Laser in Medizin & Biologie Multi-Line Faserlaser für die Multiphotonenmikroskopie Marion Lang, TOPTICA Photonics AG, Gräfelfing Die Lichtmikroskopie spielt für die Bildgebung in Biologie und Medizin eine wichtige Rolle. Mit der Erfindung der Konfokalmikroskopie 1957 konnten erstmals hohe Auflösungen in allen drei Raumrichtungen erzielt werden. Bei den meisten Konfokalmikroskopen wird die Probe durch einen fokussierten Laserstrahl abgerastert. Eine konfokale Lochblende blockiert das Fluoreszenzlicht, das außerhalb der Fokusebene angeregt wird und erzeugt so einen „optischen Schnitt“ der Probe. Die Konfokalmikroskopie besitzt jedoch einige Nachteile, insbesondere für die Untersuchung von lebendem Gewebe: die Photonen deponieren Energie in der Probe und tragen zur Schädigung der Probe und zum Bleichen des Fluoreszenzfarbstoffes bei. Dieser Effekt ist umso stärker, je kürzer die verwendeten Anregungswellenlängen sind. Hinzu kommt das große Anregungsvolumen des Doppelkegels (kegelförmigen Volumina ober- und unterhalb der Fokusebene), der die Probe scannt. Dies führt dazu, dass auch Bereiche, die gar nicht abgebildet werden, beeinträchtigt werden können. Als Alternative für in-vivo Bildgebung mit zellulärer Auflösung in drei Dimensionen hat sich die 2-Photonen-Mikroskopie etabliert: hier absorbiert ein Fluorophor statt nur eines Photons zwei Photonen der doppelten Wellenlänge. Die Anregungswellenlängen liegen damit im nahen Infrarot (IR). Durch die Nichtlinearität der 2-Photonen Absorption findet der Anregungsprozess nur im Fokus des Objektivs statt und es werden nur die Moleküle angeregt, die sich im Fokusvolumen 22 BioPhotonik 2/2014 TOPTICA Photonics © AT-Fachverlag GmbH www.photonik.de Die Multiphotonenmikroskopie wird zur Bildgebung von fixiertem und lebendem Gewebe eingesetzt und liefert hochauflösende Daten beispielsweise von Nervenzellen im Organismus in-vivo. Seit ihren Anfängen werden für die Anregung komplexe Titan:Saphir-Laser verwendet. Im Folgenden wird ein Faserlasersystem vorgestellt, das als kompakte und kosteneffiziente Alternative genutzt werden kann. Drei Anregungswellenlängen sind bereits ausreichend, um die gängigsten Farbstoffe anzuregen und zudem eine dreifache simultane Multiphotonenanregung bei kurzen Akquisitionszeiten zu realisieren. Bild 1: Prinzipielle Eigenschaften von 1-Photonen und 2-Photonen-Anregungsspektren. Die 2-Photonenspekten sind meist sehr breit und häufig zu kürzeren Wellenlängen verschoben befinden. Auch eine potentielle Schädigung tritt nur in diesem Bereich auf. Aus dem Fokusvolumen leitet sich die intrinsische Auflösung des Multiphotonenmikroskops in allen drei Raumrichtungen ab. Ein weiterer Vorteil ist die geringere Streuung und damit höhere Eindringtiefe des IR-Lichts im Vergleich zu Anregungswellenlängen im sichtbaren Spektralbereich. Dies ermöglicht eine Untersuchung von Gewebeproben in einer Tiefe von bis zu einem Millimeter. Diese Eigenschaften machen die Multiphotonen-Anregung ideal für die Lebendzell-Mikroskopie, wie beispielsweise für die Bildgebung von Nervenzellen im lebenden Tier, oder die Diagnose von krankhaften Veränderungen der Haut, ja sogar zur Untersuchung der Retina des Auges. Das physikalische Prinzip der Multiphotonenanregung wurde bereits 1931 durch Maria Göppert-Mayer beschrieben. Es dauerte jedoch nahezu weitere 60 Jahre, bis 1990 die 2-Photonen-Anregung erstmals für die Mikroskopie eingesetzt wer- den konnte [1]. Ein Grund dafür sind die zu erfüllenden Anforderungen: Multiphotonenprozesse benötigen sehr hohe Photonendichten um trotz ihrer geringen Wahrscheinlichkeit ein ausreichendes Signal-zu-Rauschen zu erzeugen. Um den mittleren Energieeintrag dennoch möglichst gering zu halten, werden praktisch immer Kurzpulslaser mit Pulsdauern im 100 fs-Bereich eingesetzt. Die Femtosekundenpulse werden in der Regel durch Titan:Saphir-Laser erzeugt. Diese Lasersysteme sind durchstimmbar und emittieren Wellenlängen von etwa 650 nm bis 1050 nm mit Ausgangsleistungen von 300 mW bis 3 W. Titan:Saphir-Laser sind allerdings relativ teuer, sperrig und technisch anspruchsvoll. Daher stellt sich die Frage nach einfacheren Lösungen. Für konventionelle 1-Photonen Anregung (1PE) beispielsweise werden zumeist Laser mit einzelnen Linien (z.B. Gaslaser, Diodenlaser, DPSS-Laser) oder Multi-Laser Systeme, die mehrere Wellenlängen zur Verfügung Effiziente Farbstoffanregung bei 780 nm Gewöhnlich befindet sich das Maximum der 2-Photonen Absorption nicht beim Zweifachen des 1-Photonen Maximums, sondern ist bei vielen Farbstoffen zu kürzeren Wellenlängen verschoben (Bild 1). Beispielsweise würde man das Maximum der 2-Photonen Absorption von Alexa 568 bei 1140 nm erwarten (das 1-PE Maximum liegt bei etwa 570 nm). Tatsächlich befindet sich das Maximum aber bei 780 nm. Wie oben bereits beschrieben kommt hinzu, dass Multiphotonen Absorptionsspektren typischerweise sehr breit sind: Farbstoffe, die im 1-Photonen Fall verschiedene Anre- TOPTICA Photonics stellen, verwendet. Die Fluorophore und Laserlinien werden so ausgewählt, dass die Farbstoffe von den zur Verfügung stehenden Wellenlängen effizient angeregt werden können. Dieser Ansatz sollte auch für die 2-Photonen Anregung (2PE) von Interesse sein, insbesondere im Anbetracht der Tatsache, dass 2PESpektren deutlich breiter als die entsprechenden 1-PE Spektren sind. Farbstoffe, deren 1-PE Spektren nicht oder kaum überlappen, können im 2-Photonen Fall mit derselben Laserwellenlänge effizient angeregt werden (Bild 1). Im Folgenden soll daher ein System vorgestellt werden, welches für 2-Photonen Anregung einzelne Laserlinien bereitstellt. Geklärt wird die Frage, wie sich der typische Anregungsbereich geeignet abdecken lässt, bzw. welche Wellenlängen die größte Rolle spielen. Bild 2: 2-Photonen Anregungsmaxima von häufig verwendeten Fluoreszenzfarbstoffen und fluoreszenten Proteinen (Werte aus [2], [3]). Drei Anregungswellenlängen sind häufig ausreichend, um alle Farbstoffe in den drei Bereichen (blau, grün, rot) anzuregen gungslaser benötigen, können im 2-Photonen Fall bequem bei ein und derselben Wellenlänge angeregt werden. De facto besitzen viele synthetische Farbstoffe ein Anregungsmaximum in der Nähe von 780 nm, so auch die etablierten AlexaFarbstoffe Alexa 488, Alexa 568 und Alexa 594 (Bild 2). Fluoreszente Proteine in der (Multiphotonen-)Mikroskopie Fluoreszente Proteine wie das in der Qualle Aequorea victoria vorkommende grün fluoreszierende Protein (green fluorescent protein, GFP) und GFP-ähnliche fluoreszente Proteine haben die Fluoreszenzmikroskopie und insbesondere die Bildgebung von lebenden Organismen revolutioniert (Nobelpreis in Chemie 2008, Shimomura, Chalfie, Tsien). Erst dadurch wurde es möglich, Strukturen ohne Färbeprozeduren und potentiell toxische Einflüsse durch synthetische Farbstoffe spezifisch zu markieren und Transport, Lokalisation und die Wechselwirkung verschiedener Proteine in-vivo zu beobachten. Für Multifarbexperimente TOPTICA Photonics © AT-Fachverlag GmbH www.photonik.de Laser in Medizin & Biologie Bild 3: Der 2-Farb Faserlaser FemtoFiber dichro liefert zwei Wellenlängen 780 nm und 1030 nm, sowie eine zusätzliche virtuelle Wellenlänge (888 nm) für die 2-Photonen Mikroskopie. Beide Wellenlängen kommen aus demselben Oszillator – daher sind die Pulse perfekt synchronisiert. Eine der beiden Wellenlängen lässt sich um Dt verzögern, um einen perfekten zeitlichen Überlapp der Pulse auf der Probe zu gewährleisten BioPhotonik 2/2014 23 © AT-Fachverlag GmbH www.photonik.de TOPTICA Photonics Laser in Medizin & Biologie Bild 4: Aufnahmen aus dem Hippocampus einer Maus (a) zeigen YFP-exprimierende Neuronen und GFP-markierte neutrophile weiße Blutkörperchen (b). Anregung mit 780 nm (c), 1030 nm (d), 780 nm und 1030 nm simultan (e), bzw. ohne zeitlichen Überlapp (f) und zum Vergleich mit einem Titan:Saphir-Laser bei 900 nm (g) wurden neue GFP-ähnliche Varianten mit andern Anregungs- und Emissionswellenlängen entwickelt und inzwischen steht eine ganze Palette von fluoreszenten Proteinen zur Verfügung. Ein besonders beeindruckendes Anwendungsbeispiel sind die sogenannten „Brainbow”-Experimente: einzelne Neuronen exprimieren stochastische Kombinationen von drei fluoreszenten Proteinen, und machen so bis zu 90 Farben unterscheidbar [4]. Als das erste isolierte und sequenzierte fluoreszente Protein spielt GFP aufgrund etablierter Protokolle und stabiler Zelllinien nach wie vor eine sehr wichtige Rolle für die Lebendzell-Mikroskopie (2-Photonen Anregungsmaximum um 920 nm). Neue rot-fluoreszierende Proteine In jüngster Zeit wurden auch neue fluoreszente Proteine mit langwelligeren Absorptions- und Emissionsspektren entwickelt. Diese besitzen 2-Photonen Maxima zwischen 1000 nm und 1100 nm [3]. Ihr Vorteil ist die niedrigere Absorption und Streuung und geringere Autofluoreszenz bei längeren Anregungswellenlängen. Aufgrund der genannten Eigenschaften der 2-PE Spektren sollten drei Wellenlängen zur Anregung der verschiedenen Farbstoffe ausreichend sein (Bild 2): z.B. 780 nm (blauer Bereich), um 900 nm (grüner Bereich) insbesondere um GFP anzuregen und eine dritte Wellenlänge, >1000 nm (roter Bereich), mit der sehr rote Farbstoffe angeregt werden können. 24 BioPhotonik 2/2014 Anregung durch Multi-Line Faserlaser Ein solches System lässt sich mit einem Erbium-Faserlaser realisieren. Faserlaser zeichnen sich durch eine kompakte Baugröße, einen niedrigen Stromverbrauch, intrinsische Stabilität und Kosteneffizienz aus. Der Faserlaser enthält keine Freistrahlkomponenten, ist praktisch wartungsfrei und per Knopfdruck bedienbar. Die zuverlässigen und robusten Geräte benötigen nur passive Luftkühlung und operieren stabil selbst bei Schwankungen in den Umgebungsbedingungen. Diese Eigenschaften machen Faserlaser ideal für den Routineeinsatz in Forschungslaboren. Ein Erbium-Faserlaser arbeitet bei der fundamentalen Wellenlänge von 1560 nm und liefert Pulsdauern von unter 100 fs. Dieses Licht lässt sich effizient auf 780 nm frequenzverdoppeln. Durch eine zusätzliche Frequenzverschiebung kann eine zweite Wellenlänge, beispielsweise 1030 nm erzeugt werden. Bild 3 zeigt den schematischen Aufbau des Lasers. Da beide Wellenlängen vom selben Oszillator erzeugt werden, sind beide Wellenlängen perfekt phasenstabil. Durch eine Verzögerungsstrecke in einem der beiden Arme können die Pulse beider Wellenlängen zeitlich gegeneinander verschoben werden. Damit lässt sich die Dispersion im Mikroskop vorkompensieren (sog. Precompensation) und die Pulse treffen mit perfektem zeitlichen Überlapp auf der Probe ein. Bei beiden Ausgangswellenlängen des Lasers findet konventionelle 2-Photonen Anregung statt. Zusätzlich können aber auch Farbstoffe angeregt werden, deren Anregungsmaximum zwischen diesen beiden Wellenlängen liegt. Wenn die Pulse beider Farben zeitlich überlappen, kann auch 2-Farb 2-PE stattfinden, d.h. ein Fluorophor absorbiert je ein Photon aus beiden Pulsen [5]. Rechnerisch ergibt sich für diesen Prozess eine virtuelle Wellenlänge von 888 nm. Da alle drei Wellenlängen simultan zur Verfügung stehen, können Experimente auch mit zwei oder drei Anregungswellenlängen gleichzeitig durchgeführt werden. Dies ermöglicht Mehrfarb-2PE Aufnahmen mit Aquisitionszeiten, die vergleichbar mit 1-Kanal Aufnahmen sind. Ein Titan:Saphir-Laser stellt dagegen die Wellenlängen nur sequentiell zur Verfügung und benötigt eine gewisse Zeit zum Anfahren der verschiedenen Wellenlängen. Anwendungsbeispiel: Neuronen und Neutrophile Bild 4 zeigt die ersten Ergebnisse des Faserlasers an einem Intravital2P Mikroskop (FEI, München). Als Probe (freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Prof. Herms, LMU, München) dient ein Schnitt aus dem Hippocampus einer Maus. Etwa 10% der Neuronen exprimieren das gelb fluoreszierende Protein (yellow flourescent protein, YFP) (Bild 4 (b), gelb), während die neutrophilen weißen Blutkörperchen (Bild 4 (b), grüner Kreis) mit GFP markiert sind. Bild 4 (c) - (f) zeigen die Fluoreszenzsignale bei Anregung mit 780 nm (c), mit 1030 nm (d) und beiden Wellenlängen gleichzeitig, Laser in Medizin & Biologie einmal mit temporalem Überlapp (e) und zeitlich versetzt eintreffenden Pulsen auf der Probe (f). Erwartungsgemäß regt 1030 nm die YFP-Fluoreszenz effizient an (das YFP 2P-Anregungsspektrum besitzt eine ausgeprägte Schulter um 1030 nm). Treffen beide Pulse synchron und zeitgleich auf der Probe ein, so wird auch GFP angeregt (die Neutrophilen wurden durch grüne Kreise markiert) und zeigt ein vergleichbares Resultat wie bei Anregung mit einem Titan:Saphir Laser bei 900 nm (Bild 4 (g)). lassen sich viele synthetische Farbstoffe mit unterschiedlichen Emissionsspektren effizient anregen, so wie rote fluoreszente Proteine um 1030 nm. Die virtuelle Wellenlänge bei 888 nm ermöglicht es zudem, Farbstoffe mit einem 2-PE Maximum um 900 nm wie z.B. GFP anzuregen. Da alle drei Wellenlängen zeitgleich zur Verfügung stehen, können auch 2Photonen Lebendzell-Experimente mit zwei oder drei Farbstoffen simultan durchgeführt werden – mit einer Akquisitionszeit die der von 1-Farbaufnahmen entspricht. Für Multiphotonenprozesse haben sich bisher Titan:Saphir-Laser etabliert. Als kompakte, robuste und benutzerfreundliche Alternative eignen sich Faserlaser. Besonders bequem und kosteneffizient ist der hier vorgestellte Faserlaser, der bis zu drei Anregungswellenlängen simultan zur Verfügung stellt. Bei 780 nm Literaturhinweise: [1] W. Denk, J.H. Strickler, und W.W. Webb, Twophoton laser scanning fluorescence microscopy, Science, Bd. 248, S. 73–76, 1990 [2] www.drbio.cornell.edu/cross_sections.html [3] M. Drobizhev, N.S. Makarov, S.E. Tillo, T.E. Hughes, A. Rebane, Two-photon absorption properties of fluorescent proteins, Nat. Methods, Bd. 8, Nr. 5, S. 393–399, Mai 2011 Ansprechpartner: Dr. Marion Lang TOPTICA Photonics AG Lochhammer Schlag 19 D-82166 Gräfelfing Tel. 089/85837-0 Fax 089/85837-200 eMail: [email protected] Internet: www.toptica.com www.biophotonik.de Webcode B2002 © AT-Fachverlag GmbH www.photonik.de Fazit [4] J. Livet, T.A. Weissman, H. Kang, R.W. Draft, J. Lu, R.A. Bennis, J.R. Sanes, J.W. Lichtman, Transgenic strategies for combinatorial expression of fluorescent proteins in the nervous system, Nature, Bd. 450, Nr. 7166, S. 56–62, Nov. 2007 [5] P. Mahou, M. Zimmerley, K. Loulier, K.S. Matho, G. Labroille, X. Morin, W. Supatto, J. Livet, D. Débarre, E. Beaurepaire, Multicolor two-photon tissue imaging by wavelength mixing, Nat. Methods, Bd. 9, Nr. 8, S. 815–818, Aug. 2012 BioPhotonik 2/2014 25