Bedürfnisorientiertes System beschleunigt GzD-Prozess WORKFLOW Chocolats Halba produziert als Division der Coop jährlich mehr als 12 000 Tonnen Schweizer Qualitätsschokolade. In Zusammenarbeit mit der Straumann AG wurde ein elektronischer Gut-zum-Druck-Workflow eingeführt. VON RUEDI ULMANN Im Prinzip sieht ein Gutzum-Druck-Workflow in der Verpackungsproduktion relativ einfach aus. Ein Grafiker oder Kunde schickt Druckdaten an einen Schokoladenhersteller. Dort gibt die Koordinationsstelle das Dossier intern in Umlauf. Produktmanagement, Technik-, Qualitätssicherungs- und Nachhaltigkeitsabteilung prüfen und kommentieren die Druckdaten. Die Rückmeldungen werden von der Koordinationsstelle gesammelt und auf Vollständigkeit überprüft. Sobald alles stimmt, werden die Daten in die Druckerei gesandt und anschliessend archiviert. 1500 Änderungen pro Jahr In Wirklichkeit ist alles oft etwas komplexer. Otto Mischler, GL-Mitglied und Leiter Webentwicklung bei der Straumann AG, präsentierte am 20. März in Zürich an einer Veranstaltung der Censhare (Schweiz) AG die Entwicklung des elektronischen GzD-Workflows der Chocolats Halba AG. Halba hatte ein System gesucht, um die Prüfung der Verpackung zu dokumentieren. Ein wichtiges Anliegen war auch die zentrale Speicherung aller Unterlagen für die verschiedenen Druckverfahren. Für die Verpackung der Qualitätsschokolade-Produkte wer- Chocolats Halba produziert pro Jahr mehr als 12 000 Tonnen Schokolade. Dafür werden durchschnittlich rund 1800 verschiedene Verpackungsmaterialien gebraucht - die meisten davon aus Papier. den rund 1800 verschiedene Verpackungsmaterialien verwendet, die meisten davon aus Papier, Aluminium, Wellkartonage und Kunststofffolien. Zwischen 1200 und 1500 dieser Materialien sind bedruckt. Pro Jahr gibt es bei den bedruckten Verpackungen rund 1500 Änderungen oder Anpassungen. Diese reichen von ganz neuen Produkten bis zur Anpassung einer Deklaration. Bei den saisonalen Produkten für Ostern oder für Weihnachten kommt es praktisch jedes Jahr zu kleineren oder grösseren Änderungen. Manchmal sind für ein Produkt auch zwei Änderungen pro Jahr notwendig. Wer was prüft Bei jeder neuen Verpackung oder Änderung müssen bis zu fünf verschiedene Abteilungen ein Gut-zum-Druck geben. Für die Koordination ist die Einkaufsabteilung zuständig. Das Product Management ist dafür verantwortlich, dass das GzD auch zum Kunden geht, also sehr oft zu den entsprechenden Stellen bei Coop, aber auch zu anderen Kunden. In der Qualitätssicherungsabteilung wird die Deklaration der Inhalts- stoffe überprüft. Die Abteilung für Verpackungstechnik überprüft die Abmessungen, ob der EANCode am richtigen Ort steht, dass alles gelesen werden kann und ob die drucktechnische Umsetzung möglich ist. Die Nachhaltigkeitsabteilung prüft u.a., ob die Klimabelastung richtig berechnet ist. Seit 2011 bietet Chocolats Halba auch CO2 neutrale Produkte an. Die in der gesamten Lieferkette verursachten Emissionen werden analysiert und durch zertifizierte Projekte in der Lieferkette selber kompensiert: durch Aufforstungen mit Kleinbauern, die auch den Kakao anbauen. Früher wurden GzD-Abzüge mit einem Laufzettel von Abtei- Nachhaltigere Verpackungen Im Jahr 2011 liess Chocolats Halba ihre Verpackungsmaterialien auf die jeweilige Umweltbelastung untersuchen. Bei Chocolats Halba sorgen im Verpackungsbereich insbesondere Alufolie, Polypropylenfolie, Papier und Wellkarton für Umweltbelastungen. Alufolie liegt direkt auf der Schokolade auf, bevor diese mit bedrucktem Papier umwickelt wird. Und damit die Schokohasen aus dem Halba-Ostersortiment in ihrer ganzen Pracht im Verkaufsgeschäft ankommen, werden sie in Beutel aus Polypropylenfolie verpackt und in Wellkartons in den Supermarkt transportiert. Kartons und Papier werden aus Holz hergestellt. Seit 2012 bezieht Chocolats Halba 100% der papierbasierten Verpackungen aus Recyclingmaterial 30 Dossier oder FSC-zertifiziert. Ökologischere Alternativen für Alufolie, Polypropylen, Papier und Wellkarton bieten zusätzliches Potenzial, um die Umweltbelastung zu reduzieren. Derzeit sind allerdings laut Halba keine lebensmittelsicheren Verpackungsalternativen auf dem Markt, mit denen die Umweltbelastung gravierend gesenkt werden kann. Daher will Halba in einem ersten Schritt das Verpackungsvolumen - wo immer möglich - reduzieren. Gemeinsam mit den Lieferanten sucht der Schokoladenhersteller in einem zweiten Schritt nach nachhaltigeren Verpackungsalternativen. Quelle: http://chocolatshalba.ch Marketing & Kommunikation 4/13 lung zu Abteilung weitergegeben. Eine Checkliste wurde Punkt für Punkt auf Papier abgehakt. Mit dem neuen Workflow kann seit Mitte Februar via das webbasierte System jedes Dossier allen Abteilungen gleichzeitig elektronisch zugänglich gemacht werden. Dies verkürzt den ganzen Freigabeprozess. Nur schon der Wegfall der Botengänge von Abteilung zu Abteilung spart pro Dossier etwa eine halbe Stunde. Zudem ist das Zusammenfassen der GzD-Kommentare einfacher geworden. Eine genaue Analyse des Effizienzgewinns steht zwar noch aus. Dafür will Halba-Projektleiter Michael Markwalder noch etwas mehr Erfahrung mit dem neuen System sammeln, um dann zusammen mit Straumann zu schauen, welche Punkte noch optimiert werden können. In einer Zwischenbilanz bezeichnet der stellvertretende Leiter Beschaffung bei Halba das Projekt als eine Erfolgsstory. Besonders gefreut hat ihn das positive Feedback aus der eigenen Abteilung. 170 User-Stories Für Markwalder war es wichtig, dass alle beteiligten Stellen bei der Erarbeitung des elektronischen Workflows beteiligt waren. Dies auch, weil der bisherige Prozess über lange Jahre eingespielt gewesen war. Aus dem Einbezug der involvierten Abteilungen resultierten 170 UserStories. Zwar musste die aus den vielen Wünschen resultierende Komplexität etwas reduziert werden. Aber dank der Integration aller Beteiligten in den Entwicklungsprozess konnte laut Markwalder ein guter Weg gefunden werden. Vor der Einführung des neuen Workflows fanden Schulungen durch Straumann statt, dann war Learning by Doing angesagt. Gut-zum-Druck werden bei der Chocolats Halba seit Mitte Februar mithilfe eines elektronischen Systems überprüft. Das gute Gelingen ist für ihn auch eine Anregung, weitere Prozesse anzuschauen. Die Aufnahme der User-Stories durch externe Experten habe geholfen, die eigene Sichtweise zu reflektieren und sie kritisch zu hinterfragen. Null Fehlertoleranz Unabhängige Lösung Mit der Präsentation des neuen GzD-Workflows bei Halba im Workshop in Zürich wollte Systemlieferant Censhare zeigen, dass auch ein «kleineres» Projekt lohnend sein kann. Otto Mischler von der Straumann AG, welche Halba beraten und begleitet hatte, wies darauf hin, dass Schokoladeverpackungen qualitativ hochstehende Drucksachen sind und auch eine längere Haltbarkeit als andere Drucksachen aufweisen müssen. Die Fehlertoleranz liegt praktisch bei null. Die Straumann AG setzt beim Projekt auf ein bewährtes Vor- Halba hatte lange nach einem Partner mit einer guten Lösung gesucht. Dabei wurden auch Lösungen von Verpackungsdruckereien angeschaut. Bei der Evaluation spielte das Kriterium einer unabhängigen Lösung eine nicht unerhebliche Rolle. Das jetzige System überzeugt Michael Markwalder, weil es modular aufgebaut ist und so den eigenen Prozess gut abbilden kann. Ein weiterer Ausbau des Systems ist für ihn eine valable Perspektive. In einer Zwischenbilanz bezeichnet der stellvertretende Leiter Beschaffung bei Halba das Projekt als eine Erfolgsstory. Marketing & Kommunikation 4/13 Vor dem elektronischen Gut-zumDruck-Workflow begleitete ein Laufzettel das GzD-Dossier, welches physisch von Abteilung zu Abteilung weitergereicht werden musste. gehensmodell: Zuerst ein Visions-/Ziele-Workshop, dann die Aufnahme der User-Stories, anschliessend Qualitätsmanagement, Planung, Realisierung und Betrieb nach dem SaaS-Modell (Software as a Service), d.h. die Software und Teile der IT-Infrastruktur werden bei einem externen Dienstleister betrieben und vom Kunden als Service genutzt. Offene Plattform Statt eine komplexe Software über einen Betrieb zu stülpen, sei die Software auf die Bedürfnisse des Betriebs ausgerichtet worden, erklärte Otto Mischler. Ein wichtiger Bestandteil dieser Vorgehensweise ist die Aufnahme und Umsetzung von User-Stories. Dies bedeutet aber laut Mischler, dass man sich in die Konfiguration eines Systems hineinknien muss, um zu prüfen, was geht und was nicht. Im konkreten Fall hätten die meisten User-Stories so umgesetzt werden können. Als eine Besonderheit taxiert Otto Mischler die Tatsache, dass sich Halba für eine offene Plattform entschieden hat. Dass keine Rechte gesetzt oder genommen werden, sei ein neuer Ansatz. Alle beteiligten Stellen können so flexibel Informationen einfliessen lassen. Jedoch ist immer nachvollziehbar, wer was gemacht hat. ■ Dossier 31