3. Psychischer Befund

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Psychiatrie
Grundlagen – Befunderhebung
1. Anamnese
– Krankheitsgeschichte, Entwicklung der aktuellen
Beschwerden
– Biographie, Lebenslauf einschließlich körperlicher
Entwicklung und früherer Krankheiten
– Familienanamnese
– Fremdanamnese
2. Befund
– körperlicher und neurologischer
Untersuchungsbefund
– psychischer Befund
– testpsychologischer Befund
– apparative Untersuchungsbefunde
3. Psychischer Befund
– Äußeres Erscheinungsbild
– Verhalten und Ausdruck
– Bewusstseinslage, Orientierung inklusive
Aufmerksamkeit,
– Auffassungsvermögen und Konzentrationsfähigkeit.
– Affektivität (Fühlen und Werten), die Stimmung, die
affektive Reaktivität, der Kontakt und das
Kontakthalten
3. psychischer Befund
– Antrieb „Wille und Psychomotorik“
– Denken
• formale Denkstörungen (die Art und Weise wie
gedacht wird)
• inhaltliche Denkstörungen (die Art und Weise was
gedacht wird)
– Wahrnehmung: z. B. Störungen in Form von
Illusionen, illusionärer Verkennung und
Halluzinationen
3. psychischer Befund
– Ich-Erleben: Störungen der Meinhaftigkeit, des
Denkens, Strebens und Wollens
– Störung des Gedächtnisses und der Merkfähigkeit,
der Konzentrationsfähigkeit und Auffassungsgabe
– Intelligenz
– Persönlichkeit
Äußeres Erscheinungsbild
– Verwahrlosung in Kleidung und Körperpflege
– Bizarrheit in Kleidung und Erscheinung
– Erschwerte Kontaktaufnahme
Verhalten und Ausdruck
– Störungen im Auftreten, Erscheinen, Kontakt, Mimik
und Gestik
1. Bewusstseinsverminderung
Definition: Störung der Wachheit
Benommenheit (verlangsamtes Denken, reduzierte Auffassungsgabe)
Somnolenz (Patient ist schläfrig/benommen, herabgesetzte Konzentration/Auffassungsgabe)
Sopor (tiefer Schlaf wobei der Patient nur auf Schmerzreize hin reagiert)
Koma ( tiefe Bewusstlosigkeit, Patient nicht zu wecken, Reflexe nicht auslösbar) ).
2. Bewusstseinstrübung
Definition: Qualitative Beeinträchtigung der Bewusstseinsklarheit. Die Fähigkeit ist gestört,
verschiedene Aspekte von der eigenen Person und der Umwelt zu verstehen, sie sinnvoll
miteinander zu verbinden, sich entsprechend mitzuteilen und sinnvoll zu handeln.
3. Bewusstseinseinengung
Definition: Fokussierung des Denkens, Fühlens und Wollens auf wenige Themen.
Charakteristisch ist die verminderte Ansprechbarkeit auf Außenreize.
4. Bewusstseinsverschiebung
Definition: Es handelt sich um eine fast völlig im Subjektiven bleibende Form der
Bewusstseinsstörung, bei der die Patienten berichten, ihr Erleben sei erweitert durch
Steigerung der Wachheit, intensivierter Wahrnehmung von Raum und Zeit,
Sinnesempfindungen und eines erweiterten Erfahrungshorizontes.
5. Zeitliche Orientierungsstörung
Definition:
Datum (Tag, Monat und Jahr), Wochentag und/oder Jahreszeit werden nicht
oder nur teilweise gewusst.
6. Örtliche Orientierungsstörung
Definition:
Der gegenwärtige Aufenthaltsort wird nicht oder nur teilweise gewusst.
7. Situative Orientierungsstörung
Definition:
Die gegenwärtige Situation wird in ihrem Bedeutungs- und
Sinnzusammenhang für die eigene Person nur teilweise oder gar nicht
erfasst.
8. Orientierungsstörungen zur eigenen Person
Definition:
Die aktuelle persönliche lebensgeschichtliche Situation wird nicht oder nur
teilweise gewusst.
9. Auffassungsstörungen
Definition:
Störung der Fähigkeit, Wahrnehmungen in ihrer Bedeutung zu begreifen und sinnvoll
miteinander zu verbinden, im weiteren Sinne auch in den Erfahrungsbereich
einzubauen (gedankliche Verarbeitung einer Wahrnehmung).
10. Konzentrationsstörungen
Definition:
Verminderte Fähigkeit, die Aufmerksamkeit ausdauernd einer Tätigkeit oder einem
Thema zuzuwenden.
11. Merkfähigkeitsstörungen
Definition:
Herabsetzung bis Aufhebung der Fähigkeit, sich frische Eindrücke über eine Zeit von
ca. 10 Minuten zu merken.
12. Gedächtnisstörungen
Definition:
Herabsetzung bis Aufhebung der Fähigkeit, Eindrücke oder Erfahrungen längerfristig
(länger als ca. 10 Minuten) zu speichern bzw. Erlerntes aus dem Gedächtnis
abzurufen.
13. Konfabulationen
Definition:
Erinnerungslücken werden mit Einfällen ausgefüllt, die vom Patienten selbst für
Erinnerungen gehalten werden.
14. Paramnesien
Definition:
Unter “Paramnesien” werden folgende Merkmale zusammengefasst:
-- Falsches Wiedererkennen bzw. vermeintliche Vertrautheit (schon einmal gesehen,
gehört, erlebt, “déja-vu”) und vermeintliche Fremdheit (noch nie gesehen, “jamaisvu”);
-- Ekmnesien (Störungen des Zeiterlebens bzw. der zeitlichen Einordnung, wobei die
Vergangenheit als Gegenwart erlebt wird);
-- Hypermnesien (Steigerungen der Erinnerungsfähigkeit)
Denkstörungen
15. Gehemmt
Definition:
Das Denken wird vom Patienten subjektiv als gebremst oder blockiert (wie gegen
einen inneren Widerstand) empfunden.
16. Verlangsamt
Definition:
Das Denken ist verlangsamt und schleppend.
17. Umständlich
Definition:
Als umständlich bezeichnet man ein Denken, das bezogen auf den Gesprächsinhalt
das Nebensächliche nicht vom Wesentlichen trennt. Der inhaltliche Zusammenhang
bleibt dabei aber stets gewährt.
18. Eingeengt
Definition:
Einschränkung des inhaltlichen Denkumfanges, Verhaftetsein an ein Thema oder an
wenige Themen, Fixierung auf wenige Zielvorstellungen.
Denkstörungen
19. Perseverierend
Definition:
Haften bleiben an zuvor gebrauchten Worten oder Angaben, die im
aktuellen Zusammenhang nicht mehr sinnvoll sind.
20. Grübeln (nicht zwanghaft)
Definition:
Unablässiges Beschäftigtsein mit (nicht nur, aber meist) unangenehmen
Themen.
21. Gedankendrängen
Definition:
Der Patient ist dem Druck vieler verschiedener Einfälle oder Gedanken
ausgeliefert.
22. Ideenflüchtig
Definition:
Vermehrung von Einfällen, die aber nicht mehr von einer Zielvorstellung
straff geführt werden. Das Ziel des Denkens kann aufgrund dazwischen
kommender Assoziationen ständig wechseln oder verloren gehen.
Denkstörungen
23. Vorbeireden
Definition:
Der Patient geht nicht auf die Frage ein, bringt etwas inhaltlich anderes vor, obwohl
aus Antwort und/oder Situation ersichtlich ist, dass er die Frage verstanden hat.
24. Gesperrt/Gedankenabreißen
Definition:
Plötzlicher Abbruch eines sonst flüssigen Gedankenganges oder des Sprechens
ohne erkennbaren Grund, was vom Patienten erlebt (Gedankenabreißen) und/oder
vom Interviewer beobachtet wird (gesperrt).
25. Inkohärent/zerfahren
Definition:
Denken und Sprechen des Patienten verlieren für den Untersucher ihren
verständlichenZusammenhang, sind im Extremfall bis in einzelne, scheinbar zufällig
durcheinander gewürfelte Sätze, Satzgruppen oder Gedankenbruchstücke zerrissen.
26. Neologismen
Definition:
Wortneubildungen, die der sprachlichen Konvention nicht entsprechen und oft nicht
unmittelbar verständlich sind.
Befürchtungen / Zwänge
27. Misstrauen
Definition:
Wahrnehmungen werden ängstlich-unsicher auf die eigene Person bezogen. Anderen
Menschen wird eine feindselige Haltung unterstellt.
28. Hypochondrie (nicht wahnhaft)
Definition:
Ängstlich getönte Beziehung zum eigenen Körper, an dem z.B. Missempfindungen
wahrgenommen werden, mit offensichtlich unbegründeter Befürchtung, körperlich krank zu
sein oder zu werden, normale Körpervorgänge bekommen oft eine übermäßige
Bedeutung.
29. Phobien
Definition:
Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten, die meist Vermeidungsreaktionen zur
Folge haben.
30. Zwangsdenken
Definition:
Immer wieder sich gegen inneren Widerstand aufdrängende Gedanken oder
Vorstellungen, die als unsinnig erlebt werden. Sie lassen sich vom Patienten nicht oder nur
schwer unterbinden.
Befürchtungen/Zwänge
31. Zwangsimpulse
Definition:
Immer wieder gegen inneren Widerstand sich aufdrängende Impulse,
bestimmte Handlungen auszuführen, die zwar abgelehnt werden, sich aber
vom Patienten nur schwer unterbinden lassen.
32. Zwangshandlungen
Definition:
Zwangshandlungen müssen (aufgrund von Zwangsimpulsen oder
-gedanken) immer wieder gegen inneren Widerstand ausgeführt werden
und lassen sich vom Patienten nicht oder nur schwer unterbinden, obwohl
sie als unsinnig erlebt werden.
Wahn
Wahn entsteht auf dem Boden einer allgemeinen Veränderung des Erlebens
und imponiert als Fehlbeurteilung der Realität, die mit apriorischer Evidenz
(erfahrungsunabhängiger Gewissheit) auftritt und an der mit subjektiver
Gewissheit festgehalten wird, auch wenn sie im Widerspruch zur Wirklichkeit
und zur Erfahrung der gesunden Mitmenschen sowie zu ihrem kollektiven
Meinen und Glauben steht. Der Kranke hat im allgemeinen nicht das Bedürfnis
nach einer Begründung seiner wahnhaften Meinung, ihre Richtigkeit ist ihm
unmittelbar evident.
(Definiton nach Scharfetter: Wahn ist eine private und privative
lebensbestimmende Überzeugung eines Menschen von sich selbst und seiner
Welt)
Wahn
33. Wahnstimmung
Definition: Ist die erlebte Atmosphäre des Betroffenseins, der
Erwartungsspannung und des bedeutungsvollen Angemutetwerdens in einer
verändert erlebten Welt oder auch durch ein verändert erlebtes Ich. Diese
Stimmung besteht in einem Bedeutungszumessen und Inbeziehungsetzen,
Meinen, Vermuten und Erwarten, das von Gesunden nicht nachvollzogen
werden kann. Dabei gibt es die verschiedenen Grundtönungen der Stimmung;
am häufigsten ist die Stimmung der Unheimlichkeit, das Mißtrauen, des
Verändertenseins (des Kranken selbst oder seiner Umgebung), des Erschüttertund Erschrecktseins, der Bedrohung, der Angst, des Argwohns, der Ratlosigkeit,
manchmal auch der Gehobenheit, Euphorie und Zuversicht. In der
Wahnstimmung ist der Wahninhalt in der Regel nicht definiert, deshalb kann der
Patient keine Gründe für sein Erleben angeben.
34. Wahnwahrnehmung
Definition: Reale Sinneswahrnehmungen erhalten eine abnorme Bedeutung
(meist im Sinne der Eigenbeziehung). Die Wahnwahrnehmung ist also eine
wahnhafte Fehlinterpretation einer an sich richtigen Wahrnehmung.
Wahn
35. Wahneinfall
Definition:
Wahneinfall nennt man das gedankliche (im Gegensatz zur
"Wahnwahrnehmung") Auftreten von wahnhaften Vorstellungen und
Überzeugungen. Diese treten meist plötzlich und unvermittelt auf.
36. Wahngedanken
Definition:
Wahnhaftes Denken.
37. Systematisierter Wahn
Definition:
Beschreibt den Grad der Verknüpfung (logisch oder auch paralogisch)
einzelner Wahnsymptome mit anderen Wahnphänomenen, Sinnestäuschen,
Ich-Störungen oder auch nicht krankhaft veränderten Beobachtungen und
Erlebnissen. Zwischen diesen einzelnen "Aufbauelementen" werden
Verbindungen hergestellt, die oft einen kausalen oder finalen Charakter
besitzen und vom Patienten als Beweise und Bestätigungen angesehen
werden.
Wahn
38. Wahndynamik
Definition:
Die effektive Anteilnahme am Wahn, die Kraft des Antriebes und die Stärke der
Affekte, die im Zusammenhang mit dem Wahn wirksam werden.
39. Beziehungswahn
Definition:
Wahnhafte Eigenbeziehung, selbst belanglose Ereignisse werden ich-bezogen
gedeutet.
40. Beeinträchtigungs- und Verfolgungswahn
Definition:
Der Kranke erlebt sich selbst als Ziel von Feindseligkeiten. Er wähnt sich von
seiner Umwelt bedroht, gekränkt, beleidigt, verspottet, verhöhnt, die Umgebung
trachte nach seinem Hab und Gut, nach seiner Gesundheit oder gar nach
seinem Leben.
41. Eifersuchtswahn
Definition:
Wahnhafte Überzeugung, vom Lebenspartner betrogen und hintergangen zu
werden.
Wahn
42. Schuldwahn
Definition:
Wahnhafte Überzeugung, Schuld auf sich geladen zu haben.
43. Verarmungswahn
Definition:
Wahnhafte Überzeugung, nicht genug Mittel zum Lebensunterhalt zu haben.
44. Hypochondrischer Wahn
Definition:
Wahnhafte Überzeugung, krank zu sein.
45. Größenwahn
Definition:
Wahnhafte Selbstüberschätzung und Selbstüberhöhung.
46. Andere Inhalte
Definition:
Wahnthemen, die nicht in die obigen Kategorien passen.
Sinnestäuschungen
47. Illusionen
Definition:
Verfälschte wirkliche Wahrnehmungen. "Die Sache" (Reizquelle) wird
verkannt (im Gegensatz zur Wahnwahrnehmung).
48. Stimmenhören (Phoneme)
Definition:
Wahrnehmung menschlicher Stimmen, ohne dass tatsächlich jemand
spricht.
49. Andere akustische Halluzinationen (sog. Akoasmen)
Definition:
Akustische Halluzinationen, die nicht Stimmenhören beinhalten.
Sinnestäuschungen
50. Optische Halluzinationen
Definition:
Wahrnehmen von Lichtblitzen, Photismen, Mustern, Visionen,
Gegenständen, Personen oder ganzen Szenen ohne entsprechende
Reizquelle. Auch optisch-szenische Halluzinationen (können kombiniert mit
akustischen Sinnestäuschungen auftreten).
51. Körperhalluzinationen
Definition:
Taktile Halluzinationen (Taktiles Wahrnehmen von nicht vorhandenen
Objekten) und Störungen des Leibempfindens (Coenästhesien).
52. Geruchs- und Geschmackshalluzinationen
Definition:
Geschmacks- und Geruchswahrnehmungen, ohne dass eine entsprechende
Reizquelle ausgemacht werden kann.
Ich-Störungen
53. Derealisation
Definition:
Personen, Gegenstände und Umgebung erscheinen unwirklich, fremdartig
oder auch räumlich verändert. Dadurch wirkt die Umwelt z.B. unvertraut,
sonderbar, oder gespenstisch.
54. Depersonalisation
Definition:
Störung des Einheitserlebens der Person im Augenblick oder der Identität in
der Zeit des Lebenslaufs. Die Person kommt sich selbst fremd, unwirklich,
unmittelbar verändert, als oder wie ein anderer und/oder uneinheitlich vor.
55. Gedankenausbreitung
Definition:
Die Gedanken gehören nicht mehr dem Patienten alleine, andere haben
daran Anteil und wissen, was er denkt (Gedankenlesen).
Ich-Störungen
56. Gedankenentzug
Definition:
Dem Patienten werden die Gedanken weggenommen oder "abgezogen".
57. Gedankeneingebung
Definition:
Gedanken und Vorstellungen werden als von außen her beeinflußt,
gemacht, gelenkt, gesteuert, eingegeben, aufgedrängt empfunden.
58. Andere Fremdbeeinflussungsergebnisse
Definition:
Fühlen, Streben, Wollen oder Handeln werden als von außen gemacht
erlebt.
Störungen der Affektivität
59. Ratlosigkeit
Definition: Der Patient wirkt stimmungsgemäß wie jemand, der sich nicht mehr
zurechtfindet und seine Situation, seine Umgebung oder Zukunft kaum oder nicht
mehr begreift. Er versteht nicht mehr, was mit ihm geschieht und wirkt auf den
Beurteilter "staunig" (verwundert, hilflos).
60. Gefühl der Gefühllosigkeit
Definition: Hierbei handelt es sich um eine vom Patienten angegebene Reduktion
oder einen Verlust affektiven Erlebens, um subjektiv erlebte Gefühlsleere. Der Patient
erlebt sich als gefühlsverarmt, -leer, -verödet, nicht nur für Freude, sondern auch für
Trauer.
61. Affektarm
Definition: Die Anzahl (das Spektrum) gezeigter Gefühle ist vermindert. Wenige (z.B.
nur Wut, Hass, Fixation in depressiver Stimmung) oder nur sehr dürftige Affekte (z.B.
gleichgültig, unbeteiligt, teilnahmslos) sind beobachtbar.
62. Störung der Vitalgefühle
Definition: Herabsetzen des Gefühls von Kraft und Lebendigkeit der körperlichen und
seelischen Frische und Ungestörtheit.
Störungen der Affektivität
63. Deprimiert
Definition:
Negativ getönte Befindlichkeit (niedergedrückt, niedergeschlagen).
64. Hoffnungslos
Definition:
Pessimistische Grundstimmung, fehlende Zukunftsorientierung. Der Glaube an eine
positive Zukunft ist vermindert oder abhanden gekommen ("Schwarz- sehen").
65. Ängstlich
Definition:
Der Patient hat Angst, manchmal ohne angeben zu können, wovor.
66. Euphorisch
Definition:
Zustand des übersteigerten Wohlbefindens, Behagens, der Heiterkeit, der Zuversicht,
des gesteigerten Vitalgefühls.
67. Dysphorisch
Definition:
Missmutige Verstimmtheit. Der Patient ist übellaunig, mürrisch, moros, nörgelnd,
missgestimmt, unzufrieden, ärgerlich.
Störungen der Affektivität
68. Gereizt
Definition:
Der Patient ist in einem Zustand erhöhter Reizbarkeit bis hin zur Gespanntheit.
69. Innerlich unruhig
Definition:
Der Patient spürt innere Aufgeregtheit, Spannung oder Nervosität.
70. Klagsam/Jammrig
Definition:
Schmerz, Kummer, Ängstlichkeit werden ausdrucksstark in Worten, Mimik und Gestik
vorgetragen ("Wehklagen").
71. Insuffienzgefühle
Definition:
Das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit oder den eigenen Wert ist vermindert
oder verloren gegangen.
72. Gesteigertes Selbstwertgefühl
Definition:
Ein positiv erlebtes Gefühl von Steigerung des eigenen Wertes, der Kraft und/oder
der Leistung.
Störungen der Affektivität
73. Schuldgefühle
Definition:
Der Patient fühlt sich für eine Tat, für Gedanken oder Wünsche verantwortlich, die seiner
Ansicht nach vor einer weltlichen oder religiösen Instanz, anderen Personen oder sich
selbst gegenüber verwerflich sind.
74. Verarmungsgefühle
Definition:
Der Patient fürchtet, ihm fehlten die Mittel, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, er sei
verarmt.
75. Ambivalenz
Definition:
Koexistenz widersprüchlicher Gefühle, Vorstellungen, Wünsche, Intentionen und/oder
Impulse des Patienten, die er als gleichzeitig vorhanden und meist auch als quälend erlebt.
76. Parathymie
Definition:
Gefühlsausdruck und berichteter Erlebnisinhalt stimmen nicht überein (paradoxe Affekte,
inadäquate Gefühlsreaktion).
Störungen der Affektivität
77. Affektlabilität
Definition:
Schneller Stimmungswechsel, der auf einen Anstoß von aussen erfolgt
(Vergrößerung der affektiven Ablenkbarkeit) oder auch scheinbar spontan
auftritt.
78. Affektinkontinenz
Definition:
Affekte können bei geringem Anstoß überschießen, vom Patienten nicht
beherrscht werden und manchmal eine übermäßige Stärke annehmen.
79. Affektstarre
Definition:
Verminderung der affektiven Modulationsfähigkeit. Hier ist die
Schwingungsfähigkeit (Amplitude) verringert.
Antriebs- und psychomotorische Störungen
80. Antriebsarmut
Definition:
Mangel an Energie, Initiative und Anteilnahme.
81. Antriebshemmung
Definition:
Energie, Initiative und Anteilnahme werden als gebremst/blockiert erlebt.
82. Antriebssteigerung
Definition:
Zunahme an Energie, Initiative und Anteilnahme.
83. Motorische Unruhe
Definition:
Gesteigerte und ungerichtete motorische Aktivität.
Antriebs- und psychomotorische Störungen
84. Parakinesen
Definition:
Parakinesen sind qualitativ abnorme, meist komplexe Bewegungen, die
häufig die Gestik, die Mimik und auch die Sprache betreffen.
Stereotypien: Äußerungen auf sprachlichem und motorischem Gebiet, die die
Tendenz aufweisen, oft längere Zeit hindurch in immer gleicher Form
wiederholt zu werden. Im Gegensatz zur Perseveration ist hier kein
Zusammenhang zu früher im Gespräch gebrauchten Worten und Gesten
erkennbar. Hierunter fallen auch Verbigerationen (Wortstereotypien),
Katalepsie (Haltungsstereotypien) und die "flexibilitas cerea" (wächserne
Biegsamkeit).
Befehlsautomatismus: Der Patient führt automatisch Handlungen aus, die er
selbst als nicht von ihm intendiert empfindet, sofern er sich überhaupt dazu
äußert (äußern kann).
Negativismus: Negativistische Kranke tun gerade das nicht, was man von
ihnen erwartet oder verlangt (passiver Negativismus), oder sie tun genau
das Gegenteil (aktiver Negativismus). Negativistische Kranke kann man in
gewissen Fällen zur gewünschten Handlung bringen, wenn man ihnen diese
Handlung verbietet oder ihnen das Gegenteil befielt (Befehlsnegativismus).
Antriebs- und psychomotorische Störungen
85. Manieriert/bizarr
Definition:
Alltägliche Bewegungen und Handlungen (auch Gestik, Mimik und Sprache)
erscheinen dem Beobachter verstiegen, verschroben, possenhaft und
verschnörkelt, werden manchmal mit einer ausgesprochen spielerischen
Note ausgeführt.
86. Theatralisch
Definition:
Die Patienten erwecken den Eindruck, als würden sie sich selber darstellen.
87. Mutistisch
Definition:
Wortkargheit bis hin zum Nichtsprechen (Verstummen).
88. Logorrhoisch
Definition:
Verstärkter Redefluss.
Zusammenfassung
Bewusstseinsstörungen:
Bewusstseinsverminderung
Bewusstseinstrübung
Bewusstseinsverschiebung
Orientierungsstörungen:
zeitlich
örtlich
situativ
über die eigene Person
Aufmerksamkeits- und
Gedächtnisstörungen:
Auffassungsstörungen
Konzentrationsstörungen
Merkfähigkeitsstörungen
Gedächtnisstörungen
Konfabulationen
Paramnesien
Formale Denkstörungen:
gehemmt
verlangsamt
umständlich
eingeengt
perseverierend
Grübeln
Gedankenverdrängen
ideenflüchtig
Vorbeireden
gesperrt/Gedankenabreißen
inkohärent/zerfahren
Neologismen
Zusammenfassung
Befürchtungen und Zwänge:
Misstrauen
Hypochondrie (n. wahnhaft)
Phobien
Zwangsdenken
Zwangsimpulse
Zwangshandlungen
Wahn:
Wahnstimmung
Wahnwahrnehmung
Wahneinfall
Wahngedanken
systematischer Wahn
Wahndynamik
Beziehungswahn
Beeinträcht.-Verl. Wahn
Eifersuchtswahn
Schuldwahn
Verarmungswahn
hypochondrischer Wahn
Größenwahn
Sinnestäuschungen:
Illusionen
Stimmenhören
and. akust. Halluzinationen
optische Halluzinationen
Körperhalluzinationen
Geruchs-/Geschmackhalluzinationen
Ich-Störungen:
Derealisation
Depersonalisation
Gedankenausbreitung
Gedankenentzug
Gedankeneingebung
and. Fremdbeeinfluss.-erl.
Zusammenfassung
Störungen der Affektivität:
ratlos
Gefühl der Gefühllosigkeit
affektarm
Störungen der Vitalgefühle
deprimiert
hoffnungslos
ängstlich
euphorisch
dysphorisch
gereizt
innerlich unruhig
klagsam/jammerig
Insuffizienzgefühle
gesteigerte Selbstwertgefühle
Schuldgefühle
Verarmungsgefühle
ambivalent
Parathymie
affektlabil
affektinkontinent
affektstarr
Antriebs- und psychomot.
Störungen:
antriebsarm
antriebsgehemmt
antriebsgesteigert
motorisch unruhig
Parakinesen
maniriert/bizarr
theatralisch
mutistisch
logorrhoisch
Intelligenz
Oligophrenie
Imbilizität
Genialität
Persönlichkeit
– Die Gruppe A: denen die exzentrischen Störungen
angehören, beinhalten die paranoide und schizoide
Persönlichkeitsstörung.
– Die Gruppe B: die sogenannten dramatischen Störungen,
beinhalten die dissoziale, emotional instabile, die
histrionische und die in der ICD 10 nicht gelistete
narzisstische Störung.
– Die Gruppe C: den sogenannten ängstlichen Störungen,
gehören die anankastische, ängstlich-selbstunsichere,
asthenisch-abhängige oder dependente, und die ebenfalls
in der ICD 10 nicht gelistete depressive
Persönlichkeitsstörung an.
Psychiatrische Notfälle
Suizidalität
Definition
Ein psychiatrischer Notfall ist ein Zustand, der
häufig durch eine psychische Krankheit bedingt ist
und der einen unmittelbaren Handlungszwang zur
Abwendung von Lebensgefahr oder von anderen
schwerwiegenden Folgen mit sich bringt. Er
erfordert eine sofortige, an der akuten Symptomatik
orientierte, gezielte Therapie, um eine Gefahr für die
Gesundheit des Patienten und evtl. anderer
Personen abzuwenden.
Krise
Die psychiatrische Krise hingegen ist in geringerem
Ausmaß durch direkte vitale Bedrohung gekennzeichnet.
Im Vordergrund steht vielmehr das Fehlen oder das
Zusammenbrechen individueller u./o. sozialer
Bewältigungsstrategien im Rahmen belastender
Krankheits- bzw. Umbebungsbedingungen.
Aufgabe der psychiatrischen Krisenintervention ist es, in
mehreren Schritten, innerhalb von Tagen oder Wochen,
eine auch ursächliche Veränderung der zu Grunde
liegenden Bedingungen zu erreichen.
Gründe für die Konsultation eines
psychiatrischen Notfall- und Krisendienstes
(Häfner und Rössler 1987)
• 57% Auswirkungen einer bestehenden
psychiatrischen Erkrankung (v.a. Schizophrenie
und Suchterkrankungen)
• 25% zwischenmenschliche Konflikte
• 23% Alkoholmißbrauch
• 22% „seelische Krise“
• 17% Z.n. Suizidversuch
• 13% Suizidalität
Rechtliche Aspekte
• Einwilligungsfähigkeit
• Mutmaßliche Einwilligungsfähigkeit, rechtfertigender
Notstand (§34 StGB)
• Unterbringung (PsychKG)
• (Eil-) Betreuung (BGB)
Die wichtigsten psychiatrischen
Notfälle:
• Erregungszustände
• Suizidalität
• Bewusstseinsstörungen
• Kataton-stuporöse Zustände
Erregungszustände
Hauptcharakteristika sind:
•Steigerung von Antrieb und Psychomotorik
•Affektive Enthemmung und Gereiztheit
•Kontrollverlust evtl. mit raptusartigen Gewalttätigkeiten
(„Gespanntheit“)
Die wichtigsten Ursachen sind:
• Schizophrene Psychosen (z.B. erregte Katatonie)
• Manie
• Agitierte Depression
• Intoxikationen (Alkohol, Drogen)
• Hirnorganische Psychosyndrome (z.B.
epileptischer Dämmerzustand)
• Psychogene Reaktionen im Rahmen von akuten
Belastungsreaktionen oder Persönlichkeitsstörungen
• Internistische Erkrankungen (z.B. Hyperthyreose,
Hypoglykämie, Porphyrie)
Diagnostik:
• Körperlich-neurologische Untersuchung. Zur beachten ist
auch die äußere Erscheinung (Einstichstellen, Kleidung,
Verletzungen)
• Vegetative Elementarfunktionen (Puls, Atmung,
Temperatur, Tremor, Hyperhidrosis, Hautfarbe und-turgor,
Pupillen)
• das dominierende psychopathologische Befundbild
(Bewusstseinslage, Zerfahrenheit, Auffassungsstörungen,
Halluzinationen, Abhängigkeit der Symptomatik von
Umgebungsfaktoren wie z.B. Angehörige)
• Labordiagnostik, EEG, Bildgebung, wenn möglich
Therapie
A. Erstkontakt: Nach Berzewski (1996) müssen
während des Erstkontaktes folg. Aspekte unbedingt
berücksichtigt werden:
• Ausmaß und unmittelbare Bedrohung von Personen
durch den Patienten (Angriff auf Bezugspersonen,
Tragen von Waffen, Äußerungen über beabsichtigte
Aggressionen)
• Maßnahmen, um die Sicherheit von Personal und
Bezugspersonen zu gewährleisten (z.B. Fixierung)
• Klärung der Bewusstseinslage, da bei Erregten mit
Bewusstseinsstörungen mit überraschenden
aggressiven Durchbrüchen zu rechnen ist
Therapie
• Reizabschirmung (den Pat. in eine ruhige und ungestörte
Atmosphäre bringen, ihn von Bezugspersonen, Angehörige
trennen)
• Abklärung der Bereitschaft zu einem Gespräch und zu
einer körperlichen Untersuchung
• Ruhe und Zeit für die Exploration einräumen sowie
eindeutige Vermittlung des geplanten therapeutischen
Vorgehens.
Cave:
• Zu forsches Auftreten kann die Aggressivität
steigern (sicheres und ruhiges Auftreten besser)
• Keine Selbstüberschätzung, stattdessen
rechtzeitig Helfer (Pflegepersonal, Polizei)
heranziehen
• Erregungszustände können kurzfristig abklingen
(„Ruhe vor dem Sturm“) und so ein falsches Bild
von der tatsächlichen Gefährdung geben
Therapie
B. Pharmakotherapie:
Die entscheidende und wirkungsvollste
Behandlung akuter Erregungszustände ist eine
rasche pharmakologische Sedierung.
Grundsätzlich sollte versucht werden, den
Patienten zur freiwilligen Einnahme einer oralen
Dosis zu bewegen, ansonsten kann eine
parenterale Applikation erfolgen z.B. Levopromazin
i.m., Haloperidol i.m. oder i.v., Diazepam i.v. oder
rektal.
Therapie
Levopromazin (Neurocil): 50mg i.m. bzw. 100mg oral. In
den ersten 24 Std. sollte eine Dosis von 200mg nicht
überschritten werden. Insbesondere bei der parenteralen
Gabe muss auf RR-Abfall, Tachykardie und Kollapsneigung
geachtet werden.
Haloperidol (Haldol): 5-15 mg i.m oder i.v. Cave:
Frühdyskinesien
Diazepam (Valium): 5-10mg i.v.; Tageshöchstdosis 4060mg. Langsame Injektion, da atemdepressorische
Begleitwirkungen auftreten können.
Zuclopenthixol (Ciatyl Acuphase): 100-200mg i.m. als
Kurzzeitdepotneuroleptikum v.a. bei Erregungszustände
im Rahmen akuter schizophrener Psychosen.
Suizidalität
Unter Suizid versteht man die absichtliche
Selbsttötung. Beim Suizidversuch kann die
Selbsttötung beabsichtigt sein, oder das
suizidale Verhalten ist „nur“ Ausdruck des
Wunsches nach Ruhe. Sie kann auch durch den
Impuls, sich zu verletzen ohne Tötungsabsicht
verursacht sein (Parasuizid).
Suizidideen = Nachdenken über Tod,
Todeswünsche bis Pläne.
Erweiterter Suizid = Tötung der eigenen und
fremder Personen.
Suizidalität
Suizide treten manchmal raptusartig auf (v.a. bei
Schizophrenien, melancholische Depression), in
der Regel aber findet sich eine suizidale Entwicklung.
Dabei unterscheidet man nach Pöldinger folgende
Phasen:
Phase der Erwägung von Suizid
Phase der Möglichkeit des eigenen Suizids
Phase der Ambivalenz
Phase des Entschlusses
Präsuizidales Syndrom (Ringel)
Gekennzeichnet durch:
• zunehmende Einengung von Verhalten, Affekt,
zwischenmenschliche Beziehungen
• Aggressionsstau und Wendung der Aggression gegen das
eigene Ich
• Selbstmordphantasien und Selbstmordpläne und -impulse
80% der Menschen, die einen Suizidversuch begangen
haben, haben ihn vorher angekündigt, etwa 30-40% der
Suizidopfer hatten einen SV in der Vorgeschichte.
Epidemiologie (Suizide):
• Im Jahr suizidieren sich 10000-14000 Menschen
(Männer:Frauen=3:1).
• Die Suizidraten steigen mit zunehmendem Alter und sind
höher in der Stadt, bei Alleinlebenden, Verwitweten,
Geschiedenen und getrennt Lebenden.
• Besonders im Frühling und Sommer häufen sich Suizide.
• Suizide sind bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
nach Unfällen die häufigste Todesursache.
• Etwa 98% sind beim Suizid psychisch oder körperlich
krank: Depression 40-60%, Alkoholabhängigkeit 20%,
Schizophrenie 10%.
• Bei den Suiziden überwiegen „harte“ Methoden wie
Erhängen, Erschießen.
Epidemiologie (Suizidversuche):
• Suzidversuche sind etwa 5-30fach häufiger als Suizide
(Schätzungen bei hoher Dunkelziffer).
• Sie werden häufiger von Frauen (3:1) und in jüngeren
Jahren begangen.
• Bei den Suizidversuchen überwiegen „weiche“ Methoden
wie Vergiftungen, „Schneiden“ aber auch Kfz-Unfälle
(geschätzt werden ca. 1000 Unfälle (pro Jahr), die in
suizidaler Absicht durchgeführt werden).
Ätiologie:
Suizidalität ist multifaktoriell bedingt. Zur
pathogenetischen Erklärung werden
• soziale
• psychologische
• biologische
Modelle herangezogen.
Soziale Erklärungsmodelle
Durkheim beschreibt 4 Suizidarten, die sich ableiten von der
nicht geglückten Anpassung des Individuums an
verschiedenen Gesellschaftsformen:
• Egoistischer Suizid: Egoismus d.h. übermäßiger
Individualismus beding Isolation.
• Altruistischer Suizid: Resultiert bei schwacher
Individuierung.
• Fatalistischer Suizid: Wird bedingt durch zu enge soziale
Normen (z.B. Märtyrer, Kamikazeflieger).
• Anomischer Suizid: Wird begünstigt durch zu weite bzw.
unbestimmte Normen (das Individuum verliert dabei die
Orientierung, welche Zwecke und Mittel gesellschaftlich
erwünscht sind).
Biologische Erklärungsmodelle
• Vielzahl von unterschiedlichen Befunden.
• Aus Zwillings-u. Adoptivstudien lässt sich ableiten, dass es
eine erbliche (serotonerge) Komponente für Suizidalität gibt,
die wohl mit der Unfähigkeit zur Impulskontrolle zu tun hat.
• Veränderte Anzahl von 5HT2-Rezeptoren in präfrontalen
Kortex
• Konsistent aber wenig spezifisch für Suizidalität sind die
Befunde einer erniedrigten 5-Hydroxyindolessigsäure im
Liquor und einer erniedrigten elektrodermalen Aktivität.
Psychologische Erklärungsmodelle
Psychodynamisch:
Suizidales Verhalten und Depression entsprechen
einer Wendung der Aggression gegen das eigene Ich,
ausgedrückt durch Schuldgefühle, Selbstentwertung
und schließlich in letzter Konsequenz Selbsttötung.
Kognitiv:
Suizidales Verhalten und Depression sind das
Resultat verzerrter Denkschemata, d.h. der
Betroffene sieht sich, die Welt und die Zukunft
negativ (negative Triade) bis hin zur
Hoffnungslosigkeit, so dass ihm schließlich nur noch
der Suizid als Lösung übrig bleibt.
Selbstpsychologisches Modell:
Suizidalität als Ausdruck bzw. Reaktion einer
narzisstischen Krise. Narzisstische Menschen sind sehr
leicht kränkbar aufgrund eines schwach ausgebildeten
Selbstwertgefühls.
Der Suizid nach einer vermeidlichen Kränkung ist
der Versuch das Selbstwertgefühl zu „retten“. Weitere
Charakteristika der Narzissten sind eine Überschätzung der
eigenen Fähigkeiten, eine unrealistische Einschätzung
anderer Personen und die Tendenz bei Kränkung und
drohendem „Liebesentzug“ die Aggression gegen das
eigene Ich zu richten.
Verlauf:
Zwischen 12-35% der Patienten mit einem Suizidversuch
(SV) begehen in den ersten 2 Jahre erneut einen SV. Der
Prozentsatz derjenigen, die sich suizidierten und schon
vorher einen SV unternommen hatten, wird auf 20-50%
geschätzt.
Die Mehrheit der Patienten nach einem SV leiden im
Verlauf gehäuft an Depressionen, weisen Probleme am
Arbeitsplatz und in der Partnerschaft auf oder sind sozial
isoliert und vereinsamt.
Prädiktoren für suizidales Verhalten:
• Vorangegangener SV
• Vorangegangene psychiatrische Behandlung
• Suchterkrankung
• Persönlichkeitsstörung
Therapie:
A. Krisenintervention:
Zentraler Aspekt hierbei ist die Herstellung einer hilfreichen,
tragfähigen Beziehung. Suizidale Patienten neigen dazu,
ihnen angebotene Hilfe nicht wahrzunehmen oder
abzulehnen, und zwar um so häufiger, je größer der zeitliche
Abstand zwischen dem SV und dem therapeutischen
Angebot ist. Die Beziehung zum Pat. umfasst:
• Fürsorge und Schutz
• Klärung von Konflikten
• Medizinische Versorgung
• Diagnosestellung und Therapie einer zugrunde liegenden
psychischen Störung
Therapie:
B. Pharmakotherapie: Wesentliches Ziel hierbei
ist eine symptomatische Sedierung mittels:
• Antidepressiva
• Neuroleptika
• Tranquilizer (v.a. Benzodiazepine)
Zu beachten ist, daß der Patient die Medikamente nicht
für einen erneuten SV sammelt, d.h. hier ist die Gabe für
einen oder wenige Tage unter engmaschiger Kontrolle
des Arztes sinnvoll.
Therapie:
C. Psychotherapeutische Behandlung in Einzel- oder
Gruppentherapie und wenn möglich unter Einbeziehung des
sozialen Umfeldes.
D. Weiterbetreuung !!!
(Suizidpakt, Terminvereinbarung, personelle
Kontinuität)
Häufige Fehler (Bronisch 1998):
• Trennungsängste übersehen (z.B. Stationswechsel,
Urlaub, Entlassung)
• Provokation persönlich nehmen (Agieren von Ablehnung)
• Einseitige Betonung der Aggressionsproblematik
(Übersehen der Beziehungsproblematik)
• Bagatellisierungstendenzen des Pat. mitmachen
• Mangelnde Exploration der jetzigen und evtl. früheren
Umstände, die zu Suizidalität geführt haben
• Zu rasche Suche nach positiven Veränderungsmöglichkeiten
• Überhöhte Ansprüche an die eigenen therapeutischen
Fähigkeiten (Omnipotenzgefühl des Therapeuten).
Die Fehler hängen sehr von der Sichtweise des
Therapeuten ab, wobei die Angst vor weiteren SV des
Patienten eine wesentliche Rolle spielt.
Eine weitere Ursache hierbei spielt auch die Ambivalenz von
Seiten des Patienten, der einerseits an die
Hilfsbereitschaft des Therapeuten appelliert und die
menschliche Bindung zu ihm sucht, andererseits aber die
Hilfestellung und Zuwendung des Therapeuten abwehrt.
Ambivalenz muss stets berücksichtigt werden, wie
auch die Einstellung, dass man einem Pat. nicht von einem
SV oder Suizid abhalten kann.
Bewusstseinsstörungen
Def.: Bewusstseinsstörungen sind ein Leitsymptom akuter
symptomatischer oder organischen Psychosen. Sie
schließen in der Regel das Vorliegen einer funktionellen
Psychose oder einer psychoreaktiven Störung aus. Die
Bewusstseinsstörung ist eine unspezifische Reaktionsweise
des Gehirns auf zahlreiche mögliche verursachende
körperliche Erkrankungen oder Noxen.
Nach Bleuler unterscheidet man:
• Zustände verminderten Bewusstseins (quantitative
Bewusstseinsstörungen)
(Benommenheit, Somnolenz, Sopor, Koma)
• Zustände veränderten Bewusstseins (qualitative
Bewusstseinsstörungen)
(Delir, Dämmer- und Verwirrtheitszustände)
Quantitative Bewusstseinsstörungen
Charaktierisiert duch verminderte Vigilanz (Wachheit),
welche mit einer Verlangsamung und Verminderung aller
psychischen Partialfunktionen einhergeht.
Bei Benommenheit und Somnolenz muss die diagnostische
Abklärung im Vordergrund stehen, Psychopharmaka sind
hier kontraindiziert.
Leitsymptom der Somnolenz ist die Verlangsamung aller
psychomotorischen Funktionen, die verminderte
Auffassungsfähigkeit sowie zeitliche und örtliche
Orientierungsstörungen. Als DD sind v.a. eine beginnende
Schizophrenie sowie eine Narkolepsie zu beachten.
Quantitative Bewusstseinsstörungen
Die Therapie beschränkt sich auf die Sicherstellung der
regelmäßigen Überwachung der Vitalfunktionen, bis der
somnolente Zustand abgeklungen ist.
Bei persistierenden Vigilanzstörungen älterer Patienten
kann ein Behandlungsversuch mit Antidementiva/
Nootropika unternommen werden.
Qualitative Bewusstseinsstörungen
Dämmerzustände sind zeitlich begrenzte, Sekunden bis
Wochen anhaltende Bewusstseinsstörungen, bei denen der
Patient handlungsfähig bleibt:
• Sie treten in erster Linie in Zusammenhang mit Epilepsien
auf (Status non-convulsivus)
• Symptome: Die Pat. bewegen sich „traumwandlerisch“.
Verlangsamte, automatenhafte Bewegungen, versonnenträumerisches Verhalten, abrupte Erregungszustände.
Verminderte Steuerungsfähigkeit (Gewalttaten, sexuelle
Enthemmung). Amnesie.
• Therapie: Antiepileptika, Haloperidol, Diazepam
• DD: Psychogene Dämmerzustände. Somnabulismus
(Schlafwandeln) bei Kindern/Jugendlichen.
Verwirrtheitszustände
• Oft bei alten Menschen.
• Gekennzeichnet durch Denkstörungen, wechselnde
Desorientiertheit, Unruhe und Affektlabilität.
• Häufige Ursachen: Internistische Erkrankungen,
inadäquate Medikation, Flüssigkeitsmangel (!).
• Therapie: der Grunderkrankung, Flüssigkeit, evtl.
Sedierung (Pipamperon, Melperon, Haloperidol)
Delir
Symptome: Desorientiertheit, Verwirrtheit, ängstliche
Erregung, Agitiertheit, optische Halluzinationen, illusionäre
Verkennungen („Erlkönig“), Suggestibilität, vegetative
Symptome, Nesteln, Reduktion von Aufmerksamkeit,
Auffassung, Konzentration und Kritikfähigkeit
Entzugsdelire ca. 48-72 Stunden nach Absetzten der Noxe
Ursachen eines Delirs
•Toxische Ursachen (Intoxikation oder Entzug)
•Medikamente (insbesondere Psychopharmaka)
•Metabolische Ursachen
•Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts
•Endokrine Störungen
•Vitaminmangel
•Infektionen
•Kardiovaskuläre Störungen
•Neurologische Erkrankungen
•Sauerstoffmangel
Behandlung eines Delirs
Clomethiazol (Distraneurin)
• Senkte Mortalität des Delirium tremens
• Sehr gut wirksam gute Steuerbarkeit wegen kurzer
HWZ
• Gut antikonvulsiv wirksam und gute Sedierung
• UAW: bronchiale Hypersekretion, Atemdepression,
Abhängigkeitspotential
• Dosierung: 2-4 Kps alles 2-4 h (24 Kps Höchstdosis)
• Alternativen oder zusätzlich: Diazepam, Haloperidol,
Carbamazepin /(Valproat), Clonidin
Drogennotfall
• Ursachen für Notfall: Mangelernährung, Sepsis,
etc.
Entzugserscheinungen, Intoxikation, Suizidalität,
Psychosen oder Delir
• Notfalluntersuchungen plus Drogenscreening
(Toxikologie)
• Polytoxikomanie
Malignes neuroleptisches Syndrom
• Inzidenz: 1-2% neuroleptikabehandelter Patienten
• vor allem durch klassische Neuroleptika
• Letalität 15-20%
• Therapie: Absetzten aller Neuroleptika, Fiebersenkung
(Eispackungen), Intensivpflege, Dopaminagonisten (z.B.
Bromocriptin), Dantrolen, Benzodiazepine hochdosiert
Frühdyskinesien (Parkinsonoid)
• vor allem durch klassische Neuroleptika
• EPMS auch bei von Allgemeinärzten und Internisten
verordneten Antiemetika wie Metoclopramid möglich
• Therapie: Parenterale Gabe von Biperiden
(Akineton) 1-2 Ampullen i.v. (oder i.m.) (oder oral)
Regressive Dekompensation Hyperventilation
Grad 1 mit
erhöhter Atemfrequenz, flacher Atmung, ohne
Atempausen, erhöhter Erregungszustand, schnellem
Reden
klarer Ansprechbarkeit
Regressive Dekompensation Hyperventilation
Grad 2 mit
Verkrampfung von Kiefer und Händen, Kribbelgefühl in
Händen und Füßen, Schwindelgefühl, vegetativer
Instabilität, Verkennen der äußeren Situation
eingeschränkter Reaktion auf Ansprache
Regressive Dekompensation Hyperventilation
Grad 3 mit
Panik, Erstickungsgefühl
"kopflosem" Agieren, extremer Erregtheit
Gefahr der Selbst- und Fremdverletzung
zunächst keine Reaktion auf Ansprache
Regressive Dekompensation
Dissoziation
Grad 1 mit
verringerter Körperwahrnehmung (z.B."wie im Nebel",
"alles ist weit weg" o.ä.)
Entfremdungs- oder Verzerrungsempfinden im Körper
fluchtartigem Rückzug aus einer Situation
klarer Ansprechbarkeit
Regressive Dekompensation
Dissoziation
Grad 2 mit
erlebtem Verlust der Köperwahrnehmung (z.B. "spüre
mich gar nicht mehr", "weiß nicht wo ich bin")
Wegdrehen der Augen, Einigeln
plötzlichem Tonusverlust, Zusammenklappen
Verkennen der äußeren Situation
eingeschränkter Reaktion auf Ansprache
Regressive Dekompensation
Dissoziation
Grad 3 mit
reflexhaften Bewegungen (Saugbewegungen,
Schaukeln, Zuckungen, ungezielte Bewegungen)
unartikulierten Lauten
"wildem Blick" oder Augen geschlossen
Gefahr von Selbst- und Fremdverletzung
zunächst keiner Reaktion auf Ansprache
Regressive Dekompensation: Intervention
Grad 1 beruhigende Ansprache
- Blickkontakt fordern
- Positionsveränderung zum aufrechten Sitzen oder Stehen
fordern
- bei Hyperventilation: Achtsamkeit vom Atem weglenken z.B. zu
Füßen (Grounding), Achtsamkeit in den Kontakt durch Fragen
(evtl. auch in Körperkontakt gehen, "spüren Sie meine Hand?"
o.ä.)
bei Hyperventilation, wenn das kein Atemberuhigung bringt:
- "Atmen Sie langsamer, Sie können das!"
- evtl. zusammen atmen und selbst langsamer werden
oder Mitzählen lassen beim Ein- und Ausatmen, dabei
längere Zeiten vorgeben
Regressive Dekompensation: Intervention
Grad 2
- klare, führende und direkte Ansprache ("machen Sie die Augen
auf", "schauen Sie mich an" ,"Kopf hoch nehmen" o.ä.)
- Regulierung der eigenen Lautstärke je nach Reaktion des
Patienten
- fragen was gerade los ist ("wo sind Sie gerade?", "was erleben
Sie?")
- ggf. Korrektur der Wahrnehmung ("Sie sind jetzt hier in der
Klinik", "jetzt tut Ihnen niemand etwas an", "ich bin Ihr Therapeut"
o.ä.)
- Korrektur des Verhaltens ("das tut Ihnen jetzt nicht gut", "das ist
Vergangenheit", "gehen Sie innerlich jetzt nicht dahin zurück")
- evtl. die Hand nehmen und vom Patienten selbst drücken lassen
zur Sicherung des Kontaktes
- Körperinterventionen in Richtung Sitzen - Stehen - Gehen und
Interventionen Grad 1
Regressive Dekompensation: Intervention
Grad 3 mit
- Selbst- und Fremdschutz gewährleisten
- Ansprache bestimmt und klar, aber eher ruhig und nicht
fordernd ("keine Angst, ich bin jetzt bei Ihnen", "niemand tut
Ihnen was" o.ä.)
- fragende, behutsame Kontaktaufnahme und immer wieder
beruhigen
- Einschätzung eines evtl. akuten psychotischen Zustands
- erst bei abklingender Panik oder Erregtheitszustand zu
Interventionen Grad 2
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