RaDiagnostiX Kooperation Urologie und Radiologie Methodik ist nicht mehr alles – Gemeinsames Denken und Handeln Interview mit Prof. Dr. med. H.-P. Schlemmer: Facharzt für Radiologie, Direktor der Abteilung Radiologie am DKFZ Heidelberg Moderne bildgebende Diagnostik bei Verdacht auf Prostatakarzinom Am Patienten ausgerichtete, personalisierte Medizin erfordert Kooperationen zwischen Medizinern. Das Qualitätsziel besteht darin das Punktionsrisiko mit Blutung, Infektion und Schmerzen sowie das Operationsrisiko und die Operationsfolgen zu senken und die Versorgungssicherheit für den Prostatakarzinompatienten zu erhöhen. Fortschritt und Zusammenarbeit können beim Altersproblem Prostatakarzinom helfen und die Patientenzufriedenheit erhöhen. Denn nur 49 % der Patienten sind mit dem Operationsergebnis zufrieden. Prof. Dr. med. H.-P. Schlemmer Dr. Barbara Amler: Herr Prof. Schlemmer, warum benötigen wir eine Verbesserung der Diagnostik? Prof. Schlemmer: Zwar konnte die Prostatakarzinom-bedingte Sterblichkeit mit der TRUS-Stanzbiopsie bei Patienten mit erhöhtem Labormarker oder auffälligem Tastbefund in den vergangenen Jahren um ca. 20 % gesenkt werden, sie bringt jedoch 3 Probleme mit sich: 1. 2. 3. 4. Unterschätzung der Tumoraggressivität (Undergrading bis zu ca. 45 %) Falsch negativer Befund, falls die systematische Biopsie Tumorherde verfehlt Verunsicherung von Patienten mit erhöhtem Tumormarker, aber negativer Stanzbiopsie Verlaufskontrollen von Patienten bei „Active Surveillance“ Diese Versorgungsprobleme sind Ansporn stetig an der Verbesserung der Diagnostik zu arbeiten, mit dem Ziel, sie zu reduzieren. Dr. Barbara Amler: Worin liegt der Fortschritt? Prof. Schlemmer: Großen Fortschritten in der MRT-Technologie und der Weiterentwicklung von Befundungsprotokollen ist es zu verdanken, dass die multiparametrische MRT (mpMRT) mittlerweile zu den empfindlichsten bildgebenden Methoden zählt. Die Therapieentscheidung beim Prostatakarzinom richtet sich nach der zuverlässigen Trennung zwischen klinisch signifikanten und nicht signifikanten Karzinomen. Der Vorteil ist, dass diese nichtinvasive Methodik die Detektion sogenannter „Indexläsionen” in der Prostata erlaubt. „Indexläsionen“ sind die Tumorareale mit dem höchsten Malignitätsgrad. 60% der Prostatakarzinome werden in den frühen organbegrenzten Stadien entdeckt und die mpMRT kann durch eine zielgesicherte Unterstützung der Biopsie die pathologische Diagnose sicher herbeiführen. Die Therapieentscheidung zur aktiven Beobachtung („Active Surveillance“) könnte durch den mpMRT-Befund abgesichert werden. RaDiagnostiX Kooperation Urologie und Radiologie Methodik ist nicht mehr alles – Gemeinsames Denken und Handeln Interview mit Prof. Dr. med. H.-P. Schlemmer: Facharzt für Radiologie, Direktor der Abteilung Radiologie am DKFZ Heidelberg Dr. Barbara Amler: Was wäre, wenn es sich beim Patienten herumspräche, er wäre in den Händen eines kompetenten Teams aus einem Urologen und einem Radiologen, das ihm mehr Sicherheit gibt und Therapiemöglichkeiten differenzierter abwägen kann? Prof. Schlemmer: Die Patienten werden es sicherlich danken, eine möglichst genaue Auskunft zu ihrem Gesundheitsstatus bereits vor der Indikationsfragestellung zur Prostatabiopsie zu erhalten. Viele Patienten fragen die Untersuchungen auch selbst an. Dr. Barbara Amler: Wie profitieren Patienten mit erhöhtem PSA-Wert und frustranen, negativen Stanzbiopsien? Prof. Schlemmer: Bei bis zu 20 % der Patienten mit erhöhtem PSA-Wert zeigen die bioptisch genommenen Gewebeentnahmen das Karzinom nicht an, auch nach mehrfachen US-gesteuerten Stanzen, da die Tumorläsion für den punktierenden Arzt im Rahmen der systematischen Biopsien sehr schlecht erreichbar ist oder signifikante Krebsnester nicht getroffen werden (falsch negative Stanzen). Die multiparametrische MRT-Untersuchung und ggf. die MRT- unterstützte Gewebeentnahme dienen dieser Patientengruppe besonders, da sie keine weiteren unangenehmen, frustranen Gewebeentnahmen und lange Diagnostikzeiten erdulden muss oder sich gar in falscher Sicherheit wiegt. Dr. Barbara Amler: Wie profitieren Patienten von der multiparametrischen MRT? Prof. Schlemmer: Letztlich die Patientengruppe, die ansteigende PSA-Werte und den v.a. das Vorliegen eines Prostatakarzinoms aufweist. Eine richtungsweisende mpMRT mit standardisierter Befundung nach PI-RADS führt zu einer verbesserten Diagnostik, die wiederum auch gezieltere Therapien legitimieren kann. Bei „Active Surveillance“ kann der Tumorbefund objektiv verfolgt werden. Fazit: Damit ist die mpMRT das empfindlichste bildgebende Verfahren zur Detektion des Prostatakarzinoms und ein neuer Biomarker zur Verlaufsbeobachtung bei „Active Surveillance“ und Nachsorge bei sog. PSA-Rezidiven. Bei jährlichen Prostakarzinom-Neuerkrankungen von ca. 68.000 Patienten ist das Patientenkollektiv groß, d. h. der Bedarf nach medizinisch qualitativ hochwertiger bildgebender Diagnostik in Kooperation mit dem Urologen immens. Der Bedarf an kontinuierlicher und guter Betreuung bei einer ernsten Erkrankung ist im Alter hoch. Der Patient bleibt in guten Händen. Diagnostik und Verlaufskontrollen erfolgen auf höchstem Niveau. Das Interview mit Herrn Prof. Dr. med. H.-P. Schlemmer führte Frau Dr. med. Barbara Amler, Curagita AG.