Gelernt ist Gelernt Kontakt Die Themen Ihre Fragen und Anregungen zur Rubrik »GiG – Gelernt ist Gelernt« senden Sie uns bitte an: 81 GRunDlAGen Der magnetische Fluss 20 / 2011 Dipl.-Ing. (FH) Christiane Decker Lazarettstraße 4 80636 München 83 AuTomATIsIeRunGsTechnIK Grundlagen der Steuerungstechnik (2) 84 BeTRIeBsFühRunG Abrechnung von Stundenlohnarbeiten Telefon: (0 89) 1 26 07-2 42 Telefax: (0 89) 1 26 07-1 11 E-Mail: [email protected] 85 eleKTRoInsTAllATIon Aus der Praxis: Fehlerhafte Elektroinstallationen (61) Der magnetische Fluss In diesem Beitrag wird erklärt, was man unter dem magnetischen Fluss versteht. Darauf aufbauend folgt die so genannte Kontinuitätsgleichung des magnetischen Feldes, mit der sich die magnetische Flussdichte in einem magnetischen Kreis mit variabler Querschnittsfläche bestimmen lässt. Abschließend wird auf den verketteten magnetischen Fluss eingegangen, der bei der Berechnung von Induktivitäten sowie beim Induktionsgesetz eine wichtige Rolle spielt. Bevor wir uns dem magnetischen Fluss Φ zuwenden, betrachten wir zunächst ein physikalisches Analogon (physikalisch ähnlicher Sachverhalt). Bild 1 zeigt ein Wasserrohr mit der Querschnittsfläche A1 an der Eintritts- und A2 an der Austrittsöffnung. Der Querschnitt des Rohres ist also nicht konstant, sondern er vergrößert sich. Klar ist, dass bei vollständig gefülltem Rohr genauso viel Flüssigkeit pro Zeit austritt wie eintritt, da innerhalb des Rohres keine Flüssigkeit hinzukommt bzw. verlorengeht. Nehmen wir an, es tritt 1l/min ein, dann muss auch 1l/min austreten. Allgemein kann man schreiben: Volumen1 Volumen2 = Zeit Zeit Aus dieser Beziehung resultiert das als Kontinuitätsgesetz der Hydraulik bezeichnete Gesetz: A1 ⋅ v 1 = A2 ⋅ v 2 (1) Die Querschnittsfläche A1 multipliziert mit der Geschwindigkeit v1 der Flüssigkeit ergibt das durchfließende Volumen pro Zeiteinheit, das man auch als Durchfluss oder Fluss bezeichnet. Angenommen, die Querschnittsfläche A2 ist doppelt so groß wie die Querschnittsfläche A1, dann folgt mit Gl. (1): v2 = A1 ⋅ v 1 A1 ⋅ v 1 v 1 = = 2 ⋅ A1 2 A2 Aufgrund der doppelt so großen Querschnittsfläche A2 ergibt sich die halbe Fließgeschwindigkeit v2. Diese Gesetzmäßigkeit aus der Hydraulik nennt man Kontinuitätsgleichung. Die Kontinuitätsgleichung besagt, dass in einem Rohr mit variablem Querschnitt die Durchflussmenge pro Zeit für Flüssigkeiten konstant ist. Zu beachten ist, dass dieses Gesetz nur für Flüssigkeiten, d. h. für inkompressible Medien gilt und de 20 /2011 nicht für Gase, die ja nach dem Boyle-Mariotteschen Gesetz komprimierbar sind. In der Pneumatik gilt das Gesetz in der oben beschriebenen Form also nicht. Der magnetische Fluss Es stellt sich nun die berechtigte Frage, was dieses Kontinuitätsgesetz der Hydraulik mit dem Elektromagnetismus zu tun hat. Nun, hier gibt es ebenfalls eine Kontinuitätsgleichung, und zwar für den magnetischen Fluss, der mit dem Formelzeichen Φ abgekürzt wird. Unter dem magnetischen Fluss Φ versteht man das Produkt aus der magnetischen Flussdichte B und der Querschnittsfläche A, wobei jedoch nur der Anteil der Flussdichte zählt, der senkrecht durch die Querschnittsfläche tritt, wovon wir im Folgenden ausgehen wollen. Weiterhin werden bei unseren Betrachtungen nur homogene Felder angenommen, d. h., B ist innerhalb der Fläche überall konstant. Es gilt also: (2) Φ =B⋅ A Bild 2 verdeutlicht die Zusammenhänge. Wir sehen magnetische Feldlinien, die senkrecht durch die Querschnittsfläche A hindurch treten. Die Einheit von Φ ist T · m2. Wir werden spä- A1 v1 Wasser A2 v2 Bild 1: Wasserrohr mit den beiden Querschnittsflächen A1 und A2 81 Gelernt ist Gelernt B2 = B1 ⋅ A1 B1 ⋅ A1 B1 = = A2 2 ⋅ A1 2 Die doppelte Querschnittsfläche bewirkt also die halbe Flussdichte. Wäre A2 = A1, so ergäbe sich B2 = B1. Wie verhalten sich nun die magnetischen Feldstärken in einem derartigen Magnetkreis? Mit B = µ · H folgt für Gl. (3): B µ1 ⋅ H1 ⋅ A1 = µ2 ⋅ H2 ⋅ A2 Querschnittsfläche A Bild 2: Magnetische Feldlinien, die senkrecht durch eine Querschnittsfläche hindurch treten ter bei der Behandlung des Induktionsgesetzes sehen, dass 1 Vs gleich 1 T · m2 ist. Es gilt also weiterhin: 1 T · m2 = 1 Vs (Voltsekunde) Diese beiden Einheiten (T · m2 und Vs) werden auch mit 1 Weber (= 1 Wb) bezeichnet, zu Ehren des deutschen Physikers Wilhelm Eduard Weber. Wir können somit schreiben: 1T ⋅ m2 =1Vs = 1Wb Wir wollen nun ein Zahlenbeispiel betrachten. Die Flussdichte in Bild 2 sei B = 170mT, die Querschnittsfläche habe den Wert A = 16 cm2. Daraus folgt mit Gl. (2) für den magnetischen Fluss Φ: Φ = B ⋅ A = 0, 17 T ⋅ 16cm2 Φ = 0,17 T ⋅ 16 ⋅ 0,01m ⋅ 0,01m Φ = 0,2 272mWb = 272µWb Nehmen wir an, die Querschnittsfläche im Luftspalt, d.h. an den Polschuhen, ist doppelt so hoch wie im Joch (A2 = 2 · A1), dann gilt: Rechnen wir auch hierzu ein Beispiel. Im Joch von Bild 3 gilt: H1 = 200 A/m, A1 = 6 cm2 und µr,E = 2 000. Der Querschnitt des Luftspalts A2 ist 15 cm2. Wie groß ist die magnetische Feldstärke H2? Mit Gl. (4) folgt: H2 = μ ⋅μ ⋅ A μ ⋅A μ1 ⋅ A1 ⋅ H1 = 0 r ,E 1 ⋅ H1 = r ,E 1 ⋅ H1 A2 μ 2 ⋅ A2 μ 0 ⋅ A2 H2 = 2000 ⋅ 6cm2 A kA ⋅ 200 = 16 15cm2 m m Berechnen wir nun B1, B2 und Φ. B1 = 4 ⋅ π ⋅ 10−7 ⋅ 2000 ⋅ 200 T=0,5 T B2 = B1 ⋅ A1 0,5 T ⋅ 6cm2 = = 0,2 T A2 15cm2 Φ = Φ1 = Φ2 = B1 ⋅ A1 = 0,5 T ⋅ 6cm2 Φ = Φ1 = Φ2 = 0,5 T ⋅ 6 ⋅ 0,01m ⋅ 0,01m = 0,3mWb Nun gibt es neben dem magnetischen Fluss Φ noch den so genannten verketteten magnetischen Fluss Ψ. Er gibt an, mit welchem Gesamtfluss eine Wicklung verknüpft, d. h. verkettet ist. Jede Windung »sieht« den magnetischen Fluss Φ. Hat die Wicklung w Windungen, so erhält man: B1, Φ1 Ψ =w ⋅Φ Eisen I Wicklung Polschuh U Luft (4) Der verkettete magnetische Fluss B1 ⋅ A1 = B2 ⋅ A2 A1 H1 μ 2 ⋅ A2 = H2 μ1 ⋅ A1 B1 = μ 0 ⋅ μr,E ⋅ H1 In Bild 3 sehen wir einen magnetischen Kreis aus Eisen, der eine von Gleichstrom durchflossene Wicklung enthält, die das magnetische Feld aufbaut. Der magnetische Kreis hat auch einen Luftspalt, der durch die beiden Polschuhe gebildet wird. Für eine derartige Anordnung gilt die Kontinuitätsgleichung des magnetischen Feldes: Joch· Man kann diese Gleichung auch umschreiben: A2 B2, Φ2 Polschuh (2) Ψ ist der verkettete Fluss, der beim Induktionsgesetz und bei der Berechnung der Induktivität Bedeutung hat. Die Einheit von Ψ ist dieselbe wie von Φ, nämlich Vs oder Tm2 oder Wb. An der Einheit kann man also nicht erkennen, ob es sich um den magnetischen Fluss Φ oder um den verketteten magnetischen Fluss Ψ handelt. Es ist deshalb sprachlich genau zu unterscheiden, welchen der zwei Flüsse man meint. Dipl.-Ing. (FH) Christiane Decker, Redaktion »de« Bild 3: Magnetischer Kreis mit Erregerwicklung und Luftspalt 82 de 20 /2011 Gelernt ist Gelernt Grundlagen der Steuerungstechnik (2) Dieser Teil des Beitrags beschäftigt sich mit Druck- und Temperatursensoren sowie ausführlich mit den für die Steuerungstechnik relevanten verschiedenen Arten von Näherungsschaltern. In der Steuerungstechnik setzt man vorzugsweise Sensoren ein, da ihr Kontakt nicht mehr mechanisch betätigt, sondern elektronisch geschaltet wird. Dazu werden druck- oder kraftempfindliche Sensoren benötigt. Ein Beispiel ist der Membrandruckschalter (Bild 4) oder auch der Temperaturfühler. Letzterer wird z.B. als PTC-Widerstand in die Wicklung eines Motors eingesetzt und über eine Steuerelektronik ausgewertet. Näherungsschalter Bei Näherungsschaltern handelt es sich um berührungslos wirkende Schalter. Sie zeichnen sich gegenüber mechanisch betätigten Grenztastern dadurch aus, dass sie sich ohne äußere mechanische Betätigungskraft auslösen lassen. Man unterscheidet folgende Gruppen von Näherungsschaltern: • magnetisch betätigte Näherungsschalter, • induktive Näherungsschalter, • kapazitive Näherungsschalter und • optische Näherungsschalter. Reedschalter (Bild 5) sind magnetisch betätigte Näherungsschalter. Sie bestehen aus zwei Kontaktzungen, die sich in einem mit Schutzgas gefüllten Glasröhrchen befinden. Tritt ein Magnet in das Wirkungsfeld dieser Kontaktzungen, schließen sich diese Kontaktzungen. Sie werden vorzugsweise zur Abfrage der Endstellung von Pneumatikzylindern verwendet. Als vorteilhaft gelten z. B. die hohe Lebensdauer und die Wartungsfreiheit. Aber auch die kurzen Schaltzeiten (= 0,2 s) sind bei schnellen Vorgängen in automatisierten Systemen von großer Bedeutung. Der induktive Näherungsschalter (Bild 6) besteht aus einem Schwingkreis (1), einer Kippstufe (2) und einem Verstärker (3). Bei Anlegen einer Spannung an die Anschlüsse erzeugt der Schwingkreis ein aus der Stirnfläche des Näherungsschalters austretendes, hochfrequentes magnetisches Wechselfeld. Wird ein guter elektrischer Leiter in dieses Wechselfeld gebracht, wird der Schwingkreis bedämpft. Die nachgeschaltete Kippstufe wertet das Signal aus und steuert über den Verstärker den Schaltausgang an. Induktive Näherungsschalter zeichnen folgende Eigenschaften aus: • Erkennen aller elektrisch gut leitenden Materialien, • Unabhängigkeit von der Bewegung der Gegenstände, • flächenhafte Gegenstände werden besser erkannt als z. B. Späne. Kapazitive Näherungsschalter (Bild 7) messen die Kapazitätsänderung, die durch das Annähern eines Gegenstandes in das elektrische Feld eines Kondensators entsteht. Der kapazitive Näherungsschalter besteht aus einem RC-Schwingkreis (ohmscher Widerstand und Kondensator) und einer elektronischen Schaltung. Zwischen aktiver Elektrode und Masseelektrode wird ein elektrostatisches Feld aufgebaut. Wird nun ein Gegenstand in dieses Feld gebracht, ändert sich die Kapazität des Kondensators. Dabei werden alle Materialien wie Metall, Kunststoff, Glas, Flüssigkeiten und Holz erfasst. de 20 /2011 2 4 >p 1 Bild 4: Membrandruckschalter und allgemeines Schaltbild Bild 5: Reedschalter und allgemeines Schaltbild Metall 1 2 3 Bild 6: Induktiver Näherungsschalter sowie Funktionsdarstellung, Schaltzeichen und Blockschaltbild Bei den optischen Näherungsschaltern unterscheidet man drei Arten: Einweg-Lichtschranke, Reflexionslichtschranke und Reflexionslichttaster. Die Einweg-Lichtschranke (Bild 8) besteht aus Sende- und Empfangsteil. Die Bauteile werden so montiert, dass der Sender direkt gegenüber auf den Empfänger strahlt. Bei einer Holzlatte Bild 7: Kapazitiver Näherungsschalter sowie Funktionsdarstellung und Schaltzeichen Sender Empfänger Bild 8: Einweg-Lichtschranke sowie Funktionsdarstellung und Schaltzeichen 83 Gelernt ist Gelernt Empfänger Reflektor Sender Bild 9: Reflexionslichtschranke sowie Funktionsdarstellung und Schaltzeichen Empfänger Unterbrechung des Lichtstrahls öffnen oder schließen die Kontakte. Bei der Reflexionslichtschranke (Bild 9) sind Sender und Empfänger nebeneinander angeordnet. Zur einwandfreien Funktion muss der ausgesendete Lichtstrahl vollständig auf den Empfänger reflektiert werden. Hier wird ebenfalls die Unterbrechung des Lichtstrahls ausgewertet. Beim Reflexionslichttaster (Bild 10) bildet das Materialstück selbst den Reflektor. Zum Schalten lässt sich hierbei die eigentliche Reflexion am Empfänger auswerten. (Fortsetzung folgt) Material Jochen Wallenwein, Haßfurt Sender Bild 10: Reflexionslichttaster sowie Funktionsdarstellung und Schaltzeichen Abrechnung von Stundenlohnarbeiten Bei Stundenlohnvereinbarungen kommt es hin und wieder zu Streitigkeiten zwischen Handwerksbetrieb und Auftraggeber, etwa weil der Auftraggeber die Anzahl der abgerechneten Stunden anzweifelt. In diesem Beitrag werden einige einschlägige Gerichtsurteile vorgestellt. Stundenlohn kann in Werkverträgen nach BGB oder auch z. B. nach VOB/B vereinbart werden. § 15 VOB/B schreibt hier u. a. vor: »Dem Auftraggeber ist die Ausführung von Stundenlohnarbeiten vor Beginn anzuzeigen. Über die geleisteten Arbeitsstunden und den dabei erforderlichen, besonders zu vergütenden Aufwand für den Verbrauch von Stoffen, für Vorhaltung von Einrichtungen, Geräten, Maschinen und maschinellen Anlagen, für Frachten, Fuhr- und Ladeleistungen sowie etwaige Sonderkosten sind, wenn nichts anderes vereinbart ist, je nach der Verkehrssitte werktäglich oder wöchentlich Listen (Stundenlohnzettel) einzureichen. Der Auftraggeber hat die von ihm bescheinigten Stundenlohnzettel unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von sechs Werktagen nach Zugang, zurückzugeben. Dabei kann er Einwendungen auf den Stundenlohnzetteln oder gesondert schriftlich erheben. Nicht fristgemäß zurückgegebene Stundenlohnzettel gelten als anerkannt. Stundenlohnrechnungen sind alsbald nach Abschluss der Stundenlohnarbeiten, längstens jedoch in Abständen von vier Wochen, einzureichen.« Begründung des Stundenlohnanspruches Ein Handwerksbetrieb hatte verschiedene Arbeiten durchgeführt. Die Stundenzettel gaben nur Aufschluss über die gearbeitete Stundenzahl pro Tag und das verwendete Material. Der Bundesgerichtshof entschied dazu (28.5.2009, Az. VII ZR 74/06), dass der Auftragnehmer nicht im Einzelnen darlegen müsse, mit welchen Tätigkeiten seine Arbeitnehmer zu welchem Zeitpunkt befasst waren. Die geleistete Stundenzahl pro Tag reiche aus. Eine Ausnahme liege nur vor, wenn eine genauere Aufstellung vereinbart sei. 84 Zu viele Arbeitsstunden Ein Handwerksbetrieb hatte auf den Stundenzetteln genau aufgeschlüsselt, für welche Arbeiten wie viele Mitarbeiter wann eingesetzt worden waren. Der Auftraggeber war der Ansicht, dass unnötig viele Stunden angesetzt worden seien. Auch ließ sich nicht feststellen, welcher Stundensatz vereinbart worden war. Hier entschieden die Richter (BGH, Urteil vom 10.12.2002, Az. 21 U 106/02): Nach § 632 BGB gelte der ortsübliche Stundensatz. Bei einem Stundenlohnvertrag könne der Auftragnehmer nicht beliebig viele Stunden abrechnen, sondern müsse einer wirtschaftlichen Betriebsführung entsprechend handeln. Versäume er dies, habe sein Vertragspartner einen Gegenanspruch wegen Vertragverletzung. Die Beweislast liege beim Auftraggeber. Unterzeichnung der Stundenlohnzettel Es kam zum Streit, weil der Auftraggeber zwar zunächst die Stundenzettel abzeichnete, dann aber nicht zahlen wollte, da er die Stundenzahl als überhöht ansah. Das Oberlandesgericht Köln entschied (16.09.2008, Az. 24 U 167/07): Unterzeichnet der Auftraggeber die Stundenlohnzettel, gelten diese als genehmigt und er ist an seine Unterschrift gebunden. Er muss die aufgeführten Arbeitsstunden bezahlen – außer wenn er beweisen kann, dass die Angaben auf den Zetteln falsch waren und er dies bei Unterzeichnung nicht wusste. Dipl.-Ing. (FH) Christiane Decker, Redaktion »de«, nach Unterlagen der D.A.S. Rechtsschutzversicherung de 20 /2011 Gelernt ist Gelernt Aus der Praxis: Fehlerhafte Elektroinstallationen (61) In diesem Teil des Beitrags werden mehrere Aufnahmen gezeigt, mit denen sich unser Leser Ludger Kessen von der Elektro Nordmann GmbH in Cloppenburg an unserem Fotowettbewerb »Aufgepasst und mitgemacht« beteiligt hat. Zimmerrufsystem im Seniorenwohnheim Erfreulich finde ich, dass der Leser auch einmal ein Bild beifügt, wie so etwas ordnungsgemäß realisiert werden kann (Bild 268). Weiter so. Bild 268: Zimmerrufsystem im Seniorenwohnheim: vorher (li.) und nachher (re.) Bild 269: Neuer Verteiler in einer Grundschule; hier bemängelt der Leser VerdrahQuelle: Kessen tung und Klemmen Bild 270: Bei dem neuen Verteiler in einer Grundschule geht es dem Leser um die Anordnung und die Verdrahtung des Blitz- und Überspannungsschutzes Quelle: Kessen Bei Bild 269 und 270 kann man geteilter Meinung sein. Die Ausführung der Verdrahtung ist zwar nicht besonders schön, aber Schönheit wird heute nicht mehr bezahlt. Ob das Quetschen von zwei Leitern mit unterschiedlichen Querschnitten – normativ gibt es hierzu keine Vorgaben – im Einklang mit den Herstellervorgaben ist, lässt sich bezweifeln. Der Streit um die »losen« Klemmen im Schaltschrank wird auch weiterhin nicht ausgestanden sein. Im Abschnitt 8.6.3 von DIN EN 61439-1 (VDE 0660-6001):2010-06, die zusammen mit DIN EN 61439-2 (VDE 0660-600-2):2010-06 – mit einer Übergangsfrist bis 201411 – die bisherige DIN EN 60439-1 (VDE 0660-500) ersetzt, gibt es nach wie vor nur die Aussage, dass Leiter zwischen zwei Klemmstellen keine Verbindungsstelle z. B. Flickstelle oder Lötstelle haben dürfen. Auch die Einfügung der Worte in der Norm »keine Verbindungsstelle« macht die Sachlage nicht klarer, sodass man wohl oder übel diese Ausführung akzeptieren muss. Zur Ausführung der Verdrahtung des Überspannungsschutzes lässt sich leider nicht viel anmerken, da die Leitungsführung nur bedingt zu erkennen ist. Fakt dürfte allerdings sein, dass die Länge der Verbindungen nicht mit DIN VDE 0100-534 (VDE 0100-534) übereinstimmt. Dort ist im Abschnitt 534.2.9 festgelegt, dass die Gesamtlänge der Leiter (aktiver Leiter und Erdungsverbindung) nicht größer als 1 m sein darf. Sollte der Anschluss V-förmig sein (was sich durch die Doppelleiter am Überspannungsschutz ableiten lässt), dann dürfte der Erdungsleiter allein nicht länger als 1 m bis zur Schutzleiterschiene sein, was sich an Hand des Bildes nicht ermitteln lässt. Außerdem ist von den in DIN VDE 0100-534 (VDE 0100-534) geforderten Überstrom-Schutzeinrichtungen nichts zu erkennen. Quelle: Kessen Neuer Verteiler in einer Grundschule Fast unglaublich Bei Bild 271 li. fehlen einem wirklich die Worte. Was den Menschen doch so alles einfällt. Der auf Bild 271 re. gezeigte »Steckdosenverteiler« – oder wie auch immer so etwas benannt wird – gibt für mich Rätsel auf. Nicht nur die Befestigungstechnik, mit Kette und Schloss, ist eine Katastrophe, sondern die Ausführung als solches. So de 20 /2011 wie ich das Bild deute, wird der »Verteiler« über den rechten CEE-Stecker am Verteiler (muss ein Stecker sein, da die an der Wand befestigte Dose nur eine Steckdose sein kann) eingespeist. Solch ein Gebilde habe ich noch nie gesehen, es würde auch keiner Norm entsprechen. Es kann aber auch nicht die umgekehrte Variante sein, d. h. im Steckdosenverteiler ist 85 Gelernt ist Gelernt Hauptverteiler in einer Kindertagesstätte Bild 272: Hauptverteiler in einem Hotel mit Gästehaus eine Steckdose, weil dann die Wanddose ein Stecker sein müsste. Hauptverteiler in einem Hotel mit Gästehaus Quelle: Kessen Quelle: Kessen Von der katastrophalen Ausführung als solches abgesehen, gilt, dass nach hinten offene elektrische Betriebsmittel – wie die in Bild 272 zu erkennenden Steckdosen, die Zählertafel und der Aufputzverteiler – nicht direkt auf brennbaren Materialien befestigt werden dürfen. Siehe hierzu Abschnitt 515.1 von DIN VDE 0100-510 (VDE 0100-510):2007-06, wo in etwa Folgendes festgelegt ist: Betriebsmittel ohne Gehäuserückwand dürfen nicht direkt auf der Gebäudeoberfläche angebracht werden, es sei denn, eine Spannungsverschleppung auf die Gebäudeoberflächen wird verhindert oder eine feuersichere Trennung zwischen Betriebsmittel und einer brennbaren Gebäudeoberfläche wird vorgesehen. Bild 271: Da fehlen einem die Worte Zu dieser Ausführung in Bild 273 re. oben lässt sich nur feststellen, dass der Verteiler sehr üppig gefüllt ist und sicher einem Erwärmungsnachweis – so überhaupt einer gemacht wurde – nicht standhält. Der Leser bemängelt in Bild 273 re. unten den Berührungsschutz bei den Reihenklemmen. Allerdings bin ich hier anderer Meinung. Eine Abdeckung der blanken Klemmen ist in DIN EN 50274 (VDE 0660-514) nicht gefordert, schon gar nicht für die Reihenklemmen, da für den Verteiler eine Abdeckung (Zwischenabdeckung) vorzusehen ist, die sich nur mit Werkzeug entfernen lässt. Die Sicherungen können damit auch von der Elektrofachkraft ohne Gefahr betätigt werden. Nach Abnehmen der Verteilerabdeckung handelt es sich um Arbeiten an oder in der Nähe gefährlicher aktiver Teile, wofür DIN VDE 0105-100 (VDE 01005-100) und BGV A3 ganz spezielle Anforderungen stellt – soweit ein Arbeiten unter Spannung überhaupt zulässig ist. Zu Bild 273 li. formuliert der Einsender: »Verdrahtung Blitz- und Überspannungsschutz quer durch die Verteilung. Anordnung des Überspannungsschutzes so weit wie möglich vom Einspeisepunkt entfernt.« Hier gelten im Wesentlichen die Aussagen zu Bild 269, wobei in den Normen nicht festgelegt ist, dass die Überspannungs-Schutzeinrichtungen nah oder weit entfernt zum Einspeisepunkt angeordnet sein müssen. Wichtig sind die Berücksichtigung der maximal zulässigen Leitungslängen und die Zuordnung von Überstrom-Schutzeinrichtungen. (Fortsetzung folgt) Quelle: Kessen Werner Hörmann, Autor der Rubrik »Praxisprobleme« Bild 273: Hauptverteiler in einer Kindertagesstätte 86 de 20 /2011