Strahlungsgesetze Dr. J. Hirsch Im Universum gibt es die unterschiedlichsten Objekte: Gesteinsbrocken, Kometen, Planeten, Sterne, Dunkelwolken, Molekülwolken, Emissionsnebel, Reflexionsnebel, Supernovaüberreste, schwarze Löcher, Galaxien, Galaxienhaufen etc. Dieses Wissen basiert auf Beobachtungen und Messungen, die sich alle einer einzigen Informationsquelle bedienen. Diese Quelle ist die elektromagnetische Strahlung, welche von den verschiedenen Objekten zu uns kommt und interpretiert werden muss. Um die Erkenntnisse in der Astrophysik verstehen zu können, werden wir deshalb zuerst kurz wiederholen, was elektromagnetische Strahlung ist, und danach den wichtigsten Gesetzmäßigkeiten bzgl. der elektromagnetischen Strahlung auf den Grund gehen. I.1 Elektromagnetische Strahlung Elektromagnetische Wellen können analog zu mechanischen Wellen durch ihre Wellenlänge, Frequenz, Ausbreitungsgeschwindigkeit und Amplitude beschrieben werden. Sie brauchen für die Ausbreitung im Gegensatz zu den mechanischen Wellen jedoch kein Medium und pflanzen sich im Vakuum mit Lichtgeschwindigkeit fort, d.h. es gilt: c = λ ⋅ f = 299792458 m m ≈ 3 ⋅108 . s s EM–Wellen bestehen aus gekoppelten elektrischen und magnetischen Feldern, wobei elektrisches Feld und magnetisches Feld senkrecht zueinander ausgerichtet sind. Diese Felder halten sich bei der Ausbreitung sozusagen gegenseitig am Leben. http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Electromagnetic_wave.png Autor P.wormer auf Wikimedia Commons Ein zweiter Ansatz ist die Interpretation elektromagnetischer Strahlung als Strom kleinster Teilchen. Diese Teilchen heißen Photonen und haben eine bestimmte Energie, die von der Frequenz ν bzw. Wellenlänge λ der entsprechenden EM– Welle im Wellenbild abhängt. Dieser zweite Ansatz resultiert aus dem Photoeffekt, bei welchem durch Auftreffen von EM–Strahlung Elektronen aus einer Metalloberfläche ausgelöst werden. Dieser Auszug aus: Skript ASTROPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 1 Strahlungsgesetze Dr. J. Hirsch Effekt kann nicht mit dem Wellenbild erklärt werden, da nicht die Intensität des Lichts (Amplitude gibt im Prinzip die Energie an) die Energie der ausgelösten Elektronen bestimmt, sondern einzig die Frequenz des Lichts dafür verantwortlich ist. Für die Erklärung des Photoeffekts mithilfe des Teilchenmodells (1905) erhielt Albert Einstein 1921 den Nobelpreis für Physik. Bis heute hat übrigens jedes Instrument, dessen Genauigkeit es zulässt, gezeigt, dass Licht bzw. EM–Strahlung definitiv aus Photonen besteht. Da sich bestimmte Phänomene wie die Interferenz oder Beugung allerdings nicht im Teilchenmodell erfassen lassen, versucht man in der Quantenmechanik oder in der Quantenelektrodynamik (QED), diese beiden Eigenschaften zu vereinen. Dabei wird der Begriff der Flugbahn eines Photons durch eine Welle (genauer Wellenfunktion) ersetzt, welche die Ausbreitung der Teilchen im Raum beschreibt. Genauere Ausführungen würden an dieser Stelle jedoch zu weit gehen. Zusammenfassend halten wir fest, dass sich bestimmte Phänomene für uns nur in einem der beiden Bilder der EM–Strahlung erklären lassen (Welle–Teilchen– Dualismus): Strahlung als Welle Strahlung als Teilchen Die Wellenlänge λ und die Frequenz f hängen über die Beziehung c = λ ⋅ f zusammen. Die Strahlung besteht aus Photonen der c Energie E = h ⋅ f = h ⋅ , wobei λ und f λ aus dem Wellenbild stammen. Dabei ist h das Plancksche Wirkungsquantum ( h = 6, 626069 ⋅10−34 Js ). I.2 Stefan-Boltzmann-Gesetz Trifft Strahlung auf einen Körper, so wird ein Teil der Strahlung reflektiert oder gestreut, ein bestimmter Anteil dieser Strahlung jedoch vom Körper absorbiert. Dadurch erhöhen sich seine innere Energie und damit auch seine Temperatur. Jeder Körper mit einer Temperatur über den absoluten Nullpunkt ( 0 K = −273,15°C ) strahlt aber auch eine gewisse Energiemenge in Form von Strahlung ab, meist Wärmestrahlung im Infrarotbereich. Der Quotient aus absorbierter Strahlungsleistung und emittierter Strahlungsleistung heißt Absorptionsgrad α und entspricht dem Emissionsgrad ε des Körpers: α= absorbierteStrahlungsleistung =ε emittierteStrahlungsleistung Der Absorptionsgrad eines Körpers hängt vom Material des Körpers, der Größe und Beschaffenheit seiner Oberfläche, ihrer Temperatur und von der Wellenlänge der Strahlung ab. Auszug aus: Skript ASTROPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 2 Strahlungsgesetze Dr. J. Hirsch Ein Körper, der über alle Wellenlängen jegliche Strahlung absorbiert, hat den Absorptionsgrad α = 1 und heißt Schwarzer Körper bzw. Schwarzer Strahler. Ein solcher Körper existiert in der Natur nicht, sondern ist eine Idealisierung. Dennoch werden Sterne als Schwarzer Körper simuliert und lassen sich mit den Gesetzen für Schwarzkörperstrahlung relativ gut beschreiben. Das Stefan-Boltzmann-Gesetz (benannt nach Josef Stefan und Ludwig Boltzmann) stellt für einen Schwarzen Körper eine Beziehung zwischen der Gesamtstrahlungsleistung P, der Oberfläche A und der Temperatur T her: P = σ ⋅ A ⋅T 4 . Man erkennt, dass die Strahlungsleistung eines Schwarzen Körpers proportional zur vierten Potenz seiner Temperatur ist. Dies bedeutet zum Beispiel, dass bei einer zehnfach höheren Temperatur die 104 = 10000 –fache Leistung abgestrahlt wird. Die Proportionalitätskonstante heißt Stefan-Boltzmann-Konstante und ist eine Naturkonstante: σ = 5, 670 4·10−8 W . m2K 4 I.3 Plancksches Strahlungsgesetz Hat ein Schwarzer Körper eine Temperatur T > 0 K , so gibt er Energie in Form von Strahlung ab. Es ist jedoch nicht so, dass ein Schwarzer Körper mit einer bestimmten Temperatur Strahlung mit einer ganz bestimmten Wellenlänge emittiert, sondern immer über das gesamte Frequenz– bzw. Wellenlängenspektrum. Betrachtet man die Intensität bzw. Strahlungsleistung gegenüber der Wellenlänge aufgetragen, fällt auf, dass die Plancksche Funktion bei einer ganz bestimmten Wellenlänge ein Maximum hat (s. Abbildung unten). Ein schwarzer Körper strahlt also bei einer ganz bestimmten Wellenlänge am stärksten. http://commons.wikimedia.org/wiki/File:BlackbodySpectrum_lin_150dpi_de.png Autor Sch auf Wikimedia Commons Auszug aus: Skript ASTROPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 3 Strahlungsgesetze Dr. J. Hirsch I.4 Wiensches Verschiebungsgesetz Die Planck–Funktion lässt sich mathematisch beschreiben durch PT ( f ) = 2⋅h⋅ f 3 ⋅ c2 1 e h⋅ f k ⋅T bzw. −1 PT ( λ ) = 2⋅h⋅c λ 3 1 ⋅ e h ⋅c k ⋅T ⋅λ . −1 Berechnet man mit Hilfe der Differentialrechnung die Wellenlänge λmax , bei welcher der Hochpunkt der Planck–Funktion liegt, so erhält man die Abhängigkeit λmax ⋅ T = 2,898 ⋅10−3 m ⋅ K . Die Lage des Strahlungsmaximums wird also ausschließlich von der Temperatur bestimmt, wobei sich das Maximum zu kleineren Wellenlängen verschiebt, wenn die Temperatur des Schwarzen Körpers steigt. Dieses Gesetz heißt Wiensches Verschiebungsgesetz. Dieses Gesetz ist zur Bestimmung der Oberflächentemperatur von Sternen ungemein nützlich. Misst man über ein breites Frequenzintervall die Intensität, so lässt sich die für diesen Stern charakteristische Planck–Funktion zeichnen und anhand der Lage des Maximums die Temperatur des Sterns berechnen. (Eigentlich genügen dafür sogar zwei Intensitätsmessungen bei unterschiedlichen Frequenzen.) Übrigens: Berechnet man die Fläche unter der Planck–Funktion im Frequenzintervall [0; ∞] , so erhält man die pro Einheitsfläche abgegebene Strahlung, d.h. das Stefan– Boltzmann–Gesetz: ∞ ∫ P ( f ) df T = σ ⋅T 4 . 0 Auszug aus: Skript ASTROPHYSIK, zum internen Gebrauch am St. Paulusheim im zweistündigen Kurs mit Schwerpunkt Astrophysik 4