INFORMATIONSTECHNIK Optische Netze – einfacher als gedacht DIE ALTERNATIVE: LICHTWELLENLEITER Am Anfang waren es Rauch und Geräusche ver- schiedenster Art, mit denen sich Menschen über Entfernungen hinweg verständigten – allerdings in sehr bescheidenem Maße. Erst mit der Entdeckung der elektromagnetischen Wellen begann Ende des 19. Jahrhunderts der Durchbruch zu länderübergreifenden und schließlich weltumspannenden Signalübertragungen. Heute geschieht das mit Lichtwellenleitern. AUF EINEN BLICK LICHTWELLENLEITER bieten gegenüber elektrischer Signalübertragung zahlreiche Vorteile STECKVERBINDER und andere Hilfsmittel stehen inzwischen in vielfältiger Form zur Verfügung RÜCKWEGE für Telefon- und Internetdienste machen eine Ausdehnung optischer Netze bis zum Endverbraucher interessant D as Prinzip ist bis heute gleich geblieben: Auf eine Trägerfrequenz werden die Nutzsignale aufmoduliert, wobei zu der anfangs eingesetzten Amplitudenmodulation bis heute eine Vielzahl von Varianten dazu gekommen ist. Was sich ebenfalls im Laufe der vergangenen über 100 Jahre drastisch erweitert hat, ist der nutzbare Frequenzbereich, der von den anfangs sehr langwelligen Frequenzen um die 100 kHz bis heute bis in den Lichtbereich mit 2 x 1014 Hz reicht, in Wellenlängen ausgedrückt von 3 km bis 1 µm. Licht als Übertragungsmedium lässt sich in Luft oder Vakuum, aber eben auch in Glasfasern nutzen, und in diesen besonders effektiv. Hier spielen die im freien Raum vorhandenen Nachteile keine Rolle. Selbst die außerordentlich hohe Dämpfung, erzeugt durch die festen, aber zum Teil auch schon gasförmigen Gegenstände, spielt keine Rolle – im Gegenteil, da die Empfänger Quelle: Henning Kriebel Sender Lichtwellenleiter + – Bild 1: Prinzip der optischen Übertragung 70 + – Lichtwellen gewissermaßen in der Glasfaser eingeschlossen sind, folgen sie deren Richtung, und das über große Entfernungen bei äußerst geringen Dämpfungswerten. Sollte die Dämpfung schließlich doch einmal zu groß werden, lässt sich das Lichtsignal mithilfe eines Regenerators wieder zum ursprünglichen zurückführen (Wiederherstellung des Pegels und des Taktes). Die Vorteile der optischen Übertragungstechnik sind überhaupt beeindruckend: • Hohe Bandbreite von einigen 100 THz (Terahertz) möglich • Niedrige Dämpfung von 0,2 dB/km (im Vergleich dazu Koaxialkabel mit ca. 30 dB/km) • Keine Frequenzentzerrung nötig • Weite Strecken ohne Verstärker überbrückbar (ca. 100 km von Punkt zu Punkt) • Übertragung mehrerer Wellenlängen auf einer Faser möglich Dazu kommen Störsicherheit, Abhörsicherheit, Langlebigkeit und damit auch Zukunftssicherheit. Elektrisch bietet die optische Übertragungstechnik weitere Vorteile: • totale Potentialtrennung • keine Kurzschluss- und Überspannungsgefahr • absolute Einstrahlsicherheit Und betrachtet man die mechanischen Eigenschaften, kommen hinzu: • hohe Flexibilität, • kleine Abmessungen möglich sowie • geringes Gewicht. Wo buchstäblich Licht ist, ist natürlich auch Schatten. Im Falle der Glasfaser bedeutet dies: • Die Technik ist aufwendig, • die Kosten sind (noch) hoch de 11.2012 INFORMATIONSTECHNIK www.elektro.net AM, FM, QAM ... Elektrisch -> Optisch Daten Modulation Optische Quelle (Laser) Glasfaser Optischer Verstärker 010110 Daten AM, FM, QAM ... Demodulation Elektrisch <- Optisch Optische Senke (Fotodiode) Glasfaser Bild 2: Optische Übertragungsstrecke als Punkt-zu-Punkt-Verbindung Modulation Daten So geht’s Optische Quelle (Laser) Glasfaser Optischer Verstärker Demodulation Optische Senke (Fotodiode) Glasfaser Daten Demodulation Optische Senke (Fotodiode) Glasfaser Splitter Quelle: Henning Kriebel Daten Bild 3: Optische Übertragungsstrecke als Punkt-zu-Multipunkt-Verbindung Splitter WDM 0,25 1 0,25 0,25 0,25 Quelle: Henning Kriebel Bild 4: Je größer der Verteilungsfaktor, desto geringer die Leistung am Ausgang Glasfaserkabel beinhalten mehrere Faserbündel, die wiederum aus mehreren Fasern bestehen. Zur Leistungsverteilung der Signale verwendet man optische Splitter. Dabei sind Verteilungen von 1 : 2 bis 1 : 64 üblich. Die Leistung am Ausgang steht in direktem Zusammenhang mit dem Verteilungsfaktor: Je größer der Verteilungsfaktor, desto geringer die Leistung am Ausgang (Bild 4). Es kommt zu Dämp- Bild 5: Der LC-Stecker ist ein »Small Form Factor« (SFF)-Stecker, der in der aktiven optischen Übertragungstechnik und in der LAN-Verkabelung eingesetzt wird Bild 6: Der SC-Stecker (SC für engl. subscriber connector) ist einer der am meisten eingesetzten LWL-Stecker. Seine Push-PullTechnik garantiert eine einfache Montage Quelle: Henning Kriebel Pro Wellenlänge kann man einen Frequenzbereich von einigen GHz übertragen, wobei eine Faser eine Vielzahl von Wellenlängen übertragen kann. Man bezeichnet das Verfahren Wellenlängen-Multiplex (WDM) und unterscheidet zwischen DWDM (0,8 nm) und CWDM (20 nm), je nach Wellenlängenabstand. Übertragungen erfolgen bevorzugt im Bereich zwischen 1 470 nm und 1 610 nm. Quelle: Henning Kriebel Das Prinzip dieser Übertragungstechnik ist eigentlich denkbar einfach. Man wandelt die zu übertragenen elektrischen Signale in Lichtsignale, moduliert damit einen Lichtträger, der über einen Lichtwellenleiter (LWL) zum Empfänger übertragen wird. Dort macht man das Ganze wieder rückgängig und wandelt die optisch modulierten Signale wieder in elektrische Signale um (Bild 1). In der Praxis dient als Träger das mittels eines Lasers erzeugte Lichtsignal, das mit einer Fotodiode wieder empfangen wird. Möglich sind sowohl sogenannte Punkt-zu-Punkt-Verbindungen (Bild 2) als auch Punkt-zu-Multipunkt-Verbindungen (Bild 3). Als Laser werden heutzutage Typen eingesetzt, die eine hohe Ausgangsleistung bereitstellen und schnell modulierbar sind, wodurch hohe Datenraten übertragen werden können. Zur Verfügung stehen zwei unterschiedliche Lasertypen: FabryPerot-Laser und DFB-Laser. Durchgesetzt haben sich die Erstgenannten, weil sie deutlich preisgünstiger sind und dennoch eine hohe Laserleistung bieten. Die größere spektrale Breite und das höhere Rauschen nimmt man gegenüber den Vorteilen einfach in Kauf. Sind die Übertragungsstrecken kurz (unter 20 km), werden direkt modulierte Laser eingesetzt, darüber indirekt modulierte. Licht lässt sich in der Glasfaser nach dem Prinzip der Totalreflexion (MultimodeFaser) oder geradlinig (Single- oder Monomode-Faser) übertragen. In der optischen Weitverkehrstechnik werden ausschließlich Single-Mode-Fasern eingesetzt (Multimode-Faser vorwiegend in der Gebäudeverkabelung). Dabei haben sich für die Nutzung Wellenlängen im Bereich von 1 310 nm und 1 550 nm als besonders günstig herausgestellt, weil die Dämpfung besonders gering und die Laser besonders kostengünstig sind. 010110 Quelle: Henning Kriebel • wer die optische Technik nutzen will, muss zunächst die Glasfasern verlegen. Gleichwohl bescheinigt man der optischen Übertragungstechnik blendende Aussichten. Neue Netze werden bevorzugt mit der Glasfaser aufgebaut, wobei diese mindestens bis zum Haus, längerfristig sicher auch bis in die Wohnung reichen werden. Schon heute lässt sich darüber spekulieren, ob die künftige Hausverkabelung Koaxkabel, Ethernet, Kupferdoppelader oder eben nicht doch Lichtwellenleiter nutzen wird. 71 INFORMATIONSTECHNIK Arbeiten mit Glasfasern Am Ende der Fasern befinden sich optische Steckverbinder, die es in einer Vielzahl unterschiedlicher Varianten gibt (Bilder 5 – 8). Prinzipiell werden dabei zwei physikalische Verfahren angewendet: der sogenannte Physical Contact (PC, physikalischer Kontakt) und der Angle Physical Contact (APC, abgewinkelter physikalischer Kontakt). Der PC-Stecker hat eine ballige Endfläche. Beim Stecken berühren sich die Kernflächen (Faserenden) der beiden Stecker. Alle qualitativ hochwertigen Stecker sind nach dem PC-Prinzip konstruiert. Beim APC-Stecker steht die Steckerendfläche zusätzlich auch winklig zur Fa- PAL UKW Quelle: Henning Kriebel QAM HUB Lange Entfernung Optischer Sender DOWN: 1550 nm Sprache Montage. An aktiven Komponenten wird er langsam durch den kompakteren LC-Stecker abgelöst. Der E2000-Stecker hat separate Schutzkappen und schützt so vor Verschmutzungen. Quelle: Henning Kriebel Was man auch wissen sollte Bild 7: Der E-2000-Stecker verfügt ähnlich wie der SC-Stecker über eine Push-PullTechnik. Seine Laserschutzklappe öffnet sich beim Stecken automatisch Quelle: Sigurd Schobert fungen von 3 dB bis 21 dB). Die Technik des Wellenlängen-Multiplex (WDM) ermöglicht es, Wellenlängen auf unterschiedliche Fasern zu verteilen. Trotz der dämpfungsarmen Eigenschaft von Glasfasern können Übertragungsstrecken so lang oder durch Splitter die Signale so stark beeinflusst werden, dass eine regenerierende Verstärkung erforderlich wird. Hierfür werden EDFA-Verstärker eingesetzt (EDFA = Erbium doped fibre amplifier). Zu beachten ist allerdings, dass durch jede Verstärkung der Rauschanteil bei der Übertragung zunimmt. Empfangen werden die optischen Signale mithilfe von PIN-Fotodioden, welche die optische Leistung wieder in elektrische Ströme wandeln. Fotodioden arbeiten nicht selektiv, sondern spektral breitbandig (1 200 ... 1 620 nm), haben jedoch ein Empfangsmaximum (1 310 nm oder 1 550 nm). Um das Rauschen gering zu halten, werden die PIN-Fotodioden gekühlt. Bild 8: Der FC-Stecker (FC für engl. fiber connector) wird über einen Schraubverschluss verriegelt. Das Steckergehäuse verfügt über eine Verdrehsicherung serachse. Durch diesen Aufbau vermeidet man Reflexionen, die die Lichtübertragung stören. APC-Steckertypen kommen bei Singlemodeübertragungen zum Einsatz und in City- oder Weitverkehrsnetzen mit hohen Datenraten. Unterschieden werden die Stecker auch nach ihrer Steckfunktion (Bild 6) wie z.B. der SC-Stecker: Seine Push-PullTechnik (verriegelt sich automatisch beim Einstecken und entriegelt sich beim Abziehen) erlaubt eine schnelle und einfache Verteilpunkt Kurze Entfernung Optischer Verstärker 1550 nm UP: 1610 nm Daten CMTS Anwender Wandler Optik-Koaxial 1610 nm Optischer Empfänger Optischer Verteiler Bild 9: Optisches Übertragungsnetz in der Praxis: Einspeisung von Fernsehen und Internet bei einem Teilnehmer, mit Rückkanal 72 Wer sich mit optischer Übertragungstechnik befasst stößt neben der bei vielen Installateuren noch unbekannten Physik auf eine Reihe weiterer Fachbegriffe. Da ist zunächst einmal der Begriff Fiber-to-the-X (FttX), auf deutsch Glasfaser-bis-zu-X – will heißen, dass Glasfaserverbindungen ganz verschiedene Endpunkte haben können, an denen die Lichtsignale wieder in elektrische Signale umgewandelt werden. Am weitesten entfernt vom Teilnehmer ist FttE (Fiber-to-the Exchange). Hier endet die optische Übertragung zunächst oder endgültig in der Vermittlungsstelle, in der Praxis auch vielfach als Hub bezeichnet. Kabelverzweiger werden als FttN (Fiber-to-the-Node) bezeichnet. Endet die Lichtübertragung am Übergabepunkt (gemeint ist damit auch der Straßenrand), spricht man von FttC (Fiberto-the-Curb). Optische Verbindungen, die bis ins Haus reichen, werden mit FttB (Fiber-to-the-Building) bezeichnet. Bleiben die sogenannten FttH-Verbindungen (Fiber-to-the-Home), die dem einzelnen Teilnehmer die optimalen technischen Voraussetzungen bieten, aber auch am teuersten zu realisieren sind. Utopie, da sind sich die Fachleute einig, sind sie allerdings nicht mehr. Das passive optische Netz Passive Netze sind meist als einfache Stern- oder Baumnetze ausgeführt. Zur Aufteilung der optischen Leitung setzt man Splitter ein. In Netzen zur Übertragung von TV- und Radiosignalen (RFoG = RF over Glass) kann es zu optischem Rauschen am Splitterpunkt im Upstream kommen. Um das zu vermindern, sollten Rückwegsender im Burst-Mode arbeiten oder mit unterschiedlichen Wellenlängen senden. Im passiven Netz sind Raum-Multiplex (Zweifaserlösung) oder Wellenlängen-Multiplex möglich (Einfaserlösung). Optisches Rauschen Optisches Rauschen ist in HFC-Netzen generell, weil physikalisch bedingt, ganz norde 11.2012 mal. Es entsteht dadurch, dass Rückweglaser des optischen Nodes permanent optische Leistung (also eine Art Grundrauschen) setzen. Rückweglaser haben zudem gleiche Wellenlängen und werden über denselben Empfänger ausgewertet. Außerdem überlagert sich das Rauschen der einzelnen Laserdioden. Mit Zunahme der Node-Anzahl vergrößert sich das Rauschen am Empfänger, so dass man die Anzahl von optischen Nodes pro Empfänger begrenzen muss. Bei WDM-Betrieb (Wavelength Division Multiplexing) setzt man Rückweglaser mit unterschiedlichen Wellenlängen ein, die über separate Empfänger ausgewertet werden. Weil sich das Rauschen der einzelnen Laserdioden bei unterschiedlichen Wellenlängen nicht überlagert, ist so eine größere Anzahl von Nodes pro Faserstrecke möglich. Eine andere Möglichkeit in RFoG-Netzen das Rauschen einzuschränken, ist der sogenannte Burstbetrieb. Hierbei wird der Rückweglaser des optischen Nodes nur bei Datenübertragung eingeschaltet. Rückweglaser haben gleiche Wellenlängen und werden über denselben Empfänger ausgewertet. Das Rauschen der einzelnen Laserdioden überlagert sich jedoch nicht, da jeder Node seinen eigenen Zeitschlitz zugewiesen bekommt. Auf diese Weise ist eine größere Anzahl von Nodes pro Faserstrecke und Empfänger möglich. GSS ganz vorne mit dabei GSS (Grundig Sat Systems, Nürnberg) hat die optische Übertragung in der Kopfstationstechnik bereits eingeführt. Damit werden die Grenzen der bisher in Koaxialtechnik ausgeführten Kopfstationsnetze gesprengt. GSS-Kopfstationen nutzt die Vorteile der optischen Übertragungstechnik. LINKS Weiterführende Links: www.nn.com/de INFOS Eine GSS-Kopfstation kann künftig nicht mehr nur ein paar Zigtausend Teilnehmer versorgen. Es können auch Hunderttausende sein. Selbstverständlich sind solche Netze auch voll rückkanalfähig, d. h. die Teilnehmer können auch Telefon- und Internetdienste nutzen. Wie ein optisches Netz aussieht, zeigt Bild 9. Die Kopfstation, die alle Signalformen PAL, QAM oder FM bereitstellen kann, bleibt unverändert, gleichgültig, ob ein optisches oder Koax-Netz zur Verteilung angeschlossen ist. An ihrem Ausgang übernimmt ein optischer Wandler die Signalumwandlung und die Modulation eines Lichtträgers. Die Übertragung, die über sehr lange Strecken möglich ist, erfolgt auf einer Wellenlänge von 1 550 nm. Ein optischer Verstärker übernimmt ein erstes Splitting des Lichtsignals, das dann über eine kurze Entfernung beispielsweise auf mehrere Häuser verteilt wird. Dort sorgt ein Opto-Koaxial-Wandler für die weitere Verteilung auf die angeschlossenen Teilnehmer. In optischen Netzen ist ein Rückweg für Telefon- und Internetdienste heutzutage obligatorisch. Dabei durchlaufen die vom Teilnehmer kommenden Signale eine ähnliche Prozedur wie die Hinwegsignale. Der rückwegtaugliche Opto-Koax-Wandler gibt den Lichtträger an einen Rückwegverstärker weiter, von dem aus die gleiche Distanz wie auf dem Hinweg überbrückt wird. Das CMTS (Cable Modem Termination System) sorgt dafür, dass die Hochgeschwindigkeitsdaten- und die Telefondienste innerhalb des Gesamtsystems organisiert und bereitgestellt werden. Ausblick Die Glasfaserübertragungstechnik durchdringt immer mehr den Markt. In den 80er-Jahren begann man mit den Übertragungen für Ferngespräche und Daten über Weitverkehrsverbindungen. Recht bald setzten sich Vernetzungen auch in Gebäuden (mit der Multi Mode Faser) durch. Die Hemmschwelle des eingangs genannten höheren Preises für die Komponenten wird längst durch die Vorteile der besseren Übertragungseigenschaften wettgemacht. Noch Fragen? Sigurd Schobert Tel.: (0 89) 1 26 07 - 2 44 [email protected] www.elektro.net AUTOR Henning Kriebel, Oberaudorf