21. Mai 2014 OBS-Studie analysiert Alternative für Deutschland (AfD) +++ Neue Erkenntnisse über Rolle von Wirtschaftswissenschaftlern in der AfD +++ Partei agiert wettbewerbspopulistisch +++ Vorwurf des Rechtspopulismus greift zu kurz +++ Rechtspopulistische und eurokritische Parteien können bei der Europawahl auf gute Ergebnisse hoffen. Auch in Deutschland hat sich die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) in Stellung gebracht, um ins Europaparlament einzuziehen. Während sich z.B. in Frankreich, Österreich oder den Niederlanden Euro(pa)kritik mit offen rechtspopulistischen bis rechtsextremen politischen Forderungen verbindet, nimmt die AfD hierzulande eine Sonderstellung ein. Vor allem die außerordentliche Bedeutung von Professoren der Volkswirtschaft in der AfD ist ihr Alleinstellungsmerkmal. Was bringt die Ökonomen zur AfD, und welche Rolle spielen sie für ihre Programmatik? Die Beantwortung dieser Fragen stand im Mittelpunkt des Forschungsprojektes „Eurokritik in Deutschland – Eine qualitative Analyse der AfD vor dem Hintergrund der diskursiven Verhandlung der Eurokrise“, das am Institut für Demokratieforschung Göttingen, gefördert von der Otto Brenner Stiftung, jetzt abgeschlossen worden ist. Es wurden ausführliche Interviews zur Entwicklung der Euro-Krise mit wirtschaftswissenschaftlichen Erstunterstützern der AfD und auch mit weiteren Ökonomen geführt. Zentrale Erkenntnisse der Studie sind: Die AfD hat mit einem Programm Erfolg, das in den Neunziger Jahren scheiterte Aufgrund auffälliger personeller und thematischer Parallelen kann die Alternative für Deutschland als politische Wiederkehr des Bundes freier Bürger (BfB) gelten. 1994 gegründet, stellte der BfB hierzulande zwar die wohl ernstzunehmenste populistische Bewegung dar, scheiterte dann aber mit seinem Vorhaben, sich als „deutsche FPÖ“ zu etablieren. Die AfD zehrt von günstigen Rahmenbedingungen Dass die AfD ihre populistischen Vorläufer der neunziger Jahre überflügelt, ist keineswegs Zufall. Ihre wirtschaftliche Agenda profitiert von der „Eurokrise“. Und sie profitiert davon, dass sie sich als „Alternative“ zur Großen Koalition und den „Altparteien“ darstellen kann. Durch wachsende materielle Ängste in Folge der Agenda 2010 gelingt ihr zudem der Schulterschluss mit beunruhigten Teilen der Bevölkerung, für welche die derzeitige politische Elite als Teil und Verursacher der politischen Probleme gilt. 1 Die AfD agiert wettbewerbspopulistisch Das Parteiprogramm ist durch eine radikalisierte ökonomische Logik charakterisiert, die das gesamte politische Denken und Handeln der Partei prägt. Die Folge: Aus den ökonomischen Ungleichgewichten der Eurozone wird eine nationalchauvinistisch unterlegte kulturelle Abwertung der „Anderen“. Dies macht den Kern des Wettbewerbspopulismus der AfD aus. Auch programmatische Entscheidungen zu anderen Politikfeldern, wie der Migrationspolitik, sind über diese reine Logik der Ökonomie erklärbar. Die AfD verkörpert die „reine ökonomische Vernunft“ Diese Marktrationalität erlaubt es der Partei, sich von der politischen Elite abzugrenzen und Ressentiments aufzugreifen. Ihre „Alternative“ besteht darin, Vorschläge artikulieren zu können, die als frei von politischen Interessen und verzerrenden Kompromissen dargestellt werden. Die „reine ökonomische Vernunft“ wird als Gegenprogramm zur interessengeleiteten Politik einer abgehobenen Politikerklasse aufgebaut. Die AfD ist ein deutsches Phänomen Eine wettbewerbspopulistisch agierende Partei konnte mit Bezug auf Europa nur in Deutschland entstehen. Nur im hegemonialen Land der Eurozone, dem sprichwörtlichen „Exportweltmeister“, kann man mit dem Wettbewerbspopulismus reüssieren. Nur Deutschland lässt sich aus der Perspektive ökonomischer Gesetzmäßigkeiten als gleichermaßen überlegenes wie auch - in den Augen der AfD in der Eurokrise betrogenes Land darstellen. Insofern sind die Ökonomen in der Partei nicht einfach eine Gruppe unter Anderen, sondern prägender Bestandteil der AfD. OBS-Arbeitspapier Nr. 14: „Wettbewerbspopulismus Die Alternative für Deutschland und die Rolle der Ökonomen“ kann kostenfrei im Otto Brenner Shop heruntergeladen werden. Kontakt: Otto Brenner Stiftung Jupp Legrand Tel.: 069-6693-2526 [email protected] www.otto-brenner-stiftung.de Göttinger Institut für Demokratieforschung David Bebnowski / Lisa Julika Förster Göttinger Institut für Demokratieforschung Tel.: 0551-3917-0118 [email protected] www.demokratie-goettingen.de 2