Organisation – Politik - Ideologie KLIOpes - zeithistorische Forschung und Publikation Dr. Peter Schyga www.kliopes.de ‣ ‣ ‣ ‣ ‣ ‣ Erwerbsstruktur in der Landwirtschaft Der agrarpolitische Apparat der NSDAP Der Reichsnährstand Blut und Boden und Antisemitismus Reale Probleme und Widersprüche der Reichsnährstandspolitik Der Reichsnährstand als Triebkraft und Organisator der Plünderung des europäischen Ostens © KLIOpes 2012 1933 waren 13 Millionen Personen in der Landwirtschaft tätig, davon etwa 2,6 Millionen Landarbeiter (etwa genauso viele wie in der Industrieproduktion) 3 Mio. (59,5 % aller Betriebe) produzierten mit einer Hofgröße von 1-2 Hektar auf einer anteiligen Nutzfläche von 6,2 Prozent diese Kleinsthöfe stellten zusammen mit den Kleinbetrieben (bis 5 Hektar) und den Mittelbetrieben (bis 20 Hektar) die übergroße Mehrheit von 95,7 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe sie verfügten aber nur über 53,4 Prozent der Nutzfläche. ihre Zahl betrug 4,9 Mio. Die Großbauern (20-100 Hektar) und Großgrundbesitzer (über 100 Hektar), 218.000 an Zahl und anteilig etwas über 4 Prozent, bewirtschafteten als fast die Hälfte des nutzbaren Bodens (Vgl. Hans-Ulrich Wehler a.a.O, S. 209) © KLIOpes 2012 Größe /ha Land Anzahl % aller Betriebe Landwirt. Nutzfläche (in Mio. ha) Nutzfläche in % < 2 ha 3.046.302 59,5 1,5 6,2 2-5 ha 894.453 17,5 2,9 11,4 5-20 ha 956.155 18,7 9,1 35,8 20-100 ha 199.825 3,9 6,8 26,4 > 100 ha 18.671 0,4 4,1 20,6 Gesamt 5.115.406 100 24,1 100 © KLIOpes 2012 NSDAP-Broschüre von 1930 © KLIOpes 2012 Erhöhung der Produktivität der Landwirtschaft Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche Preissubventionierung Verbrauchslenkung Reichsnährstand wollte eine Agrarökonomie mit Preis-, Produktionsund Verbrauchslenkung einrichten, die weitgehend von den Marktzwängen befreit sein sollte © KLIOpes 2012 Bauern sollten angemessene Erzeugerpreise erhalten, die anderen Teile der Volksgemeinschaft aber nicht durch hohe Lebensmittelpreise gebeutelt werden Produktivität der Landwirtschaft sollte gesteigert werden, doch die technischen Mittel, Maschinen und Rohstoffe für Dünger wurden für die Aufrüstung benötigt Arbeitskraft sollte auf dem Lande gebunden werden, doch die Industrie benötigte solche ebenso und zahlte höhere Löhne © KLIOpes 2012 © KLIOpes 2012 Quelle: Reischle © KLIOpes 2012 © KLIOpes 2012 „Das Reichsnährstandsgesetz ist im Hinblick auf das ganze bisherige volkswirtschaftliche Lehrgebäude von grundlegender und grundsätzlicher Bedeutung, da es rein deutschen Wirtschaftsgedanken entspringt und mit der bis zum 30. Januar 1933 amtlichen Lehrmeinung über Volkswirtschaft nichts, aber auch rein nichts zu tun hat. Wir sind überzeugt, dass dem deutschen Volke nur folgende beiden Wege offenstehen: Entweder auf dem Wege, welcher das Reichsnährstandsgesetz brachte, weiter fortzuschreiten und damit überhaupt zu einer deutschen Volkswirtschaft im echten Sinne des Wortes zu kommen, oder wieder abzuirren vom Wege und damit restlos unter die Knute desjenigen Volkes zu geraten, das die Auswertung der Zwischenhandelsgewinne noch immer besser zu gestalten und auszunutzen verstand als unser auf Leistung und Güte der Ware, das heißt auf ehrliche Arbeit gezüchtetes Volk, nämlich unter der Knute der Juden! Heil Hitler! R. WALTHER DARRÉ, Reichsbauernführer und Reichminister für Ernährung und Landwirtschaft.“ Geleitwort in: Hermann Reischle, Wilhelm Saure, 1936²: Der Reichsnährstand. Aufbau, Aufgaben und Bedeutung, Berlin, S. 3 © KLIOpes 2012 Alle in der Landwirtschaft tätigen und mit ihr verbundenen Personen landwirtschaftliche Genossenschaften Landhandel, Be- und Verarbeiter Reichsnährstand Einrichtungen der Preis- und Marktaufsicht © KLIOpes 2012 Reichsnährstand = Träger der nationalsozialistischen Agrarpolitik Aufbau und Aufgaben entstammen nationalsozialistischer Zielsetzung und nationalsozialistischem Gestaltungswillen deutscher Boden = Lebensgrundlage des deutschen Volkes und Glied des weiten deutschen Lebensraumes Bauerntum = Blutsquell des Volkes Aufgaben, die in diesem Blutstrom beschlossen sind = höchste Lebenswerte Blut = Grundlage der Gesittung Gesittung aus dem Blut = Lebensforderung der Zeit Führungen und Gefolgschaft des RNST = Gefolgsmannen des Führers in diesem Dienst dieser Gefolgschaft will man sich stets „zum deutschen Sozialismus der Tat“ (S.354) bekennen (Reischle, a. a. O. S. 351-354) © KLIOpes 2012 wurde als einzige NS-Organisation nach dem Krieg nicht von den Westalliierten verboten die Westalliierten meinten, die Organisation zur Sicherung der Lebensmittelversorgung zu benötigen ging ab 1947 in die Bauernorganisationen der Länder über Orts- und Kreisbauernführer blieben weitgehend unangetastet etliche übernahmen Funktionen in den Bauernschaften und Landwirtschaftskammern der Westzonen und der späteren Bundesrepublik © KLIOpes 2012 * 17.7.1895 in Buenos Aires, Stadtteil Belgamo (deutschsprachige Kolonie in Argentinien) schulische Ausbildung in London, deutscher Kriegsteilnehmer, bis 1923 Mitglied des „Stahlhelm“ 1925 Diplomlandwirt,1926 erschien sein entscheidender Beitrag zur „Rasseforschung“ als Artikel in der Zeitschrift Volk und Rasse: „Das Schwein als Kriterium für nordische Menschen und Semiten.“ 1927 Kontakt mit Himmler, 1930 mit Hitler; Eintritt in die NSDAP und SS in München bis 1933 Leiter des agrarpolitischen Amtes der NSDAP 1931 bis zu seiner Ablösung im Februar 1938 gemeinsam mit Himmler Gründer und dann Chef des Rasse- und Siedlungshauptamtes (RuSHA). am 4. April 1933 wird Darré zum Reichsbauernführer ernannt, die zugeordnete Organisation, der Reichsnährstand, wird per Gesetz v. 13.9.1933 installiert ab Juni 1933 Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Mai 1942 Entlassung als Minister. „Kaltstellung“ als Reichsbauernführer. Lebte bis 1945 als Privatier in seinem Jagdhaus in der Schorfheide am 14.4.1949 im „Minister-Prozess“ zu 7 Jahren Haft verurteilt. Entlassung am 25.8.1950. Privatier in Bad Harzburg, gest. 5.9.1953 in München, beerdigt in Goslar die Stadt übernahm die Bestattungskosten © KLIOpes 2012 Darré begrüßt Adolf Hitler auf dem Bahnhof Tündern / Hameln 1935 © KLIOpes 2012 Foto: Gelderblom *8.2.1893 in Vienenburg, Kreis Goslar, Schulbesuch mit Abitur 1911 am Gymnasium Goslar, Kriegsteilnehmer als Offizier nach dem Krieg Besuch der Landwirtschaftsschule in Halle/Saale 1924 heiratete er Frau Haus und Hof in Groß Flöthe. 1925 Eintritt in die NSDAP (Mitglied Nr. 3355) und etwas später in die SS (Mitglied Nr. 56180), für kurze Zeit Ortsgruppenleiter der NSDAP in Goslar, danach Bezirksleiter der Partei 1928-1933 Abgeordneter des Reichstags für den Wahlkreises SüdhannoverBraunschweig; ab den November“wahlen“ 1933 bis 1945 weiterhin Reichstagsmandatsträger. Dezember 1931 bis Juli 1933 Präsident des Reichslandbundes und leitender Mitarbeiter des agrarpolitischen Amtes der NSDAP ab Juli 1933 Staatssekretär im Reichsernährungsministerium im Zuge der industriellen Landnahme für die Reichswerke- Hermann-Göring / Salzgitter gab er seinen Hof auf und erhielt nach 1939 ein schlossartiges Anwesen in Polen nach dem Krieg Anklage und kurze Haft, Rückkehr nach Groß Flöthe †25.10.1962 in Wolfenbüttel © KLIOpes 2012 *1.3.1998 in Wasserkurl, nach dem Notabitur in Unna Kriegsteilnehmer Nov. 1919 Mitglied des Deutschvölkischen Schutz und Trutzbundes und der DNVP 1923 Gründung einer Stahlhelmgruppe und Teilnahme an den Kämpfen im Ruhrgebiet 1929 Eintritt in die SA, 1.4.1930 Eintritt in die NSDAP und SS (Aufstieg bis zum SS-Gruppenführer Jan. 1942), Gaufachberater im Amt für Agrarpolitik der NSDAP Gau Westfalen seit 1931 Vorstandsmitglied der Westfälischen Landwirtschaftskammer, 1932 Mitglied des Preußischen Landtags, März 1933 Präsident des Reichslandbundes und Gaufachberater des agrarpolitischen Amtes der NSDAP, 1933 bis 1943 Mitglied des Reichstags ab Juni 1933 Reichsobmann des Reichsnährstands, ab Juli 1933 Landesbauernführer Westfalen-Süd, ab Febr. 1934 Mitglied des Reichsbauernrats 1936/37 wegen seiner Intrigen im Reichsnährstand gegen Darré eine Zeitlang kaltgestellt. © KLIOpes 2012 Foto: www.reichstagsabgeordnetendatenbank.de/... © KLIOpes 2012 1937 Göring beruft ihn in den Vorstand der Reichswerke – Hermann-Göring/ Salzgitter 1936-1945 Stellvertreter von dessenPaul Pleiger. Zuständig für das Personalwesen, d. h. ab 1939 im Wesentlichen für die Zwangsarbeitsverpflichtungen 1940 Ernennung zum Wehrwirtschaftsführer, Berufung in den Wehrwirtschaftsrat der Reichswirtschaftskammer Nach dem Krieg 22 Monate in britischer und amerikanischer Kriegsgefangenschaft, danach wieder als Landwirt tätig Mitarbeit im Naumannkreis, der die FDP nationalsozialistisch unterwandern wollte 1953 Mitglied der Deutschen Reichspartei u. Vorsitzender des Direktoriums 1955-1960 mit einmonatiger Unterbrechung deren Vorsitzender †8.2.1973 in Kamen Landesbauernführer v. Rheden (4. v. links) bei der Herrichtung des Kaiserhauses für den Führerbesuch 1934 in Goslar (Stadtarchiv Goslar) © KLIOpes 2012 *17.12.1885 in Rheden bei Gronau, Rittergutsbesitzer, Abitur am Gymnasium Goslar, Landwirtschaftsstudium in Göttingen, Reserveoffizier im Weltkrieg. nach dem Krieg stellvertretender Vorsitzender der Landwirtschaftskammer Provinz Hannover. April 1930 Eintritt in die NSDAP und SA. November 1931 Gaufachberater des Amtes für Agrarpolitik der NSDAP. ab 1933 Mitglied des Reichstags (Wahlkreis Südhannover-Braunschweig). Er blieb es mit Unterbrechungen bis 1945. ab Juli 1933 bis 1945 Landesbauernführer Niedersachsen, Gauamtsleiter des Amtes für Agrarpolitik im Gau Südhannover-Braunschweig. Mai 1941 bis Dez. 1942 stellvertretender Leiter der Gruppe Ernährung und Landwirtschaft beim Militärbefehlshaber Belgien und Nordfrankreich. bis Kriegsende weiter als Bauernführer tätig. †10.10.1957 in Göttingen. © KLIOpes 2012 * 1. Mai 1896 in Batumi (Georgien), Landwirtschaftsstudium in Göttingen 1923-1924 Assistent an der TU Hannover 1922 Eintritt in die SA, 1923 in die NSDAP in Hannover Mitgliedsnummer 87882), 1925 Ortsgruppenleiter ab 1928 Domänenpächter im Kreis Alfeld/Elze 1931 Kreisvorsitzender des Reichslandbundes 1932 enger Mitarbeiter Darrés im agrarpolitischen Amt der NSDAP 1933 Staatssekretär im Reichsministerium für Ernährung, 2. Mann hinter Darré, Eintritt in die SS (Aufstieg bis zum SS-Obergruppenführer im Nov. 1942) 1936 Leiter der Geschäftsgruppe Ernährung in Görings Vierjahresplan-Stab ab Mai 1942 Nachfolger Darrés im Ernährungsministerium. Verantwortlich für die Nahrungsmittelausplünderung des europäischen Ostens (Backe-Plan) ab April 1944 Reichsernährungsminister Angeklagt vor dem Kriegsverbrechertribunal in Nürnberg (Wilhelmstraßen-Prozess), erhängte er sich am 6.7.1947 Stadtarchiv Goslar © KLIOpes 2012 Zum Reichsbauerntag 1934 in Goslar äußerte sich Wilhelm Meinberg : „Die zukunftsgestaltende Kraft des Nationalsozialismus besteht nicht zuletzt darin, dass er die Selbstbesinnung des deutschen Volkes auf seine völkischen Urkräfte bedeutet. …Uns dagegen lehrt die Rassenkunde, dass Blut und Geist, Blut und Weltanschauung, Blut und Kultur eine durch das Schicksal gegeben organische Einheit darstellen, dessen Missachtung zwangsläufig zur Entartung führen muss. Und das ist das große Geheimnis unseres deutschen Volkes, dass die Bedeutung des bäuerlichen Bluterbes für Volk und Staat Schicksal des ganzen deutschen Volkes schlechthin ist. … Denn unser Volk tritt in das Licht der Geschichte als ein Bauernvolk.“ Wilhelm Meinberg, Reichsobmann für die bäuerliche Selbstverwaltung in der Goslarschen Zeitung (GZ) v. 12.11.1934 © KLIOpes 2012 „Leitworte des deutschen Bauernstandes“ von Landesbauernführer, Gutsbesitzer HARTWIG VON RHEDEN auf dem Bückeberg 1933: „Ehrfurcht vor Gottes Walten im Leben der Völker, Verantwortungsgefühl vor Ahnen und Enkeln, Glaube an Deutschheit und Urkraft des Volkstums, Treue zur Familie, zum Volk und zum Vaterland, Achtung vor der Sitte der Väter und zum Vaterland, Liebe zur Gottesnatur, zur heimatlichen Scholle der Väter! Treue zur Jahrhunderte alten deutschen Mundart, Hingabe an den hohen Beruf des Nährstandes der Deutschen, Wille dem Volksganzen durch freudige Arbeit zu dienen, Sittlichkeit im täglichen und im Wirtschaftsleben, Wertung der eignen Ehre und der Ehre des ganzen Volkes, Opferwilligkeit für die Belange des Deutschtums, Erkenntnis vom Lohn und Segen der Arbeit, Freudigkeit an der Verpflichtung des Dienens, Gefühl für Mannesstolz und Selbständigkeit, Verehrung des Helden und starken Einzelmenschen, Vertrauen zu dem der Scholle entsprossenen Führer, Wille zur sittlichen Gemeinschaft der Artgleichen, Dankbarkeit, ein deutscher Mensch sein zu dürfen, Sehnsucht nach der Freiheit der Arbeit und des Menschen, Glaube an das völkische Großdeutschland der Zukunft. Das ist Bauerntum!“ Goslarsche Zeitung v. 2.10.1933 © KLIOpes 2012 „Unser täglich Brot“ … nach Dr. Hermann Reischle, Stabsamtsführer des Reichsbauernführers: „Die Arbeit des deutschen Bauern ist das Brot des Volkes. Wer das Wort ausspricht vom‚ täglichen Brot‘, der soll daher nicht nur an den Himmel und die Sonne denken, denen wir diese edelste Gabe verdanken, sondern auch an den Bauern, der durch seine Arbeit zum Mittler der Erden- und Sonnengabe des täglichen Brotes wird. Die Tragweite eines solchen Gedankens ist von umfassender Bedeutung.“ Hermann Reischle, Wilhelm Saure, 1936²: Der Reichsnährstand. Aufbau, Aufgaben und Bedeutung, Berlin., S. 353 © KLIOpes 2012 „Mutter Erde, wieder hast du gelbes Korn geschenkt, Ließest große Ernten schön gedeihen, Hast die Bäume schwer mit Obst behängt, Und der Acker barg in langen Reihen Jene Früchte, die uns Nahrung geben. Du fülltest sie mit Kraft von deinem Leben. Sieh, wir wanden dankbar nun den bunten Erntekranz, Tragen singend ihn durch Heimatfluren. Und wir beten, ehe wir zum Tanz Eilen: segne alle Kreaturen! Wolltest uns in heiligem Verschwenden Unser täglich Brot auch ferner gütig spenden!“ (Zoe Droysen in GZ v. 5./6.10.1935) © KLIOpes 2012 Die Reichshauptabteilung I „Der Mensch“ ist „Träger der erziehenden Standesaufgaben. … Durch sie wird dem Bauern und dem Landvolk die neue Gesinnung, Zielsetzung und Schulung vermittelt, die der Nationalsozialismus dem deutschen Bauern zu geben vermag.“ „Die Hauptabteilung I widmet sich allen Aufgaben, die der menschlichen, wirtschafts- und sozialpolitischen, geistigen und seelischen Förderung der in der Landwirtschaft tätigen Personen dienen. … Die Reichshauptabteilung I hat zur Aufgabe die grundsätzlichen Fragen der Landwirtschaft und des Verhältnisses zwischen Mensch und Boden (Gedanke von ‚Blut und Boden‘).“ © KLIOpes 2012 „Der Schulung sind vornehmlich die beiden Gebiete Biologie und Geschichte gewidmet. Von diesen Gebieten aus geschieht eine Erweiterung der Erkenntnisse und deren Aufbau: Vorlesungen aus der Agrarpolitik und Übungen vermitteln das Verständnis für die nationalsozialistischen Maßnahmen auf dem Sondergebiet des Bauerntums. Diese wissenschaftliche Seite der Ausbildung wird durch die Arbeit ergänzt, welche darauf abzielt, das Bauerntum mehr noch als bisher zum Gesittungsträger des deutschen Volkes zu machen. Dabei handelt es sich um die Vertiefung des Wissens um Sitte und Brauchtum, um die deutsche Dichtung und Kunst, um Volkslied und Volkstanz.“ (vgl. Reischle, a.a.O.) © KLIOpes 2012 Der Direktor der Bauernhochschule Goslar: Richard Eichenauer (Bundesarchiv Berlin) © KLIOpes 2012 Plakat © KLIOpes 2012 Postkarte zum Erntedankfest 1933 Blick auf den „Führerweg“ von der Rednertribüne aus. © KLIOpes 2012 (Staatsbibliothek München) Der „Führer“ besteigt die „Rednerkanzel“. (Privatbesitz) © KLIOpes 2012 Hitler auf der Durchfahrt durch Hameln. © KLIOpes 2012 (Privatbesitz) Goslar bejubelt Adolf Hitlers Fahrt durch die Stadt, 1935. (Stadtarchiv Goslar) © KLIOpes 2012 Hitler erhält im Kaiserhaus Goslar die „Erntekrone“. (Stadtarchiv Goslar) ‣ mit dem „Bauernthing“ im „Nebelung“ wurde begrifflich und im Zeremonienstil auf die Zeit der Ahnen vor ihrer „Verchristlichung“ zugegriffen ‣ Überlieferungen waren dürftig ‣ deshalb malte die nazistische Kulturelite ein Fantasiebild, das sie als vergangene Wirklichkeit ausgaben und verbreiteten. (GZ v. 14.11.1934) © KLIOpes 2012 © KLIOpes 2012 es gab insgesamt 4 Reichsbauerntage, jeweils im November der Jahre 1934, 1935, 1936, 1938 veranstaltet wurden sie von der Reichsnährstandsführung, um ihre Leute auf die Erzeugungsschlachten einzustimmen und ideologisch aufzurüsten das Dilemma der „rein nationalsozialistischen“ Marktkontrolle bestand in den widersprüchlichen Interessen der Verbraucher an niedrigen Nahrungsmittel-preisen und der Erzeuger an profitablen Produktionspreisen das propagierte Ziel, die Nahrungsmittelversorgung aus „deutscher Scholle“ zu gewährleisten, wurde nie erreicht die Erhöhung der Produktivität der Landwirtschaft durch Mechanisierung und bessere Düngung stockte, weil benötigte Rohstoffe in die Rüstungsindustrie flossen Arbeitskräfte wanderten trotz strenger Arbeitsbuchkontrollen zunehmend in finanziell lukrativere Industriearbeit ab die Mobilisierung von JH und BDM zu Ernteeinsätzen konnte die Lage nicht entschärfen erst mit dem massiven Einsatz von ausländischen Arbeitskräften, der massenhaften Nutzung von Zwangsarbeit und der Plünderung der eroberten Gebiete ab 1939 konnte die Ernährungslage der Volksgemeinschaft einigermaßen zufriedenstellend geordnet werden 1939 1940 1941 1942 1943 1944 Insgesamt 10.850 10.345 10.360 10.898 10.973 10.862 davon Ausländer und Kriegsgefangene 118 661 1.411 1.929 2.230 2.402 (zit. n.: Gustavo Corni, Horst Gies, 1997: Brot, Butter, Kanonen. Die Ernährungswirtschaft in Deutschland unter der Diktatur Hitlers, Berlin, S. 448) © KLIOpes 2012 „Das Wesen und die eigentliche Kraftquelle eines Reichsbauerntages liegt weit mehr in der sich jährlich wiederholenden Tatsache, dass alle Bauernführer aus dem ganzen Reich hier in Goslar zusammenkommen und in einer Fülle von Einzelreferaten und persönlichen Aussprachen ihre Erfahrungen miteinander austauschen, gleichzeitig neue Anregungen mit in ihre Heimat zurücknehmend. Die Reichsbauerntage zu Goslar sind die jährlich wiederkehrende Garantie dafür, dass die Arbeit aller Bauernführer im Reiche immer wieder auf eine einheitliche Arbeitsausrichtung abgestellt werden.“ Es gehe um die „Ausrichtung“ auf einer „grundsätzlichen Linie. Daher dienen die Reichsbauerntage auch ganz Besonders der inneren Festigung des einzelnen Bauernführers und darüber hinaus aller in der Landwirtschaft Tätigen.“ (Rede des Reichsbauernführers R. Walther Darré auf dem 6. Reichsbauerntag in Goslar 1938, Berlin, S. 1 © KLIOpes 2012 (Karte aus Backe, a. a. O., Darstellung 38, 39, S. 219, 221) © KLIOpes 2012 (Karte aus Backe, a. a. O., Darstellung 38, 39, S. 219, 221) © KLIOpes 2012 „Wenn wir die Grundlagen für die Tätigkeit der Reichshauptabteilung I, den Boden und den Menschen, auf Jahrzehnte und Jahrhunderte hinaus zu betrachten versuchen, dann werden wir erkennen, dass vor uns Probleme aufsteigen, deren Lösung man in früheren Zeiten nicht anzupacken gewagt hätte. Der deutsche Raum ist nicht vermehrbar. Wenn wir aber die Pflege deutschen Blutes und deutscher Erbkraft stets weiter so betreiben, wie wir sie begonnen haben, dann muss er Tag kommen, an dem der deutsche Boden restlos ausgenützt ist. Es wird sich zeigen, ob der nordisch-heldische Geist unseres Bauerntums wieder erstarkt ist und sich behaupten kann. Unser Bauerntum für diese geschichtliche Sendung reif zu machen, seine germanische Rasseeigenschaften zu stärken, das ist das oberste Arbeitsziel der Reichshauptabteilung I.“ (Reischle, Saure a.a.o., S. 128) © KLIOpes 2012 © KLIOpes 2012 Aus BACKES „wirtschaftspolitischen Richtlinien für die Wirtschaftsorganisation Ost, Gruppe Landwirtschaft“ (Backe-Plan): „Der Krieg ist nur weiter zu führen, wenn die gesamte Wehrmacht im 3. Kriegsjahr aus Russland ernährt wird. Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn von uns das für uns notwendige aus dem Lande herausgeholt wird.“ HERBERT BACKE wurde als Technokrat des „Unbedingten“ (M. Wildt) im Frühjahr 1942 von Hitler mit der Leitung der Ernährungsorganisation betraut, weil seine Skrupellosigkeit die schlechte Ernährungslage im Reich durch Vernichtung von Essern im Osten verbessern sollte. Backes Programm war einfach: Vernichtung der polnischen Juden durch Aushungern. Das betraf allein im „Generalgouvernement“ 3,5 Millionen Menschen. Dies Vernichtungsprogramm wurde in allen besetzten Gebieten des Ostens 1942/43 weitergeführt und auf alle Teile der Bevölkerung, die nicht direkt für Deutsche arbeiteten, ausgedehnt. Die Getreidelieferungen aus Europa für das Reich verdoppelten sich. (vgl. Adam Tooze, 2007: Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus, München, S. 591 ff.) © KLIOpes 2012 „Auf dem Deutschen Juristentag erläuterte der Führer die weltanschaulichen Grundlagen des Rechtes und zeigte den Wandel auf, dem in der Entwicklung der Völker auch die Rechtsauffassungen unterworfen sind. Er sprach insbesondere über die rassische Bedingtheit des Rechtsbegriffs, die zu Erkenntnissen führe, die für die Zukunft von entscheidender Bedeutung auch im internationalen Rechtsleben werden würde. Ein Staat, der seine rassische Mission begriffen habe, kenne keine Unterdrückung fremder Völker. Nur auf dem Boden dieser geistig ebenso umwälzenden wie politisch verpflichtenden Erkenntnisse könne eine wirklich organische Völkergemeinschaft als mögliche Weltordnung entstehen. Aus dieser Einheit zwischen Volk und Staat ergeben sich klar und eindeutig die Aufgabe der Staatsführung: Volkserhaltung, Rassenschutz und Rassenpflege. Alle anderen Aufgaben seien dadurch in natürlicher Bedingtheit gegeben. Die Rechtsauffassung des liberalen Staates ende in dem Zerfall des Volkes, das am Staat und seiner Justiz allmählich irre werde. Der totale Staat werde keinen Unterschied bilden zwischen Recht und Moral. Nur im Rahmen seiner gegebenen Weltanschauung könne und müsse eine Justiz unabhängig sein. Der Führer schloss seine eindrucksvollen Ausführungen mit einem Appell an die deutschen Juristen, sich im Sinne der Einheit von Staatsauffassung und Rechtsauffassung den Verpflichtungen gegenüber dem Volke bewusst zu sein.“ (Wernigeröder Zeitung v. 4.10.1933) © KLIOpes 2012 © KLIOpes 2012 © KLIOpes 2012