Fortgeschrittenen Praktikum, Studiengang Physik, Universität Erlangen Versuch 42: Rastertunnelmikroskop Prof. Dr. Alexander Schneider Lehrstuhl für Festkörperphysik Universität Erlangen [email protected] Rastertunnelmikroskop: Prinzip Höhenlinenplot (veraltet) IT UBias Höhenkodierung durch Farbskala Stufen auf Cu(111), Stufenhöhe 2.1Å Aufnahme UHV-STM bei 4K 10nm The Breakthrough: Si(111) 7x7 G. Binnig, H. Rohrer, Ch. Gerber, and E. Weibel, PRL 50, 120 (1983) www.almaden.ibm.com/vis/stm/gallery.html Atomic manipulation Gliederung • QM-Tunneleffekt: Anforderungen an ein Tunnelmikroskop • Funktionsweise Rastertunnelmikroskop • Interpretation von RTM Bildern: Tersoff-HamannTheorie • Rastertunnelspektroskopie I(z), I(U) • Versuch 42: Graphit (0001) Wachstum dünner Au(111) Filme QM: das Potentialwall-Problem http://hyperphysics.phy-astr.gsu.edu/hbase/quantum/barr.html ... erklärt das Auftreten eines Tunnelstroms: Durchgangswahrscheinlichkeit (für E<<U0): T= 16 E (U 0 − E ) − 2κd 2m0 (U 0 − E ) e ; mit κ = 2 2 U0 Nimmt man als Barrierenhöhe die Austrittsarbeit eines Festkörpers ~5eV (= Elektronen bei EF tunneln), dann gilt: 2 =1.025 Å-1eV-1/2 · (5 eV)1/2 ~ ln 10 Å-1 d.h. pro 1 Å Änderung in der Barrierenbreite ändert sich der Tunnelstrom um eine Größenordnung! Die Barriere des Tunnelkontakts In erster Näherung: Evac, T effektive (rechteckige) Potentialbarriere (für Elektronen bei EF,Spitze) ΦT U0 EF ΦS Evac, S Ubias U0 = Φ T + Φ S − U bias 2 Spitze - Probe + • Elektronen müssen Austrittsarbeit überwinden, um das Metall zu verlassen • zum Tunnelstrom tragen alle Elektronen aus dem Energieintervall (Breite UBias) zwischen den Fermi-Niveaus der Elektroden bei Die Barriere des Tunnelkontakts Verfeinertes Modell: Ein Elektron erfährt im Außenraum (Abstände >> Tunnelabstand) das Bildpotential (siehe E-dynamik) Die tatsächliche Barriere ist erheblich erniedrigt! Die elektronischen Zustände der Elektroden beeinflussen sich gegenseitig! Allerdings: die scheinbare Barrierenhöhe (Messung I(z)) bleibt abstandsunabhängig ~ mittlere Austrittsarbeit der Elektroden! G. Binnig, et al., Phys. Rev. B 30, 4816 (1984) Stärke des Tunnelstroms Dazu muss man herausbekommen, mit welcher Rate Elektronen auf die Barriere treffen. Einfachste Modellvorstellung: Elektrode = freies 3-D-Elektronengas J. G. Simmons, J. Appl. Phys. 34, 1793 (1963) E k k|| Ergebnis: k e 2m Φ ⋅ V j= 4 βπ 2 2 ·d Barriere E e −2 β k|| 2 m0 2 d ; β ≈1 k’ k ’ k : (Kristall-) Impulskomponente parallel zur OF-Normalen d.h.: mit m~m0, V = 1V, d = 1nm folgt: j = 2.5 nA/nm2 Anforderungen an Tunnelmikroskop • Steuerung der Spitze mit << 1Å Auflösung Lösung: Piezokeramiken • Stabilität: der Spitze-Probe Abstand sollte << 1 Å variieren: Schwingungsisolation, hohe Eigenfrequenz des RTM • Annäherungsmechanismus für Spitze: von ~ 1 mm zu ~ 1 nm in 100nm Schritten: Slip-Stick-Antriebe • Messung Tunnelströme 0.1 … 100nA & Regelkreis für Spitze-Probe Abstand Lösung: Standardelektronik Nanosurf EasyScan 2 STM-Körper, kompakt, mit hoher Eigenfrequenz Probenhalter Grundplatte (schwer) für Schwingungsisolierung Im RTM Körper Piezokeramische Stellelemente bewegen die Spitze über die Probe typische Empfindlichkeit ~ 10-100 nm/V EasyScan 2 Bedienungsanleitung, Nanosurf CH Die “Grobannäherung” Probenträger Saphirstangen Slip-Stick Antrieb Alternativen zu slip-stick Antrieben: mechanische (Hebel-)Übersetzungen 1 µm (Mikrometerschraube) nach 10 nm langsam ruckartig Bild (l) und Spiegelbild (r)der RTM Spitze: nah dran und doch weit weg! Die Elektronik (1): StromSpannungswandler Spitze liegt auf UBias Spitze liegt auf 0V I I R + R - Uout OP-Amp + UBias Uout = - R I Uout = - R I + UBias für R ~ 108 Messbereich: 0.1…100 nA Uout Die Elektronik (2): Regelkreis Sollstrom: bestimmt Abstand Probe-Spitze P-Anteil: wirkt proportional zur Regelabweichung: schnell, frequenzunabhängig I-Anteil: wirkt proportional zum Zeitintegral der Regelabweichung: verstärkt besonders niederfrequente Regelabweichungen Die Einstellungen des Reglers müssen an die Scangeschwindigkeit und die Struktur der Probe angepasst werden! Oberfläche Regler zu langsam, Scan zu schnell ideales / tatsächliches Regelverhalten Regler zu schnell, Schwingneigung RTM kompakt M. Schmid, IAP/TU Wien Theorie (2): “Topographie” und atomare Auflösung Das Potential-Wall Problem erlaubt es einem, zu verstehen, warum das RTM monatomare Stufen abbilden kann. Was wird aber wirklich abgebildet? – nicht die Positionen der Atomkerne! Störungstheoretische Behandlung des Tunnelns durch Bardeen (1961): Probe Φ EF J. Bardeen, Phys. Rev. Lett. 6, 57 (1961) Spitze Die Übergangswahrscheinlichkeit eines Elektrons vom Zustand in einen Zustand ist porportional zum Überlapp der Wellenfunktionen! χ ψ eV z0 d z Bardeens Ansatz • Berücksichtigt in zeitabhängiger Störungrechnung die Modifikation der Wellenfunktionen durch die Präsenz der jeweils anderen Elektrode. • Nutzt Fermi’s Goldene Regel zur bestimmung der Übergangswahrscheinlichkeit. Übergangsmatrixelement: χ *U Tψ Mψ , χ = Volumen Spitze Übergangswahrscheinlichkeit: wψ , χ = 2π 2 Mψ , χ δ ( Eψ − E χ ) Anwendung auf RTM: Tersoff-Hamann Ansatz: s-Wellenfunktion für Spitze tip radius R ~ 10 nm z0 χ(z) ψ(z, E) 0 I ( x, y , z , V ) ∝ eV 2 ψ (x, y,0, E ) e E − EF =0 − 2κ z 0 eV = ρ ( x, y , z 0 , E ) E − EF =0 I ~ LDOS am Ort der Spitze (z0) näherungsweise das gleiche Ergebnis erhält man für χ(z)=δ(z-z0) ! PRL 50, 1998 (1983), PRB 31, 805 (1985) Interpretation RTM Topographie kleine Spannungen UBias: Für konstanten Tunnelstrom folgt die Spitze einer Kontour konstanter lokaler Zustandsdichte einer Energie (=EF) größere Spannungen UBias: Die Zustandsdichte im Energieintervall EF .. EF+UBias wird aufintegriert. Lokale Zustandsdichte: Summe der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten von Zuständen an einem Ort mit der Energie E LDOS ( E , x ) = s | ψ k ( x ) |2 E ( k )= E LDOS folgt in einfachen Fällen der atomaren Korrugation, aber es gibt Ausnahmen! Beispiele für “LDOS Map” Graphit Kristallstruktur S. Hembacher, arXiv:cond-mat/0501045v1 Beispiele für “LDOS Map” Graphit nur “β”-Atome sichtbar RTM Bild Easy Scan2 Operating Instructions, Nanosurf CH Besonderheit der Graphit Bandstruktur Zustände haben Maxima an -Plätzen Zustände haben Maxima an -Plätzen D. Tománek, et al., Phys. Rev. B 35, 7790 (1987) www.almaden.ibm.com/vis/stm/gallery.html LDOS-Map: Electrons „in-a-box“ Zustände des Oberflächenzustands von Cu(111) erzeugen stehende LDOS Wellen in “Resonatoren” (Kreis aus 48 Fe Atomen) Spektroskopie (1): I(z) Nach der einfachen Theorie sollte der Tunnelstrom exponentiell von der Barrierenbreite abhängen….. gute Tunnelspitze schlechte Tunnelspitze .. was für Graphit und Gold zu überprüfen wäre Unterschiedliche Materialien an der OF lassen sich wegen ihrer unterschiedlichen Austrittsarbeit unterscheiden! Grafik: www.ntmdt.com, NT-MDT, Russland Spektroskopie (2): I(U) bzw. I/ U Unter der Annahme, dass die Zustandsdichte der Spitze keine Struktur hat, ist die Steigung der I(U) Kennline proportional zur LDOS (local density of states) der Probe. E Probe Spitze EF EF+eV4 Die Energieauflösung ist temperaturabhängig („verschmierte“ Fermi-Kante). I D(E) V dI/dV ~ lokale Zustandsdichte, Energieauflösung ~ 3.5 kBT Dünne Goldfilme Dünne Goldfilme auf nichtleitenden Substraten (Glas, Glimmer, SiO2, etc.) finden in vielen Bereichen der Forschung eine Rolle: Leiterbahn, inertes, leitendes Substrat z.B. Bruchkontakt, D. Secker, LAP U.Erlangen Octanthiole auf Au, Sykes-Gruppe, Tufts U. (Webseite von Nanosurf, CH) Morphologie Preparationsbedingungen Film bei niedriger Substrattemperatur (40°C) Film bei hoher Substrattemperatur (400°C) REM Bilder: Daniel Secker, LAP U. Erlangen Nukleation, Diffusion und Wachstum niedrige Temp.: D klein, viele Keime, kleine Kristalle hohe Temp.: wenige Keime, große Kristalle _F_ D kine tics ther mod yna mic s _F_ D Au(111) Besonderheiten Die Filme wachsen bevorzugt in (111) Richtung orientiert auf. Struktur: Au ist fcc Kristall … 10pm 880.0 885.0 890.0 z Height (pm) 10 nm 0 10 20 30 40 50 x (nm) …aber: die (111) Fläche rekonstruiert! Ch. Wöll, et al., PRB 39, 7988 Au(111) Besonderheiten Die (111) Fläche zeigt eine “Bandlücke” bei EF Fermifläche von Gold Volumenbänder … in der sich ein Oberflächenzustand ausbildet! Au(111) I(U) Spektroskpie Sowohl OF-Zustand als auch Bandkante des “Valenzbandes” sorgen für eine Veränderung der Zustandsdichte Tunnelstrom I Vorhersage: OF-Zustand -800mV -500mV Probenpotential U Volumen-Zustände Beobachtung? Ablauf des Versuches • Topopgraphiemessungen auf Graphit: Kennenlernen des Geräts, atomare Auflösung • Spektroskopie I(U), I(z) auf Graphit • Herstellung dünner Goldfilme unterschiedlicher “Nano-”Struktur • Topographiemessungen, I(U), I(z) auf Gold