Erschienen in Neue Produkte (Schweiz), Juli 2005 EN 50366 – eine europäische Angelegenheit? Hersteller, Importeure und Händler von Haushaltsgeräten können von Compliance Tests profitieren Mobilfunkantennen machen uns die allgegenwärtige elektromagnetische Strahlung bewusst, weil sie meist exponiert stehen. Dass wir schon im Haushalt einem bunten Gemisch elektrischer und magnetischer Wellen ausgesetzt sind, wird dabei leicht vergessen. “Elektrische Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke” sowie „Elektromagnetische Felder in der Umgebung des Menschen“ waren deshalb Themen, mit denen sich zwei Technische Komitees des CENELEC, des European Committee for Electrotechnical Standardization, beschäftigten. Das Ergebnis: Die neue Europäische Norm (EN) 50366. Bis zum 1. Februar 2004 mussten alle EU-Mitgliedsländer die Bestimmungen dieser Norm in ihre nationalen Standards übernehmen, und bis zum 1. Februar 2006 müssen alle hiervon abweichenden Standards zurückgezo gen sein. Das CE-Zeichen – ein Muss für Hersteller, Importeure und Händler Eine rein europäische Angelegenheit? Keinesfalls. Seit Februar 2004 ist die Einhaltung der EN 50366 eine Voraussetzung für das CE-Zeichen. Damit müssen alle Hersteller auch außerhalb der EU die Prüfungen nach EN 50366 durchführen, sobald sie in den EU-Raum importieren wollen. Das bedeutet einen Aufwand, der sich nur mit sinnvoller Prüftechnik in Grenzen halten lässt. Andererseits können auch Kunden außerhalb der EU von der geprüften Sicherheit profitieren – ein Plus für Hersteller, Importeure und Händler. EN 50366 – eine europäische Angelegenheit? Bild 1: Test eines Haushaltsgeräts im normgerechten Abstand. Die Sonde enthält drei zueinander senkrechte Spulen mit einem Querschnitt von 2 100 cm , wie es die EN 50366 vorschreibt. Seite 1 von 4 Sicherheitstechnisch relevant: Das Magnetfeld Die Faustregel „Spannungen verursachen elektrische Felder, Ströme magnetische Felder“ ist nicht richtig. Wechselfelder haben immer eine elektrische und eine magnetische Kompone nte. Allerdings ist für die Sicherheit von Haushaltsgeräten vor allem die magnetische Komponente relevant. Die EN 50366 beschränkt sich deshalb darauf, die Messung magnetischer Felder im Bereich von 10 Hz bis 400 kHz zu beschreiben und Grenzwerte festzulegen. Für die „Mikrowellen“, die mit Hochfrequenz arbeiten, gibt es eigens die EN 60335 und ein anderes Messverfahren. Der Abstand Ein Kriterium für die Messung ist der Messabstand. Denn der Elektrorasierer funktioniert nun mal nur in direktem Hautkontakt. Dagegen hält man von der heißen Herdplatte respektvoll Abstand – nicht aus Furcht vor elektromagnetischen Feldern. Aber bei der Bewertung der Strahlung kann man dieses Verhalten berücksichtigen. Der Anhang der Norm nennt deshalb für eine ganze Reihe von Anwendungen und schreibt dafür die Messabstände vor. Die Bewertung Nicht der absolute Wert der magnetischen Feldstärke ist entscheidend. Die Wirkung auf den Menschen hängt auch von der Frequenz ab. Deshalb definiert die Norm eine Transfer-Funktion, die geeignete Messgeräte automatisch berücksichtigen. Das Ergebnis ist frequenzbewertet. Schwieriger ist die zeitliche Bewertung. Das Ergebnis soll den Effektivwert (RMS) repräsentieren, unabhängig von der Signalform – also auch für pulsartige Signale. Die Richtungsunabhängigkeit Ein weiterer Punkt ist messtechnischer Art. Als Magnetfeld-Sensoren eignen sich Spulen, die allerdings nur in jeweils einer Richtung empfindlich sind. Das Ergebnis soll aber richtungsunabhängig sein. Deshalb sind drei zueinander senkrechte Spulen nötig, um die tatsächliche Feldstärke im Raum zu messen. Sie ergibt sich aus der Addition der einzelnen Leistungen, nicht der Spannungen. Rechnerisch muss man also quadrieren, summieren und wieder die Wurzel ziehen. Time Domain Evaluation als Referenzmethode EN 50366 beschreibt mehrere Methoden. Unter ihnen ist „Time Domain Evaluation“ die eleganteste, die zu den schnellsten und zuverlässigsten Ergebnissen führt. Deshalb wird sie als die Referenzmethode genannt, die in Zweifelsfällen zu benutzen ist. Das Schema (Bild 2) ist einfach: Die Prinzipschaltung bewertet die Einzelanteile nach der Transferfunktion, addiert sie leistungsrichtig im Zeitbereich, gewissermaßen „online“, und erzeugt durch Mittelung und Wurzelziehen den echten Effektivwert. EN 50366 – eine europäische Angelegenheit? Seite 2 von 4 Demgegenüber ist die Spektrumanalyse oder Line Spectrum Evaluation aufwändig und kann fehlerhafte Ergebnisse bringen. Denn die Signale der drei Spulen werden nacheinander gemessen, ihr Spektrum errechnet und dann die einzelnen Spektrallinien leistungsrichtig addiert. Das geht also nur „offline“, braucht Zeit, und zufällige kurze Spitzenwerte in einer Richtung bleiben u. U. unbemerkt. Bild 2: Die Referenzmethode nach EN 50366, schematisch dargestellt. Scope (Oszillografen-Ausgang), PEAK (Spitzenwertdetektor) und STND (Standard) sind Besonderheiten des Messgeräts ELT-400 von Narda Safety Test Solutions, das auch nach anderen Standards bewerten kann. Hohe Messgenauigkeit – Vorteil für Hersteller und Kunden Was landläufig als Messgenauigkeit gilt, wird fachgerecht als Messunsicherheit bezeichnet. Es ist kein Messfehler, denn den könnte man korrigieren. Es ist der Bereich, um den die Anzeige des Messgeräts vom tatsächlichen Wert abweichen kann. Seriöse Messgerätehersteller geben sie in ihren Datenblättern und Kalibrierscheinen an. Möchte der Hersteller eines Haushaltsgeräts nachweisen, dass sein Produkt keine unzulässig hohen Felder verursacht, so muss er die Messunsicherheit zu seinem Messwert addieren. Wenn also die Messunsicherheit 25 % beträgt, darf der Messwert maximal bei 75 % des Grenzwerts liegen. Umgekehrt müssen Behörden oder Verbraucherverbände die Messunsicherheit vom Messwert subtrahieren. Dass ein Produkt den Grenzwert überschreitet, ist in diesem Fall also erst dann nachgewiesen, wenn der Messwert um mehr als 25 % über dem Grenzwert liegt. Geringe Messunsicherheit ist deshalb im Interesse des Endkunden, der Sicherheit wünscht. Zugleich ist sie im Interesse des Herstellers, der tatsächlich gute Geräte auch als „gut“ und letztlich CE-konform klassifizieren möchte. EN 50366 – eine europäische Angelegenheit? Bild 3: Der Exposure Level Tester ELT-400 von Narda Safety Test Solutions implementiert die Time Domain Evaluation nach EN 50366 exakt und zeigt das Ergebnis sofort. Seite 3 von 4 Links zum Thema: www.cenelec.org/Cenelec/Homepage.htm www.uk.tuv.com/web/index.html www.industrialsafetytalk.com/news/tvi/tvi000.html www.narda-sts.de Der Autor: Dipl.-Ing. Burkhard Braach ist freier Fachjournalist in Reutlingen. Oktober 2005 Änderungen vorbehalten © Narda Safety Test Solutions GmbH Sandwiesenstr. 7 72793 Pfullingen Deutschland Tel. +49 7121 9732-777 Fax +49 7121 9732-790 E-mail [email protected] www.narda-sts.de EN 50366 – eine europäische Angelegenheit? Seite 4 von 4