Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? 3. IQN-Kongress ! Düsseldorf, 23. Sept. 2006 „Für die forschenden Arzneimittelhersteller hat die Arzneimittelsicherheit seit jeher in allen Phasen der Entwicklung eines Arzneimittels sowie nach dessen Zulassung einen herausragenden Stellenwert“ Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? VfA Position 18.01.2006 Dr. Leonhard Hansen Vorsitzender des Vorstands der KV Nordrhein © KV Nordrhein Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? " Verwirrtheit nach Einnahme von Alendronsäure " Rhabdomyolyse und Koma nach Amisulprid " Leberversagen unter Quetiapin " Psychiatrische Störungen unter Metamizol " Hyponatriämie unter Excitalopram " Blutbildschäden durch Oxaliplatin " usw. Dr. Leonhard Hansen Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Informationen der AKdÄ des letzten Halbjahrs: " Seite 2 | 20 Vor der Zulassung: " Kein neues Arzneimittel kann in die Therapie eingeführt werden, wenn es nicht zuvor vorklinische und klinische Untersuchungen durchlaufen hat. Widerspruch? © KV Nordrhein Seite 3 | 20 Dr. Leonhard Hansen © KV Nordrhein Seite 4 | 20 Dr. Leonhard Hansen 1 Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Der Weg zum Patienten: Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? (Bio)chemische Synthese Nach der Zulassung: Präklinische Prüfung " Wirkung auf Körperfuntionen, Wirkungsmechanismus, Giftigkeit Klinische Prüfung Phase 3 Phase 1 Verträglichkeitsstudien, Gesunde Versuchspersonen, Wirkung auf Körperfunktionen, Pharmakokinetik Zulassungsstudien, Patientengruppen, Vergleich mit Standardtherapie Phase 2 Wirksamkeitsstudien, Ausgewählte Patienten, Wirkung auf Krankheit, Verträglichkeit, Dosis, Pharmakokinetik Arzneimittel steht zur Verordnung zur Verfügung. Während der allgemeinen Anwendung wird weiter beobachtet, ob sich das Arzneimittel bewährt. Erst die Abwägung von Nutzen und Risiko auf der Basis langjähriger Erfahrung erlaubt Aussagen über den tatsächlichen therapeutischen Wert neuer Arzneimittel. Zulassungsverfahren allgemeine Anwendung Langzeit-Nutzen-Risiko-Abwägung © KV Nordrhein Seite 5 | 20 Dr. Leonhard Hansen © KV Nordrhein Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Klinische Studien sind darauf angelegt, die Wirksamkeit statistisch zu belegen und nicht darauf, Nutzen und UAW mit den bereits vorhandenen Arzneimitteln zu vergleichen. " Die Erfahrungen aus den zulassungsrelevanten klinischen Studien sind zudem begrenzt, da diese mit relativ wenigen Patienten und nur wenige Wochen bis Monate lang durchgeführt werden. Seite 7 | 20 Dr. Leonhard Hansen Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? " © KV Nordrhein Seite 6 | 20 Dr. Leonhard Hansen " Arzneimittel bergen demnach Risiken, die zum Zeitpunkt der Zulassung nicht bekannt sind, weil sie z.B. erst bei der Anwendung an einer großen Patientenzahl auftreten. In anderen Fällen geben neue wissenschaftliche Erkenntnisse Hinweise auf Risiken. Eine kontinuierliche Überwachung jedes Arzneimittels und die ständige Anpassung an den Stand des Wissens sind deshalb wesentlich für die Vermeidung von Arzneimittelrisiken. © KV Nordrhein Seite 8 | 20 Dr. Leonhard Hansen 2 Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? " Aber: Häufig werden Neuerungen in zahlreichen Ländern gleichzeitig zugelassen. Dies bedeutet, dass zunehmend größere Patientenzahlen mit erst kürzlich zugelassenen und noch wenig erprobten Arzneimitteln behandelt werden. © KV Nordrhein " Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Seite 9 | 20 " Das BfArM hat den gesetzlichen Auftrag, derartige Risiken zentral zu erfassen und auszuwerten. Dabei ist eine möglichst lückenlose Erfassung von Nebenwirkungsverdachtsfällen, also von beim bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Arzneimittels auftretenden unerwünschten Wirkungen wichtig. Das Arzneimittelgesetz (AMG) legt eine umfassende Meldepflicht bekannt gewordener Nebenwirkungen für den pharmazeutischen Unternehmer fest. Dr. Leonhard Hansen © KV Nordrhein Seite 10 | 20 Dr. Leonhard Hansen Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Eine Meldepflicht für Ärzte und Apotheker folgt aus den jeweiligen Berufsordnungen. Bei den übermittelten Berichten zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen handelt es sich mehrheitlich um spontan von Ärzten beobachtete Verdachtsfälle (sog. Spontanmeldungen) und nicht um in systematischen Untersuchungen gewonnene Erkenntnisse, wie sie z. B. in Zulassungsverfahren gefordert sind. Ergeben sich begründete Verdachtsmomente für Nebenoder Wechselwirkungen, werden Maßnahmen zur Risikominimierung eingeleitet, z.B.: © KV Nordrhein Seite 11 | 20 Dr. Leonhard Hansen " „Rote-Hand“-Briefe " Ergänzung der Fachinformationen/Packungsbeilagen " Arzneimittelrückruf/Widerruf der Zulassung © KV Nordrhein Seite 12 | 20 Dr. Leonhard Hansen 3 Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? " Die Bereitschaft, rasch neue Arzneimittel zu verordnen bzw. anzuwenden, setzt Millionen Menschen unvermeidlich und ohne zwingenden Grund wenig erprobten Arzneimitteln aus, die ggf. keinen Vorteil bringen (z.B. Me-too-Arzneimittel). " Die Wirkungen tatsächlich neuer Arzneimittelgruppen (beispielsweise Antitumornekrosefaktor-Antikörper wie Infliximab) sind zudem oft komplex und ausgeprägt – und die UAW ebenfalls. © KV Nordrhein " Seite 13 | 20 " Die Fallzahl in klinischen Studien ist in der Regel so gering, dass besonders selten auftretende Nebenwirkungen nicht gesichert abzuschätzen sind. # Folge: Nebenwirkungen bleiben unentdeckt. Dr. Leonhard Hansen © KV Nordrhein Seite 14 | 20 Dr. Leonhard Hansen Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Neu ist nicht immer besser ! Demgegenüber steht ein gezieltes Pharma-Marketing: bestimmte Nebenwirkungen werden nicht selten erst im Laufe der Zeit deutlich " Bewährte Arzneimittel bieten die meisten Informationen über ihre Eigenschaften: hohe Arzneimittelsicherheit " Neue Arzneimittel sollten mit Bedacht gewählt werden " 15.500 Pharmareferenten mit 20 Mio. Arztkontakten " 31.000 Anzeigenseiten in rund 230 medizinischen Fachzeitschriften " Über 50% der medizinischen Aussagen in Werbeprospekten lassen sich nicht durch publizierte wissenschaftliche Untersuchungen belegen !* * arznei-telegramm 35: 2 (2004) 21-23 © KV Nordrhein Seite 15 | 20 Dr. Leonhard Hansen © KV Nordrhein Seite 16 | 20 Dr. Leonhard Hansen 4 Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? und... " " Viele negative Untersuchungsergebnisse sind nicht öffentlich zugänglich " Spätestens vom ersten Tag der Vermarktung eines Arzneimittels an müssen Zulassungsbehörden und die pharmazeutische Industrie sicher stellen, dass alle relevanten Daten klinischer und präklinischer Studien einschließlich Tierversuchen öffentlich zugänglich sind. © KV Nordrhein Seite 17 | 20 Dr. Leonhard Hansen © KV Nordrhein Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? " Seite 19 | 20 Seite 18 | 20 Dr. Leonhard Hansen Sicherheit in der Pharmakotherapie – worauf beruht die Sicherheit? Das gleiche galt für Refecoxib (Vioxx®): In der CLASS-Studie, die über 12 Monate lief, wurden nur die Ergebnisse der ersten sechs Monate publiziert. Die Probleme traten aber erst in den Monaten danach auf. Dies wurde verschwiegen. © KV Nordrhein Schlimmstenfalls wird auf der Basis unvollständiger Daten eine wirkungslose und riskante Behandlung empfohlen, wie beispielsweise bei den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) für Kinder, nur weil negativ ausgegangene Studien nicht veröffentlicht worden sind. Dr. Leonhard Hansen Fazit: " Die Mitglieder des Vereins „Freiwillige Selbstkontrolle der Arzneimittelindustrie e.V.“ – hauptsächlich VfA-Firmen – sollten ihren eigenen Kodex besser beherzigen: " § 7 (1)„Irreführende Werbung ist unzulässig, dies unabhängig davon, ob die Irreführung durch Verzerrung, Übertreibung, besondere Herausstellung oder Auslassung oder in sonst. Weise hervorgerufen wird.“ © KV Nordrhein Seite 20 | 20 Dr. Leonhard Hansen 5