Fortgeschrittenen Praktikum II Teil B Dusty Plasma Nils Thielke und Robert Brauer 10. April 2013 Wir erklären, dass wir dieses Protokoll eigenhändig anhand des angehängten Messprotokolls und der angegebenen Literatur erstellt haben. Nils Thielke Robert Brauer Inhaltsverzeichnis III Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Theorie 2.1 Plasma . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Debye-Länge . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Hochfrequenzplasma . . . . . . . . . 2.4 Randschicht . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Aufladung von Staubpartikeln . . . . 2.6 Messung der Partikelladung . . . . . 2.7 Messung des Gasreibungskoeffizienten 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Aufbau 4 Durchführung und Ergebnisse 4.1 Bestimmung der Teilchenladung . . . . . . 4.2 Bestimmung des Gasreibungskoeffizienten . 4.3 Cluster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Schmelzen von Clustern . . . . . . . . . . 1 1 1 2 2 3 3 4 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 11 15 19 25 1 1 Einleitung Das vorliegende Protokoll beschäftigt sich mit dem sogenannten dusty plasma. Das ist ein Plasma, in welches kleine Kügelchen (d ≈ 10 µm) hineingebracht werden. Diese laden sich elektrisch auf, und werden dann in der Randschicht des Plasmas eingefangen. Die Kügelchen im dusty plasma zeigen ein interessantes Verhalten, auf das im folgenden eingegangen wird. Dazu wird zuerst die Theorie zum dusty plasma dargestellt. Danach ist im Abschnitt Aufbau der Versuch beschrieben, während dann in der Durchführung die Ergebnisse dargestellt und diskutiert werden. 2 Theorie 2.1 Plasma Im folgenden werden Plasmen beschrieben, die stark verdünnte Gase aus Ionen und Elektronen sind. Ein Plasma ist nicht nur als Ionisierte Materie definiert. Es wird auch noch die Quasineutralität und Kollektives Verhalten benötigt. Quasineutralität bedeutet, dass genauso so viele negative wie positive Ladungen in einem Plasma vorhanden sind. Dies kann man auch schreiben als: X − ene + qk ni,k = 0. (1) k Kollektives Verhalten bedeutet, dass viele Ladungsträger untereinander über die Coulombwechselwirkung koppeln. Was gleichzeitig die Möglichkeit der Ladungsabschirmung ermöglicht. Diese wird über die Debye-Länge beschrieben. 2.2 Debye-Länge Die Debye-Länge gibt den Radius an, ab dem das Potential einer Störladung in einem Plasma auf 1e abgefallen ist. Der Grund dafür ist die Bewegung der Elektronen und Ionen, die eine Fremdladung je nach Ladung umschließen oder sich von ihr entfernen. Dadurch entsteht ein Ladungsausgleich, der die Fremdladung abschirmt und es von außen als Neutral erscheinen lässt. Das modifizierte Potential wird Yukawa-Potential genannt und lautet: Q r φY = exp − . (2) 4π0 r λD Dabei ist λD die Debye-Länge, welche die folgende Form besitzt: ne2 1 1 −2 λD = + . 0 kB Te kB Ti (3) 2 2 Theorie Um den Plasmazustand zu gewährleisten muss dann folgendes gelten. Zum einen müssen genug Teilchen für Kollektives Verhalten vorhanden sein. nλ3D >> 1 (4) Zum anderen müssen die Ausmaße des Plasmas (L) signifikant größer als die Debye-Länge sein. λD << L (5) 2.3 Hochfrequenzplasma Um kleine Partikel wie die Kügelchen in einem Plasma einzufangen wird ein sogenanntes Hochfrequenzplasma verwendet. Dieses wird in einem Gas mit Drücken von 1 Pa bis 100 Pa durch Stoßionisation erzeugt (André Melzer [2007]). Die Beschleunigung der Teilchen wird dabei von zwei Elektroden vollbracht, an denen eine hochfrequente Wechselspannung anliegt. Die Frequenz beträgt ein ganzzahliges Vielfache von 13.56 MHz und die Spannung liegt bei ca. 200 V (André Melzer [2007]). Es reicht wenn die Wechselspannung an einer der Elektroden anliegt, sofern die andere geerdet ist. Dann kann beispielsweise die Kammer in der das Plasma gezündet werden soll als geerdete Elektrode dienen. Die Leistung, die vom Hochfrequenzgenerator geliefert wird, muss möglichst vollständig im Plasma deponiert werden. Um dies zu realisieren muss die Eingangsimpedanz der Plasmakammer mit der Ausgangsimpedanz des Hochfrequenzgenerators abgestimmt werden. Dafür wird eine sogenannte Match Box verwendet. Sie besteht aus regelbaren Spulen und Kondensatoren, mit denen die Impedanz verändert werden kann. 2.4 Randschicht In einem Hochfrequenzplasma können die Elektronen, aufgrund ihrer geringen Masse, schnell dem Elektrischen Feld der Elektrode folgen und auf die Elektrode diffundieren. Diese lädt sich negativ auf und bildet eine positive Raumladungszone die Randschicht. Diese stößt weitere Elektronen ab und beschleunigt Ionen in Richtung Elektrode. Wenn sich das elektrische Feld der Elektrode ändert, können die Ionen aufgrund der hohen Frequenz nicht folgen. Die Elektronen dagegen bilden abwechselnd an den beiden Elektroden eine Randschicht aus. Es besteht somit eine kurze Zeitspanne, in der die Randschicht quasi neutral ist. Um Aussagen über die relative Zeitspanne der Quasineutralität zu machen, wird das sogenannte Elektronentastverhältnis verwendet (Maurer [2007]). α(z) = ne (z) ni (6) Aus dieser kann dann die zeitgemittelte Raumladungsdichte bestimmt werden (Maurer [2007]). ρ(z) = eni (1 − α(z)) (7) Die Elektronendichte der Randschicht ist in Abbildung 1 dargestellt. 2.5 Aufladung von Staubpartikeln 3 Abbildung 1 – Räumlicher Verlauf der Ionendichte ni (z) und der zeitgemittelten Elektronendichte ne in der Randschicht nach. Die schraffierte Fläche stellt die Elektronenpopulation zu einem bestimmten Zeitpunkt der RF-Periode dar (Quelle: Maurer [2007]). 2.5 Aufladung von Staubpartikeln Wenn kleine Partikel in ein Plasma gebracht werden, dann stoßen sie mit Elektronen und Ionen zusammen. Durch die wesentlich geringere Masse der Elektronen, treffen von ihnen viel mehr auf das Partikel und es fängt an sich negativ aufzuladen. Dieses Feld steigt solange an, bis das sogenannte Floatingpotential erreicht ist. Dann ist der Netto Strom auf das Partikel gleich Null. Aufgrund der Ladung der Partikel, werden diese in der Randschicht festgehalten, da sich dort die Gravitationskraft und die Elektrostatische Kraft die Waage halten. Zusätzlich existiert noch die Gasreibungskraft. Diese kann bei eingefangenen, nahezu stillstehenden Teilchen aber vernachlässigt werden. 2.6 Messung der Partikelladung Die Kräftegleichung im Gleichgewichtsfall lautet: Qd E − md g = 0. (8) Dabei ist Qd die Partikelladung. Überlagert man der Hochfrequenzspannung mit einer Niederfrequenzspannung mit UHF >> UN F , so vollführt das Partikel eine getriebene harmonische Schwingung. Verursacht wird dies durch die Ladungsveränderung in der Randschicht aufgrund der leicht höheren Spannung. Der Aufbau ist in Abbildung 6 dargestellt. Bestimmt man nun die Eigenfrequenz des Partikels, so kann nach Maurer [2007] auf die Partikelladung geschlossen werden. Die Bewegung der Teilchen um ihre Gleichgewichtsposition wird nach folgender Gleichung berechnet: md z̈ + md γgas ż + md ω02 z = Qd Enf sin(ωt) (9) 4 2 Theorie Abbildung 2 – In der Randschicht eines RF-Plasmas schwebendes, geladenes Partikel. Außerdem sind die auf das Teilchen wirkenden Kräfte und das zugehörige effektive Potential V (x) dargestellt. (Quelle: Maurer [2007]). Die Eigenfrequenz der Partikel ω0 kann wie folgt durch eine rückstellende Federkonstante berechnet werden. kF ω02 = (10) m Diese ist in diesem Fall gegeben als: d (11) kF = Qd E(z) = Qd E 0 · (z − zd ). dz Unter der Berücksichtigung von Gleichung 6, 10 und 11 kann die Partikelladung bestimmt werden. md 0 Qd = 2 ω02 (12) e e ni (1 − α(zd )) Die Masse der Melaminkügelchen md , die später verwendet werden, beträgt: kg md = ρ · r3 = 1.514 3 · (6.04 µm)3 = 3.34 · 10−16 kg. (13) m Für α(zd ) kann nach Maurer [2007] der Wert 0.3 angegeben werden. Wenn die Eigenfrequenz ω0 und die Ionendichte bestimmt wird, dann kann daraus die Partikelladung berechnet werden. 2.7 Messung des Gasreibungskoeffizienten Im folgenden soll die Theorie zur späteren Messung des Gasreibungskoeffizienten behandelt werden. Die Berechnung stammt aus der Arbeit von Maurer [2007]. Es wird angenommen, dass die Äquipotentialfläche für das Kügelchen durch die Form der Elektrodenmulde angenähert werden kann. Die Annahme ist gerechtfertigt, da die Dicke der Randschicht (drand ≈ 5...10 mm) wesentlich kleiner ist als der Radius der Elektrodenmulde (Rc ≥ 200 mm). Die horizontal auf das Kügelchen wirkende Kraft kann dann durch die Gravitationskraft und die Gasreibungskraft beschrieben werden. md g Fg = − ·r (14) Rc Fgas = −md γgas ṙ (15) 2.7 Messung des Gasreibungskoeffizienten 5 Abbildung 3 – Schematische Darstellung der Messung des Gasreibungskoeffizienten (Quelle: Maurer [2007]). Dabei ist md die Masse der Kügelchens, γgas der Gasreibungskoeffizienten und r der Radiale Abstand von der Muldenmitte. Mit diesen Kräften lautet dann die DGL der radialen Bewegung wie folgt: g r=0 (16) r̈ + γgas ṙ + Rc 2 Mit dem Ansatz r(t) = r0 exp(αt) ergibt sich für den überdämpften Fall (γgas > R4gc ), der mit Rc = 200 mm für γgas > 14 s−1 gegeben ist, die allgemeine Lösung: r(t) = c1 exp(α1 t) + c2 exp(α2 t), (17) mit γgas γgas α1 = − + 2 2 s γgas γgas − α2 = − 2 2 s 2 Nimmt man an, dass auch γgas >> als Taylorreihe entwickelt werden. 4g Rc 1− 1− 4g 2 Rc γgas (18) 4g . 2 Rc γgas (19) gilt, kann die Wurzel in den Gleichungen 18 und 19 g Rc γgas 1 g 2 α2 ≈ − γgas γgas Rc α1 ≈ − (20) (21) Setzt man dies in die Gleichung 17 ein, dann konvergiert der zweite Term, unter Berücksichtigung 2 von γgas >> R4gc , gegen Null. Passt man dann die radiale Trajektorie an eine Funktion der Form r(t) ∝ exp(α1 t) an, dann kann aus dem Parameter α1 der Gasreibungskoeffizient bestimmt werden. g + Rc α12 γgas = − (22) Rc α1 6 3 Aufbau 3 Aufbau Nun da die Theorie beschrieben ist, wird der Versuchsaufbau und die Kalibration behandelt. Der Aufbau ist dazu in Abbildung 4 Schematisch dargestellt. Die gespeiste Elektrode befindet sich in einer Vakuumkammer, welche als geerdete Elektrode dient. Nachdem die Kammer evakuiert wurde, wird Argongas eingeleitet. Es wird soviel Argon eingeleitet, dass der Druck bei ca. 18.5 Pa liegt (Messanzeige: 10.9 Pa). Dabei ist beim Ablesen des Druckes zu beachten, das dieser mit dem Faktor 1.7 multipliziert werden muss, da das Messgerät nicht für Argongas gedacht ist. Außerdem muss an der Vakuumpumpe der Modus Sealing Gas auf on gestellt werden, damit die Kügelchen nicht die Pumpe schädigen. Als nächstes wird die Hochfrequenzspannung (RF) angeschaltet um das Plasma zu zünden. Sie beträgt ca. 200 V. Die Beschaltung ist dazu in Abbildung 5 dargestellt. Zusätzlich muss noch eine sogenannte Matchbox in der Schaltung integriert sein, welche die Impedanz der Schaltung verändern kann, damit möglichst wenig Leistung vom Plasma reflektiert wird. Für die spätere Bestimmung der Partikelladung mit der Resonanzmethode, wird die Schaltung erweitert. Dies ist in Abbildung 6 dargestellt. Hochgeschwindigkeitskamera geerdete Elektrode Laserdiode Staubpartikel Laserdiode gespeiste Elektrode CCD-Kamera Abbildung 4 – Schematischer Aufbau des dusty plasma-Versuches. Die Staubpartikel werden von Laserfächern bestrahlt um in den Kameras gut sichtbar zu sein. Nicht dargestellt ist die explizite Beschaltung. 7 Plasma MB RF Abbildung 5 – Beschaltung des dusty plasma-Versuches. RF ist die Hochfrequenzspannungsquelle zum zünden des Plasmas. MB ist die sogenannte Matchbox, welche die Impedanz der Schaltung ändern kann, damit möglichst wenig Leistung vom Plasma reflektiert wird. Abbildung 6 – Experimenteller Aufbau zur Partikelresonanzmethode. Das Partikel schwebt in der Randschicht des Plasmas über einer sphärisch geformten Mulde in der Elektrode. Die HF-Spannung wird durch ein niederfrequentes Signal überlagert, dass über einen Filter auf die Elektrode gespeist wird. Das Partikel wird von einem Laserfächer beleuchtet und unter einem Winkel von 90◦ mit der CCD-Kamera beobachtet (Quelle: Maurer [2007]). 8 3 Aufbau Als nächstes werden die Kameras kalibriert. Dazu wird die Hochfrequenzspannung ausgeschaltet und die gespeiste Elektrode von außen beleuchtet. Die Elektrode hat eine Muldenform mit mehreren Ringen. Die obere TOPVIEW-Kamera soll so eingestellt werden, dass die Mulde mittig auf der Aufnahme zu sehen ist. In Abbildung 7 ist das Bild der Kamera dargestellt, welche zeigt, dass die Ringe mittig zentriert sind. Außerdem kann aus diesem Bild eine Umrechnung von Pixel im Meter entnommen werden. Der Abstand zwischen den Ringen beträgt 0.08 mm. Die Umrechnung von Pixel in Meter ergibt sich zu: 1 Pixel = 0.01 mm = 1 · 10−5 m. (23) Abbildung 7 – Bild mit der TOPVIEW-Kamera von den Ringen der muldenförmigen Elektrode. Nachdem die Kamera kalibriert wurde, wird untersucht, wie sich die kleinen Kügelchen im Plasma verhalten. Die Kügelchen bestehen aus Melaminharz und haben einen Durchmesser von 12.07 µm ± 0.21 µm. Die Abbildung 8 zeigt die Anordnung der Kügelchen, welche sich, aufgrund des Kräftegleichgewichts, um das Potentialminimum zentriert. 9 Abbildung 8 – Zwei Bilder mit der TOPVIEW-Kamera bei mehreren ins Plasma eingebrachten Melaminkügelchen. Es zeigt sich deutlich die Anordnung der Kügelchen um das Potentialminimum (siehe Abbildung 7). Neben der TOPVIEW-Kamera muss auch die SIDEVIEW-Kamera kalibriert werden. Bei der SIDEVIEW-kamera ist zum einen darauf zu achten, dass die Kügelchen sich mittig im Bild befinden. Zum anderen muss der Fokus so eingestellt werden, das möglichst alle Kügelchen einigermaßen scharf abgebildet werden. Dazu zeigt Abbildung 9 ein Bild mit gut eingestellter und ein Bild mit schlecht eingestellter Schärfentiefe. Abbildung 9 – Zwei Bilder mit der SIDEVIEW-Kamera von mehreren ins Plasma eingebrachten Melaminkügelchen. Das linke Bild zeigt alle Kügelchen gleichmäßig scharf, während im rechten Bild die Kügelchen ungleichmäßig scharf zu sehen sind. Durch weiteres Optimieren der Kameraeinstellungen, haben sich einige Einstellungen bewährt. Diese sind in Tabelle 1 zusammengetragen. Die Abbildung 10 wurde mit den Einstellungen gemacht und zeigt einen guten Kontrast zwischen Staub und Hintergrund. 10 3 Aufbau Einstellung Wert Verstärkung 892 Gamma 3.23 Helligkeit 19 Unterer Schwellwert 134 Oberer Schwellwert 256 Tabelle 1 – Tabelle mit den optimalen Kameraeinstellungen. Abbildung 10 – Bild eines Melaminkügelchens aufgenommen bei optimierten Einstellungen mit der SIDEVIEW-Kamera. Es ist deutlich der starke Kontrast zwischen Staub und Hintergrund zu erkennen. 11 4 Durchführung und Ergebnisse Nun wird die Bestimmung der Teilchenladung und die Bestimmung des Gasreibungskoeffizienten erläutert und die Ergebnisse präsentiert. Danach wird gezeigt, welche Formen und Symmetrien von einer jeweils bestimmten Anzahl an Kügelchen erzeugt werden. Am Schluss wird nochmal kurz auf das Schmelzen von Clustern eingegangen. Dabei wird durch erhöhen der Spannung oder verringern des Druckes die Eigenbewegung der Kügelchen erhöht, welche dann wie beim Schmelzen von Festkörpern, in einen flüssigkeitsähnlichen Zustand übergehen. 4.1 Bestimmung der Teilchenladung Abbildung 11 – Graph zum Ablesen der Teilchendichte. Für eine RF-Spannung von URF = 205 V und einem Druck von p = 18.5 Pa kann die Ionendichte nur geschätzt werden. Für die Berechnung der Teilchenladung muss nach Gleichung 12 die Ionendichte und die Resonanzfrequenz bestimmt werden. Die Ionendichte kann aus Abbildung 11 entnommen werden. Da die Ionendichte bei einer RF-Spannung von URF = 205 V und einem Druck von p = 18.5 Pa nicht ablesbar ist, haben wir ihn geschätzt, und mit n0 (URF = 205 V) ≈ 5.7·1014 m−3 angenommen. Daher haben wir den Fehler auch mit 0.2·1014 m−3 abgeschätzt. Die Ionendichte bei URF = 175 V kann dagegen gut abgelesen werden und beträgt n0 (URF = 175 V) ≈ 4.6 · 1014 m−3 . Als Fehler nehmen wir etwas weniger als bei URF = 205 V an. Er beträgt 0.1 · 1014 m−3 . Um aus diesen Werten die benötigten Ionendichten in der Randschicht zu bekommen, müssen sie nach Maurer [2007] noch mit 0.61 multipliziert 12 4 Durchführung und Ergebnisse werden. Es gilt daher für die Ionendichten: ni (URF = 205 V) = 3.477 · 1014 m−3 ± 0.12 · 1014 m−3 , ni (URF = 175 V) = 2.806 · 1014 m−3 ± 0.06 · 1014 m−3 . (24) (25) Nun muss noch die Resonanzfrequenz bestimmt werden. Dazu wurden vier Messungen mit unterschiedlichen Parametern durchgeführt. Es wurde der hochfrequenten Entladungsspannung eine niederfrequente Spannung (NF) zwischen 10 Hz und 30 Hz überlagert. Verwendet wurden HF-Spannungen von 175 V und 205 V und NF-Spannungen von 5 Vpp und 10 Vpp . Die Frequenz der NF-Spannung wurde jeweils in 1 Hz Schritten verändert. In den Abbildungen 12 bis 15 sind die gemessenen Amplituden der Schwingung der Kügelchen bei unterschiedlicher NF-Frequenz dargestellt. Das Maximum dieser Verläufe stellt die Resonanzfrequenz dar. In der Tabelle 2 sind die Messwerte zu den unterschiedlichen Parametern zusammengefasst. Die maximale Amplitude der Schwingung wird durch die NF-Spannung bestimmt. Wenn diese steigt, so steigt auch die Amplitude. Die Resonanzfrequenzen haben für die jeweilige RF-Spannung folgende Werte: ω0 (URF = 205 V) = 2π · 20 Hz, ω0 (URF = 175 V) = 2π · 19 Hz. (26) (27) Aus ni und ω0 kann nun die Partikelladung berechnet werden. Sie beträgt: Q(URF = 205 V) = 7.5 · e = 1.20 · 10−18 C, Q(URF = 205 V) = 8.4 · e = 1.34 · 10−18 C. (28) (29) Aufgrund der Ungenauigkeit beim Ablesen der Ionendichte, der Bestimmung der Resonanzfrequenz und weiterer Annahmen, haben wir den Fehler mit 0.1 · 10−18 C abgeschätzt. HF-Spannung V NF-Spannung Vpp Max. Amplitude P ixel Resonanzfrequenz Hz 205 205 175 175 5 10 5 10 21 38 22 42 20 20 19 19 Abbildung 12 13 14 15 Tabelle 2 – Tabelle mit den Messwerten der Resonanzmethode. Bei kleiner HF-Spannung zeigt sich eine größere maximale Auslenkung und eine geringe Absenkung der Resonanzfrequenz gegenüber der hohen HF-Frequenz. Die NF-Spannung beeinflusst die maximale Auslenkung sehr stark, hat aber auf die Resonanzfrequenz keine Auswirkungen. 4.1 Bestimmung der Teilchenladung 13 25 doppelte Amplitude / Pixel 20 15 10 5 10 12 14 16 18 20 22 Frequenz / Hz 24 26 28 30 Abbildung 12 – Verlauf der doppelten Amplitude mit steigender Frequenz, HF-Spannung: 205 V, NF-Spannung: 5 Vpp 40 35 doppelte Amplitude / Pixel 30 25 20 15 10 5 10 12 14 16 18 20 22 Frequenz / Hz 24 26 28 30 Abbildung 13 – Verlauf der doppelten Amplitude mit steigender Frequenz, HF-Spannung: 205 V, NF-Spannung: 10 Vpp 14 4 Durchführung und Ergebnisse 25 doppelte Amplitude / Pixel 20 15 10 5 10 12 14 16 18 20 22 Frequenz / Hz 24 26 28 30 Abbildung 14 – Verlauf der doppelten Amplitude mit steigender Frequenz, HF-Spannung: 175 V, NF-Spannung: 5 Vpp 45 40 doppelte Amplitude / Pixel 35 30 25 20 15 10 5 10 12 14 16 18 20 22 Frequenz / Hz 24 26 28 30 Abbildung 15 – Verlauf der doppelten Amplitude mit steigender Frequenz, HF-Spannung: 175 V, NF-Spannung: 10 Vpp 4.2 Bestimmung des Gasreibungskoeffizienten 15 4.2 Bestimmung des Gasreibungskoeffizienten Die Dynamik des Staubeinfangs wurde bei 2 verschiedenen Drücken (11.1 Pa und 15.4 Pa) untersucht. Dazu wurde das Fallen eines Teilchens in die Randschicht mit einer Bildwiederholungsrate von 30 Hz aufgenommen. Aus der Zeit zwischen den Bildern und der zurückgelegten Strecke des Teilchens lässt sich der Gasreibungskoeffizient, wie in Abschnitt 2.7 beschrieben, berechnen. Dazu wird an die gemessenen Werte eine abfallende Exponentialkurve angefittet der Parameter im Exponenten liefert mit Formel 22 den Wert des Gasreibungskoeffizienten. Es wurden jeweils drei Aufnahmen bei zwei unterschiedlichen Drücken (11.1 Pa und 15.4 Pa) gemacht. In Tabelle 3 sind die gemessenen Werte zusammengetragen. Aus dem Fit1 ergibt sich für den Gasreibungskoeffizienten bei 11.1 Pa: γgas = 14.09 s−1 ± 0.04 s−1 . (30) Und für 15.4 Pa ergibt sich: γgas = 16.56 s−1 ± 0.89 s−1 . (31) In der Zusatzliteratur wird der Gasreibungskoeffizient mit > 14 s−1 angenommen. Dies ist auch in unseren Messungen der Fall. Doch ist die Näherung 2 γgas >> 4g/Rc (32) 198.5 >> 196.2 (33) streng genommen nicht erfüllt. Wir haben in anderen Quellen keine weiteren Werte für den Gasreibungskoeffizienten gefunden. Daher können wir nur vermuten, dass auch ohne diese strenge Annahme unsere Messwerte korrekt sind. Ein Argument dafür ist, dass beim Erhöhen der Druckes, der Gasreibungskoeffizient ansteigt. Dies macht Sinn, da durch die Erhöhung des Druckes auch die Anzahl der Stöße erhöht wird. Druck / P a Fit-Parameter α1 / s−1 11.1 -6.078 11.1 -6.309 11.1 -6.455 15.4 -4.030 15.4 -4.306 15.4 -3.412 Gasreibungskoeffizient γgas / s−1 14.15 14.08 14.05 16.20 15.69 17.78 Abbildung 16 17 18 19 20 21 Tabelle 3 – Tabelle mit den Messwerten für den Gasreibungskoeffizienten. 1 Mit Gnuplot. Siehe Thomas Williams [2013] 16 4 Durchführung und Ergebnisse 300 Messpunkte Fit-Expfunktion 250 Ort / Pixel 200 150 100 50 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 Zeit / s Abbildung 16 – Bewegung eines Kügelchens im Plasma. Der Druck liegt bei 11.1 Pa. 300 Messpunkte Fit−Expfunktion 250 Ort / Pixel 200 150 100 50 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 Zeit / s Abbildung 17 – Bewegung eines Kügelchens im Plasma. Der Druck liegt bei 11.1 Pa. 4.2 Bestimmung des Gasreibungskoeffizienten 17 300 Messpunkte Fit−Expfunktion 250 Ort / Pixel 200 150 100 50 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 Zeit / s Abbildung 18 – Bewegung eines Kügelchens im Plasma. Der Druck liegt bei 11.1 Pa. 350 Messpunkte Fit−Expfunktion 300 Ort / Pixel 250 200 150 100 50 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 Zeit / s Abbildung 19 – Bewegung eines Kügelchens im Plasma. Der Druck liegt bei 15.4 Pa. 18 4 Durchführung und Ergebnisse 300 Messpunkte Fit−Expfunktion 250 Ort / Pixel 200 150 100 50 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 Zeit / s 0.6 0.7 0.8 0.9 1 Abbildung 20 – Bewegung eines Kügelchens im Plasma. Der Druck liegt bei 15.4 Pa. 350 Messpunkte Fit−Expfunktion 300 Ort / Pixel 250 200 150 100 50 0 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 Zeit / s Abbildung 21 – Bewegung eines Kügelchens im Plasma. Der Druck liegt bei 15.4 Pa. 4.3 Cluster 19 4.3 Cluster Zur Bestimmung der Clusterkonstellationen wurden verschiedene Mengen (1 - 30 Staubteilchen) in die Versuchskammer eingelassen. Die sich gebildeten Anordnungen wurden mit der Kamera aufgenommen (Abbildungen 22 bis 26). Durchgeführt wurde das Einfangen der Cluster bei einem Druck von 11 Pa und einer Wechselspannung von 205 V. Nach einem Fang wurden die Kügelchen aus der Falle gelöst, indem die Wechselspannung wieder auf 0 V geregelt wurde. (a) 1 Melaminkügelchen (b) 2 Melaminkügelchen (c) 3 Melaminkügelchen (d) 4 Melaminkügelchen (e) 5 Melaminkügelchen (f) 6 Melaminkügelchen Abbildung 22 – Dargestellt ist das Cluster von 1 bis 6 Melaminkügelchen. Der Druck beträgt 11 Pa. Die HF-Wechselspannung liegt bei 205 V. 20 4 Durchführung und Ergebnisse (a) 7 Melaminkügelchen (b) 8 Melaminkügelchen (c) 9 Melaminkügelchen (d) 10 Melaminkügelchen (e) 11 Melaminkügelchen (f) 12 Melaminkügelchen Abbildung 23 – Dargestellt ist das Cluster von 7 bis 12 Melaminkügelchen. Der Druck beträgt 11 Pa. Die HF-Wechselspannung liegt bei 205 V. 4.3 Cluster 21 (a) 13 Melaminkügelchen (b) 14 Melaminkügelchen (c) 15 Melaminkügelchen (d) 16 Melaminkügelchen (e) 17 Melaminkügelchen (f) 18 Melaminkügelchen Abbildung 24 – Dargestellt ist das Cluster von 13 bis 18 Melaminkügelchen. Der Druck beträgt 11 Pa. Die HF-Wechselspannung liegt bei 205 V. 22 4 Durchführung und Ergebnisse (a) 19 Melaminkügelchen (b) 20 Melaminkügelchen (c) 21 Melaminkügelchen (d) 22 Melaminkügelchen (e) 23 Melaminkügelchen (f) 24 Melaminkügelchen Abbildung 25 – Dargestellt ist das Cluster von 19 bis 24 Melaminkügelchen. Der Druck beträgt 11 Pa. Die HF-Wechselspannung liegt bei 205 V. 4.3 Cluster 23 (a) 25 Melaminkügelchen (b) 26 Melaminkügelchen (c) 27 Melaminkügelchen (d) 28 Melaminkügelchen (e) 29 Melaminkügelchen (f) 30 Melaminkügelchen Abbildung 26 – Dargestellt ist das Cluster von 25 bis 30 Melaminkügelchen. Der Druck beträgt 11 Pa. Die HF-Wechselspannung liegt bei 205 V. 24 4 Durchführung und Ergebnisse Abbildung 27 – Clusteranordnung für verschiedene Debye-Längen. Durch Vergleichen der eigenen Clusteranordnungen und dieser Tabelle kann die Debye-Länge näherungsweise bestimmt werden. 4.4 Schmelzen von Clustern 25 In den Abbildungen 22 bis 26 zeigt sich eine feste Anordnung. Diese Anordnung hat Ähnlichkeiten zum Orbitalmodell des Atoms. Schalen sind ab einer gewissen Anzahl an Teilchen voll und es wird eine neue aufgemacht. Außerdem gleicht die Anordnung auch der von Atomen in einem Festkörper. Dazu wird im nachfolgenden Abschnitt gezeigt wie solche Anordnungen geschmolzen werden können. Aus der Anordnung kann auch nach Abbildung 27 die Debye-Länge näherungsweise bestimmt werden. Es ergibt sich der 3. Konfigurationstyp. Die Debye-Wellenlänge λD geht dementsprechend gegen ∞. Nach Maurer [2007] entspricht dies nicht unbedingt wirklichen, im Plasma vorkommenden, Debye-Länge. Diese sollte im Bereich von 0.5 mm bis 2 mm liegen. In der Abbildung 27 ist aber nicht angegeben in welcher Größenordnung die Debye-Länge sein muss, um gegen ∞ zu gehen. Außerdem hatten wir häufig den Fall, dass die Anordnungen bei mehrmaligem erzeugen unterschiedlich waren. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass das Plasma zu Teil auch zum 2. Konfigurationstyp gehören könnte. Ohne eine eigenständige Messung der Debye-Länge kann dies aber nicht verifiziert werden. 4.4 Schmelzen von Clustern In diesem Abschnitt wird noch kurz auf das Schmelzen von Clustern eingegangen. In Abbildung 28 ist ein stabiler Cluster bei 11.9 Pa und einer RF-Spannung von 120 V gezeigt. Bei einer Änderung der Spannung auf 208 V beginnt dieser Cluster zu schmelzen. Dieses zeigt sich daran, dass nicht mehr alle Staubteilchen einen festen Ort aufweisen, sondern sich um eine Ruheposition bewegen (29). Auch ein Absenken des Drucks führt zu diesem Effekt. Abbildung 30 zeigt einen geschmolzenen Cluster bei einem Druck von 1.21 Pa und einer RF-Spannung von 120 V. Die Teilchen wiesen nahezu keine festen Orte mehr auf. Der Vorteil dieser Methode liegt darin die Struktur in einem Festkörper ohne Mikroskop betrachten zu können. So kann man sich leichter das Verhalten in einem Festkörper verständlich machen. Abbildung 28 – Cluster bei p = 11.9 Pa und U = 120 V. Es zeigt sich eine Anordnung, die der eines Festkörpers gleicht. 26 4 Durchführung und Ergebnisse Abbildung 29 – Cluster bei p = 11.9 Pa und U = 208 V. Einige Kügelchen beginnen sich aus ihrer Ruhelage zu entfernen. Abbildung 30 – Cluster bei p = 1.21 Pa und U = 120 V. Die Anordnung gleicht nicht mehr der eines Festkörpers. Man kann eher von einer Flüssigkeit sprechen. Literatur 27 Literatur [André Melzer 2007] André Melzer, Dietmar Block und Alexander P.: Struckturen aus Staub. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim, 2007 [MATLAB 2010] MATLAB: version 7.10.0 (R2010a). Natick, Massachusetts : The MathWorks Inc., 2010 [Maurer 2007] Maurer: Staub Dynamik. 2007 [Thomas Williams 2013] Thomas Williams, Colin Kelley et a.: gnuplot. 2013