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Vortragende:
DI Bernhard Scharf,
Univ.Ass. DI Dr. Ulrike Pitha und
DI Vera Enzi
Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau
Mikroklima und Bauwerksbegrünung
Das städtische Mikroklima
Unter dem städtischen Mikroklima versteht man die kleinräumigen klimatischen Verhältnisse,
die unmittelbar auf die StadtbewohnerInnen wirken. Es kann auf kurze Distanz stark
variieren. Man denke an eine Straße im Sommer, die zur einen Hälfte im Licht und zur
anderen im Schatten liegt, oder an kühle Innenhöfe. Für die Ausbildung des Mikroklimas sind
im Wesentlichen folgende Faktoren verantwortlich:
➡ Sonneneinstrahlung (Energieeintrag durch Globalstrahlung)
➡ Wind (Luftaustausch)
➡ Eigenschaften der urbanen Oberflächen
Während die Sonneneinstrahlung und das Windaufkommen von mesoklimatischen
Rahmenbedingungen abhängen, liegt es in der Hand der Planenden und Behörden die
Oberflächeneigenschaften und Anordnung der Baukörper zu definieren. Damit kann das
Mikroklima wesentlich beeinflusst, ja sogar gesteuert werden, da der Energiehaushalt sowie
Luftaustausch eines Stadtquartiers durch die Baukörper und ihre Beschaffenheit vorgegeben
wird.
Oberflächlichkeiten mit tiefgreifenden Folgen
Trifft Sonnenlicht oder genauer Globalstrahlung auf eine Oberfläche kommt es zu
verschiedenen Prozessen. Zunächst kann die Globalstrahlung reflektiert werden. Man spricht
von Albedo. Welcher Anteil der eintreffenden Globalstrahlung in die Atmosphäre
zurückgeworfen wird hängt dabei vor allem von der Farbe der Oberfläche ab. Während
weiße Materialien einen sehr hohen Reflexionsgrad aufweisen, absorbieren schwarze Körper
den überwiegenden Teil der auf sie treffenden kurzwelligen Strahlung. Nicht um sonst haben
die alten Griechen bereits vor Jahrhunderten, lange vor Tourismus und
Hochglanzprospekten, ihre Häuser weiß angestrichen. Der nicht reflektierte Teil der
Globalstrahlung wird in langwellige Strahlung umgewandelt. Diese kann je nach
Materialeigenschaften und Aufbau von Gebäudehüllen einerseits in den Körper eindringen
und andererseits an den umliegenden Raum abgegeben werden. Wärmedämmungen führen
dazu, dass der überwiegende Teil der Energie abgestrahlt wird. Diese als sensible Wärme
bezeichnete Strahlung hängt direkt mit der Temperatur der emittierenden Oberfläche
zusammen. Die sogenannte Strahlungstemperatur der Oberfläche kann zum Beispiel mit
Hilfe der bekannten Thermographieaufnahmen gemessen und dargestellt werden. Je höher
die Temperatur einer Oberfläche, desto mehr sensible Wärme wird an die Umgebung
abgegeben. Hohe sensible Wärmeabgabe führt beim Menschen zu Unbehagen, Stress und
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kann Kreislaufbeschwerden auslösen. Instinktiv meiden Menschen daher unbehagliche
Bereiche und wechseln beispielsweise im Hochsommer auf die „schattige Straßenseite“.
In städtischem Kontext führen die Eigenschaften der Gebäude auf Grund der beschriebenen
Prozesse zur Überhitzung bei Hitzewellen, den sogenannten Urban Heat Islands. Betroffen
von diesem Phänomen sind vor allem dicht verbaute, stark versiegelte Stadtteile mit
geringem Grünanteil.
Grün wirkt „gscheid“
Im Gegensatz zu „gewöhnlichen“ urbanen Oberflächen reagieren Pflanzen auf die
vorherrschenden Witterungsverhältnisse. Trifft auf eine Pflanze Sonnenstrahlung, beginnt sie
mit der Photosynthese. Um diese betreiben zu können, muss sie einen Gasaustausch
durchführen. Sie nimmt bekanntlich CO2 auf und gibt Sauerstoff ab - aber nicht nur. Pflanzen
transpirieren, man könnte sagen sie schwitzen. Das in der Pflanze vorhandene Wasser wird
verdunstet und an die Umgebung abgegeben.
Dies hat drei positive Folgen für das urbane Mikroklima. Zunächst ist Energie erforderlich,
um Wasser von der flüssigen in die gasförmige Phase zu überführen. Diese Energie wird der
Umgebung entzogen und kühlt diese dabei ab. Jeder kennt den Effekt der
Verdunstungskälte, der dazu führt, dass uns nach dem Baden im Sommer plötzlich fröstelt.
Die Pflanze kühlt aber auch sich selbst. Ihre Strahlungstemperatur liegt stets im Bereich der
Lufttemperatur und verursacht folglich nur geringe zusätzliche sensible Wärmeströme. Dies
trägt zu unserem Wohlbefinden bei.
Die dritte Folge der Transpiration von Pflanzen ist eine Erhöhung der Luftfeuchte. Dies führt
ebenfalls zu einer gesteigerten Behaglichkeit.
Die Untersuchungen am Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau haben gezeigt,
dass die Kühlleistung der Pflanzen mit der Lufttemperatur perfekt zusammenspielt. Das
heißt, die Pflanzen kühlen dann am stärksten, wenn wir es am Dringendsten brauchen - in
Hitzeperioden. Eine Grünwand in Wien mit rund 850m2 Fläche erbringt an einem heißen
Sommertag in etwa die Kühlleistung von 75 Klimageräten mit 3000 Watt Leistung und acht
Stunden Betriebsdauer.
Es spricht also sehr viel dafür Pflanzen verstärkt einzusetzen, um den Energiehaushalt und
das Mikroklima von stark verdichteten Bezirken zu verbessern und damit die Lebensqualität
und Gesundheit ihrer BewohnerInnen.
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