Von Ernest Lang

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BAYERNKOMMENTAR
Freitag, 11. August 2006
Bayernmagazin, 17.40 Uhr
Redaktion Landespolitik
Sportwetten - Die grenzlose Geschäftemacherei
Von Ernest Lang
Am Sonntag werden die Sechziger in Fürth auflaufen - nach dem Sieg über die Bayern
mit stolzer Brust, aber ohne den Schriftzug ihres Sponsors auf den Leibchen. Denn der
Sportwettenanbieter „betandwin“ darf für sich nicht werben, obwohl er den TSV 1860
München vor zwei Monaten vor dem Konkurs gerettet und gleich doppelt soviel Geld auf
den Tisch gelegt hat wie der alte Sponsor.
Denn nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss der Staat stärker als
bisher die Spielsucht bekämpfen. Das schließt die direkte Werbung für Fußballwetten auf
den Trikots aus. Die Spielsucht, eine als Krankheit anerkannte Leidenschaft, hat nicht
wenige
Menschen
ruiniert.
Noch
etwas
geht
aus
dem
Spruch
des
Bundesverfassungsgerichts hervor: Private Wettanbieter sind nicht zugelassen, sie
machen sich strafbar. Allerdings gilt das staatliche Wettmonopol nur dann weiter, wenn
der Staat auch bei seinen eigenen Lotterien die Werbung für Glücksspiele zurück fährt.
Spätestens seit sich 1860 München von „betandwin“ vor dem Konkurs retten ließ, tobt in
Deutschland ein Kampf zwischen staatlichen und privaten Wettanbietern, bei dem es
vordergründig um Moral und um den Schutz vor der Krankheit Wettleidenschaft geht. Im
Hintergrund ist jedoch sehr viel Geld im Spiel. Denn am Traum vom großen Glück wollen
nicht nur die im Ausland ansässigen Gesellschafter von „betandwin“ verdienen, auch der
Staat streicht aus der Spielleidenschaft seiner Bürger alljährlich Millionen ein.
469 Millionen Euro waren es exakt, die im Jahr 2004 von der staatlichen
Lotterieverwaltung in Bayern als Gewinn und Steuern in die Kasse von Finanzminister
Faltlhauser gewandert sind. Die staatliche Fußballwette Oddset machte in ganz
Deutschland im vergangenen Jahr einen Umsatz von 350 Millionen Euro, der private
Wettanbieter „betandwin“ wird dagegen auf 500 Millionen Euro Umsatz geschätzt. Bleibt
die Frage, wie es dazu überhaupt kommen konnte, da private Wettbüros in Deutschland
doch verboten sind.
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„betandwin“ konnte sich bisher auf eine alte Lizenz aus DDR-Zeiten berufen, eine Lizenz
die vom Land Sachsen in dieser Woche gekündigt wurde. Dumm freilich, dass
„betandwin“ aus Image-Gründen ausgerechnet die Münchner Löwen gerettet hat. Denn
nun ist den privaten Wettanbietern die Aufmerksamkeit der staatlichen Rechtsaufsicht
gewiss. Private Wettbüros wurden bereits geschlossen, fünftklassigen Amateurvereinen
hat die Polizei die Trikotwerbung für „betandwin“ verboten, genauso wie den Sechzigern.
Ob dies auf Dauer jedoch ausreicht, um in einer grenzlosen Welt deutsche
Rechtsstandpunkte durchzusetzen, das bleibt abzuwarten. Denn über das Internet
können immer noch Wetten gebucht werden – private, illegale Wetten wohlgemerkt.
Weltweit agierende Geschäftemacher sind den staatlichen Ordnungshütern weit voraus
– auch bei uns in Bayern.
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