meNet – music education Network Ein europäisches Netzwerk der Kommunikation und des Wissensmanagements für musikalische Bildung PRAXISBEISPIELE IM KONTEXT Musikunterricht: Specialist Schools - UK Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission und des österreichischen Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (BMWF) finanziert. www.menet.info Praxisbeispiele im Kontext Musikunterricht: Specialist Schools - UK I. KURZINFORMATION Dieses Beispiel beschreibt eine Strategie der Regierung, das Niveau der SchülerInnen in allen Sekundarschulen in England zu verbessern, indem sich Schulen auf bestimmte Bereiche des Lehrplanes spezialisieren. Das Beispiel einer auf Musik spezialisierten Schule wird hier beschrieben. meNet – music education Network www.menet.info 2 Praxisbeispiele im Kontext Musikunterricht: Specialist Schools - UK II. EINLEITUNG Das Schwerpunktschulprogramm (Specialist Schools Programme / SSP) ist ein wichtiger Teil der Pläne zur Erhöhung der Bildungsstandards in der Sekundarbildung der Regierung des Vereinigten Königreichs. Das SSP hilft Schulen, sich durch die Partnerschaft mit Sponsoren aus der Privatwirtschaft und finanzielle Unterstützungen der Regierung individuelle Profile zu schaffen und ihre Ziele zu erreichen, um die Standards zu erhöhen. Jede staatlich finanzierte Sekundarschule in England kann für sich den Status einer Schwerpunktschule in einem der folgenden zehn Gebiete beantragen: Kunst, Wirtschaft, Technik/Maschinenbau, Geisteswissenschaften, Sprachen, Mathematik & Informatik, Musik, Naturwissenschaften, Sport und Technologie. Schule können auch mehrere dieser Gebiete kombinieren. Sonderschulen können eine SEN (Sonderschulbildungs-)Spezialisierung in einem der vier im Sonderschulleitfaden festgelegten Gebiete beantragen. Etwas über 600 Sekundarschulen in England sind auf Kunst oder Musik spezialisiert. Nicht alle Kunstcolleges (College bedeutet hier Sekundarschule) haben den Fokus, das Niveau im Bereich der Musik zu erhöhen. Bei der Aufnahme von SchülerInnen können Schwerpunktschulen bis zu 10% nach ihrem Schwerpunkt auswählen. meNet – music education Network www.menet.info 3 Praxisbeispiele im Kontext Musikunterricht: Specialist Schools - UK III. PROJEKTBESCHREIBUNG In Musik-Schwerpunktschulen stellt die Musik das Herz des Schullebens dar. Das ist nur durch eine starke Führung und Glauben in die Macht der Musik seitens der Schulleitung möglich. Der leitende Musiklehrer in der Schule ist oft ein Mitglied des Schulleitungs-Teams. Es werden oft während der Schulzeit Konzerte abgehalten, durch Musikproduktionen wird Geld für wohltätige Zwecke gesammelt, und die Spezialisierung der Schule wird durch Beschilderung innerhalb und außerhalb der Schule beworben. Schwerpunktschulen setzen Ziele für die Verbesserung der gesamten Schule, indem sie die Standards in Schwerpunktfächern erhöhen und Partnerschulen sowie Gemeindeprojekte unterstützen. Um ihren Fortschritt zu veranschaulichen und zu evaluieren, haben Schwerpunktschulen ein komplexes internes System der Selbstevaluation und Schulentwicklung. Dies wird durch ein nationales Inspektionssystem überwacht. Andere Arten der Evaluationsarbeit sind z. B. Fragebögen und direkte Einbeziehung – Schulleitung, Eltern, Erziehungsberechtigte und KünstlerInnen aus der Gemeinde können so nach ihrer Meinung gefragt werden. Das Artsmark-Qualitätssiegel dient ebenfalls der Prüfung und Evaluation des Erfolgs. Um den Lehrplan zu beleben und das Lernen aufzuwerten, stellen Musikcolleges regelmäßig BerufsmusikerInnen ein, die als eine reiche Quelle der Unterstützung gelten. Solche Fachleute können in der Umgebung der Schule gefunden werden oder stehen in Verbindung mit landesweiten Institutionen wie dem Royal Opera House. Schwerpunktschulen sorgen dafür, dass SchülerInnen Möglichkeiten bekommen, die berufliche Praxis in den Zielfächern zu verstehen, indem sie Möglichkeiten bekommen, das Gelernte anzuwenden und praktische Erfahrungen zu machen. Gute Praxis ist zum Beispiel, wenn Schulen einen Tag dem Lernen über die Arbeitswelt der Musikindustrie widmen, Praktikumsplätze in entsprechenden Betrieben und Organisationen arrangieren und das Lernen personalisieren, indem sie eine Auswahl an möglichen Bildungswegen bereitstellen, wie z. B. Rockschool und Musiktechnologiekurse, die zusätzlich zum normalen GCSE angeboten werden. meNet – music education Network www.menet.info 4 Praxisbeispiele im Kontext Musikunterricht: Specialist Schools - UK Schwerpunktschulen dienen auch dazu, das Niveau der SchülerInnen im Allgemeinen zu erhöhen. Solche Schule bieten oft Weiterbildungstage für das gesamte Ausbildungspersonal an, bei denen es um den Gebrauch der Stimme, die Verwendung von Musiktechnologie und Gruppenaktivitäten wie etwa SambaTrommeln geht, um die Teambildung zu fördern. Ein wichtiges Anliegen von Musik-Schwerpunktschulen ist es, die Anzahl der SchülerInnen zu vergrößern, die eine berufliche Qualifikation in der Musik anstreben und die in ihrer Freizeit Musik machen. Erfahrene junge MusikerInnen können Klassen überspringen, um schneller ihre GCSE- und A-Level-Qualifikationen zu erlangen. Es wird auch eine große Anzahl an Aktivitäten außerhalb der Schulzeit angeboten, z. B. Bands, Chöre und Orchester. Auch wenn mit 14 Jahren die Schulpflicht endet, werden SchülerInnen ermutigt, ihre Bildung fortzusetzen, indem z. B. Instrumentalunterricht von externen LehrerInnen angeboten wird. Diese Unterrichtsstunden werden oft von Eltern oder Erziehungsberechtigten bezahlt, manchmal bezahlt die Schule sie aber auch aus den Mitteln, die ihr für die Spezialisierung zur Verfügung stehen. Ältere SchülerInnen fungieren oft als Vorbilder oder leiten Ensembles. St Andrews CE High School ist eine gemischte Comprehensive School (Gesamtschule) für 11- bis 16-Jährige mit 627 SchülerInnen aus dem ethnisch gemischten Gebiet Croydon im südlichen London. Im Jahr 2006 wurde diese Schule ein College mit Schwerpunkt Musik. 2007 schafften es alle 33 GCSE-KandidatInnen im Fach Musik, die Noten A* bis C zu bekommen, über 60% bekamen A* und A. Im Jahrgang 11 gibt es 40 SchülerInnen, die Musik für ihr GCSE wählen, im Jahrgang 10 sind es sogar 45. In den vergangenen drei Jahren war bei SchülerInnen, die das GCSE in Musik ablegten, die Note im Fach Musik die beste oder gemeinsam mit anderen Noten die beste. Ungefähr gleich viele Mädchen wie Jungen wählen Musik in der key stage (14-16 Jahre), und was Prüfungsergebnisse angeht, gibt es keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern. Die Schulleitung ist eine große Unterstützung für die Entwicklung von Musik in allen Bereichen der Schule. Ein neues Tonstudio mit der passenden IT-Ausrüstung ergänzen die normalen Klassenräume. meNet – music education Network www.menet.info 5 Praxisbeispiele im Kontext Musikunterricht: Specialist Schools - UK Die Trennung zwischen Pflicht- und Freifachaktivitäten ist absichtlich nicht ganz klar. Musikalische Aktivitäten, die außerhalb der Schulzeit stattfinden, werden als Teil des „Co-Curriculum“ (ergänzten Lehrplanes) bezeichnet. Die Schule hat ihre Mittagspause auf eine Stunde erhöht, sodass alle SchülerInnen die Möglichkeit haben, an ergänzenden Aktivitäten teilzunehmen. Tutorengruppen (home rooms) bestehen aus verschiedenaltrigen SchülerInnen und spiegeln die Tatsache wider, dass die meisten SchülerInnen in ergänzenden Aktivitäten verschiedenen Jahrgängen angehören. So können ältere SchülerInnen eine Vorbildwirkung auf jüngere SchülerInnen ausüben. Dieser Sachverhalt trägt zur Entwicklung sozialer und zwischenmenschlicher Fähigkeiten bei. In der gesamten Schule behandeln LehrerInnen Musik als eine praktische Aktivität und haben ein GCSE-Programm erstellt, um dies zu betonen. Alle Unterrichtsstunden beginnen mit einer Höraktivität. Obwohl Gruppenarbeit eine wichtige Rolle im Unterricht spielt, werden auch Beiträge einzelner SchülerInnen geschätzt und die SchülerInnen werden angehalten, Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen. Die SchülerInnen arbeiten mit einer breiten Palette musikalischer Stile, Genres und Traditionen u. a. auch Rock und Gospel – dies hilft ihnen, die Musik zu finden, die ihnen persönlich am besten gefällt. Alle Arbeitsaufgaben haben transparente und einheitliche Beurteilungskriterien und die SchülerInnen werden in die Bewertung ihres Fortschrittes einbezogen. LehrerInnen helfen ihnen, herauszufinden, was sie tun müssen, um besser zu werden. meNet – music education Network www.menet.info 6 Praxisbeispiele im Kontext Musikunterricht: Specialist Schools - UK Etwa 50% der SchülerInnen bekommen Instrumentalunterricht. Die Schule hat 14 Übungszimmer und verfügt über ein starkes Team von InstrumentallehrerInnen, die vollständig in das musikalische Leben der Schule eingebunden sind und zusätzlich zu ihrer Lehrtätigkeit Konzerte durchführen, Workshops anbieten und Ensembles leiten. Ungefähr 250 SchülerInnen nehmen als Teil des normalen Co-Curriculums an musikalischen Aktivitäten teil, weitere 50 singen bei speziellen Anlässen in Chören mit. SchülerInnen aller musikalischen Niveaus und Altersgruppen werden dazu ermutigt, im Rahmen des umfangreichen Konzertprogramms der Schule aufzutreten. Die SchülerInnen gewöhnen sich so an das regelmäßige Spiel vor Publikum, was ihr Auftreten verbessert, ihr Selbstbewusstsein stärkt und dadurch ihre Fähigkeiten im Bereich der Musik erweitert. meNet – music education Network www.menet.info 7 Praxisbeispiele im Kontext Musikunterricht: Specialist Schools - UK IV. KOMMENTAR Das englische System der Spezialisierungen ist einmalig in der Welt der Bildungssysteme. Die Reformierung des Systems hat über 20 Jahre gedauert und es wird geschätzt, dass gegen Ende des Schuljahres 2008/09 95% aller englischen Sekundarschulen entweder Schwerpunktschulen oder Akademien sein werden. Die Spezialisierung gibt Schulen die Möglichkeit, sich durch Kontakt und Reflexion, und in manchen Fällen Neuentstehung, weiterzuentwickeln. Es wird erwartet, dass SchulleiterInnen, LehrerInnen und SchülerInnen gemeinsam am System arbeiten und die Entwicklung und Verbreitung von innovativen Lehr- und Lernpraktiken vorantreiben und so Verbesserung in Schule und eine Erhöhung der Bildungsstandards sowie deren Erreichung erzielen. Der Großteil der Schwerpunktschulen wird von der Stiftung für Schwerpunktschulen und Akademien (Specialist Schools and Academies Trust) unterstützt. Deren Arbeitsprinzip ist „von Schulen für Schulen“ – und das ist ein Schlüsselprinzip, um Bildung zu reformieren. In der Praxis werden Programme und Aktivitäten so weit wie möglich von Schulleitung und LehrerInnen entworfen, angeleitet und durchgeführt, und die SchulleiterInnen steuern die Arbeit von SSAT. Die Tätigkeit von SSAT fördert die gegenseitige Unterstützung und die Verwendung von wissenschaftlich begründeten Strategien, die etwas verändern. SSAT fördert und vereinfacht zielgerichtetes Networking, Zusammenarbeit und Partnerschaften zwischen Schulen sowie zwischen Schulen und der Gesellschaft. Dies trägt dazu bei, Standards und deren Erfüllung zu verbessern und fördert daher die Möglichkeit jedes einzelnen Schülers, sein volles Potenzial zu entfalten. meNet – music education Network www.menet.info 8 Praxisbeispiele im Kontext Musikunterricht: Specialist Schools - UK V. KONTAKT Kontaktperson: Richard Jones meNet – music education Network www.menet.info 9