Brustkrebs: Lasst Tumoren fasten Es ist ein neuer Weg der Brustkrebsprävention - und ließe sich nach ärztlicher Anleitung einfach umsetzen: Die deutliche Kalorienreduktion scheint die Entstehung von Brustkrebszellen massiv zu bremsen, wie die American Association for Cancer Research jetzt mitteilt. Die Zahlen lesen sich wie ein Wunder. Von 71 auf nur noch 9 Prozent sei die Krebsrate bei Versuchstieren auf Diät gesunken, verkündete unlängst das Fachblatt Cancer Prevention Research. Doch in medizinischen Fachkreisen bliebe die Nachricht womöglich eine von vielen praxisfernen Meldungen – wenn Margot P. Cleary, Professorin am Hornel Institute der University of Minnesota nicht eine kleine Überraschung parat gehabt hätte. Die Kalorienreduktion allein, beschreibt die Forscherin, sei nur der bisher ohnehin bekannte Teil des Präventionspuzzles. Weitaus wichtiger sei die Erkenntnis, auf welche Weise die Kalorienreduktion erfolgen muss, um den Krebs gar nicht entstehen zu lassen. Tatsächlich galt bislang die Lehrmeinung, wonach eine anhaltende Kalorienreduktion den größten protektiven Charakter aufweist. Diäten mit Unterbrechungen, so schien es bisher, würden hingegen die Neubildung von Brustkrebszellen weitaus weniger hemmen. Jetzt aber widerlegte Cleary diese Annahmen, indem sie die Konzentrationen des Wachstumsfaktors IGF-1 bei Labormäusen genauer unter die Lupe nahm. Wie erwartet betrug die Tumorinzidenz bei jenen Tieren, die sich nach Belieben satt fressen konnten, exorbitante 71 Prozent. Und tatsächlich reduzierte der dauerhafte und nachhaltige Entzug von Kalorien diese Rate auf nur noch 35 Prozent. Zur großen Überraschung der Forscherin sank aber die Rate gar auf neun Prozent – doch nur, wenn die Tiere in Intervallen hungerten. Nach Ansicht von Michael Pollack, Onkologe am Cancer Prevention Center des Jewish General Hospital im kanadischen Montreal, liefere die Studie den „Beweis, dass Kalorienrestriktionen den Hormonspiegel des Organismus verändern und auf diese Weise die Krebsentstehung stoppen, und nicht, indem den Krebszellen Energie entzogen wird“. Der Glaube, wonach Energieentzug den Krebs besiegt, geistert nach wie vor durch die Medizinerwelt. Weil viele Tumoren Zucker verbrauchen, gingen Forschungsansätze stets von einem Ansatz aus: „Könnte man sie aushungern, wenn man ihnen diesen Stoff wegnimmt, wenn die Patienten eine spezielle Diät einhalten?“ Diese Frage stand beispielsweise auch am 10. Februar 2007 im Mittelpunkt einer öffentlichen Fortbildungsveranstaltung an der Uni Würzburg. Hormone senken, Pollack in Bezug auf derartige Thesen, und setzt einen drauf: Im Umkehrschluss begünstige Übergewicht die Krebsentstehung lediglich infolge gestiegener Wachstumshormonwerte. Vor allem adipöse Menschen seien von hohen IGF-1 Spiegeln bedroht, betont der Kanadier. Wie komplex die Art der Ernährung oder einer Diät den Brustkrebs entstehen oder verhindern kann, zeigten Schweizer Wissenschaftler um Andrea Huwiler vom Institut für Pharmakologie der Universität Bern. Danach wirken beispielsweise Fette als Signalmoleküle, indem sie gezielt in zelluläre Prozesse wie Zellteilung und Zelltod eingreifen. So kommt dem Fett-Botenstoff Sphingosin-1Phosphat eine Krebswachstum fördernde Funktion zu – es regt nicht nur die Zellteilung an, sondern schützt den Tumor vor dem Zelltod. Zudem fördert Sphingosin-1-Phosphat die Migration von Tumorzellen, eine wichtige Voraussetzung für die Metastasierung. „In Kulturen von Brustkrebszellen konnte gezeigt werden, dass speziell die Sphingosinkinase-1 durch krebsrelevante Wachstumsfaktoren wie Östrogen, Prolaktin oder den epidermalen Wachstumsfaktor EGF hochreguliert wird und dieses Enzym dann Zellwachstum und Zellmigration fördert“, erklärten die Forscher gemeinsam mit dem Team um Josef Pfeilschifter vom Institut für Allgemeine Pharmakologie und Toxikologie am Klinikum der Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt am Main im März vergangenen Jahres. Weniger Fett, weniger Krebs, dank weniger riskanter Signalmolekülen? Und was soll man eigentlich beachten? Glaubt man Cleary’s Ergebnissen, ließe sich als Arzt vor allem eine schlichte Erkenntnis als Empfehlung für die Patienten mitnehmen: Wer seine Kalorien zügelt, senkt das Tumorrisiko – wer zwischendurch nascht und danach erneut abnimmt, senkt es deutlich mehr.