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Presseinformation
Gesunde Ernährung schützt das Gehirn
30. Juni 2015 – Patienten mit einem hohen Risiko für Herz-Kreislauf-Leiden und Schlaganfälle
können sich womöglich durch gesunde Ernährung vor geistigem Abbau schützen. „Die
Auswertung zweier großer Untersuchungen mit fast 30.000 Teilnehmern durch die kanadischen
Kollegen zeigt, dass gesunde Essgewohnheiten das Risiko kognitiver Einschränkungen und
demenzieller Erkrankungen im Alter tatsächlich verringern können“, kommentiert Professor Dr.
Agnes Flöel von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. „Die Erkenntnisse sind ein weiterer
Schritt auf dem Weg zu soliden wissenschaftlichen Empfehlungen, um das Demenzrisiko für
Patienten wie auch Gesunde zu senken“, so die Leiterin der Arbeitsgruppe Kognitive Neurologie
an der Klinik für Neurologie der Charité in Berlin. Welche Nährstoffe für den positiven Effekt
verantwortlich sind und ob auch andere Faktoren wie eine verminderte Kalorienzufuhr positiv
auf das Gehirn wirken, wird derzeit weltweit intensiv untersucht. Auch auf dem 88.
Neurologenkongress, der mit rund 6000 Experten für Gehirn und Nerven vom 23. bis 26.
September in Düsseldorf stattfindet, wird das Thema diskutiert.
Für die Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift Neurology veröffentlicht wurde, hat ein
Forscherteam um Andrew Smyth von der McMaster University im kanadischen Hamilton die Daten
von zwei großen Untersuchungen zur Wirkung blutdrucksenkender Medikamente neu ausgewertet.
Das Ergebnis: Die Studienteilnehmer, die sich am gesündesten ernährten, hatten ein um 24 Prozent
geringeres Risiko für geistigen Abbau im Vergleich zu denen, die sich besonders ungesund
ernährten. Als „gesund“ galt dabei eine Diät mit viel Obst, Gemüse, Nüssen oder Eiweiß aus Soja
sowie bei tierischen Nahrungsmitteln die Formel „mehr Fisch als Fleisch“ – im Gegensatz zum
Konsum von zum Beispiel viel frittiertem Essen oder Alkohol.
„Die Ergebnisse legen nahe, dass gesunde Essgewohnheiten nicht nur das Herz-Kreislauf-Risiko
sondern auch das Risiko für kognitive Störungen, insbesondere bezüglich Aufmerksamkeits- und
Kontrollfunktionen, aber auch von Gedächtnisstörungen, senken könnten“, erläutert Flöel. Den
deutlichen Unterschied von 24 Prozent zwischen dem besten und dem schlechtesten Fünftel der
Teilnehmer hält sie in dieser großen, multinationalen Studie für bemerkenswert.
Zusammenhang zwischen Essgewohnheiten und kognitiven Leistungen
Die 27.860 Teilnehmer der Studie aus 40 Ländern waren mindestens 55 Jahre alt, sie litten an
Herzerkrankungen oder hatten ein hohes Risiko für die Zuckerkrankheit. Gemessen wurde die
geistige Leistung anhand des Mini-Mental-Status-Test (MMST), einem Standardtest zur Diagnose
von Demenz und Alzheimer. Der MMST wird als Interview durchgeführt. Anhand von festen
Aufgabenkomplexen werden zentrale kognitive Funktionen überprüft, wie zeitliche und räumliche
Orientierung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Sprachverständnis, Lesen, Schreiben, Zeichnen und
Rechnen. In der Studie wurde der Test zu Beginn der Untersuchung und nach fünf Jahren
Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, 30. Juni 2015
durchgeführt. In diesem Zeitraum beobachteten die Forscher etwa bei jedem sechsten
Studienteilnehmer eine Verschlechterung der kognitiven Leistungen. Diese Informationen stellten
Smyth und Kollegen dann den Ergebnissen aus einer Befragung zu den Essgewohnheiten der
Studienteilnehmer gegenüber.
Auch Fasten und Bewegung helfen dem Gehirn
Flöel hält es allerdings auch für möglich, dass die errechnete Risikoreduktion nicht allein auf das
gesunde Essen zurückgeht, sondern auch eine Folge der verminderten Kalorienzufuhr sein könnte.
Die Forscherin selbst hat die positiven Auswirkungen solch einer „kalorischen Restriktion“ bereits
vor einigen Jahren am Universitätsklinikum Münster nachgewiesen. Damals konnte Flöel zeigen,
dass ältere Versuchspersonen im Anschluss an eine dreimonatige verringerte Kalorienzufuhr besser
lernten: Die Lernleistung stieg um 20 Prozent gegenüber der Vergleichsgruppe. Dieser Effekt beruht
möglicherweise auf einem verbesserten Glukose-Stoffwechsel und einer damit verbundenen,
positiven Wirkung auf insulinabhängige Stoffwechselwege im Gehirn, vermutet Flöel.
In der aktuellen Studie hatten die Forscher zwar mit statistischen Methoden mögliche
Auswirkungen des Rauchens, des Körpergewichts und von sportlichen Aktivitäten herausgerechnet.
Der unterschiedliche Energiegehalt der Nahrung wurde aber nicht berücksichtigt. Stattdessen ging
es darum, wie viele Portionen Obst, Gemüse, Nüsse, frittiertes Essen oder Alkohol täglich
konsumiert wurden, und wie das Verhältnis von Fisch zu Fleischprodukten und Eiern war.
Weiter kann die Studie nicht beantworten, welche Inhaltsstoffe der „gesunden Lebensmittel“
letztlich für die positiven Effekte verantwortlich waren. Dies wird weltweit derzeit intensiv
untersucht, auch von der Arbeitsgruppe von Professor Flöel. Mögliche Substanzen sind hier Omega3-Fettsäuren, B-Vitamine und Nährstoffe, die eine Kalorienrestriktion imitieren, mit positiven
Auswirkungen auf den Glukose-Stoffwechsel. Hierzu gehört zum Beispiel das in Weintrauben
vorkommende Resveratrol oder die für Selbstreinigungsprozesse der Zelle wichtigen Polyamine, die
unter anderem in Weizenkeimlingen oder Sojabohnen enthalten sind.
Dem geistigen Abbau aus eigener Kraft entgegenwirken
Trotz dieser Einschränkungen sei die Arbeit der Kollegen ein weiterer Schritt nach vorne, lobt Flöel.
Die Forschung sucht schon lange nach einem wirksamen Schutz gegen Demenz. Neben gesunder
Ernährung wird körperlicher Aktivität eine besondere Bedeutung zugeschrieben. Der Schlüssel liegt
daher in jedem Einzelnen: „Auch wenn viele Details noch nicht geklärt sind, so scheint doch sicher,
dass es mehrere Möglichkeiten gibt, dem geistigen Abbau aus eigener Kraft entgegen zu wirken.
Eine gesunde und maßvolle Ernährung und regelmäßige Bewegung gehören zu den präventiven
und wirkungsvollen Maßnahmen, die jeder heute schon umsetzen kann“, so Flöel. Und zwar nicht
erst, wenn die sich die Erkrankungen schon zeigen, wie bei den Patienten der kanadischen Studie.
Quellen
Smyth A, et al: Healthy eating and reduced risk of cognitive decline: A cohort from 40 countries. Neurology.
2015 Jun 2;84(22):2258-65
Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, 30. Juni 2015
Witte AV, et al: Caloric restriction improves memory in elderly humans. Proc Natl Acad Sci U S A. 2009 Jan
27;106(4):1255-60
Witte AV, Kerti L, Margulies DS, Flöel A. Effects of resveratrol on memory performance, hippocampal
functional connectivity, and glucose metabolism in healthy older adults. J Neurosci. 2014;34(23):7862-70.
Witte AV, Kerti L, Hermannstädter HM, Fiebach JB, Schreiber SJ, Schuchardt JP, Hahn A, Flöel A. Long-chain
omega-3 fatty acids improve brain function and structure in older adults. Cereb Cortex. 2014;24(11):3059-68.
Fachlicher Kontakt bei Rückfragen
Prof. Dr. med. Agnes Flöel
Charité - Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neurologie
Charitéplatz 1, 10117 Berlin
Tel: +49 (0) 30 4506 6028 4, E-mail: [email protected]
Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
Frank A. Miltner, c/o albertZWEI media GmbH
Englmannstr. 2, 81673 München
Tel.: +49 (0) 89 46148622, E-Mail: [email protected]
Pressesprecher: Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen
Mensch im Blick – Gehirn im Fokus
88. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie vom 23. bis 26. September in Düsseldorf
Rund 6000 Experten für Gehirn und Nerven tagen im September in Düsseldorf. Von Demenz bis Epilepsie, von
Schlaganfall bis Multiple Sklerose – der DGN-Kongress ist das zentrale Wissenschafts-, Fortbildungs- und
Diskussionsforum der neurologischen Medizin in Deutschland. Journalisten bietet er Gelegenheit zur
Recherche sowie für persönliche Gespräche mit den führenden Köpfen der deutschen und internationalen
Neuromedizin.
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Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, 30. Juni 2015
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