Fachbereich Tanz Ronit Land – Texte 15.04.2013 Der Körper als Ort der Erinnerung Unendliche Bilder eines laufenden Menschen legen sich, in unsere Wahrnehmung, zu einem Bild des Laufens fest. Dieses Bild ist ein künstlerisches Bild, es kann zu einer künstlerischen Metapher werden. Es wird sich in unseren Beobachtungen von der Wirklichkeit so oft wiederholen, dass wir vergessen werden immer wieder neu hinzuschauen um es zu revidieren. Schaffen wir, mit unserem Gedächtnis, Kontinuität oder eher Diskontinuität herzustellen? Erinnert sich unser Gedächtnis an Bewegungen oder eher an Gegenständen? Wann und in welchem Lernprozess haben wir geübt, Veränderungen der Wirklichkeit, in unserem Gedächtnis, zu lokalisieren? Wenn wir nur ein Bild des laufenden Menschen festhalten, uns nur mit einem Bild einer eingefrorenen Bewegung beschäftigen, haben wir es verlernt zu handeln. Denn das Handeln bedeutet für die Schärfung der Wahrnehmung, Schwebezustände zuzulassen und das Laufen, als eine Bewegung, die den Körper weiterführt und nicht als Körper, der eine Bewegung ausführt, zu erkennen. Den Körper als eine isolierte Wirklichkeit im Raum zu sehen ist eine Fiktion, die ihre Beziehungen zu der eigenen Physikalität übersieht, die den Raum, in dem der Körper sich bewegt, immer aufs Neue aufteilt. Die unendlichen Möglichkeiten der Bilder wird der Mensch nie erfassen. Seine bewusste sinnliche Armut soll ihn aber ermutigen, bewusste Unterscheidungen zwischen der, durch vergangene Bilder gesättigten Erinnerung und augenblickliche Bilder laufender Menschen, zu unterscheiden. Die unendlichen Erfahrungen, die wir mit unserem Körper machen, entsprechen die unendlichen Reflexionsmöglichkeiten die sich für uns in anderen Körpern spiegeln. Um diese Möglichkeiten zu erkennen, bedarf es eine Bildung der Sinne sowie einen gesellschaftlichen Konsens über die Notwendigkeit dieser flächendeckenden Bildung. Die reflektierende Kraft eines Menschen kann auch als seine Quelle der Wahrnehmung betrachtet werden. Nach außen betrachtend handelt der Mensch, mit Hilfe seines reflektierenden Auges, wo immer er in den äußeren Umständen eine neue Lernquelle für seine Neugier erkennt. Nach innen nutzt er diese Erkenntnisse als Mittel, um seine gelebte Erinnerung zu verfestigen. Er setzt seine Wahrnehmung als Fähigkeit ein um heterogene Wirklichkeiten außerhalb des Körpers zu erkennen, indem er die sinnliche Empfindung als Phänomene innerhalb des Körpers lokalisiert. Empfindungen die dem Körper, aus der Erinnerung, bekannt sind, könnten so die Bildhaftigkeit momentaner Schwebezustände trüben. So kann Wirklichkeit verblassen und der Dialog zwischen der Erinnerung und dem Augenblick gekappt werden. Handeln vollzieht sich nie, ohne dass vergangene Erfahrungen eine prägende Rolle mitspielen. Das Handeln schärft die Konzentration und reflektiert den Augenblick als Zustand, in dem ein neues Vokabular von Wahrnehmungsmöglichkeiten gewonnen wird. Der Mensch kann nicht aus einer ursprünglichen Haltung handeln, sie wäre dann nicht mehr ursprünglich. Da jede Handlung, jede Aktion und jede Bewegung subjektiv ist, kann sie nur dann empfunden werden, wenn das Gedächtnis eine Verdichtung der Handlung vollzieht.