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forschen
Beschleunigen mit Licht
– die Zukunft von Hochleistungslasern
Seit es Teilchenbeschleuniger gibt, wurden mit ihnen viele Erkenntnisse
über die Struktur der Materie und den Anfang des Kosmos gewonnen.
Fragen wie z.B. nach dem Aufbau von Riesenplaneten verlangen dabei
heute nach immer höheren Strahlintensitäten. Die Dimensionen solcher
Anlagen wie z.B. der LHC lassen Grenzen der heutigen Beschleunigerentwicklung erkennbar werden. Daher stellt sich die Frage: Wie könnten
zukünftige Beschleuniger aussehen und auf welchem physikalischen
Prinzip basieren sie? Höchstleistungslaser können hier neue Perspektiven
aufzeigen. Wissenschaftler der TU Darmstadt forschen erfolgreich auf
diesem neuen Gebiet weltweit und seit kurzem auch an der GSI.
Acceleration by light
– the future of high intensity lasers
The invention of particle accelerators resulted in a wealth of answers to
questions about the structure of matter and the origin of the universe.
Today, problems like the composition of giant planets call for higher and
higher beam intensities. The sizes of nowadays facilities like the LHC
already indicate the limits of current accelerator technology. Therefore the
question arises, what could be next generation of particle accelerators
and on what physical basis? High power lasers could lead to new
perspectives in that field. Scientists from TU Darmstadt address this
question in experiments all over the world and also recently at GSI.
Markus Roth • Lasersysteme sind wie kein anderes
Werkzeug der Wissenschaft in der Lage, Energie in
Raum und Zeit zu bündeln. Dabei erreichen die
leistungsstärksten Systeme ihrer Art, wie zum Beispiel das PHELIX Lasersystem (Petawatt High
Energy Laser for Ion Experiments) an der GSI, Spitzenleistungen von bis zu einer Billiarde Watt. Der
Laserpuls ist dabei so kurz, dass von einem Lichtstrahl im eigentlichen Sinne nicht mehr gesprochen
werden kann. So ist bei einem Strahldurchmesser
von ca. 30 cm der „Strahl“ nur noch so lang wie die
Dicke dieser Seite. Wird ein Laserstrahl dieser Leistung auf wenige Mikrometer fokussiert, erreicht die
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Intensität Werte von über 10 W/cm . Das entspricht einer Lichtintensität, wie wenn man das gesamte auf die Erde treffende Sonnenlicht auf weniger als einen halben Millimeter fokussieren würde.
Wissenschaftler machen sich diese Eigenschaft zunutze, um zum Beispiel Prozesse im Inneren von
Sternen zu simulieren oder Röntgenblitze von ungeahnter Leuchtkraft zu erzeugen (Abb. 1).
Vor genau 10 Jahren waren Wissenschaftler der TU
Darmstadt an Experimenten in den USA beteiligt
die eine weitere überraschende Eigenschaft dieser
Laserstrahlen preisgaben: die Beschleunigung von
Ionen mit bislang nicht erreichbaren Feldstärken.
Seit dieser Zeit forscht eine Gruppe Physiker der TU
Darmstadt auf diesem Gebiet. Hierzu steht seit neuestem mit dem PHELIX ein Lasersystem der internationalen Spitzenklasse zur Verfügung, an dessen
Bau die TU Darmstadt maßgeblich beteiligt war.
Wie beschleunigt Licht nun so schwere Teilchen wie
Ionen? Einfach ausgedrückt wird durch die Energie
des Lasers das bestrahlte Objekt – Physiker nennen
es Target – unglaublich schnell aufgeheizt (Abb. 2).
Üblicherweise werden hauchdünne Metallfolien
aus z.B. Gold oder Aluminium als Target verwendet. Bei der Laserbestrahlung werden Elektronen aus den Atomen herausgerissen und durch
relativistische Effekte sowie den enormen Lichtdruck durch die Folie hindurch beschleunigt. Auf
der Rückseite der Folie können die Elektronen aber
nicht einfach weiterfliegen, weil das elektrische
Feld zwischen ihnen und den zurückgebliebenen
Atomrümpfen sie festhält. Dieses elektrische Feld
ist so stark wie das an der Oberfläche von Neutronensternen und ca. eine Million Mal stärker als
das von herkömmlichen Beschleunigern. Genau
dieses Feld beschleunigt jetzt die Atomrümpfe
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Wissenschaftsmagazin der TU Darmstadt | Frühjahr 2009
(oder auch Ionen genannt) innerhalb kürzester Zeit
auf ca. 10% der Lichtgeschwindigkeit.
Die Strahlen die auf diese Weise erzeugt werden
unterscheiden sich von herkömmlichen Strahlen in
einigen wichtigen Punkten. Die Ionen fliegen gleich
von Anfang an mit sehr hoher, wenn auch nicht alle
mit der gleichen Geschwindigkeit. Außerdem hat
der Strahl eine sehr kurze Pulsdauer von weniger
als einer Milliardstel Sekunde, eine sehr hohe
Teilchenanzahl und eine exzellente Strahlqualität.
Letztere ist mindestens hundertfach besser als die
von bislang verwendeten Strahlen, was von großem Interesse ist für eine Vielzahl von Anwendungen, z.B. als neue Diagnostik, Injektor für
größere Beschleuniger, Experimente in der Plasmaphysik und Fusionsforschung und evtl. sogar für die
Therapie von Krebstumoren mit Ionenstrahlen.
Die Darmstädter Forscher haben sich in den letzten
Jahren insbesondere auf die dem Beschleunigungsprozess zugrunde liegende Physik konzentriert, um
so ein besseres Verständnis der Prozesse zu erhalten. Es gelang den Forschern in Zusammenarbeit
mit ihren Kollegen dabei unter anderem auch,
schwere Ionen zu beschleunigen, den Strahl gezielt
zu manipulieren, die Effizienz der Beschleunigung
zu optimieren und den Strahl erfolgreich zur Untersuchung anderer Objekte einzusetzen. Dabei kom-
Abbildung 1 (oben)
Studenten der TU
Darmstadt am
VULCAN Laser
am Rutherford
Appleton Laboratory,
UK, beim Aufbau
eines Experimentes
zur Messung von
Materiezuständen,
die das Innere von
Riesenplaneten
simulieren.
Abbildung 2 (links)
Experiment am
TRIDENT Laser des
Los Alamos National
Laboratory. Der
Laserstrahl trifft die
dünne Metallfolie in
der Mitte des Bildes
von links. Durch das
Loch in dem Detektor
rechts der Folie ist der
Ionenstrahl gut zu
erkennen. Links oben
beobachtet eine
Röntgenkamera das
Experiment.
men komplizierte Targets zum Einsatz, die am Institut für Kernphysik hergestellt werden.
Voraussetzung für die präzise Untersuchung war
die Darmstädter Entwicklung einer neuen Diagnostik, die es erlaubt, alle wichtigen Informationen
über den Strahl innerhalb eines einzelnen Pulses
vollständig zu vermessen. Diese Technik wird inzwischen von vielen Forschungslabors übernommen und erfolgreich eingesetzt.
Anwendungen
Durch die kurze Pulsdauer, die hohen Ströme und
die gute Strahlqualität erscheint eine Fülle von interessanten Anwendungen realisierbar. Bereits demonstriert wurden Anwendungen als neue Diagnostikmethode für Kurzzeitprozesse. Wie mit
Röntgenstrahlen lassen sich auch mit energetischen Teilchenstrahlen Objekte durchleuchten
(Abb. 3). Dabei kann nicht nur die Dichte der Probe
untersucht werden, sondern auch die Verteilung
elektrischer Felder. Da die Strahlen elektrische
Ladung tragen, können sie entsprechende Felder
•Institut für Kernphysik der TU Darmstadt
Prof. Dr. Markus Roth. Tel. 06151/16-5417
E-Mail: [email protected]
www.ikp.physik.tu-darmstadt.de/users/mroth/ag/
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Abbildung 3
Anwendung
lasererzeugter
Protonenstrahlen in
der Diagnostik.
Der Laserstrahl trifft
von links oben auf die
Folie (nicht sichtbar
in dem Halter) das
Objekt rechts ist eine
kleine Plastikkugel
aus der Trägheitsfusionsforschung.
nachweisen. Die Entwicklung dieser Diagnostikmethoden steht erst am Anfang, aber bereits die
ersten Experimente zeigen die beeindruckenden
Möglichkeiten der Diagnostik.
Viele Anwendungen von Teilchenstrahlen verlangen nach monoenergetischen Strahlen hoher
Qualität. Der intensive, gerichtete Strahl von laserbeschleunigten Ionen mit hoher Strahlqualität
könnte den Weg zu Ionenquellen der nächsten GeAbbildung 4
Experimente am
PHELIX Laser. Der von
dem Laserstrahl (rot)
beschleunigte
Ionenstrahl (blau)
wird von zwei
Solenoidmagneten
(Spulen) erst
gefangen und dann
auf eine Probe
fokussiert. Die Spulen
werden dabei mit
bis zu 33000 Ampere
betrieben.
neration für Beschleuniger ebnen. Erste Simulationen und Experimente zeigen, dass hohe Teilchenzahlen in Beschleunigerstrukturen eingefangen
und dort weiter beschleunigt werden können.
Allerdings müssen die lasererzeugten Ionenquellen
in den nächsten Jahren noch die Zuverlässigkeit demonstrieren, die konventionelle Anlagen auszeichnet.
Durch die hohe Pulsleistung der Teilchenstrahlen
zusammen mit ihrer Fähigkeit, tief in die Materie
einzudringen kann es gelingen, feste Körper aufzuheizen, um Plasmen hoher Dichte zu erzeugen.
Dieses Konzept wird zu Zeit sowohl im Hinblick auf
Untersuchungen im Bereich der Astrophysik (Inneres von Riesenplaneten) oder Geophysik (Inneres der Erde) als auch im Bereich der Energieforschung (Kernfusion durch Trägheitsfusion) intensiv
untersucht. Des Weiteren werden Ionenstrahlen
aus solchen Systemen durch den kompakten Aufbau auch für medizinische Anwendungen in Kliniken (Protonen- oder Schwerionenstrahlen für die
Tumortherapie) interessant.
Ende 2008 hat auch die Hochleistungsvariante des
PHELIX seine Arbeit erfolgreich aufgenommen. Be-
Wissenschaftsmagazin der TU Darmstadt | Frühjahr 2009
reits mit den ersten Laserpulsen katapultierte sich
das GSI Lasersystem mit einer Leistung von rund
200 Billionen Watt an die Spitze der deutschen
Hochleistungslasersysteme in der Grundlagenforschung. Die ersten Experimente mit diesem faszinierenden Werkzeug standen dabei „im Lichte“
der Ionenbeschleunigung.
Wissenschaftler der TU Darmstadt, der GSI und des
JAEA in Japan bündelten dabei die gewaltige Laserleistung des PHELIX auf einen Punkt, nur halb so
groß wie der Durchmesser eines menschlichen
Haars.
Bei den unglaublichen Intensitäten mit denen moderne Kurzpulslaser arbeiten ist es schwer die
Temperatur der bestrahlten Materie zu bestimmen.
Welche Thermometer halten schon eine Temperatur von 40 Milliarden Grad Celsius aus und lassen sich noch ablesen? Auch hier nutzen die Forscher der TU Darmstadt und der GSI die einmalige
Expertise des Standortes Darmstadt. Durch die
enge Verzahnung mit der Kernphysik konnten nukleare Prozesse (Riesenresonanzen) zum Aufbau
eines nuklearen Thermometers erfolgreich getestet
werden, um so die Temperatur im Brennfleck
des Lasers zu bestimmen. Diese extreme Temperatur führte dazu, dass in den Experimenten Protonen auf einer Strecke von nur einem zehntel
Millimeter auf bis zu 30 Megaelektronenvolt Energie (das entspricht einem Viertel der Lichtgeschwindigkeit) beschleunigt werden konnten.
Das Ziel der aktuellen Experimente zur Teilchenbeschleunigung war der Einfang und Transport dieser Strahlen, um sie in Zukunft als neue Ionenquellen oder Vorbeschleuniger nutzbar zu machen. Die
Teilchenstrahlen wurden mit einem sehr starken
magnetischen Feld (300 000-fach stärker als das
Erdmagnetfeld) einer gepulsten Hochfeldspule eingefangen und zu einem parallelen Strahl gebündelt
(Abb. 4). Es gelang bei den weltweit ersten Experimenten dieser Art, einen Großteil des so erzeugten Protonenstrahls zu transportieren. Weitere
Versuche werden in diesem Jahr folgen.
Markus Roth ist seit 2003 Professor an der
TU Darmstadt. Sein Forschungsgebiet umfasst
die Erzeugung hoher Energiedichte in Materie
mit intensiven Laser- und Ionenstrahlen,
sowie die relativistische Plasmaphysik.
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