RELAIS & SCHALTGERÄTE Elektronische Lastrelais SMART ADAPTIVE RELAY TRIGGER (SART) UND ELEKTROMECHANIK Eine Kooperation, die das Leben verlängert Zwischen dem natürlichen Nullpunktschalter, dem Lichtbogen, und dem prellarmen gepolten DE-Relais versuchen die Ingenieure bei Panasonic Electric Works, dem Optimum eines Wechselstromschalters näher zu kommen: Dieser soll unabhängig von Amplitude, Asymmetrie und Frequenz des Stroms seinen Kontakt im StromNulldurchgang so schnell öffnen, dass die dielektrische Festigkeit der Schaltstrecke stets größer ist als der Momentanwert der Einschwingspannung. Hans-Peter Dietrich und Dipl.-ing. Lothar Feige D er ideale Wechselstromschalter ist ein nicht erreichbares Ziel, da die praktisch realisierbaren Anzugs-, Abfall- und Prellzeiten dies nicht zulassen. Ein Achtungserfolg bei den Power-Relais ist jedoch das mit bis zu 16 A ohmscher Last nutzbare DE-Relais von Panasonic Electric Works, dessen mittlere Anzugszeit im Neuzustand bei 4,16 ms, dessen mittlere Abfallzeit 2,91 ms und dessen mittlere Prellzeit nur 0,19 ms beträgt, wie die statistische Verteilung der Parameter über 1000 gefertigte Relais in (Bild 1) beweist. 1 Präzise und wiederholbar fertigen Um ein möglichst prellfreies bistabiles Relais zu bauen, das – wichtig unter dem Gesichtspunkt der Energieeinsparung – Kilowatt im Lastkreis mit wenigen mWs Eigenenergiebedarf schaltet, ist neben der Konstruktion eine hochgenaue und wiederholbare Fertigung, wie sie Panasonic in Pfaffenhofen besitzt, eine Voraussetzung. Wie die Statistik zeigt, ist unter 1000 Relais eines, das mit einer Prellzeit von 0,00 ms gemessen wurde. Hier ist die Energiebilanz des prellfreien Relais (siehe Bild „Kraft-Weg-Arbeit“ im Online-Dokument auf www.EL-info.de, Webcode 345301), erfüllt: Die kinetische Energie Prellzeit des Systems ist am Ende des Ankerwegs gleich Null. Die dort zu sehenden Kontaktöffnungszeiten von zirka 1 bis 10 μs während des Prellens, die zur möglichen Lichtbogenbildung führen, und die stromseitig nullpunktnahe Öffnung garantieren eine geringe Lichtbogenenergie, die in Wärme umgesetzt wird. In einer Modellierung des Relais als Punkt-Masse-Modell mittels „PSpice“ konnten Mitarbeiter von Panasonic Electric Works zeigen, dass vor allem die Eigenfrequenz der Kontaktfeder das Prellen charakterisiert, also die Impulsantwort des gekoppelten Feder/Ankermasse-Systems mit seiner reibungsgedämpften, exponentiell abklingenden Schwingung in seiner Auswirkung auf den Prellvorgang vor Kontakt Panasonic Electric Works Deutschland GmbH, 83607 Holzkirchen, Tel. 08024/648-0, Fax 08024/648-555, www.panasonic-electric-works.de pikkerton GmbH, 13403 Berlin, Tel. 030/3300724-0, Fax 030/3300724-24, www.pikkerton.de Bild 1. Häufigkeitsverteilung der Prellzeit von 1000 Relais 38 el-info Extra April 2010 Elektronische Lastrelais RELAIS & SCHALTGERÄTE 2 Bild 2. Links: Relais DE1a-L2-5V mit zufälligem Zeitpunkt des Ein- und Abschaltens einer Kapazität von 440 μF und einer Entladelampe von 25 W verschweißte nach 1993 Schaltzyklen; rechts: wie links, jedoch zeitlich kontrolliert im Stromnulldurchgang geschaltet, der durch Variation mehrerer Schaltspiele in beiden Richtungen gefunden und nach 13600 Zyklen in Erwartung einer hohen Lebensdauer abgebrochen wurde FAZIT Viel versprechende Versuche. Das Bild 2 zeigt den praktischen Erfolg bei ersten Messungen am DE-Relais. In den gemessenen Oszillogrammen (Bild 3) findet man die Erwartung bestätigt, dass die Einschwingspannung während des Prellens und kontrollierten Schaltens – im Vergleich zum unkontrollierten Modus – fehlt oder zumindest sehr klein ist. allem durch die Beeinflussung der Federeigenschaften zu optimieren ist [1]. Die Lichtbogenlänge (siehe auch -Kasten) und damit quasi den Kontaktabstand in Abhängigkeit von Strom und Spannung zeigt in einer Prinzipskizze das Bild „Lichtbogen“ im Online-Dokument auf www.EL-info.de, Webcode 345301 [2, 3]. Diese Charakteristik hängt von der Art des Kontaktmaterials ab und trifft im Falle kleinster Abstände (im Mikrometerbereich) vor allem bei Vorlauflichtbögen nicht zu. Die Schnittpunkte der StromSpannungs-Charakteristik des Lichtbogens mit der Innenwiderstandsgeraden des Lastkreises zeigt für eine bestimmte Lichtbogenlänge oder einen bestimmten Kontaktabstand den Punkt, an dem die Bedingung des Aufbaus und Anheizens der Lichtbogensäule nicht mehr gegeben ist. Geht man davon aus, dass der DE-Relaiskontakt im Nullpunkt schließt oder öffnet und vergleicht man die Veränderung von Strom und Spannung während der Prellzeit des DE-Relais, ist die Wahrscheinlichkeit des Unterschreitens dieser kritischen Bedingungen zumindest teilweise erfüllt. Im Beispiel wurde ein cos(ΔM) = 0,3 betrachtet. Das Öffnen und Schließen des EL-info Extra April 2010 Kontakts verdeutlicht die zeitliche Wanderung entlang der Innenwiderstandsgeraden des Lastkreises beim Prellen, unter Umständen innerhalb von 1 bis 10 μs. Längeres Leben dank SART-Technologie N Erkennung & Fallunterscheidungen zwischen zwar phasenverschobenen, aber permanent sinusförmigen Strömen und stoßförmigen Belastungen, etwa in Schaltnetzteilen und Phasenanschnittssteuerungen (Dimmer), LITERATUR Wichtige Bedingungen für die signifikante Erhöhung der Kontaktlebensdauer sind in der SART- (Smart-Adaptive-Relay-Trigger-) Technologie von Pikkerton implementiert (siehe auch Online-Service am Artikelende): N permanente Messung des cos(M) im Lastkreis; das Relais schaltet erst-malig unkontrolliert im Spannungsnulldurchgang, danach adaptiert auf den jeweiligen Stromnulldurchgang, N permanente Messung und Korrektur des Schaltzeitpunkts bezüglich der Anzugs- und Abfallzeit des Relais über die Lebensdauer (Flugzeit erhöht sich mit dem Abbrand) sowie der gespeicherten Informationen über die Phasenlage, 1 D. Volm, M. Bichler, K. Fichtner: „System Level Simulation for Electromechanical Relays”; Panasonic Electric Works Europe AG und Technische Universität München, Lehrstuhl Hochfrequenztechnik 2 Th. Schöpf: “Electrical Contacts in Automotive 42VDC Power Net“; International Conference on Electrical Contacts, Zürich 2002 3 W. Rieder: „Elektrische Kontakte – „Eine Einführung in Physik und Technik“; VDE-Verlag, Berlin, Frankfurt 2000 4 H.-P. Dietrich, U. Lorenz: „Ein Kleinrelais, das hoch hinaus will“; http://www.schaltrelais.de/technik/15_4.htm; Forum Innovation deutscher SchaltrelaisHersteller im ZVEI / „Relais aktuell“ WISSENSWERT Ströme schalten per Lichtbogen. Der Lichtbogen ist der billigste, sicherste und ein in sich synchron arbeitender Schaltmechanismus, der in atmosphärischer Umgebung funktioniert. Er verliert seine Leitfähigkeit genau im gewünschten Moment, wird zum Isolator und setzt die Schaltenergie in Wärme um, was Überspannungen am Kontakt verhindert. Er entsteht über die Erwärmung des öffnenden Kontakts am Punkt des Engewiderstands aufgrund der damit verbundenen Ionisierung der Luft. Es gilt, die Auswirkungen des Aufschmelzens beziehungsweise Verdampfens sowie des Transports von Kontaktmaterial zu verringern. Der Anwender der zeitlich kontrollierten Schaltung profitiert von günstigeren Bedingungen beim Nachweis der EMV-Parameter, weil durch die nullpunktnahe Kontaktöffnung die Einschwingspannungen mit ihren hochfrequenten Schwingungen, die unkontrolliert bis zum Zweifachen des Scheitelwerts beobachtet werden, nach dem Durchlaufen des Abszissenschnittpunkts und erneuten Zündens des Lichtbogens ebenfalls eingedämmt werden. 39 RELAIS & SCHALTGERÄTE 3 Elektronische Lastrelais ONLINE-SERVICE Anschalten ■■ ■■ Online-Dokument mit den ausführlichen Grafiken zu Kraft, Weg und Arbeit am nicht erregten bistabilen Relais sowie zur Lichtbogenlänge als Funktion von Strom, Spannung und Zeit weitere Informationen zur SARTTech­nik DIE AUTOREN Dipl.-Phys. Hans-Peter Dietrich ist Gebietsverkaufsleiter bei Panasonic Electric Works in Bild 3. Anschalten im richtigen Zeitpunkt; links: 5 ms/Div, oben Strom durch Verbraucher, unten Netzspannung; rechts: Zoom, 250 μs/Div etektieren und Nutzen von Niedrig-D stromfenstern für Relaisbetätigungen. In der Praxis wurde bereits eine Glühlampenan­ordnung mit bis zu 300 A Einschaltstrom (zeitlich unkontrolliert schal­tend) ■■ 40 durch Syn­chronisation mit dem Strom-/ Spannungs-Null für das DE-Relais erfolgreich getestet, das für 25.000 Schaltspiele, 16 A beziehungsweise für 105 Schaltspiele, 10 A (ml) ohmsche Last spezifiziert ist [4]. Holzkirchen. Dipl.-Ing. Lothar Feige ist Geschäftsführer von Pikkerton in Berlin. www.EL-info.de el-info Extra 345301 April 2010 RELAIS & SCHALTGERÄTE Elektronische Lastrelais Smart Adaptive Relay Trigger (SART) und Elektromechanik Ergänzende Infografiken zum Fachaufsatz in El-info extra, april 2010 1 Kraft – weg – arbeit Arbeit F = Differenz der Magnet‐ und Kontaktfederkraft Ankerweg Kraft‐Ankerweg‐Diagramm Kraft ~ und F Feder= kx Φ magnetische Durchflutung; k Kontakt‐ Federkonstante; x Ankerweg; F Kraft; µo Permeabilitätskonstante Erste Berührung des beweglichen mit dem Festkontakt Reibweg => Federüberhub Xr Ankerweg Verlust‐ Arbeit , Strom Verlustarbeit und Strom in Abhängigkeit von der Zeit Bewegungsri W Verlust = chtung I(t) Zeit Bewegungsrichtung des beweglichen gegen den Festkontakt F Reibung = β* β Reibungskoeffizient = Reibweg – dt ‐ Wmech Kinetische Hysteresearbeit Verlustarbeit mechanische u. Reibungsarbeit Energie aus Spulenerregung Energiebilanz für das „prellfreie Relais“ am Ende des Ankerweges 2 Bild 1. Kraft, Weg und Arbeit am nicht erregten bistabilen Relais el-info Extra April 2010 Elektronische Lastrelais 2 RELAIS & SCHALTGERÄTE lichtbogen Spannung / V Lichtbogenlänge als Funktion von Strom und Spannung Lichtbogenlänge sinkt Innenwiderstandsgerade Lastkreis 1 mm 0,8 mm Spannung als Funktion der Zeit 0,6 mm Spannung / V schließt Phasenunterschied I(t) zu U(t) Kontakt z.B.cos(Δφ)=0,3 öffnet Zeit Strom/A 0,41 ms maximal gemessene Prellzeit DE ‐Relais Prellen des DE‐Relais‐Kontaktes mögliche Lichtbogenzündung beim Abheben WLichtbogen= Zeit Strom als Funktion der Zeit typisch 0,19 max. 0,41 ms Bild 2. Lichtbogenlänge als Funktion von Strom, Spannung und Zeit sowie Strom als Funktion der Zeit nach [2, 3] el-info Extra April 2010 3