13 FORSCHEN & HEILEN VORWIEGEND JUNGE FRAUEN BETROFFEN Betroffen vom Susac-Syndrom sind nach bisherigen Erkenntnissen der Medizin vor allem junge Frauen – etwa im Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Die Frage aber, warum jemand überhaupt am Susac-Syndrom erkrankt, ist schwierig zu beantworten: „Nach dem heutigen Kenntnisstand handelt es sich auf jeden Fall um eine Autoimmunerkrankung“, erläutert Dr. Ilka Kleffner. Positiv sei aber: „Ist die Krankheit erkannt und die Diagnose sicher, kann man sie gut behandeln.“ Hoch dosiertes Kortison und Immuntherapien stehen den Ärzten in der Behandlung zur Verfügung. „Wichtig sind jedoch engmaschige Verlaufskontrollen und Untersuchungen, um Rückfälle zu vermeiden“, betont die Neurologin. Denn man wisse auch, dass die Krankheit sehr häufig in Schüben auftrete: „Und die können sich wiederholen.“ zu Besuch kommt und einen Zettel neben dem Telefon entdeckt: „Hast du das geschrieben?“ Ja, hat sie, eine Telefonnummer soll das sein. „Es sind nur Hieroglyphen, nicht entzifferbar“, weiß sie heute. Und ist froh, dass ihre Schwester handelt. Sofort ins Krankenhaus – eine Reihe von Untersuchungen beginnt. MRT, CT – Anna Bechler wird auf den Kopf gestellt. Sie hat das Schreiben regelrecht verlernt, ihr Gedächtnis hat gelitten, auf einem Ohr hört sie eines Morgens überhaupt nichts mehr. „Es wurde eine Therapie nach der anderen einge- Entzündliche Prozesse der kleinsten Blutgefäße können für Verwirrtheit sorgen. leitet, Infusionen, Tabletten, die Ärzte versuchten alles, um mir zu helfen.“ Es folgen epileptische Anfälle, Aufenthalte auf der Intensivstation: „Es war einmal so schlimm, dass ich mir die Zunge zerbissen habe.“ Vieles von dem, was passiert ist, weiß sie selbst gar nicht mehr, kennt es nur aus Erzählungen. „Manchmal kann ich gar nicht glauben, dass ich das gewesen sein soll, die sich so verhalten hat.“ Das sei typisch für diese neurologische Erkrankung: „Entzündliche Prozesse der kleinsten Blutgefäße im Gehirn, in der Netzhaut und im Innenohr sind dafür verant- Glückliche Eltern sind Anna und Johannes Bechler inzwischen – das ist nicht selbstverständlich, wie Dr. Ilka Kleffner (l.) betont. Foto: Wilfried Gerharz wortlich“, berichtet Dr. Ilka Kleffner über den aktuellen Kenntnisstand der Medizin. Persönlichkeitsveränderungen, Gedächtnislücken und »Manchmal kann ich es gar nicht glauben, dass ich das war, die sich so verhalten haben soll.« Anna Bechler, Patientin plötzliche Verwirrtheit seien Symptome, die vielfach zu beobachten seien. Aber auch Sehstörungen oder Tinnitus könnten auftreten. „Das sind natürlich Beschwerden, die Betroffene sehr erschrecken, weil sie quasi über Nacht beginnen können“, berichtet die Fachmedizinerin, die jährlich etwa 40 Patienten mit diesem Krankheitsbild sieht. Anna Bechler ist eine, die sich penibel an alle Anweisungen und Untersuchungskontrollen hält. Sie lernt wieder zu schreiben, sie liest, sie trainiert ihr Gedächtnis. „Eine Musterpatientin“, spart Dr. Kleffner nicht mit Lob. Die Schwangerschaft, das war Ärztin und Patientin bewusst, sei durchaus auch ein Risiko für einen neuen Schub gewesen. „Das war uns bewusst, aber wir haben uns so sehr Kinder gewünscht.“ Ihre beiden Foto: Fotolia Jungs sind sieben Wochen zu früh auf die Welt gekommen – aber sie sind gesund und munter. „Und mein großer Ansporn, gesund zu bleiben“, sagt Anna Bechler dankbar dafür, dass alles so gut gelaufen ist. Alle drei Monate fährt sie nach Münster zur Kontrolle, einmal im Jahr muss eine MRT-Untersuchung gemacht werden. Sie nimmt ihre Medikamente und hofft, dass sie vielleicht irgendwann auch ohne leben kann. Und: Sie ist sehr sensibel geworden für ihren Körper, für Alarmzeichen, die auf eine Veränderung hinweisen könnten. „Ich achte jetzt mehr auf mich“, sagt sie. Und ihr Mann mindestens ebenso sehr: „Er unterstützt mich total.“ Zusammen packen sie das – sie sind eben einfach eine Bilderbuchfamilie. SCHON GEWUSST? 300 Fälle, in denen Patienten am SusacSyndrom erkrankt sind, sind weltweit beschrieben. Von vier Betroffenen sind drei Frauen. Das SusacSyndrom wurde 1979 erstmals von Herrn J.O. Susac beschrieben.