FTIR-Praktikum. 10 / 2015 "FTIR - Praktikum" Westfälische Hochschule University of Applied Sciences Abteilung Recklinghausen Molekulare Biologie 1 IR-Spektroskopie Infrarot ist der Teil des elektromagnetischen Spektrums zwischen 800nm und 1mm (4x1014 3x1011 Hz = 400 THz – 200GHz). Der Bereich wird eingeteilt in Nahes Infrarot ("NIR": 0,8-3µm), Mittleres Infrarot ("MIR": 3-50µm, Bereich thermischer Strahlung bei "irdischen Temperaturen") und Fernes Infrarot ("FIR“: 50µm-1mm). Für die IR-Spektroskopie wird hauptsächlich NIR und/oder MIR (ca. 1-50µm) verwendet (in den Spektren wird allerdings aus historischen Gründen die Wellenzahl angegeben, die Einheit ist cm-1.) Zugrunde liegende Physik IR ist im Vergleich zu UV-vis niederenergetisch, daher werden Valenzelektronen und deren Übergänge nicht angeregt. Stattdessen werden (permanente oder transiente) Dipol-Momente (permanent: -O-H / transient: C-H) angeregt, sie absorbieren also Energie. Weil diese Energie in Schwingungen / Rotationen umgewandelt wird, geht sie letztlich als Wärme „verloren“, wird also bei der betreffenden Frequenz dem Spektrum entzogen. August-Schmidt-Ring 10 D-45665 Recklinghausen A: B: Einfaches, mechanisches Modell der Wechselwirkung zwischen Molekül und IR A: Dipol-behaftete Bindung als Feder dargestellt (ruhend oder mit niedriger Schwingungsenergie) - SCRIPT – nur zur internen Nutzung V_003 / 2015 1 2 Aufbau eines Interferometers ............................................................................................................................. 3 2.2 Monochromatische Interferenz .......................................................................................................................... 4 2.3 Polychromatische Interferenz............................................................................................................................. 5 3 Alle Gruppen besitzen für bestimmte Schwingungsmoden (Scherschwingung, symmetrische / asymmetrische Streckschwingung usw. usf.) jeweils ganz charakteristische Frequenzen (die somit ganz bestimmten IR-Wellenlängen – Resonanzfrequenzen! – entsprechen). IR-SPEKTROSKOPIE ............................................................................................................. 2 FTIR-SPEKTROSKOPIE ......................................................................................................... 3 2.1 2.4 B: In einem elektrischen Feld (bei IR-Spektroskopie: elektromagnetisches Wechselfeld der „passenden“, also resonanten Frequenz) wird die Bindung gestreckt, nimmt also Energie auf. Diese Energie wird in Schwingungs- und Rotationsmoden umgesetzt und letztlich in Wärme umgewandelt. Fouriertransformation ........................................................................................................................................ 7 DIE SPEKTREN .................................................................................................................... 10 Einfaches Beispiel zweier Molekül-Schwingungen. Seite 2 von 12 FTIR-Praktikum. FTIR-Praktikum. Messprinzip Ein Interferometer ist ein optischer Aufbau, der dazu dient, Lichtbündel (Wellen) zu trennen, sie räumlich gegeneinander zu verschieben und wieder zu überlagern. IR wird von Materie ganz spezifisch absorbiert (s.o.) – leider absorbieren Lösemittel in hohem Umfang in etlichen IR-Wellenlängen-Bereichen; ferner ist die Absorption oftmals recht schwach, so dass man – sofern möglich – auf Lösungen (und erst recht Verdünnungen) verzichtet. Daher wird die Probe auch nicht – wie bei UV-vis-Spektroskopie üblich – vom Messstrahl durchleuchtet, sondern der Strahl wird mit der Probe nur „in Kontakt gebracht“: 2 FTIR-Spektroskopie 2.1 Aufbau eines Interferometers Seite 3 von 12 Das einfachste bekannte Interferometer ist das Michelson-Interferometer. Das einfallende, parallele Lichtbündel 1 wird an der aktiven Schicht 3 eines Strahlteilers 2 in zwei (am besten gleich intensive) Teile aufgespalten. Ein Teil reflektiert am Stahlteiler zu einem fest stehenden Spiegel 4 (in den Referenzarm des Interferometers). Der andere Teil transmittiert zu einem bewegten Spiegel 5 (in den Meßarm). Beide Teile werden am jeweiligen Spiegel zum Strahlteiler zurück reflektiert und wiedervereinigt. Endsprechend der Position des beweglichen Spiegels besitzen beide Teilbündel eine Laufzeit- bzw. Wegdifferenz. 2.2 Monochromatische Interferenz Seite 4 von 12 FTIR-Praktikum. FTIR-Praktikum. Obenstehende Grafik zeigt die Lichtwellen beider Teilbündel beim Verlassen des Interferometers bei festgehaltener Zeit und veränderlichem Ort. Die aus dem Referenzarm kommende Welle (grau) ändert sich nicht. Aus der Bewegung des Spiegel folgernd, verschiebt sich die aus dem Meßarm kommende Welle (violett) gegen die des Referenzarms. Beide Wellen interferieren (überlagern sich) zu einer resultierenden Welle (rot). In Fall der optischen Weglängendifferenz null beider Armeüberlagern sich beide Wellen so konstruktiv, sie verstärken sich. Entspricht die optische Weglängendifferenz genau einer halben Lichtwellenlänge (Spiegelverschiebung um eine Viertelwellenlänge), so erfolgt die Überlagerung destuktiv (Auslöschung). Das das Interferometer verlassende Licht schwankt daher cosinusförmig über der Spiegelverschiebung. Setzt man einen Detektor an einen festen Ort und registriert das Intensitätssignal, so nimmt der Detektor die Cosinusfunktion der Interferenz auf. Diese wird mathematisch durch folgende Gleichung beschrieben: Hierin sind l die Wellenlänge und x die Weglängendifferenz. Unter Berücksichtigung, daß die Weglängendifferenz dem doppelten Spiegelweg X und die Wellenlänge dem Kehrwert der Wellenzahl entspricht, ergibt sich Eine solche Überlagerung als Summation für drei verschieden Wellenlängen (im Bild, oben) ergibt den im unteren Bild dargestellten Intensitätsverlauf als Funktion der Spiegelverschiebung. Der Nullpunkt des Spiegelwegs (x=0) ist der Ort an dem beide Interferometerarme gleich lang sind. Dort besitzen alle Wellen die Phasendifferenz Null und überlagern sich deshalb konstruktiv. Die Intensität ist maximal. Für zunehmende Spiegelwege unterscheiden nehmen die Phasendifferenzen der einzelnen Wellenlängen unterschiedlich stark, sie addieren sich nicht mehr zum Maximalwert. Überlagert man alle Wellenlängen (Kontinuum) des an der Messung beteiligten Lichts, ergibt sich die vom Detektor erfaßte Intensität; als Integral über die Bandbreite B der Anordnung. Bei großen Spiegelverschiebungen sind die Phasen der einzelnen Wellenzüge nahezu gleichmäßig verteilt, sie addieren sich zu einem Mittelwert. Dieser Mittelwert enthällt keine spektroskopisch relevante Information. Der Mittelwert oder Gleichanteil des Interferogramms wird elektronisch herausgefiltert. Nur die Abweichung vom Mittelwert wird erfaßt und weiter betrachtet. Es ergibt sich für die am Detektor einfallende Intensität als Funktion des Spiegelwegs x Ein mit einem IR-Spektrometer aufgenommes Interferogramm hat deshalb typischerweise folgende Form: 2.3 Polychromatische Interferenz Da Spektrometer Licht vieler Wellenlängen verarbeiten, entsteht die oben beschriebene Interferenz für jede Wellenlänge. Entsprechend überlagern sich die Interferenz-Intensitäten der einzelnen Wellenlängen zusätzlich. Seite 5 von 12 Seite 6 von 12 FTIR-Praktikum. FTIR-Praktikum. nur ungerade Funktionen oder ungerade Anteile einer Funktion repräsentieren, die bei rein geraden Funktioen verschwinden. Die letzte Gleichung läß sich daher auch schreiben als Mit dieser Gleichung läßt sich aus dem Interferogramm I(x) das Spektrum berechnen. Entsprechend der theoretischen Erwartung sollte bei äquivalent aufgebauten Interferometerarmen ein solches Interferogramm völlig symmetrisch zum Nullpunkt des Spiegelwegs sein. Deshalb wird beispielsweise der Strahlteiler auch symmetrisch aus zwei Platten mit mittig eingebachter Teilerschicht (rot im Bild oben) aufgebaut. Trotzdem lassen sich durch technische Fertigungstoleranzen nie beide Interferometerarme vollig symmetrisch herstellen. Da sich unterschiedliche Wellen in optischen Bauteilen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten, ergeben sich praktisch die im Interferogramm sichtbaren Asymmetrien. 2.4 Fouriertransformation Betrachten wir sich die bereits oben angeführte Gleichung zur Berechnung der Interferenzintensität einer polychromatischen Interferenz Dieses Spektrum entspricht allerdings noch nicht dem Transmissionsspektrum oder Extinktionsspektrum einer Probe. Vielmehr ist dies das Einstrahlspektrum, das die Energieverteilung der Lichtquelle, die Transmissionsfunktion des Spektrometers und die Empfindlichkeit des Detektors beinhaltet. Das Extiktionsspektrum einer Probe berechnet sich durch Aufnahme des Einstrahlspektrums der Referenz (auch Background) und des Einstrahlspektrums der Probe. Dies sei nachfolgend am Beispiel des Extinktionsspektrums von HCl und DCldargestellt. Die Referenzmessung erfolgte an Stickstoff Diese kann man auch darstellen als Integral über den unendlichen Wellenzahlbereich und eine im Integral enthaltene Fensterfunktion , die innerhalb der Bandbreite Eins und außerhalb Null ist. Diese Gleichung entspricht genau der Fouriercosinustransformation. Die inverse Fouriercosinustransformation entspricht bei geraden Funktionen der Fouriercosinustransformation und ist definiert durch Für gerade Funktionen entspricht die Fouriercosinustransformation genau der komplexen Fouriertransformation, da die nach der EULERschen Formel enthaltenen Sinusanteile Seite 7 von 12 Seite 8 von 12 FTIR-Praktikum. FTIR-Praktikum. Obenstehendes Bild zeigt die Interferogramme der Probe und der Referenz. Da das Interferogramm idealerweise eine gerade Funktion ist, sind die Informationen beidseits des Nullpunktes der Spiegelverschiebung identisch. Es genügt daher, eine Seite des Interferogramms aufzunehmen. Nach der Fouriertransformation ergeben sich die Einstrahlspektren zu Rot: Mit einem FTIR-Spektrometer gemessenes Interferogramm Berechnet man aus beiden Spektren das Extinktionsspektrum, ergibt sich Blau: IR-Spektrum nach der Fourier-Transformation des Interferogramms 3 Die Spektren Es hat sich historisch durchgesetzt, dass in der IR-Spektroskopie statt Absorption oder Extinktion die Durchlässigkeit (Transmission) in % angegeben wird. Beispiel IR-Spektrum von 4-Methylbenzoesäureethylester: Zu sehen sind die Rotationsschwingungsspektren von HCl (2800 cm-1) und DCl (2200 cm-1) sowie deren erste Obertöne (HCl bei 5600 cm-1 und DCl bei 4400 cm-1) sowie Wasserbanden (3600 cm-1) und CO2-Banden (2300 cm-1). Seite 9 von 12 Seite 10 von 12 FTIR-Praktikum. FTIR-Praktikum. Literatur 1. Hans-Ulrich Gremlich, Helmut Günzler: IR-Spektroskopie: Eine Einführung. 4. Auflage. WileyVCH, 2003, ISBN 3-527-30801-6. 2. J. Lawall and E. Kessler, Michelson interferometry with 10 pm accuracy, Rev. Sci. 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