Experimentalphysik für Naturwissenschaftler 1 Universität Erlangen–Nürnberg WS 2014/15 Übungsblatt 3 (14.11.2014) mit Lösungen ——————————— 1) Rollende Kugeln Zwei Kugeln bewegen sich mit gleicher Anfangsgeschwindigkeit (und gleichem Startzeitpunkt) über die gezeichneten Profile von Punkt A nach Punkt B. Kommen diese gleichzeitig an? Falls nein, welche kommt früher an? (qualitative Begründung!) Lösung: Nein. Die untere Kugel erreicht Punkt B früher. Für diese gilt auf dem „runden“ Streckenteil, dass die potentielle Energie Epot geringer ist als die anfängliche Epot,0 . Somit muss die kinetische in diesem Bereich wegen der Energieerhaltung höher sein. Da Ekin = m2 v 2 , sich die Masse jedoch nicht ändert, ist die untere Kugel in diesem Bereich schneller unterwegs als auf dem geraden Streckenabschnitt, die obere jedoch langsamer. Somit erreicht die untere Kugel Punkt B zu einem früheren Zeitpunkt als die obere. 1 2) Rampenabschuss Die Nachbarskinder sind begeisterte Weltraumfans. Sie haben sich eine Abschussrampe mit dem Winkel α = 30◦ N zur Horizontalen gebaut, an deren unteren Ende sie eine Feder (Federkonstante kF = 400 m ) befestigt haben. Auf dem Dachboden haben sie eine alte Kiste, die m = 2kg schwer ist, gefunden und haben diese so auf der Rampe befestigt, dass die Feder um d = 20 cm zusammengedrückt wird. Da sie sich daran erinnern, dass Sie eine Physikvorlesung hören, fragen die Kinder - bevor sie die Kiste abschießen - Sie um Rat, was sie in etwa erwartet. Sie dürfen das System als reibungsfrei annehmen. (a) Welche Geschwindigkeit v0 hat die Kiste unmittelbar nach der vollständigen Entspannung der Feder unter Vernachlässigung der Schwerkraft? Lösung: Die Federenergie hat sich dann vollständig in kinetische Energie umgewandelt. √ 1 1 1 kF d2 m kF x2 = kF d2 = mv02 ⇔ v0 = = 2.83 (1) 2 2 2 m s (b) Welche Geschwindigkeit vS hat die Kiste unmittelbar nach der vollständigen Entspannung der Feder unter Berücksichtigung der Schwerkraft? Lösung: Nach der Federentspannung um d = 20 cm hat die Kiste bereits eine Höhe von d sin(α) = 10cm gewonnen. Dadurch steigt ihre potentielle Energie um: Epot = mgh = mg · sin(α) · d (2) Die verbleibende kinetische Energie ist dann Ekin,S = EFed − Epot = kF 2 d − mg · sin(α) · d 2 (3) Somit ergibt sich die Geschwindigkeit zu √ vS = 2Ekin,S m = 2.46 m s (4) (c) Wie hoch (vertikal vom Ende der entspannten Feder aus) kommt die Kiste maximal auf der Rampe? Lösung: Die maximale Höhe ist erreicht, wenn die kinetische Energie vollständig in Höhenenergie umgewandelt wurde. Ekin,S = Epot ⇔ Ekin,S = mgh ⇔ h = Ekin,S = 0.31m mg (5) Anmerkung: Längs der Rampe legt die Kiste dann eine Strecke h/ sin(α) = 0.62m zurück. Die insgesamt gewonnene Höhe ist 0.31m + 0.1m = 0.41m. Dies erhält man auch, indem man die in der Feder gespeicherte potentielle Energie vollständig in potentielle Energie aufgrund der Schwerkraft umwandelt, also kF x2 /2 = mghges . 2 3) Murmelbahn Anschließend werden Sie erneut um Rat gefragt: Die Kinder besitzen eine Murmelbahn und haben mit den entsprechenden Bauteilen einen Looping gebaut. Der Radius ist R = 20cm, die Masse der Murmel m = 50g. Auch hier können Sie die Reibung wieder vernachlässigen. (a) Mit welcher Mindestgeschwindigkeit muss die Murmel unten hineingerollt werden, um oben nicht herunterzufallen? Lösung: Im höchsten Punkt muss die Zentripetalkraft mindestens der Gewichtskraft entsprechen, damit die Kugel nicht herunterfällt. Somit gilt: √ vo2 FZ ≥ FG ⇔ m ≥ mg ⇔ vo ≥ gR (6) R Die Anfangsgeschwindigkeit erhalten wir also (jetzt für den Gleichheitsfall der beiden Kräfte gerechnet) über die kinetische Energie unten: m m Ekin,u = Ekin,o + Epot,o ⇔ vu2 = vo2 + mg2R (7) 2 2 Eingesetzt und aufgelöst ergibt sich: √ m vu = 5gR = 3.13 (8) s (b) Nun ist Ihr Basteltrieb geweckt und Sie wollen die Murmel maschinell beschleunigen. Wie viel Energie müssen Sie dazu auf die Murmel übertragen? Lösung: Ekin,u = m 2 v = 0.245J 2 u 3 (9) 4) Marssiedlung Da die erste permanente Siedlung auf dem Mars (Masse M = 6.419·1023 kg, Radius R = 3396km, Rotationsdauer T = 24.62h) immer größer wird, wurde auf einer anderen Stelle des Mars eine zweite Siedlung gegründet. Zur Verbindung beider Siedlungen will man einen Kommunikationssatelliten verwenden, der stationär (d.h. für die Marsbewohner immer an der gleichen Stelle des Himmels) positioniert sein soll. (a) Welchen Radius (bezüglich des Marsmittelpunkts) muss dessen Umlaufbahn haben? Lösung: 2π 1 = 7.089 · 10−5 T s mM FZ = FG ⇔ mω 2 r = G 2 r √ 3 GM r= = 2.043 · 107 m = 20430km ω2 T = 24.62h ⇒ ω = (10) (11) (12) (b) Wie schnell fliegt der Satellit? Lösung: m km = 1.448 (13) s s (c) Ein regelmäßiges Shuttle soll Erde und Mars miteinander verbinden. Dieses wird auf einer Rampe senkrecht zum Marsboden gestartet und hat die Masse m = 400t. Dabei kann die Masse als konstant angenommen werden und Gravitationsfelder anderer Himmelskörper können vernachlässigt werden. Wieviel Energie braucht das Shuttle mindestens, um den Mars zu verlassen? Lösung: [ ]∞ ∫ ∞ ∫ ∞ mM mM mM E= =G = 5.04 · 1012 J (14) FG (r)dr = G 2 dr = −G r r R R R R v = ωr = 1448 Um sich diese Zahl klar zu machen, kann man z.B. ausrechnen, wie lange ein großes Kernkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von P = 1000 MW arbeiten müsste, um diese Energie zu erzeugen (vorausgesetzt die elektrische Energie des Kraftwerks würde vollständig in kinetische Energie des Shuttle umgesetzt). Die Zeit wäre also t = E/P = 5.04 · 103 s, also ca. 1.4 Stunden. 4 5) Eisenbahn Ein Zug der Masse m = 800t befährt eine d = 10.0km lange Bergaufstrecke mit einer Steigung α = 7% bei einer Geschwindigkeit von v = 120.0 km . Die Reibung sei zunächst vernachlässigbar. h (a) Wieviel potentielle Energie gewinnt der Zug je gefahrenem Meter? Lösung: Mit der Kleinwinkelnäherung sin α ≈ tan α ≈ α und der Strecke dm = 1 m: Epot,m = gmh = gm sin(arctan α) · dm = gm sin(arctan 0.07) · dm ≈ gm · 0.07dm = 549kJ (15) (b) Welche Arbeit verrichtet der Zug auf dem Streckenabschnitt? Lösung: d = 5.49GJ dm (c) Wie lange könnte damit eine 21W-Energiesparlampe betrieben werden? Lösung: W = Epot,m · W = 2.62 · 108 s ≈ 8.3Jahre P (d) Berechnen Sie die Leistung des Zuges auf dem Abschnitt. Lösung: tBrenndauer = (16) (17) d W Wv W = = = 18.3MW (18) dt t d (e) Zwischen den Rädern und der Schiene besteht nun Rollreibung (µR = 0.1). Wieviel Arbeit verrichtet der Zug nun auf diesem Abschnitt? Lösung: Mit Kleinwinkelnäherung cos(arctan(α)) ≈ 1 und Normalkraft Fn = cos(arctan α) · FG : P = Wneu = WR + W = µR cos(arctan α)gmd + W = gmd(µR cos(arctan α) + sin(arctan α)) (19) Wneu ≈ gmd(µR + α) = 13.3GJ (20) 5 6) Billiard Beim Billiard trifft Kugel A auf eine gleich schwere ruhende Kugel B. Dabei wird Kugel A um einen Winkel von α = 5◦ zur Stoßrichtung abgelenkt. Nach dem Stoß hat Kugel A eine Geschwindigkeit mit dem Betrag 4.0 ms und Kugel B eine Geschwindigkeit mit dem Betrag 1.0 ms . (a) Welchen Winkel schließen die Bewegungsrichtungen von B und A nach dem Stoß ein? Lösung: m1 = m2 = m (21) Impulserhaltung sowohl in x- als auch in y-Richtung, so dass gilt (x-Richtung sei die Bewegungsrichtung der Kugel A vor dem Stoß): (22) va = va′ · cos α + vb′ · cos β 0 = −va′ · sin α + vb′ · sin β (23) Hierbei ist β der Winkel, den Kugel B mit der x-Achse einschließt. Somit folgt aus Gleichung 23: v′ sin β = a′ sin α = 0.349 vb (24) β = 20.4◦ (25) Also Gesamtwinkel α + β = 25.4◦ . (b) Wie groß sind die Geschwindigkeiten von A und B vor dem Stoß? Lösung: Wegen Impulserhaltung folgt aus 22: va = va′ · cos α + vb′ · cos β = 4.92 m s (26) Außerdem (nach Voraussetzung): vb = 0 (27) (c) Bleibt die kinetische Energie erhalten? Lösung: m 2 m2 va = 12.1 2 · m (28) 2 s ) m2 m ( ′2 ′ ′2 va + vb = 8.5 2 · m (29) Ekin = 2 s Da die kinetische Energie nach dem Stoß also geringer als vor dem Stoß ist, liegt keine Energieerhaltung vor, d.h. es ist ein teilelastischer Stoß. Ekin = 6