Anleitung Medizinerpraktikum

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Versuchsbeschreibungen
zu den Veranstaltungen
Praktische Übungen in Physik
”
für Mediziner, Zahnmediziner und
Biologen
Physikalische Übungen
für Pharmazeuten“
Praktikumsdokumentation
angefertigt für das
Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik
der
Rheinischen Friedrich-Wilhelms–Universität
Bonn
im Januar 2015
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1
Hinweise zur Versuchsdurchführung
3
Protokollführung
4
0 Einführungsversuch
0.1 Bestimmung der Reaktionszeit
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
7
1 Masse- und Dichtebestimmung
1.1 Massenbestimmung mit einer Balkenwaage . . . . . . . . . . . . .
1.2 Dichtebestimmung mit einer Dichtewaage nach Kern . . . . . . .
1.3 Dichtebestimmung mit einem Aräometer . . . . . . . . . . . . . .
9
9
15
16
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
2.1 Viskositätsbestimmung durch Messung der Stromstärke . . . . .
2.2 Elastomerpumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Bestimmung der Viskosität mittels eines Kugelfallviskosimeters .
19
19
21
24
3 Gasgesetze / spezifische Wärmekapazität
3.1 Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante . . . . . . . . . . . .
3.2 Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Wasser . . . .
27
27
30
4 Linsen / Mikroskop
4.1 Linsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Mikroskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
33
36
5 Ohmsche Widerstände
5.1 Bestimmung eines Ohmschen Widerstandes . . . . . . . . . . . .
5.2 Ermittlung der Temperaturabhängigkeit eines NTC-Widerstandes
41
41
43
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
6.1 Beugung am Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Prismenspektroskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
49
52
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
7.1 Wechselstromwiderstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Versuchsanleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
55
61
8 Röntgenstrahlen
8.1 Grundlagen bildgebender Verfahren mit Röntgenstrahlung . . . .
65
66
I
Inhaltsverzeichnis
8.2
8.3
8.4
8.5
Projektion auf einen Leuchtschirm . . . . . . . .
Spektrum einer Molybdän-Röntgenröhre . . . . .
Halbwertsdicke von Aluminium . . . . . . . . . .
Absorption in Abhängigkeit von der Ordnungszahl
.
.
.
.
68
69
73
74
.
.
.
.
77
78
80
82
83
10 Ultraschall
10.1 Bestimmung der Wellenlänge und der Phasengeschwindigkeit . . .
10.2 Bestimmung der Gruppengeschwindigkeit per Echolot-Verfahren .
10.3 Bestimmung der Schallwellenlänge durch Interferometrie . . . . .
87
87
90
92
11 Polarisation des Lichts
11.1 Rotationsdispersion von Quarz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.2 Saccharimeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
95
99
9 Radioaktivität
9.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2 Bestimmung eines unbekannten Isotopes durch
9.3 Statistische Schwankungen . . . . . . . . . .
9.4 Messung von Halbwertszeiten . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . .
sein γ-Spektrums
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
A Größen, Dimensionen und Einheiten in der Physik
101
A.1 SI-Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
A.2 Umrechnungstabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
B.1 Messunsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B.2 Signifikante Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B.3 Herkunft der Messunsicherheiten . . . . . . . . . . .
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“) . . . . . . .
”
.
.
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.
.
C Lösung der Differentialgleichung y 0 = c · y (zu Versuch
C.1 Graphische Darstellung der Funktion . . . . . . . . . .
C.2 Bestimmung der Halbwertsgröße x = xH . . . . . . . .
C.3 Graphische Bestimmung der Halbwertsgröße x = xH . .
D Oszilloskop
D.1 Funktionsweise und -prinzip . . . . . . . . . .
D.2 Umgang mit dem Oszilloskop . . . . . . . . .
D.3 Bestimmung der Frequenz und der Amplitude
D.4 Anpassung der Signaldarstellung . . . . . . . .
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106
106
107
108
110
114
8 und 9)
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
118
119
120
120
.
.
.
.
121
121
126
126
128
.
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.
E Überblick der Grundgrößen und Einheiten der Dosimetrie
130
F Griechisches Alphabet
131
II
Einleitung
Hinweise zur Organisation
Die praktischen Übungen finden im Allgemeinen Verfügungszentrum I (AVZ) der
Universität Bonn, Bonn, Endenicher Allee 11-13, Erdgeschoss - rechter Flügel statt. Je 10 Praktikanten gehören zu einer Gruppe. Für jede Gruppe ist der betreffende Versuch 5 mal aufgebaut, so dass jeweils zwei Praktikanten den Versuch
gemeinsam durchführen. Jeder Praktikant protokolliert seine Messergebnisse und
Auswertungen jedoch in ein eigenes Protokollheft. Die Zuordnung Gruppe – Versuch – Tag ergibt sich aus der beigefügten Versuchsmatrix. In den oberen Zeilen
sind die Gruppenbuchstaben, in den Spalten darunter die Nummern der Versuche
angegeben, die an den jeweils links stehenden Tagen durchgeführt werden.
Weitere Informationen sowie wichtige Ankündigungen erfahren Sie
während des Semesters auf der Internetseite des Praktikums unter
http://www.mpraktikum.hiskp.uni-bonn.de
Voraussetzungen und Vorbereitung
Unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Vorbereitung und Durchführung
der Versuche ist, dass der Praktikant über physikalische Grundkenntnisse in dem
Umfange, wie sie in der Vorlesung Physik für Mediziner und Pharmazeuten“
”
im 1. Fach-Semester angeboten werden, verfügt. Dazu gehören notwendigerweise
mathematische Kenntnisse zur Handhabung, Interpretation und Auswertung physikalischer Sachverhalte und Messergebnisse. Damit verbunden müssen Kenntnisse über die in der Physik gebräuchlichen Einheiten sein, insbesondere über die
internationalen SI-Einheiten“, die zum größten Teil seit 1.1.1978 gesetzlich vor”
geschrieben sind. Vor Beginn des Praktikums sollten Sie daher die Anhänge A
und B studiert haben.
Unabhängig von diesen allgemeinen Voraussetzungen muss jeder Versuch einzeln
vorbereitet werden. Die in diesem Heft befindlichen Kurzbeschreibungen der Versuche geben Ihnen einen Anhaltspunkt für die Themenauswahl zur Vorbereitung.
Selbstverständlich müssen alle physikalischen Begriffe, auf die man bei der Vorbereitung stößt, verstanden sein (z.B. der Begriff Drehmoment“ bei der Vorbe”
reitung auf das Thema Waage“ (Versuch 1)) und erklärt werden können.
”
1
Einleitung
Zur Vorbereitung eignen sich die meisten Oberstufenbücher des Schulfaches Physik.
Die verfügbaren Lehrbücher, die sich explizit an Nebenfächler richten (auch dann
wenn der eigene Studiengang nicht explizit im Titel aufgeführt ist), unterscheiden sich zum Teil deutlich im Umfang, Tiefgang, Anschaulichkeit und Anspruch.
Das beste Lehrbuch ist meist jenes, mit welchem Sie am besten arbeiten können.
Wir empfehlen ihnen daher, z.B. in der Universitätsbibliothek und anhand eines
ausgewählten Themas, einen vergleichenden Blick in mehrere Bücher zu werfen.
Aus der großen Fülle der in den letzten Jahren erschienenen Physikbücher für Mediziner, Biologen, Pharmazeuten usw. finden wir insbesondere folgende empfehlenswert (nicht-wertende Sortierung nach Nachnamen des Autors, ohne Anspruch
auf Vollständigkeit):
• Harms:
Physik: ein kurz gefasstes Lehrbuch für Mediziner und Pharmazeuten
HARMS Verlag, 18. Auflage 2010
• Harms:
Übungsbuch Physik: für Mediziner und Pharmazeuten
HARMS Verlag, 9. Auflage 2010 (Aufgabensammlung)
• Harten:
Physik für Mediziner
Springer-Verlag, 14. Auflage, Oktober 2014
• Kamke, Walcher:
Physik für Mediziner
B.G. Teubner Stuttgart
• Seibt:
Physik für Mediziner
Thieme, 6. Auflage 2009
• Trautwein, Kreibig, Hüttermann:
Physik für Mediziner, Biologen, Pharmazeuten
de Gruyter, 8. Auflage 2014
Auch sehr gut geeignet, wenn auch nicht explizit an Nebenfächler gerichtet, sind
u.a.:
• Meschede (Hrsg.)
Gerthsen Physik
Springer-Verlag, 24. Auflage 2010
• Tipler, Mosca:
Physik: für Wissenschaftler und Ingenieure
Springer / Spektrum Akademischer Verlag, 6. Auflage 2009
2
Einleitung
Hinweise zur Versuchsdurchführung
Zum Praktikum sind außer dem Testatzettel mitzubringen: zwei Protokollhefte DIN A4 kariert (fest, keine Einzelblätter oder Schnellhefter), mm-Papier
(DIN A4), Kugelschreiber oder Füller, Bleistift, durchsichtiges Lineal von 30 cm
Länge, Klebstoff, Taschenrechner; Logarithmenpapier wird gestellt.
Zu Beginn eines jeden Versuchs überzeugt sich der Assistent, dass die physikalischen Grundkenntnisse vorhanden sind. Ins Protokollheft sind die Versuchsergebnisse, Zwischenrechnungen, Tabellen, graphische Darstellungen, Lösungen der
Aufgaben und Endergebnisse mit knappem Begleittext einzutragen. Es ist besonders darauf zu achten, dass die zugehörigen Maßeinheiten, auch bei Zwischenrechnungen, nicht vergessen werden. Das Protokoll muss während des Praktikums fertiggestellt werden und ist am Ende des Versuchs dem Assistenten
vorzulegen.
Bei einigen Versuchen finden sich Aufgaben, die schon vor Beginn des Versuches
zu lösen sind. Diese sind durch große Buchstaben gekennzeichnet (z.B. Aufgabe
1.A). Die sorgfältige Bearbeitung dieser Aufgaben dient der Vorbereitung und ist
eine der Voraussetzungen zum Verständnis des Versuchsablaufs.
Aufgaben, die im Verlauf der Versuchsdurchführung zu lösen sind, werden durch
kleine Buchstaben gekennzeichnet (z.B. Aufgabe 1.a) und sind ebenfalls schriftlich im Protokoll zu beantworten.
Alle protokollierten Messergebnisse müssen aus den an diesem Versuchstagen
stattgefundenen Messungen oder den Angaben des Assistenten stammen.
Auf Fremdprotokolle darf nicht zurückgegriffen werden.
Alle Beschädigungen an Versuchsgeräten sind sofort dem zuständigen Assistenten
zu melden. Die Praktikanten sollen nicht versuchen, Apparate selbst zu reparieren. Bei elektrischen Versuchen dürfen die Leitungsdrähte erst an die Spannungsquellen angeschlossen werden, nachdem die Schaltung vom Assistenten geprüft
wurde. Auch kurzdauerndes Einschalten bei falscher Anordnung führt leicht zur
Zerstörung von Geräten. Für die Beschädigung von Geräten, die durch Nichtbeachten dieser Vorschrift entsteht, können die Praktikanten voll haftbar gemacht
werden. Nach Beendigung des Versuchs sind die Arbeitsplätze aufzuräumen.
3
Einleitung
Protokollführung
Das während des Versuchstages anzufertigende Protokoll soll folgende Angaben
enthalten:
1. Datum, Versuchsnummer und -name
2. Kurze Erklärung der Aufgabe
3. Prinzip der Messung in wenigen Sätzen, eventuell mit Versuchsskizze
4. Antworten zu den Aufgaben, die vor Versuchsbeginn zu lösen sind
5. Angabe der Messbeziehung (d.h. der Ausgangsformel(n), die bekannte und
zu messende Größen enthalten). Alle verwendeten physikalischen Größen
müssen erklärt werden!
6. Angabe derjenigen Größen, die bereits in irgendeiner Form vorgegeben
sind, eventuell umgerechnet in die entsprechenden SI-Einheiten
7. Angabe der zu messenden Größe(n) mit entsprechenden Einheiten
8. Tabellen, in denen die Messwerte festgehalten werden; hierbei ist auf
Übersichtlichkeit zu achten. Um die Lesbarkeit des Protokolls zu erhöhen
empfiehlt es sich eine Tabelle ausschließlich mit Messdaten anzufertigen und
die nach der Messung durchgeführte Auswertung in einer getrennten Tabelle
zu behandeln.
9. Graphische Darstellung der Messdaten inklusive Fehlerbalken, wenn dies
zur Versuchsdurchführung erforderlich ist. Achten Sie darauf, dass die Achsenskalierung den Wertebereiche der Messdaten nicht wesentlich überschreitet.
10. Auswertung; schrittweise und nachvollziehbare Berechnung des Endergebnisses aus den Daten der Tabellen bzw. Diagrammen; möglichst alle Zwischenrechnungen ins Protokollheft!
11. Fehlerbetrachtung und -berechnung, siehe Anhang B
12. Ergebnis mit Fehlerangabe in ein bis zwei Sätzen
Eine ausführliche schriftliche Darstellung der theoretischen Grundlagen des Versuchs gehört nicht ins Protokollheft. Insbesondere ist ein Reproduzieren der gesamten Versuchsanleitung nicht notwendig.
Unabhängig von der genauen Ausführung des Protokolls müssen die allgemeinen
Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis eingehalten werden. Es ist darauf zu
achten, dass das Protokoll wahrheitsgemäß, vollständig, unverändert und nachvollziehbar ist.
4
Einleitung
Lageplan der Versuche im AVZ I
Nußallee
3/9
4/6
8
2 / 11
Endenicher Allee
5 / 10
1/7
Treppenhaus
Halle
Eingang
Die Versuche
Die Versuche gliedern sich in zwei Gruppen, die nacheinander im Semester durchgeführt werden.
Eine besondere Rolle nehmen dabei die Versuche 10 und 11 ein; Versuch 11 (Polarisation) wird lediglich von den Pharmazeuten durchgeführt, der Versuch 10
(Ultraschall) von den übrigen Studenten.
5
0 Einführungsversuch
Versuchsziele
- Voraufgabe 0.A+0.B
- Bestimmung der Reaktionszeit (0.a)
Grundkenntnisse
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Masse (schwere Masse, träge Masse); Geschwindigkeit, Beschleunigung, WegZeit-Diagramme,
Geschwindigkeits-Zeit-Diagramme,
Beschleunigungs-ZeitDiagramme; Newtonsche Axiome; Gewichtskraft, Erdbeschleunigung; gleichmäßig
beschleunigte Bewegungen, freier Fall
0.1 Bestimmung der Reaktionszeit
Dieser Versuch soll Sie zur Einführung in das physikalische Praktikum mit der
Dokumentation und Auswertung Ihrer Messergebnisse, dem Aufbau eines Protokolls und der Anwendung der Fehlerabschätzung und Fehlerfortpflanzung bekannt
machen. Ihr Versuchsassistent wird Sie dabei schrittweise durch den Versuch und
die Anfertigung des Protokolls führen.
Alle diese Erkenntnisse werden in den übrigen Versuchen vorausgesetzt und nicht
mehr getrennt angesprochen.
Voraufgabe 0.A:
Welche Abhängigkeit ergibt sich für die Wegstrecke s in Abhängigkeit von der
Zeit t für eine konstante Beschleunigung a? Wie bestimmt man bei Kenntnis der
Beschleunigung a und Strecke s die Zeit t, die vergangen ist?
Voraufgabe 0.B:
Ein Auto beschleunigt (~a ist konstant) von 0 km/h auf 50 km/h innerhalb von 5
Sekunden. Nach ca. 280 m Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit muss der Fahrer
an einer Ampel anhalten. Dazu wird mit einer Bremsbeschleunigung von - 4,5 m/s2
abgebremst.
Wie verändern sich die Größen Beschleunigung, Geschwindigkeit und die zurück-
7
0 Einführungsversuch
gelegte Wegstrecke vom Anfahren des Autos bis zum vollständigen Stillstand?
Tragen Sie dazu jeweils in ein eigenes Diagramm auf:
1. die Beschleunigung a des Autos gegen die Zeit t
2. die Geschwindigkeit v des Autos gegen die Zeit t
3. die zurückgelegte Wegstrecke s des Autos gegen die Zeit t
Aufgabe 0.a:
Dieses Experiment führen Sie gemeinsam mit Ihrem Praktikumspartner durch.
Einer von Ihnen (der Einfachheit halber Person A genannt) hält ein 30 cm langes
Lineal an der 30 cm Markierung zwischen Daumen und Zeigefinger fest. Der andere
(Person B genannt) hält seinen Daumen und Zeigefinger auf der Höhe der 0-cmMarkierung in geringer Entfernung von Lineal.
Zu einem unbestimmten Zeitpunkt lässt Person A das Lineal los und Person B
versucht es durch Zusammenführen von Daumen und Zeigefinger zu fangen. Dieser
Vorgang sollte möglichst ohne Vorwarnung“ ablaufen.
”
Am Lineal kann nun die Fallstrecke s und daraus die Reaktionszeit bestimmt
werden.
Dieser Versuch wird zunächst fünfmal durchgeführt. Danach werden fünf weitere
Messungen mit vertauschten Rollen durchgeführt. Aus den Messungen wird dann
die Reaktionszeit von Person A und Person B bestimmt.
8
1 Masse- und Dichtebestimmung
Versuchsziele
- Voraufgaben 1.A - 1.E
- Bestimmung des Gewichts der unbekannten Masse m1 (1.a)
- Bestimmung der Dichte von drei verschiedenen Flüssigkeiten (1.b)
- Bestimmung der Temperaturabhängigkeit der Dichte am Beispiel Wasser
(1.c)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Drehmoment: Werkzeuge (z.B. Zange), Gelenke (Kiefer, Kniegelenk), Gehörknöchelchen; Auftrieb: Lebewesen im Meer, Unterwassergymnastik; thermische
Ausdehnung von Flüssigkeiten: Flüssigkeitsthermometer; Anomalie des Wassers:
Temperaturverteilung im Wasser von Seen
Grundkenntnisse
Vektorbegriff, Vektoraddition und -produkt; Kraft, Drehmoment, Hebelgesetz,
Balkenwaage; Schwerpunkt, träge Masse ↔ schwere Masse, Gewichtskraft; Auftriebskraft, Archimedisches Prinzip, Dichte von Flüssigkeiten und Gasen, Temperaturabhängigkeit der Dichte, Aräometer (Senkspindel); Anomalie des Wassers
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression
1.1 Massenbestimmung mit einer Balkenwaage
Ziel dieses Versuchsteils ist die Bestimmung einer unbekannten Masse m1 durch
Vergleich mit einer geeichten und bekannten Masse m2 mit Hilfe einer Analysenwaage (Balkenwaage, (siehe Abb. 1.2)).
Die bekannte Masse m2 wird dabei solange variiert, bis eine bestmögliche Gleichheit der beiden Massen m1 und m2 erreicht wird. Eine danach noch vorhandene
Massendifferenz ∆m = m1 − m2 lässt sich aus dem Ausschlag des Waagebalkens,
d.h. dem Winkel α, direkt bestimmen:
α
∆m = .
(1.1)
9
1 Masse- und Dichtebestimmung
Hierbei ist die Empfindlichkeit der Waage, die bei jeder genauen Wägung bestimmt werden muss. Die unbekannte Masse m1 ergibt sich damit aus der bekannten Masse m2 und der Messgröße ∆m:
m1 = m2 + ∆m .
(1.2)
Das Drehmoment
Für das Verständnis der Balkenwaage ist der Begriff Drehmoment von entscheidender Bedeutung. Das Drehmoment T~ ist ein Vektor, der sich aus dem Vektorprodukt (Kreuzprodukt) der Vektoren ~r und F~ ergibt (siehe Abb. 1.1) und
spielt für Drehbewegungen dabei die gleiche Rolle wie die Kraft F~ für geradlinige
Bewegungen.
T~ = ~r × F~ .
(1.3)
F~ ist der Kraftvektor, der im Abstand ~r an der Drehachse angreift. Der
Drehmomentvektor T~ steht senkrecht auf der von ~r und F~ aufgespannten Ebene.
Das kann man sich mit der 2. Rechte-Hand-Regel“ verdeutlichen: Daumen (~r)
”
und Zeigefinger (F~ ) spannen die Ebene auf, der Mittelfinger zeigt dann in Richtung des Drehmoments (T~ ). Der Vektor T~ liegt parallel zur Drehachse. Den Drehsinn bestimmt man mit Hilfe der 1. Rechte-Hand-Regel“: Wenn der Daumen
”
in Richtung des Drehmomentvektors zeigt, dann geben die gekrümmten Finger
den Drehsinn an. Der Betrag des Drehmoments T ist ein Maß für die Stärke des
Drehmomentvektors:
T = |T~ | = |~r| |F~ | sin α .
(1.4)
Dabei ist α der von ~r und F~ eingeschlossene Winkel. Steht F~ senkrecht zu ~r wird
die Stärke des Drehmoments maximal.
Die Balkenwaage
F~
Die Abbildung 1.2 zeigt das Funktionsprinzip einer Balkenwaage. Bei dieser sind
insgesamt drei Drehmomente wirksam. T~1 und T~2 werden durch die Schwerkräfte
F~1 = m1~g und F~2 = m2~g hervorgerufen. Die Gewichtskraft F~W = mW~g der
~
T
~r
α
Abbildung 1.1: (L) Definition des Drehmoments T~ = ~r × F~ . Der Drehmomentvektor T~ steht
senkrecht auf der Ebene, die von den Vektoren ~r und F~ aufgespannt wird (also aus dem
Blatt heraus). Die hierdurch hervorgerufene Drehung erfolgt gegen den Uhrzeigersinn
um die durch den Drehpunkt D führenden Drehachse.
10
1.1 Massenbestimmung mit einer Balkenwaage
Wägevorrichtung mW bewirkt ein drittes Rückstelldrehmoment T~W . Der Vektor
~g bezeichnet die Erdbeschleunigung.
Im Gleichgewicht1 ist die Summe aller auf den Balken angreifenden Drehmomente
Null (Hebelgesetz):
T~2 + T~W + T~1 = 0 .
(1.5)
Für die Beträge gilt dann (|~g | = g, |~l| = l, |~s| = s):
m2 gl sin(90◦ − α) +mW gs sin α − m1 gl sin(90◦ + α) = 0 .
|
{z
}
{z
}
|
= cos α
= cos α
(1.6)
(m1 − m2 ) gl cos α = mW gs sin α .
| {z }
= ∆m
mW s sin α
mW s
∆m =
=
tan α.
l cos α
l
(1.7)
(1.8)
Für kleine Winkel α lässt sich vereinfachend annehmen: tan α ≈ α.
Die Differenz ∆m zwischen der unbekannten Masse m1 und der bekannten Masse
1
Wohlgemerkt: Das bedeutet nicht, dass sich auf beiden Waagschalen das gleiche Gewicht
befindet, sondern dass die Lage der Waage stabil und unverändert bleibt.
◦
90
+
−~l
α
D
m1~g
~l
~s
α
S
◦
90
−
α
mW ~g
Zeiger
m2~g
Abbildung 1.2: Funktionsprinzip einer Balkenwaage, an der drei Drehmomente angreifen. Auf der linken Seite befindet sich das Wägegut unbekannter Masse m1 und auf
der rechten Seite die geeichten Gewichtsstücke mit der bekannten Gesamtmasse m2 . Da
∆m nach Gleichung (1.2) als m1 − m2 definiert ist, wird ein Zeigerausschlag zur Seite
auf der sich m1 befindet (hier links) negativ und zur Seite auf der sich m2 befindet (hier
rechts) positiv gewertet. ∆m ist in dieser Abbildung negativ, da die bekannte Masse
m2 größer als die unbekannte m1 ist. Der Schwerpunkt S der Wägevorrichtung wird um
den Drehpunkt D um den Winkel α ausgelenkt und bewirkt ein Rückstelldrehmoment
~s × F~W . Die Masse der Wägevorrichtung wird hier mit mW bezeichnet.
11
1 Masse- und Dichtebestimmung
m2 ist proportional zum resultierenden Zeigerausschlag α. Der Vergleich von Gleichung (1.1) mit Gleichung (1.8) zeigt, dass für die Empfindlichkeit der Waage
=
l
mW s
.
(1.9)
gilt.
Voraufgabe 1.A:
Welche Drehmomente greifen an den Waagebalken an? Was gilt für ihre Summe?
Voraufgabe 1.B:
Was gilt für eine Balkenwaage, wenn sie eine Empfindlichkeit von = 3 Skt/mg
hat?
Benutzung der Waage
Bei der Versuchsdurchführung ist ein genaues und sorgfältiges Arbeiten sehr wichtig, da die Balkenwaage ein sehr empfindliches Präzisionsmessgerät ist. Zunächst
wird das Gehäuse der Waage mittels dreier Stellschrauben horizontal ausgerichtet. Sowohl der Waagebalken als auch die Waagschalen müssen in den Stützschneiden richtig gelagert sein. Nur so kann eine Messung durchgeführt werden.
Die Gewichtsstücke werden mit einer Pinzette durch die seitlichen Türen auf die
Waagschalen gelegt, die vordere Glasscheibe bleibt dabei geschlossen. Beim Auflegen und Wegnehmen von Gewichten muss die Waage mit einem Drehrad, das
sich an der unteren Vorderseite des Gehäuses befindet, arretiert werden. Die Arretiervorrichtung muss vorsichtig gehoben und gesenkt werden. Falls durch Stöße
oder grobem Umgang mit der Arretiervorrichtung Teile der Waage aus ihren Lagerpositionen gerissen werden, muss die Waage neu eingehängt werden und der
gesamte Messvorgang wiederholt werden. Bitte achten Sie besonders auf den Reiter, es ist aufwändig neue Reiter anzufertigen.
Der Wägevorgang
Schon durch geringste Störungen, und das kann schon ein Staubkorn auf der Auflage des Waagebalkens sein, stimmt der Ruhepunkt αu der noch völlig unbelasteten
Waage nicht mit dem Nullpunkt der Skala überein. αu muss daher nach Justierung
der Waage und noch vor dem Beginn der Wägung bestimmt werden.
Bei möglichst genauem, aber nicht exaktem, Austarieren, stimmt der Ruhepunkt
αb der belasteten Waage auch nicht mit dem Ruhepunkt αu der unbelasteten
Waage überein. Dieser Differenz α = αb − αu in Skalenteilen entspricht eine Massendifferenz ∆m, die je nach Richtung der Ruhepunktverschiebung entweder zu
den Massen der Wägestücke addiert oder von ihnen subtrahiert werden muss,
welche berechnet werden kann, wenn die Empfindlichkeit der Waage bekannt ist.
12
1.1 Massenbestimmung mit einer Balkenwaage
rechts
10
a2
ar
a4
a6
5
a8
a 10
a 12
a RP
0
a7
a5
-5
a 11
a9
a3
al
a1
- 10
links
0
5
10
15
20
Zeit in willkürlichen Einheiten
Abbildung 1.3: (L) Ruhepunktbestimmung der gedämpften Schwingung des Waagebalkens.
Der Ruhepunkt liegt bei αRP und nicht in der Mitte bei 0 Skt. Werden zum Beispiel
zur Berechnung von αr die Umkehrpunkte α2 und α4 und zur Berechnung von αl die
Umkehrpunkte α1 ,α3 und α5 verwendet (also n = 2), so beschreibt dann der links- und
rechsseitige Mittelwert die Schwingung der Waage zu gleichen Zeiten und αr und αl
liegen damit völlig symmetrisch zu αRP , so dass Gl. 1.11 anwendbar ist.
αu und αb und damit α sind in der Regel so gering, dass ein Ablesen mit bloßem
”
Auge“ keine genauen Ergebnisse liefern würde. Die Bestimmung der Ruhepunkte
αu und αb der unbelasteten bzw. belasteten Waage geschehen daher bei schwingender Waage aus den Mittelwerten einer ungeraden Anzahl von leicht ablesbaren
Zeigerumkehrpunkten αn (n = 1,2, . . .).
Zunächst werden die Mittelwerte der Ausschläge links und rechts errechnet(siehe
Abb.: 1.3):
αl =
α1 + α3 + · · · + α2n+1
n+1
und αr =
α2 + α4 + . . . α2n
n
(n = 2,3, . . . ) .
(1.10)
Achtung: Die Anzahl der Umkehrpunkte ist 2n + 1.
Auf der linken Seite wird eine ungerade Anzahl von Umkehrpunkten und rechts
eine gerade Anzahl gemessen. Damit wird gewährleistet, dass die Mittelwerte αl
und αr zum gleichen Zeitpunkt bestimmt werden(siehe Abb. 1.3).
Aus beiden ergibt sich der Ruhepunkt:
αRP =
αl + αr
2
(vgl. Abb. 1.3) .
(1.11)
Bestimmung der Empfindlichkeit der Analysenwaage
Da die Empfindlichkeit der Waage (geringfügig) von ihrer Belastung abhängt, bestimmt man sie bei belasteter Waage durch Auflage einer bekannten zusätzlichen
Masse δm. was man durch Verschieben eines 10 mg schweren Reiters auf dem
13
1 Masse- und Dichtebestimmung
a)
b)
m1
500
200 100 50
20
10
Abbildung 1.4: Gewichte: a) unbekannte Masse m1 ; b) Form und Gewicht (in Milligramm)
der kleinen Masseplättchen
Waagebalken erreichen kann.
Wie man sich leicht aus Abb.1.2 und Gln.1.7-1.8 klar machen kann, wirken bei
verschiedenen Reiterpositionen verschieden große Drehmomente auf die Waage.
Durch eine Änderungen der Reiterposition lässt sich also δm ohne zusätzliche
Massen auf den Waagschalen leicht variieren und die Empfindlichkeit aus den
resultierenden Zeigerausschlägen bestimmen.
Die Empfindlichkeit ergibt sich aus der resultierenden Winkeländerung δα pro
zusätzlich aufgelegter Masse δm:
=
δα
.
δm
(1.12)
Diese Bestimmungsgleichung entspricht der Definition der Empfindlichkeit einer
Analysenwaage (vgl. mit 1.1) (die Verwendung des Symbols δ statt ∆ bedeutet,
dass die dazugehörige Größe (hier m) kontinuierlich variiert wird und keine feste
Differenz beschreibt).
Aufgabe 1.a:
Versuchsdurchführung
Im einzelnen verfährt man bei der Wägung also folgendermaßen:
1. Ausrichten der Waage mit Hilfe der angebrachten Wasserwaagen
2. Ruhepunktbestimmung der unbelasteten Waage: αu
3. Austarieren des zu wiegenden Gegenstandes durch Auflage von Massestücken der Gesamtmasse m2 und Bestimmung von αb . Protokollieren Sie
dabei jeden Schritt (Tabelle).
Die kleinen Masseplättchen sind an ihrer Form (siehe Abb. 1.4) oder dem
eingestanzten Wert zu erkennen.
4. Bestimmung der Empfindlichkeit der belasteten Waage durch Verschieben des 10 mg schweren Reiters auf den Waagebalken. Für etwa sechs
verschiedene Reiterpositionen wird der Zeigerausschlag gegen den Bruchteil δm der Reitermasse auf Millimeterpapier aufgetragen. Aus der Steigung
14
1.2 Dichtebestimmung mit einer Dichtewaage nach Kern
der Ausgleichsgeraden durch die Messwerte wird die Empfindlichkeit bestimmt.
5. Die Differenz α = αb − αu bilden (Einheit: Skalenteile). Man beachte die
Vorzeichenkonvention nach Abbildung 1.2. Mit Hilfe von Gleichung (1.1)
wird ∆m bestimmt. Achten Sie auf das Vorzeichen von α.
6. Bestimmung der unbekannten Masse m1 gemäß Gleichung (1.2). Hier ist
auf das Vorzeichen der Korrekturmasse ∆m zu achten. Im Protokoll ist das
Vorzeichen von ∆m ausführlich zu begründen.
1.2 Dichtebestimmung mit einer Dichtewaage nach Kern
Die Dichtewaage nach Kern ist ähnlich wie die eben verwendete Balkenwaage ein
zweiarmiger Hebel und nutzt den Vergleich der Drehmomente auf beiden Hebelarmen. In Flüssigkeiten wirkt durch die Auftriebskraft ein zusätzliches Drehmoment
entgegen der Erdanziehung, welches mit Schiebegewichten kompensiert werden
kann. Wegen der geschickt gewählten Skala kann dann die Dichte der Flüssigkeit
direkt abgelesen werden.
Hier wird eine Schiebegewichtswaage nach Kern benutzt (siehe Abb. 1.5a). Das
Funktionsprinzip ist ähnlich der Mohr2 -Westphal-Waage, nur dass diese einen einarmigen Hebel darstellt. Der Waagebalken ist über die ganze Länge in zwei verschiedene Skalen mit je einem Reiter geteilt. An der unteren Skala befinden sich
2
Carl Friedrich Mohr (1806-1879) war von 1867 bis 1879 Extraordinarius für Pharmazie und
Leiter des Pharmazeutischen Apparats“ innerhalb des inzwischen bestehenden Chemischen
”
Instituts der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seine große wissenschaftliche
Leistung bestand in der Entwicklung der Maßanalyse als Bestandteil der analytischen Chemie
(Bestimmung von Chlorid nach Mohr, Mohrsche Waage, Mohrsches Salz u. a.).
Reiterbahn
D
Senkkörper
Grobjustierung
ausgeglichen
Zusatzgewicht
Feinjustierung
Abbildung 1.5: Dichtewaage nach Kern
15
1 Masse- und Dichtebestimmung
Kerben, die die 1. und 2. Dezimalstelle der Dichte angeben, an der oberen geben
die Kerben die 3. und 4. Dezimalstelle an. Ein eingehängtes Zusatzgewicht wird
bei Messwerten über 1,0000 g/cm3 vom Waagebalken abgehängt.
Bei der Justierung der Waage ist darauf zu achten, dass das obere und untere Schiebegewicht in die Nullposition gebracht werden, und das Zusatzgewicht
eingehängt ist. Die Stellschrauben am Fuß der Waage und am linken Ende des
Waagebalkens sind so einzustellen, dass der Waagebalken und das Gehäuse an der
rechten Seite eine Linie bilden. Beim Wägevorgang darf aufgrund von Unebenheiten auf dem Tisch die Position der Waage nicht mehr geändert werden.
Zu Beginn der Messung wird durch Aushängen des Zusatzgewichts geprüft, ob die
Dichte über 1,0000 g/cm3 liegt. Anschließend wird das untere Schiebegewicht so
weit verschoben bis die Waage ausschlägt“. Dann führt man das Gewicht um eine
”
Position zurück und gleicht den restlichen Auftrieb mit dem oberen Schiebegewicht
aus. Man liest die ersten beiden Dezimalstellen am unteren Waagebalken und die
dritte und vierte Dezimalstelle am oberen Balken ab und erhält so die absolute
Dichte.
Voraufgabe 1.C:
Skizzieren Sie die auf den in der Flüssigkeit ruhenden Senkkörper wirkenden Kräfte
im Protokoll.
Aufgabe 1.b:
Versuchsdurchführung
Bei diesem Versuch soll die Dichte dreier Alkohole bestimmt werden. Da diese gesundsheitsschädlich sein können, stehen im Versuchsraum Schutzbrillen und
Schutzhandschuhe zur Verfügung. Mit angehängtem Senkkörper wird zunächst eine Nullpunkteinstellung der Waage durchgeführt (ohne Flüssigkeit). Dann wird
die Dichte durch vollständiges Eintauchen des Senkkörpers in die Flüssigkeit bestimmt. Überlegen Sie sich, wie Sie den Fehler der Messung geeignet abschätzen
können.
1.3 Dichtebestimmung mit einem Aräometer
Die Dichte von Flüssigkeiten kann auch mit einem Aräometer (Senkspindel) gemessen werden. Abb. 1.6 zeigt ein solches Aräometer, das in einer Flüssigkeit
schwimmt.
16
1.3 Dichtebestimmung mit einem Aräometer
S
S
Abbildung 1.6: Aräometer (Schema). Die Eintauchtiefe des Aräometers hängt von der Dichte der Flüssigkeit ab. Der Wasserstand
an der Skala markiert dann die Dichte der Flüssigkeit.
Voraufgabe 1.D:
Ändert sich der Auftrieb auf das Aräometer, wenn es in Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte schwimmt? Wie ändert sich die Eintauchtiefe des Aräometers mit der
Dichte?
Voraufgabe 1.E:
Warum ist die Dichteanomalie von Wasser in der Natur bedeutsam?
Aufgabe 1.c:
Versuchsdurchführung
Die Dichte von Wasser wird mit einem Aräometer in Abhängigkeit von der Temperatur gemessen. Die gemessenen Dichten werden in einem Diagramm gegen die
Temperatur aufgetragen.
17
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
Versuchsziele
- Voraufgaben 2.A - 2.F
- Bestimmung der Viskosität von Flüssigkeiten (2.a und 2.b)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Kapillarsystem in biologischen Organismen, laminare Strömungen im Blutkreislauf und im Atmungssystem1 , Einfluss der Viskosität des Blutes auf den Flüssigkeitstransport2 , Zusammenhang zwischen Gefäßverengung, Blutdurchfluss und
Blutdruck, Einsatz gefäßverengender bzw. -erweiternder Pharmazeutika, Einsatz
blutverdünnender Pharmazeutika.
Grundkenntnisse
Viskosität, Temperaturabhängigkeit der Viskosität, laminare und turbulente
Strömung; Volumenstromstärke, Hagen-Poiseuillesches Gesetz; Kontinuitätsgleichung, Bernoulli-Gesetz, hydrostatischer Druck.
Auftrieb und Archimedisches Prinzip, Gewichtskraft, Reibungskraft nach dem Stokesschen Gesetz.
Definition und Einheit von Spannung (Zug und Druck), Elastizitätsmodul, Hookesches Gesetz, Spannungs-Dehnungs-Diagramm, Druck in elastisch gedehnten
Gefäßen; reversible und irreversible Prozesse; 2. Hauptsatz der Thermodynamik
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen
2.1 Viskositätsbestimmung durch Messung der
Stromstärke in einer Kapillaren
Die Viskosität einer Flüssigkeit, hier Wasser, wird durch Messung der Volumenstromstärke in einer Kapillaren bestimmt.
Nach Hagen und Poiseuille gilt bei laminarer Strömung durch ein Rohr:
1
2
siehe Diskussion in Harten – Physik für Mediziner
siehe Diskussion in Kamke, Walcher – Physik für Mediziner
19
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
offenes Rohr
Ventil
Thermometer
Unterdruck
h3
Äußerer Luftdruck
h2
h
h1
l
Mariottesche Flasche
mit Wasser
Messzylinder
Kapillare (Innendurchmesser d=2r )
Abbildung 2.1: Kapillarviskosimeter: schematischer Aufbau
∆V
π r4 1
I=
= ·
· · ∆p .
∆t
8 l η
Hier bedeuten:
I = ∆V
∆t
r
l
η
∆p = p1 − p2
=
=
=
=
=
(2.1)
3
Volumenstromstärke, Einheit: ms
Innenradius des Rohres, Einheit: m
Länge des Rohres, Einheit: m
Viskosität der Flüssigkeit, Einheit: Pa · s, veraltete Einheit
Poise P (1 P = 0,1 Pa · s)
Druckdifferenz zwischen Anfang und Ende des Rohres, Einheit: Pa
Als Wasserreservoir wird dazu eine Mariottesche Flasche verwendet (Abb. 2.1).
Mit deren Hilfe wird bei geöffnetem Ventil ein konstanter Überdruck ∆p = %g∆h
(mit der Flüssigkeitsdichte % und der Erdbeschleunigung g) an der Eintrittsöffnung
der Kapillaren erzielt. Die Höhe ∆h hängt von der Eintauchtiefe des nach außen
offenen Rohres ab.
Voraufgabe 2.A:
Wie hängt der hydrostatische Druck von der Gefäßform ab?
Der Schweredruck %g(h3 − h2 ) der Flüssigkeit oberhalb von h2 wird durch einen
entsprechenden Unterdruck der eingeschlossenen Luft kompensiert. Solange der
Füllstand also größer als h2 ist, hängt der Druck an der Kapillaren nicht vom
Füllstand ab.
Dieser Unterdruck wird beim Öffnen des Absperrventils durch das Absenken des
Flüssigkeitsspiegels hervorgerufen. Da das Wasser kontinuierlich ausströmt, nimmt
20
2.2 Elastomerpumpe
die Höhe h3 und der Unterdruck der eingeschlossenen Luft ab. Der Druckausgleich,
d.h. die Einstellung des Unterdrucks, geschieht automatisch durch Luftbläschen,
die von außen über das oben offene Rohr angesaugt werden, so dass stets der
Unterdruck den Schweredruck %g(h3 − h2 ) kompensiert.
Voraufgabe 2.B:
Weshalb wird in diesem Versuch eine Mariottesche Flasche benutzt und nicht
ein nach oben offenes Vorratsgefäß?
Aufgabe 2.C:
Stellen die Formel des Hagen-Poiseuilleschen Gesetzes nach η um und fassen Sie
die konstanten Größen und die Messgrößen in separate Terme zusammen.
Aufgabe 2.a:
Versuchsdurchführung
Messen Sie den Volumenstrom durch eine Kapillare für 2 verschiedene Druckunterschiede (d.h. Eintauchtiefen des Rohres in der Mariottschen Flasche) und
bestimmen sie beide Male die Viskosität von Wasser.
Dabei soll die Zeit ∆t für den Durchfluss von ∆V ≈ 100 ml gemessen werden. Bei
jeder Messung muss ∆p bestimmt und die Wassertemperatur T abgelesen werden.
r und l sind an der jeweiligen Apparatur angegeben.
Die Druckdifferenz ∆p wird gemäß der Gleichung ∆p = % · g · ∆h durch Messung
der Höhe des Wasserspiegels in den Steigrohren bestimmt. Hierbei kann für die
Dichte % von Wasser der Wert 1 g/cm3 verwandt werden.
Während der Versuchsdurchführung sorgen die in der Mariotteschen Flasche
aufsteigenden Luftblasen für andauernde kleine Druckschwankungen, die man an
den Steigrohren beobachten kann. Diese Druckschwankungen sind durch geeignete
Einstellung des Hahns während der Messung möglichst klein zu halten. Außerdem
ist zu beachten, dass der Messvorgang erst dann begonnen wird, wenn nach dem
Öffnen des Hahns der Einschwingvorgang mit seinen stärkeren Druckschwankungen nach einigen Sekunden abgeklungen ist.
2.2 Bestimmung der zeitabhängigen Durchflussrate einer
Elastomerpumpe
Eine Elastomerpumpe ist in der Anwendung eine Infusionspumpe, deren Vorratsgefäß aus einem elastischen Ballon besteht. Ist der Ballon gefüllt und damit
ausgedehnt, bringt er durch sein Bestreben, wieder in den nicht-gedehnten Aus-
21
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
Durchflussbegrenzer
Einfüllstutzen
mit
Rückschlagventil
Ballon im leeren
Zustand
Ballon mit
Flüssigkeit
~
FZug ges
~
FZug 1
~
FZug 2
~
FFl
Abbildung 2.2: Elastomerpumpe: Schematischer und sehr vereinfachter Aufbau.
gangszustand zu gelangen, die zur Infusion benötigte Pumpleistung auf.
Funktionsweise
Als Elastomere werden Kunststoffe bezeichnet die zwar formfest sind, sich unter
Zug- und Druckspannungen aber elastisch verformen lassen und nach dem Wirken
dieser Spannungen wieder in ihre Ausgangslage zurückkehren. Z.B. gehört Gummi
zu den Elastomeren.
Elastomere liegen als lange Polymerketten vor. Die einzelnen Elemente entlang der
Polymerkette sind gegeneinander verdrehbar und bilden im unverformten Zustand
Knäuel welche auch miteinander verflochten sind. Diese Struktur ist dabei rein
zufällig, da die Kettenglieder in völlig zufällige Richtungen liegen können. Unter
Zugbelastung werden diese Ketten gestreckt und auch wenn möglich entflechtet
und damit in eine Ordnung entlang der Zugrichtung gezwungen. Da die wirkende
Kraft F~ mit
3kB T ~
R
(2.2)
F~ = −
N l2
~ der einzelnen Kette entgegengerichtet proportional
der Auslenkung / Expansion R
ist, kann jede einzelne der Polymerketten einer mechanischen Feder vergleichbar
angesehen werden.
Wirkt keine Zugspannung mehr, setzt die Drehbewegung der Kettenelemente wieder ein und die Ketten ziehen sich wieder zu Knäueln zusammen. Diese Knäuel
sind dann aber wiederum rein zufällige Anordnungen und entsprechen daher nicht
der Struktur vor dem Anlegen der Zugspannung.
22
2.2 Elastomerpumpe
Die Drehbewegung und damit die Knäuelbildung setzt genauso direkt und im
Ergebnis zufällig ein, wie Gas, was beim Dekomprimieren das dazugewonnene Volumen ausnutzt. Bei der Elastizität dieser Materialien handelt es sich maßgeblich
also um einen entropischen Effekt (Entropie- oder Gummielastizität), beruht also auf der Abnahme der Entropie unter Zugspannungen und einer Zunahme der
Entropie bei Entspannung. Als solcher ist die Drehbewegung der Kettenglieder
und damit die Elastizität stark temperaturabhängig, was bereits in Gl. 2.2 auftaucht. Das bei Expansion und Kontraktion stattfindende irreversible Umstrukturieren führt letztendlich dazu, dass die Elastizität des Materials von dessen
Vorgeschichte abhängt.
Aufbau und Versuchsbeschreibung
Die Elastomerpumpe besteht im wesentlichen aus einem Ballon aus einem Elastomer, der am Schlauchende eine kleine Ausgangsöffnung hat (meist eine Kapillare). Füllt man diesen Ballon mit einer Flüssigkeit, so wirkt an der Außenhaut des
Ballons dem Druck (Kraft pro Fläche) der Flüssigkeit ein Druck durch die Kontraktion des Ballons entgegen. Da diese Gegenkraft an der Öffnung des Ballons
fehlt, strebt die Flüssigkeit an dieser Stelle nach außen und zwar mit einer Kraft
die vom Füllstand des Ballons und der Ausdehnung des Elastomers abhängt.
Dies lässt sich messen, indem das abgeflossene Flüssigkeitsvolumen mit der Zeit
gemessen wird. Aus der Änderung dessen von einem zum nächsten Messpunkt
lässt sich bestimmen, wie sich die Volumenstromstärke I = ∆V /∆t über die gesamte Abgabezeit ändert. Da eine Messung des geflossenen Volumens hier zu ungenau wäre, wird dieses indirekt aus dem Gewichtsverlust der Elastomerpumpe
bestimmt.
Voraufgabe 2.D:
Warum und wie ändert sich die Flussrate der verwendeten Elastomerpumpen bei
Wiederbefüllung?
Voraufgabe 2.E:
Warum kann man mit einer Waage die Flussrate bestimmen?
Aufgabe 2.b:
Bestimmen Sie die Dichte der verwendeten Flüssigkeit.
Aufgabe 2.c:
Fertigen Sie ein Diagram der Flussrate der Elastomerpumpe über die gesamte
Abgabezeit an. (Füllung 275 ml; Zeitauflösung 1 Minute; Digitalwaage).
23
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
Aufgabe 2.d:
Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem der anderen Gruppen und den im Versuchsraum aushängenden Diagrammen. Versuchen Sie dabei herauszufinden, inwiefern
sich aus dem unterschiedlichen Verhalten der Pumpen ableiten lässt, wie lange
diese schon in Gebrauch sind.
2.3 Bestimmung der Viskosität mittels eines
Kugelfallviskosimeters
Fallrohr
Start
FA
Kugel
FR
FG
s
Stop
Klebeband
a)
b)(L)
Abbildung 2.3: Kugelfallviskosimeter: a) schematischer Aufbau; b) Foto mit vergrößerter Kugel
Die Viskosität einer Flüssigkeit soll aus der Sinkgeschwindigkeit einer Kugel in
einem Fallrohr bestimmt werden.
Für die Reibungskraft FR einer Kugel mit Radius r, welche sich mit der Geschwindigkeit v in einer laminaren Strömung der Viskosität η bewegt, gilt das
Stokessche Gesetz:
FR = 6π rηvβ .
(2.3)
24
2.3 Bestimmung der Viskosität mittels eines Kugelfallviskosimeters
β ist dabei ein Korrekturfaktor, der bei einem engen Fallrohr mit Radius R den
”
Einfluss der Wand des Gefäßes berücksichtigt:
β = 1 + 2,1 ·
r
R
(2.4)
Zu Beginn des Sinkvorgangs der Kugel, bei verschwindender oder verschwindend
geringer Geschwindigkeit, wirkt die um die Auftriebskraft FA = %V ·g verminderte
Gewichtskraft FG stärker als die bremsende Reibungskraft FR ; infolgedessen wird
die Kugel beschleunigt. Weil die Geschwindigkeit zunimmt, wird FR aber größer;
die Kugel wird also gegen die beschleunigende effektive Gewichtskraft FG − FA
abgebremst.
Nach kurzer Fallstrecke bildet sich ein Gleichgewichtszustand zwischen beschleunigender und abbremsender Kraft aus (vgl. Abb. 2.3):
FG − FA − FR = 0
(2.5)
Nach dem ersten Newtonschen Axiom bewegt sich die Kugel dann mit konstanter
Fallgeschwindigkeit weiter.
Damit lautet die Bestimmungsgleichung für η
η=
(m − %V )g
.
6πrvβ
(2.6)
Voraufgabe 2.F:
Leiten Sie mit Hilfe der Gl. 2.3 und 2.5 die Abhängigkeit der Sinkgeschwindigkeit
vom Kugelradius her.
Hinweis: Machen Sie sich klar, welche Größen in Gl. 2.3 und 2.5 vom Kugelradius
abhängen. Nehmen Sie β = 1 an (großes Becken).
Versuchsaufbau
Am Boden des mit Rizinusöl gefüllten Fallrohrs (s. Abb. 2.3) befindet sich eine
kleine Eisenkugel, die mit Hilfe eines Magneten an das obere Ende des Fallrohrs
gezogen werden kann.
Aufgabe 2.e:
Versuchsdurchführung
Beim Versuch wird die Zeit gemessen, die die Eisenkugel zum Durchfallen der vorgegebenen Strecke s im Fallrohr benötigt. Hierbei ist besonders darauf zu achten,
dass die Kugel in der Mitte des Fallrohres fällt, damit die Voraussetzungen für die
25
2 Messung der Zähigkeit von Flüssigkeiten
Gültigkeit von Formel 2.4 erfüllt sind. Ebenfalls ist darauf zu achten, dass sich
keine Luftblasen im Fallrohr befinden.
Die Viskositätsbestimmung aus der Geschwindigkeitsmessung soll in einer Messreihe von drei Durchgängen erfolgen.
Die vorgegebene Größen sind hierbei:
m =
3,985 mg
r =
0,5 mm
4
3
πr
g =
9,81 m s−2
V =
3
R =
1,4 cm
% =
0,96 g cm−3 .
26
3 Gasgesetze / spezifische Wärmekapazität
Versuchsziele
- Voraufgaben 3.A - 3.D
- Bestimmung der allgemeinen Gaskonstanten (3.a)
- Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Wasser (3.b)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Die Gasgesetze sind für das Verständnis von analytischen Messmethoden in Physiologie und Pharmazie wichtig und sind Grundvoraussetzungen für das Verständnis vieler physikalisch-chemischer Prozesse in Physiologie und Technik.
Druckkammer (z.B. Behandlung von Taucherkrankheit), Druckgasgefäße in der
medizinischen Therapie, Umrechnung gemessener Atemvolumina auf Normalbedingungen, Ionentransport in Materie (z.B. Botenstoffe im Gehirn, Ionophorese),
Wärmehaushalt von Kalt- und Warmblütern (z.B. Unterkühlung, Überhitzung,
Wärmeerzeugung durch Stoffwechselprozesse, Nahrungsaufnahme, Wärmetransport, Isolierkleidung).
Grundkenntnisse
Gasgesetze:
Ideales Gas, Thermische Zustandsgrößen (Druck, Volumen und Temperatur), Allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase, p-V-Diagramm, Unterschiede zwischen
realen und idealen Gasen; Avogadrosche Zahl, Begriff Stoffmenge (Einheit: mol);
Temperatur (Celsius- und Kelvinskala);
Elektrolyse, Faraday-Gesetz und Faraday-Konstante (Zusammenhang zur Elementarladung und Avogadro-Zahl);
Hydrostatischer Druck, Prinzip kommunizierender Röhren, Barometer.
Spezifische Wärmekapazität:
Wärmekapazität und spezifische Wärmekapazität, Wärmeenergie und elektrische Energie, elektrische Leistung, Joulesche Wärme; Temperatur, Kalorimeter,
Wärmetransportmechanismen; elektrischer Strom, Stromstärke und Spannung;
Amperemeter, Voltmeter.
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression
3.1 Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante
27
3 Gasgesetze / spezifische Wärmekapazität
Die allgemeine Gaskonstante R soll unter Verwendung eines realen Gases, das einem idealen Gas möglichst nahe kommt, bestimmt werden. Eine einfache Methode,
ein solches Gas zu erzeugen, ist Gewinnung von Wasserstoff (H2 ) durch Elektrolyse von verdünnter Schwefelsäure. Die Stoffmenge des gebildeten Gases kann dabei
nicht direkt gemessen werden, sondern wird indirekt aus der bei der Elektrolyse
geflossenen Ladungsmenge nach dem Faradayschen Gesetz bestimmt.
Nach der Zustandsgleichung für ideale Gase
p·V =n·R·T
(3.1)
sind die drei Zustandsgrößen Druck p, Volumen V , Temperatur T und die Stoffmenge n (in mol) des Gases zu bestimmen. Die Stoffmenge n des gebildeten Wasserstoffes lässt sich nach den Faradayschen Gesetzen
I ·t=w·n·z·F .
(3.2)
durch die Messung der transportierten Ladungsmenge bei der Elektrolyse bestimmen. Dabei ist zu beachten, dass sich nach der Elektrolyse je zwei Wasserstoffatome zu einem H2 -Molekül vereinigen.
In der Formel 3.2 bedeuten:
I
t
w
n
z
F
=
=
=
=
=
=
Stromstärke, Einheit: A
Zeit
Anzahl der Atome pro Gasmolekül
Stoffmenge, Einheit: mol
Wertigkeit der Ionen (Zahl der Ladungen pro Ion)
Faraday-Konstante (F = 9,6484 · 104 As/mol) .
3.1.1 Versuchsaufbau und -durchführung
Im Versuch wird eine bestimmte Gasmenge V von H2 durch Elektrolyse verdünnter
Schwefelsäure im rechten Teil des U-Rohres bei geschlossenem Hahn H(2) und
geöffnetem Hahn H(1) erzeugt (s. Abb. 3.1). Zur Bestimmung der Stromstärke ist
noch ein Amperemeter seriell in dem Stromkreislauf integriert.
Die Temperatur wird mit Hilfe eines Thermometers an der Wand bestimmt.
Zunächst wird bei geöffnetem Hahn H(2) durch Regelung des Widerstandes RV
eine Stromstärke I von etwa I = 300 mA eingestellt. Der Schalter S wird dann
geöffnet und H(2) geschlossen; H(1) bleibt geöffnet.
Das Volumen V im U-Rohr setzt sich aus dem Anfangsvolumen V0 und dem bei
Stromfluss erzeugten Volumen Ṽ zusammen.
Nach jeder Stromflussperiode wird durch Absenken des Vorratsbehälters ein
Druckausgleich hergestellt. Damit ist der Druck p im rechten Rohr gleich dem
äußeren Luftdruck, der an einem Barometer abgelesen wird.
28
3.1 Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante
Erst nach dem Druckausgleich wird das bis dahin erzeugte gesamte Gasvolumen
abgelesen. Das gebildete H2 wird akkumuliert, also nicht nach jeder Stromflussperiode abgelassen.
Voraufgabe 3.A:
Wenn die Pole der Spannungsquelle nicht beschriftet sind, kann man die Elektrolyse zunächst mit geschlossenen Hähnen H(1) und H(2) beginnen. Man sieht
dann, dass sich in den beiden Steigrohren unterschiedlich viel Gas bildet. Um welches Gas handelt es sich dabei jeweils, und welcher Hahn muss folglich geöffnet
werden?
Voraufgabe 3.B:
Wieso wird der Druckausgleich durchgeführt und wie erkennt man wann dieser
erreicht ist?
Aufgabe 3.a:
Versuchsdurchführung
Messen Sie das bei der Elektrolyse gebildete Gasvolumen für sechs jeweils zweiminütige Stromflussperioden.
H1
H2
H2 O + H2 SO4
Vorratsgefäß
Ionenleitung
S
A
RV
U0
Abbildung 3.1: Skizze des Versuchsaufbaus zur Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante: Zur Elektrolyse der verdünnten Schwefelsäure sind im U-Rohr
zwei Elektroden angebracht, die über eine Spannungsquelle, einen regelbaren Widerstand RV und
einen Schalter S verbunden sind.
29
3 Gasgesetze / spezifische Wärmekapazität
Thermometer
U0
A
V
Rührvorrichtung
Kalorimeter
(Dewar)
Heizdraht
Abbildung 3.2: Skizze des Versuchsaufbaus zur Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität
von Wasser. Zur Erwärmung des Wassers
im Kalorimeter ist in diesem ein Heizdraht
montiert. Zur Bestimmung der abgegebenen
Wärmemenge wird mit einem Voltmeter die
Spannung parallel, die Stromstärke mit einem Amperemeter seriell zu dem Heizdraht
gemessen. Die verstrichenen Zeit wird mit
einer Stoppuhr ermittelt. Die entsprechende Temperaturerhöhung des Wassers kann an
dem Thermometer abgelesen werden. Damit
das Wasser möglichst gleichmäßig erwärmt
werden kann, ist in dem Kalorimeter eine
Vorrichtung zum Durchmischen des Wassers
integriert.
Die gemessenen Volumina werden in einem Diagramm gegen die Zeit t (Dauer
des Stromflusses) aufgetragen. Es ergibt sich eine Gerade, deren Steigung s =
δV /δt graphisch zu ermitteln ist. Mit der Zustandsgleichung idealer Gase und dem
Faradayschen Gesetz kann damit nun die allgemeine Gaskonstante R berechnet
werden.
3.2 Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von
Wasser
Die spezifische Wärmekapazität c von Wasser soll hier direkt gemessen werden.
Dazu wird eine bestimmte Menge Wasser der Masse m in einem wärmeisolierten
Gefäß (Kalorimeter, siehe Abb. 3.2) erwärmt. Die aufzubringende Wärme (=Bewegungsenergie der Wassermoleküle) wird als Joulesche Wärme Q in einer elektrischen Heizvorrichtung erzeugt:
Q=P ·t=U ·I ·t .
(3.3)
P ist die elektrische Leistung, U die Spannung, I die Stromstärke und t die Zeit.
Dabei ist darauf zu achten, dass durch die zugeführte Wärmemenge Q nicht nur
das Wasser, sondern auch das Kalorimeter erwärmt wird:
Q = c · m · ∆T + W · ∆T .
W ist die Wärmekapazität des Kalorimeters, auch Wasserwert“ genannt.
”
30
(3.4)
3.2 Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität von Wasser
Voraufgabe 3.C:
Wieso isoliert das Kalorimeter die Wärme im Inneren gegen die Umgebung?
Voraufgabe 3.D:
Wieso muss während des Experimentes das Wasser sorgfältig durchmischt werden?
Wieso müssen Strom und Spannung während der Messung konstant bleiben?
Aufgabe 3.b:
Versuchsdurchführung
Bauen Sie zunächst die Schaltung nach Abb. 3.2 auf und füllen Sie 200 ml Wasser (Messzylinder!) in das Kalorimeter. Schalten Sie die Spannungsquelle ein und
messen Sie die Spannung und Stromstärke. Schalten Sie die Spannungsquelle nun
wieder aus (Wichtig! Nicht vergessen!) und entfernen das Amperemeter aus
der Schaltung; dieses verträgt die hier fliessenden Stromstärken nur kurzfristig.
Nur die elektrische Spannung des Heizdrahtes wird während der Messung weiter
überprüft.
Während der Messung muss das Wasser ständig gut durchmischt werden. Etwa
zehn Minuten lang wird in Abständen von 30 Sekunden die Temperatur bei eingeschalteter Spannungsquelle gemessen und in ein Diagramm gegen die verstrichene
Zeit t aufgetragen. Aus der Steigung der sich ergebenden Geraden liest man das
Verhältnis ∆T /t ab. Daraus errechnet man die spezifische Wärmekapazität.
31
4 Linsen / Mikroskop
Versuchsziele
- Voraufgaben 4.A - 4.E
- Bestimmung der Brennweite einer Sammel- und einer Zerstreuungslinse (4.a
und 4.b)
- Bestimmung der Größe eines Objektes mit Hilfe eines Mikroskops (4.d)
- Bestimmung des Auflösungsvermögens des verwendeten Mikroskops (4.e)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Funktion des Auges, Behebung von Sehfehlern, optische Geräte zur Diagnose und
im Labor (z.B. Mikroskop).
Grundkenntnisse
Stoffabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit, Brechungsindex und Snelliussches
Brechungsgesetz; Brennweiten und Brechkräfte von Linsen; Umkehrbarkeit des
Lichtweges, Bildkonstruktion, Abbildung durch Sammel- und Zerstreuungslinsen,
Abbildungsgesetz für Linsen, Linsenkombination; Linsen- und Abbildungsfehler;
Hauptebenen von Linsen, Besselverfahren; Lupe, Mikroskop; Auflösungsvermögen
(Definition und Bestimmung).
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung
4.1 Linsen
Mit Linsen lassen sich selbstleuchtende oder beleuchtete Objekte abbilden. Will
man bei einem vorgegebenen Standort des abzubildenden Gegenstandes G und
einer Linse mit der Brennweite f wissen, an welchem Ort das Bild B entsteht,
so kann man eine Bildkonstruktion durchführen, für die man den Verlauf von
mindestens zwei Strahlen, die von einem Objektpunkt kommen, kennen muss. Für
die Bildkonstruktion geeignet sind der Parallelstrahl, der vor der Linse parallel
zur optischen Achse verläuft und hinter der Linse durch den Brennpunkt geht,
der Mittelpunktstrahl, der ungebrochen durch den Mittelpunkt der Linse verläuft
und der Brennpunktstrahl, der durch den gegenstandseitigen Brennpunkt geht
und hinter der Linse parallel zur optischen Achse verläuft.
Eine wichtige Größe bei einer Abbildung ist die Vergrößerung V , die definiert ist
33
4 Linsen / Mikroskop
durch das Verhältnis von Bildgröße B zur Gegenstandsgröße G. Die Vergrößerung
V lässt sich aus dem Verhältnis von Bildweite b zur Gegenstandsweite g berechnen:
B b V = = .
G
g
(4.1)
Aus Abbildung 4.1 lässt sich auch die folgende Beziehung ableiten (Strahlensatz):
b−f
B
=
,
G
f
(4.2)
wobei f die Brennweite der Linse ist. Aus Gleichung (4.1) und (4.2) ergibt sich
die Abbildungsgleichung:
1
1 1
= + .
(4.3)
f
g b
Voraufgabe 4.A:
Ein Gegenstand wird in verschiedenen Abständen g zu einer Sammellinse aufgestellt. Was lässt sich über das jeweils entstehende Bild sagen? Die Tabelle 4.1 ist
ausgefüllt (!) in das Protokoll zu übertragen und soll erklärt werden können.
Die Brennweite einer Sammellinse bestimmt man am einfachsten aus Gegenstandsund Bildweite, indem man das Bild eines leuchtenden Gegenstandes auf einem
Schirm auffängt und die entsprechenden Abstände zur Hauptebene der Linse
misst.
Gegenstand
Lage
Lage
Größe
Bild
virtuell/reell?
g > 2f
f < b < 2f
B<G
reell
g = 2f
f < g < 2f
g=f
g<f
Tabelle 4.1: Tabelle zu Voraufgabe 4.A
34
Stellung
umgekehrt,
seitenvertauscht
4.1 Linsen
Das Verfahren hat experimentell den Nachteil, dass dazu die Lage der Hauptebene
exakt bekannt sein muss. Zur Vermeidung dieser Schwierigkeit benutzt man das
Besselverfahren.
Bei fest vorgegebenem Abstand a = b + g (mit a > 4 · f ) von Gegenstand G
und Bildschirm B existieren zwei Positionen der Linse (siehe Abb. 4.1), in denen
der Gegenstand vergrößert bzw. verkleinert scharf auf dem Bildschirm abgebildet
wird. Der Abstand dieser beiden Linsenstellungen ist dann e = g − b. Durch
Substitution von g und b in der Linsengleichung wie in Voraufgabe 4.B erhält
man:
a2 − e2
.
(4.4)
f=
4a
Voraufgabe 4.B:
Leiten Sie Gleichung (4.4) her!
Hinweis: Substituieren Sie b und g in der Gleichung (4.3) mit Hilfe der Gleichungen b + g = a und g − b = e.
G
f
f
g1
b1
B
G
f
f
g2
b2
B
e
a
Abbildung 4.1: Prinzip des Besselverfahrens. Bei festem a befinden sich die Positionen der
Linse aufgrund der Symmetrie gerade so, dass g1 = b2 und b1 = g2 gilt.
35
4 Linsen / Mikroskop
Der Abstand a muss etwas größer als 4f sein, d.h. a > 4f , um das Besselverfahren anwenden zu können. Warum gilt diese Bedingung?
Aufgabe 4.a:
Sammellinse
Die Brennweite fs einer Sammellinse soll für zwei verschiedene Abstände a mit
Hilfe des Besselverfahrens bestimmt werden.
Achten Sie vor der Durchführung darauf, dass nur die Sammellinse montiert ist!
Aufgabe 4.b:
Zerstreuungslinse
Die Brennweite fz einer Zerstreuungslinse wird mit Hilfe des Besselverfahrens
aus der Brennweite fk einer Linsenkombination bestimmt.
1
1
1
'
+
.
fk
fs fz
(4.5)
Die Linsenkombination besteht aus der Sammellinse, deren Brennweite fs im ersten Versuchsteil bestimmt wurde, und der Zerstreuungslinse, deren Brennweite
gemessen werden soll; dabei muss die Brennweite der Linsenkombination fk > 0
sein.
Voraufgabe 4.C:
Warum kann bei dieser Messung die Zerstreuungslinse nicht alleine, sondern nur in
Kombination mit der Sammellinse benutzt werden? Was bedeutet das Vorzeichen
der Brennweite?
4.2 Mikroskop
Ein Mikroskop dient zur Vergrößerung kleiner Objekte, indem es den Sehwinkel
weitet, unter dem ein betrachteter Gegenstand erscheint. Es besteht aus mindestens zwei Sammellinsen: dem Objektiv, dem Okular und gegebenenfalls einer
Feldlinse, welche der Gesichtsfeldvergrößerung dient.
Zunächst wird mit der gegenstandseitigen Linse, dem Objektiv, ein vergrößertes, reelles und umgekehrtes Zwischenbild erzeugt, wobei die Gegenstandsweite
g etwas größer als die Brennweite fObj des Objektivs ist, d.h. der Gegenstand
liegt geringfügig außerhalb der Brennweite des Objektivs. Die zweite Linse, das
Okular, ist so angeordnet, dass das Zwischenbild in der Brennebene des Okulars
liegt. Das Okular wirkt so als Lupe, d.h. es entsteht ein virtuelles, vergrößertes
Bild des Zwischenbildes, das mit dem auf Unendlich eingestellten entspannten
36
4.2 Mikroskop
Auge betrachtet wird.
Von einem ausgeleuchteten Objekt ist im allgemeinen nur ein Ausschnitt, das
sogenannte Gesichtsfeld, im Mikroskop sichtbar. Um das nutzbare Gesichtsfeld zu
vergrößern, kann man eine zusätzliche Sammellinse, die Feldlinse, in die Ebene
des Zwischenbildes einsetzen und ihre Brennweite so wählen, dass auch die schräg
verlaufenden Lichtbündel, die ohne Feldlinse nicht in die Okularlinse gelangen
würden, in diese hineingelenkt werden. Eine derartige Feldlinse ändert die Lage
des virtuellen Bildes und die Gesamtvergrößerung nicht.
Gesamtvergrößerung
Die Vergrößerung eines optischen Instruments ist anhand der Sehwinkelvergrößerung definiert:
Sehwinkel mit Instrument
.
(4.6)
V =
Sehwinkel ohne Instrument bei s0
Die Gesamtvergrößerung eines Mikroskops VMi ist das Produkt aus den Einzelvergrößerungen der beiden Linsen, d.h. der Vergrößerung VObj des Objektivs und der
Vergrößerung VOk des Okulars:
VMi = VObj · VOk .
Die Vergrößerung des Objektivs berechnet sich aus:
t
VObj =
,
fObj
(4.7)
(4.8)
wobei t die Tubuslänge des Mikroskops und fObj die Brennweite des Objektivs
bezeichnen. Die Tubuslänge t ist die Größe b − f in Gleichung (4.2), wobei b die
Bildweite, d.h. die Lage des Zwischenbildes, angibt und f = fObj ist. Anders formuliert, die Tubuslänge gibt den Abstand zwischen dem bildseitigen Brennpunkt
der Objektivlinse und der Zwischenbildebene an.
Für die Vergrößerung des Okulars (Lupe) gilt:
s0
.
VOk =
fOk
(4.9)
Dabei sind s0 = 25 cm die deutliche Sehweite und fOk die Brennweite des Okulars.
Damit ergibt sich die Gesamtvergrößerung des Mikroskops zu:
t s0
.
VMi =
fObj fOk
(4.10)
Soll eine hohe Gesamtvergrößerung erzielt werden, so müssen also Objektiv und
Okular sehr kleine Brennweiten aufweisen.
Auflösungsvermögen
Bei jeder Lichtbündelbegrenzung tritt Beugung auf, die von der Größe der begrenzenden Öffnung abhängig ist. Beim Mikroskop wird durch Beugungseffekte
der Öffnung der Objektivlinse das Auflösungsvermögen begrenzt.
37
4 Linsen / Mikroskop
Das Auflösungsvermögen A kennzeichnet den kleinsten Abstand d zweier Punkte,
der bei Betrachtung durch das Mikroskop noch als getrennt wahrgenommen wird.
Es errechnet sich nach
n sin α
NA
1
=
,
(4.11)
A= =
d
λ
λ
wobei α der halbe Öffnungswinkel des Objektivs ist. Mit n wird die Brechzahl
des Mediums zwischen Objekt und Objektiv bezeichnet (für Luft: n = 1). Die
Numerische Apertur N A = n · sin α ist ein Maß für die Auflösung des verwendeten Mikroskops und wird meist zu diesem angegeben. Sie kann nicht wesentlich
über den Wert 1 hinausgehen, so dass die kleinstmöglichen, von einem Mikroskop
auflösbaren Distanzen in der Größenordnung der verwendeten Wellenlänge liegt.
Hohes Auflösungsvermögen erfordert also die Verwendung kurzer Wellenlängen.
Mit violettem Licht einer Wellenlänge von ca. 400 nm lassen sich z.B. Abstände
bis zu 200 nm auflösen. Wesentlich besseres Auflösungsvermögen haben Elektronenmikroskope, da Elektronen je nach ihrer Geschwindigkeit Wellenlängen von
0,1 nm und weniger besitzen.
Voraufgabe 4.D:
Skizzieren Sie den Strahlengang und die Bildentstehung in einem Mikroskop ohne
Feldlinse (orientieren sie sich dabei an der Bildkonstruktion aus 4.1).
Voraufgabe 4.E:
Berechnen Sie das Auflösungsvermögen des benutzten Mikroskops für die Wellenlängen λ = 400 nm, 600 nm und 800 nm. Verwenden Sie als Größe der numerischen Apertur NA = 0,13.
Aufgabe 4.c:
Strahlengang
Mit Hilfe einer Mattscheibe soll der Strahlengang im Mikroskop untersucht werden. Um den Strahlengang besser zu verstehen, wird das Mikroskop ohne Okular
verwendet (Die Mattscheibe ist am Ende eines Kupferrohres angebracht). Um
paralleles Licht zur Beleuchtung des Objektes zu erhalten, ist eine relativ weit
entfernte Lichtquelle (Leuchtstoffröhre) mit Hilfe des ebenen Spiegels (nicht des
Hohlspiegels) zur Beleuchtung zu verwenden; das Bild der Lichtquelle ist mit Hilfe
der beiliegenden Mattscheibe etwa in der Brennebene des Okulars als Abbildung
eines auf die Leuchtstoffröhre geklebten Objektes zu finden. Durch Entfernen der
Feldlinse ist deren Wirkung (Gesichtsfeldvergrößerung) zu untersuchen.
38
4.2 Mikroskop
(a) Objektmikrometer
(b) Strichgitter
Abbildung 4.2: Hilfsmittel zu den Versuchsteilen 4.d und 4.e
Aufgabe 4.d:
Objektgröße
Die Größe eines Objektes ist mit Hilfe eines Messokulars und eines Objektmikrometers (siehe Abb. 4.2a) zu bestimmen. Das Objektmikrometer mit bekannten
Ausmaßen dient zur Kalibrierung des Messokulars mit unbekannter Skalierung.
Die Größe des Objekts wird dann mit dem Messokular bestimmt und mithilfe der
Kalibrierung berechnet.
Aufgabe 4.e:
Auflösungsvermögen
Das Auflösungsvermögen des Mikroskops soll durch Vermessung mehrerer Strichgitter (siehe Abb. 4.2b) mit verschiedenen Gitterabständen untersucht und mit
dem aus Gleichung (4.11) berechneten Wert verglichen werden. Bestimmen Sie
die mögliche Ober- und Untergrenze des Auflösungsvermögens anhand der gerade
noch erkennbaren oder gerade nicht mehr erkennbaren Strichmuster.
39
5 Ohmsche Widerstände
Versuchsziele
- Voraufgaben 5.A - 5.D
- Bestimmung des Widerstandswertes eines Ohmschen Widerstandes (5.a)
- Bestimmung der Temperaturabhängigkeit eines NTC-Widerstandes (5.b
und 5.c)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Die Grundbegriffe der Elektrizitätslehre dienen dem Verständnis elektrophysiologischer Vorgänge (z.B. Erregungsleitung) und physikalisch-chemischer Untersuchungen im Labor (z.B. Berechnung der Reaktionsenthalpie bei geänderter Temperatur) sowie der Wirkungsweise elektrischer Geräte für Diagnose und Therapie
(z.B. Elektrokardiographie).
Grundkenntnisse
elektrische Ladung, Ladungsträger, Elementarladung; El. Strom als bewegte Ladung, Stromstärke; el. Spannung als Potentialdifferenz; Amperemeter, Voltmeter,
Gleichstromspannungsquellen; el. Leistung und Energie; el. Leiter, elektrischer
Widerstand, Leitwert, Resistivität; Ohmsches Gesetz; Kirchhoffsche Gesetze
(Maschenregel, Knotenregel), Spannungsteilung, Messung von Widerständen, Innenwiderstände von Ampere- und Voltmeter. Wheatstonesche Brückenschaltung und deren Bezug zu den Kirchhoffschen Gesetzen, Temperatur (Celsiusund Kelvinskala); Leiter, Halbleiter und Isolator; Heiß-, Kaltleiter (Temperaturabhängigkeit).
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Exponentialfunktion und
deren physikalische Aussage, natürlicher bzw. dekadischer Logarithmus und Überführung der
Exponentialfunktion in eine lineare Funktion durch Logarithmieren; Graphische Darstellung von
Messungen in Koordinatensystemen mit linear und logarithmisch geteilten Achsen und deren
Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven; lineare Regression;
5.1 Bestimmung eines Ohmschen Widerstandes
41
5 Ohmsche Widerstände
Für die Messung eines Ohmschen Widerstandes wird eine der in Abbildung 5.1
wiedergegebene Schaltungen aufgebaut. Mit Hilfe des Potentiometers P wird von
einer vorgegebenen Festspannungsquelle U0 eine beliebige Teilspannung U abgegriffen. Mit dem Voltmeter V wird die Spannung U und mit dem Amperemeter
A die Stromstärke I gemessen. In einem Diagramm wird U gegen I aufgetragen.
Aus der Steigung der so erhaltenen Kennlinie wird der Widerstandswert ermittelt.
Anmerkung
Bei der in Abbildung 5.1 skizzierten Messung macht man grundsätzlich einen systematischen Fehler. Das Amperemeter misst nicht nur den Strom Ix , der durch Rx
fließt, sondern auch den durch das Voltmeter fließenden Strom IV , d.h. I = Ix +IV .
Dieser systematische Fehler ist umso kleiner, je größer der Innenwiderstand RV
des Voltmeters ist. Man kann diesen systematischen Fehler korrigieren, wenn
man mit Hilfe des Innenwiderstandes RV aus der Spannungsanzeige U den Strom
IV = U/RV berechnet und von I abzieht, d.h. Ix = I − IV . Bei der graphischen
Darstellung müsste man dann U als Funktion von Ix auftragen.
Voraufgabe 5.A:
Betrachten Sie in Abb. 5.1(a) nur die Parallelschaltung des Voltmeters V und des
unbekannten Widerstandes Rx . Erläutern Sie hieran die Kirchhoffschen Regeln.
Voraufgabe 5.B:
Erläutern Sie den prinzipiellen Unterschied zwischen den beiden Schaltungen in
den Abbn. 5.1(a) und 5.1(b) anhand der Kirchhoffschen Regeln. Wie lassen sich
die systematischen Fehler berücksichtigen?
U0
U0
P
P
Rx
A
V
variabler
Abgriff
Rx
A
variabler
Abgriff
V
(a) Schaltung 1
(b) Schaltung 2
Abbildung 5.1: Potentiometerschaltung: Bei entsprechender Berücksichtigung der Besonderheiten der Schaltungen 1 und 2 sind diese äquivalent.
42
5.2 Ermittlung der Temperaturabhängigkeit eines NTC-Widerstandes
Aufgabe 5.a:
Versuchsdurchführung
Nehmen Sie mittels einer der Potentiometerschaltungen Abbn. 5.1(a) und 5.1(b)
die Kennlinie eines Ohmschen Widerstandes auf und ermitteln Sie graphisch aus
der Steigung der Kennlinie den Widerstandswert! Berücksichtigen Sie den systematischen Fehler entsprechend.
5.2 Ermittlung der Temperaturabhängigkeit eines
NTC-Widerstandes
Die Temperaturabhängigkeit eines NTC-Widerstandes (Halbleiterwiderstand mit
einem Negative Temperature-Coefficient) soll mit Hilfe einer Wheatstoneschen
Brückenschaltung vermessen werden (Abb. 5.2), bei der der unbekannte Widerstand RNTC mit einem bekannten Widerstand RVergleich verglichen wird. Hierzu
wird wiederum eine Spannungsquelle U0 mit einem Potentiometer (R1 + R2 ) verbunden. RNTC und RVergleich werden über eine Brücke, die ein empfindliches Mikroamperemeter (Galvanometer) enthält, mit dem Mittelabgriff des Potentiometers
verbunden. Durch Verschieben des Mittelabgriffes können über R1 und R2 genau
die Teilspannungen U1 und U2 abgegriffen werden, bei denen der Strom durch die
Brücke Null wird. Man nennt die Brücke dann abgeglichen“.
”
UNTC
UVergleich
NTC (ϑ )
RVergleich
INTC
IG
P
R1
I1
IVergleich
G
R2
U1
U2
I2
U0
Abbildung 5.2: Wheatstonesche Brückenschaltung zur Bestimmung eines NTCWiderstandes.
43
5 Ohmsche Widerstände
Mit den Kirchhoffschen Gesetzen lässt sich zeigen, dass genau für diesen Fall
eine einfache Verhältnisgleichung für die vier beteiligten Widerstände gilt:
R1
RNTC
=
.
RVergleich
R2
(5.1)
5.2.1 Herleitung:
Für den Fall der abgeglichenen Brücke, d.h. es fließt kein Strom durch das Galvanometer, gilt:
U1
I1
= UNTC
=
I2
und U2
und INTC
= UVergleich
= IVergleich
(5.2)
(5.3)
und damit:
INTC · RNTC
INTC · RVergleich
= I1 · R1
= I1 · R2
(5.4)
(5.5)
Dividiert man Gl. 5.4 durch Gl. 5.5 , ergibt sich
INTC · RNTC
I1 · R1
=
.
INTC · RVergleich
I1 · R2
(5.6)
Die Ströme kürzen sich heraus, es bleibt die zu zeigende Beziehung 5.1.
Das Potentiometer (Widerstände R1 und R2 ), das im Versuch verwendet wird, ist
ein Widerstandsdraht von 1 m Länge. Der Widerstand R eines Drahtes ist proportional zu seiner Länge l und umgekehrt proportional zu seiner Querschnittsfläche A:
1
RDraht = % · l ·
(5.7)
A
Der Proportionalitätsfaktor ist die Resistivität %.
Setzt man dies für R1 und R2 in obiger Gleichung 5.1 ein und bedenkt, dass % und
A für beide Teilwiderstände identisch sind, so erhält man R1 /R2 = l1 /l2 . Damit
ergibt sich die Messbeziehung:
RNTC = RVergleich ·
l1
.
l2
(5.8)
Der Vergleichswiderstand ist bekannt, die Längen l1 und l2 werden bei abgeglichener Brücke gemessen. Alternativ besitzt das Potentiometer bereits eine Skala, in
welcher das Verhältnis l1 /l2 sofort abgelesen werden kann.
44
5.2 Ermittlung der Temperaturabhängigkeit eines NTC-Widerstandes
Voraufgabe 5.C:
Diskutieren Sie den Einfluss auf die Messung, wenn durch einen ungenauen Abgleich die Stromstärke durch die Brücke nicht Null ist.
5.2.2 Temperaturabhängigkeit von Widerständen
Grundsätzlich sind alle Widerstände temperaturabhängig. Je nachdem, ob der
Widerstandswert mit steigender Temperatur größer oder kleiner wird, unterscheidet man zwischen Kaltleitern (PTC-Widerstand) oder Heißleitern (NTCWiderstand).
• Kaltleiter oder PTC-Widerstand (positive temperatur coefficient)
Widerstandswert wird bei steigender Temperatur größer, die Leitfähigkeit
sinkt.
Beispiel: Metalle, Silizium, Bariumtitanat
• Heißleiter oder NTC-Widerstand (negative temperatur coefficient)
Widerstandswert wird bei steigender Temperatur kleiner, die Leitfähigkeit
steigt.
Beispiel: Kohlenstoff, Halbleiter, diverse Metalloxyde
Die Abhängigkeit von der absoluten Temperatur T wird beim hier verwendeten
NTC-Widerstandstyp näherungsweise durch folgende Gleichung bestimmt:
b
RNTC (T ) = R0 · e T .
(5.9)
Hierbei sind R0 und b charakteristische Konstanten.
Gleichungen des Typs von Gl. 5.9 werden häufig Arrhenius-Gleichungen genannt.
Bei unendlich hohen“ Temperaturen sinkt RNTC nicht bis auf 0 Ω, sondern nähert
”
sich R0 asymptotisch an. In der Konstanten b steckt mit b = Ea /kB die Anregungsenergie pro Elektron Ea , die zur Erzeugung von beweglichen Ladungsträgern erforderlich ist. Da der verwendete NTC-Widerstand ein Halbleiter ist, entspricht
dies der Bandlücke des Materials, die mit b und der Boltzmann-Konstante kB
ermittelt werden könnte (kB = 1,3806488 · 10−23 J/K = 8,6173324 · 10−5 eV/K).
Wenn man den natürlichen Logarithmus von Gleichung (5.9) betrachtet, ergibt
sich:
RNTC
R0
1
ln
= ln
+b· .
(5.10)
1Ω
1Ω
T
45
5 Ohmsche Widerstände
Voraufgabe 5.D:
Beschreiben Sie, wie sich PTC- und NTC-Widerstand in einem Stromkreis verhalten a) unmittelbar nach dem Einschalten und b) nach einiger Zeit. Beachten
Sie dabei die auftretende Joulesche Wärme.
Aufgabe 5.b:
Versuchsdurchführung
Messen Sie RNTC für fünf verschiedene Wassertemperaturen zwischen 20 ◦ C und
80 ◦ C durch Abgleichen der Wheatstoneschen Brücke. Tragen Sie die gemessenen Werte als Funktion der Temperatur in einem Diagramm auf normalem
mm-Papier auf und diskutieren Sie die Temperaturabhängigkeit!
Aufgabe 5.c:
Auswertung
Bilden Sie die Größe ln (RNTC /1Ω) und tragen Sie sie gegen 1/T auf normalem
mm-Papier auf! Die Steigung der resultierenden Geraden ist dann die Größe b.
ln (R0 /1Ω) entspräche dem Schnittpunkt der Ausgleichsgerade mit der Ordinatenachse. Da dieser aber weit außerhalb des Messbereichs (markierter Bereich in
Abb. 5.3) liegt, kann dieser nicht zeichnerisch bestimmt werden. Berechnen Sie
R0 nach Gl. 5.10 indem Sie für ln (RNTC /1Ω) und T1 einen beliebigen Punkt ihrer
Ausgleichsgerade einsetzen.
46
5.2 Ermittlung der Temperaturabhängigkeit eines NTC-Widerstandes
14
12
ln(RNTC /Ω)
10
8
6
4
2
0
0
0, 5
1
1, 5
2
2, 5
3
3, 5
4
333
286
250
1/T [10−3 K−1 ]
2000
1000
667
500
400
Temperatur [K]
Abbildung 5.3: Temperaturabhängigkeit des NTC-Widerstandes.
47
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
Versuchsziele
- Voraufgaben 6.A-6.C
- Bestimmung der Wellenlänge der Spektrallinien von Quecksilber (6.a)
- Bestimmung der Wellenlänge der beiden blauen Linien im Caesiumspektrum
(6.b)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Strukturbestimmung von Proteinen (Infrarot-Differenzspektroskopie), Untersuchung von Gewebe durch Einstrahlung von Licht und Analyse des von ihm reemittierten Spektrums (Gewebespektrophotometrie), qualitative und quantitative Ermittlung gasförmiger, flüssiger und fester Stoffe anhand ihrer Spektrallinien
(Emissionsspektren).
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); elektromagnetische Wellen; Energie und Intensität einer e.-m. Welle; mathematische Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit (Vakuum, Medium), Zusammenhänge dazwischen; Huygensches Prinzip, Überlagerung von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien; Huygenssches Prinzip, Beugung am Doppelspalt und am Gitter, Wellenlängenabhängigkeit des Beugungswinkels; Stoffabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit, Brechungsindex und Snelliussches Brechungsgesetz, Prisma (minimaler
Ablenkungswinkel, Dispersion).
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven.
6.1 Beugung am Gitter
6.1.1 Einführung
Ein paralleler Lichtstrahl wird beim Durchgang durch ein Gitter, d.h. eine regelmäßige Anordnung von engen Spalten, zum Teil aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt. Das Phänomen nennt man Beugung. Bei Beugungserscheinungen
kann sich die Welle im geometrischen Schattenraum des Hindernisses (hier: den
Spalten des Gitters) ausbreiten.
49
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
d
α
s
·
α
Abbildung 6.1: Beugung am Gitter: Die Geometrie ergibt s/d = sin α.
Bei der Beugung am Gitter beobachtet man bei bestimmten Winkeln α ausgeprägte Intensitätsmaxima. Die Winkel α, unter denen diese Hauptmaxima beobachtet werden, lassen sich aus geometrischen Bedingungen ableiten.
Nach dem Huygensschen Prinzip ist jeder Punkt im Raum Ausgangspunkt einer
elementaren Kugelwelle, insbesondere jeder Punkt innerhalb eines Spaltes. Die
Beugungsfigur ergibt sich durch die Interferenz dieser elementaren Kugelwellen.
Wenn der Gangunterschied s zwischen den elementaren Kugelwellen benachbarter Spalte ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge λ ist, beobachtet man
ein Hauptmaximum, d.h. konstruktive Interferenz. Die geometrische Bedingung
hierfür kann man aus Abbildung 6.1 ablesen:
s = d · sin α = m · λ
mit m ganzzahlig.
(6.1)
Daraus folgt:
m·λ
(6.2)
d
Hierbei ist s der Gangunterschied, d die Gitterkonstante, d.h. der Abstand zwischen benachbarten Spalten, α der Beugungswinkel, m die Ordnungszahl des Beugungsmaximums und λ die Wellenlänge des Lichtes.
sin α =
Die Beugung am Gitter wird zur Messung von Lichtwellenlängen λ verwendet.
Das Gitter in einem Gitterspektrographen besteht meist aus einer ebenen Glasplatte, in die mit einem Diamanten gerade Streifen (einige 100 pro mm) in gleichen
Abständen eingeritzt sind. Diese matten Streifen absorbieren das Licht, die unbearbeiteten Streifen wirken als lichtdurchlässige Spalte.
Zwischen den Hauptmaxima, deren Lage nach Gleichung (6.1) berechnet werden
kann, gibt es noch sogenannte Nebenmaxima mit sehr geringer Intensität.
Mit Hilfe der Beugung am Gitter kann man das Spektrum von Licht mit hoher
Auflösung untersuchen. Unter dem Begriff Spektrum versteht man ein Diagramm,
in dem die Intensität als Funktion der Wellenlänge dargestellt ist.
50
6.1 Beugung am Gitter
violett blau
türkis
grün gelb
(Doppellinie)
(Doppellinie)
Abbildung 6.2: Beispiel für das Spektrum einer Quecksilberlampe.
Für eine Spektraluntersuchung von Licht ist das Auflösungsvermögen eines Beugungsgitters wichtig. Zwei Spektrallinien lassen sich mit Hilfe eines Gitters trennen, wenn sich ihre Hauptmaxima nicht überlappen. Das Auflösungsvermögen
eines Beugungsgitters ist definiert mit
A :=
λ
= mN .
|∆λ|
(6.3)
Dabei ist |∆λ| die kleinste noch trennbare Wellenlängendifferenz zweier Linien, die
beide nahe bei der Wellenlänge λ liegen. Das Auflösungsvermögen ist proportional
zur Anzahl der beleuchteten Spalte N (die Schärfe der Interferenzmaxima nimmt
mit ihr zu) und proportional zur Ordnung m.
Voraufgabe 6.A:
Es sollen die beiden gelben Linien (589,00 nm und 589,59 nm) einer Natriumdampflampe getrennt werden. Wie viele Spalte müssen mindestens beleuchtet
werden, damit die Linien im Beugungsmaximum erster Ordnung aufgelöst werden können?
Aufgabe 6.a:
Messung
1. Das Beugungsspektrum erster und zweiter Ordnung von Hg-Licht ist an einem Strichgitter mit der Gitterkonstanten d = 10 µm aufzunehmen, indem
der Beugungswinkel für die verschiedenen Spektralfarben des Hg-Lichts ausgemessen wird (Abb. 6.2). Beachten Sie, dass sich die Spektren benachbarter
Ordnungen überschneiden können.
Wieviele Ordnungen lassen sich insgesamt beobachten?
2. Aus den gemessenen Werten der Beugungswinkel α sind die Wellenlängen
der Spektrallinien von Hg zu bestimmen.
51
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
6.2 Prismenspektroskop
6.2.1 Einführung
Während der Gitterspektrograph eine räumliche Trennung von Strahlen mit unterschiedlichen Wellenlängen über die wellenlängenabhängige Beugung und Interferenz an einem Gitter erreicht, nützt der Prismenspektrograph die Dispersion
dn/dλ des Brechungsindex n(λ) aus.
Unter Dispersion versteht man im Allgemeinen die Abhängigkeit einer Größe von
der Wellenlänge. In der Optik ist hierunter speziell die Abhängigkeit der Lichtbrechung von der Wellenlänge zu verstehen. Wie stark sich die Brechungsindizes für
verschiedene Wellenlängen unterscheiden, hängt vom verwendeten Material ab.
Abbildung 6.3 zeigt beispielhaft die Dispersionskurve für Siliciumdioxid (Quarzglas). Fällt der Brechungsindex mit zunehmender Wellenlänge, so spricht man von
normaler Dispersion, nimmt er zu, wird dies als anomale Dispersion bezeichnet.
Der Brechungsindex ist definiert als das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit im
Vakuum c und der im Medium cm :
n :=
c
.
cm
(6.4)
Energie [eV]
3,0
2,5
2,0
1,75
1,480
Brechungsindex n
1,475
1,470
1,465
1,460
1,455
1,450
400
450
500
550
600
650
700
750
Wellenlänge [nm]
Abbildung 6.3: (L) Dispersionskurve für Siliciumdioxid. Es ist deutlich ein nicht-linearer
Verlauf zu erkennen.
52
6.2 Prismenspektroskop
Prisma
Linse2
Linse1
Spalt
Schirm
rot
blau
Abbildung 6.4: Strahlengang im Prismenspektroskop (ohne Okular). Das Prisma ist so justiert, dass für die gelbe Hg-Linie die Ablenkung minimal ist. Damit der Effekt in dieser
Abbildung gut sichtbar wird, wurden die tatsächlichen Brechungsindexunterschiede um
einen Faktor 10 verstärkt.
Weißes Licht lässt sich mit Hilfe eines optisch dichten Mediums (z.B. eines
Glasprismas) in seine Farbkomponenten zerlegen. Der langwellige (rote) Anteil
wird dabei weniger stark gebrochen als der kurzwellige (blaue) Anteil (siehe Abbildung 6.4).
Beim Prismenspektrograph wird ein Spalt mit der zu untersuchenden Strahlungsquelle beleuchtet und in der Brennebene einer Sammellinse positioniert (Abbildung 6.4). Das dadurch erzeugte parallele Licht fällt auf das Prisma und wird von
diesem in seine spektralen Anteile zerlegt. Die parallelen Strahlen verschiedener
Frequenz werden durch eine weitere Sammellinse wieder gebündelt und in dessen
Brennebene auf einen Schirm projiziert, so dass verschiedenfarbige Abbilder des
Spaltes zu sehen sind. Üblicherweise wird statt des Schirms jedoch ein Okular
gesetzt. Zusammen mit der Sammellinse bildet es ein Fernrohr.
Auch für den Prismenspektrographen lässt sich das Auflösungsvermögen bestimmen. Bei maximaler Ausleuchtung des Prismas gilt:
A :=
λ
dn
≈b·
,
|∆λ|
dλ
(6.5)
d.h. das Auflösungsvermögen des Prismas ist näherungsweise das Produkt aus
seiner Basisbreite b und seiner Dispersion dn/dλ. Die Höhe des Prismas spielt
dabei keine Rolle.
53
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
Voraufgabe 6.B:
Versuchen Sie, den Strahlengang im Prismenspektroskop (Abb. 6.4) nachzuvollziehen!
Warum ist die Winkelablenkung des blauen Lichtes größer als die des roten Lichtes?
Aufgabe 6.b:
Messung
Mit dem Prismenspektroskop sollen zwei Wellenlängen des Cäsiumspektrums ausgemessen werden.
1. Der Spektralapparat ist mittels der gelben Hg-Linie optisch günstig zu justieren. Dazu wird darauf geachtet, dass beim Drehen des Prismas um seine
Längsachse (senkrecht zur Zeichenebene in Abb. 6.4) bei einer bestimmten
Orientierung die Ablenkung ein Minimum hat. Dann ist der Verlauf des gelben Hg-Lichtes symmetrisch zum Prisma (der Strahlengang ist umkehrbar).
Hinweis: Bei Drehung des Prismas findet man das Minimum der Ablenkung
dadurch, dass die Ablenkung immer weiter abnimmt und beim Weiterdrehen über den Punkt der minimalen Ablenkung hinaus zunächst nur schwach
anwächst.
2. Das Spektrometer ist mit den Linien des Hg-Spektrums zu kalibrieren. Dazu werden die nun bekannten Wellenlängen der Hg-Linien (6.a) gegen den
Ablenkwinkel im Spektrometer aufgetragen.
(Die genauen Wellenlängen der Hg-Linien werden vom Assistenten bekannt
gegeben.)
3. Die Wellenlängen der beiden blauen Cs-Linien werden aus der Eichkurve
ermittelt.
Voraufgabe 6.C:
Welche Auswirkung hat die Stellung des Prismas im Minimum der Ablenkung auf
das Experiment und wieso wird diese mit der gelben Spektrallinie eingestellt? Wie
müsste man bei einer genaueren Messung vorgehen?
54
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
Versuchsziele
- Voraufgaben 7.A - 7.D
- Bestimmung der Kapazität eines Kondensators (7.a)
- Bestimmung der Selbstinduktion einer Spule (7.b)
- Bestimmung der Resonanzfrequenz einer Parallelschaltung aus Kondensator
und Spule (7.c)
- Bestimmung des Gesamtwiderstandes einer Serienschaltung aus Kondensator, Spule und Ohmschen Widerstand (7.d)
Verbindung zur Medizin, Biologie und Pharmazie
Allgemeine Verwendung von Wechselströmen, Aufbau elektronischer Bauteile,
elektrische Reizung von Nerven bzw. Muskeln, Verstärker (z.B. für Aufnahme
von Herz- und Hirntätigkeit)
Grundkenntnisse
mathematische Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge,
Amplitude, Phase; elektrische Ladung, Ladungsträger, Elementarladung; El.
Strom als bewegte Ladung, Stromstärke; el. Spannung als Potentialdifferenz; Amperemeter, Voltmeter, Gleichstromspannungsquellen; el. Leistung und Energie; el.
Leiter, elektrischer Widerstand, Leitwert, Resistivität; Effektiv-, Momentan- und
Mittelwerte von Wechselstrom und Wechselspannung; Kondensator (Kapazität),
Spule (Koeffizient der Selbstinduktion, alt: Induktivität); Impedanzen, Phasenverschiebung zwischen Spannung- und Stromstärke, Abhängigkeit der Impedanzen von der Frequenz der Wechselspannung, Parallel- und Serienschaltung von
Impedanzen, Schwingkreise, Resonanzfrequenz)
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression; Funktionsweise und Umgang mit dem Oszilloskop; Bestimmung von Periodendauern und Amplituden
von Schwingungen mit dem Oszilloskop.
7.1 Wechselstromwiderstände
Inhalt von Versuch 5 Ohmsche Widerstände“ waren Stromkreise mit zeitlich
”
konstanter Spannungsquelle und konstantem Strom. In Versuch 7 werden Wechselstromkreise und Wechselstromwiderstände untersucht.
55
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
I0sin(ωt)
U0sin(ωt)
U∼
RΩ
Abbildung 7.1: (L) Links: Schaltung mit Wechselstromwiderstand Z = RΩ . Rechts: Phasenverschiebung bei Z = RΩ .
Spulen, Kondensatoren und Ohmsche Widerstände sind die elementaren Wechselstromwiderstände. Die Serien- und Parallelschaltung dieser Widerstände nennt
man ebenfalls Wechselstromwiderstände. Das allgemeine Symbol für einen Wechselstromwiderstand (auch Impedanz genannt) ist Z.
Wenn ein sinusförmiger Wechselstrom I = I0 · sin(ωt) durch einen Wechselstromwiderstand Z fließt, beobachtet man in der Regel eine Phasenverschiebung ϕ zwischen der Wechselspannung U (t) und dem Wechselstrom I(t):
I(t) = I0 · sin(ωt) ,
U (t) = U0 · sin(ωt + ϕ) .
(7.1)
(7.2)
Hierbei ist U0 die Spannungsamplitude, ω die Kreisfrequenz (Einheit: rad · s−1 ),
die mit der Frequenz ν und der Schwingungsdauer (Periode) T verknüpft ist:
2π
.
(7.3)
T
Der Wechselstromwiderstand Z (Impedanz) ist definiert als das Verhältnis der
Spannungsamplitude U0 zur Stromamplitude I0 (vgl. Abb. 7.1):
ω = 2πν =
Z=
U0
.
I0
(7.4)
7.1.1 Ohmscher Widerstand
Für den Ohmschen Widerstand ist der Wechselstromwiderstand gleich dem
Gleichstromwiderstand:
RΩ = R
ϕ = 0 (=
ˆ 0◦ ) .
56
(7.5)
(7.6)
7.1 Wechselstromwiderstände
Für den Ohmschen Widerstand tritt keine Phasenverschiebung auf
(Abb.7.1).
7.1.2 Kapazitiver Widerstand
Für einen Kondensator mit der Kapazität C (Einheit 1 F = 1 C/V, F = Farad)
ist:
1
,
ωC
π
ϕ = − (=
ˆ − 90◦ ) .
2
RC =
(7.7)
(7.8)
Die Spannung folgt dem Strom um π/2 hinterher (Abb. 7.2).
Zur mathematischen Ableitung des kapazitiven Widerstandes betrachtet man die
zeitliche Änderung der Ladung Q auf den Kondensatorplatten:
Q(t) = CU (t)
dU
dQ
= C
.
I(t) =
dt
dt
(7.9)
(7.10)
Mit dem Ansatz U (t) = U0 sin(ωt) ergibt sich:
I(t) =
ωCU0 · cos(ωt)
= ωCU0 · sin(ωt + π2 ) .
| {z }
(7.11)
I0
Wenn man die Phasenverschiebung bei der Spannung berücksichtigt, ergibt sich
mit dem Ansatz I(t) = I0 · sin(ωt):
U (t) =
π
I0
· sin(ωt − ) .
ωC
2
(7.12)
Voraufgabe 7.A:
Begründen sie physikalisch anschaulich und kurz(!), warum die Spannung am Plattenkondensator dem Strom folgt.
Wie verhält sich der Kondensator, wenn statt Wechselstrom ein Gleichstrom anliegt?
7.1.3 Induktiver Widerstand
Eine Spule ist durch den Koeffizienten der Selbstinduktion L gekennzeichnet. Diese
Größe wird auch Induktivität genannt.
57
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
I0sin(ωt)
U0sin(ωt-π/2)
U∼
Rc
(a) RC
(b) ϕ
Abbildung 7.2: (L) Links: Schaltung mit Wechselstromwiderstand Z = RC . Rechts: Phasenverschiebung bei Z = RC .
I0sin(ωt)
U0sin(ωt+π/2)
U∼
RL
(a) RL
(b) ϕ
Abbildung 7.3: (L) Links: Schaltung mit Wechselstromwiderstand Z = RL . Rechts: Phasenverschiebung bei Z = RL .
U0sin(ωt)
I0sin(ωt-π/2)
I0sin(ωt+π/2)
Überlagerung der I(t)
U∼
RC
RL
(a) Parallelschwingkreis aus RL und RC
(b) ϕ
Abbildung 7.4: (L) Links: Parallelschaltung von C und L. Rechts: Resultierende Phasenverschiebung
58
7.1 Wechselstromwiderstände
Für eine Spule mit der Induktivität L (Einheit 1 H = 1 Vs/A, H = Henry) erhält
man:
RL = ωL ,
π
ϕ = + (=
ˆ + 90◦ ) .
2
(7.13)
(7.14)
Die Spannung eilt dem Strom um π/2 voraus.
Zur mathematischen Ableitung des induktiven Widerstandes benutzt man die
Gleichung der induzierten Spannung, die bei einer zeitlichen Änderung des Stromes auftritt:
dI
.
(7.15)
U (t) = L
dt
Mit dem Ansatz I(t) = I0 · sin(ωt) ergibt sich:
U (t) =
ωLI0 · cos(ωt)
= ωLI0 · sin(ωt + π2 ) .
| {z }
(7.16)
U0
Voraufgabe 7.B:
Erläutern Sie kurz und physikalisch anschaulich wie sich das magnetische Feld der
Spule und I(t) mit der Zeit t ändern und gegenseitig beeinflussen.
Wie verhält sich die Spule, wenn statt Wechselstrom ein Gleichstrom anliegt?
7.1.4 Parallelschaltung von Kondensator und Spule
Um den Gesamtwiderstand Z und die Phasenverschiebung ϕ einer Parallelschaltung zu ermitteln, benutzen wir die Gleichungen 7.1 und 7.2.
Es ergeben sich folgende Gleichungen:
U (t) = U0 · sin(ωt)
U0
π
IL (t) =
· sin(ωt − )
RL
2
U0
π
U0
π
IC (t) =
· sin(ωt + ) = −
· sin(ωt − ) .
RC
2
RC
2
(7.17)
(7.18)
(7.19)
Wenn man die Wechselströme IL (t) und IC (t) graphisch darstellt, erkennt man,
dass die Phasendifferenz zwischen IL und IC genau π (180◦ ) beträgt, d.h. man kann
die Amplituden mit entgegengesetztem Vorzeichen addieren (siehe Abb. (7.4).
Damit erhält man für den Gesamtstrom I(t):
  U0 − U0 sin(ωt − π ) , wenn 1 > 1
2
RL
RC
RL RC I(t) =
.
(7.20)
 U0 − U0 sin(ωt + π ) , wenn 1 > 1
RC
RL
2
RC
RL
59
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
Für die Impedanz Z und die Phasenverschiebung ϕ ergeben sich:
1
1
1
= −
Z
RL RC +90◦ , wenn RC > RL
ϕ=
.
−90◦ , wenn RL > RC
(7.21)
(7.22)
Die Frequenz ω0 , bei der die beiden Leitwerte 1/RL und 1/RC den gleichen Betrag
haben, ergibt sich aus der Gleichung:
1
ω0 C
1
=⇒ ω0 = √
.
LC
RL = RC =⇒ ω0 L =
(7.23)
(7.24)
Dies ist die Resonanzfrequenz des aus RL und RC gebildeten Schwingkreises.
Im Resonanzfall sind die Ströme IL und IC vom Betrag exakt gleich, aber sie
haben entgegengesetztes Vorzeichen. Daher wird der Gesamtstrom gleich Null,
d.h. auch der Leitwert der Parallelschaltung ist damit gleich Null und der Wechselstromwiderstand Z ist Unendlich:
U0
RL
U0
R
C
sin(ωt −
−
I(t) =
1
= R1L − R1C = 0
Z
Z=∞
π
)
2

=0 





wenn ω = ω0 .
(7.25)
Voraufgabe 7.C:
An einer Parallelschaltung aus einem kapazitiven und einem induktiven Widerstand (Parallelschwingkreis, Schaltung in Abb. 7.4) liege ein sinusförmiger
Wechselstrom an. Was schwingt“ bei diesem Schwingkreis und wie kommt diese
”
Schwingung zustande?
Hinweis: Beachten Sie das Verhalten von Kondensator und Spule in Abhängigkeit
von I(t) und U(t).
Wie verhält sich der Schwingkreis, wenn statt Wechselstrom ein Gleichstrom anliegt?
7.1.5 Serienschaltung von Kondensator, Spule und Ohmschem
Widerstand
Bei einer Serienschaltung von kapazitivem, induktivem und Ohmschem Widerstand lässt sich der Wechselstromwiderstand Z und die Phasenverschiebung ϕ
60
7.2 Versuchsanleitung
RΩ
U∼
RL
RC
(a) Serienschwingkreis aus
RΩ , RL und RC
(b) ϕ
Abbildung 7.5: (L) Links: Serienschaltung von C, L und RΩ . Rechts: Die Phasenverschiebung
hängt von der Frequenz ab.
mit Hilfe der folgenden Gleichungen berechnen:
q
q
2
2
2
+ (ωL − 1/ωC)2
Z = RΩ + (RL − RC ) = RΩ
tan ϕ =
RL − RC
.
RΩ
(7.26)
(7.27)
Wenn der induktive Widerstand RL größer ist als der kapazitive Widerstand RC ,
ist die Phasenverschiebung ϕ positiv (siehe Abb. 7.5).
Die Kreisfrequenz, bei der der Wechselstromwiderstand Z den kleinsten Wert einnimmt, berechnet sich wie die Resonanzfrequenz des Parallelschwingkreises und
stellt auch hier die Resonanzfrequenz dar.
ω0 = √
1
LC
(7.28)
Voraufgabe 7.D:
In Abb. 7.6 befindet sich in den Skizzen ein Lautsprecher in einer einfachen elektrischen Schaltung. Wäre weder ein Kondensator noch eine Spule in der Schaltung,
würde die Frequenz des anliegenden Wechselstromes als akustisches Signal gleicher Frequenz auf dem Lautsprecher ausgegeben.
Begründen Sie kurz, welche der (schematisch vereinfachten) Schaltungen einen
einfachen Tiefpass und welche einen einfachen Hochpass darstellt.
7.2 Versuchsanleitung
61
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
RC
RL
(a) Vereinfachter Tiefpass
(c) Vereinfachter Tiefpass
U∼
RL
Lautsprecher
RC
U∼
(b) Vereinfachter Hochpass
Lautsprecher
U∼
Lautsprecher
Lautsprecher
U∼
(d) Vereinfachter Hochpass
Abbildung 7.6: Schematische Darstellung von Tief- und Hochpässen.
Es sollen charakteristische Eigenschaften verschiedener Impedanzen bestimmt
werden.
In den Aufgaben 7.a – 7.d werden die Widerstände der vier vorgestellten Schaltungen (siehe Abb. 7.7) in Abhängigkeit von der Frequenz gemessen.
Am Anfang jeder Messung ist die Spannung am Sinusgenerator so einzustellen,
dass ihr Scheitelwert 1 V beträgt.
In den vier Schaltungen ist jeweils die Phasenverschiebung zwischen
Strom und Spannung zu protokollieren.
Anmerkungen zu 7.a – 7.c:
• Nutzen Sie den ganzen Frequenzbereich aus!
• Für fünf verschiedenen Frequenzen werden die Amplituden der anliegenden
Wechselspannung U0 , des durchfließenden Stroms I0 sowie die Schwingungsdauer T des Wechselstroms mit Hilfe des Zweikanal-Oszilloskops ermittelt.
Die Schwingungsdauer T ist auf die Kreisfrequenz ω gemäß der Beziehung
ω = 2π/T umzurechnen.
62
7.2 Versuchsanleitung
Oszilloskop
U
I
a)
b)
c)
d)
RΩ
1Ω
Sinusgenerator
ν = 60 Hz − 600 Hz
U∼
RC
RL
RC
RL
RC
RL
(a) Schema des Versuchsaufbaus
Frequenz
U∼
min
max
Stromstärke
Spannung
min
max
Spannung
(b) Frontansicht (Schema) der Versuchsapparatur
Abbildung 7.7: Versuchsaufbau.
Aufgabe 7.a:
Kapazitiver Widerstand:
Der Kehrwert des Widerstandes (Leitwert) I0 /U0 wird gegen die Kreisfrequenz ω
aufgetragen und aus der Steigung der Geraden die Kapazität des Kondensators
ermittelt.
Aufgabe 7.b:
Induktiver Widerstand:
Der Widerstand U0 /I0 wird gegen die Kreisfrequenz aufgetragen und aus der Steigung der Geraden der Koeffizient L der Selbstinduktion bestimmt (Selbstinduktivität).
63
7 Wechselstromwiderstände und Schwingkreis
Aufgabe 7.c:
Gesamtwiderstand einer Parallelschaltung von C und L:
Der Leitwert I0 /U0 wird gegen die Kreisfrequenz aufgetragen. Aus der Graphik ist
die Resonanzfrequenz ωres abzulesen und mit dem aus Gleichung (7.24) berechneten Wert zu vergleichen.
Aufgabe 7.d:
Gesamtwiderstand einer Serienschaltung von RΩ , C und L:
Bei fest vorgegebener Frequenz (z.B. ωres ) soll der Gesamtwiderstand Z (Wechselstromwiderstand oder Impedanz) der Serienschaltung auf zwei Arten bestimmt
werden:
p
2
+ (RL − RC )2 .
1. Nach der Formel Z = RΩ
2. Durch Messung von U0 /I0 .
64
8 Röntgenstrahlen
Versuchsziele
- Voraufgaben 8.A - 8.C
- Verständnis der Funktion einer Röntgenröhre
- Aufnahme des Spektrums einer Molybdän-Röntgenröhre (8.b und 8.c)
- Bestimmung der Halbwertsdicke von Aluminium (8.d)
- Bestimmung der Absorption in Abhängigkeit von der Ordnungszahl Z (8.e)
und der maximalen Energie der Röntgenstrahlung (8.f )
Verbindung zur Medizin, Biologie und Pharmazie
Bedeutung von Röntgenaufnahmen von Knochen und Gewebe für die ärztliche Diagnose. Sichtbarmachung der von einer möglichst punktförmigen (Wieso?)
Röntgenstrahlquelle ausgehenden nicht absorbierten Strahlung durch Röntgenfilme oder Leuchtschirme. Therapie von Tumoren und Krebsgeschwülsten durch
intensive Megavolt-Röntgenstrahlen. Die Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallgittern und Makromolekülen wird zur Röntgenstrukturanalyse benutzt (LaueDiagramme). Nachweis der charakteristischen Strahlung der Elemente in einer
Probe bei der Röntgenfluoreszenzanalyse (Spurennachweis von Schadstoffen wie
Blei, Quecksilber etc. in Gewebe, Lebensmitteln, Umwelt).
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); elektromagnetische Wellen; Energie und Intensität einer e.-m. Welle; mathematische
Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit (Vakuum, Medium), Zusammenhänge dazwischen; Huygensches
Prinzip, Überlagerung von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien;
Aufbau der Atomhülle und des Atomkerns; Proton, Neutron, Elektron,
Kernladungs- und Massenzahl; Schalenaufbau der Atome, Bohrsches Atommodell;
Aufbau einer Röntgenröhre, Glühelektrischer Effekt, Beschleunigung von Ladung,
Erzeugung von Röntgenstrahlen, Spektrum der Röntgenstrahlung, Bremsstrahlung und deren Energieverteilung, Grenzwellenlänge, Charakteristische Strahlung
und deren Ursprung
Aufnahme eines Röntgenspektrums: Welle-Teilchen-Dualismus, Beugung am Kristall, Bragg-Gleichung
65
8 Röntgenstrahlen
Nachweis von ionisierender Strahlung: Ionisierung, ionisierende Strahlung, Ionisationskammer, Zählrohr, Szintillationszähler, Dosis, Dosisleistung; Reichweite
und Abschirmung ionisierender Strahlung, Schwächungseffekte von ionisierender
Strahlung: Photoeffekt, Rayleigh-Streuung, Compton-Streuung, Paarbildung,
Abschwächungskoeffizienten, Abhängigkeit der Schwächung vom Absorbermaterial und dessen Dicke
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Exponentialfunktion und
deren physikalische Aussage, natürlicher bzw. dekadischer Logarithmus und Überführung der
Exponentialfunktion in eine lineare Funktion durch Logarithmieren; Graphische Darstellung von
Messungen in Koordinatensystemen mit linear und logarithmisch geteilten Achsen und deren
Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven; lineare Regression;
8.1 Grundlagen bildgebender Verfahren mit
Röntgenstrahlung
Bei der diagnostischen Röntgenaufnahme handelt es sich um ein Schattenbild, bei
dem der im Strahlengang positionierte Gegenstand die Strahlung abhängig von
seiner Dicke d und Ordnungszahl Z unterschiedlich stark absorbiert und so einen
Schatten auf den Leuchtschirm oder den Röntgenfilm wirft.
Fallen parallele Röntgenstrahlen der Intensität I auf eine dünne Folie eines Materials mit Dicke dx, so gilt für die Zahl dI der wechselwirkenden Quanten pro
Flächen- und Zeiteinheit (siehe Abbildung 8.1):
dI ∝
I
∝ −dx
=⇒ dI = −µ · I · dx
(8.1)
Das Minuszeichen bedeutet, dass die Intensität abnimmt (dI ≤ 0). Der Proportionalitätsfaktor µ ist der lineare Schwächungskoeffizient des Absorbermaterials mit Einheit m−1 . Er ist eine Funktion der Energie hν der Quanten (siehe Abb. 8.2) sowie der Dichte % und der Ordnungszahl Z der Materie: µ =
f (hν,%,Z). Damit zusammen hängt der auf die Dichte ρ des Materials bezogene Massenabschwächungskoeefizient µ0 = µ/ρ (Einheit: cm2 /g).
Für einen dicken Absorber mit homogener Zusammensetzung kann die Differentialgleichung (8.1) integriert werden und man erhält das Schwächungsgesetz:
I(x) = I0 · e−µx mit I0 = Intensität der auftreffenden Quanten
x = Dicke des Materials.
(8.2)
Zum Schwächungskoeffizienten µ tragen Absorption und Streuung der Strahlung
gemeinsam bei:
µ = µA + µR + µC + µP + µK
66
(8.3)
8.1 Grundlagen bildgebender Verfahren mit Röntgenstrahlung
I0
I
I1
I2
dx
dx
x
Abbildung 8.1: (L) Allgemeines Schwächungsgesetz. Die Abnahme dI der Intensität in einem
Absorber hängt von der eingehenden Intensität ab: hier z.B. dI0 ∝ I0 und dI1 ∝ I1
104
t/
am
μ ges
102
ρ
1
10
μR /ρ
100
/ρ
μA
μ/ρ [cm2/g]
Emax(medizinische Diagnostik)
103
μA/ρ
μR/ρ
μC/ρ
μP/ρ
μgesamt/ρ
10-1
μ C/ρ
-2
P /ρ
10
μ
10-3
-4
10
0
10
1
10
2
10
3
10
4
10
Eγ[keV]
Abbildung 8.2: Abhängigkeit des Massenabsorptionskoeefizienten µ/ρ von der Energie Eγ
der Röntgenstrahlung am Beispiel von Aluminium (Z = 13). Die in der Diagnostik
maximal verwendete Energie beträgt ca. 150 keV, d.h. bis zu dieser Energie tragen nur
Photoabsorption, Rayleigh- und Compton-Streuung bei.
67
8 Röntgenstrahlen
Dabei sind:
µA
µR
µC
µP
µK
=
=
=
=
=
Schwächungskoeffizient
Schwächungskoeffizient
Schwächungskoeffizient
Schwächungskoeffizient
Schwächungskoeffizient
für
für
für
für
für
Photoabsorption
Rayleigh-Streuung
Compton-Streuung
Paarbildung
Kernreaktion.
Die Absorption beruht im Wesentlichen auf der Ionisation von Atomen, die ein
Elektron aus einer inneren Elektronenschale abgeben. Der Absorptionskoeffizient
µA ist deshalb stark abhängig von der Anregungsenergie der Atome und damit von
der Ordnungszahl Z. Abgesehen von den Absorptionskanten, bei denen die Quantenenergie hν der Röntgenstrahlung gerade der Bindungsenergie EB der Elektronen entspricht, gilt bei fester Wellenlänge λ näherungsweise die Beziehung
µA ≈ C · Z 4 .
(8.4)
Strahlung im niederenergetischen Bereich, unterhalb der Anregungsenergien der
Atome, kann die gebundenen Elektronen der Atome zu Schwingungen anregen,
welche dann Strahlung der gleichen Frequenz wie die einfallende abgeben. Dies
geschieht, vergleichbar den Huygenschen Elementarwellen, in alle Raumrichtungen
(Rayleigh-Streuung). Diese Art der Streuung verringert nicht die Energie, nur die
Richtung der Strahlung.
Bei Streuung an (quasi) ungebundenen Elektronen im Material kann die einfallende Strahlung einen Teil ihrer Energie an das Elektron abgeben. Nach diesem
Prozess, vergleichbar einem inelastischen Stoß, weist das ausgehende Röntgenquant eine verringerte Energie und (der Impulserhaltung geschuldete) geänderte
Richtung auf (Compton-Streuung).
Die Schwächungskoeffizienten für Paarbildung und Kernreaktion sind im Energiebereich der diagnostischen Röntgenstrahlung Null bzw. vernachlässigbar klein.
8.2 Projektion auf einen Leuchtschirm
Bei dem Versuch wird ein Schirm aus Bleiglas mit aufgetragenem Leuchtstoff aus
Zink-Cadmium-Sulfid (Zn(Cd)S) verwendet. Im Leuchtstoff hebt das einfallende
Röntgenquant durch Photoeffekt ein Elektron auf eine höhere Bahn um den Atomkern oder ins Leitungsband (wo das Elektron nicht mehr an die Atomkerne gebunden ist). Die so entstandene Leerstelle wird von einem Elektron aus einer höheren
Schale wieder aufgefüllt, wobei die frei gewordene Energie teilweise in Form von
(sichtbarem) Licht abgegeben wird. Der Vorgang der Anregung und Lichtemission
wird Fluoreszenz genannt. Die Übergänge erfolgen sehr schnell (<10−5 s), so dass
die Fluoreszenz im Gegensatz zur Phosphoreszenz nur während der Bestrahlung
sichtbar ist.
68
8.3 Spektrum einer Molybdän-Röntgenröhre
Aufgabe 8.a:
Röntgenbilder
Ein geschlossener Holzwürfel, in dessen Inneren sich an festen Stellen zwei Schraubenmuttern und ein Hohlraum befinden, wird in den Strahlgang gebracht und die
Projektion entlang einer Achse dieses Würfels betrachtet. In Zweiergruppen wird
dabei jeweils eine Projektion entlang einer anderen Achse durchgeführt und dokumentiert. Im Anschluss soll in einer Gruppenarbeit aus diesen zweidimensionalen
Projektionen die Lagen und Orientierungen der Muttern und des Hohlraums im
Würfel bestimmt werden.
Voraufgabe 8.A:
Beim Durchleuchten des Holzwürfels mit Röntgenstrahlung der Energie 30 keV ist
der Unterschied zwischen der Abschwächung an Holz und den Hohlräumen (Luft)
relativ schwer erkennbar, der Unterschied zwischen der Abschwächung an Holz
oder Eisen jedoch relativ leicht.
Berechnen Sie nach Gl. 8.2 die Abschwächung I/I0 für eine Dicke von jeweils 5 mm
dieser Materialien. Verwenden Sie dazu folgende Schwächungskoeffizienten:
µ/ρ(Luft) = 0,35 cm2 /g, µ(Holz) = 0,2 cm−1 , µ/ρ(Eisen) = 8,2 cm2 /g.
Erklären Sie damit die erwähnte experimentelle Beobachtung.
8.3 Spektrum einer Molybdän-Röntgenröhre
Es soll das von der Molybdän-Röntgenröhre ausgesandte Spektrum (Intensitätsverteilung der Wellenlänge) mittels der Bragg-Reflexion in seine spektralen Anteile zerlegt werden (Abbildung 8.3).
Die Wellennatur der Röntgenstrahlung wurde erst 1912, d.h. 17 Jahre nach ihrer
Entdeckung durch Wilhelm Conrad Röntgen nachgewiesen, denn es ließen sich
zunächst keine Beugungsgitter mit hinreichend kleiner Gitterkonstante herstellen.
Schließlich kam Max von Laue der Gedanke, dass womöglich die Natur solche
Gitter in Gestalt von Kristallen bereithält. Es zeigte sich dann beim Durchstrahlen von NaCl mit Röntgenstrahlung eine Struktur (sog. Laue-Interferenzen) und
nicht ein schwarzer Fleck auf der Photoplatte, womit bewiesen wurde, dass Röntgenstrahlen wie das Licht (vergleiche Versuch 6: Beugung am Gitter) Welleneigenschaften haben. Außerdem wurde damit die Periodizität des Kristalls nachgewiesen.
Umgekehrt werden heute Kristalle auf Grund ihrer Gitterstruktur dazu verwendet,
die Spektren und Grenzwellenlängen von Röntgenröhren zu bestimmen.
8.3.1 Bragg-Reflexion an den Gitterebenen eines Einkristalls
69
8 Röntgenstrahlen
2θ
θ
Abbildung 8.3: Skizze zur Beugung von Röntgenstrahlen an einem Einkristall.
Die Bragg-Reflexion eines nahezu parallelen Röntgenstrahles an den Gitterebenen eines Einkristalls beruht auf der Interferenz elastisch gestreuter Röntgenquanten. Die elastische Streuung findet an den Elektronen der Atome statt. Aufgrund
der periodischen Anordnung der Atome in dem Einkristallgitter kommt es zu einer
kohärenten (d.h. mit fester Phasenbeziehung) Überlagerung der Streuwellen.
Die hierbei beobachtete konstruktive Interferenz der Streuwellen kann man mit
Hilfe des Huygenschen Prinzips deuten. Danach ist jedes Atom ein Streuzentrum,
d.h. Ausgangspunkt elementarer Kugelwellen. Nur in bestimmten ausgezeichneten
Richtungen kommt es zu einer starken konstruktiven Interferenz, in allen anderen Richtungen wirkt sich die destruktive Interferenz benachbarter Wellen aus.
Es kommt zur konstruktiven Interferenz, wenn der Gangunterschied s, d.h. die
zusätzliche Wegstrecke (siehe Abb. 8.5) bei Streuung an einer benachbarten Netzebene, gleich dem ganzen Vielfachen der Wellenlänge λ ist.
Der Winkel Θ, unter dem die Bragg-Reflexion beobachtet wird, hängt von der
Wellenlänge λ und dem Netzebenenabstand d ab.
Die Bedingung für konstruktive Interferenz lautet dann:
Gangunterschied = ganzes Vielfaches der Wellenlänge
2d · sin Θ
=
nλ mit n = 1,2,3,...
(8.5)
Hierbei ist n die Ordnung des Beugungsmaximums. Der Winkel Θ zwischen der
Richtung der einfallenden Röntgenstrahlen und der Netzebene ist der sog. Glanzwinkel.
Der Detektor zum Nachweis der gestreuten Röntgenstrahlung muss so nachgeführt
werden, dass der Winkel zwischen dem einfallenden Strahl und dem gestreuten
Strahl gleich dem doppelten Glanzwinkel ist, d.h. Θdet = Θ (Abbildung 8.3).
Damit sieht der Detektor stets nur das für eine bestimmte Wellenlänge λ charakteristische Intensitätsmaximum. In dem Versuch wird das Beugungsmaximum
erster Ordnung, d.h. n = 1, beobachtet. Damit ergibt sich für die Wellenlängen λ
70
8.3 Spektrum einer Molybdän-Röntgenröhre
A
F
UA
B
hν
e−
A
K
W
UA
UH
F
B
W
K
:
:
:
:
:
:
:
Anode
Kathode
Wehneltzylinder
Anodenspannung
Heizspannung
Fenster
Blende
UH
Abbildung 8.4: Aufbau einer Röntgenröhre
d
θ
θ
· 21s
1
s
2
Netzebene
Abbildung 8.5: Zwischen den Reflexionen an zwei Netzebenen eines Kristalls herrscht ein
Gangunterschied von s = 2 · d sin Θ.
71
8 Röntgenstrahlen
die Beziehung
λ = 2d · sin Θ,
(8.6)
d.h. es lässt sich aus dem Winkel Θ direkt die Wellenlänge λ berechnen.
Mit den elementaren Beziehungen
EPhoton = h · ν , c = λ · ν
(8.7)
lässt sich die Energie EPhoton jener Photonen berechnen, welche konstruktive
Interferenz unter dem Winkel Θ zeigen. Hierbei ist c die Lichtgeschwindigkeit
(c = 3,0 · 108 m/s), h das Plancksche Wirkungsquantum (h = 6,63 · 10−34 Js =
4,14 · 10−15 eVs).
Man bemerke in diesem Zusammenhang die Analogie zu dem in Versuch 6 aufzunehmenden Beugungsspektrum erster und zweiter Ordnung über Gleichung (6.1),
wobei d beim Strichgitter die Gitterkonstante, beim Kristall der Netzebenenabstand ist.
Für die Größenordnung der Energie der Röntgenquanten ist es üblich, die Einheit
1 eV (Elektronenvolt) anzugeben. Die Energie 10 keV z.B. ist die kinetische Energie, die ein Elektron bei einer Anodenspannung UA = 10 kV auf dem Weg von der
Kathode zur Anode erhält.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Strahlendosis einer Röntgenaufnahme anzugeben, je nachdem ob die reine Anzahl der erzeugten Ionenpaare, die Auswirkung der ionisierten Strahlung auf Materie etc. betrachtet werden soll. Einen
kleinen, nichtvollständigen Überblick gibt dabei Anhang E.
8.3.2 Grenzwellenlänge λg , Grenzfrequenz νg , Grenzenergie Eg
Die aus der geheizten Kathode austretenden Elektronen werden durch die RöhrenHochspannung UA auf die Anode hin beschleunigt (siehe Abbildung 8.4). In
dem Anodenmaterial (hier Molybdän) wird die kinetische Energie Ekin = e · UA
der Elektronen teilweise oder ganz in elektromagnetische Strahlung der Energie
EPhoton = h · ν umgewandelt.
Die maximale Energie (Grenzenergie Eg ) der Photonen ist jene Energie, welche
sich bei vollständiger Umwandlung von Ekin der Elektronen in EPhoton ergäbe.
Photonen höherer Energie können im Spektrum prinzipiell nicht auftreten. So
lässt sich nach Gl. 8.7 auch die kleinstmögliche Wellenlänge der Strahlung (die
Grenzwellenlänge λg ) bzw. die größtmögliche Frequenz (die Grenzfrequenz νg )
berechnen:
c·h
e · UA
Eg = e · UA , λg =
, νg =
.
(8.8)
e · UA
h
72
8.4 Halbwertsdicke von Aluminium
Voraufgabe 8.B:
Berechnen Sie die Grenzwellenlänge λg bei einer vorgegebenen Anodenspannung
von UA = 35 kV.
8.3.3 Versuchsdurchführung
Es wird das Spektrum in erster Ordnung mit einem NaCl-Einkristall
(d = 281,97 pm, 1 pm = 1·10−12 m) aufgenommen. Der Winkel Θ wird zunächst in
größeren Schritten (0,5◦ ) von 3◦ bis 10◦ variiert. Die Lage der beiden charakteristischen Mo Kα - und Mo Kβ -Linien wird hiernach von den Praktikanten abgeschätzt
und der entsprechende Bereich mit höherer Genauigkeit in 0,2◦ -Schritten erneut
gemessen. Für den Impuls-Zähler eignet sich eine Messzeit von 10 s.
Aufgabe 8.b:
Spektrum der Röntgenröhre
Die Intensität, d.h. die gemessene Zahl der gestreuten Röntgenquanten pro Sekunde, wird gegen den Winkel Θ auf Millimeterpapier aufgetragen.
Die Energien der beiden charakteristischen Mo Kα - und Mo Kβ -Linien sind in der
Einheit keV aus den entsprechenden Winkeln zu berechnen (Gln. 8.6 und 8.7).
Wie ist die erhaltene Kurvenform zu interpretieren?
Aufgabe 8.c:
Grenzwellenlänge
Vergleichen Sie den Grenzwellenlänge aus dem Spektrum (Interpoliere!) mit der
in Aufgabe 8.B berechneten.
8.4 Halbwertsdicke von Aluminium
Es soll die Halbwertsdicke von Aluminium bei der Schwächung der verwandten
Röntgenstrahlen bestimmt werden.
Unter der Halbwertsdicke dH wird die Schichtdicke eines Absorbermaterials verstanden, nach deren Durchlaufen die Intensität der einfallenden Strahlung auf
die Hälfte abgefallen ist(vgl. Anhang C.3: Bestimmung der Halbwertsgröße). Sie
ergibt sich aus Gleichung (8.2):
I(dH ) ≡
I0
ln 2
= I0 · e−µdH ⇐⇒ dH =
.
2
µ
(8.9)
73
8 Röntgenstrahlen
Voraufgabe 8.C:
Ein dicker Absorber wird mit Röntgenstrahlung der Intensität I0 und der mittleren
Energie E0 bestrahlt. Wie äußert sich der Einfluss (i) der Photoabsorption und
(ii) der Compton-Streuung auf die Intensität I und die mittlere Energie E der
durchgelassenen Strahlung hinter dem Absorber?
8.4.1 Versuchsdurchführung
Es werden Al-Bleche verschiedener Dicke als Absorber benutzt. Die Intensität der
durchgelassenen Strahlung wird durch die Zahl der registrierten Pulse eines Zählrohres in 40 Sekunden bestimmt. Zur Darstellung der exponentiellen Abhängigkeit
zwischen der gemessenen Intensität und der Dicke x wird halblogarithmisches Papier verwandt, dessen Ordinatenabschnitte dem Logarithmus der aufzutragenden
Größe (hier der Intensität) entsprechen. Bei Verwendung dieses Papieres ergibt
sich in der Zeichnung also bereits eine Gerade, wenn direkt die gemessenen Werte eingetragen werden (siehe Abb. C.1), aus deren Verlauf die Halbwertsdicke dH
direkt abgelesen werden kann(siehe hierzu Anhang C.3). Um den Einfluss des Probenhalters auf das Ergebnis zu berücksichtigen wird zusätzlich eine Messung ohne
Probe (entsprechend d = 0 mm) durchgeführt.
Aufgabe 8.d:
Halbwertsdicke
Wie groß sind die Halbwertsdicke dH und der damit nach Formel 8.9 zu berechnende lineare Schwächungskoeffizient µ?
8.5 Absorption von Röntgenstrahlung in Abhängigkeit
von der Ordnungszahl Z und der Energie der
Röntgenstrahlung
Nicht nur die Dicke eines Materials hat Einfluss auf die Absorption, auch die
Ordnungszahl Z (und damit das Material selber). Es soll hier die Absorption von
Röntgenstrahlung in Abhängigkeit von der Ordnungszahl Z qualitativ untersucht
werden (8.e.)
Gleichzeitig zeigt sich die bereits angesprochene Energieabhängigkeit der Absorption auch für verschiedene Materialien in verschiedenem Ausmaß. An zwei Beispielen soll auch dies untersucht werden. (8.f )
74
8.5 Absorption in Abhängigkeit von der Ordnungszahl
Aufgabe 8.e:
Auswertung der Z-Abhängigkeit
Es werden Absorber aus verschiedenem Material mit konstanter Dicke (d =
0,5 mm) benutzt. Das Material und die jeweilige Ordnungszahl Z sind auf der
Blende vermerkt. Die Intensität der durchgelassenen Strahlung wird durch die
Zahl der registrierten Pulse eines Zählrohres in 40 Sekunden bestimmt. Um den
Einfluss des Probenhalters auf das Ergebnis zu berücksichtigen wird zusätzlich
eine Messung ohne Probe (entsprechend Z=0) durchgeführt.
Wie ist der Verlauf der Werte zu erklären?
Aufgabe 8.f:
Diskussion der Energieabhängigkeit
Für zwei Materialien wird je eine zusätzliche Messung mit reduzierter Beschleunigungsspannung UA = 25 keV durchgeführt. (Auch hier ist eine Nullmessung ohne
Probe nötig.) Diskutieren Sie die unterschiedliche Absorption der beiden Materialien bei unterschiedlicher Röntgenenergie.
75
9 Radioaktivität
Versuchsziele
- Voraufgaben 9.A - 9.B
- Verständnis der radioaktiven Strahlung
- Bestimmung eines unbekannten Isotops (9.a)
- Bestimmung von Mittelwert, Fehler des Mittelwertes und Standardabweichung einer Messreihe (9.b und 9.c)
- Bestimmung der Halbwertszeit von
108
Ag und
110
Ag (9.d)
Verbindung zur Medizin, Biologie und Pharmazie
Radioaktive Präparate werden in der Diagnostik wie der Therapie eingesetzt.
Schwerpunkte der medizinischen Diagnostik sind die Single Photon Emission Computer Tomography (SPECT) und die Positron Emission Tomography (PET). Hierbei wird das radioaktive Isotop meist an ein Molekül geheftet. Das so radioaktiv
markierte Molekül (sog. Tracer) unterscheidet sich chemisch nicht von dem nor”
malen“ Molekül, kann aber mit spezieller Messtechnik im Körper verfolgt werden.
Ziel ist dabei, funktionelle Abläufe im Körper sichtbar zu machen, wobei die zeitliche Dynamik eine große Rolle spielt. Die Abweichung der am individuellen Patienten gemessenen Aktivitätsverteilung von der normalen Verteilung liefert dann
eine wichtige Aussage zur Funktion des Organs. Das Tracer-Prinzip findet auch
in der Bio- und Radiochemie Anwendung.
In der Therapie werden radioaktive Präparate mit energiereicherer Strahlung z.B.
in der Tumortherapie eingesetzt.
Grundkenntnisse
Aufbau des Atomkerns; Proton, Neutron, Kernladungs- und Massenzahl, Systematik des Kernaufbaus, Isotope; Radioaktivität, α,β + ,β − ,γ-Strahlung, radioaktives Zerfallsgesetz, Aktivität, Zerfallskonstante, Halbwertszeit; Nachweis von
ionisierender Strahlung: Ionisierung, ionisierende Strahlung, Ionisationskammer,
Geiger-Müller-Zählrohr, Szintillationszähler; Statistik: Häufigkeitsverteilungen, Mittelwert, Fehler des Mittelwertes, Standardabweichung.
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Exponentialfunktion und
deren physikalische Aussage, natürlicher bzw. dekadischer Logarithmus und Überführung der
Exponentialfunktion in eine lineare Funktion durch Logarithmieren; Graphische Darstellung von
77
9 Radioaktivität
Messungen in Koordinatensystemen mit linear und logarithmisch geteilten Achsen und deren
Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven; lineare Regression;
9.1 Einführung
Unter Radioaktivität wird die spontane Umwandlung von Atomkernen verstanden.
Dabei können unterschiedliche Arten ionisierender Strahlung entstehen:
α-Strahlung
Beim Alpha-Zerfall wird aus dem Atomkern ein 42 He–Kern (Alpha-Teilchen) abgestrahlt. Die kinetische Energie der α-Teilchen liegt in der Größenordnung von
1–10 MeV. Ein Beispiel ist die Radium-Radon-Umwandlung (siehe unten).
β − -Strahlung
Beim β − -Zerfall wandelt sich innerhalb des Atomkerns ein Neutron in ein Proton
unter Aussendung eines Elektrons und eines Antineutrinos um:
n −→ p + e− + ν̄e .
Das emittierte Elektron (β − -Teilchen) kann - z.B. mittels des Geiger–MüllerZählrohres - registriert werden. Dieser Zerfallsprozess findet bei instabilen Isotopen mit Neutronenüberschuss statt.
β + -Strahlung
Hierbei wandelt sich im Atomkern ein Proton in ein Neutron unter Aussendung
eines Positrons (β + -Teilchen) und eines Neutrinos um:
p −→ n + e+ + νe .
Der β + -Zerfall tritt bei instabilen Isotopen mit Protonenüberschuss auf. Beim
α-und β-Zerfall ändert sich die Kernladungszahl, d.h. Anfangs- und Endelement
sind verschieden.
γ-Strahlung
Die γ-Strahlung ist eine Begleiterscheinung fast aller radioaktiver Zerfälle. Die bei
der Kernumwandlung entstehenden Nuklide befinden sich üblicherweise in einem
angeregten Zustand und gehen unter Emission eines Photons in einen Zustand
geringerer Energie über. Da die Differenzen zwischen den Energieniveaus im Kern
in der Größenordnung von 1 MeV liegen, besitzen die emittierten Photonen typischerweise Wellenlängen von 1 pm:
λ=
1240 eV nm
h·c
≈
= 0,00124 nm = 1,24 pm .
E
1 MeV
Im Gegensatz zum α- oder β-Zerfall behält der Kern beim γ-Zerfall seine Ladungsund Massenzahl bei, er zerfällt also nicht in ein anderes Nuklid.
78
9.1 Einführung
Radioaktiver Zerfall
Die Aktivität A eines radioaktiven Präparates ist definiert als die Zahl der radioaktiven Zerfälle pro Zeiteinheit :
A :=
∆N
.
∆t
(9.1)
Die SI-Einheit der Aktivität ist 1 Bq = 1 s−1 (1 Bq = 1 Becquerel). Eine heute
nicht mehr verwendete Einheit für die Aktivität ist 1 Ci = 1 Curie (1 Ci = 3,7 ·
1010 Bq).
Der radioaktive Zerfall ist ein statistischer Prozess, d.h. für einen Atomkern ist
nicht voraussagbar, wann er zerfallen wird. Untersucht man jedoch eine große
Menge Atome, lässt sich feststellen:
Die Zahl der Kerne einer radioaktiven Substanz, die in der Zeit dt zerfällt, also
die Aktivität A = dN
, ist proportional zur Zahl der momentan noch vorhandenen
dt
nicht zerfallenen Kerne N . Unter Berücksichtigung des Vorzeichens - die Anzahl
der radioaktiven Atomkerne nimmt ab - gilt:
dN
= −λ · N .
dt
(9.2)
Die Integration dieser Differentialgleichung ergibt das radioaktive Zerfallsgesetz:
N (t) = N0 · e−λt mit N (t) : Zahl der Nuklide zur Zeit t
N0 :
Zahl der Nuklide zur Zeit t = 0
λ:
Zerfallskonstante.
(9.3)
Daraus ergibt sich die Halbwertszeit t1/2 , d.h. die Zeit, nach der die Hälfte aller
Atomkerne zerfallen ist:
N0
ln 2
= N0 · e−λt1/2 =⇒ t1/2 =
.
(9.4)
2
λ
Aus (9.1) bis (9.3) ergibt sich für die zeitliche Abhängigkeit der Aktivität A (eine
Ableitung des Zerfallsgesetzes befindet sich in Anhang C):
N (T1/2 ) =
A(t) = −
dN
= λN0 · e−λt = A0 · e−λt .
dt
(9.5)
Hierbei ist A0 = λN0 die Aktivität zum Zeitpunkt t = 0. Die Aktivität einer
Probe nimmt also genauso wie die Zahl der radioaktiven Atomkerne exponentiell
mit der Zeit ab.
Die Zahl Z der von einem Detektor in einem bestimmten Zeitintervall registrierten
Zerfälle nimmt ebenfalls exponentiell ab:
Z(t) = Z0 · e−λt .
(9.6)
Da es sich beim Zerfall
eines radioaktiven Präparates um einen statistischen Vor√
gang handelt, ist Z der statistische Fehler von Z.
79
9 Radioaktivität
#
Spektrum
Photokathode
Szintillator
γ-Strahler
PC
Spannungssignal
MCA
Usig
Photomultiplier
U
Bleiabschirmung
UHV
Licht
U++
U++++
e−
Anode
γ
e−
U+
U1 < Usig <= U2
U2 < Usig <= U3
···
Ux < Usig <= Ux+1
Ux+1 < Usig <= Ux+2
+1
7
7
#
3
7
U+++
U
Abbildung 9.1: (L) Schema des Versuchsaufbaus sowie schematischen Darstellungen der Funktionsprinzipien des Szinttilationsdetektors, des Photomultipliers und des MCA
9.2 Bestimmung eines unbekannten Isotopes durch
Aufnahme seines γ-Spektrums
Ein unbekanntes radioaktives Isotop soll anhand seines γ-Spektrums bestimmt
werden. Durch Vergleich dieses Spektrums mit dem Spektrum eines zuvor aufgenommenen bekannten Isotopes kann das unbekannte Isotop identifiziert werden.
Dazu muss eine Energiekalibrierung durchgeführt werden, d.h. den anfangs einfach durchnummerierten Kanälen des Vielkanalanalysators eindeutige γ-Energien
zugeordnet werden.
9.2.1 Prinzipielle Funktionsweise der Messapparatur (Abb.9.1)
1. Die vom radioaktiven Atomkern emittierten γ-Quanten müssen registriert
und ihre Energie bestimmt werden. Dies geschieht mit Hilfe eines Szintillationsdetektors. Hierin werden durch die γ-Quanten Lichtblitze ausgelöst,
deren Intensität (Helligkeit) proportional zur Energie der eingestrahlten γQuanten ist.
2. Die Lichtblitze werden elektronisch gezählt“, dazu werden sie zunächst in
”
einem Sekundärelektronenvervielfacher (Photomultiplier) in ein elektrisches
Spannungssignal umgesetzt. Wiederum gilt, dass die Höhe der Spannung
proportional zur Intensität des Lichtblitzes, d.h. zur Energie des γ-Quants
ist. Technisch geschieht dies dadurch, dass der Lichtblitz an einer Photokathode Elektronen freisetzt, deren Zahl proportional zur Intensität des einfallenden Lichts ist. Diese werden in mehreren Stufen solange vervielfacht,
bis ein messbares elektrisches Signal entsteht. Elektronisch wird aus dem so
80
Intensität
Intensität
9.2 Bestimmung eines unbekannten Isotopes durch sein γ-Spektrums
unbekanntes Präparat
Zählrate
1. Linie 1250 keV
2. Linie 1750 keV
3. Linie 2500 keV
Energie
0
250
500
750
1000
1250
1500
1750
Energie in keV
2000
2250
2500
2750
Energie
3000
Abbildung 9.2: (L) Links: idealisiertes Linienspektrum, rechts: reales Linienspektrum.
gewonnenen Ladungs- ein Spannungssignal erzeugt, dessen Höhe letztendlich
proportional der Energie des ursprünglich registrierten γ-Quants ist.
3. Der Vielkanalanalysator sortiert nun alle ankommenden Spannungssignale
nach der Höhe der Spannung und fertigt auf dem Bildschirm eine Grafik. In
diesem Spektrum ist die Anzahl der Signale (Intensität der γ-Strahlung) in
Abhängigkeit von der Höhe der zugehörigen Spannung aufgetragen.
Diese Grafik muss zur quantitativen Darstellung nun dahingehend bearbeitet werden, dass auf der Abszisse nicht die Spannung, sondern die Energie der ursprünglich aufgenommenen γ-Quanten steht. Dies geschieht durch einen Eichvorgang
(vgl. Beispiel zur Eichung eines Vielkanalanalysators am Ende der Versuchsbeschreibung), bei dem ein bekanntes Präparat mit vergleichbarem Spektrum
und bekannten Energien aufgenommen wird.
Dem Vielkanalanalysator wird hierbei die zu einem Spannungswert ( Kanal“)
”
gehörende Energie angegeben. Aus mindestens zwei Eichwerten werden die zu
den Spannungswerten gehörenden Energien bestimmt. Als Ergebnis erhält man
eine Darstellung der Intensität in Abhängigkeit von der Energie (Abb 9.2).
Wird die Messung zunächst für ein bekanntes Radionuklid aufgenommen und
geeicht und werden anschließend auf gleichem Wege die Linien des unbekannten
Isotopes aufgenommen, so liefert der Vielkanalanalysator die gewünschte Information, bei welcher Energie diese Linien liegen. In analoger Weise wie bei der Auswertung der Linien (Farben) eines optischen Linienspektrums lässt sich hieraus
das unbekannte Isotop identifizieren.
Voraufgabe 9.A:
Wieso ist das gemessene Spektrum kein ideales Linienspektrum?
81
9 Radioaktivität
Aufgabe 9.a:
unbekanntes Isotop
1. Nehmen Sie zunächst das Spektrum des Eu-Präparates auf!
2. Weisen Sie den Kanälen des Vielkanalanalysators γ-Energien zu und führen
Sie die Energiekalibration durch (siehe Tabelle 9.1)!
3. Nachdem das Präparat vor dem Szintillationszähler gewechselt worden ist,
nehmen Sie ein Spektrum des unbekannten Isotops auf!
4. Identifizieren Sie das Isotop anhand der Linientabelle! Worum handelt es
sich?
9.3 Statistische Schwankungen
Hier wird näher auf die statistische Natur des radioaktiven Zerfalls eingegangen.
Der theoretische Hintergrund ist im Anhang B.3 nachzulesen!
Mit der Messanordnung von Versuchsteil 9.2 wird dazu mehrmals unter gleichen
Voraussetzungen die Zahl der Ereignisse einer oder mehrerer γ-Linien über eine
vorgegebene Zeit gemessen.
Aufgabe 9.b:
Auswertung
Nach Ende der Messreihe soll der Mittelwert x̄, die Standardabweichung σ und
der absolute statistische Fehler des Mittelwertes δx̄ nach den Gleichungen B.12
bis B.14 im Anhang B.3 ermittelt werden.
Aufgabe 9.c:
Vergleich
Vergleichen Sie die Standardabweichung mit den Messfehlern der Einzelmessungen
und ermitteln Sie, welcher Teil der Messwerte außerhalb der Standardabweichung
um den Mittelwert liegt!
Voraufgabe 9.B:
Wovon hängen bei dieser Messung der Mittelwert x̄, die Standardabweichung σ
und der absolute statistische Fehler des Mittelwertes δx̄ ab? Wie ändern sich diese
mit der Anzahl der Messungen?
82
9.4 Messung von Halbwertszeiten
UHV
PC
e−
Ag
Verstärker
+
GM-Zählrohr
Usig
Zähler
Usig
# Ereignisse
R
Abbildung 9.3: Schema des Versuchsaufbaus zur Messung der Halbwertszeiten mit einem
Geiger-Müller-Zählrohr
9.4 Messung von Halbwertszeiten
Die Halbwertszeiten T1/2 (108 Ag) und T1/2 (110 Ag) der Radionuklide 108 Ag und 110 Ag
sollen bestimmt werden. Aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeit müssen diese Nuklide durch Neutronenbestrahlung vor Ort hergestellt werden. Die Neutronen werden
in einer sogenannten Radium-Beryllium-Quelle erzeugt.
Die Reaktionskette zur Erzeugung der Neutronen ist:
226
88 Ra
9
4 Be
−→
+ α −→
222
86 Rn
12
6 C
+ α + γ
+ n.
Die schnellen Neutronen werden mit Paraffin moderiert, d.h. auf niedrige kinetische Energie abgebremst. Sie treffen auf ein Stück natürliches Silber (51,4% 107 Ag
und 48,6% 109 Ag) und erzeugen dort die Isotope 108 Ag und 110 Ag. Diese gehen
110
durch β − -Zerfall in 108
48 Cd bzw. 48 Cd über.
Die Kernreaktionen zur Aktivierung durch Bestrahlung mit Neutronen sind:
107
47 Ag
109
47 Ag
+ n −→
+ n −→
108
47 Ag
110
47 Ag
.
Beim nachfolgenden Betazerfall geschieht folgende Kernumwandlung:
108
47 Ag
110
47 Ag
−→
−→
108
48 Cd
110
48 Cd
+ e− + ν̄e
+ e− + ν̄e .
Mit einem Geiger-Müller-Zählrohr wird nun die Anzahl der Zerfallsereignisse
(bestimmbar durch nachweisbare ionisierende Teilchen, hier Elektronen) in einem
83
9 Radioaktivität
105
4
Z(t)
10
103
102
0
100
200
300
t(s)
400
500
Abbildung 9.4: Graphik zur Ermittlung der
Halbwertszeit von 110 Ag und 108 Ag.
Es wird Z gegen t auf halblogaritmischem Papier aufgetragen. Die
Halbwertszeit des kurzlebigen Isotopes wird bestimmt, indem zunächst
von der Anzahl Ereignisse jener Teil
abgezogen wird, der zu den langlebigen isotopen gehören sollte.
bestimmten Zeitintervall, bei laufender Zeitmessung in Abhängigkeit von der Zeit
t gemessen. Bedingt durch die natürliche Radioaktivität der Umgebung und die
kosmische Strahlung ist die vom Zählrohr gelieferte Zahl der registrierten Ereignisse auch ohne Quelle nicht Null. Dieser sogenannte Untergrund Z0 muss separat
gemessen werden. Nach Abzug des Untergrundes ist die Zahl der registrierten Zerfallsereignisse Z(t) − Z0 ein direktes Maß für die im Präparat noch vorhandene
Zahl N (t) der aktiven Kerne.
Trägt man ln(Z) gegen t auf, würde man bei Vorhandensein nur eines Isotopes
eine Gerade erhalten (Warum? Hinweis: Ermitteln Sie mit Gleichung (9.6)die
Geradengleichung!).
Da das hier zu vermessende Präparat aber aus zwei Isotopen mit verschiedenen Zerfallskonstanten besteht, ergibt seine Zerfallskurve auch auf halblogarithmischem Papier keine Gerade. Unterscheiden sich die Werte der beiden Halbwertszeiten so deutlich voneinander, dass nach einer gewissen Zeit die Aktivität des kurzlebigeren Isotopes abgeklungen ist, kann man durch rückwärtige Verlängerung des
geraden Endes der Kurve (Zerfallskurve des langlebigeren Isotopes) und Subtraktion dieser Geraden von der gemessenen Kurve die Zerfallskurve des kurzlebigeren
Isotopes ermitteln. Aus den erhaltenen beiden Geraden lassen sich die Halbwertszeiten T1/2 (108 Ag) und T1/2 (110 Ag) graphisch bestimmen (siehe Abb. 9.4).
Aufgabe 9.d:
Halbwertszeiten
1. Messen Sie ohne Probe den Untergrund. (Protokollieren!)
2. Messen Sie, sobald das Ag-Präparat vor dem Zählrohr liegt, über 20 gleichbleibende Zeitintervalle die Anzahl der Ereignisse in Abhängigkeit von der
84
9.4 Messung von Halbwertszeiten
Zeit (Protokollieren!).
3. Bestimmen Sie graphisch die Halbwertszeiten der beiden Silberisotope, indem Sie Z gegen t auf halblogaritmischen Papier auftragen (siehe Anhang
C.3 und Abb. 9.4)! Der statistische Fehler ist als Fehlerbalken zu jedem
Messpunkt mit einzutragen.
Beispiel zur Kalibration eines Vielkanalanalysators
Die Kalibration eines Vielkanalanalysators ist die eindeutige Zuordnung von
Energien zu den MCA-Kanälen. Diese Zuordnung wird mit Hilfe eines sog.
Eichpräparates mit bekannten Linienenergien vorgenommen. Die Abbildung 9.5
zeigt beispielhaft das γ-Spektrum eines Eichpräparates. Man beachte, dass auf
der Abszisse die MCA-Kanäle aufgetragen sind. Dieser Abbildung können unmittelbar die Zuordnungen von Kanal 400 bzw. 1150 zur Energie 920 keV bzw. 2645
keV entnommen werden (Beachte: Bei der Versuchsdurchführung müssen
die Linienenergien der Tabelle 9.1 entnommen werden!). Für die Energiedifferenz ∆E pro Kanaldifferenz ∆K, dem sog. Eichfaktor F, ergibt sich somit:
F =
∆E
(2645 − 920)keV
keV
=
= 2,3
.
∆K
(1150 − 400)Kanäle
Kanal
(9.7)
Somit wird die jedem Kanal K eine Energie E nach der Geradengleichung
E = 920keV + 2,3 · (K − 400)keV
(9.8)
1. Linie: 920 keV
2. Linie: 1495 keV 1725 keV
3. Linie: 2645 keV
# Ereignisse
750 Kanäle
0
0
200
460
400
920
600
1380
800 1000
Kanäle
1200
1840 2300 2760
Energie [keV]
1400
1600
1800
Kalibration
3220
3680
4140
Abbildung 9.5: Aufnahme des γ-Spektrums eines Eichpräparates. Die Kenntnis der Linienenergien ermöglicht es, jedem Kanal des MCA eindeutig eine Energie zuzuordnen.
85
9 Radioaktivität
152
Eu
Energie[keV] rel. Intensität
121,8
5
244,7
3
344,3
4
411,1
1
443,9
1
778,9
3
964,1
3
1085,8
3
1112,0
3
1408,0
4
134
Cs
Energie[keV] rel. Intensität
475,3
2
563,2
4
604,7
5
795,8
4
801,9
2
1038,6
1
1167,9
1
1365,1
1
131
Energie[keV]
80,2
284,3
364,5
636,9
722,9
I
rel. Intensität
2
2
5
2
1
Nur Linien oberhalb von
75 keV sind angegeben.
Nur Linien oberhalb von 100 keV sind angegeben.
133
Ba
Energie[keV] rel. Intensität
80,0
1
81,0
5
276,3
2
302,9
3
356,0
5
383,9
2
60
Co
Energie[keV] rel. Intensität
1173,3
5
1332,5
5
Ba∗
Energie[keV] rel. Intensität
661,6
5
137
Nur Linien oberhalb von 100 keV sind angegeben.
Nur Linien oberhalb von
75 keV sind angegeben.
Tabelle 9.1: γ-Spektrum einiger radioaktiver Isotope: 5 = sehr starke Linie, 1 = gerade noch
sichtbar, wenn freistehend. 137 Ba∗ ensteht durch β-Zerfall aus 137 Cs und hat eine Halbwertszeit von 3 Minuten. Falls dieses Isotop gefunden wird, kann man auf das Vorhandensein von 137 Cs schließen (Halbwertszeit 30 Jahre).
zugeordnet.
Gemäß dieser Gleichung kann auf der Abszisse nun die Energien statt der Kanäle
aufgetragen werden. Dies ermöglicht das direkte Ablesen der Linienenergien eines
unbekannten Präparates.
86
10 Ultraschall
Versuchsziele
- Voraufgaben 10.A - 10.C
- Bestimmung der Resonanzfrequenzen der Ultraschallwandler (10.a)
- Bestimmung der Schallwellenlänge (10.b und 10.d)
- Bestimmung der Schall-PhasenGeschwindigkeit (10.c)
(10.b)
und
der
Schall-Gruppen-
Verbindung zu Medizin und Biologie
Bildgebende Verfahren zur Diagnose: Sonographie und Dopplersonographie; Therapie mit Ultraschall: Behandlung von rheumatischen Erkrankungen und Gelenkentzündungen durch Wärmezufuhr und Förderung der Durchblutung, Entfernung von Zahnstein, Zerstörung von Nieren- und Gallensteinen (Lithotripter),
Ultraschall-Skalpell, Echolot im Tierreich (Fledermaus, Delphine und Wale).
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); mathematische Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit, Zusammenhänge dazwischen; Phasengeschwindigkeit,
Gruppengeschwindigkeit; Überlagerung von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien, stehende Welle; Eigenschwingung, Resonanz; Eigenschaften von
Schallwellen; piezoelektrischer Effekt, Erzeugung von Ultraschall; Echolotverfahren.
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression; Funktionsweise und Umgang mit dem Oszilloskop; Bestimmung von Periodendauern und Amplituden
von Schwingungen mit dem Oszilloskop.
10.1 Bestimmung der Wellenlänge einer Ultraschallwelle
sowie der Schall-(Phasen-)geschwindigkeit in Luft
87
10 Ultraschall
Frequenz
min
max
Verstärkung
Sender
min
max
Eingang
Ausgang
Trigger
off
on
off
on
=
in
out
∼
S
T
Abbildung 10.1: Links: Frequenzgenerator und Rechts: Verstärker mitsamt den in den Abbildungen der Aufbauten verwendeten Symboldarstellungen.
In diesem Versuchsteil soll über den Zusammenhang c = λν die Schallphasengeschwindigkeit in Luft bestimmt werden. Hierzu werden in einem ersten Schritt
die Resonanzfrequenzen des Ultraschallwandlers bestimmt. Dann wird durch Verschiebung des Empfängers die Wellenlänge ermittelt, so dass die Schallgeschwindigkeit berechnet werden kann.
Voraufgabe 10.A:
Was passiert, wenn man ein schwingungsfähiges System mit seiner Eigenfrequenz
anregt?
Zur Durchführung der Versuche stehen zwei piezoelektrische Ultraschallwandler
zur Verfügung, die sowohl als Sender als auch als Empfänger benutzt werden
können. Der Sender wird über einen Funktionsgenerator angesteuert, der wahlweise im Dauerbetrieb eine gleichförmige Sinusschwingung liefert oder im Pulsbetrieb im Abstand von 80 ms einen Schallimpuls von 0,2 ms Dauer aussendet. Das
Signal des Empfängers ist sehr schwach und muss zur Darstellung am Oszilloskop verstärkt werden. Daher wird das Oszilloskop nicht direkt an den Empfänger
angeschlossen, sondern es wird ein Verstärker zwischengeschaltet.
Versuchsdurchführung
Die beiden Wandler, von denen der eine als Sender und der andere als Empfänger
dient, werden auf Stativhaltern montiert und im Abstand von ca. 50 cm zueinander
ausgerichtet. Der Funktionsgenerator wird auf Dauerbetrieb geschaltet. Das Signal
88
10.1 Bestimmung der Wellenlänge und der Phasengeschwindigkeit
Sender
Empfänger
S
ch1 ch2
in
out
T
Abbildung 10.2: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Resonanzfrequenzen der Ultraschallwandler sowie der Wellenlänge der Schallwelle.
des Funktionsgenerators (bzw. dessen Triggerausgangssignal) wird auf Kanal 1
(CH 1) des Oszilloskops gelegt (Einstellung des Oszilloskops: 2 V/Div., 5 µs/Div.,
Trigger: intern, AUTO, CH 1.).
Das Signal des Empfängers wird auf Kanal 2 (CH 2) des Oszilloskops beobachtet
(Einstellung ca. 0,5 V/Div.).
Durch die Verwendung des Sendersignals als Triggersignal wird dieses bei jedem
Darstellungszylus des Oszilloskops (Elektronenstrahl wandert vom linken zum
rechten Rand des Bildschirms) phasengleich gezeichnet und bleibt dadurch (innerhalb der Genauigkeiten des Triggers) stabil. Das Empfängersignal wird zeitgleich
mit dem Sendersignal aufgezeichnet, am Bildschirm wird also zu gleichen Zeiten
dargestellt was der Sender sendet und der Empfänger empfängt. Man beobachtet
daher eine Phasenverschiebung, weil der Schall eine gewisse Zeit vom Sender bis
zum Empfänger unterwegs ist.
Aufgabe 10.a:
Resonanzfrequenzen der Ultraschallwandler
Die Wandler haben im Frequenzbereich zwischen 35 und 50 kHz zwei Resonanzfrequenzen, die bestimmt werden sollen. Dazu variiert man die Frequenz des Funktionsgenerators solange, bis das Signal des Empfängers auf dem Oszilloskop maximale Amplitude zeigt. Die zugehörige Frequenz lässt sich dann aus der am Oszilloskop abgelesenen Schwingungsdauer berechnen.
Aufgabe 10.b:
Schallwellenlänge und Schall-Phasengeschwindigkeit
Bei Variation des Abstandes zwischen Sender und Empfänger beobachtet man
eine Verschiebung des Empfängersignals relativ zum Signal des Senders. Der
89
Sender
S
d
T
ch1 ch2
in
Empfänger
Reflexionsplatte
10 Ultraschall
out
Abbildung 10.3: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Schall-(Gruppen-)geschwindigkeit nach
dem Echolot-Verfahren.
Empfänger wird solange verschoben, bis eine Phasenverschiebung von wenigstens
10 vollen Schwingungen beobachtet werden kann. Aus der Verschiebungsstrecke
errechnet man die Wellenlänge und mit der im vorigen Teil gemessenen Frequenz
die Phasengeschwindigkeit der Welle.
10.2 Bestimmung der Schall-(Gruppen-)geschwindigkeit
nach dem Echolot-Verfahren
Ein Schallimpuls, der eine Laufstrecke s zurücklegt, benötigt dazu eine Laufzeit t.
Die Schallgruppengeschwindigkeit ist dann durch c = s/t gegeben.
Normalerweise wird beim Echolotverfahren aus der Messung von t bei bekanntem
c die unbekannte Strecke s bestimmt.
Sender und Empfänger werden nebeneinander aufgebaut und auf eine Reflexionsplatte im Abstand d ausgerichtet.
Versuchsdurchführung
Beim Aufbau ist darauf zu achten, dass der Abstand von Ultraschallsender und
-empfänger etwa 10 cm beträgt. Der Funktionsgenerator wird auf Impulsbetrieb
umgeschaltet und bleibt mit dem Sender verbunden. Der Ausgang des Funktions-
90
10.2 Bestimmung der Gruppengeschwindigkeit per Echolot-Verfahren
Sendersignal
Sendersignal
(1)
Empfängersignal
Empfängersignal
(4)
(2)
Laufzeit t
(a) Ideale Signale
(3)
Laufzeit t
(b) Realistische Signale
Abbildung 10.4: Echolot. Während man theoretisch ein klares Sendersignal und einem ebenso klares Empfängersignal nach der Laufzeit t erwartet (Abb. 10.4(a)), erhält man ein
Signal (Abb. 10.4(b)) welches durch ein Nachschwingen des Senders stark verzerrt ist
(1). Neben dem dann ebenfalls verzerrten Echo erhält man allerdings auch noch zusätzliche Signale von sonstigen Reflektionen in der Umgebung (3-4) oder von einer direkten
Übertragung des Senders zum Empfänger (2). Abhängig vom Standort der Apparatur
und von den benutzten Geräten kann das Oszilloskopbild in Details anders aussehen,
welches davon aber nun das zu ermittelnde Echo ist findet man am leichtesten heraus,
indem man die Reflexionsplatte verschiebt und beobachtet, welches Echo sich gleichsam
verschiebt.
generators wird auf Kanal 1 des Oszilloskops gelegt (Einstellung des Oszilloskops:
2 V/Div., 1 ms/Div., Trigger: intern, CH 1, norm(level!)).
Das Empfängersignal wird auf Kanal 2 des Oszilloskops eingespeist (Einstellung
des Oszilloskops: 0,1 V/Div.).
Das Signal ist um die Laufzeit t für die Strecke s = 2d zeitverschoben(Abb. 10.4).
Tatsächlich erscheinen in Kanal 2 infolge von Reflexionen an verschiedenen Gegenständen im Raum mehrere, zudem stark verbreiterte Signale. Um festzustellen,
welche Impulsgruppe von dem reflektierten Schallimpuls herrührt, betrachtet man
das Bild auf dem Oszilloskop einmal mit und einmal ohne die reflektierende Wand.
Das Prinzip eines medizinischen Ultraschallgerätes wird deutlich, wenn man untersucht, wie Gegenstände, die sich vor Sender und Empfänger befinden, das Bild
am Oszilloskop verändern. Nutzen Sie die Möglichkeit zu beobachten, wie sich die
Reflexionen von unterschiedlich großen Gegenständen unterscheiden!
Auch das Signal des Senders ist durch technisch bedingte Vorgänge etwas unsauber. Es besteht aus einem sehr schmalen (in der Darstellung auf dem Oszilloskop
als Strich erscheinenden) Rechteckimpuls mit einem (für die Messung uninteressanten) Nachschwingvorgang. In der Praxis sieht man daher auf dem Schirm ein
Bild für Sender- und Empfängersignal wie in Abbildung 10.4(b) angedeutet.
91
10 Ultraschall
D = (2 · 3 + 1) ·
λ
4
Sender
λ/2
Relexionsplatte
Abbildung 10.5: Schematische Darstellung einer stehenden
Welle (eingezeichnet sind die Schallschnellen) zwischen
Sender und reflektierender Platte.
Voraufgabe 10.B:
Welche Informationen kann man mit einem Echolot über Beschaffenheit und Menge des Materials gewinnen, das sich vor dem Gerät befindet (ein medizinisches
Ultraschallgerät nutzt das gleiche Prinzip)?
Hinweis: In Abbildung 10.4(b) sind einige der Effekte zu sehen, die auch bei einem
Echolot- bzw. Ultraschallgerät auftreten können.
Aufgabe 10.c:
Schall-(Gruppen-)Geschwindigkeit
Durch Messung von d (Abstand Sender – Reflektor) und t (Laufzeit, am Oszilloskop abzulesen) ist die Gruppengeschwindigkeit c festgelegt. Diese Messung wird
für 5 verschiedene Abstände d durchgeführt und grafisch ausgewertet.
10.3 Bestimmung der Schallwellenlänge durch
Interferometrie nach Pierce
Lässt man die von einem Ultraschallsender erzeugte Schallwelle senkrecht auf eine
Platte im Abstand D fallen und reflektieren so kann sich zwischen der Stirnfläche
des schwingenden Quarzes und der Reflektorplatte eine stehende Schallwelle ausbilden, wenn der Abstand D der Bedingung
D = (2n + 1) ·
λ
4
(10.1)
genügt. Die stehende Welle hat am Sender einen Schwingungsbauch, an der reflektierenden Platte einen Knoten(Abb. 10.5). Unter dieser Bedingung verbraucht
der Sender besonders viel Strom, was mittels eines zwischengeschalteten Mikroamperemeters beobachtet werden kann.
Generell macht die Welle bei der Reflexion an der Platte einen Phasensprung von
π (180◦ ), erreicht die reflektierte Welle den Sender, so wirkt diese auf den Sender
92
10.3 Bestimmung der Schallwellenlänge durch Interferometrie
S
µA
Reflexionsplatte
(höhenverstellbar)
T
Abbildung 10.6: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Schallwellenlänge durch Interferometrie.
zurück. Verschiebt man die Reflektorplatte und ändert so den Abstand D vom
Schwingquarz, so nimmt die Stärke der Rückwirkung der reflektierten Schallwelle
nicht gleichförmig ab bzw. zu, sondern variiert entsprechend periodisch.
Voraufgabe 10.C:
Warum steigt die Leistung des Senders an, wenn er in einem Schwingungsbauch
steht? Überlegen Sie sich hierzu, was passiert, wenn die ausgesendete Welle wie in
Abbildung 10.5 dargestellt am Sender mit der reflektierten Welle zusammentrifft.
Der Sender wird mit einem zwischengeschalteten Amperemeter an den Funktionsgenerator angeschlossen. Er wird über einer Reflexionsplatte montiert, die mit
einem Hebetisch in der Höhe verstellt werden kann.
Aufgabe 10.d:
Versuchsdurchführung
Der Funktionsgenerator steht wieder auf Dauerbetrieb. Die im ersten Versuchsteil bestimmte Resonanzfrequenz νRes muss sehr genau eingestellt sein, damit der
Effekt gut sichtbar ist. Zwischen Funktionsgenerator und Wandler wird das Mikroamperemeter geschaltet. Der Ultraschallwandler wird so dicht wie möglich über
der in der Höhe voll ausgefahrenen horizontalen Reflektorplatte montiert. Der Abstand Platte – Wandler wird kontinuierlich vergrößert.
Von jeweils einem Strommaximum zum nächsten wird der Abstand d an der Skala
des Hebetisches abgelesen und hieraus die Wellenlänge λ bestimmt. Es soll über
4 bis 5 Maxima gemessen werden. Begründen Sie etwaige Abweichungen.
Aus νRes und λ wird die Phasengeschwindigkeit c bestimmt. Das Ergebnis wird
mit dem von Aufgabe 10.b verglichen.
93
11 Polarisation des Lichts
Versuchsziele
- Voraufgabe 11.A - 11.C
- Messung der Rotationsdispersion von Quarz (11.a)
- Bestimmung der Konzentration einer Zuckerlösung (11.b)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Polfilter bei Brillen und Fotoapparaten; 3D-Kino; Polarisationsmikroskop (Phasenkontrastaufnahme zur Sichtbarmachung komplexer organischer Strukturen (gestreifte Muskulatur)); Polarimetrie: Saccharimeter zur Harnzuckerbestimmung;
stereochemische Untersuchungen.
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); elektromagnetische Wellen; Energie und Intensität einer e.-m. Welle; mathematische
Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenlänge, Ausbreitungsgeschwindigkeit (Vakuum, Medium), Zusammenhänge dazwischen; Huygensches
Prinzip, Überlagerung von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien;
Polarisation, elektrisches und magnetisches Feld, Erzeugung von linear polarisiertem Licht durch Reflexion und Doppelbrechung, Brewstersches Gesetz, optische
Aktivität, Rotationsdispersion, Polarimeter; Monochromator.
Physikalische Größen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression
11.1 Rotationsdispersion von Quarz
Die Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht wird beim Durchgang durch
eine optisch aktive Substanz gedreht. Die Abhängigkeit des Drehwinkels von der
Wellenlänge λ nennt man Rotationsdispersion. Bei Verwendung eines Polarisators und Analysators können die Spektralfarben des Lichtes je nach Stellung des
Analysators getrennt beobachtet werdena .
Hat die durchstrahlte Substanz die Dicke d, so gilt für den Drehwinkel α(λ):
α(λ) = α0 (λ) · d .
(11.1)
95
11 Polarisation des Lichts
α0 (λ) gibt den für die Substanz typischen Drehwinkel pro mm Dicke bei der Wellenlänge λ an. α0 (λ) ist dabei eine wellenlängenabhängige Größe; diese Abhängigkeit lässt sich in guter Näherung beschreiben mit
α0 (λ) =
α(λ)
m
≈ 2
d
λ ·d
(11.2)
wobei m hier lediglich einer Proportionalitätskonstante entspricht.
a
Dies wird in beiden Versuchsteilen sogar als Hilfsmittel genutzt.
Voraufgabe 11.A:
Leiten Sie mit Hilfe von Gl. 11.2 her, wie α0 (λ) von der Frequenz und der Energie
des Lichts abhängt.
In diesem Versuch soll die Rotationsdispersion am Beispiel von Quarz untersucht
werden. Dazu ist es notwendig, aus dem kontinuierlichen Wellenlängenspektrum
der verwendeten Lichtquelle monochromatisches ( einfarbiges“) Licht herzustel”
len. Dies geschieht mit verschiedenen Monochromatoren, die aus der einfallenden
Menge des Lichtes jeweils nur Licht einer definierten Wellenlänge transmittieren.
Versuchsdurchführung
Im Versuch (siehe Abbildung 11.1) ist für vier verschiedene Wellenlängen die Drehung der Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht beim Durchgang durch
einen 3,75 mm dicken Quarz zu messen. Dieser Quarz besteht aus zwei Stücken,
die so gegeneinander verdreht sind, dass das Licht den Quarz einmal in Richtung
der ausgezeichneten Kristallachse durchläuft und einmal entgegen dieser Achse.
Entsprechend wird die Polarisationsebene des Lichts einmal im Uhrzeigersinn,
einmal gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Welches dieser Stücke die rechts- und
welches die linksdrehende Hälfte ist, kann man dadurch feststellen, dass man linear polarisiertes weißes Licht (ohne Monochromator) verwendet und die bereits
erwähnte Farbenfolge durch Drehung des Analysators beobachtet. Die rechtsdrehende Hälfte ist diejenige, bei der durch Rechtsdrehung des Analysators (Blick
gegen die Strahlrichtung, Drehung im Uhrzeigersinn) die Farbenfolge
grün – blau – violett – rot – orange – gelb – grün – blau · · ·
beobachtet wird; bei der linksdrehenden Hälfte muss sich die gleiche Farbenfolge
bei Linksdrehung (Drehung gegen den Uhrzeigersinn) des Analysators beobachten
lassen. Nun stellt man mit Hilfe eines Interferenzfilters als Monochromator einfarbiges Licht her. Man stelle ohne Quarz den Analysator auf 180◦ oder 0◦ (Nullstellung) und den Polarisator dazu senkrecht (→ maximale Dunkelheit). Dann bringt
man den Doppelquarz in den Strahlengang und dreht den Analysator soweit nach
96
11.1 Rotationsdispersion von Quarz
Polarisator
Küvette (11.2)
Analysator
Lichtquelle
Doppelquarz
Monochromator
(11.1)
(rechtsdrehend!)
(a) Schematischer Versuchsaufbau
Lichtquelle
Polarisator
Doppelquarz
Analysator
Küvette (Teil 11.2)
nicht im Bild: Monochromator aus Teil 11.1
(b) Foto des Versuchsaufbaus
Abbildung 11.1: Aufbau des Polarimeters
rechts, bis die rechtsdrehende Hälfte des Quarzes maximal dunkel ist (Stellung
des Analysators βR ), und anschließend von der Nullstellung aus nach links (βL ),
bis die linksdrehende Hälfte maximal dunkel ist. Der Drehwinkel α(λ) ergibt sich
dann zu
|βR (λ) − βL (λ)|
.
α(λ) =
2
Ein Beispiel, wie βR , βL und die Messunsicherheiten ∆βR und ∆βL bestimmt
werden, zeigt Abbildung 11.2.
Aufgabe 11.a:
Messung und Auswertung
1. Stellen Sie ohne Monochromator und ohne Quarz den Polarisator so ein,
dass die Nullstellung (maximale Dunkelheit) bei einer Analysatorstellung
von 0◦ oder 180◦ liegt.
97
11 Polarisation des Lichts
0
30
280
260
0
0
0
24
30
280
1 = βR − ∆βR
2 = βR + ∆βR
12
12
14
0
22
22
0
160
200
180
0
200
(a) Zur Bestimmung von βr und βL
100
260
2
80
100
0
β
R
1
60
80
24
40
0
32
60
0
β
R
20
βR
βL
0
·∆
3
340
40
2
20
20
180
0
160
340
0
R −β
L
14
β
(b) Zur Messunsicherheit von βR und βL
Abbildung 11.2: Abb. 11.2(a): Ohne Quarz findet man in diesem Beispiel den Bereich maximaler Dunkelheit bei Stellung des Analysators auf 18◦ (Nullstellung). Mit Quarz stellt
sich dies hier bei der rechtsdrehenden Hälfte des Kristalls ein, wenn der Analysator
um βR = 34◦ im Uhrzeigersinn gedreht wird. Maximale Dunkelheit der linksdrehenden
Hälfte zeigt sich, wenn der Analysator ausgehend von der Nullstellung um βL = −36◦
(also gegen den Uhrzeigersinn) gedreht wird. Mit |βR − βL | = 70◦ ist in diesem Beispiel
also α(λ) = 35◦ .
Abb. 11.2(b): Im Experiment lassen sich die Winkel nicht beliebig genau bestimmen.
Vielmehr existiert ein ganzer Winkelbereich welcher maximal dunkel ohne weitere Helligkeitsunterschiede erscheint. Es kann dann zunächst nur eine Ober- und eine Untergrenze
für (in diesem Beispiel) βR gegeben werden. βR ist dann der mittlere Winkel in diesem
Bereich, die volle Breite des Bereichs entspricht dann 2 · ∆βR .
340
20
40
0
280
100
24
12
0
0
80
260
60
30
0
32
0
14
22
0
160
180
0
200
98
Abbildung 11.3: Zur Verdeutlichung der
Schwierigkeit den Bereich maximaler Dunkelheit einzustellen. Bei Stellung des Polarisators auf 0◦ und
Drehung des Analysators kann der
exakte Winkel maximaler Dunkelheit per Auge nicht beliebig genau
ermittelt werden.
11.2 Saccharimeter
2. Bringen Sie den Quarz in den Strahlgang und finden Sie aufgrund der beschriebenen Farbfolge heraus, welcher Teil des Quarzes die rechts- und welcher die linksdrehende Hälfte darstellt.
3. Bringen Sie einen der verwendeten Monochromatoren in den Strahlgang und
bestimmen Sie wie oben und in Abb. 11.2 beschrieben den Drehwinkel α(λ)
dieser Wellenlänge λ. Wiederholen Sie dies bis sie α(λ) für insgesamt vier
verschiedene Wellenlängen bestimmt haben.
4. Tragen Sie α(λ) gegen 1/λ2 in ein Diagramm auf und bestimmen Sie die
Wellenlängenabhängigkeit von α0 (λ) nach Gl. 11.2. Bestimmen Sie dazu m
mit einer graphischen Auswertung.
Voraufgabe 11.B:
Im Beispiel in Abbildung 11.2 stellt sich die maximale Dunkelheit der rechtsdrehenden Hälfte des Quarzes ein, wenn der Analysator auf die 52◦ -Markierung
gedreht ist. Es gibt eine zweite Stellung des Analysators, bei welcher wieder maximale Dunkelheit der rechtsdrehenden Hälfte beobachtet werden kann. Welche ist
das und warum ist dem so?
Voraufgabe 11.C:
In einem (nicht existenten) idealen Experiment, würde die Bestimmung von βR
oder βL alleine genügen, um den Drehwinkel α zu bestimmen. In der Realität wird
die Messung dann aber durch einen systematischen Fehler unbrauchbar verfälscht.
Dieser wird durch die Bestimmung von sowohl βR als auch βL und Verrechnung
der beiden Winkel umgangen. Welcher systematische Fehler ist das?
11.2 Saccharimeter
Im zweiten Teil des Versuches sind die Konzentrationen verschiedener Traubenzuckerlösungen zu bestimmen.
Für eine optisch aktive Substanz, die in einem nicht optisch aktivem Medium
gelöst ist, gilt bei fester Wellenlänge λ des Lichts, dass der Drehwinkel α zur Konzentration c und zu der Strecke d, die das Licht durch die durchstrahlte Substanz
zurücklegt, proportional ist. Während beim Quarzkristall aus Teil 11.1 die Drehung der Schwingungsebene kontinuierlich von der durchdrungenen Dicke abhing,
ist bei gelösten Substanzen also zusätzlich eine Abhängigkeit von der Konzentration zu beobachten.
α = α0 · c · d
(11.3)
99
11 Polarisation des Lichts
dl
Der spezifische Drehwinkel α0 von Traubenzucker beträgt 0,5278◦ dm·g
. Die Konzentration der Lösung wird in der Einheit g/dl (Gramm pro Deziliter) angegeben.
Sind mehrere optisch aktive Substanzen in der Lösung vorhanden, so ergibt sich
der Drehwinkel als Überlagerung der Drehungen beider Substanzen (Beispiel: Invertzucker):
α = (α0 1 · c1 + α0 2 · c2 ) · d
(11.4)
11.2.1 Messung
Der Versuchsaufbau ist in Abbildung 11.1 skizziert. Die Länge d beträgt je nach
Experiment zwischen 28 und 34 cm.
Zuerst wird der Analysator fest auf 0◦ eingestellt. Dann wird bei leerer Küvette
der Polarisator solange gedreht, bis beide Hälften des Doppelquarzes die gleiche rot-violette Farbe zeigen. Bei Küvetten mit eingefüllter Traubenzuckerlösung
wird der Analysator nachgedreht, bis die beiden Hälften wieder den gleichen rotvioletten Farbton zeigen.
Aufgabe 11.b:
Auswertung
Man bestimme nach Formel (11.3) die Konzentration von drei verschiedenen Traubenzuckerlösungen.
100
A Größen, Dimensionen und Einheiten in der
Physik
Unter physikalischen Größen versteht man messbare Eigenschaften physikalischer
Objekte, Vorgänge und Zustände (z.B. Länge, Beschleunigung, Temperatur). Eine
physikalische Größe wird durch die Grundgleichung
physikalische Größe = Zahlenwert × Einheit
quantitativ erfasst.
Das Produkt aus Zahlenwert × Einheit nennt man auch Größenwert (nicht
Größe) einer physikalischen Größe, wenn die quantitative Aussage betont werden
soll. Der physikalische Zusammenhang verschiedener Größen wird durch Größengleichungen beschrieben, z.B.
Geschwindigkeit =
Weg
,
Zeit
v=
s
.
t
Die Größengleichungen gelten unabhängig von der Wahl der Einheiten. Als Grundoder Basisgrößen bezeichnet man voneinander unabhängige physikalische Größen;
sie lassen sich nicht über Größengleichungen durch andere Basisgrößen ausdrücken
(z.B. sind Länge und Zeit Basisgrößen, aber nicht die Geschwindigkeit). Die Wahl
und die Zahl der Basisgrößen in einem Größensystem ist in gewisser Weise
willkürlich. Im neuen Internationalen Einheitensystem“ (SI) hat man die sieben
”
Basisgrößen Länge, Masse, Zeit, elektrische Stromstärke, thermodynamische Temperatur, Stoffmenge und Lichtstärke gewählt. Name und Kennzeichen der zugehörigen SI-Einheiten sowie eine Übersicht über abgeleitete SIEinheiten, atomphysikalische Einheiten etc. sind in den folgenden Abschnitten
wiedergegeben.
Unter der Dimension (Abkürzung für Dimensionsprodukt) einer physikalischen
Größe versteht man das durch eine Größengleichung definierte Produkt aus Potenzen von Basisgrößen. (Ursprünglich wurde das Wort Dimension“ im geometri”
schen Sinn gebraucht, z.B. der Raum ist dreidimensional“). Z.B. ist die Dimension
”
der Leistung
Kraft × Weg
Masse × Weg2
Energie
=
=
Zeit
Zeit
Zeit3
oder kurz: dim (Leistung) = M · L2 · T −3 .
101
A Größen, Dimensionen und Einheiten in der Physik
Der Begriff Dimension darf nicht mit dem Begriff Einheit verwechselt werden.
Dementsprechend sollte man auch von Einheitenprobe“ und nicht Dimensions”
”
probe“ bei der Prüfung von Einheitengleichungen sprechen.
A.1 SI-Einheiten
SI-Einheiten sind
1. die zu den Basisgrößen des Internationalen Einheitensystems“ (SI) festge”
setzten Basiseinheiten des SI:
Basisgröße
Länge
Masse
Zeit
el. Stromstärke
thermodynamische
Temperatur
Stoffmenge
Lichtstärke
Basiseinheit
Meter
Kilogramm
Sekunde
Ampere
Einheitenzeichen
m
kg
s
A
Kelvin
Mol
Candela
K
mol
cd
2. die aus ihnen als Potenzen oder als Potenzprodukte mit dem Zahlenfaktor 1
gebildeten ( kohärent“) abgeleiteten SI-Einheiten (z.B. m2 oder kg/m3 ).
”
Alle aus den Basiseinheiten mit einem von 1 verschiedenen Faktor abgeleiteten Einheiten sind (nach DIN 1301) keine SI-Einheiten, d.h. auch die mit
Vorsätzen für dezimale Vielfache und Teile gebildeten Einheiten sind keine
SI-Einheiten!
Beispiele für abgeleitete SI-Einheiten:
1. ohne besonderen Namen
Größe
Fläche
Geschwindigkeit
Dichte
Einheit
1 m2 = 1 m · 1 m
1 m s−1 = 1 m · 1 s−1
1 kg m−3 = 1 kg · 1 m−3
2. mit besonderen Namen und Einheitenzeichen
102
usw.
Größe
el. Ladung
Kapazität
Selbstinduktionskoeffizient
Frequenz
Kraft
Arbeit bzw. Energie
Leistung
Druck
el. Spannung
el. Widerstand
el. Leitwert
magn. Fluss
magn. Flussdichte
Einheit
Coulomb
Farad
1 C = 1 As
1 F = 1 As/V
Henry
Hertz
Newton
Joule
Watt
Pascal
Volt
Ohm
Siemens
Weber
Tesla
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
H = 1 Vs/A
Hz = 1/s = 1 s−1
N = 1 kg m s−2
J=1Nm=1Ws
W = 1 J/s
Pa = 1 N/m2
V = 1 W/A
Ω = 1 V/A
S = 1/Ω
Wb = 1 V s
T = 1 Wb/m2
Dezimale Vielfache und dezimale Teile von Einheiten können durch
Vorsätze vor den Namen der Einheit sowie durch Vorsatzzeichen vor Einheitenzeichen bezeichnet werden:
Vielfaches/Teil
das 1012 -fache
das 109 -fache
das 106 -fache
das 103 -fache
das 102 -fache
das 101 -fache
das
das
das
das
das
das
das
das
10−1 -fache
10−2 -fache
10−3 -fache
10−6 -fache
10−9 -fache
10−12 -fache
10−15 -fache
10−18 -fache
Vorsatz
Tera
Giga
Mega
Kilo
Hekto
Deka
dezi
centi
milli
mikro
nano
piko
femto
atto
Vors.Zeichen
T
G
M
k
h
da
d
c
m
µ
n
p
f
a
Beispiel
GW (Gigawatt)
MN (Meganewton)
km
hPa (Hektopascal)
dm
cm
mg
µm
nm
pF (Pikofarad)
fm
Vorgesehen sind ferner: Peta (P) = 1015 -fach und Exa (E) = 1018 -fach.
Der Vorsatz ist ohne Zwischenraum vor den Namen der Einheit, das Vorsatzzeichen ohne Zwischenraum vor das Einheitenzeichen zu setzen. Potenzen bei derart
zusammengesetzten Kurzzeichen müssen sich immer auf das ganze Kurzzeichen
beziehen (cm2 = (cm)2 usw.).
Dezimale Vorsätze“ sind nicht erlaubt bei den Zeiteinheiten Minute, Stunde,
”
Tag und bei den Winkeleinheiten Grad, Minute, Sekunde sowie bei den Einheiten für Flächen und Voluminaa (z.B.: Milli“-Quadratmeter; mm2 bedeutet
”
ausschließlich Quadrat-Millimeter u.ä.).
103
A Größen, Dimensionen und Einheiten in der Physik
Atomphysikalische Einheiten sind unabhängig von den SI-Basiseinheiten definierte Einheiten für
Größe
Einheit
Einheitenzeichen
Masse im atomaren Bereich atomare Masseneinheit u
Energie
Elektronenvolt
eV
104
A.2 Umrechnungstabellen
Druckeinheiten bei Gasen, Dämpfen und Flüssigkeiten
(mit 1 Pa = 1 N/m2 ≈
bar
1 bar
1
1 Pa
10−5
1 Torr
0,00133
2
1 kp/m 9,81·10−5
(1/9,81) kp/m2 = 0,102 kp/m2 )
Pa
Torr
kp/m2
105
750
10200
1
0,0075
0,102
133
1
13,6
9,81
0,0736
1
Einheiten von Energie, Arbeit, Wärmemenge
(mit 1 cal = 4,2 J = 4,2 Nm = 4,2 Ws)
J
kJ
kWh
1J
1
0,001
2,78·10−7
1000
1
2,78·10−4
1kJ
1kWh 3 600 000
3 600
1
4,2
0,00116
1 kcal 4 200
kcal
2,39·10−4
0,239
860
1
Einheiten für Leistung, Energiestrom, Wärmestrom
(mit 1 W = 1 Nm/s = 1 J/s und 1 kcal/s = 4190
W
kW
kcal/h
1W
1
0,001
0,860
1000
1
860
1 kW
0,00116
1
1 kcal/h 1,16
1 PS
736
0,736
632
W)
PS
0,00136
1,36
0,00158
1
Einheiten von Temperatur
Umrechnung von Grad Celsius in Kelvin:
T [K] = T [◦ C] + 273,15
Umrechnung von Kelvin in Grad Celsius:
T [◦ C] = T [K] − 273,15
Daraus folgt: Temperaturdifferenzen haben in Grad Celsius und Kelvin den gleichen
Zahlenwert. Zum Beispiel: Die Temperatur steigt von 0 ◦ C auf 30 ◦ C. Die Temperaturdifferenz in Kelvin ist dann:
(273,15 + 30) K − (273,15 + 0) K = 273,15 K + 30 K − 273,15 K − 0 K = 30 K.
Gleiches gilt für Messunsicherheiten. Ist eine Temperatur T nur auf ∆T = ± 1 ◦ C
genau bestimmbar, so ist sie natürlich auch nur auf ∆T = 1 K genau bestimmbar.
a
gilt nicht für Liter
105
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
Dieser Abschnitt folgt weitestgehend der DIN-Norm 1319 und dem ISO-Leitfaden
GUM ( Guide to the expression of uncertainty in measurement“). An einigen
”
Stellen werden davon abweichend für dieses Praktikum sinnvolle Vereinfachungen
gemacht.
B.1 Messunsicherheiten
Physikalische Messgrößen und Messergebnisse unterscheiden sich von mathematischen Zahlen (oder exemplarischen Berechnungen) dadurch, dass sie u.A. wegen
apparativer Unvollkommenheiten oder der statistischen Natur der Messgröße prinzipiell nicht beliebig genau“ bestimmt und angegeben werden können. Wie weit
”
der Messwert x maximal vom tatsächlichen Wert abweichen sollte, wird durch die
absolute Messunsicherheit ∆x (umgangssprl.: absoluter Fehler ) angegeben.
Wie fehlerbehaftet“ eine Messgröße ist, hängt dabei stark von der Vorgehenswei”
se und von den verwendeten Apparaturen bei der Messung ab.ist Die Angabe der
ist zwar erlaubt, im Praktikum aber selten sinnvoll.
relativen Messunsicherheit ∆x
x
∆x kennzeichnet ein Intervall von x − ∆x bis x + ∆x, in dem die tatsächliche
Größe liegen sollte. Dieses wird allerdings nie explizit angegeben, sondern immer
nur in der Kurzschreibweise x ± ∆x.
Die Messunsicherheiten ∆x, ∆y, ∆z... der gemessenen Größen x, y, z... werden
prinzipiell abgeschätzt. Dies geschieht nicht willkürlich oder durch Raten sondern
orientiert sich an folgenden Überlegungen:
1. Welche Herstellerangaben sind bzgl. der Genauigkeit der verwendeten
Geräte bekannt?
2. Bis zu welcher Dezimalstelle können Werte vom Gerät mit ausreichender
Genauigkeit abgelesen werden?
3. Bleiben die Werte während der Messung konstant oder zeigen sie eine gewisse
Schwankung?
Eine Ausnahme bilden hier lediglich rein statistische Prozesse:
In rein statistischen Prozessen wie z.B. dem radioaktiven Zerfall ist die
Messunsicherheit
∆N der Anzahl der gemessenen Ereignisse N schon
√
mit ∆N = N gegeben.
Beispiel:
Sie wollen das Volumen V eines Zylinders anhand der Formel
π
V = d2 · h
4
106
(B.1)
B.2 Signifikante Stellen
berechnen und messen mit einem Lineal den Durchmesser d und die Höhe h des
Zylinders. Als Messwerte erhalten Sie dabei
d = 25,5 mm
h = 83,0 mm
Bei absolut präzisem Ablesen und auch präzisem Anlegen des Lineals erlaubt ein
Lineal mit Millimeterskala bestenfalls eine Ablesegenauigkeit von 0,2 mm. Da
hiermit sowohl d als auch h methodisch gleich gemessen werden, kann für beide
Größen diese Messunsicherheit abgeschätzt werden. Das heißt, der tatsächliche
Durchmesser d und die tatsächliche Höhe h liegen mitnichten exakt bei den gemessenen Werten, sondern vielmehr in den Intervallen
25,3 mm
82,8 mm
≤
≤
d ≤
h ≤
25,7 mm
83,2 mm
Die korrekte Angaben der Messwerte mit den Messunsicherheiten ∆d = 0,2 mm
und ∆h = 0,2 mm ist dann:
d = 25,5 mm ± 0,2 mm = (25,5 ± 0,2) mm
h = 83,0 mm ± 0,2 mm = (83,0 ± 0,2) mm
Eine unter Verwendung einer fehlerbehafteten Größe durchgeführte Rechnung
kann nun ihrerseits wieder nicht zu einem beliebig exakten Ergebnis führen. Die
Unsicherheiten der verwendeten Größen übertragen sich vielmehr in eine Unsicherheit des Ergebnisses. Inwiefern dies geschieht beschreibt dabei die sogenannte
Fehlerrechnung (Fehlerfortpflanzung).
Beispiel:
Wenn Sie die Zahlen aus dem obigen Beispiel in Gl. B.1 eingeben, ergibt sich laut Taschenrechner als Wert für das Volumen V =
42388,527927182833356189427594533 mm3 . Der Taschenrechner erweckt die Illusion, es hier mit einem sehr genauen Ergebnis zu tun zu haben. Dies ist leider
jedoch falsch.
Wir können aus den oberen und unteren Grenzen der Intervalle einen Minimalund einen Maximalwert für das Volumen berechnen.
Vmin = 41625,6722 · · · mm3
Vmax = 43159,8030 · · · mm3
(B.2)
(B.3)
Da wir für die Messgrößen d und h nur Werte innerhalb gewisser Intervallgrenzen
(den Fehlergrenzen) angeben können, liegt auch das Messergebnis V nur innerhalb
gewisser Intervallgrenzen und kann nicht beliebig genau angegeben werden.
B.2 Signifikante Stellen
107
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
Hinweise auf die Messgenauigkeit drückt man schon in der Schreibweise der Messgrößen oder aus den Messgrößen berechneter Ergebnisse aus, indem man alle zuverlässig bekannten Dezimalstellen mitführt; nur die letzte Stelle darf unsicher
sein.
Die zuverlässig bekannten Dezimalstellen nennt man signifikante Stellen.
So weist z.B. die Längenangabe x = 25,5 mm bereits darauf hin, dass die Messgenauigkeit in der Größenordnung der letzten angegebenen Stelle, also von 0,1 mm
liegt (z.B. 0,2 mm). Eine Angabe weiterer Stellen, z.B. durch x = 25,55 mm, wäre
nicht zulässig, da hier eine Messgenauigkeit impliziert wird, die nicht gegeben ist.
Bei der Angabe von Messergebnissen oder Messwerten ist eine Angabe führender
Nullen generell nicht erlaubt. Statt z.B. 0,001 m muss der Wert in wissenschaftlicher Notation mit entsprechendem Zehnerpotenz-Faktor (1 · 10−3 m) oder dem
entsprechenden SI-Präfix (1 mm) angegeben werden (siehe Anhang A.1). Die Messunsicherheiten oder Fehlergrenzen hingegen dürfen führende Nullen besitzen.
Die Angabe abschliessender“ Nullen, z.B. 20 000 m statt 20 km, ist ebenso nicht
”
zulässig. Mathematisch wäre es zwar völlig richtig, als Messgröße aber nicht, da
mit dieser Angabe wieder eine Aussage bezüglich der Genauigkeit getroffen wird,
die nicht gegeben ist. Völlig korrekt wäre auch hier die Angabe 20,0 · 103 m.
Diese Regeln werden im Praktikum nur auf Messwerte und Messergebnisse angewendet. Für Zwischenrechnungen und Nebenrechnungen ist
es meist sinnvoller hiervon abzuweichen.
Das bisherige Beispiel aufgreifend sieht man, dass übertriebene Genauigkeitsangaben nicht nur auf die Anzahl der angegebenen Nachkommastellen beschränkt
sind, denn selbst die Angabe des Volumens mit V = 42389 mm3 würde die
(Un-)Genauigkeit der Messung nicht im geringsten widerspiegeln.
B.3 Herkunft der Messunsicherheiten
Die Messunsicherheiten ( Fehler“) setzen sich zusammen aus systematischen und
”
zufälligen Fehlerquellen“.
”
Systematische Fehler
Systematische Fehler rühren von der Unvollkommenheit der Apparatur oder auch
von der nur annähernden Gültigkeit der benutzten Beziehung her. Wenn Sie erkannt werden kann man sie zwar im Prinzip beseitigen, aber gewöhnlich nicht mit
den gerade zur Verfügung stehenden Mitteln. Systematische Fehler sind in Vorzeichen und Betrag reproduzierbar und auch durch Wiederholung der Messung
mit der gleichen Apparatur nicht aufzudecken, eher schon durch Vergleich der mit
verschiedenen Apparaturen gewonnenen Ergebnisse.
108
B.3 Herkunft der Messunsicherheiten
Fehlerquellen sind beispielsweise mangelhafte Kalibrierung (vor- oder nachgehende Uhren, ungenaue Skalenteilung), Nullpunktsabweichungen sowie zwar der Tendenz nach bekannte, aber mit den gegebenen Mitteln nicht messbare Störeinflüsse (Wärmeleitungsverluste beim Kalorimeter, Fehler bei der Strom-SpannungsMessung von Widerständen).
Systematische Fehler sind schwer erkennbar und nur zum Teil korrigierbar.
Beispiele für korrigierbare systematische Fehler:
Bei der präzisen Bestimmung von Massen muss auch berücksichtigt werden, dass
die unbekannte Masse und die Wägestücke einen Auftrieb in Luft erfahren. Dieser
kann berechnet und das Ergebnis entsprechend korrigiert werden.
Bei der Bestimmung eines ohmschen Widerstandes wie in Versuch 5.1 sind die
Innenwiderstände der Messgeräte bekannt und können bei der Bestimmung des
Messergebnisses berücksichtigt werden.
Beispiele für nicht korrigierbare systematische Fehler:
Während des Versuchs steigt aufgrund der Körperwärme der Experimentatoren
die Raumtemperatur leicht an. Dies führt zu thermischer Ausdehnung bei den
Messgeräten und dadurch zu veränderten Messwerten.
Statistische (zufällige) Fehler
Statistische (zufällige) Fehler können von Umwelteinflüssen (Erschütterungen,
Temperatur- oder Netzspannungsschwankungen) und von subjektiven Beobachtungsungenauigkeiten herrühren. Sie sind in solchen Fällen im Grunde durch das
Messverfahren bedingt.
Unter die Kategorie der zufälligen Fehler“ fallen auch Abweichungen, die durch
”
die statistische Natur mancher physikalischer Messgrößen bedingt sind, z.B. die
Aktivität (zerfallende Kerne pro Zeiteinheit) eines radioaktiven Präparates.
Statistische Fehler sind nicht reproduzierbar, sondern stochastisch, und können
daher positive und negative Abweichungen verursachen. Bei wiederholter Messung
zeigt sich die Streuung um einen Mittelwert, wobei große Abweichungen seltener
sind als kleine Abweichungen.
Wiederholt man eine Messung mit der gleichen Apparatur immer wieder, so kann
man den statistischen Fehler (im Gegensatz zum systematischen) verringern.
Grobe Fehler
Von den oben genannten Messunsicherheiten deutlich zu unterscheiden sind die
sogenannten groben Fehler. Grobe Fehler entstehen aus Missverständnissen oder
Fehlüberlegungen bei der Bedienung der Messapparatur, aus falscher Protokollierung von Messdaten oder auch aus Fehlern in der Auswertung und dürfen nicht
als Messunsicherheiten betrachtet werden.
In diesen Fällen sind die Messungen und / oder Auswertungen falsch und müssen
109
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
wiederholt werden.
Das Vorhandensein grober Fehler erkennt man durch kritisches Überprüfen und
Kontrollieren der Ergebnisse. Vermeiden kann man sie durch sorgfältiges Vorgehen
beim Experimentieren und bei der Auswertung.
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
B.4.1 Vorgehensweise
Die Messunsicherheit eines jeden Messwertes beinhaltet Abweichungen aufgrund
von systematischen und von statistischen Fehlern. Der Einfluss aller möglichen
Fehlerquellen auf die Messwerte muss diskutiert und bei statistischen Fehlerquellen
die Größe der resultierenden Abweichungen abgeschätzt werden.
Fast immer wird aus den eigentlichen Messgrößen die gesuchte Größe mittels einer
physikalischen Gesetzmäßigkeit berechnet. Wenn z.B. ein ohmscher Widerstand
R über die Messung der Spannung U und Stromstärke I bestimmt werden soll,
so haben sowohl U als auch I systematische und statistische Messunsicherheiten,
die sich auf die Berechnung von R = U/I übertragen (Fehlerfortpflanzung).
B.4.2 Maximalwertabschätzung
Die im Praktikum mindestens durchgeführte Fehlerfortpflanzung geht von der
ungünstigsten Annahme aus, dass alle auftretenden Messunsicherheiten das Messergebnis mit ihrem vollen Betrag verfälschen und sich nicht gegenseitig kompensieren können ( Maximalwertabschätzung“). Diese Annahme ist in der Regel falsch
”
und resultiert prinzipiell in zu großen Fehlerabschätzungen.
Die allgemeine Regel, aus denen diese elementaren Regeln abgeleitet werden
können, lautet für eine Größe z, die funktional von x und y abhängt (z(x,y)):
∂z ∂z ∆y
∆z(x,y) = (B.4)
∆x + ∂x y ∂y x ∂z
Hierbei ist ∂x
die Ableitung der Funktion z(x,y) nach der Variablen x alleine,
y
wenn y konstant bleibt (partielle Ableitung).
Angewendet aus einfache Beispiele ergibt sich dann:
1. Ist
z =x+y
oder
z =x−y ,
so folgt
∆z = ∆x + ∆y
110
(B.5)
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
2. Ist
z =x·y
oder
z=
x
,
y
so folgt
∆z ∆x ∆y z = x + y (B.6)
Die Gleichungen B.5 und B.6 gelten auch für Summen (Differenzen) respektive
Produkte (Quotienten) aus mehr als zwei Messgrößen sinngemäß. Die Fehlerfortpflanzung ist dann schrittweise zu verfolgen.
Beispiel:
Das Zylindervolumen aus Gl. B.1 hängt linear von der Höhe h und quadratisch
vom Durchmesser d ab. Bei der Maximalwertabschätzung gehen wir nun davon
aus, dass die Messunsicherheit in d jene in h nicht kompensieren kann. Die relative
Messunsicherheit des Volumens ergibt sich nach Gl. B.6 dann zu:
∆V
V
= 2·
∆d ∆h
+
d
h
oder mit Hilfe von Gl. B.4
∂V
∂d
h
π
= ·d·h
2
⇒ ∆V
⇔
∆V
V
∂V
∂h
d
=
π 2
d
4
π
π
= · d · h · ∆d + · d2 · ∆h
2
4
∆d ∆h +
= 2 ·
d h (B.7)
Da das Volumen V quadratisch vom Durchmesser d abhängt, fließen Unsicherheiten in d auch stärker in die Unsicherheit von V ein.
B.4.3 Abschätzung bei teilweiser Kompensation der
Messunsicherheiten
Die eben beschriebene Maximalwertabschätzung geht vom ungünstigsten Fall aus,
dass alle auftretenden Einzelunsicherheiten die Unsicherheit der Größe z maximal
beeinflussen.
Beim Zusammenwirken mehrerer Einzelunsicherheiten können diese sich jedoch
auch teilweise kompensieren. So kann rein zufällig ein zu groß gemessener Durchmesser d durch eine zu klein gemessene Höhe h im Messergebnis kompensiert
werden.
Dies beschreibt die Gaußsche Fehlerfortpflanzung, welche die meistens im
111
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
Praktikum verwendete Methode ist.
Die zugrundeliegende allgemeine Regel lautet hierbei:
v"
#2 u 2
u ∂z
∂z
t
∆z =
∆x +
∆y
∂x y
∂y x
(B.8)
Für einfache Zusammenhänge ergeben sich ähnlich elementare Regeln wie bereits
bei der Maximalwertabschätzung:
1. Ist
z =x+y
oder
z =x−y ,
so folgt
∆z =
2. Ist
p
(∆x)2 + (∆y)2
z =x·y
oder
z=
x
,
y
so folgt
s
2 2
∆z ∆x
∆y
+
z =
x
y
Beispiel:
Mit den Vorkenntnissen aus dem vorherigen Abschnitt ergibt sich dann die Messunsicherheit ∆V des Zylindervolumens V zu:
∆V
∆V
V
rh
i2 h π
i2
π
2
· d · h · ∆d +
· d · ∆h
=
2
4
s
2 2
∆h
∆d
=
2·
+
d
h
(B.9)
(B.10)
Wenn wir ausgehend von den Werten aus Abschnitt B.1 nun ∆V für die beiden
Gleichungen B.9 und B.7 berechnen, erhalten wir folgendes Ergebnis:
∆VMaximalwert = 0,8 cm3
∆VGauß = 0,7 cm3
(B.11)
Die Maximalwertabschätzung liefert einen prinzipiell höheren Wert für die Messunsicherheit; in diesem Praktikum kann dies aber in den meisten Fällen als sinnvolle Näherung verwendet werden.
112
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
B.4.4 Messunsicherheiten bei Messreihen (statistische Behandlung
der Daten)
Die statistische Auswertung einer Messreihe kann vorgenommen werden, wenn
folgende Bedingungen erfüllt sind:
• Die Messgröße wurde mehrmals unter den gleichen Versuchsbedingungen
bestimmt.
• Systematische Messabweichungen sind korrigierbar oder vernachlässigbar.
• Die Messwerte streuen zufällig um einen Erwartungswert.
Solches trifft z.B. für alle Messgrößen, denen eine statistische Natur zugrunde
liegt, zu (radioaktive Zerfälle etc.).
Wurde eine Messung mehrmals (n-mal) durchgeführt, so streuen die n Einzelergebnisse xi (i = 1,2, . . . ,n) um den Mittelwert
1X
xi .
n i=1
n
x̄ =
(B.12)
Ihre Häufigkeitsverteilung ist bei genügend großer Zahl n von Messungen eine
Gaußsche Glockenkurve mit dem Maximum in x̄. Ein Maß für die Breite der
Verteilungskurve ist die Standardabweichung σ:
v
u
u
σ=t
n
X
1
·
(xi − x̄)2 .
n − 1 i=1
(B.13)
Hierbei ist die Größe xi − x̄ die Abweichung der i-ten Einzelmessung vom Mittelwert.
Das Quadrat der Standardabweichung, d.h. σ 2 , heißt Varianz. Für den statistischen Fehler des Mittelwertes δx (= mittlerer quadratischer Fehler des Mittelwertes) gilt:
v
u
n
X
u
1
σ
·
(xi − x̄)2 .
δx = √ = t
n(n − 1) i=1
n
(B.14)
Die Angabe des statistischen Fehlers bedeutet, dass der wahre Wert mit einer
Wahrscheinlichkeit von 68% im Intervall x̄ ± δx liegt. Über die Streuung der Messergebnisse macht er keine Aussagen. Die Größe δx stellt den absoluten statistischen Fehler nach n Messungen dar. Der relative Fehler ist δx/x̄.
Durch wiederholte Messung ändert sich dabei weder der Mittelwert noch die
Häufigkeitsverteilung der Messergebnisse. Durch den statistischen Fehler des Mittelwertes kann nur eine Aussage getroffen werden, in welchem Bereich um den
experimentellen Mittelwert der tatsächliche ( wahre“) Mittelwert erwartet wird.
”
113
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“)
”
Besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Messgrößen, z.B. y(x) = s·x mit der
unbekannten Größe A, eignet sich zur Bestimmung von A die lineare Regression
mittels einer Ausgleichsgeraden.
Dazu trägt man die gemessene oder berechnete Größe y graphisch gegen x auf.
Die Abmessungen der Abszisse und Ordinate dieses Graphen sollten so gewählt
werden, dass die Wertebereiche von y und x abgedeckt, aber nicht wesentlich
überschritten werden (siehe Abb. B.1).
Zusätzlich zu den Punkten (x,y) werden zu jedem Punkt die Messunsicherheiten
∆x und ∆y als sogenannte Fehlerbalken eingetragen, entsprechend Abweichungen
zu größeren und kleineren Werten, und sind im Falle von ∆x von x − ∆x bis
x + ∆x einzuzeichnen (siehe vergrößerter Ausschnitt in Abb. B.1)
Mathematische Bestimmung der Ausgleichsgeraden
Ziel ist es, den linearen Zusammenhang zwischen y(x) und x durch eine Geradengleichung mit der Geradensteigung s und dem y-Achsenabschnitt B darzustellen:
y(x) = s · x + B
Dabei muss die Lage der Gerade so an alle Messpunkte {yi ± ∆yi , xi ± ∆xi }
(mit Anzahl N ) angepasst werden, dass die Summe der varianzgewichteten Abweichungsquadrate aller N Messpunkte von der Geraden minimal wird. Nach der
Gaußschen Methode ergibt sich daraus folgende Bedingung:
N
X
(yi − s · xi − B)2
i=1
σ 2 (yi )
!
= Minimal
(B.15)
Für jeden einzelnen Messpunkt wird die Abweichung des Ergebnisses yi von der
Geraden berechnet, also: (yi − (s · xi + B)). Diese Differenz wird dann quadriert,
damit sich u.a. die Streuung der Messpunkte ober- und unterhalb der Geraden
gleich auswirken. Danach wird durch das Quadrat des Messfehlers σ 2 (yi ) des Messpunktes geteilt, damit Messpunkte mit großem Messfehler weniger stark gewichtet
werden.
Tragen alle Messpunkte yi den gleichen Messfehler ∆y = σy , folgt aus Gl. B.15
das Gleichungssystem:
x · y − s · x2 − B · x = 0
y−s·x−B = 0
(B.16)
Aus der Wertemenge {yi ± ∆yi , xi } müssen also folgende Größen berechnet werden:
• x und y sind die Mittelwerte der xi bzw. yi
• für x2 wird zunächst jeder Wert xi quadriert und aus diesen quadrierten
Werten x2i der Mittelwert berechnet
114
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“)
”
• für x · y wird für jeden Messpunkt yi , xi das Produkt berechnet und aus
diesen Werten yi · xi der Mittelwert berechnet.
Nach Lösung des Gleichungssystems ergeben sich für die Steigung und den yAchsenabschnitt folgende Beziehungen:
x·y−x·y
x2 − x2
x2 · y − x · x · y
B =
x2 − x2
= y−s·x
s =
(B.17)
(B.18)
Die Fehler der Steigung σs und des y-Achsenabschnittes σB ergeben sich dann
nach der Gaußschen Fehlerfortpflanzung aus:
σs2
=
N·
σy2
x2
−x
σB2 = x2 · σs2
2
(B.19)
(B.20)
Graphische Bestimmung der Ausgleichsgeraden
Da die exakte mathematische Bestimmung der Regression meist zu aufwändig
wäre, um diese während der Versuchsdauer anzufertigen, wird im Praktikum die
Ausgleichsgerade nach Augenmaß in den Graphen eingezeichnet. Die Lage der
Ausgleichsgerade soll so gewählt werden, dass die Abweichung aller im Graphen
eingezeichneten Punkte von der Geraden möglichst gering wird.
Ein Anhaltspunkt für die Lage der Geraden ist dabei der Punkt (x, y) aus den
Mittelwerten der xi und yi , da die Ausgleichsgerade durch diesen Punkt verlaufen
muss.
Die Steigung s der Ausgleichsgeraden wird aus dem Steigungsdreieck für zwei beliebige Geradenpunkte (x1 ,y1 ) und (x2 ,y2 ) aus dem Differenzenquotienten bestimmt (s. Abb. B.1).
Differenzenquotient s =
y2 − y1
x 2 − x1
Die Wahl eines zu kleinen Steigungsdreiecks würde den Einfluss von Ablesefehlern
aus dem Graphen auf das Ergebnis erhöhen; daher muss das Steigungsdreieck
möglichst groß gewählt werden.
Unsicherheit der Geradensteigung
Die Unsicherheit der Geradensteigung kann nun wiederum graphisch abgeschätzt
115
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
h
i
y(x) 10−2 m
12
∆x
(x2 , y2 )
11
10
∆y
9
8
7
6
5
4
Steigung s =
3
2
1
y2 − y 1
x2 − x1
(x1 , y1 )
x [s]
0
-1
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
Abbildung B.1: Zunächst wird der Wertebereich der x- und y-Achse sinnvoll dem Wertebereich
der Messung angepasst. Dann werden die Messpunkte mit Fehlerbalken eingezeichnet.
Die Ausgleichsgerade kann zur Vereinfachung nach Augenmaß in die graphische Darstellung eingezeichnet werden. Die Steigung s wird dann mittels des Differenzenquotienten
eines möglichst großen Steigungsdreiecks“ berechnet.
”
h
i
y(x) 10−2 m
12
(xmax 2 , ymax 2 )
11
(xmin 2 , ymin 2 )
10
9
8
7
6
(xmin 1 , ymin 1 )
5
4
3
2
ymin 2 − ymin 1
xmin 2 − xmin 1
ymax 2 − ymax 1
smax =
xmax 2 − xmax 1
smax − smin
∆s =
2
smin =
1
(xmax 1 , ymax 1 )
x [s]
0
-1
7
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
Abbildung B.2: Die Unsicherheit der Geradensteigung kann graphisch abgeschätzt werden.
Dazu wird eine Box symmetrisch um die Ausgleichsgerade gezeichnet, welche den Wertebereich der Messung nicht nennenswert übersteigt und zudem ca. 2/3 der Messpunkte
beinhaltet. Die Diagonalen dieser Box entsprechen smin ≈ s − ∆s und smax ≈ +∆s.
8
116
9
10
11
12
13
14
1
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“)
”
werden. Dazu zeichnet man zwei Linien parallel und im gleichen Abstand zur
Ausgleichsgeraden (gestrichelt in Abb. B.2). Der Abstand sollte so gewählt werden, dass ca. 2/3 der Messpunkte zwischen diesen beiden Linien liegen. Die beiden Hilfslinien werden nun zu einer rechtwinkligen Box ergänzt, die gerade diese
Messpunkte enthält, d.h. nicht nennenswert über den Wertebereich der Messwerte
hinausgehen.
Von dieser Box werden die beiden Diagonalen eingezeichnet. In guter Näherung
ist die Steigung der steileren Diagonale nun um ∆s größer, jene der flacheren
Diagonale um ∆s kleiner als s.
smax =
ymin 2 − ymin 1
ymax 2 − ymax 1
≈ s + ∆s und smin =
≈ s − ∆s (B.21)
xmax 2 − xmax 1
xmin 2 − xmin 1
erhält man eine Abschätzung für den Minimal- und den Maximalwert der Steigung
und daraus die Unsicherheit der Geradensteigung:
∆s =
smax − smin
2
(B.22)
117
C Lösung der Differentialgleichung y 0 = c · y (zu
Versuch 8 und 9)
Die in der Physik häufig vorkommende Gesetzmäßigkeit
y(x) = y0 · e−c·x
(C.1)
ist die Lösung der Differentialgleichung
−
dy(x)
= c · y(x) ,
dx
(C.2)
die einen Vorgang beschreibt, bei der die Änderung der abhängigen Variablen y
bezüglich der unabhängigen Variable x der Größe y selbst proportional ist. (c ist
dabei der Proportionalitätsfaktor.)
Herleitung
Schreibt man Gl. C.2 um zu:
dy
= −c · dx .
y
lassen sich beide Seiten unbestimmt integrieren (c ist unabhängig von x):
Z
Z
1
dy = −c dx .
y
(C.3)
(C.4)
Führt man nun die Integration aus1 , so erhält man2 :
ln y = −c · x + ln A
ln y − ln A = −c · x
oder
y
ln
= −c · x
A
(C.5)
(C.6)
(C.7)
Da gilt: eln z = z folgt daraus:
y
= e−c·x
bzw.
A
y = A · a−c·x
1
(C.8)
(C.9)
Die Lösung eines unbestimmten Integrals ist immer nur bis auf eine additive Konstante bestimmt; denn die Umkehrung, die Differentiation einer Konstanten, ergibt den Wert 0. Da die
Konstante willkürlich gewählt werden kann, fasst man die auf beiden Seiten zu addierenden
Konstanten zusammen zu ln A.
2
ln a ≡ loge (a) nennt man den natürlichen Logarithmus“. Der Wert der Eulerschen Zahl e
”
d x
beträgt e ≈ 2.718281828 . . . . Für sie gilt: dx
e = ex .
118
C.1 Graphische Darstellung der Funktion
y(x)
[logarithmische Skala]
25000
y(x)
[lineare Skala]
20000
15000
10000
104
103
102
5000
101
0
0
10
20
30
x
[lineare Skala]
40
0
10
20
30
x
[lineare Skala]
40
0
10
20
30
x
[lineare Skala]
40
10
8
log10 y(x)
[lineare Skala]
ln y(x)
[lineare Skala]
4
6
4
3
2
1
2
0
10
20
30
x
[lineare Skala]
40
Abbildung C.1: Verschiedene graphische Darstellungen zur Gesetzmäßigkeit
y(x) = y0 · e−c·x : Oben Links: y(x) gegen x aufgetragen zeigt die exponentielle
Abnahme von y(x); Oben Rechts: auf halblogarithmischem Papier ist die OrdinatenSkala bereits logarithmisch aufgeteilt. Trägt man hier y(x) auf, erhält man ohne gesonderte Berechnung von log10 y(x) bereits die Darstellung einer abfallenden Gerade. Zum
Vergleich sind die gleichen Werte unten als ln y(x) und log10 y(x) gegen x dargestellt.
Die Konstante A wird durch die Anfangsbedingung festgelegt, dass für
x = 0 −→ y = y0
sein soll:
0
x = 0 −→ y = A · e = A = y0
(da e0 = 1)
daraus folgt:
y = y0 · e−c·x .
(C.10)
C.1 Graphische Darstellung der Funktion
Trägt man ln y oder log10 y gegen x auf (siehe Gleichung C.5 der Herleitung), so
erhält man eine Gerade mit der negativen Steigung c, die die Ordinate beim Wert
ln y0 bzw. log10 y0 schneidet (siehe Abb. C.1). Statt die Werte von y einzeln zu
logarithmieren, kann halblogarithmisches Papier verwendet werden, dessen Ordinate bereits logarithmisch aufgeteilt ist.
119
C Lösung der Differentialgleichung y 0 = c · y (zu Versuch 8 und 9)
C.2 Bestimmung der Halbwertsgröße x = xH
Unter der Halbwertsgröße xH sei der Wert von x verstanden, für den der Wert
von y gerade auf die Hälfte des ursprünglichen Wertes y0 abgenommen hat; also
y(xH ) = y0 /2. Eingesetzt in Gleichung C.10 folgt:
y0
2
1
2
1
ln
2
ln
1
−
ln
2
|{z}
=0
= y0 · e−c·xH
= e−c·xH
(C.11)
und
(C.12)
= ln e−c·xH
(C.13)
= −c · xH
(C.14)
ln 2 = c · xH
ln 2
xH =
c
(C.15)
(C.16)
C.3 Graphische Bestimmung der Halbwertsgröße x = xH
Graphisch lässt sich die Halbwertsgröße bestimmen, indem man ln(y) gegen x
aufträgt. Auf der Abszisse ergibt sich die Halbwertsgröße xH als Differenz zwischen
zwei Werten x1 und x2 , für deren zugehörige Funktionswerte y1 und y2 gilt: y2 =
y1 /2.
Die Halbwertsdicke von Aluminium (siehe 8.4) und die Halbwertszeiten von 108 Ag
und 110 Ag (siehe 9.4) sind so zu bestimmen.
120
D Oszilloskop
D.1 Funktionsweise und -prinzip
Das Oszilloskop gilt als das universelle Messinstrument in der Physik und in allen
auf den Grundlagen der Physik aufbauenden experimentellen Wissenschaften. Es
ist eine spezielle Form einer Elektronenstrahlröhre. Deren Grundprinzip besteht
darin, dass man in einem evakuierten Glaskolben zwei metallische Elektroden
anbringt, zwischen denen eine Spannung anliegt (s. Abb. D.1).
Die Kathode ist heizbar ausgebildet (Glühkathode). Fließt ein ausreichend großer
Heizstrom, den man durch eine variable Heizspannung UH regeln kann, so treten
in der Umgebung der Glühkathode Elektronen aus dem Metall aus.
Der Kathode gegenüber steht die Anode, die gegenüber der Kathode eine hohe
positive Spannung, die Anodenspannung UA , besitzt.
Abbildung D.1: Aufbau eines Oszilloskops, schematische Darstellung
Infolge der Anodenspannung bewegen sich die Elektronen mit hoher Geschwindigkeit auf die Anode zu. Beträgt z.B. UA = 1250 V, so errechnet man daraus
121
D Oszilloskop
eine Geschwindigkeit v = 2,1 · 107 m · s−1 (e · U = 0,5 · m · v 2 ), das sind immerhin
ca. 7 % der Lichtgeschwindigkeit (3 · 108 m · s−1 ). Dies ist für den angestrebten
Einsatzzweck des Gerätes von großem Vorteil (siehe weiter unten).
Der divergente Elektronenpulk wird auf dem Wege zur Anode durch ein speziell
ausgebildetes elektrisches Feld ( WEHNELT-Zylinder“) gebündelt und schießt als
”
ein feiner Strahl durch ein Loch in der Mitte der Anode auf das gegenüberliegende
Ende des Glaskolbens. Dieses ist — wie ein Fernsehbildschirm — mit einer Leuchtschicht (Fluoreszenzschicht) behaftet, so dass an der Auftreffstelle der Elektronen
ein heller Fleck erscheint. Diese Auftreffstelle befindet sich genau in der Mitte des
Bildschirms. Elektrisch liegt der Bildschirm etwa auf Anodenpotential.
Auf dem Weg zwischen Anode und Bildschirm passiert der Elektronenstrahl zwei
Paare von Kondensatorplatten, die senkrecht zueinander angebracht sind, das yPlattenpaar und das x-Plattenpaar. Legt man nun an das y-Plattenpaar eine
Spannung Uy an, so baut sich zwischen den Platten in vertikaler Richtung ein
elektrisches Feld auf, dessen Stärke
E=
Uy
d
beträgt (d =Plattenabstand), und das auf die hindurchfliegenden Elektronen eine
Kraft entgegen der Richtung der Feldlinien1 (d.h. in y-Richtung) ausübt:
~ = −e · E
~
F~ = q · E
Ist Uy konstant, landet der Elektronenstrahl vertikal versetzt auf dem Bildschirm.
Gleiches gilt für das x-Plattenpaar. Legt man hier eine konstante Spannung Ux
an, trifft der Elektronenstrahl horizontal verschoben auf dem Leuchtschirm auf.
Nun legt man an das x-Plattenpaar keine zeitlich unveränderliche, sondern eine
Wechselspannung an. Entsprechend dem Betrag und der Frequenz dieser Spannung Ux∼ (t) wandert der Leuchtfleck auf dem Bildschirm in der Horizontalen
hin und her. Für die normale Betriebsweise des Oszilloskops wählt man nun für
Ux∼ (t) eine spezielle, sägezahnförmige Spannung aus, die man auch Kippspan”
nung“ nennt (vgl. Abb. D.2). Beginnt zur Zeit t = 0 diese Spannung bei Ux = 0
und steigt dann bis zu einem Wert U0 monoton an, so bewegt sich der Elektronenstrahl von der Bildschirmmitte mit konstanter Geschwindigkeit auf den rechten Bildrand zu. U0 ist so gewählt, dass diese Spannung gerade die Ablenkung
bis zum Bildrand bewirkt. Ist dieser Punkt erreicht, bricht Ux schlagartig zusammen und baut sich mit umgekehrter Polarität, aber gleichem Betrag (−U0 )
ebenso schlagartig wieder auf. Als Resultat befindet sich der Elektronenstrahl als
heller Fleck jetzt am linken äußeren Bildrand. Nimmt die negative Ablenkspannung nun monoton vom Wert −U0 nach Null ab, so wandert der Elektronenstrahl
mit konstanter Geschwindigkeit wieder zur Bildschirmmitte. Ab dort beginnt der
Vorgang von neuem. (Das schlagartige“ Umschalten in Nullzeit“ von U0 nach
”
”
−U0 wird technisch durch geeignete Tricks, z.B. Abschalten des Elektronenstrahls
( Schwarzschreiben“) während der extrem kurzen Umschaltzeit erreicht.)
”
1
Elektrische Feldlinien veranschaulichen die Coulombkraft auf positiv geladene Probeladungen.
122
D.1 Funktionsweise und -prinzip
Wählt man nun die Frequenz der Sägezahnspannung genügend klein (in der Praxis
geschieht dies mit dem Drehknopf Time/Div.“, d.h. Zeit/Kästcheneinteilung),
”
so beobachtet man einen auf dem Bildschirm von links nach rechts wandernden
Punkt. Je höher die Frequenz der Kippspannung, d.h. je kürzer die Periodendauer
gewählt wird, desto schneller wandert der Leuchtfleck, bis er nur noch als horizontaler Strich erscheint. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit des Elektronenstrahls
kann man sehr hohe Frequenzen (100 MHz) vorgeben, d.h. zu extrem schnellen
Schreibgeschwindigkeiten gelangen.
Legt man in einem nächsten Schritt zusätzlich an das y-Plattenpaar eine andere Wechselspannung Uy , so wird der Elektronenstrahl gleichzeitig vertikal und
horizontal abgelenkt. Aus der Abbildung D.3 kann man ablesen, dass der Elektronenstrahl die Zeitstruktur der Messspannung Uy auf dem Bildschirm nachmalt.
Durch geeignete Wahl der Frequenz der Kippspannung Ux wird erreicht, dass
die Messspannung Uy in einem günstigen horizontalen Abbildungsmaßstab dargestellt wird (Abb. D.4); durch Verstärken oder Abschwächen der Messspannung Uy
(Drehknopf Volts/cm“ oder Ampl./Div.“) wählt man einen günstigen vertikalen
”
”
Abbildungsmaßstab. Die Werte für die gewählten Skalen liest man an den beiden
Einstellknöpfen ab. Aus der Anzahl der Skalenteile (Kästchen) für die Länge einer vollen Schwingung und der Information, welche Zeitspanne einem Skalenteil
entspricht, erhält man die Schwingungsdauer T bzw. die Frequenz ν der Messspannung; die Amplitude der Messspannung ermittelt man auf die gleiche Weise
durch Kästchenabzählen in der Vertikalen.
Abbildung D.2: Zeitlicher Verlauf der Sägezahnspannung Position des Strahlflecks
Abbildung D.3: Abbildung der Messspannung Uy auf dem Bildschirm
123
D Oszilloskop
Will man auf dem Bildschirm ein ruhiges und stehendes Bild der Messspannung
erzeugen, muss man dafür sorgen, dass deren periodische Aufzeichnung immer
wieder an derselben Stelle des Bildschirmes neu beginnt. Dies ist nur dann möglich,
wenn die Periodendauer der Sägezahnspannung ein ganzzahliges Vielfaches der
Periodendauer der Messspannung beträgt. Ist dies nicht der Fall, erhält man ein
unerwünschtes laufendes Bild.
Diese Synchronisation, also der zwangsweise Gleichlauf von Sägezahnspannung
und Messspannung, wird durch den sog. Trigger“ realisiert. Triggern“ (engl. to
”
”
trigger = auslösen) bedeutet, dass ein Auslöseimpuls erzeugt wird, der die Sägezahnspannung Ux zum richtigen Zeitpunkt startet, so dass Ux und Uy synchron
laufen. Nachdem der schreibende Elektronenstrahl dann einmal horizontal über
den Bildschirm gelaufen ist, bleibt der Sägezahngenerator solange inaktiv, bis er
durch einen erneuten Triggerimpuls wieder ausgelöst wird.
Man hat die Möglichkeit, extern oder intern zu triggern. Im ersteren Falle kann
man den Zeitpunkt des Schreibbeginns mit Hilfe eines Signals vorgeben, dass man
von außen (über eine entsprechende Buchse Trigger extern“) bei entsprechen”
der Wahl der Schalterstellung für die Triggerwahl zuführt. Häufig reicht es aus,
den Trigger intern zu schalten. In diesem Falle wird der Triggerimpuls aus der
Messspannung selbst erzeugt.
Häufig haben Oszilloskope die Möglichkeit, zwei Messspannungen gleichzeitig zu
(1)
(2)
verarbeiten. Solche Geräte mit zwei Eingängen für Uy und Uy (Sprechweise:
Zwei Kanäle) heißen Zweikanaloszilloskope; die notwendigen Wahlschalter sind
entsprechend doppelt ausgelegt.
Durch die Möglichkeit sehr hoher Schreibgeschwindigkeiten ist der Anwendungsbereich des Oszilloskops zur Analyse unbekannter Schwingungen (Messspannungen) sehr groß. Ein weiterer Vorteil für das Messinstrument Oszilloskop liegt darin,
dass sein Innenwiderstand besonders hoch ist. Außerdem ist von Vorteil, dass der
Schreibstrahl verzögerungsfrei arbeitet.
Abbildung D.4: Abbildung der Messspannung Uy auf dem Bildschirm
124
D.1 Funktionsweise und -prinzip
125
Abbildung D.5: Frontansicht eines Oszilloskops
D Oszilloskop
D.2 Umgang mit dem Oszilloskop
Das folgende Unterkapitel beschränkt sich auf den elementaren Umgang mit dem
Oszilloskop. Im Folgenden wird als Beispiel eine Wechselspannung von U0 = 3 V
und einer Kreisfrequenz von ω = 3 kHz auf dem Oszilloskop dargestellt.
D.3 Bestimmung der Frequenz und der Amplitude
Die Periodendauer in Abb. D.6 wird auf dem Bildschirm des Oszilloskops zu
xOs. = 4,25 Div. ± 0,25 Div. bestimmt. Mit 1 Div. (von engl. Division) werden
dabei die größeren Haupteinteilungen der Skala bezeichnet. Da die Periodendauer
hier als Zeitdifferenz zwischen zwei Nulldurchgängen abgelesen wird und jeder der
beiden Nulldurchgänge auf 0,5 Skt. = 0,125 Div. genau bestimmt werden kann,
ergibt sich hieraus die obige Angabe von ∆ xOs. = 0,25 Div.. In der Praxis ist es
oft empfehlenswert nicht den Nulldurchgang des Signals als Anhaltspunkt zu verwenden, sondern die Periodendauer als Zeitdifferenz zwischen zwei Maxima oder
zwei Minima des Signals zu bestimmen. An den obigen Ablesefehlern ändert dies
jedoch nichts.
In der Abbildung ist die Achseneinteilung des Oszilloskops so gewählt, dass 1 Div.
auf der x-Achse einer Zeit von 0,5 ms entspricht. Die Periodendauer T wird damit
x-Achse Time / Div.
ms 1 .5 .2 .1
.1
.2
.5
50
20
10
5
2
1
.5
.2
μs
2⋅yosz
s
2
yosz
5
10
20
50
xosz
y-Achse Volts / Div.
50 20 10
mV
5
2
1
1 Div.
V
.1
.2
.5
1
2
1 Div.
Abbildung D.6: Die Achseneinteilung, welche mittels der großen Drehschalter eingestellt wird,
gibt vor welche Zeit (x-Achse) oder Spannung (y-Achse) einer Haupteinteilung der Achsen (1 Div.) entspricht. Die gerade aktive Einstellung muss berücksichtigt werden, soll
z.B. aus dem Ablesewert xOsz. die Periodendauer T des Signals bestimmt werden. Eine
Änderung der Einstellungen des Oszilloskops ändert die Darstellung des Signals, das
Signal selbst aber nicht.
126
D.3 Bestimmung der Frequenz und der Amplitude
bestimmt zu
T = 4,25 Div. · 0,5 ms/Div. = 2,125 ms
und ∆T = 0,25 Div. · 0,5 ms/Div. = 0,125 ms
=⇒ T = 2,125 ms ± 0,125 ms
Die Kreisfrequenz ω ergibt sich damit zu
2π
ω = 2πν =
= 2957 Hz
T 2π
und ∆ω = − 2 · ∆T = 174 Hz
T
=⇒ ω = 2957 Hz ± 174 Hz
Die Amplitude U0 des Signals wird dem Vorgehen nach genauso auf der y-Achse
bestimmt. In der Praxis ist es oft schwierig, das Signal genau symmetrisch zu
x-Achse auszurichten, was die korrekte Bestimmung von yOsz. erschwert, so dass
es oft sinnvoller ist die doppelte Amplitude 2 · U0 durch das Ablesen von 2 · yOsz.
als Differenz zwischen Minimum und Maximum des Signals (siehe Abb. D.6) zu
bestimmen.
In der Abbildung wird dann 2 · yOsz. mit den gleichen Ableseungenauigkeiten wie
zuvor zu 2 · yOsz. = 6 Div. ± 0,25 Div. bestimmt. Da im Beispiel 1 Div. auf der
y-Achse der Spannung 1 V entspricht, erhält man dann U0 zu:
2 · U0 = 6 Div. · 1 V/Div. = 6 V
∆ (2 · U0 ) = 0,25 Div. · 1 V/Div. = 0,25 V
=⇒ U0 = 3 V ± 0,125 V
Wird kein Spannungssignal, sondern ein Stromsignal auf den Eingang des Oszilloskops gegeben, so erfolgt die Darstellung als Spannungssignal über einem
1 Ω-Widerstand. Die Amplitude I0 des Stromsignals erhält man dann durch Bestimmung von U0 wie zuvor und anschließender Berücksichtigung dieses 1 ΩWiderstandes: I0 = 1UΩ0 .
127
D Oszilloskop
D.4 Anpassung der Signaldarstellung
Time / Div.
ms
5
10
20
50
s
.1
.2
.5
.5 .2 .1
2 1
50
20
10
5
2
1
.5
.2
μs
Time / Div.
ms
5
10
20
50
s
.1
.2
.5
.5 .2 .1
2 1
50
20
10
5
2
1
.5
.2
μs
Abbildung D.7: Anpassung der x-Achse: Dargestellt ist zweimal das gleiche Signal mit ω =
3 kHz, wobei einmal (durchgezogene Linie) eine Achseneinteilung von 0,5 ms/Div. und
einmal (gestrichelte Linie) eine Einteilung von 0,2 ms/Div. am Oszilloskop eingestellt
wurde.
Volts / Div.
V
.1
.2
.5
1
2
50 20 10
mV
5
2
1
Volts / Div.
V
.1
.2
.5
1
2
50 20 10
mV
5
2
1
Abbildung D.8: Anpassung der y-Achse: Dargestellt ist zweimal das gleiche Signal mit
U0 = 3 V, wobei einmal (durchgezogene Linie) eine Achseneinteilung von 1 V/Div. und
einmal (gestrichelte Linie) eine Einteilung von 2 V/Div. am Oszilloskop eingestellt wurde
128
D.4 Anpassung der Signaldarstellung
Abbildung D.9: Verschiebung des Signals: Um das Ablesen von Amplitude und Periodendauer im Einzelfall zu vereinfachen, kann das Signal entlang der x-Achse (links)
und entlang der y-Achse (rechts) verschoben werden. Die Achseneinteilungen der x- und
y-Achse bleiben dabei unverändert.
Volts / Div.
V
.1
.2
.5
1
2
50 20 10
mV
5
2
Time / Div.
ms
5
10
20
50
1
s
.1
.2
.5
.5 .2 .1
2 1
50
20
10
5
2
1
.5
.2
μs
Volts / Div.
V
.1
.2
.5
1
2
50 20 10
mV
5
2
1
Abbildung D.10: Darstellung von zwei Eingangssignalen: Wird auf jeden der beiden
Eingänge des Oszilloskops ein Signal gegeben, so kann die y-Achseneinteilungen für
beide Eingänge getrennt eingestellt werden. Hier wird z.B. ein Signal mit U0 = 3 V
und ω = 3 kHz auf Eingang 1 (durchgezogene Linie) und auf Eingang 2 (gestrichelte
Linie) gegeben. Durch die unterschiedliche Wahl der y-Achseneinteilung für Eingang
1 und 2 wird das Signal entsprechend unterschiedlich dargestellt, obwohl sich an den
Eigenschaften des Signals selbst nichts ändert. Eine unterschiedliche Einteilung der xAchse für beide Signale ist bei den verwendeten Geräten nicht möglich.
129
E Überblick der Grundgrößen und Einheiten
der Dosimetrie
Ionendosis:
DI ≡
Ladung der erzeugten Ionenpaare
Masse der durchstrahlten Materie
Q
m
=
,
(E.1)
C
Coulomb
= 1 kg
; früher Röntgen (R): 1 R = 258
Einheit: 1 Kilogramm
µC
kg
,
Ionendosisleistung:
ḊI ≡
Ionendosis
Zeit
=
dDI
dt
A
, Einheit: 1 s ·Ckg ≡ 1 kg
; früher: 1
R
s
,
(E.2)
Energiedosis:
DE ≡
Aus dem Strahlungsfeld absorbierte Energie
Masse der durchstrahlten Materie
=
Eabs
m
,
Joule
J
Einheit: 1 Kilogramm
= 1 kg
= 1 Gy (Gray); früher Rad (rad): 1 rad =
1
100
Gy ,
Energiedosisleistung:
ḊE ≡
Energiedosis
Zeit
=
dDE
dt
, Einheit: 1 Gy
; früher: 1 rad
,
s
s
Äquivalentdosis:
Dq ≡ strahlenabhängiger Bewertungsfaktor · Energiedosis = q · DE ,
J
; früher rem: 1 rem= 10 mSv ,
Einheit: 1 Sv (Sievert) = 1 kg
Äquivalentdosisleistung:
Ḋq ≡
Äquivalentdosis
Zeit
=
dDq
dt
, Einheit: 1
Sv
.
s
Die schädigende Wirkung von ionisierender Strahlung hängt nicht nur von der
deponierten Energie ab, sondern auch von der Art, wie die Energie mikroskopisch verteilt ist. Unterschiedliche Strahlungsarten haben somit eine unterschiedlich starke schädigende Wirkung (z.B. gilt für Röntgenstrahlung q = 1, für Alphastrahlung q = 20).
130
F Griechisches Alphabet
Alpha
Beta
Gamma
Delta
Epsilon
Zeta
Eta
Theta
Iota
Kappa
Lambda
My
groß
A
B
Γ
∆
E
Z
H
Θ
I
K
Λ
M
klein
α
β
γ
δ
, ε
ζ
η
θ, ϑ
ι
κ
λ
µ
Ny
Xi
Omikron
Pi
Rho
Sigma
Tau
Ypsilon
Phi
Chi
Psi
Omega
groß
N
Ξ
O
Π
P
Σ
T
Υ
Φ
X
Ψ
Ω
klein
ν
ξ
o
π
ρ, %
σ, ς
τ
υ
φ, ϕ
χ
ψ
ω
131
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