Universität Kassel, Fortgeschrittenenpraktikum, Lehramtstudiengang Versuch Leitfähige Polymere (engl. Conductive Polymer) Themenbereiche Konjugierte Polymere, Elektropolymerisation, dünne Filme, (spezifische) Leitfähigkeit, (spezifischer/Flächen-) Widerstand, Stromdichte, elektrisches Feld, Rotationsbeschichtung (engl. Spin-Coating). Aufgabe 1. Herstellung konjugierter Polymerfilme durch elektrochemische Polymerisation 2. Herstellung dünner Filme durch Rotationsbeschichtung und 3. Bestimmung der Leitfähigkeit durch Vier-Punkte-Messung. Theorie Der spezifische Widerstand ρ (Ω m), auch als Resistivität bezeichnet ist als Proportionalitätskonstante zwischen dem elektrischen Feld E (V/m) und der Stromdichte J (A/m2) definiert: E=ρ J [1] Der Kehrwert von ρ ist die spezifische Leitfähigkeit σ (S/m) des Leiters. σ = 1/ρ [2] bzw. J = σ E. [3] Für Halbleiter mit Elektronen und Löchern als Ladungsträger gilt: ρ= 1 σ = 1 qμ n n + q μ p p [4] wenn n>>>p, wie im n-Halbleiter ρ≈ 1 qμ n n [5] Hier, n ist die Konzentration von Elektronen (1/m3), p ist die Konzentration von Löchern (1/m3), µn ist die Elektronenbeweglichkeit (m2/Vs), µn ist die Löcherbeweglichkeit (m2/Vs) und q ist die elektrische Ladung (Coulomb). Versuch Leitfähige Polymere/Saragi Bearbeitungsstand Oktober 2007 Seite 1 von 8 Universität Kassel, Fortgeschrittenenpraktikum, Lehramtstudiengang Abb. 1. Korrekturfaktor für Vier-Punkte-Messungen (ref. 1) Zur Bestimmung der spezifischen Leitfähigkeit einer Schicht wird vorwiegend die VierPunkte-Messungen angewendet. Bei diesem Verfahren wird über zwei punkförmige Elektroden, die mit der Proben-Oberfläche kontaktiert sind, ein eingeprägter Gleichstrom I zugeführt. Zwei weitere Elektroden, die sich grundsätzlich an beliebiger Stelle am Substrat befinden können, dienen zum Abgriff des Potenzials, das sich je nach Leitfähigkeit der Schicht einstellt. Im Allgemeinen werden die Elektroden kolinear angeordnet und in einem Messkopf integriert. Um die Meßmethode zu vereinfachen, werden alle vier Messspitzen äquidistant im Abstand s platziert (Siehe Abbildung 1). Ebenso ist es üblich die äußeren Elektroden zur Stromzufuhr und die inneren zum Spannungsabgriff zu verwenden. Für dünne Filme mit einer Schichtdicke W <<< a oder d ist der Flächenwiderstand Rs definiert als: Rs (Ω / Fläche) = V CF I [6] Hierbei ist CF ist ein Korrekturfaktor. Der Widerstand ist dann: ρ = Rs W (Ω cm) [7] Wenn d>>>>s, (s ist der Abstand zwischen zwei Proben), ist der Korrekturfaktor π/ln 2 (= 4.54). Diese Konfiguration hat sich weitgehend bei praktischen Anwendungen durchgesetzt und wird deshalb auch für die weiteren Betrachtungen vorausgesetzt. Versuch Leitfähige Polymere/Saragi Bearbeitungsstand Oktober 2007 Seite 2 von 8 Universität Kassel, Fortgeschrittenenpraktikum, Lehramtstudiengang In Abwesenheit des elektrischen Feldes bewegt sich ein Elektron im Silizium mit der 7 mittleren thermischen Geschwindigkeit von etwa 10 cm/s chaotisch um seine Ausgangslage. -12 Die mittlere Driftgeschwindigkeit ist daher gleich Null. Im Durchschnitt legt es in 10 s -5 (Stoßzeit) etwa 10 cm (mittlere freie Weglänge) zurück, nach denen es in einer zufälligen Richtung an einer Gitterstörstelle gestreut wird. Legt man ein elektrisches Feld an, dann wird das Elektron bevorzugt gegen die Richtung des elektrischen Feldes gestreut und bewegt sich daher mit einer von Null verschiedenen Driftgeschwindigkeit v. Der Proportionalitätsfaktor zwischen der elektrischen Feldstärke und der Driftgeschwindigkeit ist die Beweglichkeit: vn = -μn E für Elektronen bzw. vp = μp E für Löcher. Abb. 2. Bewegung der Elektronen ohne (E=0) und mit (E≠0) elektrischem Feld Die lineare Proportionalität zwischen der Feldstärke und der Ladungsträgergeschwindigkeit gilt nur für nicht allzu große Felder. Bei starken Feldern wird die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Stößen der Ladungsträger mit den Störstellen immer kürzer und damit auch die Zeit in der sie beschleunigt werden können. Das führt zu einer Sättigung der Ladungsträgergeschwindigkeit. Das elektrische Feld verursacht einen Driftstrom von Ladungsträgern wobei die Stromdichte durch das Produkt der Ladungsträgerdichte (n, p) und der Driftgeschwindigkeit (vn, vp) gegeben ist: j = q n vn = q n µn E [8] μn ist die Elektronenbeweglichkeit: vn = µn E [9] Sind beide Ladungsträgerarten (Elektronen und Löcher) beteiligt, dann ist der Totalstrom: j = q (n µn + p µp)E [10] oder j=σE [11] Die Gleichung (11) ist die gleiche wie Gleichung (3). Versuch Leitfähige Polymere/Saragi Bearbeitungsstand Oktober 2007 Seite 3 von 8 Universität Kassel, Fortgeschrittenenpraktikum, Lehramtstudiengang Abb. 3. Spin-Coater Die Rotationsbeschichtung (engl. Spin-Coating) ist ein Verfahren zum Auftragen dünner und gleichmäßiger Schichten bzw. Filme auf ein Substrat (Siehe Abb. 3). Das Substrat z. B. Silizium oder Glas, wird auf einem Drehteller, dem Chuck, mittels Vakuumsaugung an der Unterseite fixiert. Mit einer Dosiereinrichtung über dem Zentrum des Substrats wird die gewünschte Menge der Lösung aufgebracht. Beschleunigung, Enddrehzahl und Zeit werden am Spin-Coater eingestellt und die Lösung wird gleichmäßig über die Substratoberfläche verteilt. Um eine feste Schicht zu erhalten, ist es notwendig, das Lösungsmittel zu entfernen. Dies kann durch anschließendes Aufheizen beschleunigt werden. Die resultierende Schichtdicke ist sehr stark abhängig von der Viskosität des Lösung, der Drehgeschwindigkeit, Beschleunigung und Prozessdauer des Spin-Coatings. In der konventionellen Mikroelektronik sind Schichtdicken von 1 µm und darunter üblich. Im Gegensatz dazu sind Schichtdicken von < 100 nm in für organische Halbleiter üblich. Außerdem verwendet man sehr oft ITO als transparentes Substrat für organische Halbleiter. Indium-Zinn-Oxid (engl. ITO, Indium-TinOxide) ist ein Stoff, der halbleitend und transparent ist. Es ist ein Mischoxid aus Indiumoxid und Zinnoxid, dessen Herstellung allerdings relativ teuer ist. Üblicherweise wird dotiertes ITO eingesetzt, das fast Leitfähigkeit erreicht. Versuchsvorbereitung Vorbereitung der Glasoberfläche und des ITO-Substrats Glasoberfläche und ITO-Substrat müssen sehr gründlich gereinigt werden, damit die Materialien haften bleiben. Zur Reinigung wird ein baumwollfreies Tuch verwendet. Das Substrat wird nach folgender Prozedur gereinigt: • abwischen mit entmineralisiertem Wasser. • abwischen mit Aceton. • abwischen mit iso-Propanol. • gut trocknen. • Staubpartikel und Glaspulverreste (vom Schneiden) entfernen. Versuch Leitfähige Polymere/Saragi Bearbeitungsstand Oktober 2007 Seite 4 von 8 Universität Kassel, Fortgeschrittenenpraktikum, Lehramtstudiengang Versuch Aufgabe 1: Herstellung von Polypyrrolfilmen durch elektrochemische Polymerisation H * H N H N H N N N N N H H H * n Polypyrrol • • • Setzen Sie 100 mL einer wässrigen Lösung an, die 0.25 molar an Pyrrol und 0.01 molar an Natrium-p-toluolsulphonat sein soll. Füllen Sie so viel der Lösung in die Elektrolysezelle ein, bis das ITO ca. 5 mm eintaucht, aber die Krokodilklemme nicht feucht wird. Führen Sie folgende Messung zweifach aus. Stromstärke (µA) 300 300 400 400 500 500 600 600 • Zeit (min) 8 4 8 4 8 4 8 4 Danach wird der Polymerfilm mit Wasser und anschliessend mit Aceton gewaschen. Dabei löst der Film von der Elektrode ab und es wird auf Glas aufgebracht. Versuch Leitfähige Polymere/Saragi Bearbeitungsstand Oktober 2007 Seite 5 von 8 Universität Kassel, Fortgeschrittenenpraktikum, Lehramtstudiengang BNC Steckverbindung Hochspannungsquelle - + A Anode (ITO) Kathode (Pt) Lösung: 0.25 mol/L Pyrrol und 0.01 mol/L Natrium p-Toluolsulphonat Abb. 4. Versuchaufbau der Elektropolymerisation von Pyrrol Versuch Leitfähige Polymere/Saragi Bearbeitungsstand Oktober 2007 Seite 6 von 8 Universität Kassel, Fortgeschrittenenpraktikum, Lehramtstudiengang Abb. 5. Das Foto der Versuchaufbau der Elektropolymerisation von Pyrrol Aufgabe 2 Herstellung dünner Filme von PEDOT:PSS durch Rotationsbeschichtung Poly(3,4-ethylenedioxythiophen:Poly(styrolsulfonsäure) oder PEDOT: PSS Filtration: Vor der Beschichtung des Glases mit PEDOT:PSS muss die Dispersion filtriert werden, um eventuell vorhandene Gelpartikel oder getrocknete Partikel abzutrennen. Gute Filtrationsergebnisse werden erzielt durch die Benutzung von Spritzen mit 0,45 μm Millex 25 PVDF-Spritzenfilter (PTFE wird nicht empfohlen). Beachten Sie, dass einmal eingetrocknetes PEDOT:PSS nur sehr schwer wieder zu dispergieren ist. Getrocknete Partikel in der Lösung verstopfen den Filter. Aus diesem Grund sollten Spritzen und Filter nicht mehrfach benutzt werden. Weiterhin sollte das PEDOT:PSS-Vorratsgefäss nur geöffnet werden, um die benötigte Menge zu entnehmen. Unbenutzte Substanz sollte nicht zurück in das Vorratsgefäß geschüttet werden. Spin-Coating von PEDOT:PSS: Die Schichtdicke von PEDOT:PSS nach dem Spin-Coating auf Glas wird durch folgende Parameter bestimmt: • Drehgeschwindigkeit • Beschleunigung • Dauer des Spin-Coating • Substratgröße • Qualität der vorbereiteten Glasoberfläche Versuch Leitfähige Polymere/Saragi Bearbeitungsstand Oktober 2007 Seite 7 von 8 Universität Kassel, Fortgeschrittenenpraktikum, Lehramtstudiengang Abb. 6. Schichtdicke in Abhängigkeit der Drehgeschwindigkeit. Trocknung des PEDOT:PSS-Films: Die Abbildung 6 zeigt uns die Zusammenhang zwischen die Drehgeschwindigkeit und die Schichtdicke. Nach dem Spin-Coating wird der Film für ca. 5 min bei 100-200°C auf einer heißen Platte getrocknet. Dazu wird die Probe mit einer Petrischale so abgedeckt, dass die Temperatur konstant bleibt, aber gleichzeitig ein gewisser Luftaustausch stattfinden kann. PEDOT:PSS-Filme sind hygroskopisch und sollten unter Feuchtigkeitsausschluss gelagert werden. Aufgabe 3 Bestimmung der Leitfähigkeit durch Vier-Punkte-Messung. Es soll der Flächenwiderstand von verschiedenen Polypyrrolfilmen gemessen werden, die durch unterschiedliche Elektropolymerisations-Bedingungen hergestellt wurden. Messen Sie auch den Flächenwiderstand der PEDOT:PSS-Filme. Daraus soll die entsprechende Leitfähigkeit bestimmt werden. Literatur 1 2 S. M. Sze and K. K. Ng, Physics of Semiconductors, John Wiley & Sons, New York, 2007. Handbook of Organic Conductive Molecules and Polymers, Edited by H. S. Nalwa, Vol. 2, Chapter 10. “Polypyrroles: from Basic Research to Technological Applications”, John Wiley and Sons, 1997. Versuch Leitfähige Polymere/Saragi Bearbeitungsstand Oktober 2007 Seite 8 von 8