Ausgabe 4/2016 www. ia.org www. urtikar ia.org urtikar – S chwierigkeiten bei der Allergenkennzeichnung M Ih – Was sind DiseaseManagement-Programme? rE xe itn zum mp la eh r m en – A llergie und Klassenfahrt allergikus 4/2016 1 inhalt Ausgabe 4/2016 Foto: Kinga–Shutterstock.com Mit Allergien leben Wie erkenne ich eine Arzneimittelallergie? 4 Bioresonanztherapie 6 Wunsch- und Wahlrecht bei der Rehabilitation 7 Hilfsmittel 8 Hilfe bei Rhinosinusitis und Sinusitis 10 Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen Wunsch- und Wahlrecht bei der Rehabilitation Seite 7 Schwierigkeiten bei der Allergenkennzeichnung 12 Histaminintoleranz – der lange Weg zur Diagnose 13 Ernährung bei Laktoseintoleranz und Kuhmilchallergie 14 Foto: Alexander Raths–Shutterstock.com Der NmuTreff-Ortenau – aktiv für Menschen mit Nahrungsmittelintoleranzen 15 Lebensmittelallergien zukünftig besser behandeln 17 Lunge & Atemwege Was sind Disease-Management-Programme? 19 COPD und Impfungen 20 Leben mit Hauterkrankungen COPD und Impfungen Seite 20 Das Auge kann bei Psoriasis mitbetroffen sein 22 Therapie von Neurodermitis 23 Kälteurtikaria – was ist das und was kann man dagegen tun? 25 Psoriasis weltweit 26 Foto: Syda Productions–Shutterstock.com Kinder & Jugendliche Allergie und Klassenfahrt 28 Protein begünstigt Asthmaerkrankung 30 Eincremen von Anfang an senkt Risiko für Neurodermitis 30 Service Allergie und Klassenfahrt Seite 28 Tag der gesunden Ernährung 32 Welt-COPD-Tag 32 Welche Pollen sind unterwegs? 33 Online-Gesundheitsratgeber Allergie, Haut, Lunge 33 allergikus mitgestalten/Impressum/Wissenschaftlicher Beirat 34 Glossar 35 Bestellformular: allergikus kostenfrei für Ihre Praxis/Klinik/SHG 36 allergikus 4/2016 3 Wie erkenne ich eine Arzneimittelallergie? Foto: Miriam Doerr–Shutterstock.com Mit Allergien leben Eine Arzneimittelallergie tritt typischerweise innerhalb einer Stunde nach der Einnahme eines Medikaments auf, in selteneren Fällen entwickelt sich die allergische Reaktion nach bis zu zwölf Stunden. I. d. R. äußert sie sich mit Juckreiz und Quaddeln auf der Haut (Nesselsucht) oder Atemnot (Asthma), u. U. auch mit einem Kreislaufschock, der sog. Anaphylaxie. Problematisch kann es sein, eine Überempfindlichkeitsreaktion auf ein bestimmtes Medikament bzw. Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten von einer „richtigen“ Allergie abzugrenzen. Sowohl Nebenwirkungen als auch eine nicht-allergische Überempfindlichkeitsreaktion treten – genau wie eine Arzneimittelallergie – u. U. erst dann auf, wenn das betreffende Medikament mehrfach zuvor genommen wurde. K ommt es bereits nach der erstmaligen Einnahme des Wirkstoffs zu einer körperlichen Reaktion, liegt voraussichtlich keine Allergie vor. Denn der Körper muss zunächst für das neue Allergen sensibilisiert werden und Antikörper dagegen entwickeln, damit beim nächsten Kontakt die allergische Reaktion erfolgt. U. U. können jedoch Hilfsstoffe, die in dem Medikament enthalten sind und mit denen der Körper bereits in Kontakt gekommen ist, eine allergische Reaktion bereits nach der ersten Einnahme eines Arzneimittels hervorrufen. Es kann daher schwierig sein, eine Arzneimittelallergie zu diagnostizieren. Abgrenzung zu anderen Reaktionen Kommt es nach der Einnahme eines Arzneimittels zu einer unvorhergesehenen körperlichen Reaktion, sollten Betroffene oder bei Kindern deren Eltern zunächst nachsehen, was der Beipackzettel über mögliche Nebenwirkungen der Medikamenteneinnahme sagt. So können manche Wirkstoffe Hautreaktionen wie Rötungen, Juckreiz oder auch Ausschlag nach sich ziehen, andere rufen u. U. Magen-Darm-Beschwerden hervor. Auch die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind im Beipackzettel i. d. R. beschrieben. Während Magen-Darm-Beschwerden seltener mit einer Allergie einhergehen und daher meist als Nebenwirkungen identifiziert werden können, sind allergische Hautausschläge häufig. Wer unsicher ist, ob die körperliche Reaktion allergischen Ursprungs ist, sollte zum Arzt gehen. Denn bei einer bestehenden Allergie ist es 4 allergikus 4/2016 besser, auf einen anderen Wirkstoff zur Behandlung der Krankheit auszuweichen, um das Risiko einer Anaphylaxie zu verringern. Neben Allergien und Nebenwirkungen können auch Intoleranzen gegen bestimmte Wirkstoffe Ursache der Beschwerden sein. Diese sind zwar nicht allergischen Ursprungs, aber ebenfalls belastend, zumal beim ersten Auftreten nicht klar ist, worum es sich handelt. Eine weitere Schwierigkeit, den Ursachen für die Beschwerden auf den Grund zu gehen, liegt darin, dass die körperliche Reaktion nicht zwingend im Zusammenhang mit dem zuvor eingenommenen Medikament stehen muss. Auch andere Allergene (z. B. Pollen, Kontaktallergene, Schimmelpilze) können sie hervorgerufen haben. Genauso können Unverträglichkeitsreaktionen z. B. gegen bestimmte Nahrungsmittel der Auslöser sein. Allgemein gilt: In Fällen, in denen die Symptome schnell und heftig auftreten, sollte möglichst rasch der Arzt aufgesucht werden, denn dieser kann die Ursache von Hautsymptomen u. U. rascher eingrenzen, wenn er die Symptome sieht. Schwierige Diagnostik Bei Verdacht auf eine Arzneimittelallergie wird der Arzt zunächst die Krankengeschichte aufnehmen und nach bestehenden Allergien oder nach einer vererbten Allergieneigung fragen. Auch nach dem Vorliegen von Nahrungsmittelintoleranzen sowie anderen Erkrankungen wird er sich i. d. R. erkundigen. Patienten sollten zudem den genauen Ablauf der körperlichen Reaktion schildern Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen Schwierigkeiten bei der Allergenkennzeichnung 14 Allergene müssen auf Lebensmittelverpackungen besonders hervorgehoben sein (z. B. durch Fettdruck oder mit einer anderen Farbe als die anderen aufgelisteten Inhaltsstoffe), wenn sie in dem jeweiligen Lebensmittel – unabhängig davon, in welcher Menge – enthalten sind. Seit Dezember 2014 muss auch lose Ware (z. B. beim Bäcker oder Metzger) dementsprechend gekennzeichnet sein, das Gleiche gilt für Speisen in Restaurants, Imbissen usw. gramm oder Liter) •Lupinen •Weichtiere (z. B. Muscheln, Schnecken) Nicht deklariert werden müssen Allergene, wenn sie durch die Art der Zubereitung ihr allergenes Potenzial verlieren. Wird das Allergen schon im Namen des Produkts genannt (z. B. bei der Bezeichnung Haselnussschokolade) muss es nicht erneut in der Zutatenliste aufgeführt werden. Bei verpackten Lebensmitteln funktioniert die Allergenkennzeichnung i. d. R. gut, doch bei loser Ware gibt es auch zwei Jahre nach der Ausweitung der Allergenkennzeichnung noch Probleme. Kennzeichnung loser Ware Welche Allergieauslöser müssen kenntlich gemacht sein? Die 14 häufigsten Allergieauslöser müssen EU-weit auf Lebensmittelverpackungen und beim Verkauf loser Ware gekennzeichnet sein. Das sind: •Glutenhaltiges Getreide, wobei Weizen (wie Dinkel und Khorasan-Weizen), Roggen, Gerste, Hafer oder Hybridstämme davon namentlich genannt werden müssen •Krebstiere •Eier •Fische •Erdnüsse •Sojabohnen •Milch, inklusive Laktose •Schalenfrüchte, wobei wiederum Cashewnüsse, Haselnüsse, Macadamianüsse (auch als Queenslandnüsse bezeichnet), Mandeln, Para- und Pecannüsse, Pistazien und Walnüsse namentlich erwähnt sein müssen •Sellerie •Senf •Sesamsamen •Schwefeldioxid und Sulfite (ab 10 Milligramm pro Kilo12 allergikus 4/2016 Bäckereien, Metzgereien und ähnliche Lebensmittelgeschäfte sollen deutlich auf die Liste mit den allergenen Inhaltsstoffen der Waren hinweisen. Leider ist das nicht überall der Fall. Zudem wissen nicht immer alle dort Beschäftigten Bescheid, welche Ware allergieauslösende Zutaten enthält. Hinzukommt: Viele Bäckereien oder Fleischereien verkaufen neben dem Standardsortiment wechselnde Artikel, z. B. Saisonartikel, bei denen die Beschäftigten u. U. ebenfalls nicht wissen, ob sie Allergene enthalten. Nicht selten ist es für Betroffene daher notwendig, sich das Informationsblatt zur Allergenkennzeichnung zeigen zu lassen, um sich zu vergewissern, ob die gewünschte Ware Allergene enthält. In der Gastronomie, in der die Allergiekennzeichnung ebenfalls vorgeschrieben ist, kann es insbesondere bei häufig wechselnden Angeboten zu Problemen kommen – vor allem, wenn es keine fortwährend gültige Speisekarte, sondern nur eine Tageskarte gibt. Da die Allergenkennzeichnungspflicht nur für Unternehmen gilt, müssen Allergiker auf Kuchenbasaren oder ähnlichen Veranstaltungen nach wie vor vorsichtig sein. Im Zweifel heißt es, lieber auf den Verzehr einer Speise zu verzichten. Foto: Lightspring–Shutterstock.com B eim Verkauf loser Ware reicht es zwar, wenn der Verkäufer seine Kunden mündlich informiert, dass ein Nahrungsmittel ein bestimmtes Allergen bzw. mehrere der 14 Allergene enthält. Auf Wunsch der Kunden muss der Verkäufer jedoch eine schriftliche Dokumentation vorlegen können. Die Form der Dokumentation bleibt dabei den Unternehmen selbst überlassen – ausreichend sind etwa eine Kladde oder ein Informationsblatt. In der Gastronomie können die Allergene z. B. auch in der Speisekarte oder auf einem Beiblatt zur Speisekarte aufgeführt werden. Die Verkaufsstätte muss jedoch deutlich sichtbar darauf hinweisen, dass es die Möglichkeit gibt, sich über die Allergene zu informieren, die bestimmte Nahrungsmittel enthalten. Lunge & Atemwege COPD und Impfungen Foto: Alexander Raths–Shutterstock.com Für COPD-Patienten kann jede Infektion der Atemwege problematisch sein, denn Atemwegserkrankungen dauern bei einer vorgeschädigten Lunge länger an, nehmen einen schwerwiegenderen Verlauf und können die COPD verstärken. Aus diesem Grund empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert Koch-­ Institut (STIKO) Menschen mit COPD, sich insbesondere gegen Krankheitserreger impfen zu lassen, die Erkrankungen der Atemwege hervorrufen. D och auch die routinemäßig empfohlenen Impfungen für alle Erwachsenen, etwa gegen Kinderlähmung (Poliomyelitis, kurz Polio) und Tetanus (Wundstarrkrampf), sollten COPD-Patienten durchführen und in den empfohlenen Abständen auffrischen lassen. Denn jede Erkrankung schwächt den Körper und das kann bei COPD u. U. eine Verschlechterung des Allgemeinzustands nach sich ziehen. Empfohlene Impfungen Zu den Impfungen, die alle Erwachsenen und somit auch COPD-Patienten durchführen lassen sollten, gehört die Kombinationsimpfung gegen Diphterie, Keuchhusten (Pertussis) und Tetanus, kurz als DTP-Impfung bezeichnet. Diese Impfung sollte alle zehn Jahre aufgefrischt werden, um den Impfschutz zu gewährleisten. Die meisten Menschen wurden im Kindes- oder Jugendalter bereits gegen Kinderlähmung geimpft. In diesen Fällen reicht i. d. R. eine Auffrischimpfung im Erwachsenenalter. Diese sollte nicht versäumt werden, da die Kinderlähmung in anderen Ländern der Welt noch nicht ausgerottet ist. Nach 1970 Geborene, die in ihrem Leben weder an Masern, Mumps und Röteln erkrankt waren noch bereits gegen die drei Krankheiten geimpft wurden, sollten sich den Empfehlungen der STIKO zufolge einer Impfung unterziehen. Denn gerade im Erwachsenenalter nehmen die Krankheiten u. U. einen schwereren Verlauf und schwächen im Erkrankungsfall COPD-Patienten. 20 allergikus 4/2016 Zusätzliche Impfungen für COPD-Patienten Menschen mit COPD empfiehlt die STIKO zudem, sich regelmäßig jedes Jahr im Herbst gegen Grippe (Influenza) impfen zu lassen. Die Grippeimpfung schützt zwar nicht in allen Fällen vor einer Ansteckung, da sich das Grippevirus im Verlauf der Grippezeit immer wieder verändert, doch nach Angaben der STIKO sind zwischen 50 und 90 % aller Geimpften (abhängig u. a. auch vom Alter und Gesundheitszustand) vor einer Infektion geschützt. Da eine Grippe oft – vor allem auch bei COPD-Patienten – einen schweren Verlauf nimmt, sollten sich Menschen mit COPD unbedingt impfen lassen und in der Grippezeit weitere Schutzvorkehrungen treffen, z. B. Menschenmengen meiden. Eine weitere Impfempfehlung gibt die STIKO bei COPD für die Pneumokokkenimpfung. Pneumokokken sind Bakterien, die u. a. eine Lungenentzündung hervorrufen können. Da Pneumokokken insbesondere bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem Infektionen auslösen, sollten COPD-Patienten ihren Arzt nach der Impfung fragen, falls er sie noch nicht selbst angesprochen hat. Eine einzige Impfung genügt den Empfehlungen der STIKO zufolge derzeit, um einen ausreichenden Schutz herzustellen. Die Kosten für die Impfungen gegen Grippe und Pneumokokken übernehmen bei COPD-Patienten die gesetzlichen Krankenkassen. Leben mit Hauterkrankungen Das Auge kann bei Psoriasis mitbetroffen sein Foto: Wallenrock–Shutterstock.com der Haut auch die Gelenke erkranken, ist oft auch eine Beteiligung der Augen zu beobachten“, weiß Prof. Pleyer. Dabei können alle Regionen von der Lid- und Bindehaut bis zum Augeninneren betroffen sein. Trockenes Auge Müde Augen und ein Fremdkörpergefühl, als rieben Sandkörner auf der Augenoberfläche, sind Symptome für ein trockenes Auge oder Sicca-Syndrom. „Das trockene Auge sollte nicht unbehandelt bleiben“, rät Prof. Pleyer insbesondere Psoriasispatienten. Denn ein intakter Tränenfilm ist wichtig für den Schutz der Hornhaut des Auges und für ihre Versorgung mit Nährstoffen und zur Abwehr von Infektionserregern. Je nach Ausprägung des trockenen Auges stehen Tränenersatzmittel in Form von Augentropfen, Gelen oder Salben zur Verfügung. In sehr schweren Fällen mit einer Entzündung der Augenoberfläche können Augentropfen mit dem Wirkstoff Ciclosporin helfen. Ein trockenes Auge kann auch zusammen mit einer Entzündung des äußeren oder inneren Lidblatts auftreten und zu einer chronisch verlaufenden Blepharitis führen. Hier hilft eine langfristig angelegte Behandlung, die durch konsequente Lidrandhygiene unterstützt wird. Bedrohung für das Augenlicht: Uveitis Autoimmunerkrankungen schädigen nicht selten auch die Augen. Beispielsweise ist bei Patienten mit Schuppenflechte (Psoriasis) häufig nicht nur die Haut von der Krankheit betroffen. Prof. Dr. Uwe Pleyer vom Berufsverband der Augenärzte Deutschland (BVA) erklärt, wo­rauf zu achten ist, wenn Psoriasispatienten auch von trockenen Augen oder einer Uveitis, einer Entzündung im Augeninneren, betroffen sind, berichtet der BVA. D ie Psoriasis, von der in Deutschland etwa zwei Millionen Menschen betroffen sind, gilt allgemein als Hautkrankheit. Doch viele wissen nicht, dass nicht nur die Haut sich bei Psoriasis entzünden kann. Häufiger als gesunde Menschen entwickeln Patien­ten mit Schuppenflechte ein trockenes Auge oder eine Uveitis. „Besonders bei der sog. Psoriasis-Arthritis, bei der neben 22 allergikus 4/2016 Von einer Uveitis sprechen Augenärzte, wenn Gewebe im Augeninneren entzündet ist. Sie ist in Deutschland die zweithäufigste Ursache für eine Erblindung von Menschen im erwerbsfähigen Alter. Die Uvea ist die Gefäßhaut des Auges, zu ihr gehören die Regenbogenhaut (Iris), der Strahlenkörper (Ziliarkörper) und die Aderhaut (Choroidea). Das Auge ist eines der am besten durchbluteten Organe des Körpers, daher ist es oft auch von systemischen Krankheiten betroffen. Rote Augen, eine schmerzhafte Lichtempfindlichkeit und verschwommenes Sehen können auf eine Uveitis hinweisen. Häufig verläuft die Augenentzündung schleichend, sodass die Veränderungen den Patienten nicht sofort auffallen. Unbehandelt drohen ernsthafte Schä­den für das Sehvermögen bis zum völligen Verlust des Augenlichts. Psoriasispatienten weisen ein ca. drei- bis viermal höheres Risiko für eine Uveitis auf. Für die Behandlung der Uveitis stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, beispielsweise kortisonhaltige Augentropfen oder Wirkstoffe, die in das Immunsystem eingreifen. Auch Augenoperationen können u. U. notwendig werden. „Wenn