung Renate Merk‐Neunhoeffer (Comenius‐Schule, Auhof) 17.00 Ende 17.10 Abfahrt der Shuttlebusse 3 Workshops WS 1 Rechtsfragen bei herausforderndem Verhalten Ute Coulman Herausforderndes Verhalten – eine rechtliche Orientierung zwischen Aufsichtspflicht und Selbstschutz In diesem Workshop werden Möglichkeiten aufgezeigt, mit aggressiven, übergriffigen, gewalttätigen oder sexuell belästigenden Klienten rechtssicher umzugehen und auf eine souveräne und fachkompetente Weise Grenzen zu setzen. Gerade gegenüber vermindert schuldfähigen Tätern fällt dies oft schwer. Voraussetzung dafür ist aber seine Rechte zu kennen, um dann klare Positionen einzunehmen, damit weitere Konflikte daraus vermieden werden können. WS 2 Junge Menschen stark machen. Der Mobile sonderpädagogische Dienst Beruf und Arbeit und andere Unterstützungssysteme. Dr. Harald Ebert „Die Junge Wilden“, dieses Synonym hat sich in der Reha‐Berufsbildungslandschaft eingebürgert für Menschen, die wegen ihres Verhaltens durch alle Raster fallen. Sie brauchen sehr viel Aufmerksamkeit und sind kaum in Arbeitsprozesse einzubinden. Immer häufiger findet deren berufliche Rehabilitation in Werkstätten für behinderte Menschen statt. Vor dem Hintergrund einer sich entwickelnden inklusiven Bildungslandschaft sind dementgegen Unterstützungsstrukturen in den allgemeinen Institutionen zu entwickeln. Bei Bedarf muss stellvertretend der Teilhabeanspruch an Bildungsprozessen eingefordert und langfristig abgesichert werden. Dieser Aufgabe stellt sich u. a. das Don Bosco Beratungszentrum, das im Kern vom mobilen sonderpädagogischen Dienst (MSD) Beruf und Arbeit umgesetzt wird. Im Kontext des in der UN‐Behindertenrechtskonvention zugesagten Menschenrechts auf gesellschaftliche und berufliche Teilhabe fordern behinderte Strukturen z.B. körperliche, psychische und seelische Dispositionen und schwierige Lebenslagen zu Unterstützungen heraus, die das System Schule weit überschreiten. Bestehende Benachteiligungen geht das ambulante Beratungszentrum Don Bosco z. B. im Bereich der beruflichen Orientierung, später der Begleitung an, zugleich werden Zugänge in die Unterstützungssysteme der Jugendhilfe und der beruflichen Rehabilitation gesucht und geebnet. 4 WS 3 „Hardcoreschüler und ‐schülerinnen in der Kuschelschule“ Ein Überblick über Konzepte und Maßnahmen im Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Schülern und Schülerinnen am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung aus dem Arbeitskreis in Mittelfranken, Bayern Maike Harnack und Christoph Langenhorst Das Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung (FzgE) vermittelte bisher häufig den Eindruck eines Schonraumes (Kuschelschule). Es ist zu beobachten, dass sich die traditionell immer schon heterogene Schülerschaft dahingehend verändert, dass es zunehmend mehr Schüler mit hohem, vorrangig sozial‐emotionalem Förderbedarf gibt; d.h. Schüler, die anderen Menschen mit disziplinlosem oder gewaltbereitem Verhalten begegnen (so genannte Hardcoreschüler), die uns als Lehrkräfte mit ihrem Verhalten herausfordern, neue Konzepte in der (sonder‐) pädagogischen Arbeit zu suchen und anzuwenden. Im Austausch im Arbeitskreis Hardcoreschüler und –schülerinnen in der Kuschelschule zeigte es sich als besonders problematisch, dass bestehende Konzepte aus anderen sonderpädagogischen Fachrichtungen bzw. aus der Regelschule durch ihre oftmals hohen kognitiven und sprachlichen Anforderungen am FzgE in der Regel nicht direkt umsetzbar waren. So entstand eine Sammlung als Versuch, geeignete Konzepte bzw. Maßnahmen zur Prävention* und Intervention** bei herausforderndem Verhalten am Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zusammenzustellen, die überwiegend in der praktischen Arbeit am FzgE erprobt wurden oder beispielhaft in einer Einrichtung bestehen. Im Workshop werden einzelne Konzepte je nach Anfrage der Teilnehmer vorgestellt. * z.B. Sozialzielekatalog, KlasseTeam, Locker bleiben, Faustlos, Streitschlichter, Klassenrat ** z.B. Schulstation, Hausordnung, Verträge, KEB WS 4 Grenzwahrender Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die sich herausfordernd verhalten – ein Entwicklungsprozess in Schule und Tagesstätte Isabel Wernekke Auf dem Hintergrund des Modells der lernenden Organisation wird berichtet, wie sich Lehrkräfte und Mitarbeitende der heilpädagogischen Tagesstätte des Heilpädagogische Zentrums Amberg mit dem Thema „Kinder und Jugendliche mit herausforderndem Verhalten“ beschäftigen. Ausgehend von Vorgaben des Leitbildes stehen in diesem Prozess Maßnahmen der Personalentwicklung im Vordergrund. Grundlage hierfür ist ein System von einrichtungsinternen Arbeitskreisen, themenorientierten Teambesprechungen und Fortbildungen. 5 WS 5 Die Arbeitsweise des „Beraterteams psychologisch belastete Schüler“ Mittelfranken anhand eines Fallbeispiels Simone Rabe und Liane Schreiber Zunehmend rücken psychische Belastungen auch bei Kindern und Jugendlichen am Förderzentrum mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in den Fokus. Das Ausmaß ihrer Beeinträchtigungen ist häufig so groß, dass ihre emotionale, schulische und psychosoziale Entwicklung nachhaltig beeinflusst wird. Zudem belasten ihre Schwierigkeiten meist nicht nur sie selbst, sondern auch die Klasse und den Lehrer. Das „Beraterteam psychisch belastete Schüler“ Mittelfranken konstituierte sich aus einer bayernweiten Qualifizierungs‐
maßnahme für Lehrkräfte für Sonderpädagogik des Kultusministeriums in Zusammenarbeit mit den Direktoren der Kliniken für Kinder‐ und Jugendpsychiatrien München, Würzburg, Landshut und Regensburg. Das Beraterteam trifft sich regelmäßig zu Fallbesprechungen, konzeptioneller Weiterarbeit, Fortbildung und kommt auf Anfrage als Tandem an die anfordernden Schulen in Mittelfranken. Wir bieten Unterstützung im Umgang mit psychisch belasteten Kindern und Jugendlichen, die sich grundsätzlich am Einzelfall orientiert. In einer Art kollegialen Beratung wird gemeinsam ein Blick auf den Schüler, sein Verhalten und die Hintergründe geworfen, die Problematik im situativen Kontext erörtert, die bestehenden Strukturen in Klassenzimmer und Schule reflektiert und Interventionsmöglichkeiten bzw. Fördermaßnahmen auf der Grundlage der Beobachtungen in der Hospitation erarbeitet. In dem Workshop wird diese Arbeitsweise anhand eines Fallbeispiels im Plenum durchgeführt. WS 6 Ohne Familie geht nichts! Wie kann die Einbindung der Familien gelingen? Dr. Roland Ebner Kinder mit herausforderndem Verhalten stellen sowohl die Förderschule als auch die Kinder‐ und Jugendpsychiatrie und ‐psychotherapie vor besondere Herausforderungen. Auf das Kind alleine zentrierte Interventionen sind oft nur wenig wirksam. Internationale Studien ergeben übereinstimmend: Die Einbindung der Bezugspersonen ist entscheidend. Der Workshop bietet eine Einführung in bewährte und im schulischen Rahmen einsetzbare pädagogisch‐therapeutische Konzepte für die Einbindung der Bezugspersonen. 6 WS 7 Integrationshelfer: Chancen und Risiken für die Bildung und Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit Verhaltensstörungen. Prof. Dr. Reinhard Markowetz Schülerinnen und Schüler mit Verhaltensschwierigkeiten und gravierenden Verhaltensstörungen belasten in nicht unerheblichem Maße unsere Schulen und fordern die dort tätigen Lehrpersonen enorm heraus. Nicht selten führen selbst‐ und fremdgefährdende Verhaltensweisen zu Schulausschluss, bedingen und rechtfertigen ein vorübergehendes Ruhen der Schulpflicht und schränken das Grundrecht auf Bildung und Teilhabe Nachdenkens Wert ein. Eingliederungshilfen und Maßnahmen der Jugendhilfe (SGB XIII) zielen darauf ab solche Probleme zu lösen. Integrationshelfer sollen die Lehrerinnen und Lehrer entlasten und tatkräftig unterstützen. In den letzten Jahren ist der Einsatz solcher Kräfte an Förderschulen wie an allgemeinen Schulen sprunghaft gestiegen. Über Effekte und Wirksamkeiten wird allerdings noch genau so spekuliert wie darüber, welche Aufgaben diesen Helfern zukommen sollten und welche Funktionen diese Assistenten erfüllen müssten, damit das gesetzlich verbriefte Recht auf Bildung und die soziale Teilhabe in unserem Schulsystem eingelöst werden kann. In dem Workshop werden ausgehend vom Personenkreis zunächst die Problem der Praxis entfaltet, dann im Spiegel der Münchner Begleitforschungen erste wissenschaftliche Ergebnisse und Erfahrungen aus Modellprojekt „Integrationshelfer in der inklusiven Schule“ referiert und mit Blick auf Chancen und Risiken diese Unterstützungssysteme kritisch reflektiert. Am Ende soll konstruktiv diskutiert werden, ob und welche Leistungs‐und Qualitätsstandards chancengleiche Bildung und nachhaltige soziale Teilhabe für diesen schwierig zu beschulenden Personenkreis sichern könnten und wie diese sich flächendeckend in die Praxis implementieren und verlässlich umsetzen lassen würden. WS 8 Psychische Störungen und herausforderndes Verhalten bei Menschen mit schwerer Mehrfachbehinderung Dr. Christian Walter‐Klose Im Rahmen des Workshops „Psychische Störungen und herausforderndes Verhalten bei Menschen mit schwerer Mehrfachbehinderung“ werden praxisnah verschiedene Formen von herausfordernden Verhaltensweisen (z.B. selbst‐ und fremdverletzendes Verhalten) und psychischen Störungen (z.B. Depression, Schizophrenie) vorgestellt und Erscheinungsformen bei Menschen mit mehrfacher Behinderung beschrieben. Neben der Auseinandersetzung mit Ursachen psychischer Störungen werden Möglichkeiten der Prävention und pädagogischen Intervention für diesen Personenkreis aufgezeigt und Anpassungserfordernisse im Bereich der Schul‐, Wohn‐ und Lebenssituation dargestellt. 7 WS 9 Das Heilsbronner Modell zur kollegialen Beratung – Eine Möglichkeit zur Unterstützung, im Umgang mit herausforderndem Verhalten in der Schule Gerhard Spangler Im Workshop lernen Sie das Heilsbronner Modell zur kollegialen Beratung kennen. Eine kurze Einführung in die Methode der kollegialen Beratung eröffnet den Workshop. Wir wenden uns dann dem Heilsbronner Modell zu und Sie erfahren etwas zu den Anliegen dieser Arbeitsform, den Abläufen und Haltungen/Anliegen dieses Modells. Der zeitliche Rahmen ermöglicht kein Ausprobieren des Modells. Trotzdem werden wir Fälle aus Ihrer Praxis ansprechen. Auch die Implementierung im Schulalltag können wir diskutieren. In einem weiteren Schritt lernen Sie ein Onlineangebot der kollegialen Beratung kennen und können dies anschließend eigenständig nutzen – www.kokom.net . Alle Arbeitsmaterialien bekommen Sie vor Ort, sodass Sie das Modell auch in entsprechender Anzahl für Ihre Schule/KollegInnen mitnehmen können, denn kollegiale Beratung ist nicht nur ein Instrument der Personalentwicklung, sondern beeinflusst auch die Schulkultur positiv und stärkt Ihre Person bei den alltäglichen Herausforderungen, die die Schule mit sich bringt. WS 10 Aggressionen und Gewalt: Was kann man für die Mitarbeiter tun? Thomas Spaett Immer häufiger werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Begleitung von Menschen mit geistiger Behinderung mit Aggression und Gewalt konfrontiert. Nicht selten führt dies auch zu physischen und psychischen Verletzungen. Während in der Diskussion oft Umgangskonzepte mit Schülern, Klienten oder Bewohnern im Vordergrund stehen, sollen in diesem Workshop allein die Mitarbeiter in den Mittelpunkt gestellt werden: Was machen Gewalterfahrungen mit den Mitarbeitern? Wie kann man professionell damit umgehen? Braucht es Krisenintervention für Mitarbeiter? Der Workshop wird so gestaltet sein, dass neben einem kurzen fachlichen Input auch die persönlichen Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihren Platz finden. 8 WS 11 Modell der Stütz‐ und Förderklasse am FZgE, Au am Inn Thomas Meier, Sabine Thalmaier Durch eine Erweiterung und Spezialisierung des angeschlossenen Wohnheims auf Kinder und Jugendliche mit einer geistigen Behinderung verbunden mit schwersten psychischen Störungsbildern (massive Aggression / Autoaggression, dissoziales Verhalten, Zwänge etc.) wurde es notwendig, das Schulkonzept der Franziskus‐von‐Assisi‐Schule, Au am Inn zu überarbeiten. In Zusammenarbeit mit dem Bezirk und der Regierung von Oberbayern wurde das Konzept der „Stütz‐ und Förderklasse am FZgE“ entwickelt. Dieses Modell soll die Beschulung von Schülerinnen u. Schülern sicherstellen, die an ihren bisherigen Schulstandorten, trotz der Ausschöpfung aller gemeinhin vorhandenen pädagogischen Maßnahmen und Möglichkeiten und des Einsatzes von Schulbegleitern nicht im üblichen Rahmen einer Klasse beschult werden konnten u. daher z.T. bereits über einen längeren Zeitraum hinweg die Schule nicht mehr besuchen konnten. Neben einem kurzen historischen Abriss der Entwicklung sowie der Klärung der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen soll im Workshop auch die praktische Arbeit mit den derzeitigen Konzepten der Stütz‐ und Förderklasse in Au am Inn vorgestellt werden. Eine Diskussion über Chancen und Grenzen des Modells der SFK am FZgE bildet den Abschluss. WS 12 Trauma und geistige Behinderung Maria Johanna Fath Trauma und Posttraumatische Belastungsstörung bei Kindern und Jugendlichen im pädagogischen Alltag Viele Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung leiden an Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und sind deshalb in ihrer Entwicklung, zusätzlich zu sonstigem Umgang mit ihrer Lebensgeschichte, schwerwiegend und umfassend beeinträchtigt. Sie brauchen pädagogische Begleiter, die bestimmte Verhaltensweisen als Folgen traumatischer Erfahrung erkennen, und die sie dabei unterstützen, die Störungen zu überwinden. Ein Basiswissen über Auswirkungen traumatischer Erfahrungen ist für den pädagogischen Alltag ebenso wichtig, wie das Wissen darüber, welches Verhalten der Begleiter hilfreich ist. In diesem Workshop werden in Theorie und Praxis einige Möglichkeiten aufgezeigt, wie ressourcenorientiert und traumazentriert in der Pädagogik mit posttraumatischen Störungen wirksam umgegangen werden kann. 9 WS 13 Ludwig Färber und
d Michaela K
Kleindiek KlasseTeeam wurd
de an de
er Universsität Mün
nchen im Auftrag des baye
erischen Staatsm
ministeriumss für Unterricht und Kultus en
ntwickelt. Es E ist ein LLehrertraining zur Förderu
ung sozio‐em
motionaler Kompetenzzen und zurr Prävention
n von Verhaaltensstörun
ngen im Schulaltter. Fachkrääfte in Bildu
ungseinrichttungen jedeer Art stehe
en heute vor großen Heerausforderungen. Kinder sollen zu möglichst selbbstverantwortlichen, kooperatiionsfähigen
n und lernkom
mpetenten Menschen erzogen w
werden. Ess gilt, aggressive Kinnder zu brremsen, traurigee Kinder zu
u trösten, schüchternne Kinder einzubezieh
hen, gelanggweilte Kin
nder zu motivieren, Streith
hähne zu trrennen, jeddes Kind ind
dividuell zu fördern unnd das am besten alles gleeichzeitig. Klasseteeam bietet Lehrkräften die Mög lichkeit ausszuprobiere
en, wie sie herausford
dernden Situatio
onen mit einer positive
en Haltung und geeigneten päda
agogischen Mitteln be
egegnen können. In dem Workshop möchten wir w Ihnen Innhalte und Arbeitsweise des Konnzepts KlassseTeam vorstelleen und anhand von praktischenn Beispielen
n zeigen, wie w „KlasseTTeam‐Werkkzeuge“ auch od
der gerade bei Schüle
ern und Schhülerinnen mit einem hohen sonnderpädagogischen Förderb
bedarf eingeesetzt werd
den können.. WS 14 Schüler, die uns stören, verste hen lernen... Prof. Drr. Erhard Fisscher In Schullen bzw. Klaassen mit Kiindern und Jugendliche
en mit dem Förderschw
werpunkt G
Geistige Entwickklung gibt ess zunehmen
nd Kinder u nd Jugendliiche, die uns stören unnd auffallen und dann alss „auffällig““, „gestört“ oder psychhisch krank e
eingeordnet werden. EEs geht um Schüler,, die keinen
n oder nur schwer Konttakte zu ihren Mitmenschen sucheen und find
den, sich häu
ufig von ihreer Außenwe
elt abkapse ln, hyperakktiv umherirrren oder ei n zwanghafftes und stereotypes Veerhalten zeigen, und d ie in Folge d
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mer wieder vvor Rätsel sstellen, weil ihr Verhaltten nur schw
wer einzuscchätzen ist u
und erzieheerische Ansäätze nicht einfach zu fin
nden sind. In dem Seminar soll gemeinsaam nach Mööglichkeiten
n gesucht werden, diesses Verhalte
en nicht nur diaggnostisch eiinzuordnen, sondern aausgehend vvon der indiividuellen LLebensgesch
hichte als Ausd
druck subjektiven Erleb
bens und Beefindens zu verstehen. 10 WS 15 Wenn Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung verhaltensauffällig sind ‐ Konzepte und Praxisimpulse: Hintergründe, Zielsetzungen und Einsatzmöglichkeiten der neuen ISB‐Handreichung Nadine Heldrich, Thomas Miller und Stefanie Praxl Die neue ISB‐Handreichung möchte Lehrkräften und Schulleitungen an Förderzentren mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung Unterstützung bieten bei der Gestaltung von Unterricht und Schulleben für Schüler/innen mit Verhaltensauffälligkeiten und/oder einer psychischen Erkrankung. Sie versteht sich als breit angelegtes Nachschlagewerk, greift Fragestellungen auf, die sich angesichts der besonderen Lernbedürfnisse dieser Schüler/innen ergeben und stellt exemplarisch Lösungsansätze vor, die Schulen und Lehrkräfte an bayerischen Schulen entwickelt haben. Die auf der beiliegenden DVD enthaltenen Filmbeispiele bieten konkrete Einblicke in die unterrichtliche Wirklichkeit und können so der Reflexion der pädagogischen Herausforderung auch im Rahmen von Teambesprechungen, Konferenzen und Fortbildungen dienen. Alle Autorinnen waren Teilnehmerinnen der zweijährigen Fortbildungsinitiative „Steigerung der Professionalität im Umgang mit psychisch belasteten Kindern und Jugendlichen“, die vom Bayerischen Bildungsministerium in Zusammenarbeit mit den Kliniken für Kinder‐ und Jugendpsychiatrie durchgeführt wurde. WS 16 „Locker Bleiben“ – Sozialtraining für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Dorothea Bräutigam Vorgestellt wird das Konzept „Locker Bleiben“, das aus der sozialen Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung entstand. Zielgruppe sind Schüler, die zusätzlich einen hohen emotional‐sozialen Förderbedarf aufweisen. Deren massives Streiten, Ärgern und Stören machte vor Jahren geordneten Unterricht nahezu unmöglich, so dass wir aus der Not des Alltags heraus begannen, das Konzept zu entwickeln. Im Vordergrund stehen dabei handlungsorientierte Methoden zum sozialen Lernen und zur Gewaltprävention stark beeinflusst durch Psychomotorik und Erlebnispädagogik. Der Workshop ist sowohl für ein erstes Kennenlernen des Konzepts geeignet als auch zur Klärung eventueller Fragen, die bei Teilnehmern aufgekommen sind, die bereits aufgrund der Publikationen oder einer Fortbildung mit dem Programm arbeiten. Aufgrund der knappen Zeitplanung erwartet die Teilnehmer ein theoretischer Input mit Filmbeispielen und evtl. eine praktische Übung aus dem Programm. 11 WS 17 Akutstationäre Versorgung für Kinder und Jugendliche mit Schwer‐ und Mehrfachbehinderung – Das Konzept der Klinik am Greinberg Dr. Jürgen Seifert Die Klinik am Greinberg hat die Behandlung seelischer Störungen bei jungen Menschen mit Behinderungen zur Aufgabe. Kinder und Jugendliche mit schwergradiger Seh‐ oder Hörbehinderung, Körperbehinderung sowie Intelligenzminderung finden Aufnahme, wenn sich aufgrund einer psychischen Störung die Notwendigkeit für eine stationäre Diagnostik und Behandlung ergibt. Diagnostik, Therapie und Rehabilitation werden durch ein interdisziplinäres Team geleistet. Der klinische Alltag ist geprägt durch eine enge Verknüpfung medizinischen, therapeutischen und heilpädagogischen Arbeitens. Dies ermöglicht es, berufsgruppenübergreifend Erkenntnisse zu reflektieren, Ideen zu diskutieren und Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Daraus lassen sich individuell angepasste Unterstützungssysteme für jeden einzelnen Patienten mit den Zielen der Symptomminderung, ggf. Heilung sowie Verbesserung der Teilhabefähigkeit und Lebensqualität entwickeln. In diesem Workshop soll das Konzept der Fachklinik praxisorientiert vermittelt und zur Diskussion gestellt werden. WS 18 Verhaltensorientierte Diagnostik bei auffälligem Verhalten Prof. Dr. Klaus Sarimski In dem Workshop sollen die Teilnehmer in kompakter Form mit den einzelnen Schritten einer systematischen Analyse der Auftretenszusammenhänge von auffälligem Verhalten bei Schülern mit GB vertraut werden. Dabei werden störungsspezifische Verhaltensfragebögen ebenso vorgestellt wie ein Leitfaden zur Analyse von Auslösebedingungen und aufhaltenden Konsequenzen sowie verfügbaren alternativen Verhaltenskompetenzen, aus denen dann eine Arbeitshypothese zu den Zusammenhängen der problematischen Verhaltensweisen und eine Planung von Interventionsmaßnahmen abgeleitet werden kann. Die diagnostische Vorgehensweise wird an Einzelfallbeispielen illustriert. 12 WS 19 Physische Intervention ‐ Schutz vor Verletzung (von MA und Betreuten) bei selbst‐ oder fremdverletzendem Verhalten Dieter Grasruck Oftmals werden wir in unserer Arbeit mit Verhalten konfrontiert, welches uns unter Stress setzt. Wir werden festgehalten, getreten oder gar geschlagen und gezwickt. Solche Erfahrungen gehen unter die Haut und machen uns oft hilflos, verzweifelt und am Ende auch wütend. Neben einem kurzen theoretischen Input werden in diesem Workshop hauptsächlich Techniken vorgestellt, die uns befähigen in diesen schwierigen Situationen überlegt und sicherer vorzugehen, um somit Eskalationen zu vermeiden. Die Wahrung der Würde beider an dem Prozess beteiligten Personen ist eines der Ziele dieser Übungen. WS 20 Autismus und herausforderndes Verhalten Dr. Karolin Gruber Im Fokus des Workshops stehen besonders herausfordernde Verhaltensweisen wie (Auto‐)Aggression, Wut und Ärger, Schwierigkeiten bei der Kommunikation, Selbststimulation usw. von Schülerinnen und Schülern mit Autismus. Dabei werden der Zusammenhang von Autismus und herausforderndem Verhalten näher beleuchtet, Erklärungsansätze und denkbare Funktionen bzw. Bedeutungen der herausfordernden Verhaltensweisen dargestellt sowie Möglichkeiten und Strategien zu einem professionellen pädagogischen Umgang in herausfordernden Situationen mit Schülerinnen und Schülern mit Autismus diskutiert. Die Veranstaltung bietet auch die Möglichkeit, eigene Fälle bzw. Fragen zu besprechen sowie konkrete Probleme im Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen zu analysieren. 13 Die Workshops 21 bis 23 sind auf die Dauer beider Zeitschienen angelegt. Beim Besuch einer dieser Workshops kann kein zweiter Workshop besucht werden. WS 21 Zusammen arbeiten – Teamstrukturen und Kommunikation über Aufgaben im Team Bea Federl Viele Aufgaben in unserem Arbeitsbereich werden im Team gelöst. Verschiedene Personen mit unterschiedlicher oder auch gleicher Profession finden Lösungen, beleuchten Probleme, bewältigen Krisen. Dies kann auf der Basis von Freude am Austausch und Fachkompetenz „einfach“ gelingen. Bei zunehmend anspruchsvolleren Fragestellungen ist es aber auch nützlich, Informationen über Strukturen und Kommunikation in Teams zu haben und Methoden zu kennen, die die Zusammenarbeit erleichtern. In diesem Workshop sollen Sie Beispiele für mögliche Rollen und Konstellationen in Teams bekommen, die Sie dabei unterstützen können Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Teams besser zu verstehen und konstruktiver und vielleicht mit mehr Leichtigkeit zu nutzen. Im zweiten Teil wird es darum gehen, welche „Schnellstraßen“ oder „Staus“ in der Kommunikation Lösungen oder Klärung bei konkreten Fragen eher im Wege sind und was man in welchem Rahmen berücksichtigen kann, will man dem entgehen. WS 22 „Stärke statt Macht“ im Alltag mit verhaltensschwierigen Menschen mit einer geistigen Behinderung – Möglichkeiten und Grenzen des Übertrags von Haim Omers Konzept Peter Grau, Anne Wayand, Gabriele Zehendner Ausgehend von den Erfahrungen aus einem Sonderpädagogischen Förderzentrum, das mit dem Konzept „Neue Autorität“ nach Haim Omer schon seit drei Jahren Erfahrungen sammelt, wird gemeinsam mit den TeilnehmerInnen der Übertrag in den pädagogischen Alltag der Menschen mit geistiger Behinderung und Verhaltensauffälligkeiten versucht. In der ersten Workshopphase wird anhand eines Vortrags Einblick gegeben in Grundhaltung und Erfahrungen in der praktischen Umsetzung. Im zweiten Teil werden darauf aufbauend konkrete Praxisbausteine erarbeitet. Wir gehen davon aus, dass Überlegungen in drei Dimensionen wirksam werden müssen: > Interindividuell (meine pädagogische Sicht und Haltung) > Mikrokosmos (kleine soziale Einheit in Klasse / Wohngruppe / …) > Makrokosmos (Schule, Wohnheim, ..) 14 WS 23 Wie kann Schule gelingen? Prävention von sozialen und emotionalen Störungen in der Schule Dr. Edith Wölfl In dem Workshop wird dargestellt, dass soziale und emotionale Störungen nicht einfach durch mehr oder weniger geschickte Reaktionen oder Konsequenzen abgestellt werden können. Stattdessen ist ein Prozess der allmählichen Reduzierung von Störungen durch den Aufbau eines Hilfesystems für emotionale und soziale Nöte von allen Beteiligten auf den Weg zu bringen. Die Prävention von Störungen ist somit nicht Sache nur der einzelnen Lehrkraft, sondern Aufgabe der gesamten Schule. Die Wechselwirkungen von Problemen im Kind, in seinen familiären Beziehungen und im Umfeld, also der Schule, werden dargestellt. Der besondere Schwerpunkt des Workshops liegt dabei auf Unterrichtsprinzipien, die dem Kind, der Klasse und somit auch der unterrichtenden Lehrkraft Halt und Sicherheit geben. Dies ist die Ausgangsbasis für einen Angst reduzierenden Unterricht, der die Kinder und Jugendlichen sich selbst als erfolgreiche Schülerinnen und Schüler wahrnehmen lässt. Dieser Unterricht ist dann leichter zu gestalten, wenn er in einem schulischen Klima der Stressminimierung und Entlastung stattfinden kann. 15 Einführung in das Thema
Zur Prävalenz von Verhaltensstörungen
bei Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung
in Bayern …
Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz
Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014
Repräsentative Beschreibung der Schülerschaft mit dem FsgE in Bayern (im Schuljahr 2009/ 10)
N = 1.629, Einschätzung durch die Lehrer
Quantitative Fragebogenerhebung
Erhobene Aspekte:
‐ sozio‐ und bildungsbiographische Aspekte
‐ Einschätzung nach ICD‐10, Diagnosen, Pflegebedarf
‐ Kommunikation und Sprachentwicklung
‐ Schriftspracherwerb und Mathematik
‐ Verhalten
Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein
Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz
Fragebogen in SFGE basiert auf dem VFE (Verhaltensfragebogen bei Entwicklungsstörungen von Einfeld, Tonge & Steinhausen 2007)
Erfassung von Verhaltensstörungen in SFGE
„Wenn Verhalten und Emotionen aufgrund ihrer qualitativen oder quantitativen Abweichung abnorm sind und nicht ausschließlich vor dem Hintergrund einer Entwicklungsverzögerung erklärt werden können, wenn sie ferner bedeutsame Belastungen für das Kind, seine Bezugspersonen oder die Gemeinschaft und ebenso eine bedeutsame zusätzliche Beeinträchtigung hervorrufen, dann werden sie als gestört betrachtet“ (ebd., 9)
Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein
Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz
Fragebogen in SFGE basiert auf dem VFE (Verhaltensfragebogen bei Entwicklungsstörungen von Einfeld, Tonge & Steinhausen 2007)
Methode
• daraus 33 Items (mit ‚hoher Landung‘)
• Kodierung der Items mit 0, 1 oder 2
• Summenscore → max. = 66
• Gesamtverhaltensproblemwert (GVPW)
• Trennwert bei 10,5
Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein
Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz
100
80
47,9
−
Gesamtverhaltens‐
problemwert
60
Prozent
Verhaltensstörungen
< Trennwert
> Trennwert
40
52,1
20
0
Gesamtverhaltensproblemwert (GVPW)
(aus: Dworschak, Kannwischer, Ratz und Wagner 2012, 156)
Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein
Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz
100
80
42,5
56,2
−
Gendervergleich
60
Prozent
Verhaltensstörungen
< Trennwert
> Trennwert
40
57,5
20
43,8
0
weiblich (n=549)
männlich (n=879)
(aus: Dworschak, Kannwischer, Ratz und Wagner 2012, 159)
Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein
Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz
100
80
38,6
44,5
58,5
−
73,2
Prozent
Verhaltensstörungen
60
< Trennwert
40
Intelligenzminderung nach ICD‐10
> Trennwert
61,4
55,5
41,5
20
26,8
0
keine IM
(n=14)
leichte IM
(n=501)
Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein
mittelgradige
schwere/
IM (n=529) schwerste IM
(n=374)
Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz
100
80
46,5
65,9
−
Bildungsort
Prozent
Verhaltensstörungen
60
< Trennwert
> Trennwert
40
53,5
20
34,1
0
FzgE (n=1259)
Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein
Partnerklasse (n=51)
Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz
100
18,7
80
49,7
−
Schulbegleitung
60
Prozent
Verhaltensstörungen
< Trennwert
> Trennwert
81,3
40
50,3
20
0
S ohne SB (n=1336)
S mit SB (n=86)
(aus: Dworschak und Baier 2012, 240)
Fachtag ‚An den Grenzen‘ am 17.10.2014 im Auhof in Hilpoltstein
Dr. Wolfgang Dworschak und Dr. Christoph Ratz
Würzburg
17.10.14
S. 1
Prof. Dr. Theo Klauß
„Verhaltensstörungen / psychische Störungen bei geistiger
Behinderung - wie gehen PädagogInnen damit um?“
Im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, so heißt es in der Einladung, würden PädagogInnen „nicht selten mit ‚Verhaltensstörungen’ und ‚herausforderndem Verhalten’ konfrontiert“ und dadurch in ihrer Arbeit „an die Grenzen“ gebracht. Und „häufiger als früher, so
scheint es. Das stelle, so heißt es weiter, „eine besondere Herausforderung in der pädagogischen Praxis dar.“ Vermutlich teilen Sie, die Sie heute hierhergekommen sind, diese Einschätzung, die allerdings verschiedene Fragen aufwirft:

Was bringt schulische MitarbeiterInnen an Grenzen, um welche Grenzen handelt es sich?

Worin liegt genau die Herausforderung, wozu wird die Pädagogik herausgefordert?
Ich fasse das im Titel meines Vortrages so zusammen: Wie gehen PädagogInnen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung mit Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen
um? – ergänzt um die Frage, wie dieser Umgang zu optimieren wäre. Dieses Umgehen mit
VA und psychischen Störungen definiere ich zunächst als

Wahrnehmen (was wird als VA und gestört eingeschätzt?),

Erleben (inwiefern wird es beispielsweise als belastend oder gar überfordernd erlebt?),

Erklären und Verstehen (welche Ursachen und Bedingungen werden vermutet), als

praktischer Umgang damit (bekannte und genutzte Handlungskonzepte), und als

Gegenstand kooperativen Handelns (mit wem kooperiere ich wegen des Verhaltens?).
Aspekte des ‚Umgangs mit Verhaltensauffälligkeiten’
Wie gehen PädagogInnen also in diesem Sinne mit Verhaltensauffälligkeiten um – und wie
könn(t)en sie das tun? Ich werde dabei auch Ergebnisse einer Erhebung nutzen, an der sich
229 LehrerInnen aus BW (schriftlich) und dem ganzen Bundesgebiet (online) vom Förderschwerpunkt geistige Entwicklung beteiligt haben. Sie äußern sich zu 1260 SchülerInnen.
Die Wahrnehmung auffälligen und gestörten Verhaltens
Welches Verhalten empfinden wir als auffällig oder gar gestört? Zunächst ein kleiner Text
dazu, dass nicht jedes ‚auffällige’ Verhalten verhaltensauffällig ist:
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Wenn ein Mensch
fünfundzwanzigmal
mit gleichartigen Bewegungen
mit gleichmäßig verkrampftem Gesichtsausdruck
mit gleichbleibender Geschwindigkeit
denselben Weg entlang rennt
und dann unter Grimassenschneiden
erschöpft zusammenbricht,
nennen wir, die Fachleute, das eine Stereotypie.
Andere, ebenfalls Fachleute ihrer Profession
bejubeln ihn als
Weltrekordler im Zehntausendmeterlauf
Also: Wenn sich jemand ständig im Kreis dreht, ist das schon gestört, oder? Wenn ich vor
Langeweile Däumchen drehe, oder wenn ich in der Disco ständig hektische Bewegungen reproduziere? Man sieht dem Verhalten sozusagen nicht gleich an, ob es ein gestörtes ist. Das
hängt ab. Von den Umständen. Von dem, was ich erwarten würde. Oder was mich stört oder
freut. Unser ‚Umgehen’ mit VA beginnt also mit der Art und Weise, wie wir diese wahrnehmen: Im Begriff ‚Verhaltensauffälligkeiten’ kommt das zum Ausdruck: Verhalten, das uns
auffällt. Oder ‚Problemverhalten’: Verhalten, das als Problem erlebt wird – von den Menschen selbst, von Mitmenschen und PädagogInnen. Es geht um Einschätzungen. Deshalb lässt
sich auch kaum feststellen, wie viele ‚tatsächliche’ VA vorkommen. Verhalten kann unterschiedlich auffallen und gestört oder problematisch erscheinen.
Ergebnisse zur Wahrnehmung auffälligem Verhaltens
Welches Verhalten erleben die LehrerInnen bei ihren SchülerInnen – und was (davon) nehmen eigentlich als ‚verhaltensauffällig’ wahr? Die Einschätzungen dazu sind nicht identisch.
Fragt man nur, welches Verhalten ‚auffällt’, so kommen höhere Anteile zustande, als wenn
man fragt, wer wegen seines Verhaltens als ‚verhaltensauffällig’ angesehen wird.
Verhaltensweisen der SchülerInnen
Von vorgegebenen möglichen Verhaltensweisen erleben die befragten Lehrpersonen bei mehr
als der Hälfte ihrer SchülerInnen Vermeidungsverhalten (56%) und Probleme beim Eingehen sozialer Beziehungen (51%). Auch Hilflosigkeit/Unsicherheit (43%) rangiert noch vor
motorischer Unruhe, die sie bei einem Drittel ihrer SchülerInnen erleben (34%) – etwas seltener und etwa gleich häufig ängstliches Verhalten (31%) und Aggressionen gegen Personen
(30%). Es folgen unsoziales Verhalten (29%) vor Stereotypien (27%), depressivem und
Rückzugsverhalten (23%) und Aggressionen gegen Sachen (20%). Psychotisches Verhalten
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(Zwang, Wahn etc.) beschreiben sie bei immerhin 18%, SVV bei 16% und Sexuelle Auffälligkeiten bei 9% ihrer SchülerInnen.
Welches Verhalten wird als verhaltensauffällig wahrgenommen?
Ein breites Spektrum besonderer Verhaltensweisen prägt das Bild von diesem Personenkreis.
Doch längst nicht alle genannten Verhaltensweisen veranlassen die Lehrpersonen, ihre SchülerInnen als ‚verhaltensauffällig’ zu bezeichnen. Von 1260 Kindern und Jugendlichen werden
467 so bezeichnet, also ein gutes Drittel (37,1%), und die Verhaltensweisen, die zur Einschätzung der SchülerInnen als ‚verhaltensauffällig’ führen, zeigen deutliche Unterschiede:

Am häufigsten gilt als ‚verhaltensauffällig’, wer gegen Sachen (87%) oder Personen
(77%) aggressiv ist. Auch psychotisches (77%), selbstverletzendes (73%) und unsoziales Verhalten (72%) sowie Impulsivität (71%) oder Sexuelle Auffälligkeiten (71%) gelten zu etwa ¾ als Merkmale, die zum Label ‚verhaltensauffällig’ beiträgt oder gar ausreicht.

Stereotypien (59%), Probleme mit sozialen Beziehungen (59%) und motorische Unruhe
(63%) führen bei gut der Hälfte der Betroffenen zu diesem Label.

Nur bei weniger als der Hälfte der betroffenen SchülerInnen führen Angst (40%), Hilflosigkeit/Unsicherheit (41%) und Vermeidungsverhalten (49%) dazu, dass sie als verhaltensauffällig eingeschätzt werden, und auch Depression/Rückzug (52%) kaum häufiger.
Was ist charakteristisch für VA?
Wir haben das noch einmal vertieft durch die offene Frage „Was ist nach Ihrem Verständnis
charakteristisch für auffälliges Verhalten?“ Auch hier nennen die LehrerInnen vor allem
aggressive Verhaltensweisen, sowohl gegen Sachen als auch gegen Personen (73%) als
Hauptmerkmale. Deutlich dahinter rangiert SVV (33% Nennungen) vor dem Fordern von
Aufmerksamkeit (32%), Unruhe und Aufmerksamkeitsprobleme (28%) und mangelnde
Impulskontrolle (20%) vor besonderer ‚Lautstärke’ (20%).
Vor allem ‚herausfordernde’ Verhaltensweisen gelten als charakteristisch für auffälliges
Verhalten, also Verhalten, an dem man ‚nicht vorbeikommt’, das ‚nach außen wirkt’ (externalisierend) und einen quasi zwingt, darauf zu reagieren. Verhaltensweisen, die kaum
Beachtung und ein darauf Eingehen erzwingen, werden wesentlich seltener mit dem Etikett
‚verhaltensauffällig’ verknüpft.
Charakteristisch ist ein ‚Mix’ von Verhaltensweisen
Auffälliges Verhalten tritt zudem meist im Mix auf.

Wer sich selbst verletzt, zeigt beispielsweise häufig auch Probleme beim Eingehen von
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sozialen Beziehungen (63,5%), Vermeidungsverhalten (60%), Impulsivität (64,1%), motorische Unruhe (55,3%), Aggressionen gegenüber anderen Menschen (53,3%) und Stereotypien (50,6%).

Psychotische Verhaltensweisen beobachten LehrerInnen häufig zusammen mit Problemen
beim Eingehen von sozialen Beziehungen, Stereotypien, Impulsivität, Vermeidungsverhalten und motorischer Unruhe.

Bei SchülerInnen mit Aggressionen gegen andere Menschen werden mehrheitlich auch
Aggressionen gegen Gegenstände (54,3%), unsoziales Verhalten (56,4%), Impulsivität
(71,8%), Vermeidungstendenzen (60,1%) und Schwierigkeiten beim Eingehen sozialer
Beziehungen (65,3%) beobachtet.
Unterschiede zwischen verschiedenen Personengruppen
Schließlich finden sich auffallende und störende Verhaltensweisen keineswegs gleichermaßen
bei allen SchülerInnen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung.
Zwischen dem Grad der geistigen Behinderung und der Einschätzung als ‚verhaltensauffällig’
gibt es zunächst keine besonderen Zusammenhänge. Bei einzelnen Verhaltensweisen gibt es
aber deutliche Unterschiede:

Bei den (ca. 5% der) SchülerInnen, die als nicht geistig behindert eingeschätzt werden,
finden sich häufiger ‚unsoziales Verhalten’ (44% vs. 29%), Depression und Rückzug
(33% vs. 23%) und Aggressionen gegen Personen (39% vs. 30%).

Dagegen nennen die Befragten bei SchülerInnen mit geistiger Behinderung häufiger Stereotypien (8% vs. 28%), psychotisches Verhalten (8/18), Angst (23/31) und sexuelle
Auffälligkeiten (9/4).
Insgesamt werden 37% der SchülerInnen als ‚verhaltensauffällig’ bezeichnet, jedoch 42%
derer mit Migrationshintergrund. Der Unterschied ist hochsignifikant.
Haben VA zugenommen?
Schließlich gibt es eine große Übereinstimmung in der Einschätzung, dass „sich […] der Anteil an SchülerInnen mit Verhaltensauffälligkeiten im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung verändert [hat] (seit 2000)“, 77% sehen das so.
Wieder werden vor allem die ‚externalisierenden’ Verhaltensweisen als zunehmend erlebt:
44% sagen, Aggressionen haben zugenommen, es folgen Unruhe und Aufmerksamkeitsprobleme (16%), mangelnde Sozialkompetenz (15%) und geringe Regelakzeptanz (10%), sowie
mangelnde Impulskontrolle und das Einfordern von Aufmerksamkeit (je 8%).
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Überlegungen zur Wahrnehmung auffälligen/ gestörten Verhaltens
Was ließe sich in Bezug auf die Wahrnehmung von VA optimieren? Vielleicht der Umgang
mit den betroffenen SchülerInnen. In der Wahrnehmung eines Verhaltens als ‚gestört’ liegt
eine Wertung. Wahrscheinlich ist es hilfreich, hier zu differenzieren: Zunächst das zu sehen,
was auffällt. Dann aber vorsichtig zu interpretieren: Der muss ja gestört sein! Damit rechnen,
dass das, was mir auffällt, für den Menschen eine positive Bedeutung, einen subjektiven Sinn
haben kann. Das lenkt den Blick auf den nächsten Aspekt, das Erklären und Verstehen des
Verhaltens. Nicht zu verwechseln mit einem verharmlosenden Schönreden. Verhalten wird
für den Betroffenen und für seine Umgebung nicht unproblematisch, wenn wir es ‚verhaltensoriginell’ nennen. Das alleine hilft wenig. Aber wir brauchen Hypothesen über dessen mögliche Bedeutung und Funktion.
Die unterschiedliche Wahrnehmung von externalisierendem und internalisierendem Verhalten
sollte uns veranlassen, bewusst den Blick auf die Menschen zu lenken, die eher unauffällig
auffällig erscheinen (‚internalisierend’). Auch bei ihnen ist zu fragen, aus welchen ‚guten
Gründen’ sie sich so verhalten, und was sie von uns an Angeboten und Hilfen brauchen. Die
‚Externalisierenden’ erreichen es viel besser, dass sich LehrerInnen mit ihnen beschäftigen,
weil diese sich stärker herausgefordert und auch belastet fühlen. Menschen mit Rückzugsverhalten haben jedoch ein erhöhtes Risiko, mit ihren Problemen nicht wahr- und ernst genommen zu werden. Lassen wir uns davon leiten, wer uns Probleme macht, tragen wir dazu bei,
dass es sich keiner leisten kann, unauffällig zu bleiben, wenn er etwas von der Aufmerksamkeit, Zuwendung, Unterstützung und Wertschätzung der Fachleute abbekommen will.
Auffälliges und Problemverhalten als ‚Risiko’
Allerdings ist jedes auffällige Verhalten ist mit besonderen Risiken verbunden. Für alle Beteiligten. Seine Folgen und Nebenwirkungen überlagern die eigentlichen Wirkungen, um die es
den Menschen möglicherweise geht, bei weitem. Es kann zur Selbstschädigung führen – und
zu negativen Wirkungen seitens anderer Menschen.
Zu den Risiken auffallenden Verhaltens gehört, dass es die soziale Integration deutlich erschwert. Das gilt wiederum vorrangig für externalisierende Verhaltensweisen. Fragt man, wie
sich diese auf die soziale Integration in der Klasse auswirken, so dominieren Aggressionen
gegen Menschen (98% ‚hinderlich’) vor der mangelnden Impulskontrolle (89%), unsozialem Verhalten (88%), sexuellen Auffälligkeiten (88%) und Aggressionen gegen Sachen
(86%). Risiken für die ‚auffälligen’ SchülerInnen liegen auch darin, dass ihr Lernen, ihre Beteiligung und Zugehörigkeit, ihr Ansehen, ihr Akzeptiert- und Einbezogenwerden beeinträch-
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tigt sein und damit ihr Wohlbefinden, ihre Entwicklung und Bildung belastet sein können.
Das Erleben auffälligen und gestörten Verhaltens
SchülerInnen mit VA haben offenbar ein erhöhtes Risiko, als Belastung empfunden zu werden – mit den entsprechenden negativen abwertenden, womöglich ausgrenzenden Folgen,
wobei es auch hier auf die Art des Verhaltens anzukommen scheint. Wieder sehen sich LehrerInnen vor allem durch externalisierende Verhaltensweisen belastet, also durch aggressives,
demonstratives, herausforderndes Verhalten.
Belastung und Überforderung der Lehrkräfte durch VA
Auf die Frage „Fühlen Sie sich durch auffälliges Schülerverhalten belastet?“ geben 2/3 an,
das sei gelegentlich so (62%), und ein Fünftel erlebt dieses als starke Belastung (22%). Allerdings muss dies offenbar nicht so sein. Immerhin 12% sehen darin eher eine pädagogische
Herausforderung als eine Belastung. Und oft wird die Belastung zur Überforderung: Zwei von
fünf Befragten erleben oft „Situationen, in denen Sie sich wegen des auffälligen Schülerverhaltens überfordert fühlen“ (42%), nur 1% geht das nie so und 55% immerhin ‚selten’.
Belastungserleben und Berufserfahrung
Womit hängt das Belastungserleben oder gar eine Überforderung zusammen? Wer noch nicht
so lange im Beruf ist und keine Inklusionserfahrung hat, erlebt VA seltener als andere als
starke Belastung und häufiger als pädagogische Herausforderung:

Eine starke Belastung durch VA erleben vor allem die älteren KollegInnen (40% >30 Jahre GE, 32% 20-30 Jahre vs. 25% bei 10-20 und 14% <10 Jahre GE). Bei den ‚jüngeren’
dominiert demgegenüber die Angabe ‚gelegentlicher Belastungen’ (68%) – und dass sie
eine Herausforderung darin sehen (14% / 17% / 4% / 7%).
Belastungserleben und Qualität der Ausbildung
Eindeutig hängt das Belastungserleben bei VA damit zusammen, wie gut man sich in der
Ausbildung darauf vorbereitet sieht. Zunächst muss man feststellen Weniger als ein Viertel
der Befragten ist der Auffassung, dass sie „Im Rahmen meines Studiums/meiner Ausbildung
[…] gut auf die Herausforderungen vorbereitet [wurden], die sich im täglichen Umgang mit
Verhaltensauffälligen Schülern ergeben können“.

Die SoL fühlen sich für VA etwas ‚weniger schlecht’ ausgebildet als die anderen
(voll+überwiegend 25% vs. 18%). ‚Ältere’ fühlen sich am wenigsten gut in der Ausbildung auf VA vorbereitet, 36% stimmen der entsprechenden Aussage überhaupt nicht zu
gegenüber 21% der jüngsten Gruppe, die zumindest zu 30% „voll“ oder „überwiegend“
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zustimmen, eine gute Vorbereitung auf dieses Thema erlebt zu haben.

Insgesamt sind zwei Drittel (64%) unbedingt der Auffassung, dass „im Hinblick auf das
Thema Verhaltensauffälligkeiten bei SchülerInnen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung […]großer Fortbildungs-/Weiterbildungsbedarf der LehrerInnen [besteht],
ein weiteres Drittel (34%) sieht das ‚überwiegend’ so. Gefordert werden vor allem Fortbildungen zur Steigerung der Handlungskompetenz (61%), aber auch in Bezug auf einzelne konkrete Verhaltensweisen (18%), psychische Symptome (12%), Autismus
(12%) und Hintergründe von auffälligem Verhalten (12%).

Wer sich stark durch VA belastet sieht, sieht die Ausbildung noch seltener als die ‚gelegentlich Belasteten’ als gute Vorbereitung an (‚überhaupt nicht’ 30% vs. 21% bei ‚gelegentlich Belasteten’). Wer in VA eher eine Herausforderung sieht, hält sich auch durch
die Ausbildung etwas besser dafür vorbereitet (volle bzw. überwiegende Zustimmung:
37% vs. 21% gesamt und 14% bei den ‚stark Belasteten’). Die ‚stark Belasteten’ sehen
am häufigsten großen Fortbildungsbedarf (73% vs. 64% ‚gelegentlich Belastete’ und
54% ‚Herausgeforderte’).
Überforderung und Kompetenzerfahrung
Auch wenn LehrerInnen sich oft überfordert fühlen, fühlen sie sich in der Ausbildung seltener gut dafür ausgebildet (2% ‚stimme voll zu’, 14% ‚stimme überwiegend zu’), als wenn er
sich selten überfordert sieht (1% ‚voll’, 24% ‚überwiegend’).
Außerdem korrespondiert das Gefühl der Überforderung mit dem Eindruck, der Anteil von
SchülerInnen mit VA habe in den letzten Jahren zugenommen: Alle, die sich sehr oft überfordert fühlen, gehen von dieser Zunahme aus.
Das Gefühl der Überforderung durch VA stellt sich außerdem mit der Dauer der Berufstätigkeit zunehmend ein. Und es hat offenbar etwas damit zu tun, ob man Handlungskonzepte für wirksam hält – fast unabhängig davon, welche man dabei im Auge hat: Auszeiten, Tokensysteme, Verhaltensverträge, Entspannungsangebote u.a.m.
LehrerInnen sehen also durchaus wichtige Kompetenzen bei sich, aber auch starke Belastung bis zur Überforderung und vor allem den Bedarf, sich besser für den Umgang mit VA
qualifizieren zu können, besonders durch die Aneignung geeigneter Konzepte.
Überforderung und Belastungserleben und Qualität der Kooperation
Belastung und Überforderung führen aber auch dazu, dass mehr Kooperation gesucht wird:

Bei starker Belastung durch VA finden im Vergleich zu den Befragten mit gelegentlicher
Belastung mehr regelmäßige Kooperationen mit Eltern statt (25%/13%), auch mit Kol-
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legen (80/72) und in der Klasse (46% vs. 27%) und mit SPZ (6/3; selten 53 vs. 41).

Bei starker Belastung durch VA ist sind die Befragten aber zugleich häufiger unzufrieden als bei gelegentlicher Belastung mit der Kooperation mit den Eltern (18% vs. 12%),
ebenso mit den Kollegen (7/3), mit der Schulleitung (8/3), mit der GLK (14/8) und auch
innerhalb der Klasse (3/1). Auch mit der SchulsozialarbeiterIn (21/10), mit der PsychologIn (23/8), mit dem psychiatrischen Dienst (31/8) und mit dem SPZ (11/6).

Auch wer sich oft überfordert fühlt, kooperiert häufiger regelmäßig mit KollegInnen
(82%) als wer sich selten überfordert sieht (73%), ist aber auch eher unzufrieden – mit
den internen, vor allem aber den externen Kooperationen, also mit Psychologen, Medizinern, Jugendamt etc.
Wie kompetent erleben sich Lehrkräfte beim Umgang mit VA?
Die Angaben zu Belastung und Überforderung bedeuten jedoch nicht, dass die LehrerInnen
sich insgesamt als inkompetent in Bezug auf den Umgang mit VA erleben. Dominierend ist
bei ihnen der Wunsch nach geeigneteren Konzepten (52% ‚stimmt genau’). Sehr viele fühlen sich jedoch kompetent, mit den ‚schwierigen’ SchülerInnen in guten Kontakt kommen
zu können (94% ‚stimmt genau/eher’) und mit ihnen adäquat umgehen zu können (12%/62%)
und auch bei Unterrichtsstörungen gelassen bleiben zu können (9%/ 67%). Einige sehen darin
eine ‚positive pädagogische Herausforderung’ (9%/48%). Erheblichen Ärger den SchülerInnen gegenüber empfinden ein Viertel (3%/22%), viel mehr aber „über ungünstige Bedingungen, die zum Auftreten dieses Problemverhaltens beitragen“ (39%/39%).
Es gibt auch Lehrkräfte, die den VA insofern ‚kompetenzorientiert’ begegnen, dass sie froh
darüber sind, „dass mir die SchülerInnen auf diese Weise etwas mitteilen können“ (5%/31%).
Der Ärger über Rahmenbedingungen steigt übrigens mit der Berufserfahrung: Hier stimmen von den Jüngsten 75% genau oder eher zu, von den 10-20jährigen 78%, 85% der 2030jährigen und 86% der Älteren.
Schlussfolgerungen zu Erleben, Qualifikation etc.
Auffälliges und Problemverhalten stellen ein tatsächliches Problem für LehrerInnen dar – und
ein hohes Risiko für die betroffenen SchülerInnen, vor allem als Belastung wahrgenommen
und damit in Bezug auf Teilhabe und Wertschätzung noch zusätzlich eingeschränkt zu werden.
Ob dies aber tatsächlich zur Belastung oder gar an die Grenze der Überforderung führt, dafür
gibt es Bedingungen. Belastungserleben und Überforderungsgefühl haben deutlich mit der
Chance zu tun, sich für den Umgang damit zu qualifizieren. Konsequenterweise äußern die
LehrerInnen Qualifikationswünsche, die sich vor allem auf handhabbare Konzepte beziehen,
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aber auch darauf, wie die VA zu verstehen sind und wie man gut im Team kooperieren kann.
Leider scheinen die Erfahrungen mit externer Kooperation, also mit der Einbeziehung von
PsychologInnen, kinder- und jugendpsychiatrischen Diensten, SozialpädagogInnen nicht so
zu sein, dass diese erkennbar zur Reduktion von Belastung und Überforderung beitragen.
Schließlich stellen sich LehrerInnen durch VA in ihrer Kompetenz nicht völlig in Frage. Es ist
gut, wenn sie sich ihrer Fähigkeit bewusst sind, Beziehungen einzugehen, Unterricht trotzdem
zu gestalten und auch Kommunikation aufrecht zu erhalten – aber auch konkrete Handlungskonzepte zu vermissen und einzufordern.
Erklärungen für auffälliges und gestörtes Verhalten
Welche Bedeutung haben Erklärungen, Annahmen über Bedingungen auffälligen Verhaltens
für den Umgang damit? Einerseits wirkt das, was man sich erklären kann, weniger verunsichernd und bedrohlich. Vor allem aber kann man daraus einen Ansatzpunkt für das eigene
Handeln erhoffen.
Zu unterscheiden sind hier subjektive, oft nur implizite Theorien und Vermutungen sowie
solche, die fachlich fundiert sind und auf Theorien oder gar empirisch belegten Annahmen
über deren Entstehensbedingungen beruhen. Es macht einen großen Unterschied, ob man hier
spontan seinen impliziten Vermutungen und Empfindungen folgt oder sich die Mühe macht,
auf fachlicher Basis zu reflektieren – am besten im Team und unter Hinzuziehung externen
Sachverstandes, etwa auch anderer Disziplinen – worin denn die ‚guten Gründe’ liegen könnten, die SchülerInnen veranlassen, sich auf eine Art und Weise zu erhalten, die für andere und
letztlich auch für sie selbst in der Summe nachteilig und riskant sind. Da man nie wissen kann,
weshalb ein Mensch das tut, was er tut, basiert ein pädagogisch verantwortlicher praktischer
Umgang mit auffälligem Verhalten auf Hypothesen, und man verhält sich wie ein Wissenschaftler, der diese – auf Grundlage von systematischer Beobachtung und theoretischen
Kenntnissen – ableitet und dann überprüft, ggfs. wieder verwirft und korrigiert. Erklärungsmöglichkeiten für auffälliges Verhalten haben die Funktion, solche Hypothesen bilden zu
können.
Ein relevanter Erklärungsansatz für auffälliges Verhalten von Menschen mit Behinderungen
ist der, dass sie wegen ihrer besonderen ‚Vulnerabilität’ – in Verbindung mit dem Stress, den
die Alltagsbewältigung für sie bedeutet – ein besonderes Risiko tragen, verhaltensauffällig zu
werden.

Dazu gehört ihre eingeschränkte Handlungskompetenz – diese beginnt mit der Wahrnehmung ihrer Situation, mit deren Einschätzung. Es geht weiter mit ihrer Ausbildung von
Bedürfnissen und mit deren eigenständiger Umsetzung.
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Und es resultiert aus den Begrenzungen der Kommunikation: Je mehr jemand von anderen
bei der Befriedigung eigener Bedürfnisse und der Selbstbestimmung abhängig ist, desto
mehr ist er darauf angewiesen, seine Wünsche, Bedürfnisse und Entscheidungen kommunizieren, also ausdrücken und dabei verstanden werden zu können.

Ich habe das anderenorts als Problem bzw. Folge eingeschränkter, behinderter Bildung
interpretiert – beispielsweise der Bildung von Kompetenzen beim Umgang mit körperlichen Problemen, in Bezug auf Möglichkeiten der Selbstbewegung und der Betätigung, bei
der Bildung sozialer Kompetenz, etwa der Durchsetzung von Bedürfnissen, des zur Geltung Kommens und auch der Kommunikation, etc.1
Unterstellen wir, dass ‚auffälliges Verhalten’ Versuche darstellt, sein Leben zu leben und seine Bedürfnisse zu befriedigen – trotz und mit allen Einschränkungen. Dann stellen Verhaltensauffälligkeiten eine Art Kompetenz dar, eine widersprüchliche. Man versucht Probleme
zu lösen, indem man sich neue einhandelt. Beispiele solcher ‚Risiken und Nebenwirkungen’:

Jemand zeigt (fast nur) stereotype Bewegungen. Das befriedigt sein Bewegungsbedürfnis,
aber das Verharren bei der Gleichförmigkeit hemmt die Entwicklung der Bewegungsvielfalt, der Genuss wird ‚schal’, vielleicht wird das Verhalten hin zum SVV gesteigert.

Jemand verhält sich demonstrativ, etwa in Form von Aggressionen gegen Dinge oder Personen. Die Kompetenz liegt darin, dass es ihm gelingt, sich zur Geltung zu bringen, beachtet zu werden. Aber er produziert damit auch Ausgrenzung und Ablehnung, und in der
Regel wird sein Anliegen gar nicht verstanden.
Mit der Vulnerabilität von Menschen mit geistiger Behinderung hängt es zusammen, dass sie
mehr als andere Verhaltensweisen ausbilden, für sie selbst problematisch, für ihre Umgebung
belastend und für die herausfordernd, die sie begleiten und unterstützen.
Wo sehen Lehrpersonen vorrangige Erklärungen für die auffälligen Verhaltensweisen ihrer
SchülerInnen? Von einer Liste möglicher Bedingungen sollten die fünf wichtigsten ausgewählt werden“
Bedingungen werden zunächst bei den Personen gesehen
Hier dominieren Erklärungen, die Beeinträchtigungen beim Schüler betreffen, vor allem der
sozial-emotionalen Entwicklung (53%), aber auch der Kommunikationsmöglichkeiten (45%).
Bei der Person liegende Bedingungen sind darüber hinaus der Versuch, auf sich aufmerksam

1
vgl. Klauß, Th. (2000): Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung und besonderen Verhaltensweisen.
In: Fischer, E. (Hrsg.): Pädagogik bei mehrfachen Behinderungen - Erziehungsbedarf und Fördermaßnahmen.
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zu machen (34%), sofern sich darin die mangelnde Kompetenz widerspiegelt, anders Beachtung zu bekommen. Ähnliches gilt für die niedrige Frustrationstoleranz (29%), für den Ausdruck von Schmerzen und unbefriedigten Bedürfnissen (21%) und den Mangel an Handlungskompetenz (16%) sowie ein geringes Selbstwertgefühl (14%), das möglicherweise durch
VA zu kompensieren versucht wird.
Zu den Personbedingungen von VA können dann auch die Erklärung als „Teil der Behinderung“ (30%), als Folge einer psychiatrischen Störung (21%) und als Symptom eines genetischen Syndroms (13%) verstanden werden.
Bedingungen in Umwelt und Erfahrungen gesehen
Daneben werden aber auch äußere Bedingungen und Erfahrungen zur Erklärung von VA genutzt, hier vor allem ungünstige soziale und familiäre Umgebungsbedingungen (47%), negative Bindungserfahrungen (30%), Erziehungsprobleme und Überforderung der Eltern (28%)
sowie ungünstige Rahmenbedingungen wie zu große Klassen etc. (17%) Selten werden Bedingungen der VA auch im eigenen Lehrerhandeln (‚unpassendes Lernangebot’ 5%) und darin gesehen, dass die SchülerInnen zu viel Fremdbestimmung erfahren (9%).
Dass das Verhalten ‚erlernt’ sei, sehen 19% der Lehrkräfte als relevante Bedingung für VA
bei ihren SchülerInnen.
Spektrum von Erklärungsansätzen
Das Spektrum von Erklärungsansätzen bei den befragten Lehrkräften macht deutlich, dass
durchaus Vorstellungen darüber vorhanden sind, wo die Bedingungen für VA der SchülerInnen liegen können. Eine beeinträchtigte sozial-emotionale und Kompetenz-Entwicklung (im
Bereich der Kommunikation, aber auch des Umgangs mit Schmerzen und Bedürfnissen, mit
sozialer Wirksamkeit etc.) – resultierend aus ungünstigen sozialen und familiären Entwicklungsbedingungen – stehen hier im Vordergrund. In Beziehung gesetzt wird dies mit den Bedingungen und Herausforderungen, die SchülerInnen bewältigen müssen: Sie fühlen sich gestresst, unverstanden, hilf- und orientierungslos, ausgegrenzt. Daraus entsteht ein Bild, das
man mit dem ‚Vulnerabilitätskonzept’ in Beziehung setzen kann: Die Menschen sind verletzlich, sind gefährdet, für sich selbst und andere problematische Verhaltensweisen zu entwickeln, wenn und weil ihre Möglichkeiten der Lebens- und Alltagsbewältigung nicht passen,
nicht ausreichen. Ihr auffälliges Verhalten – so kann man das aber auch interpretieren – erhält
dadurch einen Sinn, eine subjektive Bedeutung, weil es als Versuch verstanden werden kann,
mit den begrenzten Mitteln und Kompetenzen das Leben und den Alltag dennoch zu bewältigen.
Als Perspektive ergibt sich daraus, dass es beim konkreten pädagogischen ‚Umgang’ mit den
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Menschen, bei der Planung und Realisierung der Hilfen und Maßnahmen für sie, darum gehen
muss, zu fragen, worin in jedem einzelnen Fall die individuelle Bedeutung dieses Verhaltens
für den Menschen liegt – und welche Alternativen es dafür gibt. Also: Wie kann jemand, der
sich nicht verstanden fühlt und deshalb ausrastet, alternative Möglichkeiten finden, sich auszudrücken und zur Geltung zu kommen? Wir kann jemand, der ständig im Stress lebt und
dann durchdreht, seinen Stress managen? Etc. Etc. Damit sind wir bei den Handlungsmöglichkeiten: Was können wir tun?
Handlungsmöglichkeiten und -strategien
Auch Handlungsstrategien in Bezug auf auffälliges Verhalten können eher subjektiv, erfahrungsbasiert oder durch explizite Theorien und Handlungskonzepte begründet sein.
Auf die (offene) Frage nach bekannten pädagogischen Konzepten nennen die LehrerInnen
Explizite Konzepte, aber auch allgemeine Maßnahmen und pädagogische Angebote.
Nennungen gibt es hier nur von 64% der Befragten; offenbar sah sich etwa ein Drittel von
ihnen nicht in der Lage, solche Konzepte zu benennen.

Von denen, die sich hier äußern, wird die Verhaltensmodifikation am häufigsten genannt
(38%), dazu kann man noch die positive Verhaltensunterstützung (4,5%) rechnen. Im
Grunde ist auch die ‚Auszeit’ (15%) eine verhaltensmodifikatorische Maßnahme. Möglicherweise ist auch der ‚Trainingsraum’ hier zuzuordnen (7%).

TEACCH (26%) setzt darauf, dass es den SchülerInnen ermöglicht wird, sich im sozialen
Miteinander, beim Lernen etc. zu orientieren. Dem kann auch der Einsatz von Regeln
(15%) zugeordnet werden.

Weitere Konzepte zielen darauf, Kompetenzen zu vermitteln und zu erweitern – vor allem
solche, die im Sinne der Gewaltprävention (18%) befähigen sollen, soziale Konflikte gewaltfrei zu bewältigen, aber auch alternative Kompetenzen, die VA überflüssig machen
können wie Angebote zur Bewegung und Entspannung (10%), Kommunikationsförderung
(7%) und ETEP2 (dient dem „Aufbau von sozial-emotionalen Kompetenzen“).

Auch das ‚Kooperieren’ wird als Handlungskonzept genannt – mit anderen Disziplinen,
auch mit der Klasse – aber auch mit den Schülern selbst der Beziehungsaufbau (5%).
Wirksamkeit von Handlungsstrategien und ihre Wirksamkeit bei unterschiedlichen Verhaltensweisen

2
ETEP = Entwicklungstherapie/Entwicklungspädagogik (http://www.etep.org/Seiten/verhalt.htm)
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Interessanter erscheint noch, „Welche der genannten Handlungsstrategien [für die Lehrkräfte
…] beim Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten wirksam – oder sogar ungünstig[sind]“ und
„welche Handlungsstrategien […] Sie bei [bestimmten …] Verhaltensweisen empfehlen“.

In der Gesamteinschätzung gibt es einen klaren Spitzenreiter: ‚Klare Strukturen’ werden für sehr wirksam gehalten (3,9 von möglichen 4,0). Dabei handelt es sich ebenso wenig um ein explizites Handlungskonzept wie beim ‚Zweitplatzierten’, dem ‚Beziehungsaufbau’ (3,6) oder gar bei den ‚Teamgesprächen’ (3,5), die ebenfalls als wirksam eingeschätzt werden.
Empfohlene Maßnahmen bei unterschiedlichen Verhaltensweisen
Das erstaunt allerdings nicht, da es vermutlich nicht ‚das’ Konzept gibt, das bei allen möglichen auffälligen Verhaltensweisen ‚hilft’. Die Rangreihe der Wirksamkeitseinschätzungen
ändert sich sehr, wenn man diese auf bestimmte Verhaltensweisen bezieht.

Bei aggressivem Verhalten halten 42% der Befragten eine ‚Auszeit’ für das Mittel der
Wahl, mit Abstand folgen danach Konsequenzen inkl. Bestrafung (17%), Tokensysteme
(15%), klare Strukturen (14%) und Verhaltensverträge.

Bei selbstverletzendem Verhalten erscheinen demgegenüber vor allem Entspannungsangebote (26%) und Festhalten (26%) geeignet, gefolgt von Angeboten zur Selbstregulation (17%) und zur Kommunikationsförderung (14%) und – am häufigsten im Gesamtvergleich – eine psychiatrische Behandlung (13%).

Entspannungsangebote sollten auch bei Motorischer Unruhe helfen (32%), viel häufiger
genannt werden hier aber Bewegungsmöglichkeiten (77%), außerdem auch hier klare
Strukturen (16%) und Auszeit (12%).

Zur Bewältigung Sozialen Problemverhaltens sollte vor allem der Aufbau von Beziehungen helfen (61%), außerdem das Training sozialer Kompetenzen (40%) und die Förderung der Kommunikation (34%).

Wenn SchülerInnen vor allem Anforderungen verweigern, sollte vor allem die Entschärfung der Anforderungssituation hilfreich sein (46%), aber auch klare Strukturen (27%),
die Förderung von mehr (mehr) selbstbestimmtem Handeln ermöglichen (26%) und Token-Systeme (23%).

Gegen Angst hilft offenbar am ehesten der Aufbau sicherer Beziehungen (41%), dann
auch hier klare Strukturen (24%), ein Sozialkompetenztraining (17%) und die Entschärfung von Leistungssituationen.
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S. 14
Überlegungen zu Handlungsmöglichkeiten
Offenbar gibt es kein Allheilmittel, sondern die Notwendigkeit, die Maßnahmen den Problemen anzupassen. Am ehesten scheinen die ‚Klaren Strukturen’ etwas zu sein, was nach Einschätzung etlicher Befragter bei allen unterschiedlichen Problemen hilfreich sein sollte, ansonsten wird hier sehr differenziert. Dies spricht sehr dafür, dass vor der Planung und Durchführung einer pädagogischen Maßnahme eine Diagnostik erfolgt – zumindest in Bezug auf die
Art und Weise des auffälligen Verhaltens, besser noch zur Frage, was dieses möglicherweise
bedingt, welche subjektive Bedeutung es hat, und welcher Bedarf an unterstützenden Angeboten sich daraus ableiten lässt.
Kooperationen wegen auffälligen und gestörten Verhaltens
Schließlich gibt es Kooperationen wegen VA: Man ist nicht alleine in diesem Feld. Pädagogik
findet meistens kollektiv statt, sodass alle angesprochenen Fragen am besten auch im Team
besprochen werden – aber auch in Zusammenarbeit mit anderen, mit Eltern einer- und anderen Profis andererseits.
Wir haben eine starke Tendenz gesehen, die Herausforderung der VA ‚unter sich’ auszumachen. Vor allem die Kooperation mit den KollegInnen wird hier als sehr hilfreich angesehen und häufig genutzt. Dennoch gibt es auffällige Verhaltensweisen, bei denen PädagogInnen an Grenzen stoßen – und bei denen es deshalb auch sinnvoll ist, mit anderen Professionen
und Disziplinen zu kooperieren. Das spiegelt sich wider in den folgenden Ergebnissen:
Mit wem kooperieren LehrerInnen wegen der Verhaltensauffälligkeiten
ihrer SchülerInnen?
Auf die entsprechende Frage geben die meisten an, dass das regelmäßig (76%) oder oft (18%)
mit KollegInnen geschieht. Auch ein Zusammenarbeiten mit der Klasse findet nach Angaben
von 32% regelmäßig und von 24% oft statt, etwas seltener mit den Eltern (16%/37%) und der
Schulleitung (12%/27%). In der GLK werden VA nicht regelmäßig (2%) oder oft (12%), aber
doch nach Meinung vieler ‚selten’ (57%) angesprochen – 29% sagen hier aber auch ‚nie’.
Während VA häufig bis regelmäßig zu interner Kooperation Anlass sind, gibt es kaum eine
regelmäßig externe Kooperation: Nur 1,7% sagen, dass sie regelmäßig mit einer/m PsychologIn zusammenarbeiten und 0,7% mit einer/m SchulsozialarbeiterIn.
Zufriedenheit mit der Kooperation
Am zufriedensten sind die LehrerInnen mit der kollegialen Kooperation, aber auch mit der
mit ihrer Klasse, der Schulleitung und der GLK. Eher mittelmäßig zufrieden bis leicht unzu-
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S. 15
frieden wird die Kooperation mit PsychologInnen, SozialarbeiterInnen, Eltern, SPZ und psychiatrischem Dienst beurteilt.
Bei welchen Verhaltensweisen werden in welchem Umfang Psychopharmaka genommen?
Mit der Kooperation mit der Psychiatrie – und mit den Grenzen der eigenen, pädagogischen
Möglichkeiten, hat es zu tun, dass/wenn SchülerInnen Psychopharmaka nehmen.

Etwa 10% von ihnen nehmen nach Einschätzung der Befragten regelmäßig Psychopharmaka (10,1 %). Dies geschieht bei Aggressionen gegen Sachen am häufigsten (30%),
etwas seltener bei psychotischem Verhalten (29%), selbstverletzendem Verhalten (29%)
und Aggressionen gegen Personen (26%). Bei mehr als einem Fünftel der Betroffenen
werden Psychopharmaka auch regelmäßig eingesetzt bei Sexuellen Auffälligkeiten (24%),
motorischer Unruhe (23%), unsozialem Verhalten (22%) und Stereotypien (20%).

Bei Depression/Rückzug geschieht das seltener (15%), ebenso bei Angst (11%) und auch
bei Problemen beim Eingehen sozialer Beziehungen (16%), bei Vermeidungsverhalten
(12%) und Hilflosigkeit/Unsicherheit (9%). Zu beachten ist dabei natürlich, dass viele
Verhaltensweisen nicht isoliert auftreten, sodass der Grund für die Gabe von Psychopharmaka auch eine jeweils andere Verhaltensweisen sein können.
Überlegungen zu Kooperationen und ‚Grenzen der Pädagogik’
Die Ergebnisse zur Kooperation sprechen dafür, dass die PädagogInnen es in der Regel ‚alleine versuchen’, mit den VA ihrer SchülerInnen zurechtzukommen. Die Möglichkeit der Kooperation mit externem Sachverstand werden sehr selten genutzt. Das liegt vermutlich zunächst daran, dass diese häufig nicht möglich ist, weil entsprechende Angebote fehlen. Andererseits sollten zumindest die vorhandenen Möglichkeiten wahrgenommen werden – und den
Ausbau spezifischer Hilfen – etwa in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und bei der Psychotherapie – gefordert und unterstützt werden.
Kooperationen gibt es u.a. bei der Nutzung von Psychopharmaka. Es ist sinnvoll, wenn die
hier liegenden Chancen der Unterstützung pädagogischer Arbeit genutzt und ohne Vorbehalte
in Anspruch genommen werden. Allerdings muss hier auch gefragt werden, ob diese immer
sachgerecht und adäquat eingesetzt werden. Offenbar werden Psychopharmaka – außer bei
psychotischem Verhalten – weniger bei den eigentlichen psychischen Störungen (Angst, Depression) als vielmehr bei Aggressionen, SVV und sexueller Auffälligkeit eingesetzt. Es erscheint mir diskussionswürdig, inwiefern diese hier tatsächlich helfen.
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S. 16
Fazit: Wie gelingt ein guter Umgang mit VA bei Menschen
mit geistiger Behinderung?
Optimierungsmöglichkeiten gibt es wohl bei allen angesprochenen Aspekten des ‚Umgangs’
mit auffälligem Verhalten:
1. Wahrnehmung und Erleben des Verhaltens
Anstelle einer Wahrnehmung, die sich an dem orientiert, was am meisten herausfordert, sollte
eine genaue Beobachtung treten: Um welches Verhalten geht es genau? Welche Erfahrungen
haben wir damit gemacht? Und die Reflexion der Belastung oder gar Überforderung durch
solches Verhalten sollte Anlass sein, nach dessen Hintergründen und daraus ableitbaren
Handlungsmöglichkeiten zu fragen.
2. Erklärungsmöglichkeiten
Was wir dann brauchen ist eine fundierte Vorstellung darüber, weshalb sich jemand vermutlich so verhält, wie er es tut. Eine gute Regel ist hier in der Frage enthalten: Welche guten
Gründe hat sie/er, sich genauso zu verhalten? Das lenkt den Blick auf den subjektiven Sinn,
auf die Bedeutung, die das Verhalten für den Menschen selbst hat.
Wir bilden – auf der Grundlage von theoretischem und Erfahrungswissen über mögliche Bedingungen und Zusammenhänge – Hypothesen. Dann überprüft man die Hypothese praktisch.
3. Entscheidung über Handlungsziele und Konzepte
Dann überlegt man, welches Ziel sich daraus ableiten lässt.
Dafür ist es gut, konkrete und für solche Ziele passende Handlungskonzepte zu kennen. Beispielsweise Unterstützte Kommunikation, wenn die Verbesserung der Kommunikation als
sinnvolles Ziel erscheint.
4. Konkretes Handeln: Durchführung
Viele Beratungen enden hier: Wir einigen uns, was wir erreichen wollen und vereinbaren: Das
machen wir. Aber TEAM heißt dann oft: Toll, ein anderer macht’s. Es braucht nun noch etwas Hirnschmalz, um zu klären und festzulegen, wer denn nun tatsächlich was tut. Und:
Wann man prüft, was herausgekommen ist, ob das erfolgreich war, was man ändern sollte.
5. Kooperation und Reflektion
Bei der Planung oder spätestens wenn die eigenen Maßnahmen an Grenzen stoßen – oder bereits beim Versuch, Erklärungen zu finden, stellt sich die Frage nach möglichen Kooperati-
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S. 17
onspartnern. Andere Fachleute, aber auch Eltern und die SchülerInnen selbst oder die ganze
Klasse sowie KollegInnen können auf allen Ebenen der Problemlösung hilfreich sein – man
muss sie einbeziehen bei der Frage der Wahrnehmung, des Umgangs mit Belastungen, der
Erklärung und des konkreten Handelns.
Verhaltensstörungen / psychische Störungen bei geistiger Behinderung – wozu braucht es klinische
Behandlungskonzepte
Prof. Dr. K. Sarimski
Pädagogische Hochschule Heidelberg
Klinisch psychologisch‐psychiatrisches Behandlungsverständnis
• „Problemverhalten ist keine Eigenschaft der
betreffenden Person, kein
individualpathologisches Phänomen, sondern
eine Funktion eines Systems, das aus der
betreffenden Person und ihrer jeweiligen
sozialen und physischen Umwelt besteht.“
(Sarimski & Steinhausen, 2008; Dosen, 2010; Seidel, 2013)
Was sind die häufigsten kinderpsychiatrischen Diagnosen bei Schulkindern mit geistiger Behinderung?
30
25
20
15
10
5
0
m
Au
t is
kt i
Hy
pe
ra
tö
ss
en
So
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lv e
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alt
us
ät
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g
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si o
pr
es
De
gs
ts t
ö
ru
ng
n
mental
behindert
nicht behindert
An
%
(n=264, 5‐15 Jahre; Emerson, 2003)
Prozentualer Anteil von emotionalen
Störungen und Verhaltensproblemen bei
intellektueller Behinderung
(CBCL; Dekker et al., 2002; n=968)
Sozialer Rückzug
Körperl. Beschwerden
Ängste/Depressive
Stimmung
Soziale Probleme
Denkstörungen
Aufmerksamkeitsprobleme
Dissoziales Verhalten
Aggressives Verhalten
IQ 60-80
17.5
12.0
16.8
IQ 30-60
22.5
8.3
8.3
35.5
8.8
30.7
18.0
21.0
51.7
12.3
38.0
11.0
19.7
Worauf kommt es bei der Intervention bei Verhaltensstörungen an?
• Identifikation auslösender und
aufrechterhaltender Bedingungen
• Identifikation von körperlichen Einflussfaktoren
• Veränderung von antezedenten Bedingungen und
verstärkenden Konsequenzen in Kombination mit
differentieller Verstärkung adaptiver
Kompetenzen
• Anpassung der Umwelt an Kompetenz und
Hilfebedarf des Kindes („goodness of fit“)
Positive Verhaltensunterstützung Diagnostische Arbeitshypothese
• Ereignisse, die ihm unmittelbar vorausgehen
• Rahmenbedingungen, die sein Auftreten wahrscheinlicher
machen
• Konsequenzen, die das Verhalten aufrechterhalten
• Behinderungsbedingte Einschränkungen, die zum Problem
beitragen (z.B. eingeschränkte Umweltwahrnehmung,
Verstehen von Anforderungen und Zusammenhängen,
fehlende soziale oder kommunikative Kompetenzen,
genetische bedingte Einschränkungen der Selbstregulation)
Hilfe‐ und Assistenzbedarf zur Bewältigung der alltäglichen Anforderungen in der natürlichen Umgebung
Interventionsplan für : Auslöser
Verhalten
Aufrechterhaltung
Funktion:
Funktion:
Präventive Hilfen
Neue Kompetenzen
Neue Konsequenzen
Interventionselemente
(Auswahl)
• Veränderung von sozialen Anforderungen




Reduzierung der Aufgabenschwierigkeit
Rhythmisierung und Gliederung von Aufgaben
Tagesstrukturierung und Visualisierungshilfen
Individuelle Assistenzen
• Veränderung von Konsequenzen
 Verhaltensverträge (kontingenter Zugang zu bevorzugten Tätigkeiten)
 Veränderung dysfunktionaler Interaktionsmuster
• Training adaptiver Verhaltensformen




Selbständige Beschäftigung
Alternative Kommunikation
Ärger‐(Selbst‐)Management
Soziales Kompetenztraining
Aber:
Manchmal ist die Funktion eines Verhaltens schwer zu verstehen
und: Nicht alle Verhaltensauffälligkeiten haben einen subjektiven „Sinn“ und eine kommunikative Funktion
Probleme bei einer Interventionsplanung in der „natürlichen Umgebung“
• Schweregrad und Komplexität der
Verhaltensauffälligkeit
• Schwierigkeit, die auslösenden und verstärkenden
Bedingungen zu identifizieren
• Schwierigkeit, hochstrukturierte Bedingungen zur
Anbahnung alternativer Kompetenzen zu sichern
• Klärung möglicher körperlicher Einflussfaktoren
• Klärung psychischer Störungen als Bedingungsfaktoren
(Zwangsstörungen, Wahnvorstellungen, Depressionen)
• Einbeziehung pharmakologischer Behandlungsansätze
Schwere der Verhaltensstörungen
(z.B. bei Kindern mit spezifischen genetischen Syndromen)
Smith‐Magenis‐Syndrom
• Leichte körperliche
Anomalien (z.B. kurze,
gedrungene Statur, flacher
Kopf)
• De novo Deletion 17p11.2
• Mässige
Intelligenzminderung
• Schwere Verhaltens‐
auffälligkeiten
• Veränderte
Schmerzwahrnehmung
Überdurchschnittlich problematisches Verhalten beim SMS
(Sarimski, 2004; NCBRF, n=20/20/20)
25
SMS
PWS
FraX
20
15
10
5
0
aggr
hyper
Angst
Selbst
Zwang
irritab
Selbstverletzendes Verhalten bei SMS
(%; Finucane et al., 2001)
Handbeißen
Kopfschlagen
93.1
62.1
Skin picking (Kneifen und Kratzen)
51.7
Nägelreißen
48.3
Haare reißen
34.5
Ausreißen von Zehennägeln
34.5
Einführen von Objekten in Körper
31.0
Prader‐Willi‐Syndrom
• Hypotonie
• Exzessiver Drang nach
Essen und Adipositas
• Neigung zu
zwanghaften
Verhaltensstörungen
• Deletion 15q11‐13
Problematische Verhaltensweisen beim Prader‐Willi‐Syndrom
(Dykens & Cassidy, 1995; CBCL; n = 91)
%
Selbstverletzendes Kneifen oder Kratzen
97
Zwanghaftes Reden
95
Ausgeprägte Beharrlichkeit
95
Andere zwanghafte Verhaltensweisen (Horten, Ordnung)
93
Wutanfälle
88
Passivität
87
Exzessive Müdigkeit
81
Stimmungsschwankungen
76
Cornelia‐de‐Lange‐Syndrom
• Charakteristische Gesichtszüge
• Microcephalie, Minderwuchs
• Teilweise Gliedmaßenfehlbildungen
• Genveränderung (5p, 10p)
• meist schwere Behinderung und ausbleibende Sprache
• Anfälligkeit für gastro‐
intestionale Krankheiten und Selbstverletzungen
Problematische Verhaltensweisen beim Cornelia‐de‐Lange‐Syndrom (%; DBC; Basile et al., 2007)
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Schwer oder nicht identifizierbare soziale Zusammenhänge von Verhaltensstörungen
Biologisch‐genetische Disposition
• Partielle Spezifität des Verhaltensphänotyps
• Disposition / erhöhte Vulnerabilität für
Umweltanforderungen
• Verhaltenssteuerung durch nicht‐soziale Impulse
(Zwangs‐ und Impulskontrollstörungen,
Selbststimulation, Selbstverletzungen)
• Auch hier:
systematische Analyse von Situationszusammenhängen und Umweltanforderungen
Systematische Analyse von Situationszusammenhängen: aggressives Verhalten
(Elternbefragung; SMS; n = 20; Sarimski, 2005)
soziale Aufmerksamkeit
Vermeiden von Anforderungen
Selbststimulation
Frustration
Grenzsetzungen
Wunsch nach Objekt
0
2
4
6
8
10
12
Systematische Analyse von Situationszusammenhängen: „Skin‐Picking“
(Beobachtung; PWS; n = 67; Morgan et al., 2010)
bei schulischen Anforderungen
in Wartezeiten
beim Autofahren
beim Lesen
bei Verweigerung von Speisen
0
20
40
60
80
100
Funktionales Profil bei SVV
(IfES; Bienstein & Sarimski, 2013)
Experimentelle Verhaltensanalyse
(EFA; Bienstein & Sarimski, 2013)
Verhalten ohne soziale Funktion: Zwangs‐ und Impulskontrollstörungen
Rett‐Syndrom
Lesch‐Nyhan‐Syndrom
Mögliche Interventionen
• Modifikation der Auslösebedingungen
• „Stimulus‐Kontrolle“ (Begrenzung auf
bestimmte Situationsbedingungen)
• Desensibilisierung gegen unveränderliche
kritischen Auslösebedingungen
• Stimulus‐Sättigung (nicht‐kontingente
Verfügbarkeit von positiver sensorischer
Stimulation)
• Schutzkleidung / Mechanische Restriktionen
Notwendigkeit hochstrukturierter Interventionen
Wann sind hochstrukturierte Interventionen im Einzelsetting erforderlich?
• spezifische Behandlungsansätze, z.B.
 systematische Desensibilisierung bei Angststörungen
 „behavioral momentum“ bei ausgeprägter Verweigerungshaltung
 Fading von Schutzkleidung bei SVV
• extrem niedrige Frequenz oder völliges Fehlen
alternativer Kompetenzen
 Funktionales Kommunikationstraining (FCT)
• Kontingenzmanagement bei Essstörungen, Pica oder
Ruminieren
 Differentielle Verstärkung in symptomfreien Zeitintervallen
Personelle Ressourcen
Professionelle Erfahrung
Klärung möglicher körperlicher Einflussfaktoren
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Gastrointestinale Probleme
Mittelohrentzündungen
Zahnschmerzen
Hautprobleme
Menstruationsbeschwerden
Kopfschmerzen
Anfallsleiden
Schlafstörungen
Hör‐ und Sehbehinderungen
(neuro‐) pädiatrische Diagnostik durch Facharzt mit behinderungsspezifischer Kompetenz
Gesundheitliche Probleme beim Cornelia‐de‐
Lange‐Syndrom (Hall et al., 2008)
80
70
60
50
40
30
20
10
0
CdLS
Kontroll‐Gr.
Klärung psychischer Störungen als Bedingungsfaktoren
• Hohe Komorbidität von Zwangsstörungen,
Stereotypien und selbstverletzendem Verhalten (Arron et
al., 2011)
• Diagnostische Herausforderung bei Zwangsstörungen,
Wahnvorstellungen, Depressionen:
 Fehlende Introspektion
 Fehlende Kommunikationsmöglichkeit über emotionale Inhalte
Identifikation von Veränderungen im Verhalten und im emotionalen Ausdruck im Verlauf
Einbeziehung pharmakologischer Behandlungsansätze
• Störungen auf Neurotransmitter‐Ebene (Dopamin, Serotonin,
endogene Opiate)
• Behandlungsmöglichkeiten zur Veränderung von Hypo‐,
Hypersensitivität, Stimmungsstabilität, Impulskontrolle
• Einsatz von Stimulantien, Neuroleptika u.a. bei
 Selbstverletzendem Verhalten
 Aggressiven Verhaltensweisen
 Hyperaktivität
 Zwangsstörungen
 Depressionen
Erhöhung der Wirksamkeit psychologischer Interventionen ?
Quelle: Shapiro & Accardo: Neurogenetic syndromes. Behavioral issues and their treatment. Baltimore, Brookes 2010
Schanze: Psychopharmakologische Behandlung. In Bienstein & Rojahn (Hrsg.): Selbstverletzendes Verhalten bei Menschen mit geistiger Behinderung. (175‐202). Göttingen, Hogrefe
Probleme pharmakologischer Behandlungsansätze
• Geringe Zahl von Evaluationsstudien
• Fehlende Doppelblind‐, Placebokontrolle
• Objektive Erfassung des Zielverhaltens
erforderlich
• Verlaufsuntersuchung erforderlich
• Nebenwirkungen zu beachten
Probleme der Zusammenarbeit mit klinischen (ambulanten / stationären) Behandlungseinrichtungen • Unzureichende Versorgungsstruktur




Sozialpsychiatrische Dienste
Sozialpädiatrische Zentren
Kinder‐ und Jugendpsychiatrische Kliniken
Niedergelassene Psychologen und Kinder‐ und Jugendpsychiater
• Spezifische Angebote in KJP: 8% (Hennicke, 2008)
• Spezialambulanzen in KJP: 4% (Hennicke, 2008)
• Konsiliarangebote (z.B. Heckscher Klinik, Konsulententeams in
LV Rheinland)
Behandlungseinrichtungen
Klinik am Greinsberg, Würzburg
St. Lukas‐Klinik, Stiftung Liebenau
Probleme der Zusammenarbeit
• Unrealistische Erwartungen:
„Kinder‐ und Jugendpsychiater werden als
Experten für die Regulierung von Fehlverhalten
im schulischen Kontext angesehen, wenn die
pädagogischen Bordmittel zur Beeinflussung von
Fehlverhalten als ausgeschöpft angesehen
werden.“(Ostkämper, 2013)
„Reparaturbetrieb zur Behebung der Störung“
Was ist nötig für eine erfolgreiche Kooperation bei klinischen Behandlungskonzepten?
 Einbeziehung von Beobachtungen aus dem natürlichen Umfeld bei der Diagnostik
 Abstimmung der Interventionsplanung auf die Bedingungen im natürlichen Umfeld
 wechselseitige Anerkennung der Kompetenzen
 Übernahme gemeinsamer Verantwortung für den Problemlöseprozess
Wo finde ich mehr Informationen?
21.10.2014
Herzlich Willkommen WS 2
Hilpoltstein 17.10.2014
Dr. Harald Ebert
[WS 2]
1) Berufsschule DON BOSCO Beratungszentrum
2) Unsere Schülerinnen, Schüler und Klienten
3) Schwierige Lebenslagen und Perspektiven – „Die
jungen Wilden“
4) Verständnis von „Behinderung“ - ICF
5) INKLUSION im Kontext Arbeitsmarkt
6) TeilHABE und TeilGABE
7) Ausblick
8) Diskussion
1
21.10.2014
[Unser Auftrag]
Professioneller Dienstleister
in der regionalen Bildungslandschaft
zur Sicherung der Teilhabe
am (Arbeits-)Leben
[Herausforderung]
…in der gesamten Gesellschaft… das
Bewusstsein für Menschen mit
Behinderungen zu schärfen... (Art. 8)
…gewährleisten ein integratives
(inklusives) Bildungssystem auf allen
Ebenen… (Art. 24)
…den Lebensunterhalt durch Arbeit zu
verdienen…in einem offenen
Arbeitsmarkt… (Art. 27)
2
21.10.2014
[Region]
Main-Spessart
Kitzingen
Würzburg-Stadt
Würzburg-Land
[Handlungsfelder]
Beratungszentrum
Berufsschule
Übergang zum Arbeitsmarkt
3
21.10.2014
SCHÜLER und KLIENTEN
[Schüler]
Schulabschluss
Quali; 15; 3%
Mittlere
Reife; 11; 2%
Fachabitur; 1;
0%
Abitur; 1; 0%
ohne ; 64;
13%
HSA; 232;
46%
Förderschule;
177; 36%
N = 501
Stand 2013
4
8
8
10
Meine Mutter ist außerhalb des
heutigen Gebietes der BRD
geboren und ist nach 1949
zugewandert
49
Mein Vater ist außerhalb des
heutigen Gebietes der BRD
geboren und ist nach 1949
zugewandert
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Ich bin 1950 oder später auf das
heutige Gebiet der BRD
zugewandert
49
Ich bin auf dem heutigen Gebiet
der BRD geboren
Ich besitze die deutsche
Staatsangehörigkeit
21.10.2014
[Schüler]
Migration
BVJ Gesamt 2011/2012 (n= 57)
47
31
33
19
20
7
4
trifft zu
trifft nicht zu
keine Angabe
[Klienten]
Don Bosco Beratungszentrum
Neukontakte Klienten 2012/2013
315
442
MSD Beruf und Arbeit
Ergänzende Angebote des Beratungszentrums
5
21.10.2014
[Schule für schwierige
Lebenslagen]
[Schüler und Klienten]
Managing Diversity
- Übergänge individuell gestalten
Herausforderungen
Sprache und Kultur
psychische Belastungen
Verhalten
besondere Lebenslagen
Verweigerung
Lernen/ Lernschwierigkeiten
…
6
21.10.2014
jugendlich…
…ausbildungs-/arbeitslos…
…perspektivlos?
„Die jungen Wilden“
[Jugendlich…]
BELLA-Studie 2008
7
21.10.2014
[Schüler]
Unterstützungsbedarf der Schüler
(Sommer 2009)
Roland Stein; Harald Ebert: Verhaltensauffälligkeiten an beruflichen Schulen zur
sonderpädagogischen Förderung. Eine Pilotstudie mit der Teacher‘s Report Form und dem
Youth Self Report. In: Empirische Sonderpädagogik, 2010, Nr. 4, S. 62-80.
[ausbildungs-/arbeitslos…]
BiBB Datenreport zum Bildungsbericht 2012
8
21.10.2014
[perspektivlos…?]
„Die Zahl der Werkstattbeschäftigten hat
sich seit dem Jahr 2000 bis heute um die
Hälfte von ca. 200.000 auf ca. 300.000
Personen
erhöht.
Ein
Ende
dieser
Entwicklung ist nicht absehbar…
…deutlicher
Anstieg der Menschen mit
seelischen Behinderungen….
Zudem…finden Erwachsene Aufnahme in
den Werkstätten, die …als lernbehindert
oder sozial benachteiligt bezeichnet
werden.“
Wüllenweber 2012
[Berufliche Bildung]
Qualifizierung und Teilhabe
- Leistung individuell ermöglichen
Gesundheitsproblem
Körperfunktionen
und -strukturen
Umweltfaktoren
• materiell
• sozial
• verhaltensbezogen
Aktivitäten
Teilhabe
persönliche Faktoren
• Alter, Geschlecht
• Motivation
• Lebensstil
Teilhabe als dynamische Wechselwirkung zwischen
Person und Umwelt(Bio-Psycho-Soziales Modell der ICF)
9
21.10.2014
[Herausforderung]
Berufliche
Handlungskompetenz
[Berufliche Bildung]
tätigkeitsorientiert
arbeitsplatzorientiert
qualifizieren
platzieren
berufsfeldorientiert
berufsbildorientiert
(aktionbildung 2004)
10
21.10.2014
[Berufliche Bildung]
Qualifizierung und TeilGABE
- Leistung individuell ermöglichen
Adaption der schulischen Rahmenbedingungen
Individualisierter Stundenplan
Unterricht in Teilzeit
Epochalunterricht
…
Adaption der betrieblichen Rahmenbedingungen
Arbeitsplatz anpassen
Räumliche Rahmenbedingungen verändern
Arbeitshilfen bereitstellen
Arbeitsanforderungen verändern
…
BERATUNGSZENTRUM
11
21.10.2014
[Inhouse-Angebot]
[Inhouse-Angebot]
12
21.10.2014
Werkstatt-Tag
Berufsschulstufe
Angebot für SchülerInnen der Förderstufe IV
freitags 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr
je 4 Wochen in einem Berufsfeld
Werkstatt-Tag
Berufsschulstufe
Eindrücke
13
21.10.2014
BVJ-Tag
Berufsschulstufe
Berufsschul
Berufsvorbereitendes Angebot
8.00 Uhr bis 13.00 Uhr
ganzjährig in einem BVJ
[Inhouse-Angebot]
14
21.10.2014
[Inhouse-Angebot]
[Inhouse-Angebot]
15
21.10.2014
BERUFSSCHULEN
[Netzwerk Berufliche Schulen Mainfranken]
16
21.10.2014
[Angebot] des Beratungszentrums
Allgemeine
Berufliche
Handlungskompetenz
Berufsschule
JaS
MSD
Teilhabemöglichkeit „Neu“
[Berufliche Bildung]
…teilHABEorientiert
tätigkeitsorientiert
arbeitsplatzorientiert
qualifizieren
platzieren
berufsfeldorientiert
berufsbildorientiert
(aktionbildung 2004)
17
21.10.2014
Berufsschulstufe
Berufsschule
Erwerb von TEILQUALIFIKATIONEN
[Nachhaltigkeit]
Verbleib der TN aus der BQM 2013/ 2014
18
21.10.2014
[Zusammenfassung I]
Ohne Beschäftigung 2 + 5
Tagesförderstätte
Teilhabe
am Arbeitsleben
107 Entlassschüler
(2001-2013)
WfbM
61
Mainfränkische Werkstätten
10
Allgemeiner
Arbeitsmarkt
5
bfz
WfbM
ifd
Mainfränkische Werkstätten
Berufliche
Qualifizierung
BvB
18
Betrieb
BQM
Ausbildu
ng
(1)
13
4
4
1
4
1
DiaAM
Berufliche
Grundbildung
Übergang zum Arbeitsmarkt
(Berufsschulstufe)
Hospitation 25
Praktika WfbM
/ DBS
(Nachsch.
Jahr)
Berufsbildungsbereich
79
UB
mig /
DBS
ca 400
BVJ-Tag
9
1
UB
10
W.-Tage 33
evBO 16
Besichtigung
BI
3
[Inhouse-Angebot]
19
21.10.2014
Nachqualifzierung
[Regionale
Bildungslandschaft]
20
21.10.2014
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Berufsschule Don Bosco Beratungszentrum
Schottenanger 10
97082 Würzburg
 0931/ 43055
 0931 / 41 25 47
[email protected]
[email protected]
Informationen und Downloads unter www.dbs-wuerzburg.de
21
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Isabel Wernekke
Grenzwahrender Umgang mit
Kindern und Jugendlichen, die sich
herausfordernd verhalten
ein Entwicklungsprozess in Schule
und Tagesstätte
Ausgangssituation
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Organisationsentwicklung
Ziel: lernende Organisation
Bausteine
der
lernenden Organisation
Ausgangssituation
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Organisationsentwicklung
Ziel: lernende Organisation
Netzwerk für die lernende Organisation
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Ausgangssituation
Leitbild
- Auszug -
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Ausgangssituation
• Bericht über nicht leitbildkonformes,
erzieherisches Handeln an die Leitung
• Diskussion über das Vorgehen
1. Top down-Anweisungen
vs.
2. Gemeinsamer Erkenntnisgewinn durch
breite Auseinandersetzung mit dem
Thema
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Systemische Sicht
Fokus weg vom einzelnen Kind / Jugendlichen
Blick auf das System Schule + Tagesstätte
und alle dort handelnden Personen
Erkenntnis 1
gegenseitige Beeinflussung Individuum – Umfeld
Erkenntnis 2
hohe Bedeutung der Interaktion zwischen
Kindern / Jugendlichen mit dem Umfeld im
Hinblick auf das Auftreten und die Entwicklung
von herausforderndem Verhalten
Wie gestalten wir ein Umfeld, das
es Kindern und Jugendlichen
ermöglicht, sich angemessen zu
verhalten?
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Maßnahmen
1. Arbeitskreis „Erziehungsmaßnahmen in
Übereinstimmung mit dem Leitbild“
Arbeitskreis Grenzwahrende Pädagogik
2. Autismus-Kompetenzteam
3. Deeskalationsteam
4. AK Unterstützte Kommunikation
5. Einheitliche Regeln
6. Enge Kooperation mit der Kinder- und
Jugendpsychiatrie
Arbeitskreis
grenzwahrende Pädagogik
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Mitglieder aus Schule, SVE,
Heilpädagogischer Tagesstätte, Therapie
•
•
•
•
Sammlung von Beobachtungen über den Umgang mit
herausforderndem Verhalten im Haus
Fortbildungstag zum Thema „grenzwahrende Pädagogik“ mit
kollegialer Fallberatung
Befragung: In welchen Situationen im Schul- und Tagesstättenalltag
ist die Gefahr besonders groß, dass sich Kinder / Jugendliche
herausfordernd verhalten?
„Großes Team“: Reflexion der Situationen mit Hilfe der Fragen:
– Ist die Situation veränderbar? Wenn ja, wie?
– Ist die Situation teilweise veränderbar? Wenn ja, wie?
– Die Situation an sich ist nicht veränderbar. Aber welche
veränderte Haltung könnte zur Entspannung beitragen?
•
•
Auswertung der Reflexion: Schatzkiste zur Prävention von
herausforderndem Verhalten
SVE: Standards für die Gestaltung von Essenssituationen
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Arbeitskreis grenzwahrende Pädagogik
- großes Team -
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Haltungen im Umgang mit
herausforderndem Verhalten
1. Welche inneren Haltungen sind im Umgang
mit herausforderndem Verhalten hilfreich?
2. Arbeitsblatt: Ausstieg aus dem Machtkampf
Es ist wichtig zu wissen, wie es uns gelingen kann, nicht in einen Machtkampf hineingezogen zu werden. Dazu ist es
notwendig, eine persönliche „Ausstiegshilfe“ zu haben. Wenn du spürst, dass du im Stress bist und in Gefahr,
eskalierend zu handeln, gibt es verschiedene Möglichkeiten, das zu unterbrechen:
1. Versuche, dir bewusst zu werden, wie du dich fühlst, und kurz innezuhalten. Es hilft, wenn du über dich selbst in
der dritten Person nachdenkst. Als nicht Ich bin ängstlich oder sauer, sondern Rosa fühlt sich … Das klingt
verrückt, aber es hilft, um Distanz zu gewinnen. Probier also, aus dir herauszutreten und dich selbst von außen
zu betrachten.
2. Sei kurz still und zähle langsam bis zehn.
3. Atme fünfmal tief durch die Nase, halte zwei Sekunden die Luft an und atme dann langsam aus.
4. Sag zu dir selbst: Nicht hineinziehen lassen, ruhig bleiben, … Es geht vorbei, in ein paar Minuten fühle ich mich
schon wieder ruhiger.
5. Versuche, langsam und flach in den Bauch zu atmen (Zwerchfellatmung). Wenn du schnell und hoch in deiner
Brust atmest, wirst du immer hektischer.
6. Geh kurz weg, um dich zu beruhigen. Sag zu den anderen, warum du verschwindest und dass du wieder
zurückkommst.
Dies sind einige Möglichkeiten, wie du reagieren kannst. Vielleicht hast du ja schon ein persönliches
„Ausstiegsmantra“. Tauscht euch in der Kleingruppe dazu aus und findet euer persönliches „Mantra“.
© Tra i ningsseminar 2012 NENA (Netzwerk Neue Autorität)
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Autismus-Kompetenzteam
2 Lehrkräfte
+ 2 Erzieherinnen aus HPT
•
•
•
•
Erfahrungsaustausch
Information
Hospitation und Beratung
Anbindung an
MSD-Autismus
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Deeskalationsteam
1 Lehrkraft + heilpädagogischer Fachdienst + Schulund Tagesstättenleitung
• Ausgangssituation: Messerattacke eines Schülers
• Idee: Analog „Ersthelfer“ kann ein Mitglied des
Deeskalationsteams in schwierigen bzw. gefährlichen
Situationen per Durchsage angefordert werden.
• Notwendigkeit wird im Team unterschiedlich
eingeschätzt.
• Befragung
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Deeskalationsteam
- Befragungsergebnisse -
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Deeskalationsteam
- Befragungsergebnisse -
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
AK Unterstützte Komunikation
Mitglieder aus Schule, SVE,
Heilpädagogischer Tagesstätte, Therapie
•
•
•
•
•
Gebärden der Woche
Einheitliches Symbolsystem für HPZ
„UK-Basar“
UK-Newsletter
UK-Kisten
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Einheitliche Regeln
• für den Umgang mit Sexualität
im Austausch mit Lehrerkollegium Team
der HPT erarbeitet
mit Elternbeirat und SMV abgesprochen
in allen Klassen besprochen
• für die Pause
im Lehrerkollegium erarbeitet
in allen Klassen besprochen
• für die Berufsschulstufe
von Schul- und Tagesstättenleitung
vorgegeben
in allen Klassen besprochen und weiter
entwickelt
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
Einheitliche Regeln
- Beispiel -
für die Berufsschulstufe
Heilpädagogisches Zentrum
der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung
Amberg
VIELEN DANK
für Ihre Aufmerksamkeit
Grenzwahrender Umgang mit Kindern und
Jugendlichen, die sich
herausfordernd verhalten
ein Entwicklungsprozess in Schule und Tagesstätte
Ohne Familie geht
nichts !
Wie kann die Einbindung der
Familie gelingen ?
Dr. med. Roland Ebner
Kinder- und Jugendpsychiatrie Deggendorf
Außenstelle des Bezirkskrankenhauses Landshut
Warum Familienarbeit bei
Verhaltensstörungen ?
●
●
●
Familienorientierte Interventionen sind -evidenz
basiert- effektiver als kindbezogene Interventionen
Die Kombination von familienbezogenen mit
metasystemischen Interventionen ist am
effektivsten
Die Familie kann die Beschulung massiv stören, ist
aber auch die wichtigste Resource zur Besserung
des Verhaltens
Basis-Ziele
Ein gemeinsames Störungsverständnis von
Eltern und Schule
● Das Kind und sein Verhalten verstehen
● Die Familie und ihr Verhalten verstehen
● Die Schule und ihre Vorgehensweisen verstehen
●
Tipps
Vernetzen
● Eltern, Schule, Arzt, Heim als Team
● Transparenz, Klarheit
● Hausbesuche / Hospitationen der Eltern
● Belastung und Grenzen der Eltern sehen
● Unterstützungsteam (2-3) im Schulteam
●
Konzepte
●
●
●
„Neue Autorität“ nach Haim Omer / Arist von
Schlippe (siehe Workshop 22) . Multi-Systemisch
Familie in Schule (FiSch) nach Eia Asen.
Familienorientiert
Optimal: Kombination aus beiden Ansätzen
Warum Multifamilien-Gruppen in der
Schule (FiSch) ?
Direkte Arbeit an Verhaltensproblemen in der
Schule
● Familien akzeptieren Kritik und Vorschläge von
Gleichbetroffenen besser als von Experten
● Familien spiegeln ihr Verhalten gegenseitig
● Sie lernen durch gegenseitige Beobachtung,
Identifikation, Solidarität, Feed-Back
● Familien erleben sich als wertvoll für Andere
● BASIS: Allseitige Wertschätzung !
●
FiSch-Ziele
●
Konkrete schulbezogene Arbeitsziele
Verantwortung bei FiSch-Gruppen
Der Schulleiter für die grundlegende
Schulpädagogik und Rahmenbedingungen
● Die Lehrer für den Unterricht
● Die Eltern für die Kinder
●
FiSch- Grundlagen
Multi-Familien-Gruppenarbeit in der Schule
● Ziel ist die Beschulbarkeit zu verbessern
● Transparenz, Klarheit
● Eltern und Schule als Team
● Die Verantwortung für das Verhalten der Kinder
bleibt bei den Eltern !!!!
● Die Gruppenleiter schaffen einen Kontext, in dem
die Familien sich gegenseitig spiegeln und
voneinander lernen können
● Fragen und Probleme beantworten NICHT die
Leiter, sondern sie werden an die Gruppe zur
Beantwortung weiter gegeben
●
Die Fünf Schritte nach Eia Asen
Ein Kind zeigt, in Anwesenheit des Elternteils,
Fehlverhalten, das Elternteil scheint nicht zu
reagieren. Der Lehrer spricht den Elternteil an,
NICHT das Kind :
1) Ich sehe, dass Ihr Kind …. (Fehlverhalten)
2) Sehen Sie das auch so ?
3) Ist Ihnen das recht, wollen Sie das so ?
4) Wie würden Sie es denn gerne haben ?
5) Was müssten Sie jetzt wohl tun, damit es so
wird wie Sie es wollen ?
FiSch-Struktur
FiSch-Klasse 1x wöchentlich
● Vormittags ca. 3 Stunden
● Übrige Schultage in der Stammklasse
● Klarer, strukturierter Zeitrahmen, z.B.:
7:45-8:15 Wochenbilanz der Vorwoche,
Aufwärmübung
8:15-9:15 Unterrichtseinheit, Eltern im
Hintergrund dabei
9:15-9:45 Pause, Eltern haben Verantwortung
9:45-10:45 Multifamilienarbeit (Spiele, Übungen)
10:40-11:10 Tagesbilanz; Abgleich von Selbstund Fremdeinschätzung. Entgültige Bewertung
durch die Lehrkraft
●
FiSch-Transparenz
2-4 konkrete Ziele
● Täglich mehrfache Rückmeldung mit
Punktesystem
● Wird mit Eltern und Lehrern gemeinsam
diskutiert
● Regelmäßige Reflexion (Zielerreichung)
gemeinsam in der Gruppe, Kinder, Eltern und
Lehrer
●
FiSch
nötige schulische Resourcen
●
●
Zwei Gruppenleiter
Mindestens eine davon mit systemischer (Grund-)
Ausbildung und Basiskurs in Multifamilientherapie
●
Mindestens eine davon ist Lehrkraft
●
Eine Schulleitung, die dahinter steht
Informationen
Behme-Matthiessen; Pletsch: Handbuch
Familienklasse. Multifamiliencoaching im
Unterricht. Shaker-Verlag 2012
● Asen; Scholz: Praxis der Multifamilientherapie.
Carl-Auer-Verlag 2012
● www.fisch-online.info (Webpage von FiSch)
● www.auditorium-netzwerk.de (Vorträge, auch
mit Life-Arbeit, von Eia Asen und Haim Omer
●
Multifamilientherapie-Fortbildung
(www.dgsf.org)
Grundkurs: 80 Unterrichtseinheiten (8 Tage) in
drei Blöcken
● Aufbaukurs zum zertifizierten MFT-Therapeuten:
90 Unterrichtseinheiten (9 Tage)
●
Psychische Störungen bei
Menschen mit mehrfacher
Behinderung
Fachtag „An den Grenzen…“
Hilpoltstein, 17.10.2014
Universität Würzburg
Lehrstuhl für Körperbehindertenpädagogik
Dr. Christian Walter-Klose (Dipl.-Psych.)
Gliederung
 Formen psychischer Störungen
 Entstehung psychischer Störungen
 Umgang mit psychischen Störungen
und herausforderndem Verhalten
(Prävention, Intervention und
Krisenintervention)
3
Psychische Störung
(Myers, 2008, 745)
Verhaltens- und Erlebensweise eines Menschen, die von
der Norm abweicht und für die betroffene Person oder
die Gesellschaft mit Beeinträchtigungen verbunden ist.
Sie ist gekennzeichnet durch ein atypisches, störendes,
unangepasstes und rational nicht zu rechtfertigendes
Verhalten.
Merkmale psychischer
Störungen (nach Davison, Neale & Hautzinger (2007, S.8)
 Statistische Seltenheit / Außergewöhnlichkeit
 Unangemessenheit des Verhaltens & Erlebens
(Irrationalität, Unvorhersehbarkeit)
 Verletzung sozialer oder moralischer Normen
 das persönliche Leid
 Beeinträchtigung der Lebensführung
5
Klassifikation psychischer Störungen
ICD-10
F0 Organische Störungen
F1 Störungen durch psychotrope Substanzen
F2 Schizophrenie
F3 Affektive Störungen
F4 Neurotische Störungen
F5 Verhaltensauffälligkeiten
F6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
F7 Intelligenzminderung
F8 Entwicklungsstörungen
F9 Verhaltens- und emotionale Störungen
F99 Sonstige psychische Störungen
6
„Sinn“volle Diagnosen
 Wert von Diagnosen
 Klare Beschreibung und Fachterminologie erleichtert
Kommunikation
 Hinweise zur Ursache
 Hinweise für die Behandlungen und pädagogischer Umgang
 Nutzen psychiatrischer und psychotherapeutischer Kompetenz
Aber auch





Gefahr der Diskriminierung
Etikettierung
Chronifizierung der Störung
Psychiatrisierung von Verhalten
Individualisierung des Problems
7
Probleme der
Diagnosestellung bei
Menschen mit Behinderung
 Viele Daten beruhen auf Fremdanamnese
 Symptome nicht erfahrbar sondern häufig nur Hypothesen über
Gründe von Verhaltensweisen, die durch gezielte Beobachtung
begrenzt evaluiert werden können
 Schwierigkeiten der Kommunikation
 Überprüfung des Nutzens und der Wirkung der Diagnose ist
zentral!
8
Schizophrenie
9
Schizophrenie in der ICD-10
(zit.n. Huppert & Kienzle, 2010)
Während der meisten Zeit innerhalb eines Zeitraumes von mindestens
einem Monat (oder während einiger Zeit an den meisten Tagen) sollte
eine psychotische Episode mit entweder mindestens einem der unter (A)
aufgezählten Syndrome, Symptome und Anzeichen oder mit mindestens
zwei der unter (B) aufgezählten Symptome und Anzeichen bestehen.
(A) Mindestens eines der folgenden Merkmale 1 bis 4
 Gedankenlautwerden, Gedankeneingebung, Gedankenentzug oder ausbreitung.
 Kontrollwahn, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten, deutlich bezogen auf Körper- und Gliederbewegungen oder bestimmte Gedanken,
Tätigkeiten oder Empfindungen; Wahnwahrnehmung.
 Kommentierende oder dialogische Stimmen, die über die Patienten
reden oder andere Stimmen, die aus bestimmten Körperteilen
kommen.
 Anhaltender kulturell unangemessener, bizarrer Wahn.
10
(B) Oder: Mindestens zwei der Merkmale 5 bis 8
 Anhaltende Halluzinationen jeglicher Sinnesmodalität, täglich
während mindestens eines Monats, begleitet
von flüchtigen oder undeutlich aus gebildeten Wahngedanken
ohne deutliche affektive Beteiligung oder
begleitet von lang anhaltenden überwertigen Ideen.
 Neologismen, Gedankenabreißen oder Einschiebungen in den
Gedankenfluss, was zu Zerfahrenheit oder Danebenreden führt.
 Katatone Symptome wie Erregung, Haltungsstereotypien oder
wächserne Biegsamkeit (Flexibilitas cerea), Negativismus,
Mutismus und Stupor.
 Negativsymptome wie auffällige Apathie, prachverarmung, verflachte oder inadäquate Affekte
(nicht durch eine Depression bedingt oder
neuroleptikainduziert).
 Eindeutige, dauerhafte, umfassende Verhaltensänderung mit
Ziellosigkeit, Trägheit, sozialem Rückzug, einer in sich selbst
verlorenen Haltung (Autismus).
11
Typen der Schizophrenie
Subtypen
Symptome und Charakteristika
Paranoide Schizophrenie (F20.0)
Wahn/Halluzinationen
Hebephrene Schizophrenie (F20.1)
„leere Heiterkeit“, Denkstörungen
Katatone Schizophrenie (F20.2)
Psychomotorische Störung (Stupor,
Erregung)
Undifferenzierte Schizophrenie
(F20.3)
Kein Überwiegen einzelner Symptome
Postschizophrene Depression (F20.4)
Depression im Anschluss einer
Schizophrenie
Schizophrenes Residuum (F20.5)
Kontaktschwäche, autistischer Rückzug
Schizophrenia simplex (F20.6)
Fehlen von Positivsymptomen
Nach Hoffmann (2007)
Symptome
 Plus-Symptomatik




Halluzinationen, Wahn,
Denkzerfahrenheit,
Ich-Störungen
psychomotorische Erregung, katatone Phänomene
 Minus-Symptomatik
 Affektverflachung,
 Verarmung des Antriebs, der Sprache und des sozialen
Kontakts
13
Ätiologie (Hoffmann , 2007)
 Multifaktorielles Geschehen
 Genetische Komponente (besonders
Chromosomen 1, 5, 7, 9, 10, 13, 15, 18, 22)
MacIntyre et al. 2003
 Neurotransmitter (DA für Positivsymptomatik, 5HT
für Negativsymptomatik)
 Hirnanatomie (vergrößerte Liquorräume,
geringeres Volumen der grauen Substanz)
 Einfluss des sozioökonomischen Umfeldes
(insbesondere auf Verlauf)
Verlauf
 1/3 Regel
 1/3 einmalige Erkrankung mit langsamer
Erholung (ca. 1 Jahr)
 1/3 rezidivierender Verlauf mit
unterschiedlich langen Phasen ohne
Symptome
 1/3 chronisch
Nach Hoffmann (2007)
Depression
16
Affektive Störungen





Manische Episode
Depressive Episode
Rezidivierende depressive Störungen
Bipolare affektive Störungen
Anhaltende affektive Störungen
Leitsymptome depressiver
Störungen (nach Meinert & Wikling, 2007)
Affektivität
Gedrückte Stimmung (Traurigkeit,
Resignation, Verzweiflung), „Gefühl der
Gefühllosigkeit“;
Verlust an Selbstvertrauen
Antrieb
Antriebsminderung, Interessenverlust,
erhöhte Müdigkeit, negative Zukunftssicht
Aber auch: Agitiertheit
Denken und
Wahrnehmung
Grübeln, geringe Aufnahmefähigkeit für
neue Gedanken
Kognitive Funktionen
Subjektiv quälende Unfähigkeit zu
Aufmerksamkeit und Konzentration
Vitalstörungen
Schlafstörungen, Appetitlosigkeit,
Libidoverlust
Wie entstehen psychische
Störungen?






Biologische Paradigma
Psychodynamische Paradigma
Humanistische Paradigma
Lerntheoretische Paradigma
Das kognitive Paradigma
Interaktionistisches Paradigma
19
Das biomedizinische
Krankheitsmodell
Noxe
•Chemisch
•Biologisch
•physikalisch

Gesunder Mensch
Krankheit
Erklärungshypothesen für
Depression
(Hautzinger & de Jong-Meyer, 1997; Meinert & Wilking, 2007)
Biologische Hypothesen
 Störungen der Balance
der biogenen Amine im
ZNS
 Dopamin
 Serotonin
 Noradrenalin
 Störungen im
Hormonhaushalt
Psychologische Hypothesen
 Lebensereignisse
 Gelernte Hilflosigkeit
 Dysfunktionale Kognitionen
Biologische
Faktoren
Psychologische
Faktoren
Soziale
Faktoren
Entstehung und
Verlauf der Krankheit
Das bio-psycho-soziale
Krankheitsmodell
Vulnerabilitäts-Stress-Modell zur
Entstehung psychischer Störungen
Umweltbezogene Risikofaktoren
(Stress, Belastungen)
Umweltbezogene Schutzfaktoren ( z.B. Familie, Umwelt)
Personale Schutzfaktoren (Resilienz)
Personale Risikofaktoren
(Vulnerabilität)
Vulnerabilitäts-Stress-Modell zur
Entstehung psychischer Störungen
Umweltbezogene Risiko- & Schutzfaktoren
Psychische Störung
Belastung
Belastung
Personale Risiko- & Schutzfaktoren
Pädagogische Maßnahmen zur
Prävention psychischer Störungen
 Risikofaktoren reduzieren / Schutzfaktoren stärken
 unnötige Belastungen reduzieren
 Offenes, unterstützendes und wertschätzendes Klima im
Alltag




Klarheit und Vorhersehbarkeit in den Abläufen
Förderung der sozialen Kompetenz
Förderung der Kommunikationsfähigkeit
Förderung der Selbstwirksamkeit
Prävalenz psychischer Störungen bei
Menschen mit Intelligenzminderung
Psychische Störung
Prävalenz
Normalbevölkerung
Prävalenz bei Menschen
mit geistiger
Behinderung
22,1%
10 – 60%
2%
11-24%
0,4 – 0,8%
3-4%
Depression
2%
1,3-3,7%
Bipolare affektive
Störung
1%
4%
Zwangsstörungen
1%
1-3,5%
10-13%
22-27%
Psychische Störung
(allgemein)
Demenz / Alzheimer
Psychosen /
Schizophrenie
Persönlichkeitsstörung
(Schanze, 2007, 19)
26
Gründe
Biologisches Modell
 Schädigungen des ZNS können psychische Störungen direkt
bedingen
Vulnerabilitäts-Stress-Modell
 Schädigungen des ZNS können die Vulnerabilität erhöhen
 Traumatisierungen
 Bindungserfahrungen
 Funktionseinschränkungen / Selbstwirksamkeitserfahrungen
 Körperliche Belastungen, Schmerzen
 Soziale Erfahrungen
=> Risikofaktoren
=> fehlende Schutzfaktoren
=> mehr Stressfaktoren
Was versteht man unter
herausforderndem Verhalten?
 „Zur Herausforderung wird ein Verhalten aufgrund
der Auswirkungen, die es für das soziale Umfeld und
den Handelnden selbst hat.“ (Dieckmann/Haas/Bruck)
 Herausforderndes Verhalten ≠ psychische Störungen
Erklärungsansätze für
herausforderndes Verhalten








organische Erklärungsansätze
körperliche Erkrankungen
entwicklungspsychologischer Ansatz
lerntheoretischer Ansatz
Konzept der Selbststimulation/Homöostase
Aspekt der kommunikativen Funktion
psychische Erkrankungen
Gewalterlebnisse
29
Erkrankung an einer
psychischen Störung
+
Psychische
Störung
+
Psychiatrische
Kompetenz
Maßnahmen
 Diagnostik
 allgemeine Maßnahmen der
Prävention, Intervention und
Krisenintervention
 Störungsspezifische Maßnahmen
Diagnostik





Dokumentation
Beobachtung
Videoaufnahmen
Verhaltens- und Wirkungsanalyse
Anamnese
Prävention
Allgemeine Perspektive
Spezifische Perspektive
Erste Ansätze für präventive
pädagogische Maßnahmen
 Risikofaktoren reduzieren / Schutzfaktoren stärken
 Offenes, unterstützendes und wertschätzendes Klima im
Alltag




Klarheit und Vorhersehbarkeit in den Abläufen
Förderung der sozialen Kompetenz
Förderung der Kommunikationsfähigkeit
Förderung der Selbstwirksamkeit
 Erfüllung der Grundbedürfnisse nach Orientierung &
Kontrolle, Lust, Bindung und Selbstwerterhöhung
sicherstellen
34
Psychische Grundbedürfnisse
 Epstein (zit. n. Grawe, 1994)
 ein Bedürfnis nach Orientierung, Kontrolle und
Kohärenz
ein Bedürfnis nach Lust

 ein Bedürfnis nach Bindung
 ein Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung
 Steigerung des Wohlbefindens und der
Ausgeglichenheit
Auswahlmöglichkeiten und
Handlungsspielraum beim Verhalten im
Alltag
Verhaltensmöglichkeiten
Ausgeglichenheit
Möglichkeiten
Anspannung
„Ich komm besser
klar,
wenn Du klar bist.“
Donna Williams
Prävention unter Berücksichtigung
der spezifischen Lebensumstände
 Aufgrund der Beeinträchtigung
 Diskriminierungserfahrungen
 Schmerzen
 Wahrnehmungsschädigung
 Kommunikationsmöglichkeiten
 Vulnerabilitäten
 Aufgrund von Erfahrungen
 Traumatisierungen
 Unsichere Bindungen
Spezifische
Präventionsmaßnahmen
 Vor dem Hintergrund der spezifischen
Beeinträchtigung
 Belastungen reduzieren
 Risikofaktoren reduzieren
 Schutzfaktoren stärken
 Individuum und Umwelt
 Umwelt vorbereiten (Fachwissen, Abläufe
festlegen, Kompetenzen trainieren, Netzwerke
aufbauen,…)
 Frühwarnsystem und Selbst- und Fremdschutz
 Deeskalationsmaßnahmen z.B. im Kontext
Aggression
Verlauf
 Unmittelbar beginnend bei Bedrohungsgefühl
 langsam ansteigend (Spannungskurve)
=>Frühwarnzeichen, um Kontrolle zu bekommen
=> Deeskalationsmaßnahmen im Vorfeld
Mensch mit
Behinderung
Pädagoge
Intervention
Prävention
Allgemeine Perspektive
 In Beziehung bleiben
 Sich Hilfe holen
 heilpädagogischer und psychologischer Fachdienst
 medizinische Abklärung (z.B. organische Ursachen)
 psychiatrische Fragen benötigen psychiatrische
Kompetenz!
Supervision

 Unterstützung durch Vorgesetzte und
Einrichtungsleitung
Beispiele einiger störungsspezifischer
Pädagogischer Maßnahmen
 Schizophrenie




Strukturorientiere Pädagogik
im Fokus
Ernst nehmen und begleiten
 Belastungen
angemessene Belastungen
…
 Depression





 Grundbedürfnisse
Tagestruktur und Aktivitäten
Bewegung
Positive Erlebnisse im Tag
Angemessene Belastungen
…
reduzieren
 Störungsspezifisches
Fachwissen
 Belastungen auf
mehrere Schultern
verteilen
 Auf sich selbst
achten
Spezifische Konzepte im
Umgang mit Aggressionen
 Trierer Aggressionstraining (Heinrich)





Beratung und Supervision
TEACCH
Medizinische Aspekte
Schutz- & Sicherheitstechniken
Organisatorische und technische
Sicherheitsvorkehrungen
 Ethische Aspekte
Spezifische Konzepte im
Umgang mit Aggressionen
 Professionelles Deeskalationsmanagement (Wesuls)
(ProDeMa®)
 Verständnis der Ursachen aggressiven Verhaltens
 Deeskalationstechniken, Schutzmaßnahmen
 Umgang in Institutionen





Rechtliches (Organisationsverantwortung)
Schutzmaßnahmen, Umfeldgestaltung
Notfallpläne
Nachsorge
Arbeitsschutz, Kleidung, Schuhwerk
KI
Krisenintervention
Intervention
Prävention
Verläufe und
Interventionsphasen
Lern- und
Erziehungsphase
Entspannungsphase
Krisenphase
Schutzphase
Eskalationsphase
Erregungsniveau
Krisenintervention





Vorbereitete Sicherheit und Schutzmaßnahmen
Deeskalationsmaßnahmen
Freiheitsentziehende Maßnahmen
Organisatorische Absprachen und Regelungen
Einbezug der Eltern und gesetzlicher Betreuer!
Arten von Psychopharmaka: Einteilung nach
therapeutisch angestrebten Effekt (Delay 1957 zit. n. Laux 2010, 354)
1. Psycholeptika – Pharmaka mit vorwiegend
dämpfender Wirkung auf die Psyche (
Neuroleptika,Tranquilizer, Hypnotika),
2. Psychoanaleptika – Pharmaka mit
vorwiegend anregender Wirkung auf die
Psyche (Antidepressiva,
Psychostimulanzien),
3. Psychodysleptika (Psycholytika) – Pharmaka,
die psychotische Zustande künstlich
hervorrufen können (Halluzinogene wie
LSD, Pilzgifte).
49
Herzlichen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
 Noch offene Fragen?
[email protected]
Gerhard Spangler WS 9 – Das Heilsbronner Modell zur kollegialen Beratung Eine Möglichkeit zur Unterstützung, im Umgang mit herausforderndem Verhalten in der Schule Weitere Informationen finden Sie unter: https://kokom.net Auf diesen Seiten finden Sie eine ppt, die die Seite erklärt und die Materialien zum Heilsbronner Modell, zum Download. Unter der E‐Mail: eschenbacher.rpz‐[email protected], können auch Flyer zum Modell kostenlos bestellt werden. Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV Pädagogik bei geistiger Behinderung
Fachtag „An den Grenzen“
17.10.2014 Auhof / Hilpoltstein
Aggression und Gewalt:
Was kann man für die Mitarbeiter tun?
Dipl-Psych. Dipl.-Psych.Ger. Thomas Spaett
Gewalt in Krankenhäusern
und Wohnheimen
„Erhöhtes Risiko in Pflegeheimen, Behindertenheimen
und psychiatrischen Bereichen“
Unfallkasse Baden-Württemberg 2004
Aggression und Gewalt
 Zielgerichtete und beabsichtigte
Handlungen
 Intention, Sachen zu beschädigen
 Intention, Personen zu schädigen
 physisch
 emotional
 sozial
Was passiert mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?
STRESS
Begriff
• Reaktion auf Alarmsituationen, „Fight-or-FlightReaction“ (Cannon 1914)
• Unspezifische Reaktion auf eine Belastung des
Körpers (Selye 1974)
• Allgemein: Durch spezifische äußere Reize
(Stressoren) hervorgerufene psychische und
physische Reaktion bei Lebewesen, die zur
Bewältigung besonderer Anforderungen befähigen
Stressmodell von Selye (1936, 1948)
Wahrnehmung
einer Gefahr
Aktivierung
des
Sympathikus
AdrenalinAusschüttung
Erhöhte
Leistungsfähigkeit
Physiologische Stressreaktion
• „first wave“
– Aktivierung des Sympathikus
– Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin
– Schnelle Reaktion mit Pulsanstieg, Schwitzen, erhöhter
Aufmerksamkeit, Muskeltonus …
• „second wave“
– Aktivierung der Hypothalamus-HypophysenNebennierenrinden-Achse
– Hormonausschüttung (z.B. Cortisol)
– Langsame Reaktion mit Steigerung des Grundumsatzes,
Hemmung des Immunsystems und
Schmerzunterdrückung
Transaktionales Stressmodell (Lazarus 1974)
Stressoren
Primäre
Bewertung
positiv
irrelevant
Kein Stress
bedrohlich
Sekundäre
Bewertung
bewältigbar
Kein Stress
nicht
bewältigbar
Stress
Neubewertung
Anpassung
Lernen
Transaktionales Stressmodell (Lazarus 1974)
• Stress ist eine Reaktion auf Reize (Stressoren),
die individuell bewertet werden.
• Stress entsteht in der Folge von Bewertungen.
• Damit lassen sich die großen inter- und intraindividuellen Unterschiede erklären.
• Bewertungen sind u.a. abhängig von:
–
–
–
–
Erwartungshaltungen
Wissen und Erfahrung
Selbstvertrauen / Selbstsicherheit
Aktuellem psychophysischem Zustand („Tagesform“)
Stresssymptome
Physiologisch
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Schwindel-/Schwächeanfälle
Benommenheit
Schlafstörungen
Erhöhter Puls und Blutdruck
Atemprobleme / beschleunigte
Atmung
Sehschwäche
Müdigkeit
Übelkeit, Erbrechen
Muskel- / Nervenzucken /
Lähmungen / Taubheitsgefühle
Kopf- und Brustschmerzen
…
Emotional
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Angst, Furcht, Panik
Unsicherheit
Schuldgefühle
Gefühl der Hilflosigkeit
Beklemmung
Reizbarkeit / Aggressionen
Wutausbrüche
leichte Erregbarkeit
übertriebene Trauer
Verdrängung
Gefühlsarmut, -ausbrüche
…
Stresssymptome
Kognitiv
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Verwirrung
Schwierigkeiten bei der
Entscheidungsfindung
räumliche und zeitliche
Desorientierung
veränderte Wahrnehmung
Misstrauen
Alpträume
Schwächen in Konzentration
und Aufmerksamkeit
Gedächtnis- und
Erinnerungslücken
…
Verhalten
•
Zurückgezogenheit
•
Überempfindlichkeit
•
Hektik / Rast- / Ruhelosigkeit
•
unsoziale Handlungen
•
unkontrollierte Bewegungen
•
erhöhter Konsum von Alkohol,
Genussmitteln, Medikamenten
•
Hunger oder Appetitlosigkeit
•
Veränderungen im sozialen
Umfeld
•
…
Stress und Krankheit
•
•
•
•
•
•
Hypertonie, Koronare Herzkrankheit
Asthma
Kopfschmerzen / Migräne
Störungen des Immunsystems
Anfälligkeit für Infektionen steigt
Begünstigt das Fortschreiten z.B. von MagenDarm-Erkrankungen und Tumore
Was passiert mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?
TRAUMA
Definition Trauma
Objektiv feststellbares Ereignis außerhalb der
normalen Erfahrungsnorm, das den
(drohenden) Tod, die Verletzung oder eine
Gefahr der körperlichen Unversehrtheit der
eigenen oder anderer Personen beinhaltet
Subjektives Erleben von Hilflosigkeit,
Ohnmacht, intensiver Furcht und Entsetzen
(Lehmann 2007)
Störungsbilder
Anpassungsstörung
F 43.2x
Akute Belastungsreaktion
F 43.0
Posttraumatische
Belastungsstörung
F 43.3
Persönlichkeits-veränderung nach
Extrembelastung
F 62.0
Zeit
(DIMDI 2014)
Akute Belastungsreaktion (1)
• Eine vorübergehende Störung, deren Symptome
innerhalb von Stunden oder Tagen (bis maximal 4
Wochen) abklingen
• Beträchtlicher Schweregrad
• Reaktion auf eine außergewöhnliche körperliche
oder seelische Belastung
Akute Belastungsreaktion (2)
Primäre Symptome:
•
Körperlich: Zittern, schneller Puls, Schweißausbrüche
•
Oft keine emotionale Beteiligung am Geschehen
•
Schwierigkeiten mit ungewohnten oder komplexen
Aufgaben, Denkblockaden
•
Wahrnehmungsstörungen, z.B. Fokussierung auf Details
•
Gedächtnisverlust (“Filmriss”)
•
Derealisation (“Wie im Film”, “ferngesteuert”)
•
Depersonalisationserleben (“neben der Kappe stehen”)
•
Hilflosigkeit bzw. das Gefühl, ausgeliefert zu sein
Akute Belastungsreaktion (3)
Sekundäre Symptome:
•
sich aufzwängende sensorische Wiedererinnerung (Bildern,
Geräuschen, Gerüchen, taktilen Eindrücken)
•
Schlafstörungen, Alpträume
•
Konzentrationsschwierigkeiten, Schreckhaftigkeit
•
Gereiztheit
•
sozialer Rückzug
•
Schuldgefühle
•
Körperliche Beschwerden ohne erkennbare Ursache
Posttraumatische
Belastungsstörung
•
•
•
•
Traumatisches Ereignis ist vorausgegangen
Wiedererinnerungen („intrusions“)
Vermeidung („avoidance“)
Symptome gesteigerter Erregung
(„hyperarousal“) und/oder Dissoziationen
• Symptome treten innerhalb von 6 Monaten nach
dem belastenden Ereignis oder nach Ende einer
Belastungsperiode auf
Folgen einer PTBS
• häufiger Depressionen
• Risiko des Alkohol-, Medikamenten- und
Drogenmissbrauchs
• häufiger Angststörungen
• häufiger körperliche Erkrankungen
• Verminderung der Leistungsfähigkeit
• Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen
• höhere Suizidgefährdung
Arbeitsunfähigkeit
Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter hatte eine Gewalterfahrung.
MASSNAHMEN
Unmittelbar nach dem Vorfall
• Ruhe bewahren!
• Überblick verschaffen (Hergang, Verletzungen,
Aufenthalt des Täters)
• Betroffenen aus dem Gefahrenbereich bringen
(Trennen vom Täter, ggf. Hinzuziehen der Polizei, vor
Schaulustigen schützen)
• Erste Hilfe leisten, ggf. weitere medizinische
Versorgung in die Wege leiten
• Erstgespräch führen
• Vorgesetzten über den Vorfall informieren
Erstgespräch (möglichst durch Vorgesetzten)
•
Psychische Erste Hilfe:
– Sicherheit vermitteln
– Unterstützung geben
– Eigene Ressourcen fördern
•
•
Vermeiden von Bagatellisierungen, Vorwürfen,
Begründungsfragen, Tadel oder scherzhaften Bemerkungen
Sofern nicht geschehen: Motivieren sie den Betroffenen zu
– Arztbesuch (Behandlung / Dokumentieren von Verletzungen)
– Kontaktaufnahme zur Polizei / Erstattung einer Anzeige
– Gespräch mit dem Vorgesetzten
•
•
Erörtern Sie das weitere Vorgehen (Beurlaubung, kurzzeitige
Versetzung, externe Beratung, Psychotherapeutische Angebote)
Beachten Sie evtl. Fahruntüchtigkeit
Weitere Maßnahmen (Vorgesetzter)
• Kontaktaufnahme zum Betroffenen, dabei keine
Schuldzuweisung wegen der Gewalterfahrung
• Physische und psychische Folgen beachten
• Analyse der Vorfalls und Besprechen des
weiteren Vorgehens (mit Betroffenem)
• Unfallmeldung an die BG / Eintrag ins
Verbandbuch
• Ggf. Betriebsarzt / FK für Arbeitssicherheit
informieren
• Informieren von Kollegen / anderen Mitarbeitern
• Kontakt zu Betroffenem aufrecht erhalten
Gespräch mit dem Team
•
•
•
•
•
•
zeitnah
Analyse des Vorfalls
Bedürfnisse der Teammitglieder beachten
Weiteres Vorgehen gemeinsam besprechen
Ggf. Fortbildung / Schulung / Supervision
Ggf. externe Beratung
Folgegespräche mit Betroffenem
• Veränderungen aufgrund des Vorfalls besprechen
• Über aktuellen Sachstand informieren
(Strafanzeige)
• Erwartungen des Betroffenen abklären
• Auf Therapeutische Hilfen hinweisen, ggf. zu
Screening auf PTBS motivieren
(Traumaambulanz, Psychotherapeut/Psychiater,
Beratungsstelle)
Menopause?
Pinkelpause?
Raucherpause?
Kurze Pause?
Teepause?
Andropause?
Keine Pause?
Für-immer-Pause?
Kaffeepause?
Bananenpause?
Sendepause?
Babypause?
Lange Pause?
Blaupause?
Die Stütz- und Förderklasse
in Au am Inn
Sabine Thalmaier + Thomas Meier
Auhof, 17.10.2014
Kurzer Rückblick
veränderte Schülerschaft am FZgE
Drastischer Anstieg des Bedarfes an Schulbegleitungen
Erste Verhandlungen mit Bezirk u. Regierung 2008
Bildung einer „Auffanggruppe“ (2008/2009)
+ „Locker Bleiben“ (2009/2010)
bedarfsgerechte Neuorientierung des Trägers mit
Neubau Heim (Bezug 2011)
Aufnahme der Gespräche u. Antrag SFK 2012
Genehmigung SFK für Schuljahr 2012-2013
Heimerweiterung um eine zusätzliche Gruppe
Genehmigung einer weiteren SFK für Schuljahr
2013-2014
Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn
Warum eine SFK?
Grenzen der „selbstverwalteten Schule“
– Modell muss in ähnlicher Form schon
vorliegen
Kernintention: Zusammenarbeit KM-SM
gegeben
Schaffung von Ressourcen
– Kleinere Klasse
– Stabile Personalausstattung
Größere Flexibilität
Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn
Personenkreis
Schüler mit Doppeldiagnosen
autistische Schüler
Schüler mit massiven psychischen
Auffälligkeiten (Schizophrenie, Borderline,
Aggressionen, Autoaggressionen ….)
Schüler, die trotz Unterstützung in anderen
Einrichtungen gescheitert sind
„Die Kinder können, bedingt durch die tief greifenden
Entwicklungsstörungen, in keiner anderen Wohnform oder
Hilfemaßnahme betreut werden. Es wurden bereits alle
pädagogischen, medizinischen und psychiatrischen
Handlungsansätze im herkömmlichen Rahmen ausgeschöpft.“
Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn
Rahmenbedingungen
Das Modell funktioniert in seiner jetzigen Form nur
in Zusammenhang mit einem Wohnheim
Alle Schüler haben einen Unterbringungsbeschluss
Das Konzept eines Trägers muss als Ganzes
Lösungsmöglichkeiten anbieten
Die Rahmenbedingungen (Personalausstattung,
Qualifikation, Erfahrung, Fortbildung, Supervision,
psychiatrische Versorgung,….) müssen
sichergestellt sein
Enge Verzahnung von Wohnheim u. Schule
Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn
Bedürfnisse der Schüler
Vielfältige Beschulungsmodelle
–
–
–
–
stundenweise Beschulung
Beschulung an unterschiedlichen Orten
Beschulung in Kleingruppen (individuelle Konzepte)
Eingliederung nach Möglichkeit im Klassenrahmen
Besondere räumliche Anforderungen
mehr an motorischen / therapeutischen
Angeboten
„Schule“ muss neu definiert werden
Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn
Ressourcen
Personelle Ausstattung
– Regierung: Lehrer – und Pflegestunden für 25 UZE
– Bezirk: Pflegekraft und Heilerziehungspfleger/in für 25
UZE (in Form eines Aufschlages auf den
Pflegesatz/Schüler)
Räumliche Ausstattung
– Klassenraum
– zusätzliche Nebenräume (Bestand)
Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn
Umsetzung
3 Wohnheimgruppen mit insges. 18 Schülerinnen
u. Schülern
=> max. 12 Schüler in SFK, 6 Schüler mit SB
Beschulung in SFK und im Klassenverband
flexibler Übergang zwischen den Modellen !
Klassenstärke: max. 6 Schüler (min. 5 Schüler)
Im Schuljahr 2014/2015
– SFK 1 + SFK 2 (mit 5 + 5 Schülern)
– Beschulung mit Schulbegleitung 3 Schüler
– Beschulung im Klassenverband ohne Begleitung: 5
Schüler
Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn
Umsetzung
Einsatz von Lehrerteam
Beschulung in Schule u. Heim
Beschulung nach Stundentafel HS (5 x 5 UZE)
ggfs. vorzeitige Rückkehr ins Heim unter Aufsicht
Schule
festes Personal (täglich gleich)
enge Kooperation mit Heim (Teams;
Facharztvisiten etc.)
Thomas Meier, SoR , Franziskus-von-Assisi-Schule, Au am Inn
Raumgestaltung und -nutzung
Schule (SFK 1)
geschlossener Bereich
Schule (SFK 2)
Heim
eigener Bereich im
geschlossene Wohn-
Schulgebäude
gruppen
•Klassenzimmer
•Klassenzimmer
•Klassenzimmer
•Küche
•Küche
•Küche
•Rückzugsraum „Höhle“
•Entspannungsraum
•eigene Zimmer der
•Bewegungsflur
•Flur
Jugendlichen zum
•Ausweichraum
Rückzug
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Klassenzimmer SFK 1
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Klassenzimmer SFK 2
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Klassenzimmer Heim
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Küche
SFK 1
SFK 2
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Rückzugs-/ Entspannungsraum
SFK 1
SFK 2
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Bewegungsflur
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Ausweichraum
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Schwerpunkte im Unterricht
starke Rhythmisierung während des gesamten Unterrichtsvormittags
Abwechseln von Anforderungs-, Entspannungs- und
Bewegungsphasen
Berücksichtigung individueller Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schüler
durch Anpassung der Rahmenbedingungen
– individuelle Schulzeiten
– Einzelarbeitsplätze
– Visualisierungen und Orientierungshilfen
– individuelle Interessen aufgreifen
– Rotieren der Mitarbeiter
Erstellen von Kriseninterventions- u. Notfallpänen
Anbahnen und Erweitern von Kommunikationsmöglichkeiten und
Handlungsfähigkeit
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
notwendige Besprechungsformen
regelmäßige Teamsitzungen der Klassenteams
regelmäßige Fallgespräche der Klassenteams mit Bezugsbetreuer
aus Wohngruppen, Psychologin und Therapeuten
regelmäßige Besprechung der Lehrkraft mit Wohngruppenleiter
Besprechungen mit Lehrkräften der Stammklassen
regelmäßige Visiten des Kinder- und Jugendpsychiaters im Rahmen
des Konsiliardienstes der Heckscher Klinik
regelmäßige Elterngespräche
Supervision im Klassenteam
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
bisherige Erfahrungen
Ermöglichung eines regelmäßigen Schulbesuchs für jeden Schüler
Abnahme der Verhaltensproblematik bei den meisten Schülern
Entzerrung in Krisen- oder „Problem“-Situationen
geringerer „Spagat“ der Mitarbeiter bzgl. individueller Bedürfnisse
der Schüler und ihrer Mitschüler
Entlastung der Mitschüler und des Personals in den Stammklassen
Erweiterung der Fördersituationen (Arbeitszeit, Aufgabenmenge)
sowie der Dauer des Schulbesuchs
phasenweise Integration und Rückführung in Stammklassen
hohe Elternzufriedenheit
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Reibungspunkte zwischen Schule und Wohnheim aufgrund sehr
enger Zusammenarbeit und fließender Grenzbereiche, v.a. in der
Anfangsphase
Diskussions- u. Informationsbedarf auch innerhalb des eigenen
Kollegiums
parallele Standorte in Schule und Heim bieten Vor- u. Nachteile
Wunsch nach Modell für externe Schüler
Sabine Thalmaier, StRinFS, Franziskus-von-Assisi-Schule Au am Inn
Konzept der Stütz- und Förderklasse im Förderschwerpunkt
geistige Entwicklung (kurz SFK-gE)
Franziskus-von-Assisi-Schule in Au am Inn
Vorwort
Die Franziskus-von-Assisi-Schule gehört zum Franziskushaus, welches unter der
Leitung der Kongregation der Franziskanerinnen Wohnheim, Tagesstätte,
Frühförderung und Kindergärten umfasst. In der Schule steht die Bildung, Erziehung
und Lebensbegleitung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer
leichten bis schweren geistigen Behinderung im Vordergrund. Zudem wächst die
Zahl der Kinder und Jugendlichen, welche zusätzlich zu ihrer geistigen Behinderung
einer psychischen Belastung ausgesetzt bzw. von einer Doppeldiagnose mit
psychischer Störung betroffen sind. Dies führt teilweise zu massiv belastenden und
auffälligen Verhaltensweisen.
Die Franziskus-von-Assisi-Schule versucht durch ganzheitliche Förderung und
differenzierte Beschulungsangebote den individuellen Bedürfnissen ihrer Schüler
sowie dem Bildungsauftrag gerecht zu werden.
1. Grundlegende Gedanken
„Jedes Verhalten ist subjektiv sinnvoll“
Auffälliges Verhalten wird vom Umfeld oft als sehr belastend und störend
wahrgenommen. Jedoch ist davon auszugehen, dass „jedes Verhalten, mag es für
Außenstehende noch so seltsam erscheinen, (…) für den Betreffenden sinnvoll“ ist.
„Es hat in einer bestimmten Situation, in einem bestimmten sozialen Zusammenhang
und unter bestimmten Bedingungen eine Funktion.“ (Bergsson, Luckfiel 2003, 23)
Das „Verstehen-Wollen“ des Schülers und seines Verhaltens steht im Vordergrund.
Dies beinhaltet neben einer möglichen Verhaltensregulierung beim betroffenen
Schüler vor allem auch eine Veränderung der Gegebenheiten im Umfeld.
2. Sonderpädagogische Stütz- und Förderklassen im Förderschwerpunkt
sozial-emotionale Entwicklung
„Die Sonderpädagogischen Stütz- und Förderklassen mit integrierter heil- und
sozialpädagogischer Betreuung sind besondere Klassen der staatlichen oder
privaten Förderschulen in Bayern. … Innerhalb der SFK kooperieren Schule und
Jugendhilfe als Partner mit klarer Aufgabenverteilung.“ (Baier, Weigl, Walke 2007,
11) Das gemeinsame Ziel ist die „Reintegration an eine allgemeine Schule oder eine
Förderschule bzw. am Übergang in eine berufliche Bildung.“ (ebd.)
Hierzu unterscheidet sich die Stütz- und Förderklasse im Förderschwerpunkt geistige
Entwicklung (SFK-gE) in folgenden Punkten:




integrierte heilpädagogische Fachkraft (Heilerziehungspflegerin) und
Pflegekraft aufgrund der anteiligen Finanzierung durch den Bezirk
Schulzeit nur vormittags (8.00 bis 12.15/ 13.00 Uhr)
Erstellung der Förderplanung im Team unter Leitung der Lehrkraft
Ziel: Rückführung der Schüler in die entsprechende Stammklasse am
Förderzentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung
Die Stütz- und Förderklasse der Franziskus-von-Assisi-Schule
1. Entstehungsgeschichte
Aufgrund der sich verändernden Schülerschaft und der zunehmenden
Verhaltensauffälligkeiten bei einigen Schülern entwickelten Lehrkräfte der
Franziskus-von-Assisi-Schule bereits 2008 das Konzept der „Auffanggruppe“ nach
dem damaligen Konzept des Stütz- und Förderangebots der Otto-Steiner-Schule am
HPCA in München. Hier wurden einzelne Schüler stundenweise aus dem
Klassenunterricht genommen und in Einzel-, Partner- oder Kleingruppenangeboten
individuell vor allem im Schwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung gefördert.
Ziel war die emotionale Stabilisierung der betroffenen Schüler sowie die
phasenweise Entlastung der Klassensituation.
Desweiteren wird seit 2009 einmal wöchentlich das Sozialtraining „Locker bleiben“
kassenübergreifend angeboten.
Mit der Erweiterung des Wohnheims und der stetigen Zunahme psychisch belasteter
Kinder und Jugendlicher war die Notwendigkeit eines neuen Klassenkonzepts mit an
die Bedürfnisse der Schüler angepassten Rahmenbedingungen gegeben. So
entstand in Zusammenarbeit mit der Regierung und dem Bezirk im Schuljahr
2012/13 das Konzept der „Stütz- und Förderklasse im Förderschwerpunkt geistige
Entwicklung (SFK-gE)“.
Aktuell liegt die Genehmigung für die Bildung von 2 Stütz- und Förderklassen vor.
2. Schüler der SFK-gE
In der SFK-gE können Schüler aus allen Jahrgangsstufen inklusive der Berufsschule
unterrichtet werden.
Im Schuljahr 2014/2015 werden 10 Kinder u. Jugendliche im Alter von 11 bis 17
Jahren unterrichtet.
Allen Schülern sind folgende Aspekte gemeinsam:






umfassende und gravierende Verhaltensschwierigkeiten am früheren Lernund Lebensort (trotz Individualbetreuung in der Schule), damit einhergehend
Ausschluss vom Schulbesuch
Aufenthalt in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung zur
Abklärung der psychiatrischen Erkrankung und Versuch der Stabilisierung
Umzug in eine Intensivwohngruppe des Franziskushauses mit gerichtlichem
Beschluss auf Einschluss
hoher Betreuungs- und Förderbedarf im sozial-emotionalen Bereich
(psychosoziale Belastungsfaktoren, schwere soziale Beeinträchtigungen)
Sprachentwicklungsstörungen
Orientierungslosigkeit und Gefahr des Weglaufens
3. Personelle und räumliche Rahmenbedingungen
Alle Schüler leben in intensiv-pädagogisch betreuten Wohngruppen. Grundgedanke
der SFK-gE ist eine sehr enge Zusammenarbeit von Wohngruppe und Schule. Es
wird an zwei Standorten parallel unterrichtet: in einem Klassenzimmer in den
Räumlichkeiten nahe der Wohngruppe sowie in einem Klassentrakt
im
Schulgebäude. So kann für jedes Kind die ideale Form der Beschulung – von
wenigen Minuten im Klassenzimmer in der Wohngruppe mit Rückzugsmöglichkeit in
das eigene Zimmer über den gesamten Vormittag in der Kleingruppe im
Schulgebäude bis hin zur situativen Integration in die Stammkasse - gefunden
werden. Ein hohes Maß an Flexibilität von Seiten der Lehrkräfte und Betreuer führt
dazu, dass für jeden Schüler ein individuelles Beschulungskonzept (individuelle
Ziele, Unterrichtszeit, Arbeitsweisen) erstellt und verwirklicht werden kann.
Personal
Das Klassenteam setzt sich zusammen aus zwei Lehrkräften, welche im Wechsel
unterrichten sowie einer Heilerziehungspflegerin und zwei Kinderpflegerinnen. Die
Heilerziehungspflegerin und eine Kinderpflegerin werden über Zuschläge zum
Pflegesatz des Heimes vom Bezirk finanziert. Der hohe Förderbedarf der Schüler
macht fast ausschließlich eine 1:1- bis 1:2-Betreuung notwendig. Ebenso besteht
durch den hohen Personalschlüssel die Möglichkeit der begleiteten Integration
einzelner Schüler während bestimmter Unterrichtsphasen in die sogenannten
Stammklassen.
Räume
Schule (SFK 1)
Schule (SFK 2)
Heim
geschlossener Bereich
eigener Bereich im
Schulgebäude
geschlossene Wohngruppen
•
•
•
•
•
Klassenzimmer
Küche
Rückzugsraum
„Höhle“
Bewegungsflur
Ausweichraum
•
•
•
•
Klassenzimmer
Küche
Entspannungsraum
Flur
•
•
•
Klassenzimmer
Küche
eigene Zimmer
der Jugendlichen
zum Rückzug
Die räumlichen Rahmenbedingungen werden an die jeweiligen Bedürfnisse der
Schülerinnen u. Schüler angepasst. So wurde z.B. in der SFK die Dekorationen im
Klassentrakt reduziert und wenn vorhanden hoch oben an der Decke befestigt, damit
sie für den einen oder anderen Schüler nicht zugänglich sind. Auch wird deshalb auf
unnötiges Mobiliar verzichtet. Deshalb wirken die Räume mitunter sehr kühl, was
jedoch für die Schüler auch klar wirken kann. Ebenso sind alle Schubläden und
Schränke verschließbar.
Gearbeitet wird vor allem an Einzelarbeitsplätzen, welche an den Wänden entlang
verteilt stehen, so dass in der Mitte Platz für Gruppenangebote im Sitzkreis oder an
einem mobilen Gruppentisch ist.
4. Tagesstruktur innerhalb der Stütz- und Förderklasse am Bsp. der SFK I
Durch eine klare Tagesstruktur, den individuellen Bedürfnissen der Schüler
entsprechende Fördermaßnahmen, individuell begrenzter Unterrichtszeit und
ritualisierter Pausen sollen die Schüler emotionale Sicherheit und Stabilität
gewinnen. Die Schwerpunkte der Förderung liegen vor allem im sozial-emotionalen
Bereich, im Aufbau einer Arbeitshaltung, in der Motorik und Körperwahrnehmung
sowie in der Kommunikation. Dabei werden jedoch alle Lernbereiche des Lehrplans
für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung berücksichtigt.
Nachfolgend ein beispielhafter Tagesablauf. Je nach Schüler, deren Bedürfnissen,
Fähigkeiten und Zielen variiert die Struktur in der Befindlichkeit der Schüler und
damit einhergehend der Besetzung des Personals an den Unterrichtsstandorten
Schule und Heim. Einzelintegrationen erfolgen in Absprachen mit den Lehrkräften
der Stammklassen.
Zeit
08:00
– ca.
10:45
Räume in der Wohngruppe
zwei Schüler - Hep
Räume in der Schule
vier bis fünf Schüler - L, 2 Kipfl

Zubereitung
des
eigenen
Frühstücks K.
Einzelförderung K. im Klassenzimmer (Zeitung, Kreativangebot,
Erdkunde,
Hauswirtschaft,
Werken)


Brotzeit und Toilettengang G.








ca.
10:45
12:15
zwei Schüler - L
• Einzelförderung
K.
(Kulturtechniken, SU, Arbeit und Beruf),
Zimmerpause
• Toilettengang K.
• Integration
Werken
K.
in
Stammklasse
1x
wöchentl.
(Begleitung durch Hep)
•
Ankommen/Garderobe
Einzelarbeit (ind. Arbeitszeit/ ind.
Aufgabenmenge), Entspannung
Morgenkreis/ Integration (1S in
Stammklasse zum Morgenkreis)
Einzelarbeit (ind. Arbeitszeit/ ind.
Aufgabenmenge), Entspannung
Pausenhof (3-4 S)/ Rückzug in die
„Höhle“/ Bewegungsflur (1S)
Brotzeit
Pflegesituation, „ Höhlenpause“
Kreissituation (Musik, Religion)
vier bis fünf Schüler - Hep, 2 Kipfl




Einzelarbeit, Entspannung
Fördereinheiten in der Gruppe
(Kunst,
Handarbeit,
Hauswirtschaft, Sport/ Schwimmen)
Entspannung
Abschlusskreis
Einzelförderung
G. (derzeit
wenige Minuten innerhalb dreier
Wochenstunden), Zimmerpause
5. Ziele
Folgende Ziele stellen einen Leitfaden für alle Bereiche der Stütz- und Förderklasse
dar:
 Erleben, Erlernen und Erhalten
von sozialen Kompetenzen
 Verhaltensregulierung und
adäquate Krisenbewältigung
Der Aufenthalt im Klassenverband und
auch der Einzelunterricht bedeutet für
den Schüler das situative Erlernen
entsprechenden Verhaltens, Aushalten
sozialer Nähe bzw. auch das Erfahren
von positiven wie negativen
Konsequenzen seiner Handlungen.
Gleichzeitig erlebt der Schüler die
Verhaltensmuster anderer Personen und
findet Wege, damit umzugehen.
Die konsequente Anwendung
verschiedener verhaltenstherapeutischer
Maßnahmen (z.B. Löschung von
Fehlverhalten durch Time-out) führt
langfristig zur Verhaltensregulierung.
Gleichzeitig erfolgt Unterstützung bei der
Bewältigung emotionaler Krisen sowie
das Suchen nach adäquaten für die
Schüler ebenso als sinnvoll erachteten
alternativen Handlungsmöglichkeiten
 Erarbeiten von Lernstrategien,
Aufbau einer Arbeitshaltung
und Erweiterung der
Konzentrations- und
Aufmerksamkeitsspanne
 Bieten von Möglichkeiten zur
persönlichen Entwicklung
 Orientierungsmöglichkeiten
und Hilfsmittel für den Alltag
erlernen
 Erfahren von Selbstständigkeit
sowie Umgehen mit
Selbstständigkeit
 Anbahnen und Erweitern von
Kommunikationsmöglichkeiten
Arbeitsaufträge werden klar und
übersichtlich strukturiert und zeitlich
begrenzt. Nach einer Arbeitsphase folgt
stets eine Entspannungsphase. Umfang,
Art und Dauer einer Aufgabe, sowie die
Wahl der Hilfsmittel (z.B. Time-Timer)
wird an jeden Schüler individuell, dem
Leistungsniveau entsprechend,
angepasst. Die Steigerung der
Anforderung erfolgt langsam und
ebenfalls individuell, dem
Entwicklungsstand und der emotionalen
Verfassung entsprechend.
Verschiedene Aufgabenstellung,
Angebote zur Interessensfindung bzw.
Auszüge aus unterschiedlichen
Unterrichtsfächern bieten die
Möglichkeit, persönliche Talente und
Vorlieben zu erleben und zu verfeinern.
Weiterhin wird durch die Beschäftigung
in und mit unterschiedlichen sozialen
Gruppen die persönliche Entwicklung
unterstützt.
Mit den Schülern werden verschiedene
Strategien erlernt,
Orientierungsmöglichkeiten, unabhängig
von bestimmten Personen, einzusetzen.
Hier erfolgt das Arbeiten nach dem
TEACCH-Ansatz; beispielsweise eine
ritualisierte Tagesstruktur,
wiederkehrende Abläufe, Tages-,
Arbeits- und Handlungspläne usw.
Unterstützt wird dies mit individuellen
Gegenstandsvertretern, Bildsymbolen
u.ä.
Die Schüler werden im Hinblick auf das
Erwachsenenleben mit höchstmöglicher
Selbstständigkeit konfrontiert und auf
den Umgang damit vorbereitet.
Arbeitspläne bahnen ein eigenständiges
Lernen und Arbeiten an,
lebenspraktische Fähigkeiten werden
trainiert und erweiterte kommunikative
Möglichkeiten ermöglichen eine höhere
Form an Selbstständigkeit.
Unterstütze Kommunikation in
wiederkehrenden Situationen mit Hilfe
von Symbolen, Bildern,
Gegenstandsvertretern usw. Für jeden
Schüler wird regelmäßig überprüft,
welche Fähigkeiten und Ressourcen zur
Kommunikation vorhanden sind, um
passende Möglichkeiten zur Erweiterung
zu finden.
 Leben und Erleben einer
zweiten Lebenswelt
(Normalisierung)
Der Besuch einer zweiten Lebenswelt
(Kindergarten, Schule, Beruf) entspricht
einer normalen gesellschaftlichen
Gegebenheit. Daraus resultieren
Anforderungen an das Auftreten,
Aussehen und Verhalten. Gleichzeitig
aber Rechte wie Abkapselung von dem
zu Hause.
6. Aufgaben und organisatorische Rahmenbedingungen
Neben der alltäglichen Unterrichts- und Erziehungstätigkeit in der SFK-gE sowie der
Förderplanung ist die Zusammenarbeit mit interdisziplinären Fachkräften
unerlässlich. Desweiteren fallen neben allgemeinen Schülerbeobachtungen wichtige
Dokumentationen an.










regelmäßige Treffen im Klassenteam zur einheitlichen Umsetzung der
Förderschwerpunkte (jede Woche 45 min.)
Flexibilität und Öffnung der Teammitglieder bezüglich neu zu gestaltender
Klassensituationen oder Begleitsituationen
regelmäßige Fallbesprechungen des Klassenteams mit Bezugsbetreuer aus
Wohnheimgruppe, Psychologin und ggf. Therapeuten
regelmäßiger Austausch und gemeinsame Förderplanung von Klassleitung
und Wohngruppenleiter
Informationstreffen auf Leitungsebene (Bereichsleitung für Heim-TagesstätteKindergarten, Heimleitung, Schulleitung, Klassleitung, Wohngruppenleitung)
(ca. vierteljährlich)
Regelmäßige Visiten des Kinder- und Jugendpsychiaters im Rahmen des
Konsiliardienstes der Heckscher Klinik München
Absprachen mit Lehrkräften bzgl. Integrationsmöglichkeiten der Schüler in
bestimmten Unterrichtsphasen (mit Begleitung, evtl. später ohne Begleitung)
und Offenheit der Lehrkräfte als Voraussetzung
tägliche Dokumentation fester Einschlusszeiten innerhalb der Wohngruppe
Dokumentation von Vorfällen, Krisen etc. anhand entsprechender Formulare
Erstellen von Kriseninterventionsplänen und Notfallplänen
Schlusswort
Seit Sept. 2012 besteht nun die Stütz- und Förderklasse und es werden deutliche
Fortschritte sichtbar. So konnte zwischenzeitlich ein Schüler in seine Stammklasse
integriert werden. Zwei weitere Schüler gehen derzeit einmal wöchentlich in
Begleitung zum Morgenkreis bzw. Werken in eine reguläre Klasse. Fast alle Schüler
konnten ihre Aufmerksamkeitsspanne und damit einhergehend die Unterrichtszeit
erweitern. Es zeigt sich eine Stabilisierung der emotionalen Verhaltensweisen, wenn
auch bei manchem Schüler immer wieder mit Einbrüchen zu rechnen ist. Trotz des
Fernziels, der Rückführung der Schüler in die Stammklassen der Franziskus-vonAssisi-Schule, wird für den einen oder anderen Schüler dieses individuelle
Klassenkonzept weiterhin wichtig bleiben, um persönliche Lernfortschritte erzielen zu
können. Hier scheint die Flexibilität und Durchlässigkeit des Konzepts von großem
Vorteil.
Allerdings stellt die SFK-gE ein exklusives Klassenkonzept dar, in dem Vorbilder für
positive Verhaltensweisen durch Mitschüler fehlen und insbesondere soziale
Fähigkeiten nur bedingt durch Gruppenangebote zu fördern sind.
Durch die enge Zusammenarbeit mit den Wohnheimmitarbeitern ist eine
gegenseitige Wertschätzung außerordentlich wichtig. Konflikte stellen eine enorme
zusätzliche Belastung dar. Hier aber auch für die eigene Reflexion im Umgang mit
belastenden Verhaltensweisen scheint Supervision eine wichtige Maßnahme.
Die Aufgaben in der SFK-gE bringen einen erheblichen Zeitaufwand mit sich und
müssen organisiert sein. Hier liegt es in der Verantwortung der Schulleitung, zeitliche
Ressourcen dafür zur Verfügung zu stellen.
Kontakt:
Franziskus-von-Assisi-Schule
Klosterhof 1
83546 Au am Inn
Telefon: 08073/9198-0
Thomas Meier (SoR, Schulleiter): [email protected]
Sabine Thalmaier (StRinFS, Klassleitung): [email protected]
Veronika Tittel (StRinFS): [email protected]
Literatur:
BERGSSON, M:, LUCKFIEL, H.: Umgang mit „schwierigen“ Kindern. Cornelsen, Berlin,
2003, 4. Auflage
Stefan BAIER, Erich WEIGL, Norbert WALKE (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht
und Kultus, Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und
Frauen, Ludwig-Maximilians-Universität München): Sonderpädagogische Stütz- und
Förderklassen (SFK). Inhaltliche Grundlegung und praktische Handlungshilfen für ein
Konzept im Förderschwerpunkt soziale und emotionale Entwicklung durch integrative
Kooperation von Schule und Jugendhilfe unter einem Dach. 2008, 1. Aufl. aktualisiert mit der
VSO-F v. 09/2008
Stand: 11.10.2014
erstellt von Sabine Thalmaier und Jessica Vital-Robarge
27.10.2014
Geistige Behinderung
und Trauma
Workshop 17.10.2014
Maria Johanna Fath
Augsburg
Was ist ein Trauma?
• Trauma (griechisch) =
Verletzung
• Ein Trauma ist eine angemessene und normale
Reaktion auf ein unangemessenes,
unnormales Ereignis.
2014
Maria Johanna Fath
2
1
27.10.2014
Definition
• Trauma ist, wenn ein Mensch in einer außergewöhnlich
schweren, oft auch lebensbedrohlichen Situation mit
seinen individuellen Bewältigungsmustern der Situation
hilflos und ohnmächtig ausgeliefert ist und keinen
Schutz durch Menschen erfährt. Diese
traumatisierenden Ereignisse nehmen uns das Gefühl
der Sicherheit und Unverwundbarkeit und erschüttern
unser Selbst- und Weltverständnis.
(nach Gottfried Fischer)
2014
Maria Johanna Fath
3
Traumatisierende Erfahrungen
behinderter Menschen
• potentiell traumatisierende Erfahrungen sind
bei geistig behinderten Menschen häufiger
• gleichzeitig stehen ihnen geringere
Bewältigungsmöglichkeiten zur Verfügung
2014
Maria Johanna Fath
4
2
27.10.2014
Ereignisse, die ein Trauma
auslösen können
– Naturkatastrophen, Krieg, Flucht, Vertreibung
– Unfälle, lebensbedrohliche Krankheiten,
plötzlicher Verlust
– Von Menschen verursachte Katastrophen und
Gewalttaten (Sexualisierte Gewalt,
Vernachlässigung, seelische und körperliche
Misshandlung, traumatische Trennungen)
2014
Maria Johanna Fath
5
Risiko für traumatische Folgen für
behinderte Menschen
•
•
•
•
•
•
Missbrauchserfahrungen
Gewalterfahrungen (oft durch Überlastung des Umfeldes)
wenig bedürfnisgerechte Umgebung (Einschließen, Fixieren)
Entwertung und häufig ausgeprägte Selbstwertproblematik
gestörte frühkindliche Bindung und Entwicklung
früh erfahrene psychische Verletzungen, Trennungen,
Ablehnung
• psychische und sensorische Traumata durch medizinische
Untersuchungen, Eingriffe und Behandlungen, oft im
nichtsprachlichen Zeitraum
2014
Maria Johanna Fath
6
3
27.10.2014
Wer wird wie traumatisiert?
• geistige Behinderung - kann einen behinderten
Menschen traumatisieren
• Mensch mit geistiger Behinderung kann
traumatisierende Ereignisse erleben
• Frühkindliche Traumatisierung – als Folge wird
manchmal geistige Behinderung diagnostiziert
• die geistige Behinderung eines Kindes => kann
die Eltern traumatisieren
2014
Maria Johanna Fath
7
Wissenschaftliche Erkenntnisse
• Gehirnforschung
– traditionell – Vorstellung Gehirnapparat
– neu – plastisches Gehirn
• Bindungsforschung
– sichere Bindung im frühen Lebensstadium als
Schutzfaktor
2014
Maria Johanna Fath
8
4
27.10.2014
Die „Traumatische Zange“
nach L.Besser/M.Huber
Äußeres stressreiches Ereignis
Angst, Verzweiflung, Schmerz
Bindungssystem
wird aktiviert
Keine Fluchtmöglichkeit
Keine Kampfmöglichkeit
No „F light“
Hilflosigkeit
Gedanke
Geruch
No „F ight“
„F reeze“
Ohnmacht
Ausgeliefert-sein
Körpergefühl
TRAUMA
Geräusch
2014
„Fragments“
Bild
„Fragments“
Emotion
Maria Johanna Fath
9
Schwierige Verarbeitung traumatischer
Ereignisse
• Bei traumatischen Erlebnissen, das heißt existenziell
bedrohlichen und ausweglosen Ereignissen, also
Extremstress, kommt es zu Veränderungen der
Informationsverarbeitung in unserem Gehirn.
• Und es kommt zur Zersplitterung der verschiedenen
Erlebnisaspekte des traumatischen Ereignisses im
Gedächtnis.
• Wie ein Spiegel, der in viele Stücke zerbricht.
• Die Geschichte hat keinen Anfang und kein Ende und
keinen Sinn, keine Bedeutung.
2014
Maria Johanna Fath
10
5
27.10.2014
Folgen - Symptome - PTBS
Posttraumatische Belastungsstörung
1. Wiedererleben (Intrusionen): belastendes Wiedererleben des Geschehenen im
Wachen und Schlafen (flashback, Alpträume, Belastung bei Konfrontation mit
den Erinnerungen, bei jüngeren Kindern auch nicht lustvolles Nachspielen der
traumatischen Situationen).
2. Vermeidung (Konstriktion): Vermeidung von Situationen, Handlungen und
Dingen, die an das Geschehene erinnern.
(der Betroffene spricht nicht über das Geschehene, meidet Menschen oder
bestimmte Orte, grübelt über das Geschehene)
3. Übererregung (Hyperarousal): allgemein erhöhtes Erregungsniveau
(Ein- und Durchschlafschwierigkeiten, erhöhte Reizbarkeit und
Schreckhaftigkeit, Störungen der Konzentration und des Gedächtnisses, auch
erhöhte Aggressivität).
4. Emotionale Taubheit: negative Zukunftsperspektive, nichts mehr fühlen (keine
Freude, keine Trauer)
2014
Maria Johanna Fath
11
Folgen - PTBS Symptome bei Kindern
– Wiedererleben von Bildern, Geräuschen, Gerüchen,
Körperempfindungen
– wiederholtes und wenig lustbetontes Nachspielen der traumatisierten
Situation
– Tendenzen zur Vermeidung von Personen und Orten
– anklammerndes oder aggressives Verhalten
– erschwerte Affektregulierung
– Angst vor Dunkelheit/Alleinsein
– Bauch- und Kopfschmerzen
– Leistungsstörungen
– Selbstverletzungen
– Verlust von prätraumatischen Fähigkeiten (Lesen, Schreiben), Regression
– seltener: Flashbacks, Emotionslosigkeit (Hausmann, 2010)
2014
Maria Johanna Fath
12
6
27.10.2014
Mögliche Symptome bei Menschen
mit geistiger Behinderung (nach Hennicke 2002)
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
2014
depressive Verstimmung
Rückzug
Verweigerungsverhalten
ungewöhnliche Kontaktgestaltung
Schreianfälle
regressive Phänomene
Ess- und Schlafstörungen
Kopfschmerzen
Schwindel
sexualisierte Verhaltensweisen
schwere aggressive und selbstverletzende Verhaltensweisen
Zunahme der Anfallsfrequenz bei Menschen mit Epilepsie
Maria Johanna Fath
13
Was hilft?
Stabilisierung - Stabilisierung - Stabilisierung
– Sicherheit (äußere und innere)
– Zuwendung (Beziehung und Bindung)
– Kognitives, entwicklungsgemäßes Erfassen der
Ereignisse, der Folgen und der Veränderungen
– Unterstützung zur Stressregulierung
– Ressourcen, gute Momente, schöne Erlebnisse
2014
Maria Johanna Fath
14
7
KlasseTeam ist Lehrertraining zur Förderung sozio-emotionaler Kompetenzen und zur Prävention von
Verhaltensstörungen im Schulalter.
Fachkräfte in Schulen oder allgemein in Bildungseinrichtungen stehen heute vor großen
Herausforderungen. Kinder sollen zu selbstverantwortlichen, kooperationsfähigen, kreativen und
lernkompetenten Menschen erzogen werden. Es gilt, aggressive Kinder zu bremsen, traurige Kinder
zu trösten, schüchterne Kinder einzubeziehen, gelangweilte Kinder zu motivieren, Streithähne zu
trennen, jedes Kind individuell zu fördern und das am besten alles gleichzeitig. Dabei gilt zu
bedenken: Jedes fünfte Kind fällt durch emotionale und Verhaltensprobleme auf. Im
Förderschulbereich ist der Anteil dieser Kinder noch wesentlich höher. Nicht zuletzt dadurch werden
eine wohlgeordnete Vermittlung von Bildung und eine entsprechende Förderung maßgeblich
erschwert.
Um herausfordernden Situationen und schwierigen Schülern mit einer positiven Haltung und
geeigneten pädagogischen, erlernbaren Mitteln zu begegnen, sollen Lehrkräfte in Trainingseinheiten
ihren persönlichen KlasseTeam-Werkzeugkoffer zusammenstellen. Dieser bietet keine Patentrezepte,
sondern Handwerkszeug, um künftige Problemsituationen mit Sicherheit und Gelassenheit zu
meistern.
Klar ist, nur Kinder, die sich bei ihrer Bezugsperson sicher und gut aufgehoben fühlen, können sich
angstfrei und aufnahmebereit der Welt zu wenden, kreativ sein und ihre Potentiale entwickeln.
Deshalb müssen bei Kindern erst einmal die emotionalen und motivationalen Voraussetzungen
geschaffen werden, damit sie die Bildungsangebote nutzen können. In diesem Sinne muss Schule
zunächst den Rahmen schaffen, dass Lernen ermöglicht wird. Dabei wird berücksichtigt: „Bindung
kommt vor Bildung“ und „Beziehung kommt vor Erziehung“. Lehrkräfte brauchen Kompetenzen, um
diese Basis schaffen zu können, um dann auch in kritischen Situationen professionell agieren zu
können (anstatt nur zu reagieren).
Durch KlasseTeam sollen Pädagogen und Kinder genau in dieser Hinsicht gestärkt werden. In dem
Training wird den Teilnehmern in kleinen Gruppen mit Hilfe von theoretischen Inputs, LifeDemonstrationen, Selbsterfahrungen und vielen praktischen Übungen Handwerkszeug vermittelt, um
die Beziehung zu den Schülern zu pflegen, um eine positive Lernatmosphäre zu schaffen, um den
emotionalen Bedürfnisse der Kinder entsprechen zu können und um die Klippen des pädagogischen
Alltags erfolgreich zu umschiffen oder Konflikte für alle erfolgreich zu meistern.
Die Besonderheit von KlasseTeam liegt dabei tatsächlich in der Trainingsmethode: Es geht in erster
Linie um das praktische Handeln, um Ausprobieren, um aktives Erfahren und um emotionales
Erleben. Anhand von typischen Szenen aus dem Schulalltag werden praxiserprobte Methoden durch
das Trainerteam demonstriert und im geschützten Rahmen mit individueller, ressourcenorientierter
Unterstützung durch die Trainer eingeübt. So wird einerseits geeignetes Handwerkszeug erlernt und
andererseits eine positive Grundhaltung (sich selbst, dem einzelnen Kind, den Eltern und auch den
Kollegen gegenüber) entwickelt.
KlasseTeam basiert auf bewährten Erkenntnissen aus Neurobiologie, Bindungs- und
Emotionsforschung und wurde an der LMU München in Kooperation mit dem Bayerischen
Staatsministerium für Unterricht und Kultus sowie dem Bayerischen Staatsinstitut für Schulqualität
und Bildungsforschung (ISB) entwickelt.
Michaela Kleindiek; Ludwig Färber
Zielsetzungen von KlasseTeam sind:
-
Eine positive, wohlwollende Haltung gegenüber Schülern, Eltern Kollegen und sich selbst
einnehmen.
Kinder im Umgang mit ihren Gefühlen anleiten – Emotions-coaching( nach J. Gottman)
Unterrichtsstörungen einfühlsam vorbeugen bzw. professionell begegnen
„schwierige“ Kinder aus ihren negativen Rollen befreien
SchülerInnen in ihrer Konfliktlösekompetenz stärken, Mobbing vorbeugen
Gespräche mit „schwierigen“ Schülern und „schwierigen“ Eltern konstruktiv führen.
Wie Untersuchungen zeigen, stärkt KlasseTeam die Selbstwirksamkeit der Teilnehmer nachhaltig.
Durch die stufenweise, strukturierte Erweiterung der Handlungskompetenzen sowie durch das
systematische Stärken der Selbstregulationsstrategien der Lehrkräfte bietet KlasseTeam zudem eine
wirksame Burnout-Prophylaxe.
Das KlasseTeam-Training besteht aus folgenden Einheiten:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Ich als Lehrer/in: Selbstfürsorge und Vorbildwirkung
Anerkennung und Zuwendung schenken – Beschreibend loben
Kinder beim Umgang mit Gefühlen anleiten – Emotions-Coaching – Einfühlsam Zuhören
Von Kinder verstanden werden – positive Aufforderungen aussprechen – Wahlmöglichkeiten
anbieten – Grenzen liebevoll und bestimmt setzen
Dauerbrenner langfristig lösen
Akute Konflikte zwischen Kind und Lehrer
Streitigkeiten zwischen Kindern
Kinder mit besonderem Verhalten verstehen
Die Erziehungspartnerschaft mit den Eltern stärken – Elterngespräche konstruktiv gestalten
Das gesamte Training ist für vier Fortbildungstage (mit jeweils acht Stunden) konzipiert.
Verschiedene Einheiten können jedoch auch einzeln in Workshops erarbeitet werden.
Zwei erfahrene und zertifizierte Kursleiter/innen leiten die Ausbildungsgruppen, die mit ca. zehn
Teilnehmern bewusst klein gehalten werden.
Literatur:
Gottman, J. M. & DeClaire, J. (1998). Kinder brauchen emotionale Intelligenz. Ein
Praxisbuch für Eltern. München: Heyne.
Graf, J. (27.10.2004). "FamilienTeam"-Elterntraining: Mehr Freud' und weniger Leid in der
Familie. In W.E. Fthenakis & M.R. Textor (Hrsg.), Online-Familienhandbuch.
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Familienbildung/s_1519.html
Graf, J. (2005). FamilienTeam - das Miteinander stärken. Das Geheimnis glücklichen
Zusammenlebens. Freiburg: Herder.
Michaela Kleindiek; Ludwig Färber
VERSTEHEN – ÜBEN - WACHSEN
Haltung und Handwerkszeug
für ein friedliches Miteinander
EIN TRAINING
-
IN ZEHN SCHRITTEN
(bindungs-, systemtheoretisch)
-
Erzähle mir… und ich vergesse.
Zeige mir … und ich erinnere.
Lass es mich tun …
und ich verstehe.
wissenschaftlich fundiert
systematisch aufgebaut
Termine und Anmeldung:
www.fortbildung.schule.bayern.de
Dauer:
4 ganze Fortbildungstage
Konfuzius
Teilnehmerzahl:
8 Lehrkräfte aus Grund- und Förderschule
Workshopreihe von
Kursleitung:
- zwei Lehrkräfte an GrundInstitut zur Stärkung der
Beziehungskompetenz
Leitung:
bzw. Förderschulen
- mit intensiver einjähriger Ausbildung
- zertifizierte KlasseTeam-Trainer/innen
Dr. Johanna Graf &
Prof. Dr. Sabine Walper
www.klasseteam.org
Ich weiß nun, wie ich schwierige
Situationen professionell angehen kann.
Das gibt mir Gelassenheit.
EMOTIONALE KOMPETENZ
VON LEHRKRÄFTEN UND
KINDERN IM GRUNDSCHULALTER
FÖRDERN
In zehn Schritten werden Sie hören, erleben
1. Selbstfürsorge: immer wieder „auftanken“
und üben, wie Sie
• das
10 Schritte zum „Klasse Team“
Miteinander
in
Ihren
Klassen
2. eine von Respekt, Vertrauen und
Wertschätzung getragene
stärken
Als Lehrkraft sind Sie jeden Tag fachlich, aber
Bindungsbeziehung aufbauen
• Ihren Schüler/innen Halt und Sicherheit
auch persönlich stark gefordert. Sie engagieren
3. Kinder bei der Regulierung ihrer
vermitteln
sich für die Ihnen anvertrauten Kinder und
• sie
wollen sie bestmöglich fördern. Wie gelingt es,
in
ihrem
Selbstwert
und
ihrer
Emotionen unterstützen
4. Disziplinproblemen einfühlsam vorbeugen
Lernbereitschaft stärken sowie
in herausfordernden Situationen gelassen und
• die
professionell zu handeln? Wie gelingt es, das
emotionalen
und
bzw. konsequent begegnen
motivationalen
5. in kritischen Situationen (z.B. Stören im
Voraussetzungen schaffen, damit Kinder
einzelne Kind und die Klasse im Blick zu
Ihre Lernangebote nutzen können.
Unterricht) professionell handeln
6. gemeinsam mit den Kindern konstruktive
behalten?
Lösungen für wiederkehrende Probleme
Hintergrund
KlasseTeam
Was bringt Ihnen KlasseTeam?
wurde
auf
bewährter und neuester wissenschaftlicher
Mit "KlasseTeam" stärken Sie Ihre eigene
emotionale
Kompetenz
sowie
die
Ihrer
Schülerinnen und Schüler.
In
vier
Tagen
praxiserprobte
bietet
Methoden,
das
Training
um
den
an
der
Fakultät
Universität
Bayerischen
für
der
München
Psychologie
und
Ludwig-Maximiliansim
Auftrag
Staatsministeriums
für
Unterricht und Kultus entwickelt und wird
Leistungsproblemen
wissenschaftlich begleitet. Es stellt eine
Schülerinnen
und
Schülern mit einer positiven Haltung und
geeigneten
begegnen,
pädagogischen
die
sich
Mitteln
unmittelbar
lassen. An konkreten Situationen aus Ihrem
eigenen Schulalltag können Sie im geschützten
Rahmen neue Fertigkeiten ausprobieren und
Ihre Kompetenzen systematisch erweitern.
wirksame Burnout-Prophylaxe dar.
zu
umsetzen
Konfliktlösekompetenz stärken,
Mobbing vorbeugen
8. „schwierige“ Kinder verstehen und fördern
9. im pädagogischen Team an einem Strang
des
zunehmenden Verhaltens-, Konzentrations- und
von
7. Schüler/innen in ihrer
Erkenntnisse sowie praktischer Erfahrungen
Pädagogik
Ihnen
erarbeiten
Grundlage
ziehen
10. Eltern „ins Boot“ holen und
Elterngespräche konstruktiv führen
KlasseTeam-Arbeitsweise
Die
.
Inhalte
werden
im
Wechsel
von
wissenschaftlichem Input und praktischen
Übungen in Kleingruppen angeboten.
Das Beste im Kurs: Wissen unmittelbar in Handeln umsetzen können.
Schüler, die uns stören,
verstehen lernen…
workshop 17.10.2014 Auhof
Vortrag Auhof 17.10.2014
Verhalten
verstehen
lernen…
Prof. Dr. Erhard Fischer
2
Ausschreibung


In Schulen bzw. Klassen mit Kindern und Jugendlichen mit dem
Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung gibt es zunehmend Kinder und
Jugendliche, die uns stören und auffallen und dann als „auffällig“, „gestört“
oder psychisch krank eingeordnet werden. Es geht um Schüler, die keinen
oder nur schwer Kontakte zu ihren Mitmenschen suchen und finden, sich
häufig von ihrer Außenwelt abkapseln, hyperaktiv umherirren oder ein
zwanghaftes und stereotypes Verhalten zeigen, und die in Folge die
Lehrpersonen immer wieder vor Rätsel stellen, weil ihr Verhalten nur
schwer einzuschätzen ist und erzieherische Ansätze nicht einfach zu
finden sind.
In dem Seminar soll gemeinsam nach Möglichkeiten gesucht werden,
dieses Verhalten nicht nur diagnostisch einzuordnen, sondern ausgehend
von der individuellen Lebensgeschichte als Ausdruck subjektiven Erlebens
und Befindens zu verstehen.
3
Im Kontext von Schule
frag(t)en sich
Lehrpersonen immer
schon, warum Schüler



sich leicht ablenken lassen und hyperaktiv…
zu spät oder gar nicht kommen
oder Franz, wie auf dem Bild veranschaulicht, lieber
„handlungsbezogen“ Schmetterlingen nachjagt, als sich
brav und diszipliniert mit diesem Thema auf einer
anschaulichen Ebene auseinander zu setzen.
4
„gravierende“ Formen an
Schulen mit FgEntw…
störend: Lena
 Fehlverhalten:
Axel
 „gewalttätig“:
Bernd
 Rückzug: KarlHeinz

5
Erscheinungsformen (Theunissen
1996)

Im Sozialverhalten können dies sein (Streiten, Treten, andere
Bespucken, mangelndes Gemeinschaftsgefühl oder distanzloses
Verhalten),

im Arbeits-und Leistungsbereich (mangelnde Ausdauer,
Arbeitsverweigerung, Interessenlosigkeit, Leistungsversagen und
Selbständigkeit, Angst oder Verspieltheit),

im psychischen Bereich (Stimmungsschwankungen, Ängste,
Eifersucht, Minderwertigkeitsgefühle, Passivität, Einnässen oder
Schreien),

im somatisch-physischen Bereich (ständiges Hin-und Herrennen,
dranghaftes Essen oder Trinken, motorische Stereotypien) sowie

autoagressive Verhaltensweisen (leichtes Kopfschlagen,
Handbeißen oder Haare ausreißen).
6
Grundlegendes:




auch Menschen mit geistiger Behinderung
entwickeln Verhaltensauffälligkeiten und
psychische Störungen.
…nicht, weil im Rahmen eines
medizinischen Krankheitsmodells
organisch-neurologische Schädigungen
oder kognitiven Schwächen… sondern
im Hinblick auf von außen
aufgezwungene Fremdbestimmung,
gesellschaftlich bedingte
Benachteiligungen, Isolierungen bzw.
vielfältigen familiären Belastungen
erhöhte Vulnerabilität
7
Ursachen – Hintergründe - Perspektiven Ansätze
Psychiatrisches Modell/ Verständnis
Sozialwissenschaftliche Sicht
Systemisch-ökologische Sicht
8
Bedingungsfaktoren – Hintergründe aus
systemökologischer Sicht:




nicht linear-kausal
interaktional – Wechselbeziehungen
Frage der Perspektive
Verhaltensauffälligkeiten sind demnach „Ausdruck einer
Störung des Verhältnisses zwischen Individuum und
Umwelt (Personen, Dinge, Begebenheiten), die die
betreffende Person durch spezifische problemlösende
Verhaltensweisen zu bewältigen versucht, die von
andern als normabweichend oder sozial unerwünscht
gekennzeichnet werden" (7).
9
Radikaler Konstruktivismus




Vertreter eines „radikalen
Konstruktivismus“: Maturana
2001; Schmidt 1987;
Richards/von Glaserfeld 1987;
Roth 1987a; 1987b; 1997;
2000; Maturana/Varela 1987;
von Foerster 1996
keine gemeinsame, objektive
Welt als Realität
Wahrnehmung keineswegs eine
Abbildung einer von uns
unabhängigen Realität erstellt
Lebewesen, also auch der
Mensch, entwerfen lediglich
Modelle davon, konstruieren auf
Grund interner Kriterien ihre
eigene Wirklichkeit
10
11
ein Beispiel

Jean Itard (vgl. 1965) berichtete im Rahmen des
Erziehungsversuchs von Victor, dem Wild- bzw. Waldkind
vom Aveyron von dessen „sonderlichem“ Verhalten… (der
Junge verbrachte vermutlich viele Jahre völlig einsam, d. h. ohne
Beziehungen zu Menschen in Wäldern und wurde erst im Jahre 1800 im
Alter von ungefähr elf Jahren unter Menschen gebracht)

Während zeitgenössische Mediziner und andere
Pädagogen Victors „sonderliches Verhalten“ als abnorm,
gestört und idiotisch einordneten . Und ihm daher jegliche
Bildungsfähigkeit absprachen, zeigte Itard wesentlich
mehr „Verständnis“, was aus vielen seiner umfänglichen
und systematischen Beobachtungen hervorgeht….
12
Folgerungen

wenn nun Bezugspersonen, Erzieher und Lehrpersonen beobachten,
sich wundern oder gar irritiert sind, dass manche Kinder und
Jugendliche anders reagieren und handeln als die meisten ihrer
Altersgenossen oder Mitschüler, davon abweichend, wie sie dies in
einer bestimmten Situation erwartet haben und wenn sie dies dann
als „Störung“ erleben, als „eigen-sinnig“ kritisieren und sanktionieren,
mag die Reaktion der Bezugspersonen zwar verständlich erscheinen

das Verhalten selbst aber ist aus der Perspektive der Kinder und
Jugendlichen dennoch – in der Regel - logisch und sinnvoll,
denn der Mensch kann nicht anders handeln, als es seine
bisherigen lebensgeschichtlichen Wahrnehmungen,
Sinnstiftungen und Handlungen zulassen
13
Daraus folgt zwangsläufig die Notwendigkeit zu
„verstehen“




Winkel (1999) beschreibt diesen Sachverhalt in dem
folgendem Aufsatztitel: „Wenn Schüler stören, wollen sie
uns etwas sagen...Die Frage ist nur: Was? Warum? Und:
Wozu?“
Paul Moor (vgl. die Beiträge in Haeberlin 2000) hat
diesbezüglich immer wieder auf das Primat des
„Verstehens“ vor dem pädagogischen Tun hingewiesen;
Buber: Der Mensch wird erst…. (Erfahrung der
Gegenseite)
Krawitz (1992) fordert aus einer
„individualpädagogischen“ Sicht die Konzentration auf
das Individuelle, das Subjektive und Besondere des
Kindes;
14
Auch in der Psychoanalyse
wurde erkannt und wird betont,




Dass Verhalten und Störungen eine Anpassungsleistung eines
Subjekts in einer bestimmten sozialen Wirklichkeit darstellt.
Daraus ergibt sich das Erfordernis, der Entstehungsgeschichte
dieses Problemverhaltens nachzuspüren, Verständnis bzw.
Respekt in die Beziehung einzubringen und eine
Humanisierung der Beziehung zu sichern.
Parallelen zu einer konstruktivistischen Grundhaltung…
Folgerungen: Fortbildungen; Supervision….(Balint)
15
Verhalten als subjektivsinnhafte Ausdrucksform
von Sybille Kannewischer, Michael Wagner, Christoph
Winkler und Wolfgang Dworschak
Fischer, Erhard (2004): Wahrnehmen - Sinn
stiften - Handeln - Verstehen:
`Herausforderndes´ Verhalten bei Menschen mit
(schweren) Behinderungen.
16
Prinzipien
Wie können wir Kinder und
Jugendliche mit
„herausforderndem“ Verhalten
verstehen und ihnen helfen?






Emotionale und soziale Grundlegung
Berücksichtigung des kindlichen Umfeldes und
seiner Lebenswirklichkeit im Rahmen einer
Kind-Umfeld-Diagnose
Rekonstruktion und Rehistorisierung
Unterstellen von Beweggründen und Wechsel
der Perspektive
dialogische Orientierung
Rolle und Aufgaben der Lehrpersonen
18
Emotionale und soziale
Grundlegung

Vor allem hospitalisierte und
verhaltensschwierige Kinder und
Jugendliche benötigen (zunächst) den
Kontakt zu verlässlichen Mitmenschen,
sind angewiesen auf eine sichere soziale
Beziehung, benötigen das Vertrauen,
dass „da draußen“ verlässliche Personen
zur Stelle sind, wenn es ihnen schlecht
geht, wenn sie Schmerzen haben,
einsam sind oder Angst haben, als
Ausgangsbasis für emotionales
Wohlbefinden und die Kontaktaufnahme
zur gegenständlichen und sozialen
Umwelt.

Beispiel: Karl-Heinz
19
Berücksichtigung des
kindlichen Lebens
(um)feldes

Laut Breitenbach (2003, 75) ist
Förderdiagnostik immer auch
Situationsdiagnostik. „Kind und Umwelt
bilden eine untrennbare Einheit, so dass
Förderdiagnostik kindliches Verhalten
immer nur im Zusammenhang mit
spezifischen Situationen erfassen kann
(Konzept des Lebensraums)
20
Rekonstruktion



Im Rahmen einer „Kooperativen Pädagogik“ hat vor allem Jetter (1994)
zur Konstituierung einer „verstehenden Diagnostik“ beigetragen, eher als Haltung
und Ziel als eine eigenständige Methode, bezogen auf das einzelne Kind und seine
spezifische Lebenswelt, über die Ermittlung von Fähigkeiten und Fertigkeiten
hinausgehend.
Sie fragt danach, welche Bedeutung und welchen Wert diese Handlungen in der
Lebenswelt des Kindes - in seinem Alltag auf der Grundlage seiner eigenen
Möglichkeiten – haben können (Rekonstruktion), was dann ein „Um-denken“
erfordert: „Nichts von dem, was wir von anderen Menschen erwarten, ist
selbstverständlich, und keine unserer Erwartungen versteht sich für andere
Menschen von selbst. Erst auf der Grundlage gemeinsamer
Bedeutungszuweisungen ist Verständigung möglich.“ (Jetter 1995, 32).
Dieser Allgemeinplatz der Kommunikationswissenschaft würde zwar regelmäßig
zitiert, finde aber gerade in der diagnostischen Situation nur selten konsequent
Beachtung. Dies veranschaulicht der Autor an folgendem Beispiel: Wer auf
mangelnde Ausdauer und erhöhte Ablenkbarkeit bei einem Kind schließt, weil dies
eine zugewiesene Aufgabe nur unter stetiger Zurechtweisung weiterführt, wendet
auf dieses Kind Begriffe an, die vielleicht ähnlich sinnvoll sind, wie wenn man bei
einem Norm-Menschen seine mangelnde Steigfähigkeit im Gleitflug beanstandet
21
Rehistorisierung


Jantzen (1996) begründet aus einer konstruktivistischen Auffassung die
Notwendigkeit einer verstehenden Zugang…
V. als Resultat der durch „innere und/oder äußere Ereignisse dramatisch
veränderten Möglichkeiten, Autonomie aufrechtzuerhalten" (15), im Rahmen
einer „Stabilisierung unterschiedlicher Entwicklungspfade“, als
„Rekonstruktion des sinnhaften und systemhaften Aufbaus
der psychischen Prozesse causa sui: also als Prozeß der
Selbstorganisation in Naturgeschichte,
Gesellschaftsgeschichte, Kulturgeschichte und
Individualgeschichte" (20)V.

Siehe Arbeiten der kulturhistorischen Schule (u.a. Wygotski, Luria, Leontjev),
mit Parallelen zu anderen konstruktivistisch angelegten psychologischen
Forschungen wie z.B. der Psychoanalyse oder der genetischen
Entwicklungspsychologie Piagets
22
Unterstellen von Beweggründen - Wechsel
der Perspektive

Es gilt dann, (auch störendes) Verhalten unter dem Blickwinkel des
Handelns der jeweiligen Person zu verstehen und zu
unterstellen, dass es dafür „Beweg-Gründe" geben kann, dass
es auf dem Hintergrund ihrer bisherigen Lebenserfahrungen sinnvoll
sein kann, sich so - und nicht anders bzw. wie von anderen erwartet zu verhalten

Daraus ergibt sich die Herausforderung, die internen „SinnKonstruktionen“ und „Beweg-Gründe“ der Schüler zu Grundlage
pädagogischer Überlegungen zu machen. Dies ist nicht einfach, da
ein unmittelbarer Zugang nur eingeschränkt möglich ist und der
Versuch des Verstehens als Beobachter „von außen“ immer durch
eigene Erlebnis- und Bewertungsmuster gebrochen wird
23
Dialogische Orientierung

Angemessenes pädagogisches Verstehen zeigt sich laut Jetter
(1995, 24) in einem Einverständnis beim gemeinsamen Tun,
also in der Verbindlichkeit der Kooperation.
"Wollen wir demnach einen Menschen verstehen, der uns in
dem, was er tut, fremd geworden ist, dann müssen wir ihm
Angebote zur Kooperation machen, von denen wir
begründet annehmen können, daß sie für ihn Sinn haben,
daß sie also zur Ordnung seines Lebens passen"(24).
Dem liegt die anthropologische Grundauffassung zugrunde,
daß jeder Mensch fähig ist, "in seinem Leben Ordnung zu
stiften und dafür die ihm mögliche Verantwortung zu
übernehmen"
24
Zur Rolle der Lehrperson
25
Aufgaben der Lehrperson/des
Erziehers





Versuchen - nach Möglichkeit die Dinge vom subjektiven Standpunkt des
verhaltensschwierigen Kindes aus zu betrachten,
Signale und Bedeutungen selbst subtiler Art und wenig
offensichtlicher Merkmale mit relativ großer Sicherheit zu
erfassen,
die Wahrnehmung und Interpretation nicht durch eigene
Bedürfnisse und Abwehrreaktionen zu verzerren,
möglichst prompt und angemessen zu reagieren und
abgeschlossene, reibungslose, beide Teilnehmer
zufriedenstellende Interaktionen in Gang zu bringen und
zu erhalten
26
Aspekt Selbsterfahrung
„Willst du dich selbst erkennen, so sieh wie die anderen es treiben,
Willst du die anderen verstehen, blick in dein eigenes Herz.“ (Schiller
1970, 297)




Wie ist meine persönliche Beziehung zu diesem Kind? Mag ich es, so wie
es ist, oder existieren Gefühle einer inneren Ablehnung (wegen
„ästhetischer Belastungen in der „face-to-face-Situation“; weil es mir mit
seinen Stereotypien auf die Nerven geht; weil es mich immer wieder,
obwohl ich es doch gut meine, pitscht oder beißt; weil ich enttäuscht bin,
immer noch keinen Zugang gefunden zu haben, immer noch keine
„Lernerfolge aufweisen zu können)?
Wie ist die Beziehung zu den Eltern? Gibt es hier mehr oder minder
unbewußte Antipathien, die ich auf das Kind übertrage (weil diese mir
unsympathisch sind, zu hohe Anforderungen an mich stellen u.a.)?
Will ich, und wenn, warum will ich das Kind verändern? Weil die Umwelt es
erwartet? Weil die Eltern darum gebeten haben? Um den Umgang in der
Schule/Klasse erträglicher zu machen? Um mir oder anderen etwas zu
beweisen?
Geht es mir vorrangig um die Umsetzung einmal erlernter, leicht
handhabbarer und Erfolg versprechender pädagogischer Maßnahmen oder
um das „Wohl“ des Schülers? Bin ich offen und flexibel genug, mich auf
„Neues“ einzulassen und habe ich ausreichend Geduld, mich auf die
Signale des Gegenübers, und seien sie noch so vieldeutig und spurenhaft,
27
hinreichend zu konzentrieren?
Beispiele
28
Beispiele
störend: Lena
 Fehlverhalten:
Axel
 „gewalttätig“:
Bernd
 Rückzug: KarlHeinz

29
Beispiel: Karl-Heinz


17 Jahre alt, körperbehindert (Hemiplegie), anfallskrank und blind, als
er in unsere Einrichtung kam. Aufgrund seiner motorischen
Voraussetzung konnte er mit einer Hand greifen und sich im Sitzen
fortbewegen, nutzte diese Handlungsmöglichkeiten allerdings nicht,
und wenn, nur zur Verteidigung oder Flucht. Er verweigerte lange Zeit
jede Nahrungsaufnahme, wehrte Kontakt zu Personen und
Gegenständen ab und „beschäftigte“ sich, wenn er nicht gerade schlief,
mit dem eigenen Körper, indem er hin- und herschaukelte, onanierte,
am Daumen lutschte und mit den Fingern Schnalzlaute produzierte und dies sehr geschickt.
Angebote einer (massiven) somatisch-taktilen oder auditiven
Stimulation - damals wurde Fröhlichs Basale Stimulation im Rahmen
des Schulversuchs in Landstuhl bekannt und auch wir stürzten uns mit
großen Hoffnungen auf diesen Förderansatz - wie auch
krankengymnastische oder sensomotorische Übungen stießen lange
Zeit auf Ablehnung und Widerstand. Wir hatten das Gefühl, an den
Jungen nicht „heranzukommen“, schafften es nur selten, den „Panzer“
zu durchbrechen und ihm ein wenig Wohlbefinden zu vermitteln oder
ihm gar ein Lächeln oder Lachen abzugewinnen.
30


Warum sperrte sich Karl-Heinz gegenüber unseren Angeboten, wie sah es in ihm
aus? Wir sammelten Informationen über seine bisherige Entwicklung und versuchten
seine Lebensgeschichte zu rekonstruieren. Dabei stellte sich heraus, daß der Junge
in den ersten Lebensmonaten von den Eltern mißhandelt wurde, nach mehreren
Krankenhausaufenthalten mit 6 Monaten von der Familie getrennt und in ein
Pflegeheim eingewiesen wurde und dort im Laufe der folgenden Jahre fünfmal die
Einrichtung wechselte. Schließlich fand er Unterkunft in einem Internat der
Blindenschule in einer Gruppe mit anderen mehrfachbehinderten Kindern. Dort
wurde er von 12 Erziehern, die im Schichtdienst arbeiten und häufig wechselten,
betreut.
Ihm ging es wie vielen schwerstbehinderten Kindern und Jugendlichen. Neben der
Multiplikation vielfältiger psychischer Belastungszustände und einer massiv
eingeschränkten Körpermotorik fehlte im emotional-sozialen Bereich ein Gefühl von
Geborgenheit und Sicherheit, also die Voraussetzung dafür, daß ein Kind Außenreize
sucht und sich der Welt zuwendet. Lange Krankenhausaufenthalte, ungenügende
Betreuung und wechselnde Bezugspersonen zu Hause oder in der Heimerziehung,
verärgertes Reagieren und zeitweilige Gewaltanwendung, wenn das Kind trotz gut
gemeinter Hilfen und Förderungsangebote apathisch bleibt oder sich wehrt und
aggressiv wird, widersprüchliches Eingehen auf die kindlichen Bedürfnisse aufgrund
von Schwierigkeiten im Deuten des kindlichen Signalverhaltens, Verunsicherung und
Sprachlosigkeit von Außenstehenden in der Begegnung mit dem Kind sowie
Vorenthaltung einer angemessenen Erziehung und Bildung durch Separierung in
reinen Pflege- oder Schwerstbehindertengruppen können als zusätzliche
Beeinträchtigungsmomente hinzukommen.
31
Welche
Erfahrungen
haben Sie mit dem
„Verstehen“ gemacht?
32
Literatur



Fischer, Erhard (2004): Wahrnehmen - Sinn stiften - Handeln Verstehen: `Herausforderndes´ Verhalten bei Menschen mit
(schweren) Behinderungen. In: Sybille Kannewischer, Michael
Wagner, Christoph Winkler und Wolfgang Dworschak (Hg.): Verhalten
als subjektiv-sinnhafte Ausdrucksform. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S.
127–145.
Jantzen, Wolfgang (2006): Rehistorisierung. Zu Theorie und Praxis
verstehender Diagnostik bei geistig behinderten Menschen.
Universität Innsbruck. Online verfügbar unter
http://bidok.uibk.ac.at/library/beh6-99-rehistorisierung.html, zuletzt
aktualisiert am 30.10.2006, zuletzt geprüft am 15.02.2007.
Jetter, Karl-Heinz (1995): Verstehende Diagnostik. In:
Sonderpädagogik in Rheinland-Pfalz 25 (4), S. 29–33.
33
Fachtag: „An den Grenzen“
17. Oktober 2014
Auhof / Hilpoltstein
Locker Bleiben:
Sozialtraining für Schüler mit
sonderpädagogischem Förderbedarf
Manuskript zur Fortbildung
Referentin:
Dorothea Bräutigam / Sonderpädagogin
Brunnenschule der Lebenshilfe Augsburg
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Locker Bleiben entstand aus der Sozialen Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen
an Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Schüler mit
sonderpädagogischem Förderbedarf, die zusätzlich erheblichen Förderbedarf in ihrer
emotionalen und sozialen Entwicklung aufweisen.
Vor Jahren entschlossen wir uns aus der Not unseres Alltags heraus, ein
Trainingsprogramm für Schüler mit geistiger Behinderung durchzuführen. Deren massives
Stören, Ärgern und Streiten machte geordneten Unterricht nahezu unmöglich. Unsere
anfängliche Erwartung, ein passendes Förderprogramm oder ein Buch zu finden, wurde
nicht erfüllt. Es gab kein spezielles Programm, auf das wir hätten zurückgreifen können.
Wir waren auf uns gestellt. So entstand Locker Bleiben.
Unter diesem Titel wurde das Training im Schuljahr 2006/2007 an der Brunnenschule in
Königsbrunn bei Augsburg erstmals durchgeführt. Zwei Pädagogen üben mit acht
Schülern in einer Sozialen Fördergruppe, „wie man gut miteinander umgeht, weniger
streitet und besser Freunde findet“.
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Bullying - Mobbing & „Ohne Namen“
Der Begriff „Bullying“ (engl. für “tyrannisieren”) beschreibt ein Problemverhalten, bei dem ein
überlegener Täter auf ein unterlegenes Opfer trifft. Dabei kann es sich um Einzeltäter, aber
ebenso auch um Tätergruppen handeln. Beiden Konstellationen gemein ist Gewalt als Mittel
zum Zweck. Es geht um das Erlangen einer besonderen sozialen Position oder um
materielle Aspekte. Erpressung, Geld wegnehmen, sich einen materiellen Vorteil
verschaffen. Immer wieder geht es schlicht auch um das subjektive Gefühl von Langeweile
und den berühmten Adrenalinkick. Die Taten werden sich selbst und der Peer – Group
gegenüber gerechtfertigt. Vereinzelt zeigen Schüler sogar im Förderschwerpunkt geistige
Entwicklung Verhaltensweisen, die mit dem der Regelschule entlehnten Begriff "Bullying"
umschrieben werden können. Es sind dies zumeist Schüler, die in höheren Klassenstufen
aus anderen Förderschwerpunkten oder der Grund- bzw. Mittelschule wechseln. Dort waren
die Schüler oftmals inhaltlich überfordert und in ihrer
psychisch labilen Verfassung nur begrenzt belastbar. Im
Schulalltag am neuen Förderort sind diese Schüler
tonangebend, provozieren gerne und üben Faszination
auf die kognitiv schwächeren Mitschüler aus. Über alle
Maßen aggressiv treten sie im schulischen Rahmen nicht
auf. Das Gewaltverhalten wird außerhalb der Schule
gezeigt. Dort werden sie von der gewaltaffinen Clique
eher geduldet als geschätzt und als „Aufmischer“ in
Schlägereien vorgeschickt. Aus dem Wochenende
kehren sie teils mit Blessuren und Verletzungen zurück.
Diese Gruppe Schüler ist aufgrund ihrer kognitiven
Schwäche häufig in der Gefahr, Opfer in gewaltbereiten
Gruppen zu werden. Sie erhoffen sich augenscheinlich
Zugehörigkeit und das Gefühl, anerkannt, “nicht behindert” zu sein.
Bezieht sich der Begriff „Bullying“ vorwiegend auf körperliche Aggression, meint der
Begriff „Mobbing“ eine subtilere Form von Gewalt. Ein Netzwerk von Schülern
schädigt gezielt eine einzelne Person. Das Verbreiten von Gerüchten, Herabsetzen
und Entwerten, „Schneiden“ und "Freundin wegnehmen“ sind exemplarische
Verhaltensweisen. Meist geschieht „Mobbing“ sehr verdeckt und ohne Kenntnis der
Lehrkraft. Die betroffenen Schüler leiden lange im Stillen. Selbst im
Förderschwerpunkt geistige Entwicklung wenden mobbende Schüler zunehmend die
Möglichkeiten der modernen Technik an. Verbal oder körperlich aggressive
Übergriffe werden mit dem Handy gefilmt, auf Schülerplattformen imInternet werden
Gerüchte verbreitet, die die betroffene Person zutiefst verletzen.
Obschon beide Problematiken in Förderzentren
täglich Thema sind, bezieht sich das Programm im
Grunde auf keines der beiden Verhaltensmuster.
Vorrangig geht es im Programm Locker Bleiben
um ein Problemverhalten, das immer häufiger in
Förderzentren zu beobachten ist. Wir haben uns
auf den Arbeitsbegriff "Synchronisationsdefizit"
geeinigt.
In der Kollegialen Fallberatung der Hauptschulstufe wird ein Schüler, nennen wir ihn Nico,
charakterisiert: "Bei dem Jungen läuft nichts synchron, Nico ist aus dem Takt und aus dem
Gleichgewicht." Der vierzehnjährige Junge bemühe sich in der Klasse um Akzeptanz. Nico falle
aber mehrfach wöchentlich durch massives Provozieren, Ärgern und Streiten auf, er könne
seine Impulse schlecht kontrollieren, so die Kollegen. Das Verhalten werde scheinbar zwanghaft
wiederholt, sei nicht vorhersehbar in seinem logischen Zusammenhang, in Motivation und Ziel
nicht nachvollziehbar. Nico repräsentiert einen Schülertypus, der einen gravierenden
Förderbedarf sowohl auf geistiger, als auch auf sensorischer, emotionaler und sozialer Ebene
aufweist. Schüler wie Nico leben ihr Problemverhalten als Einzelgänger und wirken in ihrem Tun
gefangen und hilflos. Die Schüler leiden unter ihren Ausfällen, weinen häufig und scheinen
verzweifelt. Die Opfer werden eher zufällig gewählt.
Auch die Lehrkraft kann zur Zielscheibe werden. Arbeitsverweigerung und körperliche Unruhe
erschweren häufig den Unterrichtsalltag. Sie haben Probleme, vorgegebene Regeln einzuhalten
und zeigen häufig eine geringe oder gar keine Frustrationstoleranz. Schüler wie Nico werden
aufgrund ihres Verhaltens zu Außenseitern. Sie sind bei Mitschülern durchschnittlich beliebt
oder unbeliebt und werden aus Angst vor "Ausrasten" gemieden. Sie haben deshalb keine
Freunde und häufig “Pausenverbot”. Bei manchen Lehrkräften gelten die Schüler bestenfalls als
anstrengend, im schlimmsten Fall lösen sie Furcht
aus. Keinesfalls ziehen sie aus ihrem Verhalten
Prestigegewinn oder anderweitigen Profit.
Konzept einer Spezialklinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie –
Klinik am Greinberg
Markus Bernard und Jürgen Seifert
Vorbemerkungen
 Warum?
 Unterschiede bzw. Besonderheiten
 Struktur, Methoden
 Ziele
Psychische Störungen und
Verhaltensauffälligkeiten
 Kinder und Jugendliche mit (Mehrfach)Behinderung
können an allen psychiatrischen Störungen erkranken (3
bis 4-fach erhöhtes Risiko)
 Verhaltensstörungen können bei geistiger Behinderung
an vierter Stelle bei den Kategorien F70-F79 angegeben
werden
 .0 keine oder geringfügige Verhaltensstörung
 .1 deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder
Behandlung erfordert
 Überaktive Störung mit Intelligenzminderung und
Bewegungsstereotypien F84.4
Klinik am Greinberg
Klinik am Greinberg
 Eröffnung März 2012
 Spezialeinrichtung für schwer- und mehrfach
behinderte Kinder und Jugendliche, die
gleichzeitig unter psychischen Erkrankungen
leiden
 Kooperationsprojekt
 Trägerschaft Bezirk Unterfranken
 medizinische Versorgung UKW/KJPPP
Klinik am Greinberg –
multiprofessionelles Team
TIERGESTÜTZTE
THERAPIE
LOGOPÄDIE
HEIL
PÄDAGOGIK
PHYSIKER
SEKRETARIATE
BEWEGUNGS
THERAPIE
ÄRZTE
PSYCHOLOGEN
ERGO
THERAPIE
SOZIAL
DIENST
MUSIK
THERAPIE
LABOR
LEHRER
PFLEGEDIENST
ERZIEHER
Multiprofessionelles Team








Ltd. Oberarzt
3 Assistenzarztstellen
1 Psychologenstelle
3 Fachtherapeuten
Schule: Sonderschullehrer, Heilpädagoge
19,5 Stellen Pflegefachkräfte und Heilerziehungspfleger
zusätzliche Ressourcen durch KJPPP
15 Betten
Oase
Patientenzimmer
Patientenbad
Esszimmer
Vorgespräch


Kontaktdaten der Sorgeberechtigten
Vorbefunde und Voruntersuchungen
 Augen, HNO, Zähne, EKG, EEG, MRT











Psychiatrische Diagnosen
Somatische Diagnosen
Symptomatik / Aufnahmegrund
Aktuelle Medikation
Aufnahmeindikation
Motivation
Akute Eigen-/Fremdgefährdung
Betreuungsaufwand auf Station
Fragen der Familie
Ggf. Empfehlung weiterer Maßnahmen/Untersuchungen
Stationsführung / Erläuterung der stat. Rahmenbedingungen / Infomaterial
Vordiagnosen /
Behandlungsauftrag











ADHS, hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens
Störung des Sozialverhaltens (und der Emotionen)
Bindungsstörung
Tic-Störung
Bindungsstörung
Schizophrenie
Affektive Störungen
Posttraumatische Belastungsstörung
Anpassungsstörung
Störungen der Sexualpräferenz
Tiefgreifende Entwicklungsstörungen (Frühkindlicher Autismus,
atypischer Autismus)
Multiaxiale Klassifikation
psychischer Störungen
 1. Achse: Klinisch-psychiatrisches Syndrom
 2. Achse: Umschriebene Entwicklungsstörungen
 3. Achse: Intelligenzniveau
 4. Achse: Körperliche Symptomatik
 5. Achse: Assoziierte abnorme psychosoziale Umstände
 6. Achse: Globale Beurteilung des
psychosozialen Funktionsniveaus
19
Diagnostik
 Ausführliche Anamnese
 Exploration der Eltern zur aktuellen Problematik,
Entwicklungsgeschichte, Familienanamnese, Beurteilung der ElternKind Beziehung
 Exploration Lehrer, Erzieher, andere relevante Personen
 Erhebung psychopathologischer Befund
 Körperliche und neurologische Untersuchung
 EEG, EKG, Labor
 bei Bedarf: humangenetische Diagnostik, bildgebende Verfahren und
weitere Konsile durch UKW
 Testpsychologische Untersuchung
 Verhaltensbeobachtung und funktionale Verhaltensanalyse
Testpsychologische
Untersuchungen




Intelligenzdiagnostik
Entwicklungsdiagnostik
Sozial-emotionale Diagnostik
Störungsspezifische Diagnostik
 Psychologische Tests können oft nicht
instruktionsgemäß durchgeführt werden
 Leistungsdiagnostik regelmäßig über mehrere Termine
 Verhaltensbeobachtung wichtig
Funktionale Verhaltensanalyse
 Identifikation von situativen Auslösern und
aufrechterhaltenden Bedingungen
 Auswertung der anamnestischen Daten
 Verhaltensbeobachtung und –dokumentation auf Station
 Identifizierung der Bedingungen, Situationen, Aktivitäten
bei denen problematisches Verhalten auftritt
 Hypothesen zu Funktion des Verhaltens
 Überprüfung
 Entwicklung eines Therapieplans
Funktionale Verhaltensanalyse
 Auslösende Situation, unmittelbar vorausgehende
Ereignisse
 Bedingungen, die Auftreten wahrscheinlicher machen
 Zusammenhang mit Intelligenzminderung, psychischer
Störung, Verhaltensphänotyp
Behandlungskonzept
 Grundsätzlich: keine besondere Therapie für
Menschen mit Intelligenzminderung
 aber besondere Herausforderung durch
 eingeschränkte Kommunikationsfähigkeiten
 geringe Introspektionsfähigkeit
 eingeschränkte Informationsverarbeitung
 stärkere Einbindung von Familien und
Einrichtungen
Multimodales
Behandlungskonzept
 Verzahnung und Absprache der Behandlungselemente durch
OA/CA-Visite, morgendliche Teambesprechung, tägliche Übergabe
zwischen Therapeuten und Pflegeteam
 Strukturierter Rahmen und Tagesablauf, häufig Umsetzung der
verhaltenstherapeutischen Maßnahmen durch die Pflege
 Psychoedukation Eltern und Kind sowie Bezugspersonen
 Einzel- und Gruppenpsychotherapie
 Psychopharmakologische Behandlung
 Behandlung pädiatrischer und neuropädiatrischer
Erkrankungen
 Körperbezogene Behandlung
 Erlebnistherapeutische Behandlung
 Individuelle Beschulung
 Nachstationäre Perspektivenplanung
Psychopharmakologische
Behandlung
Substanzklasse
Indikation
Neuroleptika
(Auto-)Aggression, Impulsivität
SSRI/ Antidepressiva
Depression, zwanghaftes Verhalten,
Ängstlichkeit, emotionale Instabilität mit
Selbstverletzungen
Stimulantien
Hyperaktivitätsstörung
Antiepileptika
Epilepsie, bipolare Störung, phasische
Stimmungsschwankungen
Tranquilizer und Anxiolytika
akute Erregungszustände, Angst, Suizidalität
Intervention - Überblick
 Zusammenarbeit mit Familie und Einrichtung
 Ziele des Aufenthalts abstimmen, immer
Verbesserung der Lebensqualität des Kindes
 First things first
 Passung zur Familie / Einrichtung
 Training Familienmitglieder / Erzieher
 Hospitation / Hometreatment
 Belastungserprobungen
 Anpassung von Anforderungen
 Reduzierung von Anforderungen
 Strukturierung von Aufgaben, Teilaufgaben
 Klare Tages- und Wochenstruktur, geeignete
Visualisierungshilfen
 feste Bezugsperson
 Veränderung von Konsequenzen
 Training von adaptiven Fertigkeiten
 Soziale Kompetenztraining, basale Coping-Strategien
 Anbahnung von alternativer Kommunikation (Talker, Gebärden)
 Selbstständige Beschäftigung
Mittag
Vormittag
Strukturierter Rahmen und
Tagesablauf
Montag,
22.09.2014
Dienstag,
23.09.2014
Mittwoch,
24.09.2014
Donnerstag,
25.09.2014
Freitag,
26.09.2014
Samstag,
27.09.2014
Sonntag,
28.09.2014
7.45 Frühstück
7.45 Frühstück
7.45 Frühstück
7.45 Frühstück
7.45 Frühstück
7.45 Frühstück
7.45 Frühstück
8.15 Morgenkreis
8.15 Morgenkreis
8.15 Morgenkreis
8.15 Morgenkreis
8.15 Morgenkreis
9.00 Morgenrunde Ärzte/
Therapeuten
9.00-11.30
9.00 Morgenrunde Ärzte/ Therapeuten
9.00 Oberarztvisite:
Rundgang auf Station
9.00 Morgenrunde Ärzte/
Therapeuten
10.00 Hundetherapie
Oberarztvisite
12.00-14.00
Mittagessen/Pause
12.00 -14.00
Mittagessen/Pause
12.00-14.00 Mittagessen/Pause
12.00 -14.00
Mittagessen/Pause
12.00-14.00
Mittagessen/Pause
12.00-14.00
Mittagsessen/Pause
12.00 -14.00
Mittagessen/Pause
13.00-14.00 Große Übergabe
auf Station mit Ärzten/
Therapeuten
13.00-14.00 Übergabe auf
Station
13.00-14.00 Übergabe auf Station
13.00-13.45 Übergabe auf
Station
13.30-14.15 Fixiertraining/
Schutztechniken 14-tägig
13.00-14.00 Übergabe auf
Station mit
Fallbesprechung
13.00-14.00 Übergabe
auf Station
13.00-14.00 Übergabe auf
Station
14.00-15.00 Freundegruppe
14.00 -15.00
interne Fortbildung
Nachmittag
14.00-17.00 Besuchsnachmittag
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
Ab 14.00
Spielgruppe
für Kinder
ohne Besuch
14.0017.00
Besuchsnachmittag
14.00-15.00 SOKO
Ab 14.00
Spielgrupp
e für
Kinder
ohne
Besuch
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
16.00
16.15 - 16.45 Entspannung
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
Individueller Wochenplan
Vormittag
Wochenplan von __Niklas____________________________
Montag,
22.09.2014
7.45 Frühstück
Dienstag,
23.09.2014
7.45 Frühstück
Mittwoch,
24.09.2014
7.45 Frühstück
Donnerstag,
25.09.2014
7.45 Frühstück
Freitag,
26.09.2014
7.45 Frühstück
8.15 Morgenkreis
8.15 Morgenkreis
8.15 Morgenkreis
8.15 Morgenkreis
8.15 Morgenkreis
9.00 Morgenrunde Ärzte/
Therapeuten
9.00-11.30
9.00 Morgenrunde Ärzte/ Therapeuten
9.00 Oberarztvisite:
Rundgang auf Station
9.00 Morgenrunde Ärzte/
Therapeuten
9.00-10.30 HSU: Tiere im Herbst
10.00-11.30 Psychomotorik
9.30-10.00 Frühsport
10.00 Hundetherapie
Oberarztvisite
Nachmittag
Mittag
11.15-12.00 Werken:
Vogelhaus
Samstag,
27.09.2014
7.45 Frühstück
Sonntag,
28.09.2014
7.45 Frühstück
11.00-11.45
Psychodiagnostik
12.00-14.00
Mittagessen/Pause
12.00 -14.00
Mittagessen/Pause
12.00-14.00 Mittagessen/Pause
12.00 -14.00
Mittagessen/Pause
12.00-14.00
Mittagessen/Pause
12.00-14.00
Mittagsessen/Pause
12.00 -14.00
Mittagessen/Pause
13.00-14.00 Große Übergabe
auf Station mit Ärzten/
Therapeuten
13.00-14.00 Übergabe auf
Station
13.00-14.00 Übergabe auf Station
13.00-13.45 Übergabe auf
Station
13.30-14.15 Fixiertraining/
Schutztechniken 14-tägig
13.00-14.00 Übergabe auf
Station mit
Fallbesprechung
13.00-14.00 Übergabe
auf Station
13.00-14.00 Übergabe auf
Station
14.00-15.00 Freundegruppe
14.00 -15.00
interne Fortbildung
15.00 Süßes Teilchen
Ab 14.00
Spielgruppe
für Kinder
ohne Besuch
14.30-15.00 Gespräch mit
behandelndem Arzt
14.0017.00
Besuchsnachmittag
14.00-15.00 SOKO
Ab 14.00
Spielgrupp
e für
Kinder
ohne
Besuch
14.15-15.00 Musik
14.00-17.00 Besuchsnachmittag
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
15.00 Süßes Teilchen
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
16.00
16.15 - 16.45 Entspannung
17.30 Abendessen
17.30 Abendessen
Übergreifende Angebote
 Morgenkreis
 Soziale Kompetenzgruppe, sog.
„Freundegruppe“ und „SOKO-Gruppe“
 Entspannungsgruppe
 Psychomotorik
 Kreativtechniken
 Ferienprogramm
Individuelle Angebote
als Einzel- oder Gruppenangebot
Physiotherapeut









Fortführung bestehender Therapien
Mobilisation
Kontrakturenprophylaxe
Aktivierung
Wahrnehmungsschulung
Entspannungsverfahren
Entwicklungsförderung
Motorikschulung: grob- und feinmotorisch
Frühsport
Individuelle Angebote
als Einzel- oder Gruppenangebot
Beschäftigungstherapeutin





Diagnostik
Schulung der Feinmotorik
Wahrnehmungsübungen
Esstraining
Konzentrationstraining
Individuelle Angebote
als Einzel- oder Gruppenangebot
Sozialpädagogin im Fachdienst
 Kunsttherapeutische Angebote
 Bsp.: Triptychon (Thema)
 Körperumrissbild
 Ausdrucksmalen (freies Gestalten mit verschiedenen Materialien
und Techniken)
 Perspektivenplanung
Triptychon
Berufsspezifische Angebote
Sozialpädagogin im Sozialdienst
 Beratung und Unterstützung der Familien bei der Suche nach
geeigneten, individuellen Hilfen zur Entlastung im Alltag (z.B.
Schulbegleiter, SPFH, FED etc.)
 Info über Leistungen der Pflegekasse (SGB XI), der
Jugendhilfe/Erziehungshilfe (SGB VIII), der Eingliederungshilfe
(SGB XII), bei Besitz eines Schwerbehindertenausweises
 Sozialrechtliche Beratung
 Unterstützung bei der Suche nach Einrichtungen
 Kontakt mit zuständigen Behörden
 Teilnahme an Hilfeplangesprächen
Training sozialer und
emotionaler Kompetenzen
 Freundegruppe (möglichst alle Patienten)
 Ziel: Training basaler sozialer Kompetenzen




Kontaktaufnahme und Distanz
soziale Wahrnehmung
Emotionserkennung, -beschreibung und -management
Umgang mit Konflikten
 Ablauf




Blitzlicht
Abschiedshand, Lobbox
Konfliktlösung (Kinder untereinander), Stationsregeln
zusätzliche Themen nach aktuellem Bedarf
 z.B. Umgang mit Heimweh, wie gewinne ich einen Freund,
sexuelle Aufklärung...
Abschiedshand
Schulteam
der KaG- Klassen in der Graf-zu-Bentheim Schule
• Sonderschullehrer(16 Std.)
• Heilpädagogen (45 Std.)
d.h.: 70 wöchentliche Unterrichtsstunden
• Heilpädagogische
Unterrichtshilfe (11 Std.)
=> 4,5 Std. pro Schüler in der Woche
Pädagogisches Konzept
 Grundlage: Lehrplan für den Förderschwerpunkt geistige
Entwicklung
 gekoppelt mit individueller Therapieplanung
 Normalität und Struktur während des Klinikaufenthaltes
 Integration verhaltenstherapeutischer Maßnahmen
 Strukturierung der Arbeitssituation und flexible
Gestaltung des Lernsettings
 Flexibilität und Sicherheit im Team
Schulischer Alltag während des
Aufenthalts
 Diagnostik




Erfassen der schulischen und außerschulischen Berichte
Kontakt zu Stammschulen
Beobachtung und Dokumentation der Lernsituationen
Überprüfung von Hypothesen im Unterricht
 Unterricht
 Einzelförderung: TEACCH, Förderpflege
 Einzelunterricht: Lernspiele, Kulturtechniken, PC-Programme,
thematische Arbeit, Intensivierung
 Gruppenunterricht (2-8 Schüler): Kulturtechniken, thematische
Lernangebote, Sport, Psychomotorik, Musik, Werken, Snoezelen
 Außenschulversuche, Praktika
Schulischer Alltag während des
Aufenthalts
 Teamarbeit




Teilnahme an wöchentlicher OA-Visite
wöchentliches Schulteam
Teilnahme an KaG-Arbeitskreisen
Teilnahme und Angebote im internen Fortbildungszirkel
 Kontakt zu außerklinisch Beteiligten
 Kontakt zu Stammschule bei Aufnahme und während des
Aufenthaltes
 Teilnahme an HPGs während und am Ende der Behandlung bei
schulischen Fragestellungen
 Unterrichtsgänge
 Schulbericht/Rückmeldung zum Ende des Aufenthaltes
Anforderung an Therapeuten
 Ausdauer und Geduld
 Veränderungen und Entwicklung benötigen mehr Zeit,
durchschnittliche Liegezeit KaG deutlich höher als stationäre
Behandlung Nichtbehinderter, einzelne Therapieeinheiten
kürzer, dafür öfter)
 Beachtung Übertragung und Gegenübertragung
 besondere Herausforderungen durch auto- und
fremdaggressives Verhalten, aber auch Kotschmieren und
Urinieren, anhaltendes Schreien, etc.
 Vertrauen und angemessene Distanz
 Keine Scheu, kein Ekel, keine Angst
Anforderung an Therapeuten
 haltende und stützende Atmosphäre
 Kombination sprachlicher und nichtsprachlicher
Anteile
 Phantasie und Flexibilität
 Teamfähigkeit
 Kritikfähigkeit
 Interprofessionelle Zusammenarbeit
Verhaltensorientierte Diagnostik bei auffälligem Verhalten
Prof. Dr. Klaus Sarimski
(PH Heidelberg)
• Standardisierte Fragebögen: VFE, NCBRF
• Funktionale Verhaltensanalyse
Verhaltensfragebogen für Kinder mit Entwicklungsstörungen
(VFE, Einfeld, Tonge & Steinhausen, 2008; Sarimski & Steinhausen, 2006)
•
•
‐
‐
‐
‐
‐
96 Items (dreistufige Bewertung)
Skala:
Disruptives, antisoziales Verhalten
selbst‐absorbiertes Verhalten
Kommunikationsstörung
Angst
Soziale Beziehungsstörung
Nisonger Beurteilungsbogen für das Verhalten von behinderten Kindern
(Beispiele aus NCBRF; Aman et al., 1996; dt. in Sarimski & Steinhausen, 2006)
Isoliert sich von
anderen
Greift andere an
0
1
2
3
0
1
2
3
Beißt sich wiederholt
0
1
2
3
Zappelt, rutscht
hin/her
Zu wenig aktiv,
langsam
0
1
2
3
0
1
2
3
Nisonger Beourteilungsbogen für das Verhalten von behinderten Kindern
Aman et al., 1996; dt. in Sarimski & Steinhausen, 2006)
• 66 Items
• Positives Sozialverhalten
•






Problemverhalten:
Oppositionell‐aggressiv
Sozial unsicher
Hyperaktiv
Zwanghaft
Selbstverletzend
reizempfindlich
Funktionale Verhaltensanalyse: Analyse der sozialen Anforderungen und Verstärkungsbedingungen Vulnerabilität für soziale Anforderungen und Umgebungsbedingungen
(„Setting events“)
Reizvielfalt und Bewegungsfreiraum
Angebot von Beschäftigungen
Tagesstruktur, Überschaubarkeit von Übergängen
Wahlmöglichkeiten und Selbstbestimmung
Schmerzen, Störungen des Wohlbefindens, Diät, Schlafstörungen
• Eindeutigkeit und Stabilität von Betreuungspersonen
• Konflikte im sozialen System
•
•
•
•
•
Befragung von Bezugspersonen und Verhaltensprotokolle
• Bei welchen Aktivitäten tritt es typischerweise auf?
• Was geschieht in der Regel, wenn es auftritt?
• Gibt es bestimmte Ereignisse, die unmittelbar vorher
geschehen?
• Gibt es Bedingungen, unter denen das Verhalten nie
auftritt?
• Gibt es einen Zusammenhang zu körperlichem
Befinden?
• Spielen äußere Faktoren für das Auftreten eine Rolle?
Mögliche Verstärkungsbedingungen
Streben nach Anreiz
Selbststimulation
Soziale
Aufmerksamkeit
Bevorzugte
Aktivität
Streben nach Vermeidung
einer negativen Erfahrung
Reduktion von
Schmerz, etc.
Unerwünschte
Aufmerksamkeit
Schwierige
Anforderung/Veränderung
Verhaltensprotokoll
(Keep it simple!)
Name: Zeit:
Kontext:
• Sozialer Kontext:
• Kritisches Verhalten:
• Soziale Reaktion:
• Annahme über Funktion:
Verhaltensprotokoll
(Keep it simple!)
Situation Verhalten
Konsequenz
Diagnostische Arbeitshypothese
• Ereignisse, die ihm unmittelbar vorausgehen
• Rahmenbedingungen, die sein Auftreten wahrscheinlicher
machen
• Konsequenzen, die das Verhalten aufrechterhalten
• Behinderungsbedingte Einschränkungen, die zum Problem
beitragen (z.B. eingeschränkte Umweltwahrnehmung,
Verstehen von Anforderungen und Zusammenhängen,
fehlende soziale oder kommunikative Kompetenzen,
genetische bedingte Einschränkungen der Selbstregulation)
Hilfe‐ und Assistenzbedarf zur Bewältigung der alltäglichen Anforderungen („positive Verhaltensunterstützung“)?
Interventionsplan für : Auslöser
Verhalten
Aufrechterhaltung
Funktion:
Funktion:
Präventive Hilfen
Neue Kompetenzen
Neue Konsequenzen
Interventionselemente
(Auswahl)
• Veränderung von sozialen Anforderungen




Reduzierung der Aufgabenschwierigkeit
Rhythmisierung und Gliederung von Aufgaben
Tagesstrukturierung und Visualisierungshilfen
Individuelle Assistenzen
• Veränderung von Konsequenzen
 Verhaltensverträge (kontingenter Zugang zu bevorzugten Tätigkeiten)
 Veränderung dysfunktionaler Interaktionsmuster
• Training adaptiver Verhaltensformen




Selbständige Beschäftigung
Alternative Kommunikation
Ärger‐(Selbst‐)Management
Soziales Kompetenztraining
Dr. phil. Karolin Gruber, M.A.
Psychologie bei geistiger Behinderung und bei Verhaltensstörungen
Pädagogik bei Autismus-Spektrum-Störungen
Autismus und
herausforderndes Verhalten
Fachtag: „An den Grenzen: Umgang mit Verhaltensstörungen/
herausforderndem Verhalten im Förderschwerpunkt geistige
Entwicklung“
Workshop am 17. Oktober 2014 am Auhof in Hilpoltstein
Inhalte des Workshops
© Dr. Karolin Gruber
-2-
Stellen Sie sich einen 6-jährigen
Jungen mit Autismus vor, …
… der in der Mitte eines Lebensmittelgeschäftes steht und schreit. In
Angesicht seines Verhaltens – und den Blicken, die er von anderen im Laden
dafür erhält – versuchen Sie, sein Verhalten zu interpretieren und
entsprechend zu reagieren.
Schreit er, weil der Laden voll ist von Menschen, die Augenkontakt und
soziales Lächeln verwenden, was er nicht versteht?
Schreit er, weil er Hunger hat, Kekse sieht und nicht weiß, wie er nach etwas
zu Essen fragen soll?
Schreit er, weil es nicht das gleiche Lebensmittelgeschäft ist, in das er sonst
mit Ihnen geht?
Schreit er, weil er sich an den hellen Lichtern im Geschäft stört?
Oder schreit er, weil er gebeten wurde, die Einkäufe in den Einkaufswagen zu
legen, was er nicht machen will?
vgl. Grofer Klinger et al. 2013
© Dr. Karolin Gruber
-3-
A-Kriterium
Qualitative Beeinträchtigung
in der sozialen
Kommunikation und
Interaktion
AutismusSpektrum- Störung
Eingeschränktes, sich
wiederholendes
Verhaltensrepertoire
B-Kriterium
APA 2013
© Dr. Karolin Gruber
-4-
Qualitative Beeinträchtigung
in der sozialen
Kommunikation und
Interaktion
Wenn Sie glauben, dass der
Junge schreit, weil es ihm zu
viele Menschen sind, können
Sie ihn anleiten, eine Pause zu
verlangen
vgl. Grofer Klinger et al. 2013
© Dr. Karolin Gruber
-5-
Eingeschränktes, sich
wiederholendes
Verhaltensrepertoire
vgl. Grofer Klinger et al. 2013
© Dr. Karolin Gruber
-6-
Herausforderndes Verhalten
• Herausforderndes Verhalten tritt häufiger bei Kindern mit ASS
auf als bei gesunden Kindern oder Kindern mit anderen
Entwicklungsstörungen (Matson et al. 2009)
• Studien zeigen herausforderndes Verhalten zwischen 32% bis
zu 94% der Kinder mit ASS (Jang et al. 2011)
• Die Verringerung von herausforderndem Verhalten ist für
Eltern oft Priorität bei Interventionen (Pituch et al. 2011)
• Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit ASS und
Intelligenzminderung sind Barrieren für eine effektive Schulund Ausbildung sowie für ihre soziale Entwicklung; häufig
bleiben die Verhaltensweisen bis ins Erwachsenenalter
bestehen (Matson & Rivet 2008)
© Dr. Karolin Gruber
-7-
Herausforderndes Verhalten
Lehrkräfte identifizieren herausforderndes Verhalten bei SuS mit
Autismus als Haupthindernis für deren Lernerfolge:
• Es erschwert den Unterricht, verursacht Stress und mitunter
Verletzungen bei den Lehrkräften, den Betroffenen und den
Mitschülern (Jang et al. 2011; Machalicek et al. 2007, 2008)
• Reaktionen auf Seiten der Betreuungspersonen (Butrimaviciute &
Grieve 2013):
– Wut, Angst, Furcht
– Hilflosigkeit, Trauer, Ohnmachtsgefühle, geringes
Selbstwirksamkeitserleben
– Gefühle von Schuld und Scham
© Dr. Karolin Gruber
-8-
Formen von schwierigem Verhalten
bei ASS
Menschen mit ASS haben also ein erhöhtes Risiko für herausforderndes
Verhalten, welches sich häufig wie folgt zeigen kann:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Autoaggressives Verhalten
Fremdaggressives Verhalten
Panikartige Reaktionen bei Abweichungen von Routine oder Ritualen
Negativismus
Perfektionismus
Zwangshandlungen
Distanzlosigkeit
Ausgeprägtes Rückzugsverhalten
Apathie
…
Klosinski & Troje 2004, 26
© Dr. Karolin Gruber
-9-
Häufigkeit von herausforderndem
Verhalten
Mit der Schwere der autistischen Störung erhöht sich die Häufigkeit des
Auftretens von herausfordernden Verhaltensweisen, insbesondere von
– Aggression/Zerstörung (z.B. schlagen auf Gegenstände)
– Stereotypien (z.B. sich ständig wiederholende Verhaltensweisen, wie
ungewöhnliche Lautäußerungen; Körperbewegungen; ungewöhnliches
Spiel mit Gegenständen)
– selbstverletzendes Verhalten (z.B. sich selbst schaden; Gegenstände
schlucken)
– disruptives Verhalten (z.B. weglaufen)
Matson & Rivet 2008
© Dr. Karolin Gruber
-10-
Funktionen von herausforderndem
Verhalten
• Wissenschaftliche Untersuchungen haben sich mit den Funktionen
von herausforderndem Verhalten bei Autismus beschäftigt, die
meisten waren in der Lage mind. eine Funktion des Verhaltens zu
bestimmen
• Am häufigsten werde herausforderndes Verhalten gezeigt, um:
– Aufmerksamkeit zu bekommen
– etwas Erwünschtes zu erhalten
– eine Situation/Aufgabe zu vermeiden
– sich sensorisch zu stimulieren
• Herausforderndes Verhalten kann aber auch biologische oder
kognitive Ursachen haben
Matson et al. 2011
© Dr. Karolin Gruber
-11-
„Eine Situation/Aufgabe vermeiden“
• Diverse Studien haben gezeigt, dass herausforderndes Verhalten zur
Vermeidung von Aufgabenanforderungen fungieren kann (z.B.
Derby et al. 1992)
• Dieses Vermeidungsverhalten von Kindern mit Autismus kann im
schulischen Setting teilweise nur sehr schwer mit üblichen
Methoden wie Timeout behoben werden, da genau dies eine
negative Verstärkung für den Schüler bedeuten kann und in der
Folge das herausfordernde Verhalten gehäuft oder in einer noch
stärkeren Intensität gezeigt wird (Lerman et al. 1999)
© Dr. Karolin Gruber
-12-
Choice making
Bietet man Kindern mit ASS Auswahlmöglichkeiten
zwischen Aktivitäten (z.B. Arbeiten in Rechnen oder
Schreiben), Unterrichtsmaterialien (z.B. Schreiben mit
einem Bleistift oder Kugelschreiber) oder bei
Umweltbedingungen (z.B. Sitzplatz) an, kann
unerwünschtes Verhalten in Form von
Aufgabenverweigerung deutliche verringert werden.
Rispoli et al. 2013
© Dr. Karolin Gruber
-13-
„Etwas Erwünschtes bekommen“
Das erhöhte Risiko zu herausfordernden Verhaltensweisen kann
in der Unfähigkeit, eigene Bedürfnisse effektiv zu
kommunizieren, begründet sein:
• Die kommunikativen Beeinträchtigungen sind gekennzeichnet
durch tiefgreifende pragmatische Defizite, geringe
Sprachproduktion und einem Mangel an initiierender
Kommunikation
• Sie stehen insbesondere im Zusammenhang mit
Schwierigkeiten in Joint Attention und der Theory-of-Mind
Hutchins & Prelock 2014
© Dr. Karolin Gruber
-14-
Verhaltensanalyse
• Verhaltensanalyse ist das wichtigste
diagnostische Verfahren bei einer pädagogischpsychologischen Intervention auf
verhaltenstheoretischer Grundlage
• Ziel ist es, die Ursache oder aufrechterhaltende
Bedingungen für die Probleme zu ermitteln
• Die SORKC-Analyse ist die Analyse eines
speziellen, klar umgrenzten, ausgewählten
Problemverhaltens
Hautzinger 2011
© Dr. Karolin Gruber
-15-
Vorgehensmodell nach Kanfer
Das in Frage kommenden Verhalten (R) wird von situativen (S) oder
biologischen (O) Determinanten (sog. vorausgehenden Bedingungen)
hervorgerufen und von bestimmten Konsequenzen (K, C) gefolgt.
S = Stimuli, Situation
O = Somatische Einflüsse, überdauernde Merkmale
R = Reaktion, problematisches Verhalten
K = Kontingenz
C = Konsequenzen
Für die Aufrechterhaltung von R sind die kurzfristigen Konsequenzen
bedeutsam! Bei den kurzfristigen Konsequenzen ist vor allem nach C(negative Konsequenz; direkte Bestrafung) und C+ (positive Konsequenz;
positive Verstärkung) zu suchen. Zunächst wird R beschrieben, dann S, O, K,
C.
Hautzinger 2011; Kircher 2013
© Dr. Karolin Gruber
-16-
Literatur
APA (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders (DSM-5). Washington, DC u.a.:
American Psychiatric Association.
Butrimaviciute, R. & Grieve, A. (2013). Carers‘ experience of beeing exposed to challenging behaviour in
services for autism spectrum disorders. Autism, DOI: 10.1177/1362361313508022
Derby, K. M. et al. (1992). Brief functional assessment techniques to evaluate aberrant behavior in an
outpatient setting: A summary of 79 cases. Journal of Applied Behavior Analysis, 25, 713–721.
Grofer Klinger, L. et al. (2013). Caregiver-mediated approaches to managing challenging behaviors in
children with autism spectrum disorder. Dialogues in Clinical Neuroscience, 15 (2), 225–233.
Hautzinger, M. (2011). Mirko-Verhaltensanalyse. In M. Linden & M. Hautzinger (Hrsg.),
Verhaltenstherapiemanual (S. 217–221). Heidelberg: Springer.
Hutchins, T. L. & Prelock, P. A. (2014). Using communication to reduce challenging behaviors in
individuals with autism spectrum disorders and intellectual disability. Child and Adolescent Psychiatric
Clinics of North America, 23 (1), 41–55.
Jang et al. (2011). Symptom severity and challenging behavior in children with ASD. Research in Autism
Spectrum Disorders, 5, 1028–1032.
Kircher, T. (2013). Pocket Guide Psychotherapie. Heidelberg: Springer.
Klosinski, G. & Troje, A. E. (2004). Kanner-Autismus. Entwicklungsverlauf im 2. und 3. Lebensjahrzehnt
bei 18 Patienten unter besonderer Berücksichtigung des sozial-adaptiven Verhaltens. Ergebnis einer
qualitativen Retrospektivstudie. Nervenarzt, 75, 23–28.
© Dr. Karolin Gruber
-17-
Literatur
Machalicek, W. et al. (2007). A review of interventions to reduce challenging behavior in school settings
for students with autism spectrum disorders. Research in Autism Spectrum Disorders, 1 (3), 229–246.
Machalicek, W. et al. (2008). A review of school-based instructional interventions for students with
autism spectrum disorders. Research in Autism Spectrum Disorders, 2 (3), 395–416.
Matson, J. L. & Rivet, T. T. (2008). Characteristics of challenging behaviours in adults with autistic
disorder, PDD-NOS, and intellectual disability. Journal of Intellectual and Developmental Disability, 33
(4), 323–329.
Matson, J. L. et al. (2009). The relationship of challenging behaviors to severity and symptoms of autism
spectrum disorders. Journal of Mental Health Research in Intellectual Disabilities, 2, 29–44.
Matson, J. L. et al. (2011). What is the evidence for environmental causes of challenging behaviors in
persons with intellectual disabilities and autism spectrum disoders? Research in Developmental
Disabilities, 32 (2), 693–698.
Pituch, K. A. et al. (2011). Parent reported treatment priorities for children with autism spectrum
disorders. Research in Autism Spectrum Disorders, 5, 135–143.
Rispoli, M. et al. (2013). A comparison of within- and across-activity choices for reducing challenging
behavior in children with autism spectrum disorders. Journal of Behavioral Education, 22, 66–83.
© Dr. Karolin Gruber
-18-
WS 22 – SStärke staƩ Maccht – Grau/ Weyyand/ Zehendneer
(Basiis-)Bauste
eine des Schulkon
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Biograph
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Eingangsphase
Schula
anfangsfeier
verkürztter Unterrichtt
Pausenaufsicht aller L
persönlich
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ng
Wie kann Schule gelingen?
Prävention von sozialen und emotionalen Störungen in der Schule Dr. Edith Wölfl
Sozial‐emotionale Probleme von Kindern in der Schule
Sozial‐emotionale Störungen
Probleme im Kind
Probleme im Umfeld
Probleme in der Familie
Dr. Edith Wölfl 2014
3
Sozial‐emotionale Störungen
1.
2.
3.
4.
Gehen Wechselwirkungen ein
Können nicht isoliert betrachtet werden
Sind nicht eindimensional zu behandeln
Reagieren nicht auf Konsequenzen sondern
auf Interventionen
Dr. Edith Wölfl 2014
4
Chronische Störungen
•
•
•
•
•
Ängste
Zwänge
ADHS
Tics
Autismus
Dr. Edith Wölfl 2014
5
Hochrisikofaktoren und Traumatisierungen
• Gewalt zwischen den Eltern
• Gewalt oder Vernachlässigung gegenüber dem
Kind
• Tod eines nahen Angehörigen
• Schwere chronische Erkrankung des Kindes
oder eines nahen Angehörigen
• Gewalterfahrungen eines Elternteils in der
eigenen Kindheit
Dr. Edith Wölfl 2014
6
Bindungsstörungen
• Ambivalente Bindung
• Unsichere Bindung
• Desorientierte Bindung
Bindungsstörungen lösen ambivalente Gefühle und Gedanken aus. Wir fühlen uns in einem emotionalen Wechselbad.
Dr. Edith Wölfl 2014
7
Störungen der Ich‐Kompetenz
•
•
•
•
Eingeschränktes Einfühlungsvermögen
Geringe Vorstellung der Selbstwirksamkeit
Geringer Selbstwert
Geringe Frustrations‐ bzw.
Ambuguitätstoleranz
Dr. Edith Wölfl 2014
8
Umschriebene Entwicklungsstörungen
•
•
•
•
Sprache
Motorik
Aufmerksamkeit
Teilleistungsschwächen
Dr. Edith Wölfl 2014
9
Merkmale der Probleme und Störungen
• Komplex
• Finden sich in unterschiedlichen Bereichen
und Ausprägungen
• Sind situativ verschieden und widersprüchlich
• Überlagern sich gegenseitig in
Wechselwirkungen
Hinter allen Störungen ist Angst.
Konsequenzen funktionieren deshalb nicht.
Dr. Edith Wölfl 2014
10
Diagnostik bei emotionalen und sozialen Störungen
• Tests und Screenings
• Andere diagnostische Verfahren
Dr. Edith Wölfl 2014
11
Diagnostik zur Schulaufnahme und Förderung
•
•
•
•
•
•
Intelligenz
Sprache‐ und Sprachentwicklung
BISC
Motorik
Fortlaufende Beobachtungen
Fallgespräche
Dr. Edith Wölfl 2014
12
Andere Diagnostik
Beobachtungen in anderen Einrichtungen
Beobachtungen der Eltern
Informationen vom Kinderarzt
Informationen von Therapeuten
Informationen von Kliniken wie z.B. Kinderzentrum in München
Datenschutz und Schweigepflicht!
•
•
•
•
•
Dr. Edith Wölfl 2014
13
Elemente der Schulqualität
Person
Struktur
Unterricht
Dr. Edith Wölfl 2014
14
Angst braucht Halt und Sicherheit
•
•
•
•
Halt durch die Erwachsenen
Halt durch die Klassengemeinschaft
Halt durch die räumliche Struktur
Halt durch die Vorhersehbarkeit
• Sicherheit durch Selbstwirksamkeit
• Sicherheit durch Ermutigung und Zuversicht
• Sicherheit durch Erfolg
Dr. Edith Wölfl 2014
15
Personale Kompetenzen 1
•
•
•
•
•
Hohe innere Präsenz
Schnelle Reaktionen
Multitasking
Selbstorganisation
Expressive Vielfalt in Stimme, Sprache und
Körpersprache
Dr. Edith Wölfl 2014
16
Personale Kompetenzen 2
•
•
•
•
•
Emotionale Wärme und Beziehungsfähigkeit
Fähigkeit zur Metaebene und Humor
Schlagfertigkeit
Kooperations‐ und Teamfähigkeit
Fehlertoleranz und Selbstkritik
Dr. Edith Wölfl 2014
17
Struktur und Raum
•
•
•
•
•
Schulhaus
Eingangsbereich
Pausenhof
Klassenzimmer
Schulbus
Dr. Edith Wölfl 2014
18
Struktur und Zeit
• Organische Rhythmisierung
• Zeitangaben und als Hilfe
• Genaue Planung im Rhythmus des Tages, der
Woche und des Schuljahres
• Vorhersehbarkeit von Ermüdung
• Pausen einkalkulieren und gestalten
Dr. Edith Wölfl 2014
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Unterrichtsprinzipien 1
• Emotionales und soziales Lernen haben
Vorrang
• Lerninhalte und Unterrichtsinhalte sind
Medium des sozialen und emotionalen
Lernens
• Unterrichtserfolg wird systematisch verfolgt
Dr. Edith Wölfl 2014
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Unterrichtsprinzipien 2
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Classroommanagement
Organische Unterrichtsorganisation
Klarheit und Einfachheit
Didaktisches Minimum
Wesentlich sein
Sinnvoller Unterricht
Dr. Edith Wölfl 2014
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Unterrichtsprinzipien 3
Make them feel successfull!
• Klare Strukturen
• Komplexitätsverminderungen bei Übergängen
• Reflektierte Regeln
• Feedback, Feedback, Feedback
• Gemeinschaft vor Individualität
Dr. Edith Wölfl 2014
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Unterrichtsprinzipien4
Unterricht ist ein Lernprozess, der Sicherheit zum Ziel hat.
• Von der Bindung zur Exploration
• Von gebundenen Formen zur
Individualisierung
• Vom Ich zum Wir
und zurück!
Dr. Edith Wölfl 2014
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Kooperation als Förderbasis
Eltern und andere Angehörige
Partner innerhalb der Schule einbeziehen
Partner der Schule z.B. Jugendhilfe, Hort etc.
Andere Hilfen vor Ort z.B. Therapeuten
(Umgang mit der Schweigepflicht!)
• Ggf. Kirchen, Vereine etc., also andere
Lebensräume des Kindes
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Dr. Edith Wölfl 2014
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Schulentwicklung und sozial‐
emotionale Störungen
• Wenn es den Kindern besser geht, dann geht
es allen besser, auch den Erwachsenen.
• Wenn der Unterricht sich auf diese Kinder
einstellt, wird er für alle Kinder besser.
• Für die emotionale und soziale Entwicklung
der Kinder einer Schule bilden alle eine
Gemeinschaft.
Dr. Edith Wölfl 2014
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Die Förderung von Kindern mit emotionalen und sozialen Schwierigkeiten ist Aufgabe jedes Einzelnen, aber vor allem auch der gesamten Schule und Einrichtung. Niemand darf dabei alleine bleiben.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Dr. Edith Wölfl 2014
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Referentinnen und Referenten Bräutigam, Dorothea (StRin FS, Brunnenschule, Augsburg) Coulmann, Ute (Rechtsanwältin und Mediatorin, Dozentin für Gesundheitsfachberufe, Flehingen) Ebert, Dr. Harald (SoR, Berufsschule Don Bosco, Würzburg) Ebner, Dr. med. Roland (Institutsambulanz und Tagesklinik für Kinder‐ und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Klinikum Deggendorf) Färber, Ludwig (StR FS, SFZ Landkreis Weißenburg‐Gunzenhausen) Fath, Maria Johanna (Traumapädagogin und Traumatherapeutin, Familientherapeutin, Neusäß) Federl, Bea (SRin, Studienseminar für Sonderpädagogik FsgE, Würzburg) Fischer, Prof. Dr. Erhard (Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV – Pädagogik bei Geistiger Behinderung, Universität Würzburg) Grasruck, Dieter (Fachdienstkoordinator, RDB GmbH Auhof – Wohnen, Lernen, Arbeiten, Auhof) Grau, Peter (SoR, Martinschule Augsburg) Gruber, Dr. Karolin (M.A., Lehrstuhl für Pädagogik bei geistiger Behinderung und Pädagogik bei Verhaltensstörungen, LMU München) Harnack, Maike (StR FS, Franziskus‐Schule, Bad Windsheim) Heldrich, Nadine (StRin FS, HPZ Rupert‐Egenberger Schule, Amberg) Klauß, Prof. Dr. Theo (Professur für Geistigbehindertenpädagogik, PH Heidelberg) Kleindiek, Michaela (Dipl.‐Päd., Pädagogische Werkstatt Nürnberg) Langenhorst, Christoph (StR, FS, Franziskus‐Schule, Bad Windsheim) Markowetz, Prof. Dr. Reinhard (Lehrstuhl Pädagogik bei geistiger Behinderung und Pädagogik bei Verhaltensstörungen, LMU München) Meier, Thomas (SoR, Franziskus‐von‐Assisi‐Schule, Au am Inn) Miller, Thomas (IR, Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB), München) Praxl, Stefanie (StRin FS, Comeniusschule, Aschaffenburg) Rabe, Simone (StRin FS, Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg, Beraterteam psychisch belastete Schüler Mittelfranken) Sarimski, Prof. Dr. Klaus (Professur für Sonderpädagogische Frühförderung, PH Heidelberg) 20 Schreiber, Liane (StRin FS, Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg, Beraterteam psychisch belastete Schüler Mittelfranken) Seifert, Dr. med. Jürgen (Ltd. Oberarzt der Klinik am Greinberg, Spezialklinik für Kinder‐ und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Würzburg) Spaett, Thomas (Dipl.‐Psych., Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV – Pädagogik bei Geistiger Behinderung, Universität Würzburg) Spangler, Gerhard (Institut für kollegiale Beratung e. V., Heilsbronn) Thalmaier, Sabine (StRin FS, Franziskus‐von‐Assisi‐Schule, Au am Inn) Walter‐Klose, Dr. Christian (Dipl.‐Psych., Syst. Therapeut, Psychotherapeut, Lehrstuhl für Sonderpädagogik II – Körperbehindertenpädagogik, Universität Würzburg) Wayand, Anne (SoRin, Regens‐Wagner‐Schule Burgkunstadt) Wernekke, Isabel (SoRin, Heilpädagogisches Zentrum Amberg) Wölfl, Dr. Edith (SoRin i.R., München) Zehendner, Gabriele (StRin FS, Martinschule Augsburg) 21 Veranstalter Deutscher Caritasverband Landesverband Bayern e. V. Evangelische Schulstiftung in Bayern Julius‐Maximilians‐Universität Würzburg, Lehrstuhl für Sonderpädagogik IV – Pädagogik bei Geistiger Behinderung Lebenshilfe Landesverband Bayern e. V. Ludwig‐Maximilians‐Universität München, Lehrstuhl für Pädagogik bei geistiger Behinderung und Pädagogik bei Verhaltensstörungen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Vorbereitungsgruppe Georg Bauer (St. Nikolaus‐Schule, Erding) Dr. Wolfgang Dworschak (LMU München) Prof. Dr. Erhard Fischer (Universität, Würzburg) Rita Freund‐Schindler (Evangelische Schulstiftung i. B., Nürnberg) Rainer Kühlewind (Comenius‐Schule, Auhof) Elfriede Meier (Cabrinischule, Offenstetten) Renate Merk‐Neunhoeffer (Comenius‐Schule, Auhof) Dr. Christoph Ratz (Universität Würzburg) Ullrich Reuter (Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg) Brigitte Schindler (Lebenshilfe Landesverband Bayern e. V., Erlangen) Liane Schreiber (Jakob‐Muth‐Schule, Nürnberg) Norbert Witt (Dt. Caritasverband Landesverband Bayern e. V., München) in Kooperation mit: Ltd. RSchD Gerhard Kleindiek (Regierung von Mittelfranken, Ansbach) MR Erich Weigl (StMBW, München) 22 
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